Lumos von KTJ ================================================================================ Hermine kam wie immer aus der Bibliothek um in der Großen Halle Abendbrot zu essen. Nach dem Unterricht hatte sie sich direkt zu den alten Büchern begeben, um ihre Hausaufgaben zu lösen und ihr Wissen zu vertiefen. Nun war sie zufrieden und hungrig. Während sie in der Bibliothek war, hatte sie sich die ganze Zeit auf ihre Aufgaben konzentriert und alles andere ausgeblendet. Jetzt kam ihr jedoch wieder diese eine Sache in den Sinn. Es war nichts Beunruhigendes, jedoch bereitete diese Sache Hermine seit einiger Zeit schon Kopfzerbrechen. Zuerst dachte sie an einen Streich, den Harry und Ron ihr spielten. Hermine hatte ihnen nach einer Weile davon erzählt und war anschließend überzeugt, dass die beiden nicht dahinter steckten. Sie waren beide viel zu neugierig gewesen, hatten sogar verlangt die Briefe ebenfalls lesen zu dürfen. Das war Hermine Beweis genug für die Unschuld der beiden. Dadurch hatte sich aber nicht aufgeklärt, wer denn nun tatsächlich hinter den Briefen steckte. Und Hermine wusste es absolut nicht. Es gab nicht den kleinsten Hinweis darauf. Die Eule, die diese Briefe brachte, war eine Schuleule, also konnte sie diese Spur nicht zurück verfolgen, es sei denn, sie zog in die Eulerei um das Kommen und Gehen zu überwachen. Dieser Plan war aber nicht besonders gut, also verwarf sie die Idee. Sie hatte versucht, es über die Schrift herauszufinden. Jedoch war auch dies schwierig gewesen. Irgendwie musste sie an die Handschrift einer jeden Person herankommen. Sie hatte in ihrem Gemeinschaftsraum begonnen. Die Handschrift ihrer Klassenkameraden herauszufinden war aber die einfachste Aufgabe. Immerhin hatte sie noch drei andere Häuser zur Auswahl. Obwohl sie Slytherin schon ausgeschlossen hatte. Niemand aus diesem Haus würde ihr, als Muggelgeborene – an das Schimpfwort wollte sie gar nicht denken – ernsthaft solche Briefe schreiben! Beim Abendbrot aß Hermine ordentlich, lernen machte immerhin hungrig. Währenddessen ließ sie ihren Blick immer wieder vorsichtig durch die Halle gleiten. Vielleicht verriet sich ja der Briefe Schreiber durch Blicke, die er ihr zu warf. Aber sie konnte nichts Außergewöhnliches erkennen. Enttäuscht war sie deswegen nicht, eigentlich hatte sie nichts Anderes erwartet. Und so ging sie satt, aber immer noch rätselnd wieder aus der Großen Halle. Ihr Weg führte sie wieder in die Bibliothek, jedoch kam sie diesmal nicht so weit. Denn als sie an einem der Klassenzimmer vorbeiging, hörte sie plötzlich, wie jemand ihren Namen rief. „Granger!“ Slytherin, ganz eindeutig. Sie hatte ihre Hand schon an ihrem Zauberstab, als sie sich umdrehte. Mit gezogenem Stab stand sie da, die Spitze ihres Zauberstabes zeigte direkt in das blasse Gesicht Draco Malfoys. „Hey, Granger! Was soll das?“, fragte er schockiert und sah ängstlich auf den Zauberstab. „Was willst du, Malfoy?“, fragte sie und dachte nicht daran, den Stab zu senken. Mit deutlicher Angst in der Stimme und einem panischen Gesichtsausdruck sagte er: „Ich… ich… muss dich etwas… fragen.“ Hermine sah ihn überrascht an. Er wollte sie etwas fragen? Das könnte interessant werden. Langsam ließ sie nun ihren Zauberstab sinken, behielt ihn aber in der Hand. „Okay, dann frag“, sagte sie kalt. Er sah sie nun unsicher an und schien nach den richtigen Worten zu suchen. Dies war offenbar sehr unangenehm für ihn. „Du musst mir helfen. Bei einem Zauber“, sagte er und klang schon fast wieder wie ein Malfoy. „Ich muss? Ich glaube kaum, dass ich dich dir helfen muss“, sagte sie. Er verdrehte genervt die Augen. Sie registrierte das. „Ähm… okay… kannst du mir helfen?