Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 67: Joels Geschenk -------------------------- Faith wusste nicht, was sie von Joels Geheimnistuerei halten sollte. Sie winkte Maria zum Abschied zu, dann folgte sie Joel über den Flur. Ihre Gedanken waren durch seine seltsame Ansage vollkommen durcheinander gewirbelt worden und sie wusste gar nicht, woran das lag. Als sie schließlich zu dem Entschluss kam, dass sie sich wahnsinnig freute, weil Joel eine Überraschung für sie hatte, erklärte sie sich gedanklich in ein und demselben Satz für geistesgestört. Es hatte sie doch gar nicht zu kümmern, was ihr größter Rivale in seiner Freizeit anstellte. Aber es kümmerte sie eben doch. „Was ist es denn für eine Überraschung?“ Joel blieb so abrupt stehen, dass Faith beinahe in ihn hineingelaufen wäre, dann lächelte er. „Es ist keine Überraschung mehr, wenn ich es dir verrate. Also gedulde dich, wir sind ja gleich da. Kriegst du das hin, mal zwei Minuten ruhig zu sein?“ Spielerisch boxte er ihr gegen den Oberarm, aber Faith ging nicht wie sonst üblich darauf ein, sondern dackelte schweigend hinter ihm her. Auf dem Weg über die Treppe nach unten ins Foyer nestelte sie unentwegt mit den Fingern an dem Armband mit dem bronzefarbenen Herzanhänger herum. Damals hatte Joel es ihr geschenkt, weil sie betrübt war. Er hatte gesagt, dass er sie lieber lächeln sah. Im Nachhinein setzte alleine für diesen einen Satz von ihm ein Herzklopfen ein, das sie sonst nur bei Itsukis Nähe verspürt hatte. Itsuki, sie vermisste ihn… Das Herzklopfen blieb wieder aus. „ Wir sind da.“ Verwirrt blickte Faith auf und schaute sich um. Sie standen auf dem überdachten Trainingsplatz des Pokémoncenters. Trixi saß auf einer Bank und fing die letzten Sonnenstrahlen des Septembers ein. Joel strahlte sie nahezu an und trat zur Seite, sodass ihr Blick über den ganzen Trainingsplatz gleiten konnte, bis sie das Glutexo von Joel Schattenboxen sah. „Ich verstehe nicht ganz, was du meinst.“ Er stöhnte augenrollend und zog sie am Handgelenk in die Mitte des Trainingsplatzes, wo sein Glutexo mit dem Schattenboxen sofort aufhörte und seinen Trainer freudig mit erhobenen Klauen begrüßte. „Verstehst du es jetzt?“ „Deine Überraschung ist dein Glutexo?“ Ihr Hirn ratterte auf Hochtouren, aber die Enttäuschung stellte sich trotzdem schon einmal ein. Das war irgendwie nicht das, was sie erwartet hatte. „Das ist lieb von dir, aber ich habe doch mein Glumanda.“ „Du dumme Nuss, ich will es dir doch nicht schenken. Gerade wegen Glumanda sind Glutexo und ich hier. Glumanda kann mit Glutexo trainieren. Ich weiß doch, dass es seine Schwierigkeiten hat und viel durchmachen musste, aber zu seiner Weiterentwicklung kann es sicherlich schnell Vertrauen aufbauen. Also, sollen wir gleich mit dem Training beginnen?“ Fassungslos starrte sie ihn an. „Deine Überraschung ist, dass du mir Hilfe beim Training von Glumanda anbietest? Schönen Dank auch, aber das wäre nicht nötig gewesen.“ Glutexo blickte verwirrt zwischen seinem Trainer und dem zickigen Mädchen hin und her und deutete schließlich vorsichtig mit einer Kralle auf sich selbst. „Texo?“ „Nein, es liegt nicht an dir, mein Freund. Faith ziert sich, weil sie sich nicht eingestehen will, dass du ein besserer Trainingspartner bist als ihr Bibor.“ „Das ist doch gar nicht wahr!