Noctis - the Black Night von Rakushina (Nur für dich kamen wir zurück...) ================================================================================ Prolog: Abendstunde ------------------- – Abendstunde „Prinz Julius. Ihr Gast ist hier.“ „Dann bringt ihn herein!“, befahl der junge Prinz in einem überaus neutralen Ton, obwohl er doch ein wenig nervös gewesen war, wie die letzten Tage auch, als er diesen ominösen Brief erhalten hatte. Dass er versuchte Prinz Ludwig, den Sohn seines Stiefvaters zur Strecke zu bringen war für viele innerhalb des Königreiches kein Geheimnis mehr, aber niemand wagte daran, ein Wort zu verlieren, auch, dass er schon mehrere Auftragskiller auf diesen Weiberhelden, der auf Brautsuche war angesetzt hatte und bisher erfolglos war. Zwar hatten seine besten Leute, Hänsel und Gretel diese Verräterin Rotkäppchen fangen können, aber sie war geflohen, er hatte alles von seinem magischen Spiegel aus beobachten können und nun war er in Sorge, dass sein Plan nicht aufgehen könnte. Zu der Zeit hatte man ihn einem Brief zukommen lassen, er war nicht unterschrieben, aber da der Absender eingebildet genug war seine halbe Lebensgeschichte in dem Schreiben zusammenzufassen, hatte Julius eine Ahnung, wer ihm geschrieben hatte. Die Geschichte, die er erwähnt hatte war allseits bekannt, sonders in diesem Reich. Und da beide dasselbe Ziel – den Tod Prinz Ludwigs – anstrebten, arrangierte Julius ein Treffen. Und stand die Person vor ihm, ein kleiner Mann, kaum größer als Julius selbst, der mittlerweile in die Jahre gekommen war und dessen Haar nicht mehr schwarz sondern langsam grau wurde und einem Spitzbart, der sich nach oben drehte. Er war dürr, nur der Kopf war ziemlich groß, vielleicht wirkte er auch nur wegen des dünnen Halses und den schmalen Körper so. Er sah aus wie ein Troll, aber Julius wusste es besser. Dennoch wollte er lachen, als sein Besucher die großen Augen aufschlug, aber er wusste, dass es hätte fatal sein können, zumal er – trotz seines Zustandes - ein magisches Wesen war, das man heutzutage kaum noch zu Gesicht bekam und fürchten sollte. „Prinz Julius, es freut mich, dass Sie über mein Angebot nachgedacht haben“, sagte er und verbeugte sich vorsichtig vor ihm. „Ihnen zu Diensten sein zu können, ist mir eine Ehre und eine Freude.“ „Die Freude liegt ganz meinerseits, schließlich gehören Sie zu einer Gattung längst vergessener magischer Wesen, die schon damals den Königen zur Seite standen und ihnen zum Sieg verhalfen. Auch wenn ihr euren Glanz verloren habt, bin ich von euren Fähigkeiten überzeugt. Also Rumpelstilzchen, was schlagen Sie vor, wie wir Lui am besten ausschalten?“ „Nennt mich nicht Rumpelstilzchen! Niemand darf diesen Namen kennen, noch aussprechen!“, schrie der Zwerg und stampfte mit seinen viel zu kurzen Beinen auf den Boden, was fast schon eher wie ein lächerlicher Tanz wirkte und Julius wenig beeindruckte und ihn wieder beinah zum lachen brachte. Doch Rumpelstilzchen tobte weiter unaufhörlich und sein Gesicht wurde rot wie die Abendsonne. Wie konnte man ihm auch nur mit solch einem Namen strafen, auch wenn es einst der Name eines mächtigen Zauberers war, von dem er abstammte. Und nun, nachdem diese verdammte Königin ihn herausgefunden hatte, kannte ihn jeder im ganzen Reich und statt Ehrfurcht säte er nur noch Spott und machte seine Person und seine Gestalt zu einem Objekt der Lächerlichkeit, wie es so schon waren. Das Gelächter und der Scham hatte ihm entgültig die Kräfte geraubt. Alles war nur die Schuld der Königin, dieser vermaledeiten Königin! Sie hatten ihm ihr Kind versprochen, doch statt dankbar zu sein, dass er ihr bedeutungsloses Leben gerettet hatte und ihm ihr Kind überreichte, verspottete sie ihn. Als man ihr den Namen verriet hatte sie ihren Finger auf ihn gezeigt und so laut gelacht, dass man es im ganzen Schloss gehört hatte und ihm blieb nichts, als davonzulaufen und unterzutauchen, bis das Gelächter zumindest etwas verstummt war (was, wenn man genau sein möchte zweieinhalb Monate gedauert hatte). Und dann hatte sie auch noch die Frechheit zu verschwinden, ehe er sich rächen konnte. Aber was soll´s? Nun könnte er das Kind holen, dass man ihm versprochen hatte. Es hatte zwar neunzehn Jahre länger gedauert, aber nun hatte er eine Möglichkeit gefunden das Kind der Königin – Prinz Ludwig zu holen, wenn auch anders, wie er es vor neunzehn Jahren vorgehabt hatte. „Endlich fertig mit tanzen?“, fragte Julius gelangweilt, er hatte sich weiter in seinen Sessel zurückgelehnt und sein Hut hing schief über den Kopf, so dass es fast vollständig sein gelangweiltes und leicht erbostes Gesicht verdeckte. „Verzeiht, Prinz Julius, mein Temperament und mein Zorn gingen erneut mit mir durch. Ich habe viele Jahre verdeckt im Wald leben müssen, stets bedacht von niemanden gefunden zu werden. Doch in der Einsamkeit gelang es mir, ein jahrelanges Projekt zu vollenden.“ „Erklär mir nur eins“, begann Julius vorsichtig. „Was erhoffst du dir eigentlich davon, mir zu helfen? Und selbstverständlich willst du eine Gegenleistung dafür haben, nicht wahr?“ „Oh, mit Nichten, verehrter Prinz“, sagte Rumpelstilzchen unerwartet ruhig wie freundlich. „Meine Erlösung durch meine Rache und der Gewiss, das jemand meinen Hass auf diese Königsfamilie teilt ist Gegenleistung genug für mich. Ich will nur meine Ehre wiederherstellen. Und dies hier wird uns beiden sehr behilflich dabei sein.“ Stutzig schaute Julius auf die Handfläche des kleinen Mannes und aufgrund des gedämmten Lichtes im Raum erkannte der blonde Junge erst nicht das schwarze Schmuckstück, dass er in den Händen hielt, als es den Schein der wenigen Kerzen reflektierte. Er war sehr breit und groß, doc hatte er etwas Unheimliches an sich. „Ein Ring?“ „Nicht nur irgendein Ring, mein Prinz. Dieses kleine Schmuckstück wird uns beiden eine Menge Spaß bereiten“, lachte Rumpelstilzchen, es klang tief und furchterregend, man hätte Angst bekommen können, wär seine Erscheinung nicht ganz so lachhaft gewesen. „Es wird dafür Sorgen, dass dieser elende Ludwig einen Höllentrip erlebt, bis er förmlich nach der Erlösung durch den Tod schreien wird. Und selbstverständlich werde ich ihm schließlich diesen Wunsch erfüllen und seinen Kopf ihnen zum Dinner servieren.“ „WIE er stirbt, ist mir gleichgültig, nur DASS er stirbt interessiert mich. Am besten du tötest diese Verräterin Rotkäppchen gleich mit. Doch ist mir noch unbegreiflich, wie so ein Ding das schaffen will.“ „Lassen Sie sich überraschen, Prinz Julius. Ich verspreche Ihnen eine interessante Show. Gefühle sind wie eine Droge, die man leicht zu seinem Vergnügen nutzen kann. Hierbei kommen Sie erneut ins Spiel. Sagt, hat der Prinz einen Schwachpunkt?“ „Frauen...“, antwortete der junge Prinz knapp und tonlos. „Sobald er eine schöne Frau sieht, macht er alles für sie.“ Wobei es mehr um ihr Aussehen und die Größe ihres Busens geht, als um ihren Charakter. Aber Julius fand solch einen Denkweise mehr als widerwärtig und verkniff sich diese Bemerkung. „Und sicherlich hat er schon zahlreiche solcher Frauen getroffen, während er auf Reisen war, Sie beobachten ihn schließlich die ganze Zeit. Also sagt mir, sind da auch welche dabei, die schon das Zeitliche gesegnet haben?“... Kapitel 1: Dämmerung -------------------- Stunde Eins: Hallo Es freut mich, dass ihr euch dazu ermutigt habt, euch dies anzutun, trotz des bescheidenen Prologs. Ich bin es noch nicht gewohnt, in der dritten Person zu schreiben, hoffe dennoch, dass der Stil im Rahmen des erträglichen bleibt. Und die Kapitel sind so kurz... Ich bin Sonst 7000 Wörter pro Kapitel gewohnt, aber das werde ich versuchen zu vermeiden. ^^v Ich hoffe an der Stelle, das ihr euch aufmerksam die Kurzbeschreibung durchgelesen habt. Wenn nicht, solltet ihr das gaaanz dringend tun. Und solltet ihr Fragen zu der Storyline und den darin vorkommenden Dingen haben, schaut doch einfach im WB vorbei, an dem ich teilnehme (und empfiehlt ihn weiter xD). - Dämmerung Stumm und etwas unsicher ritt Will, der auf der edlen Kutsche saß seinem Herrn hinterher und achtete stets darauf, dass der Abstand zwischen ihnen weder weniger, noch mehr werden würde, während sie durch den dichten Wald ritten. Will hatte Angst, dass Prinz Lui ihn anfauchen würde, auch wenn es nicht seiner Art entsprach, Gefühlen – positiven wie negativen – Ausdruck zu verleihen. Auch wenn Prinz Lui nicht gerade eine Plaudertasche war, dieses Schweigen passte auch nicht zu ihm. Seitdem die Verlobte Prinz Christos, Prinzessin Albertina verschwunden und dieser nur noch am flennen war, schien Lui sich von seinem Diener abzuwenden. Geistig. Während Christo unaufhörlich weinte und klagte und Will versuchte ihn zu beruhigen, sah Lui nur stumm zu. Wortlos, nicht einmal eine zynische Bemerkung über seine Lippen. Er sagte auch nicht einmal etwas, als sie sich verabschiedeten und stieg auf sein Pferd und Will wusste instinktiv, dass es besser war, ihn in Ruhe zu lassen. Dorothea merkte ebenfalls, dass etwas in der Luft lag, sie schien ebenso besorgt und – Will wagte kaum überhaupt in diese Richtung zu denken – unbefriedigt. Lui ignorierte sie, doch eher aus Desinteresse, als aus Abscheu und ihre sadomasochistischen Gelüste wurden damit nicht gestillt. So zumindest hatte Will es sich zusammengereimt, denn eine andere Erklärung für ihr unauffälliges Verhalten hatte er nicht. Und er gab es ungern zu, aber irgendwie vermisste er ihr unheimliches Kichern und die obskuren Zaubergegenstände, die meist ihre Kutsche überfüllten. Ebenso obskur war dieser unheimliche Wald. Sie ritten schon einen ganzen Tag durch die Verdichtung dunkler Tannen und noch immer hatten sie keine Straße gefunden, die hinaus führte und Will wurde immer unwohler zumute. Einzig allein würde noch ein Rudel Wölfe fehlen, dann wär dieses Szenario perfekt gewesen. Will´s Horrorvorstellungen, wie sie ewig hier rumlaufen würden, bis sie Skelette wären, endeten schließlich, als die Pferde, die die Kutsche zogen stehen blieben und im selben Moment auf die Hinterbeine stellten. Auch Lui´s Pferd fing an laut zu wiehern und trampelte wild auf der Stelle. „Hey, ganz ruhig bleiben!“ „Was ist hier los?!“, rief Dorothea aus der Kutsche heraus, während der Prinz und Will versuchten, wieder die Kontrolle über die Pferde zu erlangen. Auch Dorothea´s fliegender Kater Damian (der, so behauptete Lui, dass Ergebnis eines abartigen Experimentes sein, zwei Tiergattungen miteinander zu paaren, aber dass wollte sich Will nicht einmal im Entferntesten vorstellen) benahm sich unruhig, sein Fell sträubte sich und er fauchte, während sie ihn in den Armen hielt. Der Prinz hatte am schwersten zu kämpfen, als sein Pferd auch noch anfing zu springen und austrat. Lui war ein guter Reiter, schon mit drei Jahren hatte er die Pferde seines Vaters herumkommandiert, doch das Tier hatte in seiner unerklärlichen Panik eine solche Kraft entwickelt, dass auch er Probleme hatte im Sattel zu bleiben. Daher merkte er erst gar nicht, wie sich ihnen etwas näherte, erst als es unmittelbar an seinem Gesicht vorbeiflog. Er hielt es zuerst für einen Vogel, dafür war es allerdings zu klein. Ein übergroßes, dickes Insekt vielleicht? Will bekam davon nichts mit, im Gegensatz zu Dorothea, die die unheimliche Aura gespürt hatte, die die Tiere so verrückt gemacht hatte. Sie schaute den sonderbaren Objekten nach, konnte sie aber nicht mehr erkennen und in dem Augenblick, als sie komplett aus ihrem Blickfeld verschwanden, beruhigte sich Damian und die Pferde wurden still (noch rechtzeitig, da die Kutsche drohte umzufallen). „Habt ihr das gesehen?“ „Was?“, fragte Will, vollkommen erledigt, wie man unschwer an seinem blassen Gesicht und den wirren Haaren erkennen konnte. „Diese... Dinger, die da eben vorbeigeflogen sind. Habt ihr sie nicht gesehen?“ „Entschuldige, aber ich war zu sehr damit beschäftigt, die Pferde wieder unter Kontrolle zu bekommen, als darauf zu achten, was hier rumfliegt.“ „Hast du gesehen, was es war?“, rief der Prinz, wieder fest in seinem Sattel sitzend und mit einer mehr neutraleren Tonlage als sein Diener, der erschöpft war und deswegen etwas überreagierte. „Nein, nicht wirklich“, antwortete Dorothea leise. „Aber was immer es war, es war der Grund, warum die Tiere plötzlich so aufgewühlt waren. Ich hab diese bedrohliche Aura gespürt, die von ihnen ausging. Prinz Lui, es ist gefährlich, lasst uns schnell diesen Wald verlassen!“ „Wenn ich wusste wie...“, antwortete Lui und beugte sich ein Stück nach vorn, um den Umklammerungsversuch Dorotheas auszuweichen und ihre traurige Miene blieb. Ein Tritt wär ihr bei weitem lieber gewesen. Der Prinz schaute in die Richtung, aus der sie gekommen waren und in die, in die sie eigentlich gehen wollten, aber er kam ins zweifeln, ob das wirklich der Ausweg war. Er hatte das Gefühl ewig im Kreis zu laufen und bestimmte Bäume und Ecken und Steine schon einige Male gesehen zu haben. Dazu diese plötzliche Dunkelheit, die eingetreten war, seiner Meinung nach zu früh für diese Jahreszeit. Man könnte meinen, der Wald und die Natur darin hätte ein Eigenleben und wollte sie hier festhalten. Dorothea schien es erst nicht ganz bewusst, oder zeigte dies zumindest weniger, doch man konnte in Will´s Gesicht genau erkennen, welche Horrorvisionen er vor Augen hatte und Lui schüttelte über die mangelnde Courage seines Dieners leicht den Kopf. Lui schwang schließlich den Kopf zurück, als er ein helles Kichern vernahm. Etwas weiter weg von ihnen sahen sie jemanden stehen, schließlich kam er auf sie zum, dabei wehte das lange blonde Haare im Wind. Der Wald war finster und der Mond schien nur schwach, aber es war trotzdem hell genug um das Gesicht zu erkennen. Und während Lui erschrak und Dorothea die Augen weit aufriss, als sie erneut die Aura dieser unbekannten Objekte vernahm, zierte auf Will´s Gesicht ein kleines, erleichtertes Lächeln. „Albertina?!“... Lisette saß auf den höchsten Ast den sie finden konnte und umklammerte ihr Fernroher, mit dem sie die ganze Zeit über Prinz Lui beobachtete hatte. Sie hatte Probleme das Gleichgewicht zu halten, ihre Wunden schmerzten mit jeder Minute mehr. Sie hatte es geschafft diesem abgedrehten Geschwisterpärchen zu entkommen, nachdem diese sie hinterrücks überfallen hatten, was aber nicht ganz ohne Kampf blieb. Und da sie nun auch auf der Flucht war, fand sie keine Gelegenheit sich auszuruhen und ihre Wunden heilen zu lassen. Doch der Wunsch nach Rache ließ sie weiter aufrecht stehen, ihr Verlangen den Prinzen zu töten, indem sie ihm eine Kugel durch seinen hohlen Schädel schoss. Allein die Vorstellung dieses Triumphes entwickelte in ihr ungeahnte Kräfte und ließ den Schmerz regelrecht verstummen. Doch nun setzte der Schmerz langsam wieder ein, da ihre Rachegelüste in kurze Vergessenheit geritten und anfing, sich über andere Dinge Gedanken zu machen. Zum Beispiel, was da eben an ihren Zielobjekten vorbeigeflogen war. Sie hatte sie schon von weiten anfliegen sehen und anders wie Lui oder Dorothea hatte sie erkannt, was es gewesen war. Es war weder ein Vogel und ein Insekt schon gar nicht, eher... Ja, eher wie Ringe. Sie hatte ganz deutlich fliegende, schwarze Ringe erkennen können, zwei oder drei Stück, auch wenn sie sehr schnell vorbeigeflogen waren. Lisette wollte zwar schauen, wohin sie flogen, doch sie hatten sich in verschiedene Richtungen aufgeteilt und waren verschwunden. Wohlmöglich waren sie verhext und ließen nichts Gutes heißen, das hatten auch die Tiere dieses Prinzen gemerkt und sind durchgedreht (wobei sie sich zwischendurch gewünscht hatte, dass er aus dem Sattel fallen und sich das Genick brechen würde). Auch diese komische Hexe und schließlich auch sie selbst. Wenn sie darüber nachdachte, war alles hier zu dubios, der Wald, die Dunkelheit... Ob es etwas mit ihrem Auftragsgeber zutun hatte, diesem Julius und seinen beiden neuen Schoßhunden? Oder wohlmöglich war es doch etwas anderes. Lisette hatte in ihrer Zeit als Killerin viele Geschichten und Legenden gehört und ihr fiel eine ein die dieser Situation sehr ähnlich schien und... Aus dem Augenwinkel konnte sie erkennen, wie sich den drei Personen noch eine vierte näherte und hielt wieder ihr Fernohr vors Auge, um besser sehen zu können. Zuerst hatte sie nur die strahlendblonden Haare dieses Mädchens erkannt, aber dies sagte ihr nichts, es gab genug Mädchen mit blonden Haaren, unter anderem sie selbst. Doch als der Wind aufstieg und die Strähnen etwas zur Seite hob und ihr Gesicht zeigte, erschrak sie und Lisette traute ihren Augen erst nicht. Das war das Mädchen, dass dieser Typ (Hänsel, ja, so hieß er doch) umgebracht hatte, sie hatte selbst gesehen, wie er mit seiner übergroßen Axt ausgeholt und zugeschlagen hatte. Ein tödlicher, aber sorgfältiger Schlag von Rumpf bis Stirn, das Blut war in alle Richtungen gespritzt, sie hatte keine Chance gehabt. Sie konnte das gar nicht überlebt haben und sie dürfte dort gar nicht stehen! Wie konnte das sein? Doch noch bevor Lisette den schwarzen Ring an ihrem rechten Zeigefinger erblicken und sich an die Geschichten erinnern konnte, die sie gehört hatte wurde sie an ihrem Umhang gepackt und vom Ast gezogen und das Letzte was sie sah, ehe sie auf den fiel und ihr Schwarz vor Augen wurde, waren die stechenden Augen und den blauen Bart, der dass Gesicht ihres Angreifers furchterregend erscheinen ließ... Kapitel 2: Nachtanbruch ----------------------- Stunde 2: Struktur Anders wie bei dem Teil mit Blanche finde ich, dass der Psychoterror beim Teil mit Lui, Will und Dorothea eher magerer ist (vielleicht liegt es daran, dass ich in letzter Zeit viele schlechte Horrorfilme sah und mich einfach nach etwas Schmerz und Blut sehne). Aber