Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 40: Über Wege, Irrgärten und Geduld ------------------------------------------- Cole Abends fuhren sie wieder in Richtung Stadt. Cole hatte vorgeschlagen, dass sie essen gehen könnten und steuerte seinen Lieblingsitaliener an, bei dem sie schließlich mit einem Glas Wein saßen und etwas aßen. Cole hatte recht viel Hunger, schob jedoch bereits nach dem halben Teller, diesen von sich. Er griff zum Weinglas und blickte nachdenklich in das dunkle Rot des Weines. "Du weißt, dass es morgen wieder anders sein wird...", meinte er dann ruhig und sah Antonin an. "Ein Tag wie heute wird sich nicht so bald wiederholen lassen." So, wie Antonin ihm am vergangenen Abend bewusst gemacht hatte, dass er am nächsten Tag noch da sein würde, so wollte er nun für sich geklärt wissen, dass es nicht jeden Tag so sein würde, wie an diesem. Antonin Als sie dann doch aufbrachen hatte er sich in die mitgebrachten Kleidungsstücke geworfen und stürzte sich wie ein ausgehungerter Wolf auf seine Lasagne und den gemischten Salat, bevor er sich gesättigt in seinem Stuhl zurücklehnte und einen zufriedenen Seufzer ausstieß. Ein bisher absolut perfekter Tag in jeder Hinsicht. Aber weiße Bilder brauchten wohl schwarze Farbnuancen und so sah er von der Karte auf, noch mit sich selbst hadernd, ob da noch Nachtisch Platz hatte, als er Coles Fragen, nein vielmehr Feststellungen hörte. Und damit kehrte seine eigene Unsicherheit zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt zurück. Aber das ließ sich jetzt nicht ändern und darum würde er wohl lernen müssen damit umzugehen. Warum auch immer das so schwer war. Sie waren doch nicht die ersten Menschen auf dem Planeten, die sich ein wenig näher kamen, oder? Antonin stellte einen Ellenbogen auf dem Tisch auf und legte sein Kinn in der offenen Handfläche ab, Cole ruhig musternd. "Ich habe nicht vergessen, wer du bist, oder vielmehr, was du darstellst", erwiderte er nach einer Weile mit ebenfalls ruhig gewordener Stimme. "Ehrlich gesagt habe ich nicht einmal eine Ahnung, was das hier eigentlich gerade ist oder worauf das hinausläuft. Aber ich bin gewillt diesem Weg zu folgen... zu sehen, wo er hinführt", erklärte er und wusste, dass er sich damit schon wieder in unruhigere Gewässer komplimentierte. Solange etwas nicht angesprochen wurde, schien Cole ganz gut mit Dingen umgehen zu können. Aber Antonin hatte nicht vor nur der bereit stehende Kerl für die Befriedigung des anderen zu sein. Er wollte dem anderen das auch gar nicht unterstellen, aber um das wirklich ausschließen zu können, kannten sie sich gegenseitig viel zu wenig. Wobei es ihm noch weniger recht wäre, wenn das ein anderer als Antonin 'übernehmen' würde. Argh... warum war das jetzt schon wieder so kompliziert, wo der Tag bisher so gut verlaufen war? "Ich denke recht gut erkennen zu können wann dieser Weg überhaupt da ist und wann nicht, um einmal in Metaphern weiter zu sprechen", setzte er noch nach. "Und ich weiß, dass er im normalen Alltag nicht da ist." Cole Was er darstelle? Cole dachte einen Moment über diesen Satz nach. Ja, letztlich stellte er etwas dar. Aber es war ein Teil von ihm, keine Maske, die er aufsetzte. Die Aura, die er aufzog, war reiner Selbstschutz. Aber die Kühle, die Distanz, die Ernsthaftigkeit, die Risikofreude und auch seine provokante Art, das waren alles Teile, die zwar nicht in diesen Tag hineinpassten, die aber dennoch seinen Charakter ausmachten. Ein Charakter, der sicher in gewisser Weise von seinem Leben geprägt war. Aber in