Resurrection, damnit! von LeS ================================================================================ Kapitel 2: Nekozukamori ----------------------- Mäuse zu essen kam als Option nicht in seinem Gedankengut vor. Seishirou verdrehte probeweise den langen Katzenschwanz von dem ein Stück fehlte. Das war wohl beim Tod der Katze passiert. Oder früher, bei einem Angriff eines gewissen natürlichen Feindes... Seishirou bedauerte es, dass Katzen nicht grinsen konnten ohne lächerlich zu wirken, als ob sie gähnten. Er starrte stoisch seine Reflektion an. Innerlich hatte er sich schon darauf vorbereitet, als Kind wiedergeboren zu sein. Das wäre einfach gewesen. Er hätte einen netten alten Herrn darum bitten können, ihn zum CLAMP Campus zu bringen, dort hätte er die Himmelsdrachen um den Finger gewickelt -- "wo ist mein Papa?!", hätte er gesagt und wenn ihn der Kamui der Himmelsdrachen gefragt hätte, wie denn der Herr Papa hieße, ja dann hätte er "Subaru!" gewimmert -- und schon wäre der erste Teil des Problems gelöst gewesen. Nun war er aber kein Mensch. Er konnte nicht sprechen. Das einzige, was aus seinem Maul kam, war ein zaghaftes Miauen oder Fauchen. Die Stimmbänder wollten ihm noch nicht recht gehorchen, teilweise hörte sich letzteres deswegen wie ein Aufstoßen an. Das würde er sich mit der Zeit beibringen können. Wenn er nicht verhungerte, bevor er Subaru fand. Wie gesagt, Mäuse waren keine Option und Ratten, obwohl sie in Tokyo wohl häufiger vorkamen als die harmlosen Mäuschen, erst recht nicht. Das betrachtete er auf mehrere Arten und Weisen als Kannibalismus. Seishirou riss sich von seinem Spiegelbild los und tappte den Weg entlang. Immer weniger Menschen kamen ihm entgegen. Die Umgebung war nicht mehr in orangenes, sondern in ein dunkles Lila getaucht. Die Nacht war angebrochen und scheinbar entschlossen, besonders dunkel zu werden. Schwarz wie sein Fell war, musste er sich wenigstens nicht daran gewöhnen, nachts aufzufallen. Abgesehen davon, natürlich, dass nachts alle Katzen schwarz sind. Andere seiner (neuen) Art kreuzten seinen Weg. Die meisten schenkten ihm keine Aufmerksamkeit. Ein Kater fauchte, sprang auf die Straße und wurde beinahe überfahren. Seishirous linkes Ohr zuckte und er beobachtete neugierig, wie sich der graugestreifte Kater ängstlich aufrichtete und sich den Weg in die Sicherheit mit angestrengter Eleganz bahnte. Als Katzen noch seine Patienten gewesen waren, hatte er sie für ihre geschmeidigen Bewegungen bewundert. Sie waren nicht seine Lieblingstiere gewesen, solcherlei war ihm fremd... zum größten Teil. Aber nun, da er selbst als Katze die Bewegungen seiner Vorder- und Hinterbeine in einen gleichmäßigen Rhythmus bringen musste, fiel ihm erst auf, was für einen Vorteil die Tiere gegenüber den Menschen hatten. Solange es um Bewegung ging. Beim Sprechen versagten sie auf voller Linie. Letztlich war beides nicht von größerer Bedeutung, denn so schön flüssig er sich jetzt auch durch die engsten Ritzen bewegen konnte und so sicher er auf seinen Pfoten landen würde, wenn er fiel, die Ausdauer um durch ganz Tokyo zu laufen fehlte ihm. Eine gesunde Katze hätte sie womöglich besessen, aber dies hier? War eine Katze, die von den Toten auferstanden war, mit einer Seele, die einem Menschen gehört hatte. Körper und Geist gehörten nicht zusammen und das machte sich bei jedem Gedanken, den Seishirou mit