Das Tor der Dimensionen von DigiDestined (Der Kampf um die Welt) ================================================================================ Kapitel 23: Versöhnung? ----------------------- Versöhnung? Das Erste, was ich registrierte als ich wach wurde, waren höllische Kopfschmerzen. Mein Schädel schien zu explodieren und ich sah kleine leuchtende Punkte vor meinen geschlossenen Augen. Schwach konnte ich Stimmen hören, wusste sie in diesem Moment aber nicht einzuordnen. Ich öffnete meine Augen einen Spalt, bereute es jedoch fast sofort. Ein heißes Stechen breitete sich von meiner Stirn bis in meinen Hinterkopf aus und ich schloss sie leise stöhnend wieder. Was war passiert? Das Letzte, an das ich mich erinnern konnte, war ein lauter Knall, danach kam Finsternis. „Tai?“ Die Stimme war sehr nahe gewesen. Eine Stimme, die mir seltsam vertraut war. Ich drehte meinen Kopf etwas und wollte antworten, brachte allerdings nur einen schwachen Laut hervor, ähnlich dem eines Brummens. „Tai, geht es Dir gut? Kannst Du mich hören?“ Wieder diese Stimme, welche mir so vertraut war und nun langsam klarer zu werden schien. Ich antwortete erneut mit einem Brummen, welches allerdings schon kräftiger klang als das letzte. Vielleicht war es mir nun auch möglich, mich sprachlich zu artikulieren? „Was... ist... passiert?“, hauchte ich schwach. „Wo... wo bin... ich?“ Noch immer wusste ich nicht, was genau meinen Zustand verursacht hatte. „Es gab eine Explosion.“, antwortete die Stimme mir. „Eine Attacke MaloMyotismons hat das Haus getroffen.- Er wusste, dass Du da drin warst.“ Nun schien sich etwas in mir zu lösen und ich sah wieder die Bilder vor mir. Das Haus, Amy, der Einsturz der Decke - schlagartig wusste ich, was passiert war und auch, woher ich die Stimme kannte. Ich öffnete meine Augen wieder und hob meinen Kopf, um ihn im selben Moment wieder sinken zu lassen. „Uh... scheiße...“, stöhnte ich, als der Schmerz wieder heftiger wurde. Die Augen jedoch hatte ich weiterhin geöffnet, sodass ich den Jungen genau erkannte, welcher neben mir hockte. „Bleib´ ruhig liegen.“ Er fasste mich an der Schulter. „Du hast eine Gehirnerschütterung.“ „Was... was tust...?“ Weiter kam ich nicht, zu tief saß der Schock. Er lächelte. „Was ich hier tue?“ Der Junge sah aus dem Eingang hinaus. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich in jenem Haus war, in welchem ich mich vor meiner Rettungsaktion befunden hatte. „Ich rette Dir das Leben. Dir und diesem Mädchen.“ Augenblicklich schoss mir der Gedanke an Amy durch den Kopf. War sie noch am Leben? Hatte dieses Digimon – ich war fest davon überzeugt, dass es sich um eines gehandelt hatte – auch sie retten können? Befand sie sich ebenfalls in diesem Haus? Wieder hob ich meinen Kopf, was mir nun schon leichter fiel und mit weniger Schmerzen verbunden war als beim letzten Versuch. „Wo ist Amy?“ fragte ich die Person vor mir, nicht sicher, ob ich ihm trauen sollte oder nicht. Klar, ich hatte mich mit ihm versöhnen wollen, doch ging mir immer und immer wieder durch den Kopf, welche Qualen ich durch Ken erleiden musste. Und nun sollte er mir das Leben gerettet haben? Die Gedanken an unser letztes Zusammentreffen kamen mir ins Gedächtnis. Er hatte mich angegriffen, wollte mich nicht zu Kari lassen. Es war kurz vor dem Erscheinen Deemons gewesen, vor ein paar Stunden. Mir kamen sie wie Jahre vor. Meine Schwester hatte mich angerufen und mir mitgeteilt, dass eine fremde Macht in unsere Welt dringen wollte. Ich hatte damals nicht verstanden, was sie damit meinte. Nur wenige Sekunden nach unserem Telefonat hatte Ken versucht, mich zu töten - oder das, was von ihm Besitz ergriffen hatte. Denn über eines war ich mir damals und bin ich mir heute noch im Klaren: Das war nicht Ken, der mich angegriffen hatte. Er hätte keinen Grund gehabt, schließlich war er es, der sich vom Bösen abgewandt hatte und spätestens in dem Moment, als er Amy und mir das Leben rettete, wusste ich dies. „Sie ist im Nebenraum. Betamon kümmert sich um sie.