seinen Grundfesten seit seiner Geburt in ihm verankert waren. Ob Antonin das akzeptieren würde? Er war nun einmal nicht der quirlige Typ mit einem everybodys-darling-Lächeln. Aber das war nichts, worüber man sich unterhalten musste. Das war etwas, was man austesten musste. Und auch wenn Antonin es schaffte, ihm seine Mauern immer wieder einzureißen, so würde er ihn nicht in allem ändern können, was ihn ausmachte. Beruhigt stellte er fest, dass Antonin offenbar selbst nicht ganz sicher war, wie er mit der gestrigen Nacht und dem heutigen Tag umgehen sollte. Aber offenbar gab es für Antonin ein 'Ziel', er ging davon aus, dass etwas 'weiterging'. Cole beunruhigte dieser Gedanke mehr, als ihm recht war. Er wusste, dass Antonin es nicht einengend meinte, dass er damit keinerlei Forderungen an ihn formulierte, und dennoch hatte er sofort das Gefühl, sich verpflichtet zu haben, etwas angefangen zu haben, was ihn einengte. Coles Miene verdüsterte sich einen Moment. Antonin wollte sehen, wohin es führte. Ein Weg, dem er folgen wollte. Aber würde er diesem Weg folgen können? Hatte er den Weg überhaupt schon gefunden? Er selbst sah momentan eigentlich keinen Weg. Er wusste im Moment nur, dass jemand neben ihm stand, in einem Labyrinth, im Nebel, im Dschungel. Er stand in einem Chaos, orientierungslos aber zumindest mit dem Wissen, dass er nicht alleine dastand. Und zum Glück schien Antonin das teilweise auch so zu sehen, denn er erklärte ihm nun, dass dieser Weg, von dem er sprach, und bei dem Cole Angst hatte, ihm nicht immer folgen zu können, im Alltag nicht da war. Aber das gefiel ihm auch nicht so ganz. Denn wie oft würde er aus seinem Alltag ausbrechen können? Wie oft würde er solche Tage, wie diesen hier verbringen? Und würde Antonin damit zufrieden sein, was er ihm bieten konnte... Cole trank einen Schluck Wein, dann blickte er den anderen an. "Ich kann dir nichts versprechen", murmelte er und senkte kurz den Blick. "Ich befinde mich in einem Chaos, in einem Irrgarten und ich mag es eigentlich nicht, wenn ich orientierungslos bin, denn es macht mich verletzbar." Er strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. "Einen Weg sehe ich noch nicht, aber das bedeutet nicht, dass es ihn nicht gibt, versteh mich nicht falsch." Cole blickte auf. Er wollte nicht, dass Antonin das Gefühl hatte, dass er ihn wieder loswerden wollte oder etwas in der Art. "Ich weiß, dass ich in dem Chaos nicht alleine dastehe und das beruhigt mich." Er lächelte matt. "Ich kann nicht abschätzen, ob ich deine Erwartungen erfüllen kann, weiß nicht, welche Erwartungen du überhaupt an mich stellst. Ich fürchte, ich werde dich nicht selten mehr oder weniger bewusst vor den Kopf stoßen und dann trau dich ruhig zurückzustoßen. Was ich sagen will ist, dass ich nicht abgeneigt bin, einen Weg zu finden, aber ich kann dir nicht versprechen, dass wir geradlinig darauf zusteuern, ich glaube vielmehr, dass wir wohl einige Umwege in Kauf nehmen müssen, dass wir vielleicht auf hin und wieder ein Stück weit umkehren müssen." Seine Augen ruhten in denen des anderen. Er hatte zumindest eines geschafft, sein bisher einziges und oberstes Ziel zu verfolgen, was diese Sache anbelangt: Er wollte versuchen immer ehrlich zu Antonin zu sein. Es war ein wichtiges Ziel, das einzige in seinen Augen, dass bewirken konnte, dass es überhaupt jemals einen Weg geben wird. Antonin Antonin bekam das Gefühl plötzlich kein Fan mehr von Wahrheiten zu sein. Etwas, das auch für kleine Gesten wie wegblicken, schwache Lächeln und durchdringende