Sengoku-Jidai Chronicles - Zeit des Wandels von Jenny-san ================================================================================ Kapitel 6: Zeit des Wartens --------------------------- Den Gefallen, sie wieder von dem Hochhaus zu schaffen, hatte Sesshoumaru Kimie nicht abgeschlagen, denn er hätte sie ja schlecht da oben versauern lassen können. Zum Glück gab es auf der anderen Seite des Gebäudes eine schmale Seitenstraße, in die sich so gut wie nie ein Mensch verirrte. Genau dort war Sesshoumaru mit Kimie hinunter gesprungen, ehe sie sich wieder unter die Leute mischten, um sich auf den Rückweg zum Schrein zu machen. Kimie wäre es allerdings lieber gewesen, wäre Sesshoumaru vielleicht schon vorgegangen. Das lag weniger daran, dass sie ihn gerade nicht unbedingt in ihrer Nähe haben wollte, sondern viel mehr an der Aufmerksamkeit, die er auf sich zog. Während Sesshoumaru diese Tatsache gekonnt ignorierte, fühlte sich Kimie von allen Seiten beobachtet. Besonders peinlich waren ihr die für Sesshoumaru bestimmten schwärmerischen Blicke der Oberschülerinnen, deren Heimwege von der Schule die beiden kreuzten. Die erwachsenen Mitbürger schienen hingegen mehr darüber zu rätseln, von welchem Filmset oder welcher Kostümveranstaltung der Youkai entwischt war. “Du hättest auch schon vorgehen können”, flüsterte Kimie ihm irgendwann zu. “Wenn ich nicht auf die aufpasse, kommst du möglicherweise nur wieder in Schwierigkeiten”, konterte Sesshoumaru jedoch nur unbeeindruckt. Kimie zog beleidigt eine Schnute. “Ich habe eher den Eindruck, dass ich gerade wegen dir überhaupt erst Schwierigkeiten bekomme…” “Sieh es von mir aus, wie du willst.” Typisch! Es hätte sie auch sehr gewundert, wenn er ernsthaft auf ihre Bemerkung eingegangen wäre. “Warst du eigentlich zuerst noch bei Kagome zu Hause oder bist du mir auf direktem Weg gefolgt?”, fragte Kimie irgendwann. “Ich war nicht in dem Haus, falls du das meinst”, antwortete Sesshoumaru ihr sogleich. “Aber ich weiß, dass deine Eltern da sind. Das war es doch sicher, was du mir noch sagen wolltest, habe ich Recht?” “Uhm… Ja, richtig”, bestätigte sie ihm. “Und vielleicht wäre es besser, wenn du auf direktem Weg zurück in deine Zeit gehst.” “Ich schließe aus deiner Bemerkung, dass du deinen Eltern alles erzählt hast.” “Soll das ein Vorwurf sein? Was dachtest du denn? Ich habe keine Geheimnisse vor meinen Eltern.” “Dennoch hattest du ihnen damals nichts von mir erzählt.” “Meine Güte! Das war doch zu dem Zeitpunkt was vollkommen Anderes!” Sesshoumaru schwieg einen Augenblick lang, hatte aber nach wie vor diesen leicht affektiert wirkenden Blick aufgesetzt. “Ihr Menschen seid wirklich seltsame Geschöpfe. Ich werde euer Verhalten wohl nie ganz verstehen.” “Dito!” Kimie verschränkte die Arme vor der Brust. “Wie auch immer, momentan sind meine Eltern, besonders meine Mutter, nicht gerade gut auf dich zu sprechen. Zu verschweigen, dass man eine Verlobte hat, während man zugleich in einer anderen Beziehung steckt, gilt unter Menschen nicht gerade als vorbildliches Verhalten. Die meisten von uns schätzen hierzulande nämlich die Monogamie.” “Ich habe dir doch gesagt, das ist alles ein Missverständnis.” “Und trotzdem sind die Füchse immer noch da. Haben die auf einmal kein Zuhause mehr?” Einen Moment lang schwieg Sesshoumaru, während er Kimie eingehend beäugte. “Du verhältst dich in letzter Zeit ziemlich irrational.” “Wie war das?! Wer bitte ist hier irrational?!”, brach es urplötzlich wutentbrannt aus ihr heraus. Direkt danach wäre sie vor Scham am liebsten im Boden versunken, als sie sich der verdutzten Blicke der anderen Leute bewusst wurde. Zunächst stillschweigend und die Augen auf den Boden gerichtet ging sie nun weiter neben Sesshoumaru her. “Irrational… Du warst auch nicht besser, als die Füchse angekommen waren. Ich durfte mich allein mit dieser blöden Harumi und ihren abfälligen Kommentaren herumschlagen, während du nur daneben gestanden hast, als ginge dich das alles nichts an.” “Möchtest du schon wieder mit dieser leidigen Geschichte anfangen?”, entgegnete Sesshoumaru, als wäre er sich keiner Schuld bewusst. Das wiederum entfachte Kimies Ärger nur noch mehr. “Oh! Entschuldige bitte, dass ich dich damit belästige! Dann sage ich eben nichts mehr!”, entgegnete sie beleidigt und wandte demonstrativ den Blick von ihm ab. Sesshoumaru hatte dafür nur ein Kopfschütteln übrig. Er versuchte, sich zu erinnern, ob er Kimie schon mal so zickig erlebt hatte. Dass sie ihre Macken hatte, war ihm ja von Anfang an klar gewesen, aber das hier… Kimie hingegen war sich nicht sicher, wie sie sich weiter verhalten sollte. Teilweise kam sie sich in ihrem Tun ja selbst etwas bescheuert vor. Aber andererseits wollte sie sich das nicht so recht eingestehen. Im Grunde war sie ja eigentlich froh darüber, dass Sesshoumaru da war. Durch die Tatsache, dass sie so lange praktisch pausenlos mit ihm zusammen gewesen war, waren ihr die letzten zwei