Warte nicht zu lange, irgendwann könnte es zu spät sein von Jason (Takari) ================================================================================ Kapitel 1: Warte nicht zu lange, irgendwann könnte es zu spät sein ------------------------------------------------------------------ Ein Piepen nach dem anderen, in einer nicht enden wollenden Schleife. Jedes Mal ein und der selbe Ton und jedes Mal ein und der selbe Zeitabstand. Taichi nahm dieses, immer wiederkehrende, Signal schon gar nicht mehr wahr. Seine Gedanken hingen nur noch bei ihr. Er hielt ihre Hand, ganz fest. Die Ärzte konnten nicht sagen wie lange dieser Zustand noch anhalten würde. Es bestand sogar das Risiko, dass sich nie mehr etwas daran ändern würde. »Nee-Chan« Mit seiner freien Hand strich er dem brünetten Mädchen über die Wange. Sein eigenes Gesicht war verschmiert, die Tränen längst getrocknet. Der Junge fühlte sich wie ausgetrocknet, nicht mehr in der Lage eine einzelne Träne zu produzieren. Seine geröteten Augen wiesen jedoch noch deutlich darauf hin, dass es eine Menge Tränen waren die er vergossen hatte. »Bitte Nee-Chan, wach wieder auf« Doch eine Reaktion ihrerseits blieb aus, bereits seit Stunden. Nervös schritt Daisuke auf und ab. Er hatte nicht wesentlich weniger Tränen vergossen, als es bei Taichi und Takeru der Fall gewesen war. Seitdem die beiden Klassenkameraden Hikaris, das Mädchen im Krankenwagen bis ins Krankenhaus begleitet hatten, hatten sie das Mädchen nicht mehr gesehen. Es war unerträglich, sowohl für den Brünetten als auch für den Straßenköterblonden. Beiden war es nicht gestattet Hikari zu sehen. Intensivstation - Nur Familienmitglieder hatten Zutritt. »Daisuke, du machst mich nervös!« Takerus Stimme klang energischer als gewollt, die Nerven waren derweil nicht mehr die stärksten. Das Letzte was sie mitbekommen hatten war, dass der Eingriff erfolgreich gewesen war, wenngleich das Mädchen sich im Koma befand. Seitdem Hikari aus dem O.P.-Raum gebracht wurde, war Taichi bei ihr. Er hatte nicht gezögert ins Krankenhaus zu kommen und auch ihre Eltern befanden sich auf dem Rückflug aus dem Urlaub. Ohne etwas auf Takerus Worte zu erwidern nahm Daisuke auf einem der Stühle Platz und schwieg. Es war schwer für die beiden Jungs mit der Situation klar zu kommen, beinahe unmöglich. »Das ist nicht fair...« Leise, als würde er lediglich für sich selbst sprechen, murmelte Daisuke diese Worte vor sich hin. Takeru schwieg. Seit sie im Krankenhaus angekommen waren, war die indirekte Aufforderung an Daisuke, sich zu setzen, das Einzige was er gesagt hatte. Er zog es vor stillschweigend, allein für sich, mit dem Schmerz, der Trauer und dem Schock zurecht zu kommen. Am Liebsten hätte der Blonde jedoch geschrien, so laut und so lange bis ihn wirklich jeder gehört hätte. Einschließlich ihr. Immer, Stunde um Stunde, Tag für Tag, hatte er es scheinbar für selbstverständlich gehalten dass sie da war. Und nun war er mit der Angst konfrontiert worden sie zu verlieren, für immer. Takeru vergrub das Gesicht in den Händen. Er schloß die Augen. Er wollte nichts sehen, er wollte nichts hören. Das Einzige was er wollte war, dass es ihr gut ging. Ein wildes Chaos aus Bildern entstand vor seinem inneren Auge. Hikari. Sie war der Mittelpunkt seiner Gedanken, alles drehte sich um sie. »Spürst du das?« Sie hatte die Augen geschlossen. Der Wind wehte durch ihr Haar und ein sanftes Lächeln lag auf ihren Lippen. »Was meinst du?