Cruel Nature von Rhyo ================================================================================ Kapitel 28: Detektivin Alexa ---------------------------- Detektivin Alexa „Niemand verlässt den Raum!“, ruft Samuel; „Ich bin mir sicher, dass der Täter einer von euch ist.“ Ruth fängt an zu lachen: „Wer weiß, vielleicht sagst du das ja auch nur, um von dir selbst abzulenken!“ „Sollten wir nicht die Polizei einschalten?“, fragt Keisuke vorsichtig. Immerhin ist ein Verbrechen passiert, und da es nichts mit Vampirismus und Ähnlichem zu tun hat, findet er, dass man ruhig die Polizei um Hilfe ersuchen könnte. „Auf keinen Fall“, sagt Samuel entschlossen; „Ich werde den Täter selbst zur Strecke bringen, da ist die Polizei nur im Weg!“ „Wird die nicht automatisch von den Ärzten eingeschaltet, wenn es sich offensichtlich um einen Mordversuch handelt?“, fragt Shizuka, und Samuel grinst: „Die Ärzte hier tun nur das, was ich will.“ Alexa räuspert sich: „In dem Fall werden wir den Fall ohne Polizei lösen.“ Ruth zieht eine Augenbraue hoch: „Und wie stellen Sie sich das vor?“ „Erstmal gehen wir jeden durch, der ein Motiv hat“, schlägt Raito vor. „Na wer das größte Motiv hat ist eigentlich klar!“, sagt Samuel sauer und zeigt auf Shizuka: „Die Tusse da hasst mich, weil ich ihre Eltern auf den Gewissen habe. Das ist das Motiv. Sie und Keisuke haben mir ja auch den vergifteten Wein geschenkt!“ Alexa schüttelt den Kopf: „Es gibt keinen Beweis, dass er zu dem Zeitpunkt schon vergiftet war.“ „Trotzdem ist sie die Hauptverdächtige!“, ruft Samuel; „Vielleicht steckt sie mit Keisuke unter einer Decke, der kann mich ja auch nicht leiden.“ Was, dieser Kerl verdächtigt Keisuke, einen Mord geplant zu haben? Wie kann er nur! „Keisuke und ich können es gar nicht gewesen sein“, lächelt Shizuka sanft; „Als wir Samuel den Wein überreicht haben, war die Flasche noch zu.“ „Das stimmt!“, ruft Keisuke glücklich. Alexa putzt sich ihre Brille und sagt: „Mit anderen Worten heißt das Folgendes: Kurz vor meiner Ankunft bekam Samuel den Wein von Keisuke, da war er noch zu. Das Dienstmädchen bringt ihn in die Küche und stellt ihn vorerst dort ab. Im Salon waren zu der Zeit Keisuke, Shizuka, Raito, Samuel und ich, und da keiner von uns den Salon verlassen hat, bevor wir in den Speisesaal gingen, können wir es nicht gewesen sein, es sei denn, der Wein war wirklich schon vorher vergiftet, aber das ist wie gesagt unwahrscheinlich.“ „Und ich?“, faucht Ruth; „Ich kann es dann auch nicht gewesen sein, ich hätte nicht genug Zeit dafür gehabt, den Wein in der Küche zu vergiften.“ „Das stimmt“, wirft Keisuke ein; „Sie kam höchstens nach einer Minute in den Salon, nachdem das Dienstmädchen den Raum verlassen hat. Wir müssen ja auch davon ausgehen, dass es seine Zeit braucht, bis sie die Flasche in die Küche gebracht hat. Ruth hatte wirklich nicht genug Zeit.“ Alexa ergreift wieder das Wort: „So gesehen gibt es eigentlich nur zwei Verdächtige, zwei Personen, die es getan haben könnten. Und das sind ihr Mann Abram und das Dienstmädchen Denise selbst.“ „Was?“, ruft Abram erschrocken; „Ich soll versucht haben, meine Frau umzubringen? Ich habe doch gar kein Motiv!“ Daraufhin fängt Ruth lautstark an zu lachen: „Du?! Du willst kein Motiv für den Mord haben? Schwachsinn! Gib es zu, Vater, es ist dir gegen den Strich gegangen, dass Mutter all dein schwer erarbeitetes Geld aus dem Fenster hinauswirft!“ „Das ist kein Grund, jemanden zu töten!“, entgegnet Abram, und Alexa hebt die Hand, um Ruhe zu gebieten: „Nun, haben Sie denn ein Alibi, Abram? Was haben Sie gemacht, als wir anderen im Salon waren?“ Abram wird langsam sauer: „Was soll ich gemacht haben! Ich saß am Esstisch und habe Zeitung gelesen!“ „Wer liest denn abends noch Zeitung?