Wochen fast wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen. Aber sie konnte es ihm nicht einfach so sagen, obwohl sie es gerne tun wollte. Also schwieg sie weiter. Auf ihrem Weg kamen die beiden auch an einer Apotheke vorbei. Und obwohl sich Kimie im Bezug auf ihre Umstände sehr sicher war, wollte sie dennoch die hundertprozentige Gewissheit haben. Zumal ihre Mutter ihr das zuvor auch nahe gelegt hatte. Aber was sollte sie mit Sesshoumaru machen? Sie konnte ihm ja schlecht gestatten, mit ihr in das Geschäft zu gehen. Dann würde er ja alles erfahren. Da entdeckte Kimie etwas am Schaufenster der Apotheke kleben und ihr kam die möglicherweise rettende Idee. “Moment! Ich will da noch was kaufen”, verkündete sie an Sesshoumaru gerichtet, ehe sie auch schon schnurstracks zu ihrem Ziel marschierte. Nachdem sich die automatischen Türen geöffnet hatten, drehte sich Kimie augenblicklich und mit ausgestreckter rechter Hand zu dem Youkai um, der gerade dabei gewesen war, ihr zu folgen. “Halt! Du wirst hier draußen bleiben!” Verdutzt blieb Sesshoumaru stehen. “Wieso sollte ich das tun?” “Nun, deswegen.” Kimie deutete auf einen Aufkleber, der gut sichtbar am Schaufenster angebracht war. Auf diesem stand “Hunde warten bitte draußen”. Zunächst schien Sesshoumaru den Zusammenhang zwischen sich und diesem Aufkleber nicht nachvollziehen zu können, aber dann viel es ihm wie Schuppen von den Augen. Und Kimies belustigt wirkendes Gesicht schien ihn in seiner stillen Vermutung zu bestätigen, dass sie sich über ihn amüsierte. Vergnügt zwinkerte sie ihm zu. “Also, sei schön artig.” Artig? Wie redete sie denn mit ihm? Als wäre er ihr Haustier! Aber bevor Sesshoumaru wieder das Wort ergreifen konnte, war Kimie schon durch die automatischen Türen in der Apotheke verschwunden. Sesshoumaru war noch eine Weile sprachlos. Noch nie hatte er erlebt, dass ihm der Zugang zu einem Ort auf so dreiste Art und Weise verweigert worden war. Seine anfängliche Fassungslosigkeit verflog jedoch rasch, als er sich daran erinnerte, dass sich Kimie solche Späße früher immer wieder mal erlaubt hatte. Als noch alles in Ordnung war… Kam er etwa doch wieder langsam an sie ran? Wie es der Zufall wollte, saß angebunden vor dem Geschäft bereits ein weißer Akita Inu, der auf sein Herrchen wartete. Und eben dieser Hund schaute schon die ganze Zeit interessiert zu Sesshoumaru hoch. “Und auf wen wartest du?”, fragte Sesshoumaru nach einem ersten Moment des stillschweigenden Augenkontakts. Der Akita Inu schaute daraufhin durch das Schaufenster in die Apotheke, in welcher sich neben Kimie nur noch ein schon älterer Herr aufhielten. Als der Mann kurz darauf wieder durch die Tür nach draußen kam, wurde er bereits freudig von seinem treuen Gefährten erwartet. Liebevoll sprach der Mann mit seinem Hund, ehe er ihn losband und sich gemeinsam mit ihm im gemächlichen Tempo auf den Heimweg machte. Sesshoumaru sah den beiden noch einen Moment lang nach. Die Tatsache, dass Hunde so selbstverständlich unter der Obhut der Menschen lebten, kam ihm nach einiger Überlegung doch etwas befremdlich vor. Er wurde erst wieder aufmerksam, als Kimie schließlich vor ihm stand. “Hast du was? Wo schaust du denn hin?”, fragte sie ihn zunächst, ehe sie seinem Blick folgte. “Oh! Ein Akita Inu! Hast du mit ihm etwa Smalltalk gehalten?” “Ob ich was?” “Ach, schon gut”, winkte Kimie ab. “Wenn du immer noch mit zum Schrein möchtest, dann lass uns gehen.” Gut zehn Minuten später kamen Kimie und Sesshoumaru an ihrem Ziel an. “Ich bin wieder da!”, kündigte sich Kimie an, nachdem sie die Haustür geöffnet hatte. Sofort kam ihre Mutter in den Flur. “Kimie! Schön, dass du zurück… Hm?” Als Akie nun Sesshoumaru entdeckte, verfinsterte sich ihre zuvor erheiterte Miene abrupt. “Was macht der denn hier?” “Wir haben uns in der Stadt getroffen”, erklärte Kimie kurz. Die genaueren äußeren Umstände wollte sie erst mal außen vor lassen. “Ach! Jetzt ist er also auch noch ein Stalker, ja? Kimata, schau dir das an! Der treulose Hund scheint sich nun doch nach seinem Frauchen zu sehnen.” “Mama!” Selbst Kimie war doch etwas schockiert, angesichts der Wortwahl ihrer Mutter. Allerdings schien sich Sesshoumaru von der Frau nicht provozieren lassen zu wollen. “Ich habe dich ja schon öfter auf seine Ausdrucksweise angesprochen, die du hin und wieder an den Tag legst”, sprach er Kimie zunächst an, ehe er sich ihrer Mutter zuwandte. “Zumindest gibt es keinerlei Zweifel daran, woher du sie hast.” “Werden Sie jetzt bloß nicht pampig!”, ermahnte Akie ihn erbost und mit demonstrativ vor der Brust verschränkten Armen. “Ich habe Ihnen meine Tochter unter der Voraussetzung anvertraut, dass Sie immer gut auf sie aufpassen und sie nicht unglücklich machen, und was ist am Ende dabei herausgekommen? Eine Verlobte, von der Sie ihr nie auch nur ein Sterbenswort erzählt haben! Wollten Sie sich etwa Stück für Stück einen ganzen Harem aufbauen?” Inzwischen war auch Kimata