“ „Betamon?“ Ich war verwirrt. Hieß das, dass die anderen auch anwesend waren? Hatten sie – entgegen meinen Willen – den Keller verlassen und waren zum Ort des Kampfes gelaufen? Ohne ihre Partner und somit völlig schutzlos? „Ja, Michael und Danny sind ebenfalls hier. Sie wollten sehen, wie es um ihre Partner steht. Sie waren es auch, die den Angriff MaloMyotismon´s auf das Haus bemerkt hatten. Es war Zufall, dass ich just in diesem Moment den Kampfplatz mit Stingmon erreichte.“ Langsam richtete ich mich auf. „Wer zum Teufel ist Stingmon?“ Ich fühlte mich, als würde eine ganze Flut von Informationen über mir hinein brechen und mich unter sich begraben. „Wessen Betamon ist gerade im Nebenraum und - Herrgott nochmal, Ken. Hast Du Dich wirklich geändert?“ Mein Gegenüber nickte. „Tai, es tut mir wirklich Leid, was damals zwischen uns passiert ist. Ich weiß nicht, ob ich das jemals wieder gutmachen kann.“ Die Erinnerungen kamen nun wieder hoch. Die Zeit in der Gefangenschaft von Milleniumon, die Attacke des Tyrannomon´s auf mich, welche Ken in Auftrag gegeben hatte. Gleichzeitig erinnerte ich mich aber auch an unser erstes Gespräch, an Ken´s hilflosen und reumütigen Ausdruck in den Augen. Ich war damals bereit gewesen, mich mit ihm zu versöhnen, seinen Wandel zu akzeptieren. Nun hatte er mir das Leben gerettet. Warum hatte ich jetzt wieder Zweifel? „Es ist okay.“ Ich erhob mich vom Boden. „Kümmern wir uns erst mal um unseren Feind.“ Als ich in das angrenzende Zimmer trat, empfing mich leises Schluchzen. Amy saß an der Wand links neben der Tür gelehnt, mit den Händen umklammerte sie ihre Beine. Vor ihr saß Betamon und versuchte, sie durch beruhigende Worte zu trösten. „Wir werden gewinnen, Amy. Glaub´ mir das. Wir haben schon so manch anderes geschafft. Du musst uns und unseren menschlichen Partnern vertrauen.“ „Ist Tai einer von Euch? Hat auch er ein Digimon?“ „Ja, auch Tai hat eines. Wargreymon ist unglaublich stark. Ich weiß das, weil ich selbst gegen ihn gekämpft habe vor ein paar Jahren.“ Mir schnürte sich die Kehle zu und mir fielen Ken´s Worte wieder ein. Danny und Michael waren hier. Es gab zwei Leute in unserer Gruppe, welche ein Betamon als Partner hatten: Michael und Chris. Bei Chris´ Digimon war nichts Besonderes dabei, es war ein Betamon, mit welchem wir vor unserem allerersten Zusammentreffen mit unseren Vorgängern nichts zu tun gehabt hatten. Bei Michael´s Partner sah dies etwas anders aus. Dieses Betamon hatten wir bereits vor drei Jahren kennen gelernt, auf unserer ersten Reise durch die DigiWelt. Damals war es auf dem Megalevel und wollte uns töten. MetalSeadramon, einer der vier Meister der Dunkelheit und die zweite Person, mit der ich dringend reden musste. Ob ich ihm genauso verzeihen konnte wie Ken war allerdings fraglich. Amy hatte nun die verkrampften Arme etwas von ihren Knien gelöst. „Du hast gegen Tai´s Partner gekämpft?“ fragte sie ungläubig und auch etwas ängstlich. „Warum? Bist Du böse?“ Fast schien es, als würde das Mädchen vor dem Digimon wegrutschen. Dies allerdings gestaltete sich als etwas schwierig, da Amy die Wand hinter ihrem Rücken hatte. Nun war wohl die Zeit gekommen, in der ich in das Gespräch eingreifen musste. Zum einen, um Amy die Angst zu nehmen und zum anderen, um schnellstmöglich zu meinem Partner zu gelangen. „Ich denke, darüber sollten wir uns ein anderes Mal unterhalten.