Verlust von SamanthaGallin ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Er würde mich verlassen. Ich sah es in seinen Augen, fühlte es in der Tiefe meiner Seele. Einfach so, nach all diesen Jahren. Bitterkeit erfasste mich, wenn ich nicht in den Körper eines Kindes gefangen wäre, sondern den einer Erwachsenen hätte, würde er wohl nicht einmal aus seinem Schuldgefühl heraus oder was immer das war, was er bei mir empfand, dann hätte er mich wohl bereits verlassen … andererseits wenn ich nicht den Körper eines Kindes hätte, könnte ich ihn vielleicht auf andere Weise an mich binden… so wie ich es mir schon seit so vielen Jahren wünschte. Ich begehrte ihn, mehr als ich je etwas anderes begehrt hatte. Aber ich war, wie ich war und so würde ich ihn verlieren, meinen Vater, meinen Schöpfer, meinen geliebten Louis… Es war ungerecht, es war unfair, er war mein und nur mein. Mein totes Herz schmerzte, wie schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr, wohl seit dem ich mein menschliches Leben verlor. Wenn ich könnte, würde ich Armand umbringen, ebenso wie ich bereit gewesen war Lestat zu töten. Wahrscheinlich diesmal sogar völlig ohne Gewissensbisse. Aber ich hatte keine Chance an ihn heranzukommen und selbst wenn, hätte ich es wohl nicht übers Herz gebracht meinem Louis etwas zu nehmen, was ihm so wichtig war. Wie besinnungslos rannte ich durch die dunklen Straßen, bevor ich zusammenbrach. Ich schluchzte laut und qualvoll. Ich hatte meinen Vater verloren und zum ersten Mal seit einem Jahrhundert sehnte ich mich nach den Armen meiner Mutter, obwohl ich mich nicht einmal an ihr Gesicht erinnern konnte, wohl aber an die liebevollen warmen Arme, mit denen sie mich zuletzt vor ihrem Tod umfasste… Das war die einzige Erinnerung, die ich aus der Zeit hatte, die so klar war, als wäre es gestern gewesen. Es war so ein intensives Gefühl, das ich überrascht aufsah; eine Frau saß vor mir und hielt mich fest. Sie war wunderschön mit einem sanften Gesicht, doch auch ihr Herz war verwundet, das Gesicht von Trauer gezeichnet. Ich konnte ihren Schmerz, wie meinen eigenen fühlen. Ich hatte viele fürsorgliche und liebevolle Frauen kennengelernt und nicht wenige davon selbst umgebracht, ein Gefühl wie das, was ich jetzt empfand, war mir jedoch fremd, es erinnerte mich an das, für den einen oder anderen Vogel, den ich besessen hatte, reichte jedoch nicht im geringsten daran heran. Mit einem Schlag wurde mir bewusst: Ich wollte sie haben – für immer! Wenn ich schon meinen Vater verlor, so wollte eine Mutter dafür im Austausch – gab es doch niemanden, der ihn ersetzen konnte. Diesen letzten Gefallen würde er mir tun müssen! Vielleicht würde es bedeuten, dass er mich sofort verlassen würde, weil er nun kein schlechtes Gewissen mehr haben müsste. Vielleicht würden wir noch eine Weile eine kleine glückliche Familie spielen… Aber es wäre wohl leichter, wenn sie freiwillig bei mir bleiben wollen würde – und wenn ich ihren Schmerz dafür für mich nutzen musste. Also würde ich jetzt etwas tun, was ich in der ganzen Zeit meiner Existenz noch nie getan hatte – ich erzählte ihr von mir, von meinesgleichen – Vampiren. Und sah in ihren Augen, wie aus Unglauben Angst, aus Angst Staunen und aus Staunen Überzeugung und die Bereitschaft zu beschützen wurde. Zufrieden lächelte ich in mich hinein. Nun hatte ich eine Mutter. Ich würde nicht allein bleiben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)