Reminiscence of Teepo von Platan (The Reminiscence) ================================================================================ Kapitel 7: Todesbotin Drunal Amrena ----------------------------------- -Krysfelsen- Drunal Amrena war eine schlanke und hochgewachsene Frau mittleren Alters. Ihr aschgraues Haar war unbeschreiblich lang, deshalb hatte sie es auf verschiedene Arten gleichzeitig gebändigt, sei es mit Hilfe von irgendwelchen lieblos ausgewählten Spangen oder simplen Zöpfen, von denen sie einige hochgesteckt trug. Gerüchten zufolge wurde Amrenas Haar in ihrem bisherigem Leben kein einziges Mal geschnitten, was Teepo für absoluten Unfug hielt. Jedoch wäre die tatsächliche Länge ihrer Haare mit Sicherheit ziemlich beeindruckend, wenn sie diese offen tragen würde. -Mit denen könnte sie dann bestimmt hervorragend die Straßen fegen.- Sie war so schmächtig, das ihre leicht gehaltene Kleidung kaum den Eindruck untergraben konnte ein Skelett vor sich zu haben, dem man provisorisch eine dünne Haut übergezogen hatte. Einzig ihr makelloses Gesicht hob sich deutlich von dem Rest ihrer kränklichen Statur ab. Ein gefühlskaltes Augenpaar kreuzte seinen Blick und jagte dem Betrachter einen Schauer über den Rücken, was an der Leere in ihrer Mimik lag, mit dem sie ihn musterte. In ihrer rechten Hand trug sie eine Art Sense bei sich, ihren sogenannten ’Vollstrecker’. Dieses Klappergestell gehörte zu den hohen Tieren des Schwarzmarktes, die dort als ’Blasse Schönheit’ oder auch ’Untote Richterin’ geläufig war. Von Angesicht zu Angesicht war Teepo ihr bisher zwar noch nicht begegnet, doch er kannte diese Frau und konnte sie schon allein aus einem einzigen Grund nicht leiden: Amrena war die Vorgesetzte von Guart, dem Wächter, dessen Ansicht sie von Anfang an teilte. Genau wie ihr Untergebener würde sie ihn am Liebsten die Radieschen von unten zählen lassen. -Meiner Meinung nach geben sie ein perfektes Paar ab… beide sind mehr als durchgeknallt.- Mit zwei anderen Söldnern im Schlepptau, in deren Ausdruck sich keinerlei Mitgefühl entdecken ließ, marschierte sie aus der Ferne gemütlich auf die beiden zu. -Söldner? Wie nett… den einen kenne ich sogar persönlich.- Shad flüsterte Teepo derweil etwas zu und positionierte sich vor ihm, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Diese begutachtete das Hindernis nur flüchtig, worauf sie ein schiefes Grinsen zur Show trug. “Khihihi… nicht wahr!? Bei diesem Anijuu handelt es sich also um SHADDON! Wer hätte das gedacht! Kein Wunder, das mein Guart es so schwer hatte mit all den STÖRFAKTOREN im Weg! Aber nun bin ich ja da!“ “Grrr… dieses Weib stinkt immer noch zum Himmel!“, knurrte der Anijuu angewidert und ballte wütend die Fäuste. Zwar versuchte er seine Anspannung so gut wie möglich zu verstecken, doch Teepo konnte er nichts vormachen. Jedenfalls nicht in dieser menschlichen Gestalt. “Kchahaha… sei brav, Wölfchen! Tritt zur Seite! Wegen dir bin ich NICHT hier!“ “Scheint so.“, warf Teepo ein, bevor Shad darauf reagieren konnte. “Welchen Ärger habe ich denn am Hals, das ich ausgerechnet von Ihnen aufgesucht werde?“ ’Du hast eine Menge Ärger am Hals. Halt dich zurück und lass mich die Sache regeln…’, für wen hielt Shad ihn denn? Für einen Schwächling oder gar Angsthasen, der seine Angelegenheiten nicht eigenständig klären konnte? -Dieses Gefühl… etwas stimmt mit ihr nicht. Könnte es etwa sein…?- Ihm war bewusst welche Bedeutung es hatte, von Drunal Amrena aufgesucht zu werden. In so einem Fall wollte der Schwarzmarkt seine Mitarbeiter aus irgendeinem Grund still und heimlich loswerden. Aber selbst wenn an ihrem Können etwas dran sein sollte, würde er sich deshalb noch lange nicht von anderen tatenlos beschützen lassen, wenn er sich dieses Problem noch dazu selbst eingebrockt hatte. Widerwillig ließ Shad seinem Schützling genügend Spielraum und konzentrierte sich auf jeden einzelnen Schritt ihrer Feinde. “Welchen ÄRGER du am Hals hast?!