“ Die beiden zuckten zusammen und schauten in meine Richtung. Ich konnte einen Ausdruck der Angst und der Erleichterung in ihren Augen sehen. „Tai!“ Amy kam auf mich zu und warf sich um meine Hüfte. „Ist alles in Ordnung mit Dir? Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht.“ Wieder musste ich an Kari denken, denn Amy erinnerte mich immer mehr an sie. Ich streichelte ihr beruhigend über den Hinterkopf. „Es ist alles in Ordnung.“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Mir geht es gut. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Wir besiegen dieses Monster.“ Ich löste sie etwas von mir und ging in die Hocke. „Okay?“ Das Mädchen nickte. „Okay.“ Mein Blick wanderte zu Betamon, welches noch immer an der gleichen Stelle wie vorher stand und zu uns schaute. „Wo ist Michael?“ „Draußen. Zusammen mit Danny und Davis.“ Ich nickte und sah dann wieder zu Amy. „Könntest Du zu Ken gehen? Betamon und ich müssen etwas besprechen.“ Amy nickte kurz, dann entfernte sie sich. Von draußen konnte ich den Kampflärm hören, welcher weiter entfernt war. Dies bedeutete, dass wir nicht unmittelbar in Gefahr schwebten und ich ein Gespräch mit Betamon führen konnte. Ein Gespräch, welches in meinen Augen schon lange überfällig war. Kurz schaute ich dem Mädchen noch hinterher, dann verschwand sie aus meinem Sichtfeld. Ich vertraute Ken soweit, dass ich sie ihm alleine ließ. Im Falle eines Falles war immer noch Betamon anwesend. „Du weißt, weshalb ich mit Dir reden möchte?“ Mein Blick wanderte wieder zu dem Digimon, welches mich noch immer ansah. Mein Gegenüber nickte. Ich konnte Unbehagen in Betamons Blick sehen und vielleicht auch so etwas wie Angst. „Es tut mir Leid, Tai. Wirklich.“ „Warum?“ Das war eine Frage, welche ich dem Digimon schon lange hatte stellen wollen. Wie kam es dazu, dass ein Digimon vom Datei-Typus sich Virus-Digimon anschloss? Wie kam es, dass ein eigentlich gutartiges Digimon zu einem Meister der Dunkelheit wurde? Betamon sah mich bekümmert an und setzte sich auf den Boden. „Ich hatte zuerst mit Machinedramon Kontakt.“, begann es zu erzählen. „Es baute gerade sein Gebiet auf, als ich – mehr oder weniger aus Zufall – dort vorbeikam, auf der Suche nach Nahrung. Du musst dazu wissen, dass mein damaliges Leben nur daraus bestand, im Meer herumzuirren und die einzigen Kämpfe, die ich ausgefochten habe, die ums Essen waren.“ Kurz war ich bestrebt ihm eine passende Antwort darauf zu geben, doch ich ließ es bleiben. Ich wollte, dass er sich erklären konnte. Dennoch machte es mir zu schaffen, dass dies wohl der Grund war, weshalb er die DigiWelt so zugerichtet und einige Digimon sogar getötet hatte. „Machinedramon hatte meine damalige Lage ausgenutzt.“, fuhr Betamon fort. „Es wusste sofort über mein eintöniges Leben Bescheid, über meine Sehnsucht nach ein wenig Action. Ich möchte nicht leugnen, dass ich diese hatte.“ „Und deshalb hast Du Dich ihnen angeschlossen? Um ein wenig Abwechslung zu haben?“ „Ganz so einfach ist es leider nicht, Tai. Machinedramon hat das wirklich geschickt gemacht. Es hat mir die Aufgaben als Meister der Dunkelheit in den schönsten Tönen erklärt. Dass es nicht so war, wie er sagte, merkte ich nicht.“ Mir kamen einzelne Erinnerungsfetzen hoch. Ja, Machinedramon war ein guter Stratege gewesen. Das musste ich zugeben. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er auch in der Lage war, jemanden zu manipulieren. „Er und ich wurden Freunde; er schien mich zu verstehen, nahm meine Sorgen ernst und ich konnte mit ihm reden. Mit anderen Worten: Ich habe mich total abhängig von ihm gemacht.“ „Von welchem Zeitraum sprechen wir? Mehreren Tagen?“ „Mehreren Wochen.“ Betamon sah nun noch betrübter aus. „Ich kannte ihn etwa drei Wochen, bevor ich das erste Mal Kontakt mit Piedmon hatte.