ich habe bewusst die beiden als erstes aus ihren Grab kommen lassen, weil bei ihnen die emotionale Bindung zu Lui nicht so tief war. Daher ist Wut und Nagst das einzige, was man hätte bei ihnen wecken können. Und Mitleid (stimmt´s, Will?) Und gleich auf Vollgas gehen will ich auch nicht :3 Act 2 - Nachtanbruch Einige Stunden schon, bevor die vermisste Albertina vor den Augen des Prinzen, seines leichtgläubigen Dieners und der sadomasochistischen Hexe erschien und das rachsüchtige Rotkäppchen von ihrem Ast gerissen wurde und in Ohnmacht fiel, hatte die bevorstehende Katastrophe bereits woanders große Ausmaße angenommen. In einigen Reichen erzählten die Leute von mysteriösen schwarzen Objekten und jedem, der sie erblickte lief ein Schauer über den Rücken. Warum konnte niemand genau sagen, nur das nahende Unheil erahnen. Auch im Reich des verstoßenen Ludwig erblickte man sie, machte sich aber eher wenig Sorgen darum, was wohl auch damit zusammenhing, dass die meisten männlichen Bewohner noch bei den Aufräumarbeiten waren. Vor seiner Reise war der Privatflügel des Prinzen abgebrannt, zusammen mit seiner ersten Verlobten, Prinzessin Blanche, doch viele munkelten, Ludwig wär hinter ihre Affären gekommen und hätte sie höchstpersönlich getötet und verbrannt, statt dass, wie es offiziell hieß, sie eine Kerze umwarf und in dem Flammenmeer kein Entrinnen mehr fand. Nun lag es an den jungen Arbeitern, die Trümmer dieser Tragödie zu beseitigen und den Flügel neu zu bauen, mit der Angst und den Ekel, die (seit mehreren Monaten) tote Schönheit unter den Steinen zu finden, oder andere längst dahingeschiedene Mädchen, die der Prinz angeblich »gesammelt« hatte. Die älteren Herren, die zu den Aufräumarbeiten beauftragt wurden, teilten diese Sorge weniger, dafür war ihnen ihre Pause und ihr Wein wichtiger, während die Jungspunde und Grünschnäbel unter der lauen, vernebelten Mittagssonne ackerten und die alten Assgeier verfluchten, den Prinz natürlich gleich mit. Und während die schimpften, schaufelten, bauten und schwitzten, hörte erst niemand die Hilferufe die tief aus dem Erdreich zu kamen schienen. Einer der Jüngsten hatte sie erst bemerkt, als ein Steinhaufen zu wackeln schien und ließ einen schrillen Schrei los, als ein Arm herausragte und empor stieg wie eine angriffslustige Schlange. Seine Kameraden kamen erst, als noch ein zweiter Arm herausragte und einen Mädchenkörper mit sich zog. Der Jüngste hatte Blanche sofort erkannt. Ja, sie war voller Dreck und die Haare hingen wirr in alle Richtungen, dennoch, die schneeweisse Haut, die blutroten Lippen und dass Schwarz der wirren Haare gab es kein zweites Mal, daran bestand kein Zweifel. Es war wirklich Blanche. Der König hatte (wahrscheinlich in seiner Eifersucht und Habgier) seinen Leuten verboten, Blanche anzusehen, doch wiedersetzen konnte sich niemand von ihnen und warfen immer wieder heimliche und lüsterne Blicke zu der Schönheit und nicht selten geschah es, dass sie diese mit vielsagenden Gesten verwiderte. Alle wollten sie, Blanche wusste das und so war es auch. „Bitte... Helft mir. Es tut so weh...“ „Ich helfe Ihnen, Prinzessin“, sagte der Jüngste und griff nach ihrer Hand um ihr aufzuhelfen (wenn auch nicht ganz ohne Hintergedanken). Ein Kamerad rannte zu seinem Meister hin und berichtete ihm von dem Fund, die Leute erschraken, sie glaubten nicht, als sie hörten, dass die tot geglaubte »Blume Blanche« aus ihrem Grab gestiegen sei. Der Jüngste sah aufmerksam Blanche´s Körper an und nicht um nach Wunden zu sehen. Seit er am Schloss mit seiner Lehre angefangen hatte, hatte er Blanche immer nur vom weiten sehen können und verfluchte den König und dessen Sohn, da sie angeblich nur ihnen zustand. Doch er kannte und sah ihre Blicke auf ihm ruhen und nicht selten war ihr hübsches Gesicht und die Vorstellung ihres nackten Körpers das letzte, was er vor dem Einschlafen sah. Er rang mit der Selbstbeherrschung, so lange hatte er sich nach ihrer Gestalt gesehnt und sein Herz fing an zu rasen, als sich ihre Augen wieder öffneten und ihn ansahen. „Hilf mir... Bitte... Du... Musst mir helfen...“, keuchte sie schwer und langsam schien sie sich aufzurichten, doch schaffte sie es nicht und fiel wieder in seine Arme. „Sie müssen sich schonen, bleiben Sie liegen!“ „Aber... Dieser Schmerz... Bitte, mach, dass es aufhört. Ich tu alles für dich...“, hauchte sie, mehr verführerisch als kläglich und während sie dies sagte, berührte ihre Zunge vorsichtig ihre Lippen. Sie würde alles tun, wie sehr er sich nach diesen Worten gesehnt hatte, und allein die Vorstellung erregte ihn. Er sollte sich eigentlich schämen, er kam aus einem anständiges Haus, aber Gott, sein Gier nach ihr und ihrem atemberaubenden Körper war so groß. „Ich tu alles für dich... Dafür, will ich nur eins von dir...“ „Alles... Ich tu alles für Sie, Prinzessin“, hechelte der Jüngste aus lauter Gier, doch das Hecheln wurde schnell ein rinnen nach Luft. Er ertrank in dem Blut, dass in seine Kehle und im Mund war und hinterließ zarte Tropfen auf der weissen Haut der Prinzessin. In ihm zog sich alles zusammen. Einer seiner Kameraden schrie, einige blieben stehen, glaubten nicht was sie sahen, andere liefen davon. Er selbst viel nur zur Seite, ohne einen laut von sich zu geben, es dämmerte vor seinen Augen und sah, wie Blanche sich aufrichtete, nichts mehr von ihrer Schwäche war zu sehen. Ihre Hand umklammerte fest dass blutüberströmte Stück Fleisch, dass vor wenigen Sekunden noch in seiner Brust war und dass Blut durch seinen Körper trieb, mit dem er nun besudelt war und Muster auf der Kleidung der untoten Prinzessin bildete. Und wie so oft, bevor er die Augen schloss war die schöne Blanche das Letzte, was er vor der unendlichen Schwärze sah... Immer noch starrten Lui, Will und Dorothea auf die vermisste (und eigentlich tote) Gänsemagd, die langsam auf sie zukam, nachdem sie erst nur im trüben Licht der Abendsonne stand. Immer noch war Will roh und erleichtert sie zu sehen, der Prinz hingegen traute seinen Augen nicht. Das konnte nicht Albertina sein. Unmöglich! Er hatte jahrelang Frauenleichen gesammelt und wusste wohl zu gut, wie man sie von den Lebenden unterschied. Lebendig begraben? Absurd! Doch Albertina war die Tochter einer Hexe, vielleicht hatte sie ihm etwas vorgegaukelt? Vielleicht war sie ja wirklich noch am Leben? Oder doch tot? Oder keins von beiden? „Pri... Prinzessin Albertina! Gott sei Dank, Sie sind wohl auf. Prinz Christo war in Sorge“, berichtete Will ihr freudig, doch ehe er einen Sachritt auf sie zu machen konnte, hielt Dorothea ihn fest, dabei packte sie so stark zu, dass Will ihre langen Fingernägel nur all zu deutlich spüren konnte. „Do... Dorothea! Lass mich los!“ „Mit diesem Mädchen stimmt etwas nicht“, sagte sie, wobei sie allerdings nicht auf Will einging, wenn nicht sogar vollkommen ignorierte. „Sie... hat etwas Unheilvolles an sich. Was sagen Sie, Prinz?“ „Ich verstehe, was du meinst...Also sag, wer bist du?“ „Oh Prinz Ludwig, Sie sind ein richtiger Scherzkeks“, kicherte sie mit ihrem engelsgleichen Gesicht. „Ihr könnt mich doch nicht schon vergessen haben. Ich bin es doch, Albertina. Ihr habt mich vor meiner bösen und eifersüchtigen Kammerjungfer gerettet und dafür gesorgt, dass ich mit Christo vereint sein ann. Gauner haben mich entführt, aber ich konnte fliehen. Seit Tagen irre ich in diesem Wald umher... Ich bin am verzweifeln und habe Angst...“ „Keine Angst, Prinzessin, wir bringen Sie zurück.“ „Naiver Trottel!“, schimpfte Lui und schmiss Will regelrecht zur Seite und sah zu wie Albertina – oder dass, was wie sie aussah – in Tränen ausbrach und bitterlich weinte. „Prinz Lui! Du willst sie doch nicht hier lassen?“ „Wir müssen Albertina zurück zu Christo bringen!“ „Von wegen Albertina“, sagte der Prinz höhnisch, dann wurde er lauter. „Was immer du bist, du bist auf jeden Fall nicht Albertina. Ich selbst habe ihre Leiche im Wald vergraben. Also, wer bist du, Schwindlerin?!“ Doch eine Antwort kam nicht, sie weinte weiter, für Will offensichtlich wegen dieser gemeinen Unterstellung und es zerriss ihm beinahe das Herz. Dorothea hingegen fühlte mit Lui, auch sie zweifelte an der Aufrichtigkeit dieses Mädchens. Die Falle war zu offensichtlich, doch der Sinn dahinter wollte ihr nicht einleuchten. Damian, der sich immer noch an ihr Lederkleid krallte, fing erneut zu fauchen an und als Dorothea ihn ausschimpfen wollte, er soll sich doch endlich wieder beruhigen, sah sie noch den Schatten im Augenwinkel und wisch zur Seite, ehe die Axt (die aussah, als wiege sie zwei Zentner) auf sie herabfiel. „G-Graf Blaubart?!“, nuschelte Will geschockt, als die Staubwolke, die bei dem Aufprall entstanden war und einen großen Mann offenbarte, mit einem stechenden Blick, den sein mächtigerscheinender blauer Bart nur zu gut betonte. Als Lui den Namen hörte, wollte er aufstehen, da Dorothea ihn mit sich zur Seite geworfen hatte, doch ihr Körper, der auf seinem lag versperrte ihm die sich. „Geh runter, du perverses Weib!“ „Prinz, ihr beschimpft mich wieder... Mein Leben ist wieder erfüllt von purer Verzückung“, schwärmte sie, auch wenn sie erneut einen Tritt des Prinzen kassierte, ihr Gesicht war rosig vor Freude. Will versuchte sie zu ignorieren, was ihm nicht schwer fiel, der Blick des Grafen, der schon vor langer Zeit gestorben war hatte ihn gefesselt. Der Graf war vor seinen Augen gestorben, aber nun stand er vor ihm und er schnaufte, während die schwarze Klinge seiner pompösen Axt noch immer im Boden feststeckte. „Warum...? Warum habt ihr mich getötet?“, klagte der unheimlich aussehende Blaubart und auch wenn er brüllte, klang es mehr wie weinen. „War es so falsch, geliebt werden zu wollen? War dies meine Sünde? Wieso habt ihr mir keine Chance auf wahre Liebe gegeben? Wieso?“ Will hörte seinem Klagen aufmerksam zu und je mehr er hörte, desto mehr kamen ihn die Tränen und das Gefühl von Mitleid. Er kannte die genauen Umstände nicht, schließlich erzählte ihm der Prinz nur zu gern nur halbe Wahrheiten, er wusste nur von seinem Tod, schließlich waren er und Lui nicht ganz unbeteiligt gewesen. Fast wollte er weinen, oh Gott, was hatten sie ihm nur angetan? „Will, pass doch auf! Das ist eine Falle!“, rief ihm Dorothea zu und unverständlich schaute er zu ihr. Seine Augen waren glasig, er hätte längst Tränen für den armen Grafen vergossen, wenn Lui nicht wäre und er hatte Angst, er würde ihn deswegen gleich wieder hauen, schließlich weinen Männer nicht. „Aber Doro...“ „WILL, DU IDIOT!!“ Diesmal war es Lui´s Stimme, die ihn erreicht, doch er begriff zu spät, was hinter seinem Rücken geschah. Blaubart erhob sich, mein Mantel wehte im Wind und hielt mit der Axt aus, seine irren Augen waren auf ihn gerichtet. Doch für einen fast zu kurzen Augenblick, sah er nicht den Grafen. Der Mantel war auch nicht mehr dunkel sondern schimmerte Rot. Rot wie Lisette´s Kappe sie war, als sie die Axt hob und nach ihm zu schlagen und ihn in Stücke zu hacken, wie sie es schon im zarten Alter von neun Jahren bei ihren Eltern getan hatte. Doch der Graf stoppte schließlich. Die Klinge blieb in der Luft und das Gesicht des Grafen wirkte auf einmal nicht mehr so bedrohlich wie vorher. Will brauchte einen Moment, bis er darauf kam, an was es lag. Der Bart war weg. Lui war dazwischengegangen und hatte mit einer eleganten Bewegung den Bart weggerissen. Weder Will noch Dorothea glaubten, was sie da sahen und wechselten immer nur Blick zwischen dem Bart und den Grafen. Es dauerte etwas, bis er merkte, was passiert war, tastete mit seiner Hand in seinem Gesicht, er riss seine Augen auf und schrie los. „Ah... AAAAAHHR!!!! NEIN! NEEEIIIN!!!“, schrie er panisch, die Axt fiel zur Seite und er kniete auf dem Boden. Seine Finger zitterten, während sie weiter über das Gesicht fuhren, dann ergriffen sie das Hosenbein des angewiderten Prinzen. „Gib mir meinen Bart wieder!!! Ich flehe dich an, gib ihn mir zurück!! Ich tu alles, ALLES, NUR GIB IHN MIR WIEDER!!!“ „Unfassbar...“ „Was für ein Schwächling“, meinte Dorothea nur Schulterzuckend und voller Abscheu. Lui hielt seinem Diener schließlich den falschen Bart hin. „Siehst du? Ob tot oder nicht, er bleibt ein hoffnungsloses Weichei ohne einen Funken Würde. Gehen wir weiter, ich bin dieses Theater Leid. Was immer hier auch gespielt wird.“ „Nicht so schnell!!“, ertönte erneut die Stimme des Grafen, diesmal viel heller und schriller, als vorher, als er noch seinen Bart trug. Will sah nur, wie das Blut über die teuren Kleider lief und der weisse Stoff rot und nass wurde und der Prinz schließlich zu Boden fiel. „Ich sagte doch, du sollst ihn mir wiedergeben... Das hast du nun davon!“, knurrte er, fast wie ein hungriger Wolf, seine Zähne kamen unter seinem Grinsen hervor. Seine Hand umklammerte schließlich Will´s Hals, er drückte zwar nicht fest zu, aber hob den verängstigen Diener einige Meter vom Boden. Doch konnte Will noch auf den Prinzen sehen, der auf der Erde lag, doch zeigte er keine Spur von Schmerz, wenn er es auch nicht einmal schaffte, wieder auf die Beine zu kommen. Voller Abscheu sah er zu dem Grafen und hob den Kopf, doch Blaubart legte seinen Fuß mit den schweren Stiefeln auf dessen Kopf ab und drückte ihn somit wieder in den Dreck. Lui wollte nicht glauben, dass dies tatsächlich Blaubart sein sollte. Er war ohne seinen Bart ein Schwächling ohne einen Funken Selbstvertrauen. Und nun ließ er ihn im Dreck liegen, elendig verbluten, während er über ihn spottete und Will weiter empor hob. Gerade dieser Kerl machte sich über ihn lustig?! Dieser armselige Kerl hatte ihn tatsächlich reingelegt?! Als er aufblickte, sah er erneut in das Antlitz Albertinas, ihre Hände hatten sich in Dorotheas azurblauen Haaren vergraben und zogen daran, als wollte sie diese abreißen, so wie er den Bart des Grafen abgerissen hatte. „Sehen Sie, Prinz Ludwig? Ich hab nicht geschwindelt. Ich bin wirklich Albertina. Und dass ist Graf Blaubart und wir sind beide tot. Wir sind aus unseren Gräbern gekommen um unser Glück zurückzuholen, dass uns jemand genommen hat. Auch wenn du meine Ansichten verabscheutest, hattest du nicht ein wenig Mitleid mit mir? Und Blaubart? Er starb wegen dir. Fühlst du nicht etwas Mitgefühl für uns arme Geschöpfe. Warum auch nicht, du wolltest mich schließlich auch nicht für meinen Betrug anzeigen...“ „Mit dir... Mitleid... Träum weiter...“, antwortete der Prinz, doch jeder laut bereitete ihm Schmerzen. Albertina grinste finster und trat mit ihrem Absatz in die offene Wunde. „Du bist ein emotionsloser Kerl... Aber auch diese haben schwache Momente. Du tust doch nur so, weil du niemanden in deiner Nähe haben willst. Kein Wunder, dass du keine Braut findest. Stimmt´s?! Na, macht dich das wütend? Sag schon?“ Der Prinz hörte schließlich Dorothea schreien, Albertina´s Griff um ihr Haar wurde fester, ebenso der um Will´s Hals, der aber nur ein leises Röcheln hervorbrachte. Aber wütend? Diese Blöße waren die beiden nicht wert! Wie gern hätte ihr seine Meinung darüber an den Kopf geworfen, doch er konnte nicht reden und der Schleicher der Ohnmacht legte sich langsam über ihn. Nur ein komischer Laut verhinderte sein Dahinschweben für einen Moment. Er sah etwas schwarzes in Albertina´s Gesicht und verletzte sie. Wohlmöglich Damian, aber er erkannte es nicht. Der Graf holte wieder mit der Axt aus und Lui hörte Dorothea einen Zauberspruch aufsagen, als sie es schaffte von Albertina loszukommen. Er wusste nicht, was sie eigentlich vorgehabt hatte, vielleicht wollte sie die Waffe in etwas harmloses verwandeln, doch es gab nur einen Knall und der Graf taumelte zurück. Will ergriff schließlich seine Chance, als Blaubart ihn bei seinem Sturz losließ und ging zu dem Prinzen. „Prinz Ludwig, sag doch etwas!“ „Begrabsch mich nicht...“, stöhnte er noch schwächlich und schließlich siegte die Ohnmacht, sein Kopf baumelte fast leblos an seinem Hals. „Beeil dich, Dorothea!“ „Ja!“, antwortete sie ihm und kam, zusammen mit Damian angerannt. Will platzierte den Lui´s Körper auf einem der Pferd, schwang sie schließlich selbst darauf, zusammen mit Dorothea, die sich an ihm festhielt. Auch wenn sich das Pferd erst geweigerte hatte, rannte es schließlich los, als die Hexe mit ihren langen Fingernägel in sein Hinterteil stach und rannte dabei fast Albertina und Blaubart über den Haufen. Und sie ritten davon, verängstig und verwirrt in die Nacht. Und sie hörten noch von Weiten das Fluchen des Grafen und das Lachen der Gänsemagd, doch sie verfolgten sie nicht... Kapitel 3: Abendlichter ----------------------- Dritte Stunde: Künstlerfreiheit Die große Frage bei diesem Projekt war „Wie schaffe ich diesen Fluch/Zauber/Whatever in diese Story? Letztendlich habe ich Rumpelstilzchen dafür missbraucht und hab etwas meine Fantasie spielen lassen, damit es etwas Sinn und ein Standbein hat. Ob das wirklich logisch, vor allen originell ist, lass ich mal im Raum stehn. Ich sollte aufhören, FF zwischen 22 und 3 Uhr zu schreiben. Ich hoffe, dass mir nicht den Kopf abreißen wird, für meine Dreistigkeit. (Schade das der neue Manga von Kaori Yuki, „the Royal Doll Orchestra“ erst so spät rauskam, da hätten man das fantastisch einbringen können °3°) - Abendlichter Gretel schnaufte einmal laut, nahm schließlich das Fernglas von ihren Augen und schaute missmutig durch die Gegend. Ihr Bruder Hänsel, der auf einem anderen Ast stand als sie hatte schon seit einigen Minuten keinen einzigen Laut von sich gegeben. Im Grunde war sein Verhalten normal, aber Gretel wünschte sich anhand der Situation wirklich, dass er etwas gesprächiger wäre und ihr nicht immer wieder dieselbe Frage im Kopf rumspuken würde. „Wo. Zum. Teufel. Sind. Wir?! Hänsel, sag, dass du hier etwas erkennst!