in den Flur getreten. “Vielleicht lassen wir die beiden erst einmal reinkommen und sich setzen. Was hältst du davon, Schatz?” “Pah! Wenn’s nach mir ginge, gehört der Kerl vor die Tür!” Mit wehendem Haar rauschte Akie zurück ins Wohnzimmer. Kimie seufzte leise, während Kimata nun auf sie und Sesshoumaru zukam. “Kimie, geh doch bitte auch schon mal ins Wohnzimmer, okay?” “Mh… Ist gut.” Sie vermutete schon, dass ihr Vater wohl kurz mit Sesshoumaru sprechen wollte. Und genau das tat er auch, nachdem seine Tochter fort war. “Ich entschuldige mich für die Ausdrucksweise meiner Frau”, begann Kimata ruhig, aber dennoch ernst. “Trotzdem kann ich sie verstehen. Und ehrlich gesagt, bin ich auch nicht sonderlich erfreut über das, was Kimie uns erzählt hat. Allerdings bin ich gerne dazu bereit, mir auch Ihre Sicht der Dinge anzuhören.” Normalerweise würde sich Sesshoumaru nicht mal im Traum dazu herablassen, sich vor einem Menschen zu rechtfertigen, aber dies war ein anderer Fall, und dessen war er sich bewusst. “Diese Verlobung wurde einst von meinen Eltern mitarrangiert. Ich habe dem nie meine Zustimmung erteilt, und das habe ich Kimie auch so gesagt”, erklärte der Youkai ohne etwas von seiner Seriosität einzubüßen. Kimata war doch sehr beeindruckt von der Tatsache, dass Sesshoumaru so vollkommen ruhig blieb und dabei keine Miene verzog. “Wie dem auch sei. Ich schlage vor, wir besprechen den Rest im Wohnzimmer.” Er deutete Sesshoumaru an, ihm zu folgen, was dieser auch sogleich tat. Obwohl es ihm doch etwas widerstrebte, der Anweisung so ohne weiteres zu folgen. Noch bevor die beiden das Wohnzimmer betreten hatten, nahm Sesshoumaru einen sehr vertrauten Geruch war. Seinen Stimmungspegel hob dieser jedoch nicht gerade an. Und als er mit Kimata am Wohnzimmer ankam, fiel der Blick des Youkai sofort auf seinen Halbbruder. “Du bist hier, Inu Yasha?”, fragte Sesshoumaru den Hanyou, der mal wieder wie so oft mit dem Kater Buyo spielte, herablassend. Inu Yasha würdigte den Älteren keines Blickes, als er erwiderte: “Hey! Ich bin nur hier, weil ich Kagome besuchen wollte. Konnte ja keiner ahnen, dass du dich ebenfalls hierher verirrst. Ich dachte eher, du hockst nach wie vor im stillen Kämmerlein deiner Raubritterburg. Willst wohl Kimie anbetteln, dass sie doch zu dir zurückkommt, was?” “Du wagst es?!” “Was denn? Willst du Streit? Dann komm doch her!” “O nein! Das werdet ihr nicht tun! Osuwari!”, kam es sofort von Kagome, die gleich aus der Küche gestürmt war, nachdem sie die drohende Eskalation bemerkt hatte. Inu Yasha hingegen war nicht gerade begeistert davon, dass er mal wieder der Einzige war, der sozusagen “bestraft” wurde. * ~ * ~ * ~ * Während Sesshoumaru sich in der Neuzeit aufhielt, machte sich in den Reihen der Füchse, die sich nach wie vor in den westlichen Ländern aufhielten, langsam aber sicher Ungeduld breit. Es war ein offenes Geheimnis, dass Sesshoumaru fort gegangen war, um seine Gefährtin aufzusuchen und viele der Kitsune empfanden dies in gewisser Weise als Beleidigung gegenüber ihrer Prinzessin Saori. Diese wiederum schien nach außen hin keinerlei Einblick im Bezug auf ihre Sicht der Dinge gewähren zu wollen. Bei anderen hingegen überwog allmählich die Langeweile. Besonders bei Kuro, dem obersten General Fürst Aoshis. Schon bevor Sesshoumaru sein Schloss verlasse hatte, hatte sich Kuro öfters in der umliegenden Gegend herumgetrieben. Doch mit Sesshoumarus Abwesenheit schien er es nicht lassen zu wollen, sich auch etwas weiter vom Schloss zu entfernen. Zwar wurde dies von einigen der Inu-Youkai mit Argwohn beobachtet, allerdings konnten sie Kuro schlecht daran hindern. Denn immerhin waren die Füchse ja keine Gefangenen. “Ein komischer Typ… Ich kann ihn irgendwie nicht leiden”, murmelte Subaru misstrauisch in sich hinein, nachdem er gemeinsam mit Ashitaka das Weggehen des Generals beobachtet hatte. Ashitaka verschränkte die Arme hinter dem Kopf. “Kakeru hat mir erzählt, bei der Unterredung mit Sesshoumaru und Aoshi-sama soll dieser Kuro sich mehrmals eingemischt haben. Und mit seinen Kommentaren hat er Sesshoumarus Geduld wohl ziemlich strapaziert.” “Dann hätte Sesshoumaru-sama ihn am besten gleich zeigen sollen, wo sein Platz ist.” Subaru wandte sich zum Gehen um. “Ich geh auf mein Zimmer.” “Warte noch kurz, Subaru!”, bat Ashitaka ihn. “Ich habe gehört, du hattest Ärger mit Yutaro und Tôru. Tôya hatte etwas in der Art erwähnt.” Subaru war nicht überrascht darüber, dass Ashitaka trotz Tôyas Versprechen auf Stillschweigen von dieser Sache wusste. Immerhin waren Tôya und Ashitaka beste Freunde. “Das ist kaum der Rede wert”, entgegnete Subaru abwinkend. “Ihr wisst es doch selbst, solche Raufereien kommen immer wieder mal vor. Was wäre ich für ein Krieger, wenn ich deswegen gleich in Tränen ausbrechen würde?” Angesichts des letzten scherzhaft gemachten Kommentars musste Ashitaka doch amüsiert lächeln. “Schon klar, ich wollte auch nur mal nachgefragt