Sturmvogel von Herzfinster (Fortsetzung zu "Lebenslinien") ================================================================================ Kapitel 3: Unsichtbar --------------------- Sturmvogel – Kapitel 3 – Unsichtbar Autor: Herzfinster Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte an Naruto gehören irgendwem anders, jedenfalls nicht mir! Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeit zu lebenden und toten Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors. ~~~~~~~~~~ ~~~~~~~~~~ Es war kalt an diesem Tag. So unfassbar kalt. Naruto kniete auf dem Boden. Kleine Eisflöckchen wirbelten durch die Luft und hüllten sie beide ein. Er hatte keine Ahnung, was hier genau passierte. Dieses Jutsu war ihm vollkommen fremd. Darüber hatte man ihnen in der Schule nichts beigebracht. Niemand hatte etwas davon gesagt, dass es so kalt werden konnte... Seine Finger waren völlig steif, doch nicht wegen der Kälte. Er spürte das Gewicht des anderen Körpers auf seinem Arm lasten. Seltsamerweise ging von ihm keine Wärme aus. In seinem Kopf rauschte es ganz fürchterlich, so als würde ein Sturm wüten. Naruto blickte fassungslos in die dunklen Augen, die ihn schmerzlich, beinah flehend ansahen. Am liebsten hätte er geschrien, wäre aufgesprungen und hätte irgendetwas getan. Irgendetwas, irgendetwas, nur nicht hier rumsitzen und zuschauen. Sasuke sagte irgendetwas, doch er konnte seine Stimme nicht hören. Er war nur ein Zuschauer aus weiter Ferne. Eine bleiche Hand streckte sich nach ihm aus, aber Naruto konnte sie nicht ergreifen. Er wollte es. Er wollte schmerzlich diese Hand fassen, doch sein Körper gehorchte nicht seinem Willen. Dann schloss Sasuke die Augen und sein Kopf kippte zur Seite. Ein letzter Atemzug. Ein letzter Herzschlag. Naruto sah, wie sich sein Gesicht veränderte. In seinen Armen lag nicht mehr der kleine Junge aus seiner Erinnerung, sondern ein junger Mann von fast achtzehn Jahren. Beide Bilder überlagerten sich, wurden eins und doch nicht. Alles verschwamm. "Atme...", flüsterte Naruto und der leblose Körper wurde mit einem Mal so unsagbar schwer, "Atme!" Seine Hände wurden plötzlich nass. Blut drang durch Sasukes weiße Kleidung und färbte alles rot ein. "Was...?" Das Blut war überall, durchnässte Narutos eigene Kleider und breitete sich innerhalb von Sekunden um sie herum aus. Woher kam all das Blut? Da war keine größere Wunde. Wie konnte das nur sein? Narutos Hände tasteten seinen Körper ab. "Nein... Nein... Sasuke..." Er konnte nichts tun. Wie immer konnte er nichts tun um zu helfen. Sasuke war so kalt und weiß. Und überall war Blut. Überall... Alles war voller Blut... Naruto riss die Augen auf und alles war dunkel. "Sasuke...?" Sein Herz schlug heftig und er war schweißnass. Es dauerte einen Moment bis er erkannte, wo er war. Dies war sein Schlafzimmer. Er hatte geträumt. Der Wind verfing sich in den dünnen Vorhängen und brachte den Geruch der Nacht mit ins Zimmer. Sasuke saß auf seinem Bett und starrte zum Fenster heraus. Nur wenige Lichter brannten noch im Dorf und kein Mond war am Himmel zu sehen. Sasuke konnte nicht schlafen. Er träumte schreckliche Dinge, wenn er es versuchte. Bisher hatte er sich immer gut über Wasser gehalten. Mental. Es klappte ganz passabel, wenn man nicht zu viel