“, gluckste Amrena laut auf. Ihre schrille und kratzige Stimme erweckte den Anschein, als hätte sie die vergangenen Nächte in einer dunklen, modrigen Gruft zu ausgiebig gefeiert. “Der unerwartete Vorfall im Schwarzmarkt war für uns ein SCHWERER Schlag! Ein enorm großer, schwarzer DRACHE krachte plötzlich durch die Wände der Mitarbeiterabteilung, speite einmal FEUER über den Marktplatz und flog dann in Richtung KRYSFELSEN davon. Khihihi… dabei hat der Schwarzmarkt reichlich SCHADEN genommen und einige OPFER haben wir wahrscheinlich auch zu beklagen.“ Sonderlich überrascht war Teepo über diese Antwort auf seine Frage nicht, da er sich so was Ähnliches bereits ausgemalt hatte. Innerlich amüsierte ihn die Vorstellung sogar ein bisschen, denn um den Schwarzmarkt war es nicht allzu Schade. “Aha.“, erwiderte er gleichgültig. Keuchend stemmte Amrena ihre freie Hand in die Hüfte und setzte einen gespielt empörten Tonfall auf, um auf ihren hohen Stand hinzuweisen. “Werd mal nicht frech!“ Inzwischen war das Trio bei ihnen angekommen, hielt allerdings vorerst einige Meter Abstand zu ihrem Zielobjekt. Genüsslich kaute die Anführerin auf ihrer Unterlippe herum, ehe sie erneut das Wort erhob. “Es gab in den letzten Jahren immer wieder die BEHAUPTUNG, wir hätten DRACHEN in unserer Mitte und einer der Verdächtigen warst stets DU! Kchahaha… weißt du, was das für dich bedeutet?!“ Gelangweilt von ihrem Vortrag zuckte Teepo mit den Schultern und ließ absichtlich jegliche Umgangsformen ihr gegenüber fallen. “Eigentlich schon, aber red nur weiter. Vielleicht hör ich ja zu.“ Shad hingegen gefiel es überhaupt nicht, wie sich dieses Gespräch entwickelte, mischte sich aber nicht ein. Schließlich musste sein Schützling mit solchen Situationen auch alleine zurechtkommen, da stimmte er Teepo ausnahmsweise zu. Weiter anheizen sollte er die Sache dennoch nicht, wenn er klug genug wäre. Gegenwärtig war Shad nämlich nicht dazu in der Lage, ihm in der Not ausreichend Beistand im Kampf bieten zu können. Grimmig verzog Amrena das Gesicht, als hätte sie soeben etwas Saures in den Mund genommen. "Das bedeutet für DICH, du bist so gut wie TOT! Du wurdest offiziell zum VERRÄTER ernannt und mit einem hübschen Kopfgeld ausgestattet! Wer uns dein HAUPT leblos präsentieren kann, wird nicht zu knapp belohnt! Deine Glanzzeit ist vorbei! Du hast KEINE Zukunft mehr, du Wurm! Ghahaha!“ Amrena fing danach lauthals an zu lachen, wie eine Irre. Dem setzte Teepo jedoch mit seiner folgenden Beurteilung ein jähes Ende: “Gut.“ Abrupt stoppte sie ihr abartiges Gelächter und schnappte erst panisch nach Luft, bevor sie ihn fassungslos anstarrte, ebenso wie die zwei Söldner es taten. Und dieses Klappergestell sollte gefährlich sein? Zweifel suchten ihn in Bezug darauf heim. Auch Shad schielte, wie ihre Gegner, ratlos zu ihm rüber. “Was meinste mit ‚gut’? Du könntest demnächst von sämtlichen Kopfgeldjägern gejagt werden und du findest es ‚gut’?“ Seufzend fasste der Auslöser für diese allgemeine Verwirrung sich an die Stirn. War er denn nur von begriffsstutzigen Idioten umgeben? Gewiss war Teepo genau klar, was das für ihn bedeutete: Kein Ruhm, Wohlstand und warmes Bett mehr. Er war nun nichts weiter als ein armseliger Verräter, um es in der Sprache dieser Irren auszudrücken. Na und? Einen neuen Ruf konnte er sich jederzeit anderswo aufbauen, dafür hatte er etwas Wesentliches zurück gewonnen, was er damals ausschließlich Hyruhi zuliebe aufgab, weil sie eine Abmachung getroffen hatten. “Ich bin nun endlich wieder vogelfrei.