Planet in Weiß (Arbeitstitel) von VideoGameCrack (Kapitel 10 hochgeladen) ================================================================================ Kapitel 11: Ich verstehe immer weniger -------------------------------------- Es war wieder einer dieser Träume, die Double X in letzter Zeit hatte. Nur in einer Hose saß er in einem dunklen Raum. Der Regen prasselte auf das Fenster, während manchmal jemand unten vorbeilief. Gelegentlich blitzte es und beleuchtete den Raum ganz kurz, wodurch er wenigstens erkennen konnte, dass dieses Zimmer schlicht eingerichtet war. Aber was machte er hier nur? Nach einigen Minuten hörte er ein Klopfen an der Tür. Er drehte sich dorthin, wo anscheinend die Tür war und sagte gerade noch hörbar: „Herein.“ Dass er in seinen Träumen keine Kontrolle über sich zu haben schien war ihm inzwischen egal. Die Tür öffnete sich und eine Gestalt, von der er aufgrund des Gegenlichts nur die Silhouette erkennen konnte, trat ein. Der Braunhaarige konnte nur feststellen, dass sie dünn und kahlköpfig war. Sie drehte seinen Kopf zu Double X, der sich immer noch nicht bewegte. „Mach die Tür zu. Ich ziehe es vor, wenn es hier so dunkel bleibt.“ Ohne sich umzudrehen schlug die Gestalt die Tür zu, und erneut konnte man nichts mehr erkennen. „...wie lange geht das eigentlich schon?“ begann sie endlich zu reden. Es war die Stimme eines Mannes, und Double X glaubte, sie schon einmal gehört zu haben. „Zwei Jahre. Kaum zu glauben, dass ihr mich erst jetzt findet.“ Auch wenn es seine Stimme war, fragte er sich doch, ob dass wirklich er sein sollte. „Du bist unvorsichtig geworden. Hast angefangen, Hinweise zu hinterlassen. Und egal wie zufällig du auch zu morden scheinst, hast du trotzdem ein Muster entwickelt.“ „Muster? Von wegen. Ich habe so zufällig getötet wie irgendmöglich...“ Die Gestalt seufzte. „Das stimmt nicht ganz. Wir haben all deine Opfer überprüfen lassen. Keines von ihnen war wie die anderen.“ In einer ernsten Tonlage fragte Double X ihn dann: „Worauf willst du hinaus?“ „Es gibt kaum Gemeinsamkeiten, und die, die es gibt, wie Geschlecht und Hautfarbe, sind unausweichlich.“ Sein Gegenüber verharrte schweigend. „Ich weiß, dass du diese Geschehnisse nicht vergessen kannst, aber-“ „Nummer eins, wir kennen uns unser ganzes Leben lang. Du hast selbst gesehen, wie sie mein Leben für ihre schändlichen Zwecke missbraucht haben.“ „Aber rechtfertigt das den Tod von dutzenden Unschuldigen?“ „Du kannst es nicht verstehen. Niemand kann das.“ Er stand von dem Bett auf und bewegte sich auf den Schrank zu, der neben dem Fenster stand. Langsam fuhr er fort: „Jedes Leben kam in diese Welt, ohne es zu wollen. Dennoch können sie alle ihr Leben leben, wie sie es sich wünschen. Und wir?“ Unauffällig griff Double X in den Schrank und drehte sich nicht um. „Wir wurden nach ihren Wünschen verändert, zu Marionetten gemacht, um ihre kranken Experimente an uns zu vollziehen. Und was haben sie davon?“ Ohne einen weiteren Augenblick zu verschwenden richtete er eine Pistole auf den Kopf der Gestalt. „Tote. Tote, die es nicht gegeben hätte, wenn sie mich in Ruhe gelassen hätten.“ Obwohl im Angesicht des Todes, blieb die Gestalt ruhig, wich jedoch ein wenig zurück. „Das erklärt aber immer noch nicht, warum all diese Menschen sterben mussten...“ „Selbst wenn ich mehr ins Detail gehen würde, würdest du es missverstehen. Das liegt vielleicht daran, dass sie dich im Vergleich zu mir regelrecht menschlich behandelt haben.“ Mit der geladenen Waffe ging er mit langsamen Schritten auf ihn zu, während die Gestalt weiterhin versuchte, Abstand zu gewinnen. „Du bist einer von ihnen geworden. Was soll mich dann also noch daran hindern, dich hier und jetzt kalt zu stellen?