haben. Na gut, man sieht sich.” Subaru verbeugte sich leicht. Weder er noch Ashitaka bemerkten, dass in diesem Moment auch Taiga das Schlossgelände durch das Tor verließ. “Unverschämtes Volk! Ich fasse es nicht, wie man uns behandelt! Glauben diese Köter vielleicht, sie wären was Besseres?” Die Beschwerden ihrer jüngeren Schwester gekonnt außer Acht lassend, nahm Saori die Blumen im Schlossgarten in Augenschein. “Schau nur, wie wunderschön diese Farben sind! Findest du das nicht auch, Harumi?” “Onee-sama!? Wie kannst du nur so ruhig bleiben?”, empörte sich Harumi aber nur. Saori bewahrte sich ihre erhabene Haltung als sie entgegnete: “Reg dich nicht auf, kleine Schwester. Das schickt sich nicht für eine Prinzessin.” Harumi unterdrückte ein genervtes Seufzen. “Ich verstehe dich einfach nicht! Dein Verlobter macht sich aus dem Staub, um nach diesem Weib zu suchen, dass sich zwischen dich und ihn gestellt hat, und du hast nichts dazu zu sagen?” “Nun übertreib mal nicht. Sesshoumaru-sama und ich haben uns gerade mal kennen gelernt. Lag es wirklich in deiner Erwartung, dass wir uns sehen und gleich wäre alles perfekt?” “Dann willst du mir also erzählen, dass du solche Probleme vorausgeahnt hast?” “Sesshoumaru-sama ist immerhin ein besonderer Mann. Hast du wirklich geglaubt, er wäre bis zum heutigen Tage keusch geblieben?” Das kokette Lächeln ihrer Schwester ließ Harumi die Schamesröte in die Wangen schießen. “Aber, Onee-sama!” Saori lachte erheitert. “Nun guck nicht so entgeistert! Weißt du, ich sehe diese ganze Sache nicht so verbissen. Mal abgesehen davon glaube ich nicht, dass Sesshoumaru-sama mir gegenüber zugetaner wäre, würde ich ihn allzu sehr bedrängen.” Harumi unterließ es, noch weiter über dieses Thema zu reden. Offenbar hatte Saori diesbezüglich andere Ansichten als sie. Die jüngere Prinzessin schaute sich kurz um. “Wo ist eigentlich Taiga? In letzter Zeit verschwindet er immer von einem Moment auf den anderen.” “Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Aber wenn ich ihn immer gefragt habe, wo er war, ist er mir ausgewichen. Das finde ich schon irgendwie seltsam.” “Hast du Vater darauf schon angesprochen?” “Nein. Aber das sollte ich wohl besser tun. Am besten so schnell wie möglich.” Saori wandte sich zum gehen um. Während ihre Schwester den Fürsten aufsuchen wollte, verblieb Harumi noch ein wenig im Garten. Ihr wollte nicht in den Kopf, weshalb Saori im Bezug auf das drohende Scheitern ihrer Hochzeit so ruhig und gelassen bleiben konnte. War ihr all das etwa egal? Mittendrin in ihren Überlegungen fiel Harumi plötzlich Yukina ins Auge, die in einiger Entfernung am Schloss entlangging. Kurz entschlossen machte die Prinzessin das Mädchen auf sich aufmerksam, woraufhin dieses sogleich zu ihr ging. “Was gibt es, Prinzessin?”, fragte Yukina unbefangen, was ihr aber umgehend eine scharfe Ermahnung einbrachte. “Zunächst einmal wartest du, bis ich dich was frage, bevor du auch nur ein Wort an mich richtest. Und außerdem hast du den Kopf zu neigen und mich nur anzusehen, wenn ich es gestatte. Als Dienstmädchen solltest du das eigentlich wissen.” Die verwirrte Yukina senkte beschämt den Blick. “Verzeihung. Es ist nur… Sesshoumaru-sama besteht mir gegenüber nicht so beharrlich auf solche Förmlichkeiten.” “Willst du mich etwa zurechtweisen mit dieser Bemerkung?”, unterstellte Harumi ihr sofort. “Mir scheint, dein Herr lässt dir zu viel durchgehen. Wie bist du zum Dienstmädchen geworden? Du erscheinst mir mehr als unpassend für diese Arbeit. Antworte!” “Ich… Mein Familie ist tot und… der ehrwürdige Vater von Sesshoumaru-sama war so gütig, sich meiner anzunehmen. Als er starb und sein Sohn fort ging, hat sich Kakeru-sama um mich gekümmert.” “Ach, aber deine Erziehung ist dabei wohl etwas auf der Strecke geblieben, wie mir scheint.” So unwohl hatte sich Yukina noch nie in der Gegenwart einer anderen Person gefühlt. Dummerweise war gerade auch keiner in der Nähe, der ihr hier wieder hätte raus helfen können. “Prinzessin”, begann Yukina schließlich vorsichtig. “Wenn Ihr sonst nichts von mir möchtet, würde ich mich gerne wieder zurückziehen.” “Nun werde mal nicht unverschämt!”, erwiderte Harumi streng. “Wenn ich von dir verlangen würde, hier einfach stehen zu bleiben, hättest du dem ohne Widerworte Folge zu leisten. So lange, bis ich dir erlauben würde, zu gehen. Hast du mich verstanden?” “Aber… ich wollte doch nur…” “Das ist mir egal! Wage es nicht, mir zu widersprechen, du dummes Ding!” Als die Prinzessin einen Schritt auf sie zumachte, wich Yukina reflexartig zurück. Was sollte sie jetzt tun? “Prinzessin Harumi, ich muss doch sehr bitten!” Sowohl Harumi als auch Yukina horchten auf. Ungeachtet ihrer überraschten Gesichter schritt Subaru nun gezielt auf sie zu und stellte sich zwischen die beiden. Dabei nahm er zugleich Yukina ein wenig zur Seite. Nachdem Harumi den ersten Schock verdaut hatte, ließ sie ihren Unmut sogleich an Subaru aus: “Flegel! Wie kannst du es wagen, mich zu ermahnen?!” “Das Gleiche könnte ich Euch fragen”, konterte der Youkai aber nur unbeeindruckt. “Ihr seid hier nicht bei Euch zu Hause. Vergesst nicht, dass Ihr und Eure Familie hier im Schloss Gäste seid. Euer Ton gegenüber Yukina ist mehr als unangebracht.” Harumi hatte Mühe, ihre Entrüstung zu verbergen. “Du… du traust dich das doch nur, weil dein Herr nicht hier ist!” “Selbst, wenn Sesshoumaru-sama hier wäre, würde das für mich keinen Unterschied machen. Außerdem bezweifle ich es doch sehr, dass er Euer Verhalten toleriert hätte. Wenn Ihr uns nun entschuldigen wollt.” Subaru legte die Hand auf Yukinas Schulter. “Gehen wir. Komm.” Harumi war derartig überrumpelt, dass sie es glatt versäumte, darauf noch etwas zu erwidern. So musste sie die beiden ohne einen erneuten Wortwechsel ziehen lassen. Ihre Wut schürte das aber nur noch mehr. “Köter… Das bereust du noch! Verlass dich darauf!” Nur hatten weder Subaru noch Yukina diesen leisen Fluch noch vernommen. Und vermutlich wäre dieser an Subaru ohnehin spurlos vorübergegangen. Nachdem sie zunächst stillschweigend nebeneinander her gegangen waren, richtete Yukina zögerlich das Wort an ihren Helfer: “Uhm… Vielen Dank, dass Ihr mir geholfen habt, Subaru-sama.” Subaru lächelte leicht. “Sei nicht so förmlich. Ich bin ein ganz gewöhnlicher Krieger und kein Hauptmann oder dergleichen.” Als hätte er sie mit seinen Worten kritisiert, senkte Yukina abermals den Blick zum Boden. “Was ist?”, fragte Subaru sie sogleich. “Sitzt dir der Schreck von eben noch in den Gliedern?” “Äh… Ja, ein wenig…” “Kann ich irgendwie verstehen. Diese Prinzessin ist nicht gerade ein angenehmer Umgang.” “Wird… Sesshoumaru-sama nicht böse auf Euch sein, wenn er erfährt, was Ihr zu Prinzessin Harumi gesagt hat?”, fragte Yukina verunsichert. Zudem fürchtete sie, dass diese Sache auch für sie noch ein Nachspiel haben könnte. Immerhin war ihre Ungeschicklichkeit augenscheinlich der Auslöser gewesen. Doch Subaru schien die Ruhe selbst zu sein. “Mach dir mal wegen mir keine Sorgen, Yukina. Selbst, wenn er mich deswegen maßregeln sollte, es wäre nicht das erste Mal, dass ich wegen irgendwas Schelte kriege.” Yukina blieb zunächst verdutzt stehen, seufzte dann aber schwer. “Ihr seid immer so ruhig und beherrscht. Ich beneide das irgendwie...” Subaru, der ebenfalls stehen geblieben war, lächelte ihr aufmunternd zu. “Sei beruhigt. Falls das wirklich ein Nachspiel haben sollte, lege ich ein gutes Wort für dich ein.” Abrupt schreckte Yukina hoch. “Oh! Denkt bitte nicht von mir, ich würde mich nur um mich sorgen!” “Ha, ha! Das tu ich nicht. Keine Sorge.” Yukina zupfte nervös am Saum der Ärmel ihres Kimonos herum. Ihr fiel etwas ein, was Miyuki zu ihr gesagt hatte, kurz nachdem sie von ihrer heimlicher Schwärmerei für Subaru erfahren hatte: “Warte nicht eine halbe Ewigkeit darauf, bis ein Prinz auf einem weißen Pferd angeritten kommt, bloß weil du ein Mädchen bist! Schwing dich lieber selbst aufs Pferd und suche dir deinen Prinzen!” Eigentlich hatte Miyuki selbst diesen Spruch auch nur mal von Kimie aufgeschnappt, empfand ihn aber wohl für passend im Bezug auf Yukinas aktuelle Gefühlswelt. Doch je länger sie darüber nachdachte, umso mehr ging bei Yukina das ohnehin schon eher gering vorhandene Selbstvertrauen flöten. Ihr Herz pochte derart heftig, dass sie das Gefühl bekam, es wollte ihr gleich aus der Brust springen. “Nein! Das kann ich nicht! Das kann ich einfach nicht!”, brach es plötzlich aus ihr heraus, was ihr von Subarus Seite einen mehr als einen verwirrten Blick einbrachte. “Was ist los? Was kannst du nicht?” “Waah! Ach, gar nichts! Gar nichts! Lasst nur!”, entgegnete Yukina hastig. “Ich… geh mal besser zurück an meine Arbeit. Vielen Dank noch mal für Eure Hilfe. Einen angenehmen Tag noch.” Sie verbeugte sich und eilte dann in Windeseile davon. Zurück blieb ein ziemlich verdutzt dreinschauender Subaru. “Hm? Komisches Mädchen… Habe ich vielleicht was Falsches gesagt?” Über diese Frage grübelte er auch noch Stunden später. In der Zwischenzeit hatte sich Kuro bereits ziemlich weit vom Schloss entfernt. “Welch ein beschaulicher Ort. Wie sind die Inu-Youkai nur an diese Ländereien gekommen?” Der ungerührte Blick des obersten Generals der Füchse schweifte über das sich vor ihm befindliche Schlachtfeld. Mehr als vier Dutzend Soldaten und ihre Pferde lagen tot im vom Blut rot gefärbten Gras. “Tse! Offenbar lassen diese Hunde solches Kleinvieh nach wie vor ungehindert durch ihr Territorium ziehen. Wie töricht!” Kuro säuberte die blutverschmierte Klinge seines Schwertes mit einem Tuch und ließ dieses dann achtlos zu Boden fallen, bevor er seine Waffe wieder einsteckte. Es war purer Zufall, dass sein Weg sich mit dem dieser Menschen gekreuzt hatte. Kaum, dass sie ihn gesehen hatten, hatten sie ihn angreifen wollen. Ein für Menschen ziemlich typisches Verhalten, wie Kuro fand. Für ihn war es keine große Herausforderung