“ Doch ihr Bruder gab nur ein leises Brummen von sich, während sein Blick über die Gegend schweifte. Aber auch sein scharfes Auge erkannte nichts in dieser Finsternis, die dichter war als kalte Erbsensuppe. Und auch wenn Gretel doch langsam der Verzweiflung nahe schien, dachte sie nicht einmal im Traum daran ihre Suche abzubrechen. Auch wenn sie diesen Prinzen hier nicht finden würden, diese unverschämte Hexe in ihren übertriebenen, knallroten Mantel dafür sicherlich. Wenigstens sie wollte Gretel einfangen und braten, dafür, dass sie Herr Julius verraten und den kurzen Moment ihrer Unachtsamkeit zur Flucht ausgenutzt hatte. Bevor sie in den Wald kamen, waren sie Lisette noch dicht auf den Fersen gewesen, doch dann hatte die Dunkelheit sie umhüllt. Raus fanden sie ebenso nicht mehr, also Augen zu und durch und auf auf das Rotkäppchen! Zumindest hatte sie dann Ablenkung und dachte nicht mehr über diesen dubiosen Ort nach. der finstere Wald, wo die Hexen wohnen und die Kinder essen „Verzeiht, Reisende!“, rief jemand unter ihnen und beide waren überrascht darüber, dass sie so zusammengezuckt waren. Normalerweise konnte sich niemand so an sich heranschleichen, besonders Hänsel entging nichts, sei es noch so klein oder leise. Doch unter leichten Entsetzten mussten sie wirklich einsehen, dass sich ein wildfremdes Mädchen sich bis zu ihnen herangeschlichen hatte. „Ich bin die Jungfrau Maleen und habe mich auf der Suche nach meinem Prinzen verirrt. Habt doch ein Herz und helft mir auf meiner Suche nach meinem Liebsten.“ „Ihr Prinz? Ob sie von Prinz Ludwig redet?“, fragte sich Gretel, ihr Bruder gab keine Antwort, doch wusste sie, dass er damit zeigte, dass er es selbst nicht genau wusste. Sie kannte ihn schließlich gut, hatte alles mit ihm geteilt und verstand ihn ohne Worte, da er auch so schon langsam sprach. „Etwas... stimmt da nicht“, sagte Hänsel schließlich, etwas zur Überraschung seiner Schwester. „Wieso läuft eine Prinzessin herum? Zu dieser Stunde... Ohne Begleitung... Ohne Verpflegung?“ „Und der Name kommt mir auch bekannt vor.“ Zu Recht, denn war die Jungfrau Maleen nicht eine eigenwillige Prinzessin gewesen, die von ihrem eigenen Vater in einen dunklen Turm gesperrt wurde? Und war das Königreich nicht schon längst Geschichte? Wie soll sie denn da rausgekommen, geschweige denn überlebt haben? Wobei dann auch die Frage aufkam, woher sie Prinz Ludwig kennen sollte. „Bitte... Helft mir, meinen Prinzen zu finden. Ich bitte euch so sehr darum... So zeigt doch etwas Mitleid für ein armes Mädchen...“, klagte die Jungfrau Maleen und streckte die Arme zu den beiden empor, was dennoch weder in Hänsel, noch in Gretel etwas bewegte, außer den Entschluss sie einfach hier stehen zu lassen und das Weite zu suchen. Wenn auch etwas zu spät, als plötzlich der Ast, auf dem sie standen mit lauten Getöse zerbrach und sie hinunterstürzten. Sie landeten zwar sacht auf den Beinen, hielten aber die Arme schützend über den Kopf haltend, als Holzstücke auf sie niederprasselten. Gretel wagte schließlich als Erste wieder aufzuschauen und sah den Morgenstern im Baumstamm feststecken, der ihren Ast heruntergerissen hatte. Die Kette, an die er hing wurde gespannt und der Morgenstern wurde aus dem Stamm gezogen, wobei er noch Holzstücke mit sich riss, ehe er vor den Füßen Maleens landete, die die Kette um ihre beiden Hände gewickelt hatte. Ein Morgenstern, dieses zierliche Ding? „Ihr wolltet mich tatsächlich hier im Wald zurücklassen? Sicher, ich kenne eure Absichten, ihr seit hinter meinem Prinzen her. Der Ring hat mir alles erzählt. Aber ich, die Jungfrau Maleen lasse dass nicht zu!“ Maleen zog an der Kette, mit einem Ruck flog die eiserne Kugel wieder durch die Luft und riss wieder Äste und Blätter von den Bäumen, ehe sie auf die beiden Geschwister zuflog. Doch diesmal konnte Hänsel den Angriff abfangen und die Kette packen, ehe noch er oder Gretel getroffen wurden. Er riss Maleen von den Füßen, als er an der Kette zog und mit seiner Axt ausholte. Es spritzte auch kaum Blut aus ihrer Wunde, die vom Bauch bis zu ihrer Stirn ging, sie ließ nur ihre Kette los und fiel mit hochgerollten Augen regungslos ins Gras. Hänsel und Gretel sahen sie genau an, da sie noch damit rechneten, dass sie doch wieder aufstehen, oder zumindest zucken würde, doch nichts dergleichen geschah. Dass der Morgenstern samt Kette sich schließlich auflöste und als Ring um ihren Finger wieder auftauchte, wunderte oder eher betrachtete keiner von beiden fürs erste. „Oh, schaut an, was ihr da getan habt. So eine Sauerei und dass auch noch vollkommen umsonst.“ „Sagt wer?“, rief Gretel in einem etwas aggressiven Ton, wenn sich auch nicht wusste, wen sie anschrie. Schließlich aber sahen sie doch die Gestalt schwarzhaarigen Prinzessin, die vor wenigen Stunden erst aus ihrem Grab gekommen war. Aber dass wussten die beiden ja nicht. „Mein Name ist Blanche. Und eure Angriffe sind nur vergeudete Mühen. Seht doch!“ Und als sie über die Schultern schauten, so wie Blanche es von ihnen verlangte, schnappten sie erst nach Luft und starrten mit aufgerissenen Augen auf die Jungfrau Maleen, die nicht mehr im Gras lag, sondern nun wieder mit dem selben sehnsüchtigen, doch scheinheiligen Lächeln vor ihnen stand. Sie war unbeschädigt, sauber und lebendig. Aber ob sie wirklich lebendig war? Hänsel hatte sie regelrecht halbiert, dass konnte niemand überleben. Und selbst wenn, sie war doch über und über mit Blut besudelt gewesen, doch nun befand sich kein einziger Tropfen auf ihrem Gewand. „Hänsel, was geht hier vor?!“ „Ich weiß es nicht.“ Aber in einem waren sich die beiden klar – So konnte man sie nicht besiegen, geschweige denn töten. Was immer sie nun waren, sie würden immer wieder aufstehen, egal wie groß die Löcher in ihren Bäuchen und Köpfen sein würden. Sie schlossen sich anscheinend innerhalb weniger Sekunden. Noch nie hatten sie etwas gesehen. „Also lasst gut sein. Wir können doch über alles reden“, sagte die schwarzhaarige Schönheit sachte und ruhig, dennoch war ihr Ton zu verdächtig gewesen und die Geschwister schreckten zurück, als sie auf sie zuging. „Wir wollen nur eure Hilfe, auf unserer Suche... Die Suche nach unserem Prinzen, dessen Herz für uns schlägt. Ihr würdet uns doch nicht allein hier lassen, nicht wahr? Du hilfst mir doch? Oder?“ Gretel hätte an der Stelle sofort mit „Nein“ geantwortet, aber sie wurde an dieser Stelle nicht gefragt. Blanche hatte nur Augen für Hänsel, der aber kein einziges Wort herausbekam, als die weissen Hände sein Gesicht berührten und ihre Augen in seine blickten. Und zum Entsetzen seiner Schwester wehrte er sich nicht kein Stück gegen ihren Annäherungsversuch. „He... HEY! Lass Hänsel in Ruhe!“, rief sie sichtlich empört auf und sie kochte innerlich, sogar ihr Gesicht wurde rot. Fest entschlossen Blanche persönlich von ihrem Bruder wegzuzerren holte sie zum Angriff aus, doch hielt Maleen sie an ihren Haarschopf fest und zog sie von ihnen weg. Gretel wehrte sich zwar doch fing sie an zu schreien, als Maleen immer stärker an ihren Haaren zog. „Lass doch die beiden. Findest du nicht, dass die beiden nebeneinander nicht bezaubernd aussehen?”, fragte Maleen und genau darauf bedacht, das Gretel genau verstand, was sie sagte und genauso reagierte, wie sie und Blanche es wollten. Mit Zorn, mit Eifersucht, mit Hass. Wenn ihr Bruder nicht auf die Verführungskünste des kleinen Schneewittchens ansprang, sollte wenigstens sie ordentlich eifersüchtig werden. Es würde ein schönes Gefühl sein, ihr vor Hass kochendes Herz in den Händen zu halten. Gretel zuckte schließlich zusammen, als sie erst die spitzen Nägel der Jungfrau auf ihrer Haut spürte und daraufhin ein Schuss folgte, der Maleen frontal traf. Auch Blanche, die zuvor nur Augen für Hänsel hatte, blickte mit leichten Entsetzen auf den zerschmetterten Schädel Maleens. Für ihn schließlich die Gelegenheit sie mit einem kräftigen Hieb sie von den Füßen zu werfen und gegen einen Baum fliegen zu lassen. Ihr Körper sackte auf den Boden und blieb liegen, der Kopf baumelte fast leblos am Hals. „Wie... Wie ist das passiert?“, ächzte Maleen, ihr Gesicht war noch nicht ganz wieder hergestellt, als eine weitere Kugel sie traf, diesmal aber am Handgelenk, dass diese regelrecht zerfetzte und ebenso den schwarzen Ring, den sie am Finger trug. Gretel sah ihn noch kurz aufblitzen, bis auch er zersplitterte, doch dachte sie sich nichts dabei. Sie und ihr Bruder blickten kurz auf den Aschehaufen, der vor wenigen Sekunden noch ein bildhübsches Mädchen war und schließlich auf die rotgekleidete Lisette, die mit erhobenem Gewehr aus dem Dickicht getreten war. „Los, verschwinden wir, bevor sie noch zu sich kommt und noch Verstärkung holt!“ „Warum sollten wir?“ „Frag nicht, kommt einfach!“ Und ohne zu zögern folgten sie ihr, nicht weil sie es befahl. Es war ein reiner Instinkt gewesen, als sie das Stöhnen Blanches hörten und damit der Gedanke, dass der Ärger weiter gehen könnte – nur schlimmer. So blieb ihnen also keine andere Wahl, als mit Rotkäppchen durch die Büsche und die Baumkronen zu flüchten und blieben nicht eher stehn, bis sie sicher waren, weit genug von ihr wegzusein und absolut nichts mehr hörten, nicht einmal einen Luftzug. Zu ihrer Überraschung aber stand Rotkäppchen immer noch bei ihnen mit festen Blicken auf sie gerichtet. Auch als Gretel ihre Kanone hob und zielte, mit dem Finger auf dem Abzug, bewegte sie sich nicht einen Millimeter. „So sieht man sich also wieder, Rotkäppchen...“ „Ja... Schneller als erwartet. Und das unter solchen Umständen.“ Ein sehr leises, zynisches Lachen kam von ihr und Gretel biss sich auf die Zähne. Was erlaubte sie sich sich so aufzuführen, obwohl sie und Hänsel sie schon einmal besiegt und geschnappt hatten. Aber dass hier zu klären wäre nicht klug, da sie offensichtlich alle miteinander hier festsaßen und von scheinbar Untoten verfolgt wurden. Sie musste ihre Auftrag vergessen, zu ihrer und ihres Bruders Wohl. „Sag, was waren das für Gestalten? Ich sehe, dass du es weißt. Raus mit der Sprache!“ „Ich weiß auch nichts genaueres, tut mir Leid. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass diese Gestalten in einer anderen Liga spielen, einer, in der ihr zwei nicht mithalten könnt.“ „W-Was?“, stotterte Gretel, eine ungewohnte Reaktion von ihr und Rotkäppchen richtete schon ihr Gewehr auf sie, um sie so an einem unüberlegten Handeln, wie den Abzug ihrer Kanone zu benutzen, zu verhindern. „Ich geb euch einen guten Rat – Verschwindet lieber, bevor es aufhört Spaß zu machen. Diese Gestalten hier sind nicht ohne. Am Ende grillen sie euch!“ Und mit einer hastigen Bewegung verschwand Lisette genauso wieder, wie sie aufgetaucht war, mitten in die Finsternis, dabei flatterte ihr roter Mantel, das einzige, was man von ihr noch erkannte, ehe die Schwärze sie auffraß. Gretel ging ein paar Schritte, doch Rotkäppchen hinterher zu rennen war sinnlos. Sie würde weder klare Worte verlieren, geschweige denn ihnen helfen, selbst wenn sie ihnen mit dem Backofen drohten. „Eine sehr merkwürdige Nacht“, seufzte Hänsel, starrte dabei hinauf, doch statt Sterne sah auch er nur tiefe Dunkelheit. „Ja... Aber ich fühle, dass es noch merkwürdiger wird...“... „Die Lantern...“ Mehr wie ein leicht dümmliches „Hö“ brachte Will nicht heraus, als er hörte, wie Dorothea für ihn unverständliche Worte vor sich hin sagte. Er war zu sehr damit beschäftigt gewesen die Wunde, die Blaubart Prinz Lui verpasst hatte trotz seiner mangelnden Kenntnisse zu verarzten und hatte daher alles andere um sich herum vergessen. Aber auch Dorothea schien aus ihrer Sorge wegen nicht zu merken, dass Will sie gebannt anstarrte. „Was... sagtest du, Dorothea?“, fragte er nun deutlicher, dabei schreckte die Hexe aber auf. „Ach, das war nicht wichtig... Nur eine Vermutung.“ „Du hast Lantern gesagt. Oder irgendetwas anders in der Art.“ „Doch, Lantern war das richtige Wort.“ Dorothea wollte nicht reden, dass war offensichtlich, wenn es auch ein ungewöhnliches Phänomen war. Sie quasselte doch sonst so gern und viel. Eigentlich hätte Will es sein lassen sollen. Aber wenn er zu seinem Herrn sah, immer noch ohnmächtig und von Will´s leicht mitgenommenen Jackett bedeckt, war er bereit dazu über seinen Schatten zu springen und nachzuhacken und wenn er zu drastischen Mittel greifen musste – nun, dass vielleicht nicht unbedingt, aber er würde hartnäckig bleiben. „Dann sag doch, was es für eine Vermutung ist.“ „Ach, dass willst du nicht einmal hören.“ „Und ob ich das will. Es betrifft uns alle, oder?“ „Ich bin mir aber nicht sicher, ob es überhaupt so ist.“ „Das ist mir egal.“ Dorothea seufzte über Will´s plötzliches Selbstbewusstsein und Hartnäckigkeit und dachte noch einmal über ihre Theorie nach. Damian schnurrte auf ihrem Schoß und maunzte zufrieden, als sie ihm zusätzlich hinter den Ohren kraulte. „Nun, unter uns, die über die Magie verfügen gibt es viele Legenden und eine ist dem hier sehr ähnlich. Die Lantern sind eine davon.“ „Du meinst also wirklich diese zombieähnlichen Geschöpfe?“, fasste Will zusammen, dachte dabei an die verzerrten Gesicht von Albertina und dem Grafen und es fröstelte ihm bei dem Gedanken. „Sie sind alles andere als Zombies. Aber es sind die Toten, die durch einen Zauber aus ihren Gräbern geholt wurden. Dieser Zauber ist wie eine Art Schmiedkunst, bei der die Zauberformel auf einen Gegenstand übertragen wird und wurde nur unter starken Hexer-Familien gelehrt. Sie holten die Angehörigen ihrer Feind aus dem Reich der Toten um sie so zu vernichten und sich ihrer Herzen anzunehmen.“ „Ihre... Herzen...?“ „Ja und ich meine das wörtlich“, erklärte Dorothea genauer, wenn auch mit etwas Ekel in der Stimme. „Das ist ein Teil des Zaubers. Unsterblichkeit bekommt man nicht einfach geschenkt, man muss sie sich aneignen und durch die geraubten Herzen wurden die Zauberer stärker und überlebten Jahrhunderte.“ „Meinst du, dieselbe Person hat diesen Wald... Ich meine, so düster wie es hier ist und die Straßen nehmen kein Ende, er ist sicherlich verhext. Jemand hat uns eine Falle gestellt“, stellte Will beängstigt fest, aber Dorothea schenkte seinem Panikausbruch erst keine Beachtung, bis sie wieder anfing vor sich hinzumurmeln. „Aber ich dachte nicht noch einmal daran so etwas zu sehen. Die Hexer, die diese Kunst beherrschten wurden schon lange hingerichtet und für jemanden, der nicht aus solch einer Hexer-Familie stammte, ist es unmöglich diesen Zauber zu erlernen.“ „Vielleicht hat es doch jemand geschafft“, meinte Will und bekam sofort finstere Blicke zugeworfen. „Du stellst dir die Zauberei etwas zu einfach vor, wie? Zauberei ist angeboren und muss über viele Jahre trainiert werden. Tote zum Leben erwecken ist der komplizierteste Zauber überhaupt, geschweige denn der Zauber für einen Lantern. Selbst ich würde es nicht einmal in 100 Jahren schaffen, diesen Zauber zu vollbringen. Und so ein dahergelaufener Wichtigtuer auch nicht!“ „Ver... zeihung...“, quietschte Will und das auch nur mit Mühen. Dorothea war bei ihrem Ausbruch über seine Naivität sehr nah gekommen und, ob es an ihrem Aufzug lag oder ihrer Wut, ihm blieb die Luft weg. „Aber solange wir hier eingesperrt sind, müssen wir ihnen aus dem Weg gehen. Die Lantern sind sadistische Bestien, sie kennen unsere Schwächen und werden sie ausnutzen... Und uns zu einem von ihnen machen“, erklärte die Hexe und sie hörte Will laut schlucken. „Aber wer würde tote Menschen aus ihrem Grab holen?“ „Keine Ahnung. Aber sicherlich jemand, der es auf uns speziell abgesehen hat. Der Zauber bewirkt, dass nur Angehörige des Zieles aus ihrem Grab kommen, um sich so seine Gefühle zu nutzen zu machen.“ „Ob derjenige... Uns auch erst Lisette auf den Hals gehetzt hatte?“, überlegte Will kurz, dabei schwebte ein Bild seiner früheren Freundin an ihm vorbei. „Wäre möglich. Nun, da sie versagt hat, greift derjenige nun zu drastischeren Mitteln. Er hätte es ja auch fast geschafft... Oh, mein armer Prinz!“, klagte Dorothea, traute sich aber keineswegs ihn im Schlaf – oder eher Bewusstlosigkeit – herzufallen, zu seinem Glück. „Was... sollen wir jetzt eigentlich tun, Dorothea? Aus dem Wald kommen wir nicht raus und mit Prinz Lui´s Zustand auch überhaupt nicht vorwärts.“ „Dann bleiben wir eben genau hier.“ „Aber...“, sagte Will, aber die Worte blieben ihm aus, als er einen Wolf in der Ferne heulen hörte. „Das kann nicht dein ernst sein.“ „Hast du etwa Angst?“, spottete die Hexe und beugte sich zu ihm vor. Will sah dabei in ihren tiefen Ausschnitt und wäre am liebsten gestorben vor Scham. „Mach dir keinen Kopf. Wenn wir aufpassen, passiert schon nichts. Die Lantern werden nicht einfach so angreifen, immerhin sind sie sehr gerissen. Sie brauchen die Macht der Emotionen, vorher bringen ihnen unsere Herzen nichts.“ „Emotionen...?“ „Gefühle haben eine starke Kraft, Willhelm... Aber das verstehst du nicht.“ „Warum sollte ich es nicht verstehen? Dorothea?“, fragte er ein wenig gekrängt, doch die Hexe belächelte ihn nur. „Schau lieber, ob nicht etwas hinter deinem Rücken auf dich lauert“, sagte sie und er drehte sich schnell um, da er glaubte, etwas wäre hinter ihm und wollte ihn anspringen. Aber alles nur Einbildung. Warum ließ er sich nur von ihren Worten so verrückt machen? Mit solcher Einstellung würde er niemals ein nobler Ritter werden, wie er es... Etwas schien in der Finsternis zu schimmern, Will hatte es noch im Augenwinkel gesehen, verhielt sich aber ruhig, um Dorothea nicht selbst zu erschrecken. Er war sich selbst nicht einmal sicher, aber er irgendwie war er sich doch sicher. Da waren einige Gestalten... Und irgendetwas rotes... Lisette? Aber da war nichts mehr und nichts vermittelte den Eindruck, dass dort etwas gewesen wäre. Vielleicht hatte ihm die Lichter des Lagerfeuers und die Müdigkeit einen Streich gespielt. Und was war, wenn sie es doch war? Aber sie war seit dem Vorfall mit Prinzessin Kathrein verschwunden... Vielleicht hatte er sich das wirklich nur eingebildet. Aber Lisette sah, auch wenn es nur ein kurzer Augenblick war so real für eine Einbildung aus. Auch ihre Eltern, die neben ihr standen und zu ihm hinübergeblickt hatten. Aber ihre Eltern waren doch... tot. „WILLHELM!!!