Blicke galt. Er ahnte jetzt schon, dass er seine gelassene Fassade nicht lange aufrechterhalten können würde, wenn das so weiterging, und daher zog er seinen Ellenbogen wieder vom Tisch und griff zu seinem eigenen, bisher unberührten Weinglas und nahm probeweise einen Schluck. Für ihn waren die meisten Weine nur Essig, zu dem der entsprechende Salat fehlte, aber gerade gab es ihm etwas zu tun, um seine Gedanken zu sammeln. Gerade wenn ihm ein sehr irrationaler und auch ein wenig ängstlicher Teil in ihm danach schrie, dass nun der beste Zeitpunkt für einen Tobsuchtsanfall gekommen sei. Was natürlich kompletter Blödsinn war, für den es keinen logischen Grund gab. Außer eben, dass er es gerade tun wollte. Der Blick seiner gräulichen Augen huschte von seinem Weinglas zu dem halb leergegessenen Teller von Cole, bevor er abermals zum Gesicht des anderen wanderte. Der Kerl sah noch nicht einmal einen Weg? Was genau sah Cole denn dann? Einen Irrgarten? Wollte er ihn verarschen?! Antonin wusste, dass man ihm sein tiefes Durchatmen ansah, aber gerade war das egal. Gerade fand er nicht, dass er ein Guard war, der immer super cool wirken musste. Im Grunde hatte schließlich niemand immer jede Situation im Griff und gerade entglitt ihm eben diese hier. Und was hieß, dass Cole nicht wusste, ob er Antonins Erwartungen erfüllen konnte. Himmel, er hatte doch selbst keine Ahnung was seine Erwartungen überhaupt waren. Ob er überhaupt welche besaß, wenn man davon absah, dass er Cole häufiger lächeln sehen wollte, dass er weiterhin in Coles Leben Bestand haben wollte, das er noch viel mehr von Cole erfahren wollte. Waren das vielleicht schon zu hohe Erwartungen? War das schon zuviel… ja was? Nähe? Vertrauen? Klang das schon zu sehr nach Beziehung? Und war nicht gerade Beziehung das Wort, um das sie herumtanzten? Antonin runzelte die Stirn und nahm einen weiteren Schluck. Er hatte Cole gerade die Zeit zum Antworten gelassen, also würde dieser sie ihm auch lassen. Wo andere sich vielleicht mit Freuden ins Unbekannte stürzten, da waren sie eben zwei Männer, die so viel mehr zu bedenken hatten. Cole noch vielmehr als er selbst. Und das böse Wort hierbei wäre wohl: Gefühle. Schlussendlich ging es um Gefühle. Und genau jene machten verwundbar… schwach... angreifbar. Daher war das wohl ebenfalls ein Tabuwort. Gab es hier denn überhaupt noch Wörter, die nicht tabu waren?! "Ich bin gar nicht in der Position, um Erwartungen besitzen zu können", rang er sich schließlich doch zu einer Antwort durch und wandte den Blick vom Weinglas wieder zu Cole. Wenn er den anderen nicht doch noch vergraulen wollte, müsste er seine eigenen Gedanken dazu wohl eine Weile zurückstellen. Noch kam Antonin das ganze viel zu wacklig und unbeständig vor, um auf etwas anderes aufbauen zu können. Und was hatte sich im Endeffekt schon geändert? Sie hatten sich mehr oder weniger gegenseitig das Leben gerettet. Nichts Neues. Sie hatten miteinander geschlafen. Etwas, das Cole nicht wirklich als etwas Großartiges zählen lassen konnte. Dafür wechselten seine Bettgeschichten zu häufig. Das einzige Neue war wohl der zweite Sex und dass Antonin aus irgendwelchen Gründen noch hier sitzen 'durfte'. "Aber da ich auch nur ein Mensch bin, gibt es natürlich ein paar Dinge, die ich für mich geklärt haben will", fuhr er fort. Langsam und nachdenklich sprechend. Es war ja schließlich nicht so, als würde er täglich über Gefühle dieser Art sprechen, als hätte er täglich mit solchen Situationen zu tun. Das letzte Mal, als er überhaupt in einer ansatzweise ähnlichen