“, erklärte er den anderen mit Zufriedenheit. “Ich kann nun wieder sagen was ich will, sein wer ich will, gehen wohin ich will, tun was ich will und vor allem…“ “… töten wen du willst.“, führte Shad die Aufzählung zu Ende, konnte dessen Grinsen jedoch nicht teilen. Davon ließ ihre Feindin sich allerdings nicht beeindrucken. Stattdessen brach sie ein zweites Mal in schallendes Gelächter aus und schnellte mit ihrem linken Zeigefinger auf Teepo deutend nach vorne. “UNSINN! So ein IRRSINN! Du darfst im JENSEITS deine letzten Worte bereuen! AUF SIE! ERLEDIGT ihn und zeigt keine Gnade! Khihihi!“ Es regte sich niemand. Einige Sekunden vergingen bis Amrena die feinen Blutlachen bemerkte, welche sich an ihren nackten Füßen vorbeizogen. Entgeistert stotterte sie unverständliche Laute vor sich hin und ihre Augen weiteten sich so stark, das man befürchten musste, sie könnten aus ihren Höhlen fallen. “Ghghgh… was hat das zu BEDEUTEN?!“ Außer sich vor Zorn fuhr sie herum und verlor für einen Augenblick ihren gesamten Wortschatz beim Anblick des Täters, der ihre Arbeitskräfte so lautlos niedergestreckt hatte. Die kurzweilige Stille brach der Anijuu als Erster. “Schau an. Du bist immer noch ein Experte im Lautlosen töten.“ “Lob mich nicht fürs Töten.“, bat der Blauschopf, das Kompliment ablehnend. “Außerdem habe ich sie nicht getötet. Sie leben noch, aber ohne medizinische Versorgung nicht mehr lange.“ Bei dem geschickten Schwertkämpfer handelte es sich natürlich um Hyruhi, wen auch sonst? Teepo kam es vor, als hätte er ihn eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Etwas an seinem Möchtegern Vormund hatte sich verändert, nur konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen, was es war. Aber sowohl Shad als auch er wirkten seltsam angeschlagen. -Könnte mich mal jemand gründlich darüber aufklären, was eigentlich passiert ist?! Ich komm mir wie der letzte Idiot vor, mal wieder!- Das Schwert schulternd gesellte Hyruhi sich leichtfüßig zu seinen Kameraden, während Amrena apathisch über die nächsten Schritte nachzudenken schien, wobei sie schwer nach Atem rang. “Khihihi! Alle… ihr seid ALLE Verräter, oh ja! Allesamt! Ihr müsst STERBEN! Das wird köstlich!“ Genervt verdrängte Teepo seine letzten Gedanken. Zunächst galt es wohl oder übel, sich um dieses Klappergestell zu kümmern. Anschließend würde er damit beginnen, seine beiden Freunde einer Befragung bezüglich der ihm fehlenden Erinnerungen zu unterziehen. “In der Tat.“ Geschwind zog er sein Langschwert aus dessen Scheide und klemmte sie hinter seinen Gürtel. “Du besitzt nämlich etwas, das ich von dir haben will. Und das werde ich mir mit allen Mitteln von dir besorgen!“ Ohne auf die Bedeutung seiner Aussage näher eingehen zu wollen, strich sie mit ihrer Zunge begierig über ihre Lippen und winkte ihn selbstsicher zu sich. “Nur zu! Komm her! ABSCHAUM wie du hat gegen jemanden wie mich, eine der vier SCHATTENFÜRSTEN, keine Chance!“ Auf ihre Herausforderung eingehend wollte Teepo geradewegs auf sie zustürmen, wurde aber von Hyruhi zurückgehalten, der über dessen Dummheit betrübt war. “Warte! Du unterschätzt sie! Sie ist von einem ganz anderen Kaliber, als du es bisher gewohnt warst!“ “Da hat er Recht, Junge! Glaub mir, ich kenne sie! Sie is skrupellos! Ohne Plan wirste bei ihr nich weit kommen!“, unterstützte der Anijuu Hyruhi und schnappte vorsichtshalber nach Teepos anderem Arm. Was war nur mit ihnen los? Wann waren sie zu solchen Feiglingen mutiert? Bei drei gegen einen stand der Sieger doch wohl fest, zumal zwei Brutabkömmlinge mit von der Partie waren. Gegen zwei Drachen auf einmal konnte mit Sicherheit nicht mal dieses Klappergestell viel ausrichten. Wenn er allerdings in die ernsten Gesichter seiner Gefährten schaute, packten selbst ihn leise Zweifel. “Und was schlagt ihr stattdessen vor?! Sie wird sich wohl kaum zurücklehnen und warten, bis wir einen Plan geschmiedet haben! Wer hat überhaupt gesagt, ich hätte keinen?!