« Takeru stand neben ihr, seinen Blick der weiten Ferne der Digiwelt abgewandt sah er Hikari an. »Es herrscht wieder Frieden. Es ist uns gelungen diese Welt erneut zu bewahren und nun bedankt sie sich bei uns« Takeru nickte, er hatte die Danksagung dieser digitalen Welt zwar nicht so deutlich spüren können wie die Trägerin des Lichts, doch durchströmte ihn ebenfalls eine gewisse Flut des wieder einkehrenden Friedens. Urplötzlich ergriff sie seine Hand und als Takeru ihr ins Gesicht sah schenkte sie ihm ein liebevolles, zärtliches Lächeln. »Wir sollten zu den anderen gehen, sie warten sicher schon« Er war mit ihr gegangen, ihre Hand haltend, bis die anderen in Sichtweite rückten. Takeru hatte Hikaris Hand los gelassen, er wollte Daisuke nicht unnötig eifersüchtig machen. Was dem Jungen nicht aufgefallen war: In dem Moment, als er Hikaris Hand los gelassen hatte, verblasste das liebevolle in ihrem Ausdruck und das Einzige was blieb war ein Lächeln ohne besondere Bedeutung. Takeru schreckte auf. Er war tatsächlich für einen Moment eingeschlafen gewesen. Dies war im Grunde jedoch kein Wunder. Die letzten Stunden hatten ziemlich an seiner Kraft genagt und Daisuke schien es ähnlich zu gehen. Beide waren an ihre Grenzen gestoßen und ein wenig Schlaf würde ihnen beiden gut tun. Dieser Meinung schien auch Takerus großer Bruder zu sein. Er schreckte etwas zusammen, als er die Hand Yamatos auf seiner Schulter spürte. Der Ältere der beiden hatte vor ein paar Stunden Taichi ins Krankenhaus gebracht und war schließlich derjenige gewesen, der telefonisch die anderen über das Geschehene unterrichtet hatte. Langsam empfand Yamato es als notwendig Takeru erst einmal mit nach Hause zu nehmen. »Ihr helft Hikari nicht, wenn ihr euch hier so fertig macht« Er sprach zu beiden, sowohl zu seinem Bruder als auch zu Daisuke. »Ein wenig Schlaf tut euch gut« Er half Takeru auf, der nicht einmal in der Lage war sich zu wehren, geschweige denn überhaupt 100%ig wahrzunehmen was geschah. »Morgen kannst du wieder kommen« versprach der ältere dem jüngeren Bruder. Natürlich sorgte sich auch Taichis bester Freund um das Wohlbefinden dessen kleinen Schwester, doch in diesem Moment sah dieser seine Aufgabe darin sich um Takeru zu kümmern. Er nahm seinen Bruder mit zu sich Heim und hatte ein Auge darauf, dass dieser anständig aß und schließlich den Weg ins Bett fand. Takeru schien nicht in der Lage sich Gedanken darüber zu machen, wie er es nun empfand nicht mehr im Krankenhaus zu sein. Es war doch egal, er fühlte sich nutzlos, hilflos. Er hatte das Gefühl Hikari im Stich gelassen zu haben. Dabei war er doch derjenige der sie beschützen musste. Seit er sie damals vor Piedmon Piemon beschützt hatte, schien er seine sich selbst ernannte Aufgabe immer mehr vernachlässigt zu haben. Damals war er noch für sie dagewesen, unter Einsatz seines eigenen Lebens. Und nun? Er schämte sich. »Danke Takeru« »Du brauchst dich nicht zu bedanken« erwiderte er und lächelte ihr aufmunternd zu. »Doch« »Hikari...« Sorgenvoll blickte Gatomon Tailmon auf, als es Hikaris Widerspruch vernahm. Ein trauriges Lächeln bildete sich auf den Lippen der Trägerin des Lichts ab. »Ich will das gar nicht. Aber ich kann mich auch nicht dagegen wehren. Es ist als wäre ich der Dunkelheit machtlos ausgeliefert. Immer wieder bereite ich euch Sorgen, weil es mir nicht gelingt mich dagegen zu wehren« Ihre Stimme zitterte vor Furcht, zwar versuchte Hikari dies zu verbergen doch Takeru entging es nicht. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und sah ihr in die Augen. Sie hielt seinem Blick stand. Einzelne Tränen sammelten sich in ihren Augen, als es zu viele wurden brach der Damm und einzelne von ihnen bahnten sich ihren Weg über das Gesicht des Mädchens, bis sie schließlich zu Boden fielen und in Vergessenheit gerieten. »Du bist der Einzige, der mir selbst in die Dunkelheit gefolgt ist. Takeru.« Eigentlich wollte das Mädchen immer stark wirken um anderen keine Sorgen zu bereiten, doch in seiner Nähe hatte sie das Gefühl zeigen zu dürfen was sie empfand. Sie hatte ihn als den Menschen auserwählt, der sich Sorgen um sie machen durfte auch wenn ihr bewusst war welche Last sie ihm damit aufbürden würde. Sie umarmte Takeru, schmiegte sich etwas an ihn und ließ ihren Tränen freien Lauf. Und er? Er schwieg. Tag für Tag kam Takeru ins Krankenhaus, wohl wissend nichts tun zu können. Er hielt es jedoch für nötig da zu sein, er glaubte er sei es ihr schuldig. Wenngleich Hikari sicher nicht einmal wusste, dass er da war, dass er kaum aß und noch weniger schlief und das alles aus Sorge um sie. Körperlich war er anwesend, geistig hing er jedoch nur noch seinen Gedanken nach. Gedanken, Erinnerungen an sie. Die Tage vergingen und aus ihnen wurden Wochen, bis schließlich geschlagene drei Monate seit der Einlieferung ins Krankenhaus vergangen waren. Wie all die bereits vergangenen Tage saß er da: Im Warteraum des Krankenhauses vor der Intensivstation. Die Arme auf den Beinen gestützt saß er nach vorne gebeugt, den Kopf hängend. Warum merkte man erst, wie viel einem ein Mensch tatsächlich Wert war, wenn man befürchten musste ihn zu verlieren? So oft hatte sie versteckte Andeutungen gemacht, mal mehr und mal weniger deutlich und er hatte nie geschaltet. Hatte er wirklich über all die Jahre geglaubt, dass es nur Freundschaft war was sie verband? Takeru blickte auf, eine kurze Berührung auf seiner Schulter hatte ihn aus seinen Gedanken gerissen. Daisuke. Genau wie Takeru, war auch dieser jeden Tag im Krankenhaus. Ein kurzes Nicken widmete der Blonde dem Neuankömmling, schwieg jedoch. Sie sahen sich Tag für Tag, gesprochen hatten sie jedoch kein einziges Wort mehr miteinander nachdem Takeru den Brünetten damals wissen lies das er ihn nervös machte mit seinem ständigen auf und abgehen. Daisuke. Er zügelte sich nicht davor Hikari und den Rest wissen zu lassen, dass er interessiert an ihr war. Nie hatte er aufgegeben, obwohl er immer wieder einen Korb ihrerseits bekommen hatte. Wo nahm er nach all den Zurückweisungen immer wieder die Kraft her, es aufs Neue zu versuchen? Vielleicht war er auch der Grund, weshalb Takeru ihre Andeutungen unbewusst ignoriert hatte? Natürlich waren Takeru und Daisuke Freunde, doch seit sie sich kannten sah der Fliegerbrillenträger auch einen Konkurrenten in dem anderen. All die Zeit hatte der Blonde also Rücksicht auf Daisuke genommen und dabei sich, vorallem aber Hikari, in den Hintergrund gestellt. Er spürte, wie heiße Tränen über seine Wangen liefen. Leere, eine einzige Leere schien in ihm zu herrschen. Er ballte die Hände zu Fäusten, spürte deutlich den Schmerz in seinen Handflächen, so stark bohrte er die Fingernägel in die Haut. Endlich war er sich bewusst, über das was er fühlte. Warum hatte er es nicht schon früher begriffen? Warum musste sie erst in solch eine Lage kommen, damit er begriff was er für sie empfand? Er wollte es ihr sagen, sein dringlichster Wunsch war es sich ihr zu offenbaren. »Hikari...