“ Es musste ihn Überwindung gekostet haben, seinen Befehl in eine Frage zu verwandeln. Doch Hermine war damit immer noch nicht zufrieden und sah ihn abwartend an. Er schien zu verstehen und angewidert verzog er den Mund. „Bitte?“ Wenn die Frage schon eine Überwindung war, dann war dieses Wort eine fast unüberwindbare Mauer, die er gerade mühsam erklommen hatte. Hermine, die überrascht war, dass er es tatsächlich geschafft hatte, mit ihr zu reden, also ob sie kein niederes Wesen wäre, nickte. „Worum geht es?“, fragte sie. Malfoy, für den offenbar der Schlimmste Teil vorüber war, sah nun etwas entspannter aus. „Es geht um einen Zauber. Ich kann ihn nicht und du bist die Einzige…“, er geriet wieder ins Stocken, der Schlimmste Teil würde wohl jetzt kommen. „Ja, Malfoy? Was bin ich?“, half sie ihm auf die Sprünge, als er eine Weile schwieg. „Du bist… die Beste der ganzen Schule. Und ich kann niemanden aus meinem Haus fragen, weil…“ „…es zu peinlich wäre, wenn der große Draco Malfoy nach Hilfe fragt“, beendete Hermine den Satz mit einer Spur Ironie. „Ja“, gab er leise zu. „Und warum fragst du dann ausgerechnet mich?“ „Weil ihr Gryffindors doch immer so stolz seid und dir niemand glauben würde, dass du einem Slytherin und obendrein auch noch mir geholfen hast.“ Da war sie wieder. Die List der Slytherins. Und obwohl es ihr nicht gefiel, so musste sie ihm Recht geben. Vermutlich würden Harry und Ron es für einen Scherz halten, wenn sie ihnen das erzählte. Aber warum sollte sie Malfoy helfen? Hatte sie nicht selber genug zu tun, als sich mit diesem kleinen Frettchen rumzuplagen? „Warum sollte ich dir helfen?“, fragte sie ihn schließlich. Offenbar schien er sich auch auf diese Frage vorbereitet zu haben. „Weil ich dich dann in Ruhe lassen werde“, sagte er leise. Hermine sah ihn erstaunt an. „Keine Beleidigungen mehr, keine Hänseleien?“, fragte sie verblüfft. „Ja.“ „Das ist kein Scherz, sondern dein Ernst?“ „Ja.“ Hermine war erstaunt, damit hätte sie nicht gerechnet. Und er schien das wirklich ernst zu meinen. „Gut, Malfoy. Wann willst du anfangen?“, fragte sie. „Sofort“, antwortete er ihr. „Was?“ „Ich brauche diesen Zauber sofort.“ Wie lange konnte es dauern, Malfoy einen Zauber beizubringen? Wenn es ein einfacher war, dann würde es sehr schnell gehen, bei einem kompliziertem würde es sicher einige Zeit dauern. Sie hoffte, dass Malfoy sich dessen bewusst war. „Okay, lass uns hier reingehen“, sagte sie und zeigte auf den Zauberkunst-Raum. Er ging voraus in das Zimmer, Hermine kam hinterher und entzündete die Fackeln an der Wand mit dem Lumos-Zauber. „Um was für einen Zauber handelt es sich?“, fragte sie. „Um den, den du gerade genutzt hast.“ Sie starrte ihn entsetzt an. „Lumos? Du willst, dass ich dir den Lumos-Zauber beibringe!?“ „Ja“, gab er widerwillig zu. „Malfoy, den Zauber hatten wir in unserm ersten Jahr in Hogwarts! Es ist einer der einfachsten Zauber! Jeder Erstklässler beherrscht ihn! Wie hast du es geschafft, in die sechste Klasse zu kommen, ohne den Zauber zu beherrschen!?“ „Mich hat nie jemand nach diesem Zauber gefragt bis jetzt.“ Das leuchtete Hermine ein. In der Tat war der Zauber so einfach, dass er in keiner Prüfung verlangt wurde. Die Lehrer gingen davon aus, dass jeder diesen Zauber beherrschte. „Und wieso brauchst du den Zauber jetzt?“ „Das geht dich nichts an.“ Er würde dazu nichts mehr sagen, sie konnten also mit Arbeiten anfangen. Hermine beschwor eine Kerze herauf. „Zeig mir den Zauber“, sagte sie. „Schlechter Scherz, Granger.“ „Nein, das ist kein Scherz. Du sollst mir den Zauber zeigen, damit ich sehe, was du falsch machst. Diesen Zauber könntest du dir eigentlich selber beibringen.