“, will Keisuke wissen; „Ich meine, die meisten Menschen lesen sie morgens, oder?“ Samuel schüttelt den Kopf: „Vater nicht. Er sagt, dass seine Augen abends besser funktionieren als am frühen Morgen. Er macht das immer so.“ „Ähm, da ist noch eine andere Sache“, bemerkt Shizuka; „Als wir in den Speisesaal gekommen sind, hatten Sie keine Zeitung.“ Für einen Moment herrscht Stille, dann ruft Abram: „Weil meine Frau sie kurz vorher mitgenommen hat! Das kann sie auch gerne bestätigen, wenn sie aufwacht!“ „Also das bringt nichts“, seufzt Alexa; „Machen wir mit Denise weiter. Wo ist sie eigentlich?“ „Sie ist eben nach Hause gefahren, um für Mutter frische Kleidung zu holen“, erklärt Ruth. „Oh nein!“, ruft Samuel und springt auf; „Wenn sie die Täterin ist, vernichtet sie gerade vermutlich Beweise!“ „Ganz ruhig“, beschwichtigt Alexa ihn; „Hatte sie überhaupt ein Motiv, Mary zu töten?“ „Und wie“, lacht Ruth; „Sie wurde ja wie Dreck von meiner Mutter behandelt.“ Abram nickt: „Meine Frau ist stets unzufrieden mit dem Personal.“ Da fällt Keisuke etwas ein: „Stimmt! Was ist mit dem Personal? Ihr habt doch bestimmt mehr als nur das eine Dienstmädchen, oder? Die könnten als Täter auch in Frage kommen!“ Shizuka lacht: „Frei nach dem Motto: 'Der Mörder ist immer der Gärtner', oder wie?“ Aber Samuel schüttelt seufzend den Kopf: „Wir haben den gesamten Personal heute frei gegeben, wegen meinem Geburtstag. Denise ist die einzige, die geblieben ist. Sie wurde ja gebraucht, um das Essen zuzubereiten.“ „Es muss einfach Denise gewesen sein!“, ruft Abram. „Ganz genau, nun ist sie die Hauptverdächtige!“, lacht Ruth. Raito lächelt: „Du denkst wirklich, dass du aus dem Schneider bist?“ „Was?!“, krächzt Ruth und schaut ihn fassungslos an. Alexa richtet ihre Brille und erklärt: „Was Raito damit meint, ist folgendes: Wir haben Ruth als Täterin ausgeschlossen, weil sie nicht genug Zeit gehabt hat, in die Küche zu gehen, den Wein zu vergiften, und zu ins in den Salon zu stoßen. Aber eine Tatsache haben wir dabei außer Acht gelassen: Niemand von uns weiß sicher, ob das Dienstmädchen den Wein wirklich in die Küche gebracht hat.“ Ruth schaut sie wütend an: „Wie kommst du darauf, dass es nicht so wahr?“ „Ganz einfach!“, ruft Alexa; „Denise hatte nicht nur den Wein in der Hand, den sie wegbringen musste, sie hatte auch mein Geschenk an Samuel, nämlich das Parfüm! Und das würde sie entweder ins Badezimmer oder in das Gemach von Samuel bringen, nicht in die Küche! Was also, wenn Denise die Weinflasche auf dem Holztisch im Gang abgestellt hat, damit sie erst das Parfüm wegbringen kann? In der Zeit, in der sie oben ist, konntest du problemlos den Wein vergiften und direkt zu uns kommen, in den Salon, um dir ein Alibi zu verschaffen. Das Dienstmädchen hat dann, während du bei uns warst, den Wein in die Küche gebracht, und das Schicksal nahm seinen Lauf.“ „Aber... Ich hatte keinen Grund, Mutter zu vergiften!“ Samuel starrt sie sauer an: „Aber mich! Dir war doch klar, dass es ein Geburtstagsgeschenk für mich ist! Du konntest aber nicht wissen, dass Mutter ausgerechnet diesen Wein heute ausschenken wird!“ Er schaut sie überlegen an, aber dann ergreift Raito das Wort: „Du liegst falsch, Samuel. Als du eben reingekommen bist, hast du gesagt, dass die Flasche mit Aconitin vergiftet war, aber diese Art von Gift ist ungefährlich für Vampire.“ Das überzeugt Samuel nicht: „Na und?! Wer sagt, dass Ruth das weiß?“ Keisuke fügt hinzu: „Sie hat wirklich ein Motiv, Raito, wir haben doch alle gehört, dass sie mit ihrem Bruder um die Übernahme der Firma von Abram kämpft. Sie wollte ihn aus dem Weg räumen, aber es hat aus Versehen ihre Mutter erwischt. Das wollte sie nicht, und deswegen war sie auch so hysterisch als Mary plötzlich am Boden lag.