Situation gewesen war, war, als er noch auf die weiterführende Schule ging. Und damals war es ein Mädchen, von dem er in seinem jugendlichen Leichtsinn dachte, einmal sein Leben mit ihr verbringen zu wollen. Bevor die dämlichen Arschlöcher ihn weggeholt und nach Russland verfrachtet hatten. "Wenn ich merke, dass sich das rein auf Sex zu reduzieren scheint, dann bin ich weg. Egal ob vorwärts, rückwärts oder im Kreis gehend." Er gönnte sich einen weiteren Schluck, verzog den Mund und stellte das Glas schließlich weg. "Ich weiß nicht genau, wie ich den Rest beschreiben soll, ohne dass du es in den falschen Hals bekommst, aber ich gehe davon aus, vor den Kopf gestoßen zu werden. Das passiert nun mal wenn so viel zusammenkommt, dass es im Chaos resultiert. Und damit werde ich wohl lernen müssen umzugehen. Etwas, das ich gewillt bin zu tun." Er nickte kurz, um das zu unterstreichen. "Aber wenn du mich 'mehr bewusst' tatsächlich verletzt, dann kann ich meine eigene Reaktion darauf nicht abschätzen. Und zu guter Letzt möchte ich weder dabei sein, noch davon wissen, wenn dich der Drang packt dir irgendwo an irgendwem Befriedigung zu holen. Und nein, ich habe auch hier nicht vor eine klare Linie zu ziehen, aber ich möchte es nicht mehr erfahren." Kurz schwieg er und fasste seine letzten Gedanken schließlich auch in Worte. Seine Augen waren tatsächlich mit jener Verunsicherung gefüllt, von der er selbst sie nur zu deutlich spürte. Aber das war nichts, das er jetzt verstecken wollte. War es nicht in Ordnung in solchen Situationen verunsichert zu sein? "Ansonsten liegt es an dir, Cole. Wenn du da wirklich gar keinen Weg siehst, dann wird sich auch nichts ändern. Dann werde ich euch weiterhin beliefern und dir weiterhin in bestimmten Situationen helfen. Dann wissen wir zwar, dass es mal einen Tag lang anders war, aber sonst ist nichts passiert. Oder aber man findet für sich selbst eine Möglichkeit, diesen Trott mit dem aufzuhellen, was wir heute genossen haben. Meine Wohnungstür steht dir immer offen und du hast ein Handy mit einer Nummer, die du wählen kannst, wann immer dir danach ist. Es braucht keine übertriebene Hektik, um etwas Neues zu probieren… es braucht Geduld." Oh.. die Dinge, die er bereit war einzugestehen und zu tun… Antonin konnte sich selbst nicht glauben. Nicht mehr Freiraum, Zugeständnisse konnte man eigentlich kaum mehr aufbringen. Vor allem wenn man das mit dem Sex bedachte. Aber es war ihm lieber so. Denn wenn er es wüsste, oder noch schlimmer dabei wäre - wie im ersten Club in dem sie waren - dann konnte er seine eigene Reaktion darauf nicht abschätzen. Aber er wusste, dass es keine gute sein würde. Und dieses neue Wissen machte ihm zum ersten Mal bewusst, dass da von seiner Seite aus wirkliche Gefühle da waren, dass es da mehr gab, um so unendlich viel mehr als ein 'dann schauen wir mal wo wir landen'. Und wenn er ganz ehrlich zu sich selbst wäre, dann müsste er zugeben, sehr wohl eine große Erwartung zu besitzen. Eine, die er wohl nicht aussprechen könnte oder dürfte, und damit war es auch etwas, das sich ihm früher oder später ins eigene Fleisch schneiden würde. Eine Monopolstellung in Coles Leben. Und ehrlich... noch utopischer ging es kaum noch, oder? Cole Antonin durfte keine Erwartungen stellen? Irgendwie beruhigte ihn dieser Satz. Aber hatte man nicht automatisch Erwartungen, wenn man sich auf einen anderen Menschen einließ, wenn man offenbar gewillt war, mehr als nur Sex zu haben? Und selbst wenn man Sex hatte, hatte man auch seine Erwartungen. Welche Erwartungen