“ „Hörst du dir überhaupt zu? Gut, du warst für sie ein Versuchskaninchen. Ja, sie haben dir keinen freien Willen gegönnt. Nein, das gestattet dir nicht, zufällig und gedankenlos Menschen abzuschlachen!“ „Du bist aber auch kein guter Zuhörer.“ Er feuerte einen Warnschuss ab, der den Schädel der Gestalt streifte und sich in die Wand bohrte. „Nehmen wir an, jeder würde verstehen, in was für einer Lage ich mich bestand. Und dann?“ Ein weiterer Warnschuss entwich seiner Waffe. „Ändert das irgendetwas an meiner Situation?“ Und erneut drückte er ab. „Diese Sache, die man „Verstehen“ nennt, ist noch nur eine Einbildung, die die Menschen benutzen, um sich ihr Leben einfacher vorzustellen, als er in Wahrheit ist!“ „Nun, ich wollte das wirklich nicht tun, aber...“ Etwas Hartes traf Double X's Gesicht, wodurch er zu Boden stürzte. Seine Sicht verschwomm mit der Zeit mehr und mehr, und bevor er sein Bewusstsein zu verlieren schien, erleuchtete ein Blitz den Raum, wodurch er das Gesicht erkennen konnte. „Moment mal. Der kommt mir bekannt vor. aber das kann doch nicht-“ Die grünen Augen seines Gegenüber blickten ihn teils bemitleidend, teils verachtend an, während er ihm zumurmerlte: „Es tut mir Leid, Nummer zwei, aber du hast mir keine andere Wahl gelassen.“ „Imperator Ganadox?“ Seit dem Vorfall mit Eagle sind bereits zwei Tage vergangen. Zwei äußerst ruhige Tage. Da die Weißmäntel jegliche Spur von ihnen verloren haben, gestalteten sie ihre Flucht ein wenig entspannter. Nun da sie so nahe an ihrem Ziel waren, bestand ja auch keine Eile mehr. Es dürfte schwierig werden, wieder in CX-29 einzudringen. Doch die größere Schwierigkeit liegt darin, die Portale zu finden. Wer weiß, wie sehr die Sicherheitsmaßnahmen seit ihrer Flucht verschärft wurden. Außerdem hatten sie nicht die geringste Ahnung, wie diese Portale aussehen sollten. Sie konnten alles nur auf eine Karte setzen. Mit jedem dieser komischen Träume wurde Double X immer schweigsamer. Er wechselte kaum Worte mit Lloyd oder Terra, und das auch nur während kleiner Pausen. Zunächst dachte er nur, es wäre eine Erschöpfungserscheinung, aber es fühlte sich zu sehr danach an, als hätten sie eine Verbindung miteinander. Doch wie sehr er es auch drehte und wendete, es verwirrte ihn nur noch mehr. Die Sonne stand hoch am Himmel, während die vier durch den Wald marschierten, wohlwissend, dass sie in wenigen Minuten die Kuppel entdecken sollten. „Endlich hat dieser Wahnsinn ein Ende“ seufzte Lloyd. „Na, ja, nicht ganz“ erwiderte Terra. „Vergiss nicht, wir müssen erst einmal die Portale finden, bevor wir endlich unsere Ruhe haben.“ Entnervt schielte Lloyd zu ihr herüber. „Bitte verdirb mir das jetzt nicht...“ „Entschuldige, Lloyd, aber es wäre jetzt falsch zu glauben, dass wir in Sicherheit sind.“ „Wir kommen mit diesen Kerlen sicher klar.“ „Ja, wenn sie nicht in zu großen Gruppen auftreten.“ Ein Lichtstrahl bahnte sich seinen Weg zu ihnen, als Double X ein wenig Geäst wegschob, um den Wald verlassen zu können. Doch anstatt hinauszutreten, blieb er einfach nur stehen. „Double X?“ fragte der Braunhaarige. „Schon wieder in Ohnmacht gefallen?“ Der Weißmantel deutete nach draußen. „Sieh doch.“ Alle Anwesenden konnten ihren Augen nicht trauen. CX-29... wie vom Erdboden verschluckt. Nur ein riesiger Kreis aus hellem Gestein umrandet von Bäumen. Lloyd konnte es nicht fassen. „Wie ist das überhaupt möglich?“ Terra blieb dagegen auf dem Boden der Tatsachen, während sie mit Double X die Umgebung musterte. „Vielleicht sind wir einfach irgendwo falsch abgebogen...