gewesen, sich seiner Widersacher schnell zu entledigen. Es war vielmehr so, als hätte man ein paar lästige Fliegen zerquetscht. Gerade, als Kuro sich abwenden wollte, erregten Schritte hinter seinem Rücken seine Aufmerksamkeit. “Verrate mir mal, was du hier machst, Kuro. Du vergisst offenbar, wo du dich hier befindest. Dies sind nicht unsere Ländereien. Du kannst hier nicht einfach tun und lassen, was dir beliebt.” Kuro drehte sich um und verneigte sich vor seinem Prinzen, der soeben auf die Lichtung getreten war. “Wen haben wir denn da? Ich habe mich nur um das Ungezieferproblem unserer Gastgeber gekümmert, Taiga-sama. Außerdem sind sie selber Schuld. Hätten sie mich in Ruhe gelassen, dann hätten sie nicht büßen müssen. Allerdings haben diese Typen wirklich nicht viel ausgehalten. Ich bin nicht mal richtig warm geworden.” Taiga kam einige Schritte näher, während er sich weiter umblickte. “Du hast dich an ihnen schon genug ausgetobt, Kuro. Man muss sich hier nur mal umschauen.” Kuro jedoch zeigte sich weiterhin uneinsichtig. “Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Die sind doch selbst Schuld, wenn sie der Meinung sind, mich angreifen zu wollen. Menschen sind unverbesserliche, dumme Geschöpfe. Sie verstehen erst, dass sie verloren haben, wenn es schon zu spät ist. Primitives Gesindel! Warum lassen die Inu-Youkai dieses Pack überhaupt ungeschoren durch ihre Ländereien ziehen?” “Das hat uns nicht zu kümmern. Es geht uns nämlich nichts an.” “Das sehe ich ein wenig anders. Eure Schwester ist doch immerhin die Verlobte von Sesshoumaru-sama. Was, wenn sie erst mal mit ihm verheiratet sein wird?” “Das sehen wir dann. Wie hast du dir das überhaupt vorgestellt? Sollen sie alle hier auf dieser Wiese einfach verrotten? Kein schöner Anblick, wenn du meine Meinung hören willst.” Dass er von den Kommentaren des Prinzen mehr gelangweilt als eingeschüchtert war, verbarg Kuro gekonnt. Stattdessen erzeugte er nun mit der linken Hand eine tiefblaue Flamme, die er kommentarlos mitten auf das Schlachtfeld warf. Kaum, dass das Feuer den Boden berührte, griff es rasch auf alle toten Körper über, verbreitete sich aber darüber hinaus nicht weiter. “Das Feuer erlischt von selbst wieder. Und wenn das geschehen ist, lässt sich außer Asche hier nichts weiter finden. So schnell kann man aufräumen. Fühlt Ihr Euch jetzt besser, junger Herr?” Taiga schenkte der etwas provokanten Frage des Generals keine konkrete Antwort. “Ich glaube nicht, dass Sesshoumaru-sama gerne sehen würde, was du hier treibst.” “Wenn ich den ganzen Tag lang nur in diesem Schloss meine Zeit vergeude, werde ich noch schwachsinnig. Außerdem glänzt der große Lord momentan doch ohnehin mit Abwesenheit.” “Trotzdem.” Der Ton in Taigas Stimme wurde schärfer. “Verhalte dich besser ruhiger.” Und wenngleich der Prinz sich nicht genauer ausdrückte, wusste Kuro doch ganz genau, dass er besser nicht widersprach. Stattdessen neigte er nun leicht das Haupt in Taigas Richtung. “Wenn Ihr es wünscht, mein Prinz.” * ~ * ~ * ~ * Die ersten Stunden ihrer Rückkehr aus der Stadt hatte Kimie weitestgehend damit zugebracht, Sesshoumaru und insbesondere ihre Mutter zu beobachten. Während Sesshoumaru wie gewohnt unbeeindruckt und distanziert auftrat und ohne entsprechende Aufforderung eigentlich so gut wie kein Wort sprach, schien Akie innerlich zu kochen. Dabei verkniff sie sich offenbar so einige bissige Kommentare, die sie dem Youkai wohl nur zu gerne um die Ohren gehauen hätte. Um der frostigen Stimmung zumindest eine Zeit lang zu entgehen, hatte sich Kimie irgendwann zurückgezogen, um ein entspannendes Bad zu nehmen. Gleichzeitig hatte sie so auch die Gelegenheit, in Ruhe nachzudenken. Während sie so im Wasser saß, spielte sie immer wieder mit dem Gedanken, Sesshoumaru doch besser die Wahrheit zu sagen. Denn eigentlich war es ihm gegenüber nicht fair, ihm diese vorzuenthalten. Nach dem Bad ging Kimie zurück zu den anderen ins Wohnzimmer. Es waren auch alle anwesend. Alle, bis auf Einen… “Nanu? Wo ist Sesshoumaru?” Auf die Frage ihrer Tochter hin hörte man Akie sogleich murren: “Der ist vorhin weggegangen. Aber von mir aus kann der Typ bleiben, wo der Pfeffer wächst!” “Tante Akie…” Kagome mühte sich ein schwaches Lächeln ab, während Inu Yasha nur ein müdes Gähnen als Kommentar abgab. “Kimie, möchtest du dich nicht zu uns setzen?”, fragte Kagomes Mutter, doch Kimie schüttelte den Kopf. “Nein, ich wollte eigentlich auf mein Zimmer gehen und mich etwas hinlegen. Vielleicht komme ich später noch mal runter zu euch.” “Na gut, dann tu das ruhig.” Und genau das tat Kimie dann auch. In ihrem Zimmer angekommen, setzte sie sich zunächst auf ihr Bett. Ihr Blick fiel auf ihren Spiegel, der in einer Ecke des Raumes stand. Nach einem Moment stand sie auf und stellte sich genau davor, ehe sie zurück zum Bett ging und ein kleines Kissen, das neben ihrem eigentlichen Kopfkissen lag, an sich nahm. Dieses schob sie sich nach kurzem