“, schrie Dorothea plötzlich und überrascht und riss Will aus seinen Gedanken. Als er sich umdrehte, sah er wie Dorothea auf dem Bauch lag und von irgendwas mitgeschleift wurde. „HALTE DURCH, DOROTHEA!!!“, rief er auf und sprang nach vorn um ihre Hand zu ergreifen, was allerdings fehlschlug und im Dreck landete. Will spuckte den Staub aus seinem Mund und blickte wieder in die Richtung, in die Dorothea gezogen wurde. Doch vor ihm sah er nur Stiefel im schimmernden Rot, die ihm schließlich zur Seite warfen, kurz bevor er das Gesicht sah, wenn er auch so eine Ahnung hatte. „Li... sette...“... Kapitel 4: vor Mitternacht -------------------------- Thema: vierte Stunde Nachdem wir also ein Plothole geschaffen haben blieb nur die Frage. Was ist überhaupt mit dem Motiv? Warum das? Und warum wollte Rumpelstilzchen eigentlich das Kind der Königin haben? (Ich persönlich glaube ja ernsthaft, er wollte es fressen, ich müsste mal das Original durchstöbern). Ich war ziemlich baff, als ich über Lisettes Kindheit im dritten Band erfuhr. Lui´s Streich war schon sehr makaber... Aber das? Ich wünschte, man wäre näher darauf eingegangen. Vielleicht macht Yuki das irgendwann, wenn sie wirklich eine Fortsetzung machen sollte (und für was hab ich denn diese FF =D) - vor Mitternacht „Ahr! Lass mich los! Loslassen, verdammt!“ Und mit einem einzigen kräftigen Tritt schaffte es Dorothea das Etwas, dass sie schon eine Weile durch den Wald zog von ihrem Fuß zu bekommen und in die Flucht zu schlagen. Erst blieb sie einen Augenblick schnaufend liegen, sprang aber schließlich auf und klopfte sich den Staub von ihren Klamotten. Verdammt, wie weit hatte dieses Ding sie durch die Gegend geschleift. Ob Willhelm etwas zugestoßen war, schließlich hatte sie Lisette noch aus einem Dickicht springen sehen. Erst die Lantern und dann auch noch sie und sie wollte sicherlich ebenso Prinz Ludwig an den Kragen. Sie musste zu ihm eilen und ihm helfen! Aber wohin? Sie hatte komplett die Orientierung verloren, man hatte sie bestimmt kreuz und quer durch den Wald gezogen und in dieser erschreckenden Dunkelheit sah jeder Weg genau gleich aus. Na großartig! „Damian! Damian!“, rief Dorothea erst normal, dann lauter. Ihr Kater hatte ein empfindliches Gehör und würde sicher in kürzester Zeit auftauchen. Doch die Minuten vergingen und von ihm fehlte jede Spur. Er hätte sich doch längst herteleportieren müssen, dieses fellbedeckte Mamakind. Aber wohlmöglich war ihrem kleinem Liebling dasselbe wiederfahren wie Willhelm und lag nun unter Lisette´s Stiefeln, wenn ihr diese Aggressivität gar nicht ähnlich sah. Dorothea hatte sie als weit geschickter eingestuft. Zwar mit jeder Menge Temperament, aber doch nicht so engstirnig und gewalttätig. Ob sie wohl zu einem Lantern gemacht wurde? Nein, eher nicht, sie waren auch nicht so und als Hexe hätte sie dies gespürt. Dennoch ging ihr der Gedanke, dass die Black Lantern etwas damit zutun hatten nicht aus dem Kopf. „Wer ist da?“ Irgendwas in ihrer Nähe hatte geraschelt und Dorothea unwillkürlich in Panik versetzt. Sie musste ruhig bleibe, wohlmöglich war es doch nur ein Tier. Genau, ein Tier, kein gottverdammter, verzauberter Untoter! Und Panik war besonders in dieser Situation völlig fehl am Platz, schließlich rochen die Lantern diese regelrecht. Dorothea wusste genug über sie und kannte fast alle Geschichten über die untoten Frauen, Kinder und Brüder, die von den Hexern erweckt wurden um so die Feinde ihrer Landsherren durch die Hände ihrer eigenen Angehörigen sterben zu lassen. Wieder ein Rascheln. Diesmal aber nicht nur aus einer Richtung, diesmal schien es von überall her zu kommen. Verdammt, waren ihnen nun doch schon so viele Menschen zum Opfer gefallen? Noch ein Rascheln, diesmal sehr nah und laut. Es war direkt hinter ihr! Dorothea sprang zur Seite, als sie glaubte zu sehen, wie es durch die Gräser huschte und murmelte einen Zauberspruch, der ihr gerade einfiel, zumindest in dem Moment unwissend ob er etwas bringen würde oder nicht. Zu ihrem Glück entfachte er zumindest eine Explosion und das, was immer versucht hatte sie zu erwischen fiel ins Gras. Zögerlich bewegte sich Dorothea auf die Funken zu, die wie gelbe und orangene Sterne in der Dunkelheit aussahen und nahm es vorsichtig in die Hand, wenn sie sich auch erst stach. Aber nicht an den Funken. Sondern an der nun verkohlten Dornenranke. „Aber... Das kann doch...“ Wieder ein Rascheln. Diesmal laut, aber waren die Geräusche gleichmäßigen und wurden zu deutlichen Schritten. „Ich ahnte es... Als ich die Lantern sah und wie sie auf den Prinzen fixiert waren, war dein Auftauchen auch nur eine Frage der Zeit.“ Hellblondes Haar, dass fast schon bläulich schimmerte wehte im kalten Wind, die blasse Haut und dass weisse Kleid gaben ihr das Aussehen eines Geistes und nur der schwarze Ring an ihrem Finger zerstörte ihre fast traumhafte Erscheinung. „Vielleicht ist es gut so, dass wir beide uns allein begegnen, wenn es auch nicht angenehm für mich ist. Zwar sehe ich, dass du unter dem Einfluss des „Black Lantern“-Zaubers stehst... Aber irgendwo in dir lebt noch der Hass auf mich, schließlich war ich es, die dich verflucht hat... Und so verhinderte, dass du mit dem Prinzen zusammen sein konntest.“ Immer noch kam kein einziger Laut über die Lippen der Untoten, der Wind kam auf und wehte ihr die Haare aus dem Gesicht. Nun sah Dorothea auch den verächtlichen und kalten Blick, der auf sie gerichtet war. Sie umklammerte ihre Hände und es sah aus, als wollte Dorothea beten. „Aber weißt du, wir beide haben eine Gemeinsamkeit... Wir beide haben uns immer selbst bemitleidet bis wir auf Prinz Ludwig trafen. Und uns wurde klar, wie schwach wir sind... Traurig und einsam. Ich habe auch immer nur meinen eigenen Schmerz gesehen und mich mit Selbstmitleid besudelt und deswegen verflucht. Dabei ging es dir in deinen kurzem Leben nicht anders... Und als ich sah, wie du in den Armen des Prinzen nach 100 Jahren dein Leben aushauchtest und dein Körper zerfiel, habe ich das erste Mal in meinem Leben über den Tellerrand geschaut... Und ich sah so viel Leid.“ Schnell zog Dorothea die Luft ein und verhinderte, das eine Träne über ihr Gesicht lief, wenn es auch einen Schmerz in ihrer Brust auslöste. „Aber bin ich es immer noch die, die ich selbst bemitleide. Dafür, dass der Prinz nur dich liebt und mich behandelt, wie ich es verdient habe. Ich bemitleide meine gesamte Existenz, wie du... Du wirst für immer und ewig für mich Gold beschaffen. Für immer und ewig, hörst du, Dorothea, selbst wenn diese Welt längst vergessen ist! Wir sind die traurigsten und bedauernswertesten Geschöpfe dieser Welt... Nicht wahr, Prinzessin Friederike?“ Letztendlich konnte auch Dorothea ihre Träne nicht mehr zurückhalten und tropfte von ihrem Kinn auf die blutbefleckte Dornenranke, die ihre Brust durchbohrte und mit einem kräftigen Ruck ihr das Herz entriss. Noch bevor ihr Körper zu Boden fiel, wurden Fleisch und Knochen zu Staub und verteilten sich im Wind... „Ein komisches Weibsbild...“ Auf der Suche nach dem schaurigen Abbild Friederikes hatte Rumpelstilzchen unter den verbrannten Dornenranken schließlich die letzten Überreste Dorotheas gefunden. Doch wäre Julius bei ihm gewesen, er hätte ihn nicht erkannt. Er war doppelt so groß wie bei ihrem Treffen, die Augen stachen nicht mehr so weit hervor und die Haare hatten einen etwas gesünderen Braunton angenommen. Das mit Selbstmitleid erfüllte Herz der Hexe hatte ihm den Schub gegeben, den er gebraucht hatte, um zumindest von der Größe als Halbstarker durchgehen zu können. Er beugte den Kopf nachdenklich von links nach rechts und sah auf die Knochen. Merkwürdig, dass sie zusammengefallen waren, er hatte sich schon auf das Bild ihrer blutüberströmten Leiche gefreut, so wie Blanche und Maleen es mit ihren Opfern, denen sie auf den Weg hierher begegnet waren gemacht hatten. Auch sie trugen schon die Ringe um ihren Fingern, doch fehlte ihm die Macht, alle wiederzuerwecken. Sie hatten keinen wirklich Bezug zu Ludwig oder Lisette, ihnen fehlte der „Instinkt“ zurückzukehren um das Herz dieser endlich an sich reißen zu können, egal ob aus Sehnsucht oder auch Rache. Nicht umsonst hatte er sich mit Julius getroffen, woher sollte er sonst die Schwächen des Prinzen kennen und holte jeden seiner verstorbenen Geliebten und Freude aus den Gräbern. Zu mehr reichten seine Ringe auch nicht, aber wenn er seine ganze Macht zurück hatte, konnte er diese Fehler beheben und jeden, der Opfer der Black Lantern wurde zu seinen Untergebenen machen. Auch die zu Staub zerfallene Dorothea war kein Problem, er konnte leicht ihre Sehnsucht nach dem Prinzen nutzen, ihren „Instinkt“ wecken und sie zurückholen. Rumpelstilzchen öffnete seine Faust, in der einer seine schwarzen Ringe schwebte und sich auch sofort zu dem Häufchen Staub bewegte. „Also dann, wird zweit diesem Stück Dreck wieder Form zu geben. Schließlich sehnst du dich nach unerfüllter Liebe. Hexe Dorothea, erwache!“ Und kaum das die Worte ausgesprochen wurden, sammelte sich der ganze Staub, der sich im Gras verteilt hatte an einen Ort und die Knochen setzten sich wie aus Geisterhand wieder zusammen. Sie stellten sich auf und aus dem Staub setzen sich Sehnen, Muskeln und schließlich wieder die Haut zusammen. Und als schließlich auch das azurblaue Haar ihren Kopf zierte und ein schwarzes Lederkleid ihre Kurven bedeckten, war ihre Erscheinung vollkommen. „Hervorragend... Einfach hervorragend. Nun habe ich eine der engsten Vertrauten des Prinzen an meiner Seite. Mein Ziel rückt immer näher und die Rache wird mein Sein, so wie auch meine Kräfte... Hoffentlich bescheren mir die anderen beiden auch solch nette Präsente...“ Bevor Lisette´s Blicke von Will abschweiften und sich auf den noch ohnmächtigen Prinzen fixierten, prüfte sie noch einmal, ob ihr alter Freund den Schlag noch irgendwie weggesteckt hatte. Sicher, er war bewusstlos, aber schien keine weiteren Verletzungen zu haben und dieser Erkenntnis reichte ihr schon. Sie lud ihr Gewehr und schritt auf Prinz Lui zu und ihr Herz schlug so stark, dass sie dachte es würde jeden Moment aus ihr herausspringen. Will war außer Gefecht, ebenso diese fliegende Bestie und von der Hexe fehlte jede Spur. Und der Prinz war wehrlos. Noch nie war sie ihrem Ziel so nah gewesen. „Das ist dafür, dass du mein Leben versaut und mir Will weggenommen hast, du Bastard“, zischte sie und ihr Zeigefinger umklammerte zitternd den Abzug ihres Gewehres. Ja, sie würde ihm die Kugeln direkt zwischen die Augen jagen und dann hieß es endlich aus die Maus! Doch all ihre Gelenke erstarrten plötzlich, als sie das Kichern vernahm und auch den Abzug konnte sie nicht mehr umklammern, als die blauen Augen des Prinzen in ihre schauten. „Immer nur Will, Will, Will... Mal ehrlich, bist du diesen Kleinkrieg nicht langsam auch Leid, Lisette?“ „D... DU!“ Eigentlich hatte sie vor ihn alle möglichen Flüche an den Kopf zu werfen, die ihr einfielen, doch sie war so schockiert und empört, dass sie erst nichts sagen konnte und den Prinzen mit dem Lauf ihres Gewehres wieder auf den Rücken drückte, als dieser versuchte auszustehen. Doch er lachte immer noch und schließlich fand sie doch ihre Worte wieder. „DU MIESER HUND!!! BASTARD!!! Selbst im Angesicht des Todes besitzt du noch die Frechheit über die zu spotten, die unter die stehen! Oder vielleicht hast du ja auch aus Angst, dass ich dich doch endlich zu fassen bekommen habe den Verstand verloren! Diesmal entkommst du mir nicht. Diesmal werde ich dich von dieser Welt fegen!“ Augenblicklich schien Lisette wieder die Kontrolle über ihren Körper erlangt zu haben und es fehlte nur noch einen Millimeter, dann würde ihr Gewehr mit einem lauten Knall die Kugeln abfeuern, die den Körper des Prinzen von innen zerfetzen würden. Aber dennoch lachte er noch immer über sie, obwohl der Grad zwischen Überleben und sterben für ihn doch sehr schmal war. „Was grinste du immer noch so frech? Kapierst du nicht, dass du bald Geschichte sein wirst“, fauchte Lisette, mit noch etwas Selbstbeherrschung in der Stimme und der Griff um dem Abzug wurde schwächer. „Ich freue mich nur für deinen Erflog. Wirklich. Ich hoffe, du und Will werdet glücklich, auch wenn ich es nicht glaube, bei deinem Ruf... Erklär mir, wie bist du noch einmal auf den netten Namen „Rotkäppchen“ gekommen? Hast du nicht immer nur eine graue Kappe getragen, als wir klein waren? Sag, wer hat dir diesen Namen gegeben? Sicher nicht die Menschen von heute... Oder doch von deinen Kunden von damals? Haben sie dich immer so gerufen?“ Und als hätte man einen speziellen Knopf dafür gedrückt, fiel Lisettes Gewehr auf den Boden, wenn sie selbst in ihrer Position verharrte, als sei sie aus Stein. Gleichzeitig vernahm Lui ein Stöhnen, dass von Will ausging als dieser langsam wieder zu Bewusstsein kam und aufrichtete. Sein Blick fiel zuerst auf Lisette, deren gekrümmte Finger über ihr farbloses Gesicht fuhren und rote Kratzer hinterließen. Ihr ganzer Körper zitterte, die Augen waren weit aufgerissen. „Lisette! Lisette!“ „NEIN!!! NEIN, NEIN!!!“, schrie sie plötzlich und rannte davon, als Will wieder auf den Beinen war und die Hand nach ihr ausstreckte und er sah nur ihren roten Mantel flattern, der in der Ferne immer kleiner wurde. Auch Prinz Lui war aufgestanden, als Lisette die Flucht ergriff, verlor aber den Halt, was Will bemerkte und ihn auffing. „Prinz Lui. Gott sei Dank, Ihr seit wohlauf.“ „Natürlich, ich bin ja auch kein Schwächling, so wie du“, sagte der Prinz und schubste Will mit einem Hieb mit dem Ellenbogen von sich. Doch sein treuer Diener strahlte immer noch vor Erleichterung. „Prinz, was ist passiert? Ich erinnere mich nur noch, dass Lisette plötzlich aufgetaucht war. Warum ist sie plötzlich weggerannt?“ „Ich... weiß es nicht“, log Lui und Will glaubte es ihm natürlich, obwohl er sich nicht einmal Mühe mit seiner Lüge gegeben hatte. Doch aus irgendeinem Grund brachte er es nicht übers Herz, Will die Wahrheit über Lisette zu verraten. Will hegte noch Gefühle für sie, er wollte sein Bild nicht zerstören, indem er ihm von ihren Geschäften im schmutzigen Milieu erzählte. Lui hatte schon immer von der Arbeit gewusst, zu der ihre Eltern sie zwangen und wie sie ihr eigenes Kind wildfremden Männern verkauften, er hatte sie selbst einmal dabei beobachtet. Und während sie das Geld zählten, verschwanden diese Männer mit dem kleinen Mädchen mit dem roten Umhang aus billigen Stoff hinter der Gasse, aus denen man anfangs noch ihre Schreie hören konnte. Lui wusste davon, er kannte all die schmutzigen Geschäfte, die Lisette´s Eltern mit ihr trieben. Und zu so einem Kreis sollte er Will zurücklassen? Das liebste Spielzeug was er hatte, da sein Vater nie Zeit hatte und seine Mutter einfach abgehauen war. Wer einmal in diesem Teufelskreis aus Macht, Geld und Prostitution gefangen war, kam nie wieder heraus und zogen nur alle anderen, die in ihre Nähe kamen mit in den Sog. Will wäre in seiner Gutmütigkeit leichte Beute, er konnte ihn Lisette nicht überlassen, wo sie doch selbst nicht einmal die Kraft dazu besaß aus dem Dreck der Gesellschaft zu steigen. Insgeheim sollte dieses Teufelsweib froh sein, der Streich hatte genug Zorn und den Mut geweckt sich gegen ihre geldgierigen Eltern aufzulehnen, wenn das Ende von diesem Märchen in seinem Kopf auch eigentlich hätte etwas anders ausgehen sollen. „Was sollen wir machen, Lisette konnte jederzeit von den Lantern angegriffen werden, nun da sie unbewaffnet ist.“ „Dann renn ihr doch nach, Romeo!“ „Aber ich kann dich doch nicht in diesem Zustand alleine lassen. Du bist verletzt und weiß Gott wann die Lantern wiederkommen.“ „Sei deswegen unbesorgt“, unterbrach Dorothea ihn und ihre Hand erschien auf den Schultern des Prinzen. Lui betrachtete die plötzlich erschienene Hexe missmutig, während Will den Mund weit offen stand. „D-DOROTHEA!!! A-A-Aber ich habe doch gesehen wie... Bist du in Ordnung?“ „Mir ist nichts zugestoßen, mach dir keine Sorgen“, beruhigte sie ihn und sie gab ein tiefes Lachen von sich, dann hob sie allerdings den Arm. „Los, geh Lisette nach. Irgendetwas stimmt nicht mit ihr und so ist sie leichte Beute für die Black Lantern. Ich passe auf Lui auf!“ „AHR, STIMMT!!! Ich muss ihr nach!“, rief Will auf und nahm schließlich die Beine in die Hand. Lui sah ihm nach und schüttelte den Kopf, er konnte sich nicht erinnern, wann er Will hat so schnell rennen sehen, außer einmal, als er mal heimlich aus dem Schloss ausgebüxst war. und dabei dieses merkwürdige Geschwisterpärchen traf... „Dieser Idiot weiß auch nie, was er will... Immer bin ich es, der Babysitter für ihn spielen muss, obwohl das sein Job ist.“ „Will ist eben ein unverbesserlicher Kerl, der mit Leib und Seele bei der Sache ist“, antwortete Dorothea und tat etwas unerwartetes. Jedes mal wenn sie versucht hatte sich auf Lui zu stürzen, ging das nie ohne Geschrei und ihre Versuche waren vorhersehbar und überstürmt. Doch diesmal berührten ihre Finger vorsichtig und sachte seine Brust und ihr Kopf lehnte sich gegen seinen Rücken. „Aber macht Euch keine Sorgen, mein Prinz... Ich bin bei Euch, auch wenn ihr mich verabscheut. Ich bin eine liederliche Hexe, die euch zudem das nahm, was ihr am meisten begehrt habt... Wie sehr es euch schmerzen muss, immer wieder das Gesicht derer zu sehen, die Euer geliebtes Dornröschen in den ewigen Schlaf schickte... Wo groß Euer Hass auf mich doch sein muss, hingegen ich Euch so bedingungslos liebe... Ekelt Euch das an? Sagt mir, wie sehr Ihr mich hasst.