nachdachte. Sasuke tat einfach, was er tun musste und machte sich keine Gedanken. Er lebte von einem Tag zum nächsten und ging dabei ganz in seiner Rolle auf. Kamome Akira. Nicht Uchiha Sasuke. Uchiha Sasuke hatte Alpträume fast jede Nacht und wachte pünktlich um 04:00 Uhr morgens auf um dann im Zehn-Minuten-Takt auf den Wecker zu sehen, wann es denn endlich morgen war. Kamome Akira fiel abends wie ein Stein ins Bett und erwachte auch ohne Wecker täglich um 06:00 Uhr ohne sich auch nur einmal umgedreht zu haben. Er hatte keine Alpträume, da es nichts gab, von dem er träumen konnte. Nur manchmal träumte er von seiner Familie zuhause. Was absurd war, denn diese Menschen waren nicht real. Sasuke hatte sie sich ausgedacht. Aber er lebte diese Lüge nun schon so lange und so überzeugend, dass er manchmal beinah selbst glauben könnte, dass er der Sohn von Kamome Satoshi und Ayumi war. Seine Schwestern hießen Ryuoko und Kaori. Sie hatten einen kleinen Goldfisch als Haustier, den sie Mimi-chan nannten. Ja, das alles hatte er sich ausgedacht und noch viel mehr. Damit er schnell eine Antwort geben konnte, wenn ihn jemand nach seiner Familie fragte. Im Geiste ging er die Geschichten immer wieder durch und studierte seine Rolle so immer mehr ein. Das hatte bisher gut geklappt. Seit einigen Tagen jedoch fühlte er sich seltsam erschöpft, durcheinander und aufgewühlt. Die Grenze zwischen Akira und Sasuke verschwamm. Er musste sich dringend beruhigen oder seine Maskerade würde auffliegen. Dann hätte er ein Problem. Lag es an Hinata? Er hatte sie auf dem Markt stehen sehen und war einfach weitergegangen ohne etwas zu empfinden. Aber als sie ihn ansprach... Sasuke schloss die Augen und atmete ganz ruhig durch. Gut, er war jemandem aus seinem alten Leben begegnet. Na und? Das durfte ihn doch nicht so aus der Bahn werfen! Sie waren Shinobi und die trieben sich nun mal überall herum. So wie Ameisen... Kein Grund, sich aufzuregen. Er brauchte seine volle Konzentration für sein Ziel. Erst Recht jetzt, da Akatsuki endlich Kontakt mit ihm aufgenommen hatte. Sasuke überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis sein Verhältnis zu Kakuzu derart gefestigt war, dass er ihn nach Itachi fragen konnte. Ganz unverfänglich natürlich und aus bloßer Neugier. Er würde viel Geduld haben müssen... Nachdem er geduscht hatte fühlte sich Naruto schon wieder etwas besser. Schlafen konnte er nicht mehr, also war er bereits aufgestanden und machte sich fertig für den Dienst. Auch wenn es Schwachsinn war, so früh da zu sein. Kakashi kam ohnehin wieder zwei Stunden zu spät, so wie immer. Er füllte den Wasserkocher und schaltete ihn ein, ebenso im Vorbeigehen das Radio. "Es ist 07:00 Uhr. Antenne Konoha, Nachrichten..." Aber Naruto hörte kaum zu. Ihn interessierte ohnehin nur der Wetterbericht. Als er sich fertig angezogen hatte, kochte auch das Wasser. Naruto setzte sich und machte sich sein Frühstück – also Wasser in einen Plastikbecher gießen und umrühren. "Und nun zum Wetter: Die Sonne zeigt sich heute nur selten bei Temperaturen von bis zu 17 Grad. Die aktuelle Konoha-Temperatur an unserer Wetterstation beträgt 11 Grad. Antenne Konoha – wir spielen eure Musik!" Naruto brach die Essstäbchen auseinander und wollte sich gerade die ersten