“ „Unwahrscheinlich. Selbst wenn das der Fall wäre, würde hier nicht einmal eine Lichtung sein. Und der Durchmesser dieses Kreises könnte gut unter die Fläche einer Kuppel passen...“ „Dann bleibt uns etwa nicht anderes übrig, als wieder weiterzusuchen?“ Mit einem Bein schon war Lloyd im Wald, doch Double X hielt ihn zurück. „Wir sollten nicht voreilig handeln. Vielleicht haben sie etwas zurück gelassen.“ Er bewegte sich auf den Kreis zu mit der Beabsichtigung, den Boden abzusuchen. „Ich glaube eher nicht, dass wir etwas finden“, meinte Terra, weiterhin am Waldrand stehend. Und selbst wenn, wie kann es uns helfen, CX-29 wiederzufinden.“ Der Braunhaarige neben ihr seufzte. „Na klasse, wieder alles von Anfang an.“ Als Double X mit seinem Bein auf den weißen Kreis trat, verschwand es auf einmal im Boden und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Nicht viel hätte gefehlt, und er wäre ganz reingefallen. Lloyd und Terra sahen das natürlich und zogen ihn sofort weg. „Alles in Ordnung?“ fragte Terra ihn. „Scheine nicht verletzt zu sein“, antwortete er ihr, tastete sich aber dennoch nach Wunden ab. „Wie ist das überhaupt passiert?“ „Keine Ahnung. Es war, als böte der Boden überhaupt keinen Widerstand.“ Lloyd sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Wie meinen?“ „Wie soll ich sagen, es war so, als wäre da nicht einmal ein Boden.“ Er erhob sich und ging wieder auf den Kreis zu, diesmal jedoch drückte er nur seine Hand auf das Gestein. Sobald sie den Bode berührte – oder eher, berühren sollte – verschwand sie ohne Übergang im Boden. Unmittelbar zog er sie wieder heraus. „Merkwürdig.“ „Merkwürdig fängt nicht einmal an, das hier zu beschreiben.“ Lloyd hatte sich zu ihm gesellt und bückte sich runter. „Irgendeine Ahnung, was das sein soll?“ Der Weißmantel blickte weiterhin stumm auf den Kreis und bemerkte nicht, dass Terra sich inzwischen auch zu ihnen setzte. Dann fiel es ihm plötzlich ein. „Das ist es.“ Seine Nebensitzer blickten nur mit verwirrten Blicken zu ihm. Schließlich fragte Lloyd ihn: „Was?“ „Euer Weg nach Hause könnte wortwörtlich zu unseren Füßen liegen.“ „Heeey, das würde Sinn ergeben!“ ergänzte Lloyd. „Das würde wirklich einiges erklären...“ „Es gibt nur ein einziges Problem dabei.“ meinte Terra. „Wir wissen nicht genau, wo wir landen werden, wenn wir da reinspringen. Oder überhaupt irgendwo, um es allgemein auszudrücken.“ „Haben wir da eine Wahl, Terra? Nach dem Masaker in der Siedlung werden die schnell auf die Idee kommen, dass wir ausgebrochen sind...“ „Wären Sie nicht ohnehin auf diese Idee gekommen, nachdem ihr durch eure Zelle in Gensokyo gelandet seid?“ harkte Double X nach. „Schon, aber sie können sich erst nach Eagles Tod sicher sein, dass wir wieder hier sind.“ „Verstehe.“, entgegnete der Weißmantel. „Nun, das heißt wohl, dass wir keine andere Wahl haben.“ Aus der Hocke heraus sprang er, zum Entsetzen der Anwesenden, in den Kreis und verschwand. Starr vor Schreck sahen sich die beiden an. „Jetzt gibt’s kein Zurück mehr“, stammelte Lloyd und nahm sich den Kleinen von den Schulter, der – oh Wunder – wieder schlief. „Willst du ihn festhalten, wenn du reinspringst, oder soll ich?“ „N-nimm du ihn. Ich bringe es jetzt lieber hinter mich.“ Und so sprang sie auch in den Kreis. Der Junge in Rot schluckte laut bei dem Anblick. „Entweder das oder jahrelang vor den Weißmänteln wegrennen...“ Mit einem lauten Seufzer umklammerte er den Kleinen und kippte nun ebenfalls in den Kreis. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)