Assoziatives Schreiben von Knoblauchgurke (One-Shots für den gleichnamigen Zirkel) ================================================================================ Kapitel 3: Satz 16 - Ein echter Mann ------------------------------------ Höchste Zeit, ihr klar zu machen, dass sie es mit einem echten Mann zu tun hatte. Denn genau das war er: Ein Mann, ihr Mann, auch wenn sie es immer öfter zu vergessen schien. Er war der Mann im Haus, er hatte die Hosen an, er... „Tom, bring bitte den Müll runter.“ „Ja, Schatz.“ Verdammt! Noch während er sich von dem plüschigen roten Sofa erhob, verfluchte Tom sich innerlich dafür, sofort aufgesprungen zu sein. Es konnte nicht sein. Es sollte so nicht sein. Er ging durch den kurzen Flur in die Küche, bückte sich und löste den randvollen Plastikbeutel aus dem Mülleimer. Ohne zu murren ging er zurück in den Flur, nahm den Schlüsselbund vom Schuhschrank und trat, noch in Pantoffeln, ins Treppenhaus. Sobald er wieder in der Wohnung war, würde er ihr die Meinung sagen. Genau. Tom stieg die Treppen hinunter, öffnete die Haustür und ging zu den Mülltonnen hinüber. Auf halbem Weg verlor er den rechten Pantoffel, geriet ins Stolpern und setzte seinen Weg fort, nachdem er wieder in das gelbe Ungetüm geschlüpft war. Die gelben Pantoffeln in Form fröhlicher Bienen waren ein Geschenk von ihr gewesen. Echte Männer trugen keine lächelnden Bienen an den Füßen, dachte er und ließ den Müllbeutel in den großen, grauen Metallcontainer fallen. Mareike. Sie kommandierte ihn herum. Sie meckerte, wenn er die Klobrille oben ließ, sie wollte, dass er sich gesund ernährte und abends ab und zu auf sein Bier verzichtete. Manchmal starrte sie ihn auf diese durchdringende Art über den Frühstückstisch hinweg an. Dann hatte er das Bedürfnis, fluchtartig den Raum zu verlassen, blieb allerdings demonstrativ sitzen und machte mit dem weiter, was er gerade tat. Die Zeitung zu lesen, zum Beispiel, obwohl sie es hasste, wenn er beim Frühstück hinter der Zeitung verschwand. Er war ja kein Feigling. Ein echter Mann lief nicht davon, wenn seine Frau ihn anstarrte. Auch wenn er sich manchmal wünschte, genau das zu tun. Die gelben Bienchen wieder sicher an den Füßen stapfte er zurück ins Treppenhaus des Wohnblocks und machte sich an den Aufstieg in den dritten Stock. Einen Fahrstuhl gab es nicht, aber vielleicht gefiel das Mareike sogar, denn sie meinte, er solle nicht so viel vor dem Fernseher sitzen. Männer taten das in ihrer Freizeit, sie guckten Sport. Autorennen und so. Das musste sie akzeptieren. Er holte tief Luft, dann schloss er die Tür auf und betrat die Wohnung. Er würde es ihr sagen. Er würde ihr sagen, dass sie ihn mit mehr... Respekt behandeln sollte. Jawohl. „Warst du schon wieder in Hausschuhen draußen?“, ertönte es aus dem Schlafzimmer und Tom nahm all seinen Mut zusammen. „Schatz...“ „Naja, draußen ist es ja nicht nass“, hörte er wieder ihre Stimme, diesmal näher. „Mareike...“ „Was ist denn?“ Sie stand hinter ihm, eine Hand legte sich auf seine Schulter und er vergaß, was er sagen wollte. Er drehte sich um und Mareike lächelte. Mit dem Wäschekorb im Arm beugte sie sich vor und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke, Schatz.“ Tom lächelte selig. Er konnte dieser Frau einfach nichts abschlagen. Und wenn er ehrlich war, fand er die gelben Plüschpantoffeln verdammt bequem. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)