Zögern unter das T-Shirt. Skeptisch betrachtete sie sich danach erneut im Spiegel. >Hm… Irgendwie eine komische Vorstellung…<, überlegte Kimie, während sie sich von jeder Seite kurz in Augenschein nahm. Ihre Begeisterung hielt sich etwas in Grenzen. >Daran muss ich mich wohl erst langsam gewöhnen…< Sie hatte das Kissen anschließend noch gar nicht wieder richtig unter ihrem T-Shirt hervorgeholt, als sie Sesshoumarus Stimme unvermittelt fragen hörte: “Was machst du da schon wieder?” “Uaaaah!!” Kimie schmiss das Kissen vor lauter Schreck in die Luft, sodass es dem Youkai, der zuvor wortlos und von ihr vollkommen unbemerkt durch das geöffnete Fenster eingestiegen war, direkt vor die Füße flog. Aufgebracht nach Luft ringend, saß Kimie nun auf dem Boden. “Sag mal, bist du noch zu retten?! Wie kannst du mich so erschrecken?! Klopf gefälligst vorher an und benutz die Tür, wie jeder normale Mensch!” Da stutzte sie jedoch. “Okay, die Bemerkung war dumm…” Als Sesshoumaru nun ohne jegliche Erwiderung das Kissen aufhob, stockte Kimie der Atem. Hastig entriss sie es ihm im selben Moment. “Aaah! Gib das her!” Hatte er sie etwa beobachtet? Wenn ja, dann musste er sich den Rest doch selbst denken können, oder? Kimies Gedanken fuhren Achterbahn. Was sollte sie tun, wenn er sie nun ausfragte? In der Tat hatte Sesshoumaru ein bisschen was gesehen, allerdings hatte er nicht mitbekommen, was Kimie mit dem Kissen genau gemacht machte. Er kam auch gar nicht mehr dazu, sie genauer danach zu fragen, denn Akie polterte nun aufgebracht in das Zimmer ihrer Tochter. “Kimie! Was ist denn passiert? Ich habe einen Schrei gehört und…” Da erblickte sie Sesshoumaru. “Sie schon wieder? Was haben Sie sich nun schon wieder erlaubt? Sind Sie jetzt etwa auch noch handgreiflich geworden?!” Denn das Bild der auf dem Boden sitzenden Kimie mit dem Youkai im selben Raum verleitete Akie im Moment zu ganz eigenen Interpretationen. “Warte mal, Mama!”, warf Kimie schleunigst ein. “Er hat nichts gemacht! Ich habe mich nur erschreckt, weil er plötzlich durchs Fenster kam.” Nur beschwichtigte ihre Mutter diese Erklärung in kleinster Weise. “Sie haben ja vielleicht Nerven! Erst lassen Sie meine arme Tochter einfach so fallen und jetzt erschrecken Sie sie auch noch fast zu Tode?! Und das in ihren Umständen! Was erlauben Sie sich?!” “Umständen?”, wiederholte Sesshoumaru hörbar misstrauisch, woraufhin sowohl Akie als auch Kimie sämtliche Gesichtszüge entglitten. “Frag… Frag doch nicht immer bei jeder Kleinigkeit nach!”, entgegnete Kimie hastig und stand auf. “Ich… Ich habe noch was in der Küche vergessen. Mama, hilfst du mir?” Ohne auch nur ein weiteres Wort an Sesshoumaru zu richten, verließen die beiden das Zimmer. Der Youkai blieb zurück und schien sich nicht sicher zu sein, was dieser merkwürdige Vorfall eben genau zu bedeuten hatte. Umstände? Vermutlich hatte Akie die ganze Situation für Kimie im Allgemeinen gemeint. Eigentlich hatte Sesshoumaru ja mit seiner Gefährtin allein reden wollen, aber das konnte er wohl erst mal wieder knicken. Und da er keine große Lust verspürte, hier zu warten, bis sie irgendwann mal wiederkam, verließ er den Raum wiederum durch das Fenster. Indes waren Kimie und ihre Mutter nicht etwa wie zuvor angekündigt in die Küche, sondern ins Badezimmer gegangen. Kimie vergewisserte sich noch kurz, dass Sesshoumaru ihnen nicht gefolgt war, ehe sie die Tür abschloss. “Mama! Könntest du es bitte lassen, dich in Sesshoumarus Gegenwart immer gleich so aufzuregen? Du siehst ja, wozu das führt! Zum Glück hat er nicht weiter nachgefragt...” “Entschuldige, aber ich war in diesem Moment so überrumpelt. Es ist ja noch mal gut gegangen.” “Mag sein. Dieses Mal vielleicht.” Kimie setzte sich auf den Rand der Badewanne. Nach einem Moment gesellte sich ihre Mutter zu ihr. “Kleines, ich mache mir doch nur Sorgen um dich.” Akie legte einen Arm um ihre Tochter, die lächelnd erwiderte: “Ich weiß. Danke, Mama. Puh… Diese ganze Aufregung… Ich glaube, ich krieg Hunger.” “Oh! Ob es wirklich an der Aufregung liegt?”, fragte Akie zweideutig, ehe sie gemeinsam mit Kimie zurück zum Rest der Familie ging. In dieser Nacht kehrte Sesshoumaru nicht wie er anfangs eigentlich vorgehabt hatte durch den Brunnen in die Sengoku-Ära zurück, sondern verweilte stattdessen im Schrein. Nachdenklich auf dem Brunnenrand sitzend, überlegte er ob und wie er es doch noch erreichen konnte, dass Kimie sich umstimmen ließ und wieder mit ihm mitkam. Zudem wurde er das Gefühl nicht los, dass sie ihm etwas verheimlichte. Obwohl es nicht so war, als hätte sie sich das erste Mal seltsam benommen. Doch selbst, wenn Kimie mit Sesshoumaru zurückkäme, gab es immer noch das Problem mit den Füchsen. Sesshoumaru konnte nicht nachvollziehen, weshalb Aoshi seine Absage nicht einfach akzeptierte und wieder in seine eigenen Ländereien zurückkehrte. Lag dem Fürsten wirklich so viel an der Hochzeit oder steckte doch mehr dahinter? Irgendwann