“ „Es stimmt...“, antwortete Lui schließlich kaum hörbar und ihre Nägel krallten sich in sein Hemd. Schweigend sah er auf den Boden, sah ihn aber nicht wirklich, da Bilder, die in sein Gedächtnis gebrannt waren an seinem Augen vorbei zogen. Bilder wie der junge Körper in seinen Händen zerfiel und einen Moment des Ekels in ihm auslöste, ehe es zu Trauer wurde. Friederike... Idike... „Ich verabscheue dich, aus mehreren Gründen. Du bist ein nervtötendes und perverses Ding, das an meinen Fersen klebt. Ein nervtötendes Weib, dass mir zusätzlich die einzige Person genommen hat, für die ich jemals Liebe empfunden habe. Doch mir wird nie langweilig und irgendwie ist es doch lustig. .Meine Abscheu ist nicht so groß, dass ich dich nicht gern bei mir hätte. Und auch nicht groß genug, um einem Lantern wie dir zu helfen“... Sie hat versagt... Er hat sie in die Flucht geschlagen... Zu schade... Und es hätte uns so viel erspart... Doch er nährt ihren Hass, also ist sie noch vom nutzen... Sie ist bereit... Also sollten wir sie schnell ernten... Kapitel 5: nach Mitternacht --------------------------- Fünfte Stunde: Fuck, doch zu lang. Ich hatte mir für Noctis eigentlich vorgenommen Kapitel zu schreiben, die unter 5000 Wörter haben, aber anscheinend gelang mir das hier nicht so ganz... Aber irgendwie fehlen mir dieser Monster-Kapitel mit 7000 Wörtern. Ich müsste mal wieder MSTen. Die Szene mit Dorothea hat vielleicht etwas für Verwunderung gesorgt, aber jemand musste sterben, einfach zur Abwechslung und zum Unterstreichen des Genres, ohne dass es Einfluss auf den Manga nimmt. Immerhin spielt die FF mitten in der Story und Dorothea war die Einzige, die ich nehmen konnte. Die ist ja praktisch auch „untot“. Der Teil von Hänsel und Gretel ist wahrscheinlich aus meinem Weblog bekannt. Allerdings habe ich es umgeändert, da die Story ja endlich Struktur hat. Also wehe ihr überspringt. - nach Mitternacht Bitte, bitte, lasst mich gehen! Der Prinz ist in Gefahr! Was interessiert mich dieser Prinz. Du gehörst mir, nicht ihm. Bitte, ich flehe Euch an. Wenn ich nichts tue, werden die Black Lantern ihn bekommen. Was bindet dich an diesen Prinzen, Dorothea? Liebst du ihn? Ja... Aber auch wenn ich es ihm nie sagen kann... Auch, wenn er meine Gefühle nie erwidern wird, so will ich ihm wenigstens dienen und beschützen. Nun, gut, wollen wir mal nicht so sein... Ich lasse dich gehen und gebe dir deine vollen Kräfte. Doch dafür will ich Gold. VIEL Gold! Und solltest du noch einmal hier landen, werde ich „deine Leine enger ziehen“. Hast du verstanden? Ja... König Darius... Mit großen Schritten legte Lisette eine beeindruckende Strecke in kürzester Zeit zurück. Ihre Lungen brannten, doch dachte sie nicht einmal daran stehen zu bleiben. Ihre Flucht endete schließlich damit, dass die über ein matschiges Stück Erde ausrutschte, mit der Nase voraus hinfiel und erst einmal liegen blieb. Vor was rannte sie eigentlich davon? Vor Prinz Ludwig? Nicht wirklich. Eher vor der Wahrheit. Aber davor konnte sie nun einmal nicht fliehen. Dieser bescheuerte Prinz hatte ja Recht, aber musste er sie daran erinnern? Gerade er, innerhalb von Sekunden, obwohl sie Jahre gebraucht hatte und es so ungeheuerschwer gewesen war diese Erinnerungen zu vergessen? Von ihrem Synonymen war sie bis heute nicht losgekommen. Im Grunde hatte der Name ihr anfangs gefallen, sie wollte schon immer so einen Namen haben, schließlich war eine rote Kappe aus Velor ihr größter Kindheitswunsch. Doch so schön wie er war, die Verbindung damit war das genaue Gegenteil. Schließlich war das Märchen vom von dem kleinen Mädchen mit der billigen roten Kappe, dass in den dunklen Pfaden verschwand was ihre Mutter eigentlich verboten hatte und sich von den „bösen Wölfe“ sprichwörtlich fressen ließ im Milieu weit verbreitet. „Scheiße!“, fluchte sie und hämmerte mit ihrer Faust auf den Boden, wenn ihr auch eher zum Heulen zu Mute war. Sie krümmte sich, ihre Arme zitterten, ihr war schlecht. Alles nur wegen diesem Dreckskerl von Prinzen. Ist es nicht anmaßend, immer nur alles auf den Prinzen zu schieben?“ Und als hätte sie ihre Gedanken blickte ihre Mutter auf sie herab, angeekelt und heimlich doch erfreut von dem, was Lisette dachte und für den Prinz empfand – und für sich selbst. „Mutter.. I-Ich wollte ihn töten, ehrlich, doch es ging nicht. Er hat mich wieder ausgetrickst. Bitte lass es mich noch einmal versuchen, diesmal werde ich ihn erwischen!“ „Nein!“, sagte sie und obwohl es nicht sehr laut war, schien ihre Stimme zu beben. „All die Jahre hattest du die Möglichkeit… Und immer wieder hast du es vermasselt. Schon wie damals. Du hättest uns reich machen können.“ „IHR HABT MICH VERKAUFT!!!“, schrie Lisette. Sie war eine temperamentvolle Frau und wusste das, doch dass sie ihrer Mutter so plötzlich wiedersprach wunderte sie. Die ganze Zeit, seit ihre Eltern sie vor dem Angriff des Grafen gerettet hatten, war sie ihnen blind gefolgt. Gemeinsam hatten sie sich überlegt, wie sie den Prinzen endlich beseitigen konnten, obwohl Lisette sie doch angeblich nicht ausstehen konnte. Warum sie es dann tat? Aus Reue und die Hoffnung auf Vergebung? Viertes Gebot, du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, daran hatte sie sich aber nicht gehalten. Und auch nach alledem, was sie ihr angetan hatten wollte sie, dass sie ihr verziehen. Aber nun? „Ja, das haben wir. Aber zu unser aller Wohl. Wäre dir der Hungertod lieber gewesen? Wir haben all unsere Hoffnungen auf dich gesetzt, Lisette… Aber wie auch in diesem Fall hast du uns enttäuscht.“ „Nein, sag das nicht… Mutter…“, klagte Lisette, beinah weinerlich. Doch hörte sie den Kies knistern und sprang zur Seite, ehe der schwarze Dolch, den der Black Lantern in Gestalt ihres Vaters in der Hand hielt ihr in den Rücken rammen und ihr Herz herausschneiden konnte. Nun standen beide vor ihr, Vater und Mutter und blickten voller Abscheu auf sie herab. „Vater…“ „Hör auf dich weiter dagegen zu wehren, Lisette. Ale deine Bemühungen waren umsonst. Du hast nichts zustande gebracht. Wenigstens dein Herz kannst du uns geben. Wenigstens das kannst – Nein – MUSST du für uns tun!“ Lisette´s Vater trat einen Schritt näher an seine Tochter immer noch mit dem Dolch in der Hand. Doch diesmal wich sie nicht aus, sie blieb weiter auf dem Boden knien und fühlte sich wie ein Tier auf der Schlachtbank. Aber es machte ihr nicht aus. Sie konnte die beiden nicht hassen, kein bisschen, nicht einmal Ludwig konnte sie hassen. Nur sich selbst. Und sie hatte es nicht anders verdient. „LISETTE!!! STOP, NICHT!!!“, hallte Will´s Stimme in ihrem Kopf und sie hielt es erst für eine Einbildung, bis der junge Mann bei seiner wagehalsigen Aktion ihren Vater regelrecht überrannte. Will fiel hast auf die Nase dabei, die beiden Lantern sprangen von ihm weg um mehr Sicherheitsabstand zu gewinnen. „WILL?! WAS TUST DU HIER?!! Verschwinde von hier!“, schrie Lisette, doch Will betrachtete sie erst, als er einen langen Stock aufgehoben hatte und ihn wie ein richtiges Schwert in der Hand hielt. „Ich habe versprochen, dass ich ein Ritter werde und bei dir bleibe und dich von jedem Leid fernhalte! Diese Gestalten sind nicht deine Eltern, nur Schatten die ihr Aussehen angenommen haben, um dich leiden zu lassen. Und das lasse ich nicht zu.“ Will… Dieser Trottel, der nicht einmal „Nein“ sagen konnte… Dessen Herrn und Freund sie umbringen wollte… Gerade er wollte sie beschützen? Nach alldem, was passiert war? Lisette verstand es nicht, so sehr sie es versuchte. „Du willst mir helfen? Dir schlottern doch jetzt schon die Knie und eine richtige Waffe hast du auch nicht!“ „I-Ich gebe trotzdem nicht auf“, sagte er, versuchte dabei selbstsicher zu wirken. Allerdings zerstörte seine wacklige Haltung und das aschfahle Gesicht dieses Erscheinungsbild und ließen ihm mehr als jämmerlich erscheinen, sogar die beiden Lantern schienen sich über ihn lustig zu machen. „Verschwinde, du bist mir nur im Weg.“ „N-Niemals! Ich werde diese… Wesen von dir fernhalten.“ „Sollen wir uns auch um ihn kümmern? Sein Herz schreit förmlich vor Angst.“ „Wenn dem so ist… Wieso nicht?“, lachte die beiden Lantern, den Blick abwechselnd zu Will und Lisette bis einer von ihnen verschwand. Lisette schreckte zurück und suchte überall nach ihrer Mutter, während das Grinsen ihres Vaters immer breiter und Will immer nervöser wurde. Lisette entdeckte ihrer Mutter schließlich – direkt vor ihr und mit einem Gewehr in der Hand. Sie blickte direkt in den Lauf. „Pass auf, Lisette!“, rief Will und sprang vor sie und hielt seinen Stock als Schutz entgegen, als ob es irgendetwas bringen würde. Aber Will war ja nicht dumm. Naiv ja, aber nicht dumm. Lisette´s Mutter wollte ihn schon auslachen, da holte er allerdings aus und schlug ihr den Stock in die Seite. Das Gewehr fiel aus der Hand und wurde wieder zum Ring um ihren Finger. Zumindest diesen Angriff hatte er abwehren können, wenn er nun auch mit einem langen Gesicht auf seinen Sock starrte, der in der Mitte in zwei gebrochen war und nun wirklich nur noch als Brennholz verwenden konnte. „WILL!! VORSICHT!!“, rief Lisette ihm zu, doch er verstand den Ruf nicht und konnte nicht mehr ausweichen, als der Lantern wieder vor ihm stand. Lisette´s Mutter packte ihm am Hals und hob ihn hoch, um somit auch wieder in ihr und ihres Gatten alte Fangsystem zurückzukehren – während der eine die Opfer provozierte, sollte der andere auf den richtigen Moment dauern. Und wohlmöglich würde das auch nicht mehr lange dauern. Lisette kochte wieder vor Wut und Hass und Will schlotterte vor Angst, wenn er auch versuchte es zu unterdrücken. „Lass ihn gehen, er hat nichts damit zu tun! Du wolltest doch mich!“, rief Lisette zwar, doch es führte nur dazu, dass der Würgegriff um Will´s Hals enger wurde. „L… sette… De… Ri.. Ring… zer… zerstö…“, stöhnte Will so laut es ging, bis seine Stimme schließlich versagte. Doch sie verstand dennoch, was er sagen wollte. Sie sollte diesen dubiosen Ring, der zuvor noch ein Gewehr war zerstören. Ihr eigenes Gewehr lag nicht weit von ihr entfernt auf den Boden, doch ihr Vater versperrte den Weg. „Na, na, wohin des Weges, mein Kind?“ „Geht dich nichts an!“, antwortete sie barsch und warf ihm ihren Umhang samt sich selbst entgegen. Noch mit dem roten Stoff im Gesicht, dass sich um seinen Kopf gewickelt und verheddert hatte blieb er auf den Boden liegen, zappelte wie ein Käfer, der nicht mehr auf die Beine kam, während Lisette zu ihrem Gewehr griff. Will sah, wie sie zielte und fuhr mit seinen Fingernägeln tief in das Fleisch seiner Angreiferin, die ihn augenblicklich losließ und sehen musste, wie die abgefeuerten Kugeln dass schwarze Schmuckstück um ihren Finger zersprang. Ihr Gesicht verzog sich noch einmal voller Entsetzen, bis ihr Körper zu Asche wurde und vom Wind fast vollständig davongetragen wurde. Lisette´s Vater, der endlich den Umhang losgeworden war und dieses Szenario nur noch mit großen Augen verfolgen konnte fluchte ein letztes Mal vor sich hin, ehe er schnell in den dichten Wäldern verschwand, beinah schon panisch. Lisette trat ein paar Schritte näher heran und sah auf die Überbleibsel des schwarzen Ringes, der ihre Mutter beherrscht hatte. Oder hatte er sogar unbewusst sie beherrscht? Lisette schrak auf und schrie beinah, als sich Will an sie lehnte, vollkommen geschwächt von seinem Kampf. Sein Gesicht und sein Hemd waren voller Dreck. „Ist dir nichts geschehen, Lisette?“ „DU VOLLIDIOT!!! DU SPINNST DOCH TOTAL!!! Du ungeschickter Tölpel hättest uns noch beide ins Grab geschickt! Lern lieber erst, wie man eine Waffe hält, bevor du versucht andere zu retten“, schrie sie Will an und schlug mit den Fäusten – wenn auch sachte – immer wieder auf ihn ein. Er winselte leise wie ein kleiner Hund und kniff die Augen zusammen. Als er aber die Augen wieder öffnete, da keine Schläge mehr kamen sah er nur noch, wie Lisette sich an ihn klammerte, ihre Lippen waren nur noch ein schmaler Strich. War sie den Tränen nahe? „Danke Will… Wärst du nicht gekommen, dann…“ „Das war doch selbstverständlich. Ich habe es doch versprochen.“ Richtig, Will hatte immer, als sie klein waren geschworen, dass er ein Ritter werden und sie beschützen würde. Lisette hatte nie wirklich daran geglaubt, sie hielt ihn für zu feige und gutmütig. Aber zumindest für diesen Moment hatte Will ihr das Gegenteil bewiesen. „Komm her, du Idiot. Du kannst ja kaum richtig stehen“, fauchte sie wieder in ihrer gewohnten Art und stütze Will ein wenig, als dieser versucht hatte einen Schritte alleine zu gehen. „Dich kann man nicht alleine lassen. Wo hast du überhaupt den bescheuerten Prinzen gelassen?“ „Prinz Lui… Er ist zurückgeblieben mit Dorothea. Ich weiß nicht, wo sie sind. Aber ich hoffe, es geht ihnen gut.“… „Gut“ war für eine Situation wie diese eher relativ. Natürlich kam es immer auf den Betrachter an und auch wenn die Hauptsache war, dass er am Leben war – oder zumindest noch – hätte die Lage um einiges besser sein können. Prinz Lui hatte zwar schon unangenehmerer Dinge gesehen und erlebt, wie Männer, die ihm an die Wäsche wollten und ein ganzes Silbertablett mit Schweinefleisch süßsauer mit Ananas, aber das Erlebnis, nun knietief im Wasser zu stehen und von seiner selbsternannten Sklavin bedroht zu werden könnte es gut mit den anderen beiden Dingen aufnehmen. Oder vielleicht übertraf dieses Erlebnis die beiden nun doch, da sich hinter ihm ein Wasserfall befand und jeder weitere Schritt fatal wäre. Sein eigentlicher Plan war es ja dem Strom zu folgen, an einer geeigneten Stelle abzutauchen und sich dann so weit wie es ging einfach treiben zu lassen, um so dieser untoten Nervensäge zu entkommen. Doch nachdem er einige Zeit gelaufen war und es nur noch abwärts ging, saß er fest, versuchte der Kraft des Wassers stand zu halten und nebenbei noch einen Fluchtplan aus dem Ärmel zu ziehen. „Es ist vorbei, Prinz. Nun kannst du meiner Liebe nicht mehr entkommen“, lachte Dorothea höchstamüsiert. Sie schwebte über der Wasseroberfläche, kaum fünf Meter von ihm entfernt und streckte die Hand nach ihm aus. Dieselbe Hand, an dem sie auch den schwarzen Ring trug. „Schade schon, es war gerade so lustig. Ihr hättet es schon von Anfang an einfach hinnehmen sollen, dass wäre für uns alle leichter gewesen. Auch als ihr erfahren habt, dass meine Bindung zu euch bereits meinen Tod eingebüßt hat. Aber ihr habt euch nicht beirren lassen… Ihr scheint mich doch zu schätzen, sonst hättet ihr es nie gemerkt, mein Prinz.“ „Rede nicht so viel dummes Zeug daher“, maulte der Prinz und wünschte sich etwas schweres, dass er ihr an den Kopf werfen könnte, dann hätte er zumindest seine Ruhe, die er zum Nachdenken brauchte. „Auch wenn ich ein oberflächlicher Kerl bin, bin ich nicht blind. Nur weil dein ganzes Outfit schwarz ist, bedeutet das nicht automatisch, dass man den Ring an deinem Finger nicht sieht. Es ist einer der Ringe, die beim Schmieden mit dem „Black Lantern“-Zauber belegt wurden. Die Unterhaltung zwischen Dorothea und Will war sehr lehrreich und nur ein Lantern kann so widerlich aufdringlich sein und so viel Schwachsinn reden, nur damit ich einen Gefühlsausbruch bekommen soll. Zudem kann ich echte Brüste von denen einer billigen, untoten Kopie unterscheiden.“ „Hach, mein Prinz, ihr reduziert mich nur auf mein Aussehen, so wie alle andere Frauen auch. Kein Wunder, dass ihr immer noch als Junggeselle durch das Land zieht.“ „Ich habe nun einmal hohe Ansprüche.“ Das Lächeln, dass ihr daraufhin über das Gesicht huschte wirkte so steif und künstlich wie das einer Maske. Sie trat einen Schritt vor und Lui lief bereits die erste Schweißperle über die Stirn. Ahr, Dorothea, warum hatte sie nicht richtig aufgepasst, dann wäre sie nie so geendet. „Hier ist es nun zu Ende. Aber… Wenn sie mir einen Kuss geben und gestehen, wie sehr Sie mich lieben, überlege ich es mir vielleicht.“ „Sicher nicht!“ „Hm, Schade…“, seufzte sie geknickt. „Aber wenn dies Ihr Wunsch ist. Ich mache es auch kurz und schmerzlos. Schließlich gibt es heut Nacht noch viel zu tun und viele Herzen zu sammeln. Will´s mitleidiges Herz schreit förmlich danach. So ein herzensguter Kerl, er wird sein Herz bestimmt freiwillig hergeben.“ „Das wagst du nicht…“, knurrte er, sofort aber biss er sich auf die Lippen und ballte die Hände zu Fäusten. Er wusste zwar auf was dies hinausging, dass sie nur versuchte ihn zu reizen, aber Lui konnte sich nicht zurückhalten. Er war einfach wütend. Wütend auf diesen Dreckskerl, die irgendwo hier war und dabei zusah, wie er von seinen Nächsten verfolgt wurde, weil er selbst zu feige war. Lui wünschte ihn die Pest an den Hals, dafür, was er Will und Dorothea antat. Dorothea´s Aufschrei riss ihn wieder in die Realität. Er hatte nicht gemerkt, wie nah sie ihm gekommen war, wäre dieses Explosion nicht gewesen, wäre er… Er wollte gar nicht daran denken. Das Wasser spritzte und die Wellen hätten ihn fast von den Beinen gerissen, wohlmöglich noch beinahe in eine der Strömungen, dann wär es erst Recht vorbei gewesen. „Pardon, aber niemand vergreift sich an unserem Ziel. Das ist unser Job, also halte dich da raus, okay?“, lachte die Stimme eines jungen Mädchens und Lui sah sie auf einem großen Fels stehen. Aus ihrer Kanone stieg noch der Rauch, also hatte sie ihn vor einem grausamen Schicksal bewahrt, wenn ihre Absichten auch nicht gerade nobel zu sein schienen. „Wer seid ihr?