Macht Spiele von JinShin ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Als sie bei seinem BMW ankamen, öffnete er den Kofferraum. „Los, rein da. Ich hab erstmal genug von dir.“ Farfarello stemmte die Beine gegen das Pflaster. "Beantworte mir bitte eine Frage." Er wirkte in sich gekehrt, dann lächelte er wieder strahlend. "Was fragt die Sphinx ihre Opfer? Und kennst du ihre Antwort?" Dann lehnte sich gemütlich gegen die ihn haltende Hand. "Nein, kennst du nicht. Wie schade." Er beugte den Oberkörper zur Seite, um Belga anzusehen. "Du riechst nach Orange." Farfarello sog genüsslich die Luft ein, zuckte die Schultern und zeigte dann mit dem Kinn auf den geöffneten Kofferraum. "Ich geh da nicht rein." Belga knurrte ungeduldig, ihm riss jetzt langsam der Geduldsfaden. „Du hast es anscheinend noch immer nicht verstanden.“ Er schlug Farfarello mit der Handkante fest ins Genick, so dass er zum zweiten Mal unfreiwillig auf den Knien landete. Sorgsam achtete er auf jede, auch geistige, Reaktion Farfarellos. Auf keinen Fall wollte sich Marcel von ihm überrumpeln lassen; er wusste, wie unberechenbar und gewalttätig der junge Ire war. Niemals würde er ihm etwas durchgehen lassen, was seine Autorität untergraben könnte. Gleichzeitig fand er ihn schon wieder äußerst attraktiv, wie er vor ihm auf dem feuchten Pflaster kniete, die Arme fest an den Körper gefesselt. Wieder würde er sich am liebsten diesen schlanken, unbeugsamen Körper einfach nehmen, hier und jetzt. Doch das musste warten. //Du tust, was ich sage!// Nur kurz währte die Benommenheit des Handkantenschlags. Geistig grinste Farf in sich hinein, und Belga bekam kurz einen absoluten Schauer tiefreichendster Erregung zugesandt. Danach ging alles blitzschnell. Ein Bein anwinkeln, sich mit dem anderen abstützen, leicht den Oberkörper zusammenziehen und mit dem freien Bein leichthin nach vorn ausgerichtet mit einem nicht mal so großen Halbkreis den vor ihm Stehenden aus dem Stand hebeln. Belga ging zu Boden. Natürlich hatte er beide Hände frei, trotzdem fand er den irischen Berserker plötzlich auf sich knien, das gesamte Gewicht des Oberkörpers mit den Knien auf seine beiden Oberarme verteilend. Und um es noch unangenehmer zu machen, bohrte Farfarello beide Fußspitzen schmerzhaft in seine Nierengegend. Dann beugte er den Kopf, setzte mit leicht vorschießender Zungenspitze einen sanften, ziehenden Kuss auf die zornig zusammengepressten Lippen, versetzte ihm dann einen kräftigen schmerzhaften Hieb mit der Stirn auf die Nasenwurzel und stand auf. Nicht ohne ihm, wie bei einem störrischen Gaul noch einmal die Fußspitzen in die Seiten zu dreschen. „Du hast mir kein Stück Scheiße zu sagen, a ghaoil." Er wandte sich ab. Belga glühte vor Zorn. Genau das war passiert, was er auf jeden Fall hatte verhindern wollen, und das nur, weil er sich einen kleinen Moment der Schwäche gestattet hatte, weil ihn Farfarellos Anblick gefesselt hatte. Dieser Fehler würde ihm kein zweites Mal unterlaufen. Langsam erhob er sich und straffte die Schultern. Konzentrierte sich. „Schön. Gut. Du hast mich überrascht. Doch das bedeutet gar nichts.“ Seine Stimme klang eiskalt. „Viel wichtiger ist doch, wer von uns am längeren Hebel sitzt. Du kannst nichts ausrichten. Du wirst tun, was ich dir sage. Das verspreche ich dir, du wirst diese Lektion lernen.“ Und er drang mit geballter Kraft in Farfarellos Geist ein, eine ungeheure Präsenz, groß und mächtig. Gnadenlos riss er Erinnerungen in Farfs Bewusstsein, schmerzhafte, verdrängte Erinnerungen aus der Tiefe seiner Seele, nahe des kleinen versiegelten Bereiches. Seine Eltern am Boden, blutbesudelt. Der kleine Körper seiner Schwester in ein rotdurchtränktes Tuch mit Engelmotiv gehüllt, reglos. Blut an seinen Händen. Eine vertraute Stimme aus der Vergangenheit: „Jay... sie ist nicht deine Mutter...“ //Wer hat sie getötet, Jay? Hast du die Einbrecher gesehen?