“ Shizuka nickt: „Ja, und außerdem könnt ihr euch noch daran erinnern, dass Ruth die einzige war, die nichts getrunken hat? In ihrem Glas war auch der vergiftete Wein, aber sie hat es lieber Samuel an die Rübe geworfen anstatt daraus zu trinken.“ „Moment mal!“, ruft Alexa plötzlich; „Das ist der springende Punkt! Wenn Ruth wirklich gewusst hätte, was im Wein enthalten ist, dann hätte sie doch gar nicht so einfach zugelassen, dass ihre Mutter ihn trinkt! Mir ist etwas eingefallen, ich weiß jetzt wer es war.“ Alle schauen sie an. Alexa steht auf und holt tief Luft: „Wie ihr wisst, waren Shizuka, Raito, Samuel, Keisuke und ich gemeinsam im Salon, ehe das Dienstmädchen Denise den Wein weg brachte. Meine Vermutung von eben stellt sich als Irrtum heraus, Denise hat nicht den Wein auf dem Holztisch abgestellt, sondern das Parfüm! Wenn man ein bisschen überlegt, merkt man, dass die Küche viel näher an dem Gang liegt als entweder Samuels Zimmer oder das Badezimmer, denn die sind im oberen Stockwerk. Ruth ging einfach am Parfüm vorbei und kam in den Salon. Sie hätte gar nicht wissen können, ob da eine Flasche steht, die sie vergiften könnte, habt ihr daran mal gedacht? Das Alibi hätte sie also rein zufällig bekommen. Im Salon haben wir noch kurz geredet, und nachdem Denise das Parfüm ebenfalls weggebracht hat, kam sie, um uns in den Speisesaal zu rufen. Als wir dort ankamen, war Abram schon da und Mary kam gerade rein. Sie kam aus der Küche, also hätte sie es gemerkt, wenn Abram aufgestanden wäre und den Wein in der Küche vergiftet hätte.“ „Da seht ihr es!“, ruft Abram zufrieden. „Fein“, sagt Ruth; „Dann wissen wir, wer es getan hat. Denise, das Dienstmädchen!“ Alexa schüttelt breit grinsend den Kopf: „Irrtum. Als die Getränke serviert wurden hat Denise alle gefragt, ob sie Wein wollen. Die Vampire nehmen wir mal raus, bei denen stand schon vorher fest, dass sie Blut trinken würden. Denise hätte aber nicht wissen können, wie es mit uns Menschen aussieht. Sie hätte nicht wissen können, wen sie tötet, und wen nicht.“ „Aber wer war es denn dann?“, fragt Shizuka ziemlich verwirrt. Alexa seufzt: „Die Person, die den Wein vergiftet hat, war niemand anderes als Mary Spider höchstpersönlich.“ „Was?!“, rufen alle geschockt. „Sie hat versucht, sich umzubringen?“, fragt Samuel mit zweifelndem Blick. „Nein, nicht direkt“, erklärt Alexa gelassen; „Wie ihr wisst, sind die einzigen Personen, die Wein bekommen haben, Mary selbst und ihre Tochter Ruth. Als Abram nach Wein gefragt hat, hat Mary sofort gesagt, dass er keinen haben dürfe. Das Dienstmädchen hat mir auch Wein angeboten, aber weil ich noch fahren muss, habe ich abgelehnt. Wenn ich das nicht gemacht hätte, hätte Mary sich etwas für mich einfallen lassen müssen, denn mich wollte sie ja nicht umbringen.“ „Aber mich!!!“, schreit Ruth entsetzt. Alexa nickt: „Sie hat den Wein zu sich genommen, bevor du dein Glas Samuel entgegen geschleudert hast. Also war es zu spät, es noch rückgängig zu machen. Sie hatte ursprünglich geplant, Ruth zu töten und sich selbst als Tatverdächtige auszuschließen.“ „Aber dabei hätte sie doch selbst sterben können!“, entgegnet Shizuka ungläubig; „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie dieses Risiko eingegangen wäre.“ „Wäre sie auch nicht“, lächelt Alexa; „Und das ist gleichzeitig der Beweis, der meine Theorie untermauert.“ Sie zieht sich plötzlich eine Packung Tabletten aus der Tasche: „Das sind Tabletten gegen das Alkaloid Aconitin. Ihr erinnert euch bestimmt noch daran, dass ich während dem Essen zur Toilette gegangen bin. Dort habe ich sie gefunden. Ich bin mir sicher, wenn wir sie untersuchen lassen, werden wir Marys Fingerabdrücke darauf finden.“ „Das ist nicht notwendig“, sagt Mary und richtet sich auf. „Du bist wach?!