“ „Das ist nicht von Bedeutung, du sollst nur eins wissen, Hexe. Wir wurden damit beauftragt den Prinzen zu töten und niemand vermasselt uns die Tour, egal ob lebendig, tot oder was immer du und deine Artgenossen sein sollt.“ „Das hatte grade noch gefehlt“, seufzte Lui. Lisette und die Lantern hatten schon gereicht, noch mehr von der Sorte konnte er nun wirklich nicht gebrauchen. „Verzeihung, aber das kann ich euch nicht durchgehen lassen. Ihr müsst wissen, sein Herz schreit praktisch nach mir, hi, hi.“ „Dann... holen wir ihn uns einfach“, antwortete nun die tiefere Stimme ihres Begleiters, den Lui aufgrund des dunklen Mantels erst gar nicht gesehen hatte. Umso deutlicher sah er aber seine Waffe, eine große Axt mit ebenso großer Klinge aufblitzen und Lui fragte sich, ob es nun noch schlimmer werden konnte? „Verschwinde Hexe, oder du wirst mit ihm gegrillt.“ „Von wegen, ich war zuerst hier!“ Während sie sich tatsächlich darum stritten, wer ihn nun töten durfte, hatte Lui wieder einen Moment zum Denken gefunden und versuchte eine Entscheidung zu treffen. Sollte er sich zum Zombie machen oder zu Häppchen verarbeiten lassen? Oder sollte er springen? Er musste gestehen, die Vorstellung als Wasserleiche zu enden, war ihm um einiges sympathischer als die anderen beiden Optionen. „Langsam wird´s kindisch. Los, schnappen wir ihn uns, Hänsel!“, rief das junge Mädchen, ihr Begleiter sprang und ließ dabei seine Axt in der Luft herumwirbeln. Als diese auf ihn herabfiel, sprang Lui zur Seite – direkt in die starke Strömung und er hörte nur noch, wie sie alles aufschreien, als er von dem Wasser mitgezogen und in die Tiefe gerissen wurde. Und vielleicht hatte Gott mit ihm Erbarmen gehabt, dass er dies heil überstand. Er verfehlte die Steine, die unten auf ihn gewartet hatten nur knapp, die Strömung riss ihn hinunter, aber schnell fort. Und gerade im letzten Moment trieb sie ihn wieder an die Oberfläche um ihm nach Luft schnappen zu lassen und Lui war wieder an einem anderen Ort. Das Wasser war ruhig und der Wald war dicht. Wie weit er wohl davongetragen wurde? Egal, Hauptsache er war diese drei Irren losgeworden. Er zog sich aus dem Fluss, seine Kleidung war schwer und klebte an seiner Haut. Lui seufzte und drückte das Wasser aus seinen orangenen Haaren. „Na ja, es hätte schlimmer sein können...“... „So ein verdammter Mist!“, schrie Gretel noch einmal auf und trat mit voller Wucht gegen einen Baum, der durch die entstehende Vibration einige Blätter verlor. „Wir hatten ihn fast, wär diese blöde Hexe nicht dazwischen gegangen. Zu blöd, dass sie geflüchtet ist, ehe ich sie mir vorknöpfen konnte!“ „Du scheinst schlecht gelaunt...“ „Nein, bin ich nicht... Aber dieser Wald, er macht mich wahnsinnig! Aber wir haben Herrn Julius versprochen ihm den Prinzen feingeröstet und in Scheibchen zu servieren. Jetzt ist er uns wieder durch die Lappen gegangen, in einem finsteren Wald, ohne zu wissen, ob es hier einen Ausgang gibt. Es ist einfach...“ Gretel versuchte ein passendes Wort für ihre Lage und auch für ihre Gefühle zu finden, doch fiel ihr nichts ein und ein Schauer lief ihr über den Rücken. Aber Hänsel musste innerlich gestehen, dass es ihm nicht anders ging. Dieser Wald weckte unschöne Erinnerungen, Erinnerungen an Einsamkeit, Hunger und Angst und seine Narben, die sich fast über seinen ganzen Körper erstreckten, fingen an zu schmerzen, wenn er sich es nur vorstellte. Aber wie sehr wussten die Narben schmerzen, die Gretel in ihrem Inneren trug? „Sieh an, sieh an. Dieser Prinz scheint ja einen richtigen Fanclub zu haben. Da wird man ja richtig neidisch“ „Wer ist da?“ Beide warfen ihre Köpfe zur Seite und untersuchten ihren Aufenthaltsort mit ihre Blicken und fast gleichzeigt erblickten die beiden die Gestalt Rumpelstilzchens, der auf sie herabblickte, als seien sie Beutetiere. „Was bist du denn für eine Witzfigur? Los, antworte!“ „Das könnt ihr selbst erraten. Aber ich weiß, wer ihr seid. Ihr gehört zu Prinz Julius.“ „Wäre möglich…“, antwortete Gretel vorsichtig. Eine goldene Regel in ihrem Job war, nichts oder so wenig wie möglich von sich oder den Auftraggebern preiszugeben. Aber Gretel verstand nicht, woher er dann von ihnen wusste. „Nun, Prinz Julius hat mich beauftragt diesem lästigen Ludwig und dem verräterischen Rotkäppchen das Licht auszublassen.“ „Und weil wir deinem Job im Weg sind, willst du uns auch loswerden?“ „Das kommt auf meine Laune an… Und wie ihr euch verhaltet. Wir können dass so oder so klären. Aber seit versichert, der Gewinner bleibe in jeder Hinsicht ich. Julius muss ja nichts davon erfahren. Ich erzähle ihm einfach, es war ein tragischer Unfall. Oder ich schiebe es auf den Prinzen.“ „So leicht wirst du uns aber nicht los und unseren Job kriegst du auch nicht!“ „Wollen wir wetten?“, lachte er spöttisch und langsam, fast elegant stieg seine Hand empor. Gretel rechnete mit einem Zauber, doch er schnipste nur mit den Fingern – und augenblicklich huschte etwas durch die Büsche, dass aber keiner von beiden erkennen konnte. Gretel spürte einen Luftzug und etwas, dass ihren linken Zopf um fünf Zentimeter kürzer machte. Sie blickte zur Seite und sah direkt in das süße, aber boshaft verzehrte Gesicht Albertinas, der Gänsemagd. Augenblicklich flüchtete Gretel an die Seite ihre Bruders, ließ aber weder Albertina, noch das schwarze Schwert in ihrer Hand aus den Augen. „Hänsel!“ „Ich weiß… Es ist dasselbe Mädchen. Die Gänsemagd, die ich schon einmal getötet habe“, sagte Hänsel, beinahe fassungslos und blickte auf das Grinsen, dass Albertina wie eine Verrückte erschienen ließ. „So trifft man sich wieder. Nun, seid ihr stolz auf euch? Ich habe so lange planen müssen, so viele Jahre. Ich habe meinen besten Freund Fallada opfern müssen, um endlich glücklich werden zu können. UND IHR HABT ALLES ZERSTÖRT!!!“, schrie Albertina auf und wie ein Berserker stürzte sie sich auf die Geschwister. Das Schwert, dass Albertina dabei schwing blieb im Boden stecken, nachdem einer ihrer Angriffe ins Leere ging. „Ich… Ich wollte heiraten… Ich hatte meine Rache und wäre beinahe sogar Königin geworden. Und ihr habt alles zerstört! Macht euch das etwa Spaß, anderer Menschen Leben zu zerstören.“ „Sagt wer?“, konterte Gretel und langsam stieg ihre schlechte Laune wieder auf. Zwar war das eigentliche Motiv ihrer Ermordung dies gewesen, überflüssige Zeugen loszuwerden, doch sie hatte das Gespräch zwischen Albertina und Prinz Ludwig genau mitbekommen. „Du hast ein unschuldiges Mädchen hinrichten lassen und ein ganzes Königreich zum Narren gehalten. Und dann willst du auch noch Mitleid von uns, obwohl du die wahre Böse bist?!“ Albertina knirschte laut mit den Zähnen und ihre Hände umklammerten fest den Griff ihres Schwertes. Sie war dabei es wieder aus dem Boden zu ziehen, doch dass schaffte sie nicht mehr. Hänsel monströse Axt erfasste sie und schleuderte sie gegen einen dicken Baumstamm, die Klinge steckte in ihrem Rumpf und hielt sie am Baum fest. Sie hing fast bewegungslos da und als Hänsel seine Waffe wieder aus dem Baum zog, zerfiel der Körper der Gänsemagd. Zwar erleichtert schauten sie auf den Aschehaufen, aber Gretel dachte nicht daran, dass dieser heftige Schlag alles gewesen sein konnte. Ihr war, als hätte sie dabei noch etwas gehört, als sie von der Axt erfasst wurde, etwas Wichtiges. Dieses leise Geräusch, als sei etwas zersplittert… „War das schon alles?“, lachte Gretel und schaute erneut zu Rumpelstilzchen auf. Doch sein überzeugtes Grinsen war weg, sein Blick war starr und sein Ausdruck im Gesicht eisig. „Ja... Ihr seht ihm ähnlich... Ihr seid definitiv seine Kinder. Die Kinder dieses Holzfällers, mit dem dieses Unglück begonnen hat.“ „Von was redest du?“ „Unwichtig. Es macht keinen Unterschied, ob ihr nun alles wisst oder nicht. Dies war nur zum Aufwärmen für euch. Meine Rache werde ich schon noch bekommen“, rief er ihnen nach, obwohl sein Körper sich schon aufgelöst hatte und verschwunden war. Hänsel und Gretel starrten beide auf die Stelle, wo dieser merkwürdige Kerl noch gestanden hatte und schließlich auf die Überreste Albertinas. Zum zweiten Mal hatte sie ein bemitleidendes Ende gefunden, ironischer weise auf dieselbe Art, durch dieselbe Person. Dieses Mädchen hatte es nicht anders verdient. Sie war böse und hatte alle getäuscht, dafür mussten eine unschuldige Prinzessin und ein armes Tier sterben. „Kurz um, sie war eine richtige Hexe und musste verbrannt werden von solch noblen Menschen wie euch. So ist es doch, nicht wahr? Zehn Jahre und ihr beide lebt immer noch in eurer kleinen Welt, zwischen Elfen und Engeln. Dass dein Bruder nicht der Hellste ist, habe ich schon sofort gewusst. Aber dich hielt ich für etwas klüger, Gretel.“ Gretel ahnte, welcher Untote hinter ihr stand, ebenso Hänsel und keiner von beiden musste über die Schultern schauen um es genauer zu wissen. Es war einige Jahre her, aber noch immer sahen sie das Gesicht dieser Frau – dieser Hexe, die so schrecklich böse war und sie verbrannt hatten vor sich, als sei es erst gestern gewesen. Sie hörten wie sie den Rauch ihrer Zigaretten in die Luft blies, wie immer wenn sich sie an etwas erfreute und dann erklang ihr Kichern und statt lieblich wie früher, klang es wie das eines Dämons, der sich auf sein Mahl freute. Vielleicht bildeten sie sich es auch ein, dass es einst mal freundlicher klang, zumindest glaubte Gretel das. Schließlich hatte sie diese Hexe immer für einen rettenden Engel gehalten. Wie konnte ich nur, diese Hexe wollte mit uns spielen und mich fast dazu gebracht, auf meinen Bruder zu schießen. Ich hätte Hänsel TÖTEN können! „Sollen wir sie verbrennen... Gretel? Sie ist immer noch böse, oder? Noch mehr als vorher? Nun, da sie eine von denen ist…“ „Sicher, Hänsel Brüderchen. Sollte sie etwas Dummes versuchen, werden wir sie wieder brennen lassen, so wie es Hexen verdient haben“, antwortete Gretel selbstbewusst, ihre Kanone umklammerte sie aber mit zitternden Fingern. Schließlich wusste sie es besser, wie viele Löcher sie ihnen zwischen die Augen schossen, wie oft sie ihnen die Brust durchbohrten, sie standen immer wieder auf. Und bei dieser untoten Hexe würde es nicht anders sein. Sie musste sich was einfallen lassen, noch bevor sie wohlmöglich Hänsel etwas tun konnte, wie damals. „Was ist? Hast du Angst?“, kicherte die Hexe, freizügig in schwarzes Leder gehüllt, ihr schwarzes, welliges Haar ließen sie fast wie ein Schatten wirken in der Dunkelheit, nur die Glut ihrer Zigarette stach hervor. An ihrem Finger der schwarze Ring Rumpelstilzchens, der das sachte Mondlicht reflektierte. „Bestimmt nicht“, antworte Gretel mit ihrem süßen Lächeln, dass meist ihr Gesicht zierte und sie oft jünger erscheinen ließ, wie sie eigentlich war. „Gretel, tu nichts Unüberlegtes...“ „Mach dir keine Sorgen, Hänsel. Das früher einmal so, aber ich bin kein kleines Mädchen mehr. Ihr bösartigen Wesen macht mir keine Angst!“ „Und du bestimmst, wer böse ist und wer nicht?“, lachte sie laut, dabei schnipste sie ihre Zigarette weg, die sie bis auf den Stummel heruntergeraucht hatte. „Das zeigt, dass ihr immer noch dumme Kinder seid, denn Selbstjustiz ist nur etwas für Schwache. Du teilst die Menschen in „gut“ und „schlecht“ und die „Schlechten“ werden von euch niedergemetzelt. Und dann ziehst du auch noch deinen Bruder mit rein. Ich weiß ja nicht, wie du darüber kennst, aber ich finde so etwas widerlich.“ „WIDERLICHER WIE KINDER ZU FOLTERN?!“, schrie Gretel, von sich selbst überrascht, dass sie plötzlich die Beherrschung verloren hatte. Ihre Kanone hielt sie hoch und der Finger war am Abzug, doch konnte sie sich noch fangen, ehe sie abdrückte. „Was du Hänsel und mir angetan hast war mehr als widerlich, es war einfach nur krank!“ Ich hätte Hänsel TÖTEN können! „Und dann wagst du es über mich zu urteilen?!“ „Ich hab es aber nicht nötig über meine Taten zu urteilen. Ich folge nur meinen Trieben, aber ihr stellt euch über andere und bestimmt über Leben und Tod. Ihr seid zwar berüchtigte Auftragskiller – Hut ab – aber einerseits hängt ihr noch an eurer kindlichen Vorstellung, auch wenn es euch nicht gefällt. Denkt ihr ernsthaft, Engel und Feen, an die ihr glaubt tun das auch? Garantiert nicht! Vielleicht sind ja alle anderen Menschen gut und nur ihr schlecht, müsst ihr euch dann nicht selbst töten?“ „HALTS MAUL!“ Hexe! Hänsel wollte sie noch zurückhalten, aber da seine Reaktionen wie seine Sprache langsamer waren wie bei jedem anderem, konnte er nicht verhindern, dass Gretel den Abzug drückte und der Hexen den linken Arm von den Schultern riss. Der Arm überschlug sich mehrmals in der Luft und landete mit einem dumpfen Schlag auf den trockenen Waldrasen. Gretel starrte auf den Arm, als sei es ein merkwürdiges Tier und schien erst gar nicht zu realisieren, was sie getan hatte. Doch aus dem Starren wurde ein Beobachten, da sie glaubte, der Arm bewegte sich. Als die Finger sich plötzlich streckten und der Arm aufrecht vor ihnen stand wie ein Wiesel, schlug Gretel sich auf den Mund, ehe ein verängstigtes, quietschendes Geräusch ihrer Kehle entwich. Entsetzt sahen die beiden Geschwister zu, wie sich der Arm von selbst wieder an die Schultern der Hexe befestigte und sich das abgefallene Fleisch und die Haut um die offenen Stellen legten wie ein Verband, bis es aussah, als sei nichts gewesen. Sie wussten zwar, dass sie sich wieder regenerieren konnten, aber das hatte ihre Vorstellungskraft überstiegen. Demonstrativ bewegte sie ihren Arm auf um ab und ja wirklich, der Arm hing wieder. „War das alles? Komm Gretel, dass kannst du doch besser. Ansonsten werde ich den nächsten Schritt machen und meine neuen Fähigkeiten an euch ausprobieren. Das wird sicher ein lustiges Spiel... Findest du auch, Hänsel?“ „LASS IHN IN RUHE!!“ Wieder zog Gretel am Abzug, diesmal unter vollem Bewusstsein und schoss wieder ihren Arm weg, doch während er noch in der Luft schwebte, setzte sich dieser wieder an die offene Körperstelle. Wieder zog Gretel am Abzug, die Hexe wisch spielend aus mit einer enormen Geschwindigkeit, doch hatte sie noch die Rippen gestreift. Hexe! Wieder ein Schuss, dass halbe Gesicht war verbrannt. Rosafarbenes Fleisch fiel ab. Hexe! Ein weiterer auf ihr Knie. Hänsel sagte in einem ungewohnten groben Ton, dass sie aufhören sollte, es bringe doch nichts, aber sie überhörte ihn einfach. Hexe! Hexe! Und wieder ein Schuss! Man konnte Knochen sehn. Hexe, HEXE!!! Doch die Hexe stand immer noch. Wie oft Gretel sie abschoss, nach einigen Sekunden waren ihre Wunden geheilt. Selbst die Bluttropfen schienen wieder zurück in die Venen zu fließen. Gretel stand nur erschöpft da, vollkommen außer Atmen, ihre Angst und ihr Zorn hatten ihr in kürzester Zeit die Kraft geraubt. Selbst ihre Kanone wurde ihr zu schwer (obwohl sie aus Prinzip nur sehr leichte Modelle kaufte) und sie glitt ihr aus der Hand, sie zitterte vor Wut auf dieses Miststück, aber auch aus Angst um ihren Bruder. Hänsel war zu weich wenn es um sie ging, er würde alles tun. Aber was sollte sie noch machen? Wie betäubte starrte sie auf ihre Waffe, zu lange um zu bemerken, wie der unauffällige Ring zum Schwert wurde und die Klinge über dem Kopf der Hexe zu schweben schien, bis diese wie ein Falke auf sie herabstürzte. Schließlich verschleierte der Umhang ihres Bruders den Anblick, der sich samt seinem hochgewachsenen und starken Körper um sie schlang. Kaum einen Zentimeter vor ihrem Gesicht sah sie jedoch wieder die Spitze der schwarzen Klinge, die aus Hänsels Schultern ragte. Gretel riss ihren Augen weit auf, als ebenso Blut sich auf der Spitze sammelte und schließlich auf ihren Rock tropfte. „Oh, hat der große Junge etwa Angst um sein Schwesterchen? Na, sag schon?“, kicherte die Hexe, nun es klang wie das einer alten Frau. Ihr Griff wurde fester und schob die Klinge weiter durch die Wunde, bis Gretel nicht nur die Spitze sehen konnte und die Klinge sich immer weiter durch das Fleisch bohrte. Hänsel selbst wimmerte und verkrafte sich, je weiter sie die Klinge durchzog, aber jedes schmerzliche Stöhnen oder einen Schrei unterdrückte er. „Na komm Gretel, tu was! Oder willst du nicht? Soll ich ihn entgültig fertig machen?! Los, spring mich nur an damit ich dein wutentbranntes Herz aus deiner Brust reißen kann, oder soll dein Bruder wieder für dich herhalten?! Soll ich ihn für dich töten?! Du hast doch gesagt, dass du kein kleines Mädchen mehr bist, dann zeig es mir! NA LOS, ODER ER MUSS DRAN GLAUBEN!!!“ „DAS KANNST DU HABEN!!“, schrie Gretel und sie sprang auf, obwohl Hänsel sie daran hindern wollte. Die Hexe zog die Klinge aus seinen Schultern, die über und über mit seinem Blut war und wollte selbiges bei Gretel tun. Doch sie sprang sie nicht an, sondern griff wieder zu ihrer Kanone, die ihr nicht mehr so schwer fiel. Die Hexe musterte sie aber überrascht, da Gretel zwar die Kanone auf sie richtete, aber den Abzug nur halbgedrückt hielt. Schließlich zog Gretel ihn ganz durch und statt einer kleinen Feuerkugel, kam ein ganzer grellleuchtender Feuerball herausgeschossen. Der Lauf explodierte und Gretel wurde nach hinten auf den Boden geworfen, direkt neben ihren verletzten Bruder, der sie aber sofort wieder zu sich zog. Die Feuerkugel traf direkt in das Gesicht der Hexe und das Licht war so grell, dass alle drei erst davon geblendet waren. Die Geschwister steckten die Köpfe unter Hänsels Umhang, sie sahen nichts, sondern hörten nur noch einen grotesken und langgezogenen Schmerzensschrei und die Explosion von Gretel´s Feuerkugel. Nur langsam zogen sie die Köpfe hervor und waren überrascht, als sie nichts mehr sahen. Sie hatten die Hexe verbrannt. Von ihr war nicht mehr wie ein Aschehaufen übriggeblieben und kleine Bruchteile ihres schwarzen Ringes. Vorsichtig berührte Gretel die Asche, aber nichts schien sich aus ihr zu erheben, die Hexe war verbrannt und tot, so wie es sein sollte. „Haben wir sie verbrannt?