// Marcel lachte, laut und gemein, und sein Gelächter hallte durch Farfarellos Schädel. Der fast sofort wieder in die Knie brechende Ire schrie unartikuliert auf, riss ohne Erfolg in den Ärmeln seiner Jacke, um sich zu befreien, um sich den Kopf zu schützen, um den vor ihm stehenden grimmig Lächelnden erneut anzugehen. Die feinen Äderchen in seinem Auge platzten, färbten den weißen Glaskörper rot. Die körperlichen Schmerzen ließen ihn rückwärts und zur Seite beugen, bis er schließlich wimmernd in der Gosse hinter dem BMW lag. Doch das war nichts. Nichts im Vergleich zu der geistigen Vergewaltigung Belgas. Jede noch so kleinste Regung seines verletzten Kinderherzens, jedes damalige Verletzen des Vertrauens in seiner kleinen Welt, die Angst vor sich selbst, der so ersehnte Wunsch, doch nur geliebt zu werden, das alles breitete er in ihm aus und zermalmte dies und seinen Selbstschutz mit Leichtigkeit. //Wer hat sie getötet, Jay? Hast du die Einbrecher gesehen?// "Nein!" Langgezogen schrie Farfarello dieses eine Wort wieder und wieder. Schrie, bis ihm die Stimme brach, und er mit verzerrtem Gesicht die Wange mit geschlossenem Auge an den dreckigen Asphalt schmiegte. Ein einzelner Blutstropfen rann unter seiner Augenklappe über seine Lippen. Und sein Geist war stumm, drückte sich haltsuchend an den Duft von Vanille. In aller Ruhe schnürte der Telepath die Bänder an Farfarellos Hose fest zusammen, während der jüngere so hilflos vor ihm lag. Dann strich er sehr zart durch sein kurzes, weißes Haar. „Schsch. Jay. Es ist vorbei“, sagte er leise und in tröstendem Ton. Mental suggerierte er ihm Vertrauen und wendete sich dabei gezielt an Farfarellos inneres Kind. „Komm... steh auf und steig ein. Ich helfe dir dabei. Wir können nicht hier bleiben.“ Farfarello hielt das Auge fest zusammengekniffen, die Erinnerungen konnte er nicht aufhalten, genauso wenig wie das eigenartige schmerzhafte Zusammenziehen seiner Brust - es tat... weh. Er ließ sich gefügig wie eine Schaufensterpuppe hin und her drehen, jede noch so kleine körperliche Regung war ausgeschaltet. Bis auf diesen eiskalten Schauer, der über seinen gesamten Körper ging und der mit der Berührung und diesen Worten zusammenhing. Nur, dass es damals... jemand anderes war. 'Schsch. Jay. Es ist vorbei.' Dann die Berührung. Da war das schmerzhafte Zusammenziehen der Brust wieder. 'Es ist vorbei.' "Das stimmt doch gar nicht!" kam es mit undeutlicher kindlicher Stimme zwischen seinen Lippen hervor. Wellen von Erinnerung wechselten sich mit vollkommener Stille in seinem Geist ab. Er hielt sein Auge fest zusammengekniffen, bis sich vor seinem Lid Lichtpünktchen bildeten, dann öffnete er es langsam wieder. Er sah Belga blicklos an, nur seine Augenbrauen zogen sich leicht zusammen und entspannten sich dann sofort wieder. Er ließ sich in den Kofferraum heben, hob die Beine selbst an und legte die Knie zur Seite. Stumm sah er nach oben. Wieder strich Marcel ihm durch das Haar. Dann öffnete er ein Fach an der Seitenwand und hob eine schwarze Kette heraus. Sacht und von schwerem Kettenrasseln begleitet, legte er sie Farfarello um den Hals und befestigte sie straff an einer Halterung im Rücksitz. Strich ihm wieder durch das Haar. Und wiederholte dasselbe an seinen Knöcheln. „Und jetzt...“ Er umfasste ohne Druck Farfarellos Unterkiefer. Die andere Hand hielt er außerhalb Farfarellos Sicht. „Jetzt öffne deinen Mund.“ Eigenartigerweise beruhigte ihn das Kettenklirren in dem Durcheinander seiner wirren Gedanken. //Ich habe einen Fehler gemacht und werde bestraft.// Sein Auge zeigte zwar noch immer diesen abwesenden Schimmer, aber die Panik war größtenteils daraus verschwunden. Das war eine Situation, die er kannte. Gehorsam öffnete er den Mund und spürte wieder die warme Haut von Belgas Hand an seinem Kiefer. Die Kettenglieder drückten schwer gegen sein Halsband und verstärkten das Gefühl von Erniedrigung um ein Vielfaches. Auch sein Atem beruhigte sich zusehends, er fühlte das rasche Regenerieren der gebrochenen Rippe. Bedächtig schob Marcel ihm die harte Gummikugel eines Knebels zwischen die Zähne und schnallte ihn fest. Danach entfernte er die Augenklappe und sah Farfarello einen langen Augenblick an. „Ohne diese vielen Narben“, und er strich mit einer Fingerkuppe an der längsten entlang über die Wange und die Nase und stoppte an der vernarbten Augenhöhle, „wärst du ein richtig hübscher Junge.