“, ruft Samuel erstaunt. „Ich habe euch schon eine ganze Weile zugehört...“, lächelt sie müde. „Mutter!!!“, schreit Ruth und umarmt sie. „Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist! Warum machst du so dumme Sachen?!“ Ruth hat Tränen in den Augen. Keisuke versteht jetzt gar nichts mehr. Hat Mary nicht versucht, ihre eigene Tochter Ruth hinterhältig zu töten? Samuel wird laut: „Vergiss nicht, dass sie dich umbringen wollte! Hätte sie die Tabletten nicht im Badezimmer vergessen, wäre sie überhaupt nicht in Lebensgefahr!“ Alexa lächelt: „Ich habe vergessen, eines zu erwähnen.“ Alle schauen sie gespannt an. „Die Tabletten habe ich nicht irgendwo im Badezimmer herumliegen sehen, ich habe sie im Mülleimer gefunden, nachdem ich mir die Hände gewaschen habe. Mary hat sich also kurz vor dem Essen entschieden, sie nicht zu verwenden.“ „Das kann doch nicht sein!“, ruft Samuel und schaut zu seiner Mutter: „Dann wolltest du dich also wirklich umbringen?“ In Marys Augen glitzern Tränen: „Ruth hat uns die Feier ziemlich verdorben. Und das ist nicht das erste Mal. Ich würde sogar sagen, Samuel hatte noch nie einen schönen Geburtstag wegen ihr. Andersherum ist es genauso. Ich hab das nicht mehr ausgehalten... Ich hatte überhaupt nicht vor, dich zu töten, Ruth, ich wollte nur, dass du ins Krankenhaus eingeliefert wirst, damit ihr merkt, wie wichtig es ist, dass die Familie zusammenhält. Ich dachte, wenn wir einmal schwere Zeiten gemeinsam durchmachen, wird es vielleicht besser... Aber ich habe schnell eingesehen, dass mein Gedankengang in die falsche Richtung führt. Ich habe selbst vom vergifteten Wein getrunken, weil ich es bereut habe, meiner eigenen Tochter so etwas anzutun.“ „Warum haben Sie denn nicht einfach vorher gesagt, dass der Wein vergiftet ist?“, fragt Keisuke; „Dann hätten sowohl Sie als auch Ruth die Finger vom Wein gelassen, und das alles wäre uns erspart geblieben.“ „Tja, ich weiß es klingt dumm, aber wenn ich das getan hätte, wäre der ganze Abend direkt am Anfang gescheitert. Und das war ja gerade das, was ich nicht wollte.“ „Wann haben Sie den Wein eigentlich vergiftet?“, hakt Alexa nach. „Während Denise den Stuhl geholt hat. Ich war in der Küche, und da stand er.“ Ruth sieht ihre Mutter voller Mitleid an: „Ach Mama... Du bist so dumm...“ Alle schweigen. Ruth dreht sich zu den anderen: „Ich möchte euch alle um etwas bitten. Können wir weitermachen, als wären all diese schrecklichen Ereignisse heute Abend nie vorgefallen? Keine Polizei, keine Bestrafung.“ „Das ist wahrscheinlich das beste“, stimmt Abram zu und steht auf: „Was hattest du da eben eigentlich zu meinen Warzen gesagt?“ „Ähm, Schatz, du weißt, wenn ich in Rage bin, sage ich Dinge, die ich gar nicht so meine“, entschuldigt sich Mary bei ihm, und alle fangen an zu lachen. „Ich schlage vor, jeder, der nicht zur Familie gehört, wartet draußen auf dem Flur“, sagt Raito; „Dann haben die vier ein bisschen Zeit für sich.“ Auf dem Krankenhauskorridor lobt Raito Alexa dafür, wie sie den Fall gelöst hat. Sie wird leicht rot und antwortet: „Wenn man so viele Krimis liest wie ich, ist es ganz einfach.“ Derweil ist Keisuke um Shizuka besorgt. Sie sagt ihm traurig: „Ehrlich gesagt, als du im Badezimmer warst, und ich den Wein als Geschenk ausgesucht habe, habe ich schon darüber nachgedacht, Gift reinzumischen.“ Keisuke sieht sie erschrocken an. Dass Shizuka zu sowas imstande wäre, könnte er sich niemals vorstellen. „Aber ich bin froh, dass ich den Gedanken verworfen habe. Dieser Mann hat meine Familie zerstört, und jetzt wo ich seine kennengelernt habe, würde ich mich selbst dafür hassen, zwei Eltern ihren Sohn und einer kleinen Schwester ihren Bruder weggenommen zu haben.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)