“ „Ja...“, antwortete Gretel ihrem Bruder noch etwas benommen, sie war ungewöhnlich blass im Gesicht geworden. Sie begriff nicht ganz, wieso es plötzlich funktioniert hatte. Normalerweise hätte sie sich doch heilen können. Und der ominöse Ring, der plötzlich zerbrach. Lag es eventuell an der Feuerkraft, oder an dem grellen Licht? Es wäre zumindest eine Erklärung und eine Möglichkeit, wie sie sich diese Gestalten vom Leib halten könnten. Feuer und Licht waren eben stärker wie jede Hexenmacht. Sie ging wieder zu Hänsel und riss sich ein Stück Stoff von ihrem Rock, dass sie ihm und die Schultern Band. Zwar blutete sie noch ein wenig, aber stark verletzt schien er nicht zu sein. „Verzeih mir, Gretel... Dass ich nichts... getan habe. Das nächste Mal... werde ich dir helfen.“ „Sag so etwas nicht, Hänsel. Ich habe auch nicht immer Recht“, antworte Gretel ihrem Bruder ein wenig traurig und schaute wie in Trance auf seinen Verband mit dem karierten Muster ihres Rockes. Sie war ein sauer auf sich, da sie sich hatte so provozieren lassen. Weil es um Hänsel ging. Ich hätte Hänsel TÖTEN können! Und Gretel war wütend auf sich, da sie immer noch die kleine Schwester war. Dabei brauchte Hänsel selbst auch Hilfe. Ihre Unfähigkeit machte sie wütend und die Hexe wusste das. Wahrscheinlich wussten es sogar die anderen Untoten, die neben Prinz Ludwig, seinem Gefolge und Rotkäppchen nun auch sie suchen würden. Ob Herr Julius das wusste? Er würde nie zulassen, dass man sie töten ließ. „Ich muss auf dich aufpassen... Gretel“, sagte Hänsel weiter, als hätte ihn seine Schwester überhaupt nicht unterbrochen. „Du denkst zu viel nach. Pass auch mal auf dich selbst auf. Wie willst du auch mich aufpassen, wenn du tot bist?“, erklärte sie ihm, aber ob er es machen würde war fraglich, da Hänsel trotz seiner Langsamkeit irgendwo doch einen trotzigen Willen hatte, den jeder Junge und jeder Mann besaß. Doch Gretel schmunzelte darüber. „Ruhe dich aus, Hänsel, ja? Geschwächt wie du bist kommen wir nicht vorwärts.“ „Und du...?“ „Ich halte Wache. Wenn einer von diesen Zombies hier auftaucht, puste ich ihm den Schädel weg. Wir haben anscheinend eine ihrer Schwächen gefunden, das erschafft uns einen Vorteil“, antwortete sie, wieder ganz von sich überzeugt, wie man es von ihr kannte. Hänsel lehnte sich an einen Baum direkt neben sie. Ob er schlief wusste sie nicht, sie konnte es nicht genau sehn, da sein Kragen, der Umhang und der Hut fast sein gesamtes Gesicht verdeckten. Ihr Körper zitterte. Nicht wegen der Kälte, sondern vor der Anspannung, dass jeden Moment erneut ein Untoter auf sie zukommen würde. Auch wenn sie die vermutliche Schwäche in ihrem Wesen kannte fürchtete sie, dass sie erneut die Beherrschung verlieren würde und sie wieder schreien und feuern würde, ohne zu merken, dass ihr Zorn sie noch umbringen würde und wie sehr sie Hänsel damit in Gefahr brachte... Kapitel 6: Dunkelheit --------------------- Sechste Stunde: Medizin ist was für Sträääba! Wie bringt man jede Menge unsinnige Gewalt und natürlich literweise Blut ins Spiel, ohne dass ein wichtiger Charakter draufgeht? Und dass ohne Magical Girl-Effekt? Man saut einfach etwas in der Medizin rum. Ob Gretel es auch damit überstanden hätte glaube ich etwas wenig. Zu viele innere Verletzungen. Aber sind wir an dieser Stelle mal ganz ehrlich - welche Geschichten, ob Fanfic, Anime oder sonst was hat sich schon genau an die Medizin gehalten? (Aber hoffentlich macht das hier noch alles Sinn. Nachdem ich drei Monate hinterher hing habe ich nun die Angst, den Überblick verloren zu haben.) - Dunkelheit „Uff, ich kann nicht mehr", stöhnte Will und ließ sich erschöpft auf den Boden sinken. Er war müde, natürlich, er und Lisette liefen ja nun auch schon seit einer Ewigkeit. „Wie lange wir schon hier rumlaufen? Und überhaupt, wann wird es mal wieder hell? Hätte nicht längst die Sonne aufgehen müssen?", beschwerte sie sich und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. „Bei diesen Lichtverhältnissen wird man ja depressiv..." Unrecht hatte sie nicht ganz, laut Will´s Uhr, die in seiner Tasche und durch eine Kette zusätzlich befestigt war, war es bereits sechs Uhr in der Früh. Zwar war es noch nicht wirklich warm und die Tage immer noch ein wenig kurz, dennoch hätte es zumindest schon dämmern müssen. Aber es war so finster wie mitten in der Nacht. Vermutlich auch ein Trick der Black Lantern, logisch wäre es schon… „Wer tut nur so was? Und zu welchem Zweck?“ „Um euch hier festzuhalten“, antwortete jemand, Will dachte erst Lisette wäre es gewesen, doch die Stimme war dunkler. Hinter ihnen stand, wie gewohnt im freuzügigen, schwarzen Leder Dorothea, oder besser gesagt ihr Lantern, den schwarzen Ring geschickt unter ihrem extravaganten Handschuhen versteckt. „Dorothea? A… Aber wo ist Prinz Lui? Er war doch bei dir!“, haspelte Will aufgeregt, wirbelte dabei den Kopf umher, weiter Ausschau haltend nach dem Prinzen. „Die Lantern kamen und haben mich von ihm getrennt. Mein armer Prinz wandert nun ganz allein durch die Dunkelheit. Ich will mir nicht ausmalen, was sie mit ihm anstellen.“ „Jetzt beruhige ich, wir finden ihn sicher“, sagte Will wieder ganz enthusiastisch, Lisette traute dem Frieden nicht. Sie fand die Hexe schon immer überaus dubios, aber diesmal sprengte dieses Unbehagen alle Maße. Aber ihr blieb nicht viel, als ihnen zu folgen und nach dem Prinzen zu suchen, mit dem Gefühl, ständig verfolgt zu werden. Das und Dorotheas ständigem Geschwafel im Ohr. „Ich bin nur froh, wenn wir den Prinzen wieder finden. Wenn einer dieser Lantern ihm nur ein Haar gekrümmt hat, kann er was erleben. Hinterhältiges Pack. Hoffentlich konnte er entkommen.“ „Bestimmt geht´s ihm gut. Hoffe ich. Ich bin sein Diener, ich muss ihn mit allem was ich habe unterstützen, auch wenn der Kampf aussichtslos scheint!“ „Dafür, dass ihr so besorgt seid, redet ihr etwas zu viel“, gab Lisette nur genervt von sich. Gott, gleich zwei solcher Irrer in ihrer Anwesenheit. „Du machst dir doch auch Sorgen, Lisette. Du musst ihn ja nicht mögen, aber dich würde es doch auch freuen, wenn du weißt, dass er noch lebt. Wenn deine Gründe auch weit egoistischer sind, du wärst erfreut und erleichtert.“ Ja, freuen würde es sie, da hatte die Hexe Recht. Sie hatte ja noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen. Es war ihr nur recht, wenn sich niemand vor ihr an ihrem Ziel vergriff. „Hey, da unten sehe ich ihn! PRINZ LUI!!“ Will wedelte vor ihnen mit den Armen herum und sah dabei von der Felswand aus hinunter, die sie entlanggelaufen waren zu den Bäumen unter ihnen, zwischen denen sich Lui geschlichen hatte, dabei immer bedacht keinen seiner Verfolger über den Weg zu laufen. Und genauso erfreut wie Will, war auch Lisette bei seinem Anblick, gesund und scheinbar noch am leben. Genau wie die Hexe es herausgesagt hat, sie freute sich und sah genauso wie Will nicht, wie sich das Gesicht des Prinzen verzerrte. „WILL, LISETTE, HAUT AB!!! DAS IST NICHT DOROTHEA!!!“ „Wa…“, begann er entsetzt aufzuschreien. Ein Schatten bereitete sich über ihm aus, eine schwarze Sense wirbelte in der Luft umher, die ihn nur Dank Lisette knapp verfehlte. Sie stieß Will zur Seite und beide fielen den Abhang hinunter, um schließlich vor den Füßen Luis zu landen. „Prinz, ihr seid gesund und an einem Stück.“ „Was man von euch nicht behaupten kann, so wie ihr ausseht“, scherzte er ein wenig bei dem überaus durchzausten Eindruck, den Will und Lisette auf ihn machten. Dafür verging es ihm genauso schnell wieder. Mit einem Satz war die falsche Dorothea vom Abhang zu den dreien hinabgesprungen und fixierte sich gleich auf Lui, dem sie ein, wenn auch eher sadistisches Lächeln schenkte. „Mein Prinz, Sie sind wohlauf. Gott sei Dank, ich habe Sie schon vermisst.“ „Ich dich aber nicht.“ „Sag, was habt ihr mit Dorothea gemacht?“, rief Will ihr zu, wenn diese Frage sich eigentlich auch von selbst klärte. Immerhin hatte sie es ihm doch erklärt. „Aber ich bin Dorothea. Oder zumindest dass, was nach ihrem Tod wieder auferstanden ist. Aber dass ihr mich deswegen gleich ausschließt, hätte ich nicht gedacht.“ „Halt die Klappe, du untotes Weib. Du bist doch nur hinter unseren Herzen her!“, schrie Lisette und zielte mit ihrem Gewehr auf die Hand des Lantern, wo sie glaubte, den Ring entdeckt zu haben. „Vielleicht. Aber seht es mal so, dann können wir weiter zusammen auf Reisen gehen. Dann ist alles wie früher, egal ob wir lebendig oder tot sind.“ Mit ausgestreckten Armen ging sie einen Schritt auf Lui, Will und Lisette zu, die aber ebenso einen Schritt von ihr wischen. Als sie noch ein Stück näher kam, reagiert Lisette schließlich und schoss - und verfehlte sie. Blitzschnell war sie ihnen ausgewichen, was keiner der drei wirklich realisiert hatte, auch nicht, dass die falsche Hexe plötzlich neben ihnen stand. Erst als sie begann zu schreien, nahmen sie sie wieder war. Ehe der Lantern sie angegriffne hatte war Feuer zwischen ihnen aufgestiegen und hatte sie zurückgeschreckt und ihren Arm verbrannt. Auch wenn er sich durch ihre Kräfte sofort heilte, sah sie sich in ihrer Umgebung um und fand den Täter schließlich, kaum fünf Meter von sich entfernt. Dort stand ihr exaktes Ebenbild, mit dem Unterschied, dass diese lebte. Es war die echte Dorothea. „Was?! A-A-Aber wie? Du bist doch ich!“ „Bestimmt nicht“, sagte Dorothea - gegen jeder Erwartung sehr kaltherzig und zornig -, klatschte einmal in die Hände, woraufhin ihre ehemals sterblichen Überreste lichterloh zu brennen begann. Der schwarze Ring fiel von ihrem Finger und wurde schließlich unter Dorothea‘s Lederstiefeln zertreten. Von dem Black Lantern blieb nicht viel übrig, außer einem brennendem Haufen und zufrieden mit sich selbst und der Welt schaute Dorothea lächelnd zu ihren Wegbegleitern, de noch ein wenig fassungslos dreinschauten. „Du… Du bist wirklich Dorothea!“ „Gut erkannt. Diese billige Kopie meiner Wenigkeit war ein Black Lantern, der sich eure Herzen holen wollte. Dummerweise hatte er nicht mit mir gerechnet.“ „Wie kommst du eigentlich wieder hierher? Sind Black Lantern nicht die auferstandenen Überreste eines Toten?“ „Das ist doch jetzt unwichtig!“, keifte Dorothea zu Lisette, so verständlich diese Frage war. Lisette schien gekränkt und schwieg und zu ihrem Glück stellten sowohl Lui, als auch Will keine Fragen mehr, wenn sie auch nur zu gern eine Antwort darauf gehabt hätten. Und Dorothea war erleichtert darüber. Ja, habt Dank, König Darius, der mir immer wieder das Leben schenkt, egal wie viele Tode ich schon erleiden musste. Auch, wenn ich oft lieber tot geblieben wäre… „Na schön… Aber diesmal trennen wir uns nicht. Hier laufen immer noch Lantern rum“, sagte Lisette nach einer Weile und untersuchte die Gegend mit ihren Blicken. „Und ich habe sogar eine Vermutung, wer dahinter stecken könnte. Ich habe Damian in mein altes Versteck geschickt um…“ Dorothea unterbrach ihre Erzählung, ein undefinierbares Geräusch hatte sie alle aufgeschreckt und mit wirbelten Köpfen sahen sie ihre Umgebung ab. Das Geräusch wurde lauter und sie waren sich einig - es waren die Black Lantern, die sie nun da hatten, wo sie wollten. Und sie behielten Recht. Graf Blaubart war der Erste, der aus seinem Versteck trat, statt einer Axt hatte er ein Schwert mit breiter Klinge auf seinen Schultern abgelegt und lief wie ein Geier um die Vier herum. Kurz nach ihm trat Lisette‘s Vater hervor, er ein Jagdgewehr in den Händen hielt. Die Letzte war schließlich Blanche, die zwar ohne Waffe herumlief, aber das breiteste Grinsen auf den Lippen trug, während Lui, Will, Lisette und Dorothea Rücken an Rücken standen und die drei Untoten im Auge behielten. „Na, was ist mit unseren vier Helden los? Seid ihr erfreut uns wiederzusehen, nachdem ihr uns verabschiedet und unter kalte Erde gebettet hattet?“ „Oder seid ihr erfüllt von Wut, weil man eure Liebsten für so eine widerwärtige Tat missbraucht?“ „Oder habt ihr Angst davor, bald ebenso in der ewigen, schwarzen Nacht zu wandeln, so wie wir?“ „Na los, sprecht schon! Lasst euren Gefühlen freien Lauf, wir sind gespannt!“ Der vierte und letzte Satz kam von keinem der Black Lantern und keiner von ihnen blieb lange in Ungewissheit. Beinahe vor ihnen auf einem Baumstumpf saß ein Mann, der vor einigen Stunden ein ganz anderes Aussehen hatte. Statt klein und mit Glubschaugen war er nun schon so hochgewachsen wie Lui und einem etwas kantigerem Gesicht, die länger gewordenen, dunklen Haare verdeckten es etwas. Vorher schmächtig, erhielt er durch seine breiten Schultern ein kräftigere Erscheinungsbild. Während er die vier ansah, fuhr er mit seinen Fingern durch den schwarzen Spitzbart und schmunzelte leicht, als er direkt in die wütenden Augen von Prinz Ludwig sah. „Du bist der Einzige dieser Witzfiguren, der mir nicht bekannt vor kommt… Also denke ich, dass du hinter alldem steckst.“ „Das war ja auch nicht schwer zu erraten. Ich heiße Rumpelstilzchen und bin hier um mir das Kind zu holen, dass mir diese dreiste Königin vor neunzehn Jahren versprochen hatte“, antwortete er amüsiert, die drei Lantern lachten. Lisette trat einen Stück weiter vor, um ein genaueren Blick auf Rumpelstilzchen zu werfen, zusammen mit Dorothea. Lisette war in den letzten Jahren, in denen sie als verschwunden oder tot galt viel gereist hatte viel gesehen und noch mehr gehört, darunter vielerlei Sagen und Legenden, selbst aus ihrer eigenen Heimat. Aber selten hatten sich diese Sagen als Wahrheit entpuppt. „Rumpelstilzchen?! Dieser Zauberer, der für die Müllertochter, die später Königin wurde Stroh zu Gold spann und dafür ihr Kind verlangte?“, hackte sie nach, von Rumpelstilzchen bekam sie nur ein müdes Lächeln als Antwort geschenkt, was ihr aber vollkommen reichte. „Also stimmte die Geschichte wirklich, die man sich in unserem Dorf erzählt hat? Und dieser bescheuerte Prinz soll das Kind aus der Sage sein?!“ „Unmöglich! Die Königin hätte so etwas nie getan“, protestierte Will fassungslos, er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand so was tun würde. Lui allerdings konnte sich das sehr gut vorstellen, er traute es seiner Mutter zu. Aber wenn man ein so hinreißendes Kind wie ihn in die Welt setzte war es ganz verständlich, dass man schließlich doch einen Rückzieher machte. „Glaubt was ihr wollt“, spottete Rumpelstilzchen. „Es ändert nichts. Den Prinzen hole ich mir sowieso. Ebenso das kleine Rotkäppchen.“ „Was? Wieso ich?!“, protestierte sie lautstark, wurde aber wieder nur ausgelacht. „Das hat Gründe, die ihr nie erfahren werdet. Ihr beide sollte euch aber geehrt fühlen. Eure Herzen werden mir dabei helfen wieder der zu werden, der ich einst war. Ich werde wieder den Respekt bekommen, den ich verdient habe und allen meinen Zorn spüren lassen, die mich zum größten Gespött der Welt gemacht haben.“ „Und selbst wenn du mir meinen Glanz und meinen Stil nehmen würdest, dadurch würdest du noch lange keinen Respekt erlangen.“ „Prinz Lui, mach ihn nicht noch wütender, er hat es auch so schon auf dich abgesehen“, ermahnte Will ihn, was Lui nur zu gern überhörte, Rumpelstilzchen schien sich schließlich nicht einmal darüber zu ärgern. „Mutige Worte für jemanden, der bald tot sein wird. Ich werde sicher daran denken, wenn ich dein Herz in Händen halte, Prinz Ludwig.“ Er lachte vergnügt, begleitet von dem hämischen Lachen der Black Lantern und die schließlich ihre Waffen erhoben. Immer noch Rücken an Rücken standen Lui, Will, Lisette und Dorothea da, ohne aber sich das kampflos gefallen zu lassen. Doch ehe Dorothea einen Zauberspruch aussprechen, noch Lisette eine Kugel abschießen konnte, kam etwas auf sie zugeflogen und kurz darauf folgten Explosionen. Drei hintereinander von drei Feuerkugeln, die aus dem Wald abgefeuert wurden. Zwei von ihnen trafen direkt auf Graf Blaubart und Lisette‘s Vater, die vor den Augen der vier zu Asche zerfielen, gleich nach ihren schwarzen Ringen. Nur Blanche war noch rechtzeitig ausgewichen und sah mit etwas Entsetzen auf die beiden Aschehaufen, die eben noch ihre Artgenossen waren. Verärgert blickt sie zu den Bäumen, sie hatte schon erkannt, wer dahinter steckte. „Ich hatte es doch schon einmal erwähnt…“, rief die junge Stimme Gretels, sie selbst trat mit ihrem Bruder aus dem dunklen Dickicht, aus ihrer neuen Kanonen qualm noch der Rauch und Lui und Lisette verzog sofort das Gesicht. Nicht schon wieder die zwei… Dabei hatten beide gehofft, sie endlich losbekommen zu haben. Oder dass die Lantern ihnen indirekt den Gefallen getan hätten. „Niemand, ich wiederhole, NIEMAND nimmt uns unsere Aufträge weg. Der Prinz ist unser. Und mit euch Zombies ist auch bald Schluss.“ „Ihr schon wieder… Na wartet, euch zwei bekomme ich auch noch! Ich bekomme euch alle! Euch, das Rotkäppchen und den Prinzen. Ihr werdet alle für mein Schicksal bezahlen!“ Und mit diesen letzten, nach Rache sehenden Worten verschwand Rumpelstilzchen wieder und Blanche stand alleine zwischen allen und war bereit ihren Auftrag zu Ende zu bringen. Ihr Hauptziel, ihr Exverlobter. Doch sie legte kaum drei Schritte zurück, da versperrten ihr Hänsel und Gretel, mit einem selbstsichern Grinsen auf den Lippen ihren Weg. „Nicht so eilig. Erst musst du an uns vorbei.