“ Er sah von ihr zu der Kerze. Dann nahm er seinen Zauberstab, zeigte auf die Kerze und sagte „Lumos!“ Nichts geschah. „Was genau machst du bei dem Zauber?“ „Hast du nicht hingesehen?“ „Ich habe gesehen, was du machst, jedoch kann ich nicht deine Gedanken lesen. Also: Was machst du?“ Er schien sich immer mehr wie ein Schüler vorzukommen. Und das schien ihm nicht zu gefallen. Dennoch antwortete er ihr. „Ich richte meinen Zauberstab auf die Kerze und sage ‚Lumos’.“ „Das ist alles?“ „Ja“, sagte er genervt. „Wo warst du, als wir den Zauber hatten?“ „Krank.“ „Hm.“ „Was?“ „Malfoy, hast du allgemein im ersten Jahr mal aufgepasst?“ „Wieso?“ „Dann wüsstest du, dass ein Zauber nie funktioniert, wenn man sich nicht ausreichend konzentriert.“ „Ich habe andere bei diesem Zauber beobachtet, die haben das auch so gemacht.“ „Ja, weil ihnen der Zauber leicht fällt, da sie ihn oft genug durchgeführt haben. Du musst ganz am Anfang beginnen.“ Sie ging zur Kerze. „Stell dich vor die Kerze, richte deinen Zauberstab darauf und konzentriere dich darauf. Dann stellst du dir vor, wie diese Kerze entflammt wird. Fokussiere deine ganze Konzentration darauf. Und dann, wenn du denkst, dass du bereit bist, sagst du deutlich ‚Lumos’ und konzentrierst dich weiterhin auf dein Ziel.“ Draco hatte ihr aufmerksam zugehört, Hermine war überrascht darüber. „Probier du es“, forderte sie ihn schließlich auf. Und Draco probierte. Der erste Versuch klappte nicht, ebenso einige nachfolgende Versuche. Hermine überlegte schon, wie sie ihm den Zauber noch begreiflich machen konnte, als auf einmal die Kerze mit einer kleinen Flamme brannte. „Ich habe es geschafft!“, rief Draco glücklich aus und umarmte voller Freude Hermine, die neben ihm stand. Diese war ebenfalls so glücklich, dass sie die Umarmung erwiederte und die beiden sich für einen Moment gemeinsam freuten. Allerdings schienen sie dann zu realisieren, was sie da gerade taten und ließen schnell voneinander ab. „Gut“, sagte Hermine und räusperte sich verlegen. „Dann lösch sie wieder.“ „Was?“ „Du sollst die Kerze löschen.“ „Wie?“ „Mit dem Zauber ‚Nox’. Er funktioniert genauso, wie der Lumos-Zauber, nur dass du dir diesmal vorstellst, wie die Kerze gelöscht wird. Probier es.“ Diesmal brauchte er weniger Versuche bis zu seinem ersten Erfolgserlebnis. Jedoch verzichtete er auch darauf, Hermine noch einmal zu umarmen. Sie übten noch eine Weile, damit er den Zauber auch wirklich beherrschte, dann standen sie wieder vor dem Klassenzimmer und eine merkwürdige Stille trat ein. Schließlich durchbrach Draco das Schweigen. „Danke für deine Hilfe, Hermine“, sagte er. Diese war so überrascht über diese ungewohnte Anrede, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. In dem Moment war er auch schon verschwunden. Hermine saß im Gemeinschaftsraum der Gryffindors und dachte immer noch über das Geschehene nach, als etwas ans Fenster klopfte. Sie ging zu dem Fenster und öffnete es, als auch schon eine Eule herein flog. Aber es war nicht irgendeine Eule. Es war die Eule, die ihr immer diese mysteriösen Briefe brachte und auch heute hatte sie wieder einen dabei. Hermine öffnete ihn neugierig, entfaltete ihn und las: Hallo Hermine. Seitdem ich dir diese Briefe schreibe, habe ich immer ein großes Problem gehabt: ich musste in der dunklen Nacht zur Eulerei, damit mich niemand erkennt. Heute jedoch hat sich dieses Problem gelöst, denn die beste Hexe aller Zeiten hat mir den Lumos-Zauber beigebracht. Danke. Ein Lächeln stahl sich auf Hermines Gesicht und glücklich faltete sie den Brief wieder zusammen. Dann ging auch sie zufrieden ins Bett. Fin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)