hatte er selbst eigentlich? Dieser Gedanke ließ ihn die Stirn runzeln. Ja, welche Erwartungen hatte er selbst? Zu aller erst einmal wollte er, dass Antonin da war, dass er bei ihm war. Das wusste er schon seit der Situation gestern bei Klinger. Und das war das, woran er festmachte, dass es sicher irgendwo einen Weg gab, den er einfach nur deshalb nicht sehen konnte, weil er noch nie solche Wege gegangen war. Er hatte sich noch nie in seinem Leben auf einen Menschen wirklich eingelassen. Und so sehr er auch wusste, dass Antonin ein solcher Mensch für ihn werden könnte, so sehr ängstigte ihn aber die Vorstellung, sich diesbezüglich fallen zu lassen. Und es war doch eine Art 'sich fallen lassen', wenn man mit jemanden eine 'Beziehung' hätte, oder? Cole spürte, dass ihn das alles etwas überforderte und er bereute insgeheim, dass er das Thema überhaupt angeschnitten hatte. Cole blickte auf, als Antonin ihm klar machte, dass er keine Fickbeziehung haben wollte. Etwas, worüber Cole noch gar nicht nachgedacht hatte. Der Sex mit Antonin war ungewohnt intensiv und unglaublich entspannend. Aber er konnte für sich mit Bestimmtheit sagen, dass er mehr von Antonin brauchte, als nur Sex. Er brauchte seine Anwesenheit, um zur Ruhe zu kommen, um einfach einmal entspannt sein zu können. Ob Antonin dies meinte? Seine Augen ruhten in den blaugrauen und das Zugeständnis des anderen, dass er gerade aus Antonins Mund hörte, nämlich dass jener gewillt wäre, damit zurecht zu kommen, dass es schwieriger werden wird. Cole war ein wenig irritiert. Konnte es sein, dass Antonin wirklich an dem hier hing? Dass er an ihm hing? Dass er das, was sie nun seit etwa 18 Stunden erlebten, nicht aufgeben wollte? Und wieder wusste Cole nicht, ob er sich darüber freuen sollte, oder ob ihm dieser Gedanke die Luft abschnürte. Und schließlich forderte Antonin, dass er es nicht wollen würde, wenn er mitbekäme, dass er sich seine Befriedigung auch andernorts holen würde. Im Moment füllte ihn der Sex mit Antonin mehr als aus, er war besonders, aber würde er deswegen sein Sexleben ändern? Cole schob diese Frage zur Seite. Das würde er nicht hier und jetzt wissen können. Und dann stellte ihm Antonin eine Art Ultimatum. Und gleichzeitig erklärte er ihm, was es bedeuten würde, sich wirklich auf all das einzulassen: er hätte jemanden an seiner Seite, auf den er sich verlassen konnte, der immer für ihn da wäre, zu dem er immer kommen könnte. Cole dachte darüber nach und musste feststellen, dass es genau das war, was er wollte. Es war etwas, was er noch nie in seinem Leben gebraucht hatte, aber nun hatte er davon gekostet, nicht mehr allein zu sein und der Geschmack war süß gewesen. Es hatte ihm gut getan, nicht alleine eingeschlafen zu sein. Und es war auch ein schönes Gefühl, nicht alleine aufzuwachen. Und eigentlich, wenn er sich das alles rech überlegte kam ihm Antonin doch recht entgegen mit dem was er sagte, oder? Er forderte, dass er keine reine Fickbeziehung wollte, was Cole ohnehin ausschloss, denn für ihn war das wichtige die Anwesenheit des anderen, auch wenn der Sex eine fantastische Ergänzung war. Er forderte von ihm, ihn nicht bewusst zu verletzen, was er konkret an seinem Sexleben festmachte. Antonin wollte nicht zusehen müssen, wenn er etwas mit einem anderen hätte. Eine Sache, die man unter Umständen begreifen konnte. Zumindest ließ er ihm die Freiheit dennoch Sex zu haben, wenn er es brauchte. Antonin wollte es ja nur nicht mitbekommen müssen. Er forderte, dass Cole sich entschied, ob er einen 'Weg' sehen wollte