verließ Sesshoumaru den Schrein wieder und trat hinaus auf den großen Hof. Alles war still, nicht einmal der Wind pfiff. Der heilige Baum stand voller Erhabenheit im Schein des Mondes und vermittelte selbst in dieser modernen Welt noch die Eindrücke einer längst vergangenen Epoche. Sesshoumarus Blick schweifte zum Haus der Familie Higurashi. Sämtliche Lichter waren längst gelöscht worden. Auch Kimies Zimmer lag völlig im Dunkeln. Nichts desto trotz schritt Sesshoumaru nun zielstrebig zum Haus und sprang mit einem gekonnten Satz leichtfüßig auf das Dach. Kimie bemerkte nicht, wie sich der Youkai, wie schon zuvor am frühen Abend, durch das Fenster in ihr Zimmer schlich. Nur Inuki bekam etwas von dem heimlichen Besuch mit, verhielt sich jedoch ruhig und erregte keinerlei Aufsehen. So leise, wie Sesshoumaru hineingekommen war, verhielt er sich auch weiterhin. Stillschweigend stand er an Kimies Bett und beobachtete sie eine ganze Weile, während sie, mit dem Rücken zu ihm gewandt, schlief. Mehrere Minuten verharrte Sesshoumaru. Irgendwann drehte sich Kimie auf die andere Seite und murmelte im Schlaf seinen Namen: “Sesshoumaru…” Er horchte auf. Sie träumte von ihm? Was mochte sie wohl genau träumen? “Du Blödmann…” Dem Youkai verschlug es die Sprache. Er konnte es nicht fassen. Sogar im Schlaf schaffte sie es, sich über ihn zu ärgern? Im Hintergrund konnte er Inuki kurz schnaufen hören, als würde der Hund darüber lachen! Sesshoumaru nahm wieder Haltung an. Auch, wenn Kimie ihm im Moment fast den letzten Nerv raubte, so ganz verübeln konnte er es ihr auch wieder nicht. Möglicherweise hätte er sich ja doch etwas anders verhalten sollen… Da auf der Bettkante noch genügend Platz war, setzte sich Sesshoumaru nun zu Kimie. Sie schien sehr tief und fest zu schlafen, denn sie schien seine Anwesenheit nach wie vor nicht zu bemerken. Es war nicht das erste Mal, dass er sie beim Schlafen beobachtete. Das hatte er schon früher immer wieder mal getan. Nur gesagt hatte er ihr davon nie etwas. Während er so bei ihr saß, schweifte Sesshoumaru mit seinen Gedanken allmählich ab. In den zwei Wochen, in denen Kimie abwesend gewesen war, waren ihm Gerüchte zu Ohren gekommen, wonach allem Anschein nach unter einigen seiner Leute die Frage aufgekommen war, ob und wann sie ihm wohl das erste Kind schenken würde. So wirklich ernsthaft über Nachwuchs hatten die beiden bisher nie gesprochen. Allerdings musste Sesshoumaru sich selbst eingestehen, dass er sich mit diesem Thema insgeheim in jüngster Zeit oft auseinandergesetzt hatte. Er erinnerte sich an die Vision, die er einst im Grab seines Vaters gehabt hatte und auch an dessen Worte, dass diese Zukunft nur ein möglicher Weg von vielen anderen war. Doch was konnten diese anderen Wege sein? Bis heute hatte er Kimie nie etwas davon erzählt. Sesshoumaru gestand es sich nicht gerne ein, aber er tendierte zu der Vermutung, dass diese Vision vielleicht nur ein geheimer Wunschgedanke gewesen war. Seine beiden Söhne, die er dort gesehen hatte, waren bereits groß gewesen und Kimie war noch am Leben. Und eben das konnte unmöglich sein! Sie war schließlich ein Mensch und wäre realistisch betrachtet somit längst tot gewesen. Trotzdem wollte sich Sesshoumaru nicht mit dem Gedanken anfreunden, Kimie gegen Saori auszutauschen, obwohl die Prinzessin von einem objektiven Standpunkt aus betrachtet und auch in den Augen anderer in vielerlei Hinsicht wohl die bessere Wahl für ihn wäre. Kimie drehte sich etwas auf den Rücken. Möglicherweise merkte sie ja im Unterbewusstsein, dass Sesshoumaru bei ihr war. Dieser wiederum stellte sich die Frage, wie Kimie wohl als Mutter wäre. So richtig konnte er sie sich nicht mit einem Kind im Arm vorstellen, wenngleich die Vorstellung von einer kleinen Familie ihm durchaus zusagte. Vorausgesetzt natürlich, dass es überhaupt dazu käme. Als Sesshoumaru sich Kimie abermals genauer besah, bemerkte er die lange Haarsträhne, die quer über ihrem Gesicht lag. Vorsichtig strich er diese zur Seite und verweilte mit seiner Hand einen Moment lang, bevor er sich wieder abwandte. Sein Blick schweifte durch den dunklen Raum. Ein unbehagliches Gefühl ergriff Sesshoumaru. Je mehr über alles nachdachte, umso mehr fühlte er sich unwohl. Erst ein Stoß in seinen Rücken riss ihn abrupt wieder aus seinen trüben Gedanken. Kimie hatte sich im Schlaf wieder mal gedreht und ihm bei diesem Manöver das Knie ins Kreuz gerammt. Doch schien ihr das mehr ausgemacht zu haben als ihm, wie es ihr Murren vermuten ließ. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil er wie gewohnt seine Rüstung trug. Sesshoumaru wollte es nicht darauf ankommen lassen, dass Kimie eventuell aufwachte und ihn sah, weshalb er es als besser erachtete, erst mal wieder zu gehen. An ihrem Fenster angekommen, schaute er noch ein Mal zu ihr zurück, dann verließ er den Raum auf den selben Weg, den er zuvor gekommen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)