“ „Auch gut. Dann seid ihr eben meine ersten Opfer“, lachte sie und ein schwarzes Katana, dass noch ihr Ring war, erschien in ihren Händen. Ihr Schläge waren schnell und präzise, wurden aber immer wieder von Hänsel geblockt, wenn auch nur mit Mühe. „Los, nutzen wir das und verschwinden. Wir müssen Rumpelstilzchen finden, nur er kann diesen Zauber beenden“, forderte Dorothea die Gruppe auf und als sie lossprintete, ging ihr Will und Lisette ohne zu zögern nach. Nur Prinz Lui blieb nach wenigen Metern wieder stehen und sah zurück. „Prinz Lui, komm schon“, lief Will nach ihm, doch der Prinz schien ihn gar nicht zu hören, oder überhaupt hören zu wollen. Er konzentrierte sich allein auf Hänsel und Gretel und dem Eindruck, den sie auf ihn hinterließen, wenn es auch der ungünstigste Moment überhaupt dafür war. Ihr Art wie sie redeten und dachten, eine Schadenfreude wie die eines verspielten Kindes, dass einem Insekt die Flügel herausriss. Und dennoch immer besorgt um ihre jeweils andere Hälfte. Merkwürdig… Lui schien die beiden so eigenartig vertraut. „Na, ist das alles? Los, das könnt ihr besser.“ „Und ob, keine Frage“, lachte Gretel, wenn sie auch ins schwitzen kam. Blanche oder besser ihr Black Lantern war schnell, zu schnell und selbst eine erfahrene Profikillerin wie sie hatte Probleme. Ein gezielter Schuss war damit kaum möglich, wenn die Zerstörungskraft ihrer Munition auch eine große Reichweite hatte. Und auch Hänsel war zu mehr wie abwehren nicht möglich, dazu noch die enormen physischen Kräfte, die ihr der Ring verlieh. Ein unachtsamer Moment, in dem Hänsel in Gedanken versank, war für Blanche schließlich die Gelegenheit für einen Gegenangriff. Mit einem Schlag schlug sie ihm die monströse Axt aus der Hand und mit einem Tritt in den Magen gegen einen Baum. Blanche holte aus und warf das Katana Hänsel entgegen, dass in seine Schultern flog und ihn somit an den Baum befestigte. Er versuchte es zwar herauszuziehen, doch jede einzelne Bewegung schmerzte unerträglich. „HÄNSEL! Na, warte du…“, knurrte Gretel. Schluss jetzt mit warten, die Hexe musste weg, so schnell es ging. „Meine Bruder bekommst du nicht!“ Ein feuerte, doch wie zu erwarten traf er nicht. En zweiter folgte, doch es wurde wieder nichts. Blanche wisch immer wieder aus und amüsierte sich über den aufsteigenden Zorn Gretels. Genau das, was sie wollte. „Ja, lach nur, ich mache dich fertig!“, schrie sie Blanche an und schoss ein weiteres Mal, aber wieder daneben. Es fehlte nicht mehr viel und sie würde ausrasten! Das war es aber wert. Niemand würde versuchen ihren Bruder erneut zu schaden. Für einen Moment war Gretel auch nicht so, als ob sie gegen Blanche kämpfte… Sie sah die Hexe, die sich als Engel ausgab, die sie in ihr Lebkuchenhaus lockte und darauf wartete, sie zu verschlingen. „Dich elende Hexe zerhack ich in Stücke, darauf kannst du dich verlassen! Ich werde dich in den Ofen stecken und verbrennen, damit du nie wieder jemanden Schaden zufügen kannst. Du bekommst meinen Bruder nicht, hörst du?! Keinen von uns wirst du jemals mehr verschlingen, hast du verstanden!!? NIE WIEDER!!!“ „GRETEL! Hör endlich auf!!“ Sie hielt inne und starrte zu ihrem Bruder, der, obwohl sie nur an ihn gedacht hatte, nicht mehr in ihrer Welt zu sein schien. Es ging immer nur um ihr beider überleben, wofür sie alles tun würde. Sogar morden, für das Einzige, was noch von ihrer kindlichen Traumwelt geblieben war und vielleicht sogar das Einzige, dass sie bei Verstand hielt. Verdammt, wieso brachte sie ihren Bruder immer wieder in Gefahr? So wurde es doch nur schlimmer. Aber wie sollte sie ihm anders beschützen, wie sollte sie sonst verhindern, dass er wieder Opfer ihrer eigenen Dummheit werden würde? Wie, wenn nicht durch ihren Zorn? Und dann versagte ihr Körper. Wie eine Dolchspitze ragten Blanche‘s Fingerspitzen aus ihrer Brust, mit denen sie sie regelrecht aufgespießt hatte. Und nicht nur Hänsel schrie, auch Lui und seine Begleiter, die immer noch zusahen rissen die Münder auf, doch kein Laut kam aus ihrer Kehle. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf Gretel und dann auf ihre Hände, die über und über voll Blut waren. Ihr Gesicht wurde blass, so dass das rote Blut, dass auf ihrem Mund lief noch mehr hervorstach und zu Boden tropfte, zusammen mit dem was über ihre Kleider floss. Ein würgendes Geräusch kroch aus ihrer Kehle, als sich die Hand des Lantern in ihre Brust zurückzog und kaum einen Moment später komplett aus ihrem Rumpf steckte. Jeder von ihnen wollte schreien, egal ob Lui, seine Begleiter oder Hänsel, als sie sahen wie vor ihren Augen Gretel beinahe in Zeitlupe zu Boden fiel und in einer Pfütze aus ihrem eigenem Blut lag. Alle starrten nur auf sie. Niemand bemerkte erst Blanche‘s merkwürdige Reaktion. Überrascht und verständnislos starrte sie auf ihre durch Blut gefärbte und leere Hand. „A-Aber wie kann das sein? Wieso habe ich ihr Herz nicht finden können?“, schrie sie schier entsetzt, ihre blutverschmierte Finger berührten dabei ihr blasses Gesicht, dass schließlich zu Eis erfror, als ihr Körper regelrecht halbiert wurde. Auch der Ring ging dabei verloren und kaum dass er zu Boden kullerte, zerschlug Hänsel diesen mit all seiner Kraft, die er den Schlag mit seiner Waffe steckte. Nicht einmal ein letzter Schrei erfüllte die Nacht, als Blanche Neige zu Asche zerfiel und auf den Boden verstreut wurde, auf den sich Hänsel nun kniete. Sein Kopf blieb gesegnet und man hörte keinen Ton von ihm, nur seine Finger krümmten sich in die Erde. Man konnte nur erahnen, was in ihm vorging, was nicht schwer war. Will trat näher an den regungslosen Körper Gretels, ihre weisse Bluse war rot geworden von ihrem eigenen Blut, das Haar verdeckte teilweise ihr Gesicht. Das Loch, dass Blanche regelrecht durch ihre Brust gebohrt hatte, war noch gut zu erkennen. „Ist sie tot?“ „Scheinbar… Ein direkter Treffer ins Herz, Das überlebt man nicht“, erklärte Lisette ungerührt. Aber immerhin hatten die beiden sie auch gejagt und festgenommen. Sie ausliefern und nicht sogar gleich töten, langsam und schmerzhaft. Es geschah ihr Recht! „Aber… Wenn sie tot ist… Müsste sie nicht wieder aufwachen… Und als Black Lantern zurückkommen?“ „Genau deswegen beseitigen wir sie auch gleich.“ „Aber…“, versuchte Will seiner Freundin auszureden und auch Hänsel schien bereits nach seiner Waffe zu greifen, um den Leichnam seiner Schwester zu beschützen. Nur Will‘s unerwarteter Aufschrei lenkte alle für kurz Zeit ab. Sie zeigte auf Gretel, oder ehe auf ihre Hand, deren Finger zu zucken begannen. „Sie bewegt sich!“ „Na los, verbrennen wir sie! Am Ende haben wir nur wieder einen Lantern am Hals!“ „Lisette!“, schrie Will empört auf. Aber Unrecht hatte sie auch nicht. Wenn Gretel wirklich nun ein Black Lantern werden würde, würde das ganze Spiel wieder von vorne losgehen. Alle starrten auf ihre Finger, die sich ab und zu bewegten, auch Dorothea, die allerdings einen ganz anderen Gedanken als Verbrennung im Sinn hatte. Ehe Lisette ihr Gewehr entsichern konnte, wurde sie zur Seite gestoßen. „Hey!“ „Lass mich mal kurz etwas testen“, sagte Dorothea und ging neben Gretel auf die Knie, überrascht wisch Hänsel ein Stück von ihr weg. Sie beugte sich hinunter, legte ihr Ohr legte auf den Rumpf und lauschte, ihre Hand umklammerte Gretels Handgelenk, bis sie wieder etwas sagte. „Ah, ich verstehe. Also könnte tatsächlich…“ „Was, Dorothea?“ „Sie hat vermutlich eine Dextrokardie, mein Prinz. Ein sehr seltenes, anatomisches Wunder, ich selbst habe es nicht einmal zu Gesicht bekommen. Ihr Herz ist nicht auf der richtigen Seite, also nicht links, sondern rechts“, erklärte Dorothea und berührte dabei die die Oberweite des jungen Mädchen. Und obwohl sie eigentlich keinen Hintergedanken dabei hatte, zog sie ihre Hände gleich zurück, als sie Hänsel‘s strengen Blick bemerkte, mit dem er sie ansah. „Das hat der Lantern nicht gewusst und ihr Versuch ihr das Herz herauszureißen scheiterte damit. Das hat ihr Leben gerettet... Fürs Erste. Ich fürchte…“ Die Hexe unterbrach ihre Erklärung, die Situation war offensichtlich genug. Ihr tat das Schicksal dieses Mädchens nicht wirklich Leid, sie war selbst Schuld und sie war hinter dem Prinzen her. Dorothea verkniff sich jedes weitere Kommentar nur wegen ihrem Bruder, der krampfhaft ihre Hand hielt, nicht wusste, was er denn nun machen sollte und die Tränen nur unterdrücken konnte, indem er die die Zähne zusammenbiss, bis es schmerzte. Lui merkte, wie Lisette und Will ihn anstarrten und darauf warteten, dass er etwas sagte. Aber ansehen tat er keinen von beiden, er war am überlegen. Schon die Namen, aber auch die Art dieser beiden hatte etwas nostalgisches. Diese Art, wie sie zueinanderstanden, die er bisher nur einmal gesehen hatte. Konnte es denn sein…? „Dorothea, hast du deine Wundermedizin dabei?“ „Immer parat, mein Prinz“, sagte Dorothea und zog eine Flasche, in deren Inneren sich einer ihrer makaberen, fragwürdigen Zaubertränke befand aus ihren Dekolleté, doch ihr Lächeln verzog sich augenblicklich. „Ich soll doch nicht… Etwa ihr…? Aber Prinz, sie wollte Sie umbringen.“ „Das soll mein Problem sein. Gib es ihr jetzt, bevor sie verblutet! Und wehe dir es wirkt nicht!“ „Nun gut…“ Noch unsicher über diese Entscheidung hob Dorothea Gretel´s Kopf an und setzte die Flasche direkt an ihren Mund. Einige Tropfen liefen über ihrer Wangen und schließlich zu Boden, doch hatte sie mehr als genug zu sich genommen. „Das müsste reichen. In einer Woche, höchstens zehn Tagen müsste sie wieder bei bester Gesundheit sein“, erklärte sie und ließ Gretel dabei wieder behutsam in die Arme ihres großen Bruders sinken. Ohne jedes Verständnis schaute Hänsel die Gruppe an und stoppte bei Lui, der kaum eine Miene verzogen hatte. „Wieso… hilfst du uns…?“ „Nun, vielleicht aus Freundlichkeit? Oder Mitleid? Oder weil ich nicht sehen kann, wie junge, hübsche Mädchen leiden? Such dir etwas aus, wieso ich mich dazu bereiterkläre Leuten zu helfen, die mich umbringen wollen. Außerdem schuldet sie mir noch etwas…“ Ja, Lui hatte die Geschwister wiedererkannt. Er war ihnen vor vielen Jahren einmal begegnet und sie erzählten ihm ihre traurige Geschichte, wie sie im Wald beinahe verhungerten und mit einer Hexe das Haus teilten, bei ihrem Versuch ihn auszurauben. Damals hatte er ihnen eine Brosche geschenkt, samt dem Versprechen, dass sie sich irgendwann bei ihm revanchieren durften, dafür, dass er sie nicht an die Wachen verraten hatte. Und wie damals auch hatte er Mitleid mit ihnen, da er sah, welch ein Chaos das Rechtssystem seiner Vaters hervorbrachte und das unschuldige Kinder darunter leiden mussten. Genauso wie hier. Hinter wem waren die Lantern eigentlich her? Eigentlich nur hinter ihm, vielleicht auch Lisette. Aber ansonsten wurden alle anderen nur zufällig mit hineingezogen. „Es ist das Licht...“ Lui schreckte auf, zu überraschend kamen Hänsel´s Worte. Er kniete noch immer neben Gretel auf den Boden, das Gesicht Dank Hut und Kragen fast komplett vermummt und nicht erkennbar. „Die Untoten hassen das Licht, deswegen herrscht im Wald ewige Nacht. Er ist verhext und hält uns in der Dunkelheit gefangen. Licht… und Feuer zerstören die Black Lantern vollständig… Und vermutlich sogar ihren Anführer. Er stand… mit unserem Auftragsgeber in Kontakt. Aber dahinter steckt mehr… Viel, mehr. Dass ist alles… Alles was ich und Gretel wissen. Mehr können wir nicht für euch tun.“ „Oh… Vielen Dank.“ „Spar dir das… Ich tut das nicht um euch zu helfen“, fuhr Hänsel denn nun etwas eingeschütterten Will an, obwohl dieser ihm zu seinem Dankeschön zusätzlich nur die Hand reichen wollte. Seine bewusstlose Schwester nahm Hänsel auf seine Arme. „Aber so wie es aussieht, sitzen wir hier fest… Solange wie der Drahtzieher hier rumläuft.. Es beruht alles nur auf Gegenseitigkeiten. Außerdem… Außerdem habt ihr meine Schwester gerettet… Somit können wir wieder ungetrost Feinde sein, sollte diese Nacht irgendwann enden.“ Uns selbst wenn nicht, er wollte nicht bis zu dem Moment seines Todes in ihrer Schuld stehen. Nicht in der eines bösen Mannes der Prinz Julius, ihrem Auftragsgeber und langzeitigen Freund so viel Kummer bereitete, wenn seine Gnade für ihn ein Rätsel blieb. Dieses Verhalten passte nicht ganz in seine Gedankenwelt. Versteckt hinter mehreren Bäumen blickte Hänsel noch einmal zurück zu dem Prinzen, der nach seiner Meinung nicht besser war wie diese Verbrecher und Hexen, die sie sonst immer jagten, grillten und backten. Aber das stimmte so auch wieder nicht. Wie war das denn noch mit dem Drachen und dem König, der besiegt und ins ewige Feuer gesperrt wurde? War er nicht auch einst ein Engel gewesen? Und wenn Engel zu Dämonen wurden, konnten dann nicht Dämonen – und somit auch Hexen – auch Engel sein? „Dummkopf...“ Ihre Stimme zitterte und war so leise, dass man sie kaum hörte. Gretel´s Augen waren geschlossen, trotz vollen Bewusstseins. „Du… bist ein Dummkopf, Hänsel… Du hättest ihn töten sollen, so lautet unser Auftrag.“ „Und dich sterben lassen? Nun bist du der Dummkopf…“ Ihr Lachen war kaum zu hören, ihre Kräfte verließen sie schnell wieder und sie fiel erneut in einen tiefen Erholungsschlaf. Kurz bevor sie verschwanden, blickte Hänsel zurück in die Richtung, aus die er gekommen war und sich diese vier komischen Gestalte noch befanden. Und auch wenn Lui ihn nicht mehr in dem finsteren Dickicht erkennen konnte, glaubte er das dankbare, leichte Lächeln von Hänsel erkennen zu können. Ob die beiden ihn überhaupt wiedererkannt hatten? Lui zweifelte etwas daran. Aber so schlimm war es für ihn auch nicht… So blieben ihre Treffen noch länger sehr amüsant. „So, nun hast du, statt ihnen den Gar auszumachen das Leben gerettet und dafür gesorgt, dass dein Leben weiterhin in der Schusslinie von irgendwelchen Verrückten steht. Bist du zufrieden damit, den Leuten um dir herum damit Sorgen zu bereiten?!“ „Natürlich, schließlich war es eine gute Tat, egal wie man es sieht. Ich habe nun mal Mitleid mit geistigarmen Geschöpfen. Was denkst du, warum du hier bei uns bist“, antwortete Lui, genau darauf bedacht, Lisette zur Weißglut zu treiben, was ihn mit Freude erfüllte. Will platzierte sich zwischen die beiden, was sie aber nur mehr aufregte. „Also schön, wir sind sie ja los. Die sind aber nur das kleinere Übel gewesen. Wir haben immer noch einen Irren im Nacken sitzen“, erläuterte sie und Will blickte auf einmal zum Himmel. „He, seht mal.“ „Ah, dass ist Damian“, rief Dorothea, in der selben Sekunde landete die Katze mit Fledermausflügeln in ihren Armen, zusammen mit Unmengen Papieren in seinem angehängten Spezialrucksack, der er eigentlich immer dafür benutzt hatte, um Rapunzel das Essen zu liefern (von deren Aufgabe er nun endlich erlöst war, nun, da sie zweifache Mutter war und diesen Tollpatsch Silvio geheiratet hatte). „Ah, du hast also alles gefunden.“ „Dorothea, was ist das alles? Ahr, wir haben keine Zeit dafür, wir müssen diesen Rumpelsitzchen finden!“ „Ruhig Blut, Willhelm“, lachte Dorothea, was ihn aber erst nur mehr aufregte. „Ich habe Damian in mein altes Versteck geschickt. Wisst ihr, ich habe eine Befürchtung, was die Motive für dies alles hier angeht, war mir aber nicht ganz sicher. Ich hoffe, ich suche nicht zu lang, manche sind fast 40 Jahre alt.“ „Hilft uns das auch, den Zauber Rumpelstilzchens zu beenden?“ Auf die Frage kam keine Antwort, sie alle wurden von etwas abgelenkt. Man sah und hörte nichts, aber irgendwas erdrückendes lag in der Luft. Die Blätter fingen an zu rascheln und etwas bewegte sich über den Boden. Der Staub, der dabei aufgewirbelt wurde, vernebelte fast vollständig die Sicht. Lui hielt nach Will, Lisette und Dorothea Ausschau, sah aber dann nur dieses unbekannte etwas vor sich und stieg es von sich weg. Durch den plötzlich Schmerz zog er seine Hand reflexartig zurück und sah durch den Nebel schleierhaft, wie dieses Etwas wieder im Wald verschwand. Er starrte auf seine Finger, aus einem kam ein wenig Blut. Es war sicher ein Werk von Rumpelstilzchen, aber… Erst hatte er es für eine Schlange oder ähnliches gehalten. Aber das konnte nicht sein, wenn er an den Schmerz dachte. Er war sicher, dass es keine Schlange war, sondern das dieser stechende Schmerz von einer Dornenranke kam. „Lui, bist du in Ordnung?“, rief Will seinem Herrn zu, dieser antwortete aber nicht, sondern sprintete plötzlich in Richtung der Bäume. „Rennt weg, ich lenke ihn ab!" „Prinz Lui!!!", rief Will ihm hinterher und wäre ihm sogar beinah nach, doch hielt ihn jemand zurück. Lisette. „Aber…“ „Er weiß schon was er tut, also lass ihn einfach. Und glaub mir, diesmal sag ich dass nicht, weil ich seinen Kopf über den Kamin hängen will…“ Eher deswegen, weil sie Angst hatte, dass die Lantern ihn vielleicht wirklich erwischen könnten. Der Prinz war ihr für diesen Moment herzlich egal, aber Will nun mal nicht. Und sie wusste, er würde keine Ruhe geben, ehe Prinz Lui nicht wieder bei ihnen wäre. So sehr sie sich dagegen sträubte, sie musste sich nun wirklich etwas einfallen lassen, wie sie diesem Mistkerl aus der Patsche helfen konnten. „Oh Nein...", murmelte Dorothea hinter ihnen, ihr Blick ruhte noch immer auf den Papieren, die Damian ihr gebracht hatte, ihre Finger berührten ihre zitternde Unterlippe. „Was? Dorothea?" „Es ist, wie ich befürchtet hatte..."... Lui verlangsamte sein Tempo, als er sicher war, dass ihn das verhexte Gestrüpp nicht mehr verfolgte. Alles war zwar still, aber es war beunruhigend. Sicherlich lauerte der nächste Lantern hier irgendwo und sehnte sich nach seinem Herzen. Ein Feld über und über bewachsen mit Heidekraut. „Welch eine Ironie", seufzte er und blickte fast verträumt über das Blumenfeld. Ein wunderschöner Anblick. Aber auch sein Letzter? Die Blumen bewegten sich unruhig, als hätte sie etwas verschreckt und nun erkannte der Prinz Umrisse im Blütenmeer. Aus den Umrissen wurde eine klare Gestalt, die sich langsam erhob und deren maskenhafter Blick direkt auf Lui fiel. „Schön dich wieder zu sehen... Idike..."... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)