Nudeln in den Mund stecken, als jemand sehr energisch an die Tür klopfte. "Naruto!", hörte er Shikamarus Stimme von draußen, "Bewegt deinen Arsch hier raus! Wir wurden alle ins Hokage-Büro gerufen!" Shikamaru riss die Tür auf. "SOFORT!" Das hörte sich ernst an. Naruto schaltete das Radio aus, schnappte sich seine Taschen, das Stirnband und den Hausschüssel. Zehn Minuten später standen sie alle in Tsunades Büro. Naruto hatte ein ungutes Gefühl. Tsunade hatte nicht nur Shikamaru und ihn, sondern alle Chu-Nin ihres Jahrgangs plus Team Gai rufen lassen zusammen mit den Jo-Nin, die sie ausgebildete hatten. Was sollte dieser Aufmarsch? Tsunades Gesicht zeigt eine ernste Miene. Alle Ninja im Raum sahen sie erwartungsvoll an. Naruto spürte ihre Anspannung. Tsunade ließ sie nur dann alle zusammen zu sich rufen, wenn wirklich etwas Ernstes passiert war oder passieren könnte. Was konnte so wichtig sein, dass sie fünfzehn Ninja zugleich brauchte? Und dann sie und nicht welche mit mehr Erfahrung? Tsunade schloss die Augen und atmete tief durch bevor sie zu sprechen begann. "Ich habe Informationen erhalten, dass sich Uchiha Sasuke in der Nähe von Konoha aufhalten soll." Naruto horchte auf. Ein Jahr hörte man nichts von ihm und plötzlich wussten alle, wo er steckte? Sein Blick wanderte zu Sakura. Sie schien überhaupt nicht überrascht zu sein, eher äußerst gefasst. Als hätte sie es bereits gewusst. Jetzt wurde Naruto alles klar. Sie hatte Hinata und ihn belauscht und es Tsunade gesteckt. War ihr denn nicht klar, was das bedeutete? Wieso hatte sie nicht zuvor mit ihm gesprochen? Stattdessen rannte sie sofort zu Tsunade und mobilisierte all ihre Freunde ohne nachzudenken.. "Ich werde euch in Suchtrupps einteilen und wir werden das gesamte in Frage kommende Gebiet durchkämmen.", fuhr Tsunade fort, "Wenn ihr eine Spur von ihm entdeckt, dann macht ihr sofort Meldung. Wir wissen nicht, was Sasuke vor hat. Vielleicht ist es gefährlich, sich ihm zu nähern. Keine Alleingänge!" Naruto verstand es nicht. Sasuke hatte ihr doch sicher alles in seinem Brief erklärt. Weshalb tat sie das? Wieso sagte sie solche Dinge? Naruto saß zwischen den Stühlen. Wenn sie jetzt eine groß angelegte Suchaktion starteten, dann brachten sie Sasuke vielleicht in Gefahr. Immerhin hatten sie keine Ahnung, wo er gerade war und was er tat. Wieder glitt sein Blick zu Sakura. Wenn er jetzt etwas sagte, würde sie ihm das sicher nicht verzeihen. Er musste mit Tsunade alleine sprechen. "Bereitet euch vor. In einer Stunde startet die Mission. Treffpunkt ist das Haupttor." "Ja!", antwortete alle Ninja im Chor und liefen los. Nur Naruto blieb stehen und wartete, bis auch der letzte Shinobi die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Dass er fehlte, war offenbar keinem aufgefallen. Tsunades Blick ruhte auf dem Jungen. "Ich dachte mir schon, dass du mit mir sprechen willst", sagte sie. Naruto sah sie eine Weile schweigend an. Er war sich ziemlich sicher, dass er Tsunade vertrauen konnte. Sie setzte ja ebenso ihr Vertrauen in ihn. Deshalb verstand er ihr Handeln umso weniger. "Was soll das?", fragte er, "Wieso sollen wir nach ihm suchen? Du weißt doch, was er vor hat!" Tsunade blickte nun aus dem Fenster. "Die Ältesten", sagte sie schlicht. Naruto verstand