oder nicht. Nun das war ein Punkt, der 'Geduld' brauchte, wie Antonin es richtig formulierte. Und Cole ahnte, dass Antonin bei ihm wohl etwas mehr Geduld brauchen würde. Und dann gestand Antonin ihm noch ein, immer für ihn da zu sein, damit man ein paar Stunden so sein konnte, wie sie es heute genossen haben. Nun es käme auf einen Versuch drauf an, oder? "Ich habe gesagt, dass ich noch keinen Weg sehe, was aber nicht daran liegt, dass dieser Weg nicht schon längst direkt vor mir liegt. Ich kenne diesen Weg nur einfach nicht, und daher erkenne ich ihn nicht. Es…" Er seufzte tief und fuhr sich mit seiner Hand durchs Haar. Warum verdammte Scheiße war das so schwer? "Es ist nur schwierig, etwas zu sehen, was man noch nie gesehen hat." In Zukunft würde er solche Gespräche vermeiden, das stand für Cole nun fest. Dieses Gespräch war zu kompliziert. "Ich kann nur eine Sache mit Bestimmtheit sagen. Ich hatte gestern eine mir völlig unbekannte Angst, dass ich dich verloren habe, die ich nie wieder in meinem Leben spüren möchte. Und in diesem Moment ist mir bewusst geworden, dass ich dir nahe sein möchte, dass ich dich bei mir wissen möchte. Und das ist das einzige, was ich dir mit Sicherheit sagen kann. Für alles weitere brauchen wir wie du treffend gesagt hast einfach Geduld. Ich kann und will jetzt nichts sagen, von dem ich keine Ahnung habe, worüber ich selbst nichts weiß." Er blickte Antonin ruhig an. "Wenn der Weg bedeutet, dass du an meiner Seite bist, dass du mir diese Ruhe gibst, die ich gestern Nacht und heute genießen konnte, dann möchte ich den Weg gerne finden und gehen. Aber ich kann dir eben nicht versprechen, dass es einfach wird. Das ist alles." Die Worte "Dann bin ich weg", die Antonin im Zusammenhang mit der Fickbeziehung verwendet hatte, hatten in ihm das Bedürfnis geweckt, noch einen Schritt auf Antonin zugehen zu müssen. Nun, das hatte er in seinen Augen eben getan, in dem er sich ein wenig mehr entkleidet hatte, als er eigentlich wollte. Mehr konnte er nicht zu diesem Thema sagen, außer dass er bereit war, es zu versuchen. Mehr konnte er einfach nicht sagen. Antonin Wenn X, dann Y? Wenn er Ruhepol spielte, dann wäre es in Ordnung einen Weg für sie zu finden? Aber immerhin gab Cole zu, so etwas noch niemals zuvor überhaupt mal versucht zu haben. Und wenn Coles Gefühl des Verlustes auch nur ansatzweise an seine eigenen herankamen, als sich vor ein paar Tagen die Tür in seiner Wohnung schloss, dann konnte Antonin das gut nachvollziehen. Sehr gut sogar. Er setzte ein leicht schiefes Lächeln auf und nickte schließlich. "Ich habe keine Versprechen erwartet, da ich selbst ja ebenfalls kaum welche geben kann. Du weißt doch... Auge um Auge, Zahn um Zahn." Hier konnte er das leise Lachen nicht verhindern. Das alles hier war ihm inzwischen zu viel. Zu viel Ernsthaftigkeit, zu viel unterschwellige Botschaften, zu viel das ihm diesen schönen Tag wieder vermieste. "Und ich bekomme das Gefühl wir würden sogar ein geklopftes Stück Hackfleisch noch zu Tode quatschen. Können wir uns nicht darauf einigen einfach abzuwarten? Darin bin zumindest ich besser als in dieser Art von Gesprächen. Zudem das Wort 'einfach' schon recht lange nicht mehr in meinem Wortschatz workam. Ich habe festgestellt, dass es nicht einmal 'einfach' ist, ein Bild mit Fingerfarben zu malen", setzte er noch hinten dran, schüttelte sich ein wenig angeekelt und zog sich eine Zigarette aus der Schachtel, bevor er jene zu Cole rüberschob. Wenn der eine wollte, sollte er sich eine nehmen. Diese war auch schnell angezündet und genüsslich inhalierte er den Rauch. Keine Ahnung, ob man hier rauchen durfte, aber um sowas kümmerte er sich schon lange nicht mehr. Sollten sie mal versuchen ihn abzuhalten. Und als sein Handy dann auch noch klingelte konnte Antonin nicht anders als ein wenig erleichtert zu sein. Die Stimmung hier schlug ihm gehörige auf den Magen. Nach einem kurzen Blick aufs Display ging er ran. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich heute nicht mehr vorbeikomme." Doch dann schlich sich Überraschung in seinen Blick und er ließ die eben angehobene Zigarette wieder sinken. "Tayra? Ist alles in Ordnung bei euch? Warum rufst du mit Nicholas Handy an?" Und während er den Worten seiner Schwägerin in Spe lauschte ging plötzlich ein Aufstrahlen durch seine Augen und sein ganzer Körper spannte sich erst an, um danach einfach nur noch hibbelig zu wirken. "Ehrlich? Heute Abend? Wo und Wann?", er warf nur einen kurzen Blick zu Cole, bevor er sich wieder auf das Telefonat konzentrierte, dabei mit seiner freien Hand auf dem Tisch herumtrommelte und im allgemeinen so wirkte, als könnte er sofort losstürzen. "Nein, nein das ist absolut genial! Keine Sorge. Leider ist Benji mit meinem noch nicht wieder fertig. Den hat es das letzte Mal doch ziemlich mitgenommen", bedauerte er und gab so etwas wie ein amüsiertes Kichern von sich, als er die Antwort hörte. "Ich wusste, dass du es ihm nicht sagen würdest. Vermutlich trifft ihn der Schlag. Aber ich weiß noch nicht, ob ich wirklich verrückt genug bin, um darauf einzugehen. Aber Tayra, warte mal! Ich muss eben fragen." Er bedeckte sein Handy mit der Hand und musterte Cole kurz bevor er zu seiner Frage ansetzte: "Tut mir leid, Cole. Aber ich schätze dieser Abend ist erst mal gelaufen, außer du hast Lust auf eine eher ungewohnte Art, deine Nachtstunden zu verbringen? Wenn nicht, werde ich in ein paar Minuten abgeholt. Du müsstest mich also nicht mal irgendwo absetzen, wenn du nicht mitwillst." Fragend sah er jenes Rätsel an, das ihn noch länger beschäftigen würde. Aber nicht jetzt. Jetzt hatte er keine Lust mehr dazu. Cole Das Lächeln des anderen beruhigte ihn ein wenig. Und Abwarten klang gar nicht so verkehrt. Doch bevor Cole seine Zustimmung geben konnte, erklang der ihm mittlerweile wohlvertraute Klang Antonins Handy. Cole nahm sein Weinglas und trank es leer. Ja, abwarten und schauen was geschieht, ob etwas geschieht. Und so verbannte er seine Gedanken erst einmal wieder aus seinem Kopf. Er dürfte vielleicht gar nicht so viel nachdenken... Doch als er aufblickte sah er mit einem Mal einen Antonin vor sich, den er eher selten erblickte. Er strahle förmlich eine Freude, eine Lebensfreude aus. Er schien vollkommen glücklich zu sein, wenn man ihn dort so aufgekratzt sitzen sah, wie er kicherte, wie er lächelte, wie er unruhig dasaß. Und mit einem Mal waren alle Gedanken, die er eigentlich gerade verbannen wollte wieder da. Würde Antonin jemals so reagieren, wenn er ihn anrief? Würde er es jemals schaffen, ihn so fröhlich, so munter, so glücklich zu machen? Könnte er das? Könnte er Antonin mit seiner selbst zufrieden und glücklich machen? Cole bezweifelte das sehr stark, sehr sehr sehr stark. Und damit stellte sich doch eigentlich gar nicht mehr so sehr die Frage, ob er es schaffen würde, sich dem anderen weiter zu öffnen, sondern vielmehr die Frage, ob er jemanden wie Antonin überhaupt an seiner Seite verdient hatte, bzw. ob Antonin überhaupt sich auf jemanden wie ihn einlassen sollte. Auf diese beiden Fragen könnte er in diesem Moment, wenn er