Mühe fasste, deutlich bemerkbar. Kompliziertere Denkvorgänge fielen ihm schwerer als zuvor, an mehrere Sachen gleichzeitig zu denken schien schier unmöglich, genauso wie glitzernden oder sich rapid bewegenden Einheiten zu entziehen. Alles was huschte und glänzte zog seine Aufmerksamkeit auf sich und immer wieder blieb er fasziniert stehen, lauschte und beobachtete Windspiele und rollende Murmeln. Die Aufmerksamkeitsspanne seiner selbst war noch nie besonders extensiv gewesen. Dennoch war es frustrierend zu sehen, dass sie, wenn sie weiter schrumpfte, ihn zum Halt zwang. Das Windspiel über ihm flackerte im Licht der Straßenlaterne. Hinter den grünen Glasstücken verbarg sich eine Kerze, deren Flamme sanft vom Abendwind hin- und hergeweht wurde. Ein Bellen riss ihn aus seinen suchtgesteuerten Gedanken. Aus Reflex machte er einen Katzenbuckel, fauchte und drehte sich zu dem Hund um. Es war ein großer Hund, mit grauem Fell. Er ähnelte einem Husky. Obwohl er eine feste Form hatte, erkannte Seishirou doch auf den ersten Blick, dass diese nicht aus Fleisch und Blut bestand. Selbst als Katze hatte er also sein Innerstes nicht verlieren können. Das mochte Glück gewesen sein. "Nanu?" Das Herrchen -- nein, Frauchen des Hundes, hockte sich neben diesen auf den Boden und starrte Seishirou mit großen Augen an. "Du kannst Inuki sehen?" Sie streckte die Hand aus, um ihn zu kraulen. Ein Himmelsdrache, dachte Seishirou, auch wenn ihm ihr Name nicht bekannt oder dank des Katzengedächtnisses momentan entfallen war. Er ließ sich streicheln. Das war eine Chance und eine Gefahr zugleich. Eine Katze, die einen Geisterhund sehen konnte? Auffällig. Womöglich nahm sie ihn mit zu den anderen Mitgliedern ihres Teams. Das war gut. Womöglich würde das Ganze aber auch in einer brenzligen Situation enden... Seishirou schnurrte und legte den Kopf zur Seite. Das Mädchen kicherte und hob ihn hoch. "Was für eine süße Mieze!", hörte er sie sagen. Sie presste ihn an sich. Ein zierliches Ding. Sie konnte nicht viel älter als dreizehn sein. Andererseits hatten die Erddrachen auf ihrer Seite Nataku und dessen geistiges Alter war, Statur hin oder her, weitaus fraglicher. Beide waren für die Tragweite dieser Mission nicht geeignet, mochten sie auch die nötigen Mächte besitzen. Der Hund kläffte und sprang um das Mädchen herum. "Pst, Inuki, du machst der Mieze Angst! Na", wandte sie sich wieder an Seishirou, "hast du dich verlaufen?" Seishirou miaute kläglich. "Oh!" Sie verzog das Gesicht. "Oder hast du vielleicht gar kein Zuhause?" Das Mädchen presste ihr Gesicht in sein Fell. Ihr Atem war warm und ihm stellten sich die Nackenhaare auf. Er fuhr die Krallen aus und wieder ein. "Was meinst du, Inuki, sollen wir sie mitnehmen?" Der Hund bellte zweimal, dann hechelte er. "Hm. Finde ich auch!" Was ihn wirklich ärgerte war, dass er offensichtlich nicht einmal die Sprache der Tiere verstand, obwohl er nun doch selbst eines war. Den Kater hatte er auch nicht verstanden. Dass es keine Sprache der Tiere gab, oder dass sich die Arten untereinander nicht verständlich machen konnten, schien ihm absurd. Diese Wiedergeburt zeigte ihre Schwachstellen schneller auf, als es ihm lieb war. "Du bist soooo süß!" Das Mädchen quietschte. "Ich muss dich unbedingt Kamui und Sorata zeigen." Wenigstens gab es auch ein paar wenige positive Seiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)