“, giftete sie augenblicklich und schnaubte entrüstet. „Bibor ist ein super Pokémon! Alle meine Pokémon sind super!“ „Und Glutexo ist Glumandas Weiterentwicklung und daher einfach am besten geeignet. Also ich schlage vor, wir beginnen mit leichten Schiebeübungen. Na los, jetzt befrei es schon aus dem Pokéball oder ich mache es.“ „Du machst gar nichts, Joel Light.“ „Oh doch, das werde ich genau jetzt tun.“ Grinsend und blitzschnell legte er einen Arm um Faiths Taille, zog sie zu sich, ließ die freie Hand zu ihrem Gürtel gleiten und schnappte sich den Pokéball an fünfter Stelle. So schnell, wie er sie gegriffen hatte, ließ er Faith wieder los, drückte den Knopf des Balls runter und entließ Glumanda, welches sich schüchtern umschaute. „Hier, dein Pokéball. Und schau nicht so, als hätte ich dir gerade den ersten Kuss gestohlen, das war nur ein Pokéball, klar?“ Wie traumatisiert und geistig abwesend nickte Faith, befestigte Glumandas Ball wieder an ihrem Gürtel und drehte sich zu ihrem Pokémon um, das sie besorgt musterte. Ihre Atmung hatte ausgesetzt, als Joel sie zu sich gezogen hatte und sie sich so nahe waren. Das war nicht lustig. Das sollte er noch einmal wagen und sie würde ihm eine Ohrfeige verpassen. „Texo! Glutexo.“ Mit einem freundlichen, offenen Gesichtsausdruck ging Glutexo auf Glumanda zu und schüttelte ihm die Hand. „Texo, texo.“ „Manda…“ Schüchtern erwiderte Glumanda den Händedruck und schaute seine Entwicklung mit großen Augen an, als würde ein riesiger Bonbon vor ihm stehen. Es war sichtlich beeindruckt von Glutexos Selbstbewusstsein und seiner Stärke „Man…?“ „Texo!“ Es nickte, nahm das Kleine bei der Hand und führte es etwas von den Trainern weg. Während die beiden Pokémon ihr Gespräch in Ruhe fortführten und Glutexo damit begann, Glumanda zu trainieren, saßen Faith und Joel neben Trixi auf der Bank. Joel schaute mit verschränkten Armen den beiden Feuerpokémon beim Training zu und nickte hin und wieder zufrieden. Faith hatte die Hände im Stoff ihres Oberteils vergraben, den Blick gesenkt und zwang sich zu einer Atmung, die sie beruhigen sollte. Trixi öffnete die Augen, kramte eine Nagelpfeile heraus und begann sich um ihre Nägel zu kümmern. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann hätte sich die Atmosphäre noch weitaus bedrückender angefühlt. Schließlich packte sie ihre Nagelpfeile wieder weg, stand auf und strich sich die teuren Kleidungsstücke wieder glatt. „Redet bloß nicht beide auf einmal, da kommt ja niemand mehr mit.“ Süffisant grinsend schaute sie die zwei auf der Bank an. „Mir reicht das jetzt mit eurem Gehabe. Faith, du legst deinen Stolz jetzt sofort bei Seite und bedankst dich bei meinem Bruder für seine Hilfe. Joel, verschränkt nicht deine Arme, das ist eine Abwehrhaltung und so bist du ihr gegenüber doch nicht eingestellt. Und jetzt entschuldigt mich, ich habe noch einen Termin bei der Pediküre.“ Beide schauten Trixi stumm hinterher. Dann löste Joel etwas widerwillig seine Arme aus der Verschränkung und platzierte sie locker in seinem Schoß. Faith hob den Blick, räusperte sich und nuschelte ein „Dankeschön“ an Joel. Er nickte ohne sie eines Blickes zu würdigen. „Also ist wieder alles normal zwischen uns?“ „Ja.“ Ihre Stimme klang ebenso belegt wie seine. Doch als sie ihr Augenmerk auf das Training von Glumanda und Glutexo richtete, lächelte sie zufrieden in sich hinein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)