“, zischte Teepo gereizt und riss sich von ihren Griffen los. Eitel fing Amrena über die Unstimmigkeiten in der Gruppe zu kichern an, wodurch ihm letztendlich der Kragen platzte. Von so einer durchgeknallten Tante ließ er sich nicht für dumm verkaufen! An ihr konnte er somit wunderbar Dampf ablassen. Die vier ’Schattenbringer’ waren in der gesamten Region rund um den Schwarzmarkt bekannt und gefürchtet. Als einer von ihnen brachten die Mitmenschen dieser Person Ehrfurcht entgegen, weil ihre Kampfkraft angeblich unbeschreiblich hoch sei und niemand ihnen das Wasser reichen konnte, ausgenommen deren Vorgesetzten, die man ’Schattenfürsten’ nannte. Sie waren zugleich die Leiter des Schwarzmarktes. Anders als die Schattenbringer verfügten deren Vorgesetzten jeweils über außergewöhnliche Fähigkeiten, welche den normalen Menschenverstand überschritten. Deswegen war es bis heute auch noch nie jemandem gelungen, einen von ihnen zu bezwingen, wozu in der Regel nicht mal die Schattenbringer imstande waren. Und so viel stand fest… die übermenschliche Fähigkeit von Drunal Amrena konnte man zweifellos als widerlichste bezeichnen. Hinter der Gründung dieser Einheit steckte ein Grund der fast keinem bekannt war, außer wenigen Mitgliedern selber. “Tja, der Kleine is sich der Gefahr offensichtlich nich bewusst.“, schnaubte Shad. “Könnte knifflig werden. Dank Flak bin ich vorerst nich sehr hilfreich. Was nun?“ Flüchten kam für keinen von beiden in Frage, dafür waren sie dann doch zu stolz und Amrena würde sich vermutlich eh nicht so leicht abschütteln lassen. Demnach blieb ihnen als Alternative nur die offene Konfrontation mit dem Feind. “Frag mich nicht… der letzte Kampf liegt nicht nur dir noch schwer in den Knochen.“, antwortete Hyruhi gepresst. “Aber wir können ihn schlecht alleine ins Gefecht ziehen lassen.“ “Ganz deiner Meinung, Ruhi. Dann stürzen wir uns ins Vergnügen.“ Amrena schien ihren Opfern gnädigerweise den ersten Schlag zu gönnen, denn sie rührte sich keinen Millimeter vom Fleck und gaffte die nutzlosen Würmer verabscheuungswürdig an. “Nun denn…“, flüsterte Teepo kampflustig. “Damen soll man nicht warten lassen.“ Noch bevor er einen weiteren Schritt auf sie zu machen konnte, sauste etwas Schmales an seinem Ohr vorbei. Eine Nadellanzette. Fast zeitgleich wich sie diesem Angriff nach hinten aus und verbog ihre Wirbelsäule dabei so weit, bis sie mit ihrem Kopf hart am Boden aufkam, wobei jeder einzelne Knochen einen grauenvollen Schrei ausstieß. Der Anblick erinnerte in etwa an ein zusammengeklapptes Buch. Ziellos flog die Nadellanzette von Hyruhi über sie hinweg ins Leere. “Urgh! Ich hatte gehofft, meine Ohren nie wieder dieser Musik aussetzen zu müssen!“, schüttelte Shad sich bei dem leidvollen Klängen ihrer Knochen. “Kchahaha!“ Wie eine Gummipuppe glitt sie sofort in ihre aufrechte Position zurück und selbst Teepo wurde bei diesem Anblick anders. Geister waren ja schon gruselig genug, doch diese Frau änderte umgehend seine Einstellung. -Ach… die Herren haben sich also doch dazu Entschlossen, wie echte Männer zu kämpfen? Umso besser… ich habe das Gefühl, dieser Kampf könnte sonst zu interessant werden.- Um seinen eigenen Druck etwas abzubauen, konnte er sich die folgende Bemerkung nicht verkneifen: “Hm, also ich habe mir Todesboten immer viel eleganter vorgestellt.“ “Das ist jetzt nicht der geeignete Moment für solche Scherze.“, gab Hyruhi seine Meinung dazu ab und Shad musste schmunzeln. “Sei doch kein Spielverderber, Ruhi.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)