“ Er zog ein Tuch aus der Tasche und wischte ihm das Blut vom Gesicht. Noch ein langer Blick, dann griff er nach oben und schlug die Kofferraumklappe zu. Es wurde dunkel um Farfarello. Marcel setzte sich hinter den Fahrersitz, schob Nightwish in den CD-Player, zündete sich eine Zigarette an und ließ den harten Rhythmus aus den Boxen dröhnen. Langsam und genussvoll sog er den Rauch in seine Lungen. Gut, dass der Ire sich wieder beruhigt hatte. Er wollte nicht, dass Farfarello sich endgültig in den Wirren seines Geistes verlor. Doch dieses Risiko würde er jederzeit wieder eingehen. Nur die Starken kommen durch, nur die wirklich Guten. Dieses Prinzip herrschte seit jeher bei Rosenkreuz und Belga würde bestimmt nichts daran ändern. Und er wollte, dass Farfarello begriff, wer von ihnen beiden das Sagen hatte. Um jeden Preis. Von nun an würde er ihm nichts mehr durchgehen lassen, Marcel hatte genug gesehen. Allein bei dem Gedanken daran, wie der Neunzehnjährige vor ihm über dem Altar lag, wie er sich den Schmerzen hingab, die er, Belga, ihm zufügte, spannte sich seine Hose wieder angenehm eng an seinem Schritt. Er warf die Zigarette aus dem Fenster und fuhr mit durchdrehenden Reifen an. Die Fahrt dauerte bei zügigem Tempo gut vier Stunden, bis er den Wagen die Serpentinen hinauf zu dem hochabgelegen Labor in den österreichischen Alpen lenkte. Er fuhr am Haupteingang vorbei zum Westflügel des langgezogenen, flachen Gebäudes, wo eine Nebentür direkt in seine Privaträume führte. Er bremste hart, stieg aus und öffnete den Kofferraum. Wortlos beugte er sich hinab und entfernte die Kette von den Füßen. Die Riemen der Hose lockerte er soweit, dass Farfarello kleine Schritte würde gehen können. Dann löste er die zweite Kette aus der Halterung, ließ sie jedoch um seinen Hals geschlossen, sodass er das lose Ende wie eine Hundeleine in der Hand hielt. Spielerisch zog er daran: //Komm, steh auf.// Die Heckkante des BMW war so hoch gearbeitet, dass Koffer bei offener Klappe nicht herausfallen würden, dass hieß also, dass Farfarello sich sozusagen darüber winden musste, um aus dem vorigen Dunkel zu kommen. Entzückt lauschte er dabei dem Aneinanderklirren der Kettenglieder. Als er wieder auf den Füßen stand, gönnte er sich einen langen Rundblick. Hohe Tannen schienen sich zu den Gebäuden herüberzuwölben, irgendwo quietschte ein ihm unbekanntes Tier, etwas kleines Rotbraunes huschte mit buschigem Schweif von einem der riesigen Bäume zum anderen, und über den Wipfeln konnte er diese erhabenen Bergspitzen sehen. Und diese reine klare Luft! Tief sog er sie in die Lungen, nicht wissend, ob er diese Luft jemals so schnell wieder kosten dürfte. Dann schüttelte er noch einmal den Kopf, nur um dieses so exquisite Lied der Kettenglieder noch einmal zu hören. Farfarello hob den Kopf, streckte den Rücken gerade und stand mit dieser so wunderbar arroganten Haltung animalischer Eleganz gefesselt in seiner Jacke da, mit schwarzen Kettengliedern geschmückt. Sein Blick suchte Belgas, ein Mundwinkel zog sich trotz des dehnenden Knebels aufwärts und er zwinkerte ihm mit diesem leuchtenden Auge zu. //Du bist schön. Du darfst nie Narben haben.// Dann schloss sich das Auge wieder halb, die Haut über der eingefallenen Augenhöhle spannte sich gleichzeitig mit dem Bewegen des anderen Lides, und er wartete mit dieser Mischung aus Demut und Stolz auf Belgas nächstes Tun. Dieser lachte leise: //Ich gebe mir Mühe.// In leicht spöttischem Ton sagte er: „Du hast die Ehre, mich in meine Privatgemächer zu begleiten. Komm.“ Wieder zog er etwas an der Kette, auch er genoss den Klang des Metalls, und führte ihn langsam zu seiner Wohnung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)