den anderen so glücklich vor sich sitzen sah, guten Gewissens mit 'Nein' antworten. Nein, er hatte es nicht verdient, Antonin neben sich zu wissen. Und: Nein, Antonin sollte seine Zeit nicht mit ihm verschwenden. Aber andererseits war da dieses Gefühl der Zufriedenheit, der Ruhe und Entspannung, das er an diesem Tag kosten durfte. Und daher verbat sein Egoismus es, Antonin gleich vor den Kopf zu stoßen, um diesem so einige Sorgen in seinem Leben zu nehmen. Und gleichzeitig nahm er sich vor, einen Schlussstrich zu ziehen, wenn er merken sollte, dass Antonin unter ihrer Verbindung leiden würde. Wenn er merken würde, dass genau diese Freude, dieses Strahlen verblasst, dann müsste er dem Ganzen einen Riegel vorschieben. Innerlich seufzte er tief bei dieser Erkenntnis. Es wird noch so Einiges auf sie zukommen. Als Antonin ihn ansprach blickte er auf und schüttelte augenblicklich den Kopf. Er hatte genug für heute, genug, was er erst einmal geordnet bekommen musste. Im Moment hatte er einfach nur das Gefühl allein sein zu wollen. Allein, ohne diese blaugrauen Augen, die ihn heute so warm angesehen hatten, die ihn zu durchdringen schienen, die offensichtlich hinter Türen sehen wollten, die er selbst nie aufgeschlossen hatte. Einfach allein sein... "Nein", antwortete er knapp, fügte aber noch dazu, dass er schlafen müsse. Ja, der Abend war gelaufen durch dieses Telefonat, oder eher durch die Reaktion des anderen auf dieses Telefonat. Aber dafür konnte Antonin nichts. Es war etwas, was er mit sich selbst ausmachen musste. Und so stand Cole auf, noch während der andere zuende telefonierte und gab vor auf die Toilette zu gehen, auch wenn er einfach nur von diesem Strahlen weg wollte, das Strahlen, das in seiner Dunkelheit, seinem Leben, sicher erlischen würde. Cole zahlte als er von den Toiletten wiederkam und setzte sich dann schon gar nicht mehr. "Du wirst abgeholt?", fragte er und als Antonin bejahte, nickte Cole. "Ich denke dann werde ich jetzt gehen." Er griff nach seiner Jacke, die er über den Stuhl gehängt hatte. "Mach es dir schön. Ich melde mich." Bevor er ging legte er dem anderen noch einmal kurz die Hand auf die Schulter. Dann verließ er das Restaurant. Die kühlere Luft, die ihm entgegenschlug, tat ihm gut. Als er zu Hause aus dem Auto stieg, fiel ihm auf, dass Antonins Tasche noch in seinem Auto war. Er nahm sie mit rauf, stopfte auch dessen Strandsachen in die Waschmaschine und hängte sie auf. Kurz schrieb er eine SMS an Antonin, dass er ihn bezüglich der Sachen am nächsten Tag anrufen würde, dass er ihm die Sachen entweder vorbeibringen könne oder er sie im Lady-Dream abholen könnte, wie er wolle. Bewusst schrieb er nur eine SMS und rief nicht an, zum einen, weil er Antonin nicht stören wollte, zum anderen, weil dadurch Antonin seine Nummer bekommen würde, die dieser ja noch nicht hatte. Dann verbrachte er den Abend damit, sich seinen Prüfungsunterlagen zu widmen. Nicht nachdenken… einfach nur nicht nachdenken... Als er schließlich gegen 3 Uhr ins Bett kroch, nahm er sofort den Geruch des anderen wahr, der noch in der Decke haftete. Obwohl er eigentlich normalerweise eher weniger Decke brauchte, kuschelte er sich diesmal jedoch in sie hinein, ließ sich somit sozusagen von dem Geruch einhüllen. Und wenn er die Augen schloss, so konnte er Antonin neben sich liegen sehen, konnte sich das Gefühl ins Gedächtnis rufen wie es war, in dessen Armen zu liegen. Er musste sich eingestehen, dass es ein Gefühl war, an das man sich gewöhnen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)