« Leise ging ihr Name über seine Lippen, er spürte die einzelnen salzigen Tränen die auf ihrem Weg über sein Gesicht an seinen Lippen hängen geblieben waren. Schwer atmend kam er vor ihr zum Stehen, mit den Händen stützte er sich auf seinen Knien ab und rang nach Luft. Er hatte sich beeilt, war nach dem Basketballtraining auf direktem Weg zum verabredeten Treffpunkt geeilt. »Wartest du schon lange?« Ein letztes Mal atmete er tief durch, richtete sich dann wieder auf und fühlte sich schon wieder vollkommen fit. Ein Schmunzeln huschte über die Lippen des blonden Jungen. »Nein, so lange warte ich noch nicht« Hikari lehnte an dem Geländer hinter ihr und sah ihren Gegenüber an. »Das Training hat etwas länger gedauert« entschuldigend sah Takeru das Mädchen an. »Ich hätte es dir auch nicht übel genommen, wenn du schon weg gewesen wärst« Sie lächelte, nahm kurz seine Hand und sah ihn an. »Ach was, ich haue doch nicht ab wenn wir verabredet sind. Ich hätte auch noch länger gewartet, auf dich würde ich immer warten« Weitere Wochen vergingen, aber keine Sekunde blieb ohne einen Gedanken an Hikari. Ein Tag wie jeder zuvor. Takeru saß im Krankenhaus, vertieft in Erinnerungen an sie. Er hatte sich geschworen auf sie zu warten, egal wie viel Zeit sie sich lassen würde. Ein lautes Aufstoßen der Tür zur Intensivstation ließ ihn aufschrecken, für gewöhnlich war es ungewöhnlich dass die Ärzte mit solch einem Elan durch die Tür preschten. »Sie ist wach!« Die Tränen in Taichis Gesicht nahmen kein Ende, Tränen der Freude. Nach so langer Zeit hatte seine kleine Schwester ein Lebenszeichen von sich gegeben. Überrascht sah Takeru den älteren Bruder Hikaris an, jedoch nicht imstande reagieren zu können. Er wurde regelrecht mit dieser Neuigkeit überrumpelt. Und dennoch, hatte irgendetwas in ihm wohl soweit geschaltet, dass er ebenfalls in der Lage war zu weinen. Ungestüm und ein wenig fest packte Taichi Takerus Handgelenk und zog ihn ungefragt mit sich. Der Blonde wirkte wie in Trance, auch als Taichi ihm den Kittel überzog. Erst als Takeru leibhaftig vor ihr stand, schien sich in ihm wieder etwas zu regen. »Hikari...« Er legte seine Hand auf ihre Wange, noch immer flossen die Tränen. Sie sah ihn an. »Warum weinst du?« schwach und mit leiser Stimme fragte sie ihn. »Ich bin so froh, dass es dir gut geht« Ein schwaches Schmunzeln ihrerseits. »Müsstest du dann nicht lächeln?« Sie tat sich noch ein wenig schwer mit dem Reden, er hörte aber genau hin und verstand jedes ihrer Worte. Noch immer streichelte er sanft ihre Wange, strich ihr vorsichtig durchs Haar. Es war real, es war kein Traum. Sie war zurück. Er lächelte für sie, einzig und allein für sie. »Hikari, ich...« Das Mädchen schloss die Augen, es war alles noch ziemlich anstrengend für sie. Takeru unterbrach seinen Satz, er wollte sie ansehen, wenn er ihr sagte was er ihr schon vor langer Zeit hätte sagen müssen. Die Brünette atmete mehrmals ein und aus, ehe sie sich wieder imstande fühlte das Gespräch weiter zu führen. Sie lächelte Takeru an und stellte ihm schließlich eine Frage, mit der der Blonde niemals gerechnet hätte, nicht nach all dem was die beiden schon gemeinsam erlebt hatten. »Wer bist du eigentlich?« Der Schock saß tief, für diesen Moment nicht mehr imstande ihr zu Antworten verdichteten sich die Tränen in seinen Augen. »Ich liebe dich!« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)