“ Während das Digimon erzählte begann ich, im Raum auf und ab zu gehen. Je mehr ich seinen Worten lauschte, desto mehr kamen die Erinnerungen an damals hoch. Ich konnte nicht verstehen, wieso Betamon es getan hatte. Wieso es sich – nach seinen Worten aus Langeweile, anders konnte man es nicht beschreiben - den Meistern der Dunkelheit angeschlossen hatte. Für mich ergab das Ganze keinen Sinn. Im Gegenteil, es machte mich wütend auf das Digimon. Ich spürte eine Wut in mir, die ich seit dreieinhalb Jahren – seit unserer ersten Begegnung mit den Meistern der Dunkelheit – nicht mehr gehabt hatte. Da ich nun den – für mich nicht nachvollziehbaren – Grund kannte, weshalb MetalSeadramon so gehandelt hatte, wurde dieses Gefühl noch verstärkt. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass mich jede andere Erklärung – Erpressung, Naivität oder auch die Machtgier – weniger wütend gemacht hätte. „Wir hatten auch nicht immer etwas zu tun.“, meinte ich, als Betamon eine Pause machte. „Haben wir deshalb gleich alles in Schutt und Asche gelegt?“ Ich konnte die Wut in meiner Stimme nicht unterdrücken, ich musste sie raus lassen. „Nein, haben wir nicht. Weil uns diese Welt – Eure Welt – und die Digimon am Herzen lagen – und immer noch liegen. Das kann doch nicht Dein Ernst sein!“ Ich wollte all meine Wut, meine Enttäuschung raus lassen, doch in dem Moment, als ich mich umdrehte und zu Betamon sah, stoppte ich. Es war der Ausdruck auf dem Gesicht des Digimons – meines einstigen Feindes – welcher mich zum Stoppen brachte. Ein Ausdruck unendlichen Leides und Trauer lag darin, und ich wusste, dass dieser nicht gespielt war. In diesem Augenblick wusste ich, dass Betamon es ernst meinte. Dass er auf unserer Seite war und dass er damals ausgenutzt wurde. Ihm wurde seine Einsamkeit zum Verhängnis. „Es tut mir Leid.“, sagte ich nur leise, worauf das Digimon mich überrascht ansah. „Ja, ich weiß. Du meinst es ernst. Ich hätte Dich nicht so anschreien dürfen.“ „Du hattest allen Grund dazu.“ Das grüne Wesen kam auf mich zu. „Ich wollte nie, dass es soweit kommt. Ich war schon zu tief drin als ich merkte, dass ich einen riesigen Fehler beging.“ „Wann war das?“ „Kurz vor meinem Tod. Als mich Wargreymons Attacke traf.“ „Tai! Tai, wo bist Du?“ Davis´ Stimme kam vom Eingang des Hauses und hatte einen Ton, welcher mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. So hatte ich ihn noch nie schreien gehört. Ohne zu zögern oder darauf zu achten, ob Betamon mir folgte oder nicht, rannte ich in Richtung der Haustür. „Verdammt, was ist los?“ Statt mir eine Antwort zu geben, deutete mein Gegenüber aus der Tür und ich sah, warum er so außer sich war. „Oh mein... nein, das kann nicht sein.“, stammelte ich, während meine Knie zu zittern begannen. „Das muss passiert sein, als wir miteinander gesprochen haben.“, hörte ich Betamon hinter mir sagen. „Als keiner von uns darauf achtete, was im Kampf geschieht.“ „Wir konnten nicht eher weg.“ Davis stellte sich neben mich. „Es hat vor etwa fünf Minuten angefangen, doch MaloMyotismon hatte uns so im Griff, dass wir nicht zum Haus gelangen konnten.“ „Was... was ist das?“ fragte Amy, welche sich hinter meinem Rücken versteckte. Sie sah von Zeit zu Zeit hinauf in den Himmel, wo sich an einer Stelle ein Tor zu öffnen begann. „Ich wusste es.“, flüsterte ich. „Ich wusste es...“ „Was wusstest Du?“ Davis sah mich an. „Verdammt Tai, was ist das?“ „Kommt Dir das Tor nicht bekannt vor?“ „Nein! Ich meine... ich...“ Ich sah an Davis´ Augen, wie er langsam zu verstehen begann. Er wandte seinen Blick wieder zum Himmel und ich tat es ihm gleich. „Das ist unmöglich...“, hörte ich ihn hauchen. „Er müsste tot sein...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)