nicht. "Sie haben gehört, wie Sakura mit mir gesprochen hat. Sie fürchten Sasuke und das, was er tun könnte." Die Hokage drehte sich um und legte die Hände auf die Rückenlehne ihres Stuhls. "Ich gehe nicht davon aus, dass einer von euch ihn findet", fuhr sie zu Narutos Überraschung fort, "Er ist sicher längst nicht mehr dort. Aber ich kann nicht einfach nichts tun, wenn mir die Ältesten auf die Finger schauen." "Wie meinst du das?" "Naruto, wenn ich nichts unternehme, dann wissen sie sofort, dass ich ihn decke. Wir suchen ihn, finden ihn nicht und alles war nur ein Gerücht. So ist allen geholfen." Naruto senkte den Blick. "Das gefällt mir nicht." "Mir auch nicht, Naruto. Aber mehr können wir im Augenblick nicht für ihn tun." Er seufzte. "Und Sakura?" "Ich hoffe, sie rafft sich ein wenig auf, aber... Naruto, achte bitte auf sie. Ich fürchte, sie könnte etwas Unüberlegtes tun, wenn sie merkt, was hier läuft." Naruto nickte. Die Befürchtung hatte er auch. Er verstand nun ein wenig mehr von den Sorgen und Pflichten eines Hokage. Er fühlte sich hin- und hergerissen zwischen seiner Loyalität zu Sasuke und derjenigen zu Sakura. Und irgendwo dazwischen war er als Shinobi auch noch Konoha verpflichtet. Sein gerader Ninja-Weg war mit einem mal gar nicht mehr so gerade wie er immer geglaubt hatte. Sakura warf die Haustür hinter sich zu, stürmte die Treppe hoch in ihr Zimmer und warf noch im Laufen ihren Rucksack auf das Bett. Sie kippte ihn aus und sortierte die Dinge, welche auf die Bettdecke gefallen waren nach Wichtigkeit. Am Ende packte sie so viele Medikamente und Verbandsmaterial ein wie der Rucksack nur fassen konnte. Sie gab sich nicht der Illusion hin, dass Sasuke so einfach mit ihnen kommen würden, wenn sie ihn denn fanden. Er würde sicher versuchen zu entkommen, vielleicht sogar gegen sie kämpfen. Aber darauf war sie vorbereitet. Von Shizune hatte sie sich den Trick mit den Giftpfeilen abgeschaut. Sie hatte ein ganzes Bündel davon dabei, alle präpariert mit einem Betäubungsmittel, mit dem sie selbst den Kyuubi ausschalten könnte. Sakura war fest entschlossen ihn wieder heim zu holen, was es auch kosten würde. Wenn er ihr keine andere Wahl ließe, dann würde sie sogar gegen ihn kämpfen. Und sie wusste, sie hatte die Kraft, ihm ohne große Anstrengung Arme und Beine zu brechen, wenn es nötig war. Wenn es nötig würde... Tsunade hatte zwar gesagt, sie sollten keine Alleingänge starten, aber Sakura wusste bereits, dass sie sich kaum würde zurückhalten können, wenn sie ihm begegnete. Sie würde kämpfen, um Sasuke kämpfen mit aller Kraft. Und wenn sie ihn mit dem letzten Atemzug niederschlug, sie würde es tun. Sakura packte noch etwas Wasser und Proviant ein, dann schulterte sie ihren Rucksack und lief die Treppe wieder hinunter. "Ka-san! Ich muss los, kann sein, dass ich erst in ein paar Tagen wieder da bin!", rief sie noch, schlüpfte in ihre Schuhe und rannte los zum Treffpunkt. Shikamaru nervte das alles total an. Der gesamte Suchtrupp hatte sich pünktlich eingefunden und sich dann auf den Weg in das Dorf gemacht, in welchem Sasuke angeblich – von wem auch immer – gesehen worden sein sollte. Von dort aus sollten sie in kleinen Teams ausschwärmen und die angrenzenden Ortschaften durchkämmen bis sie etwas fanden. Klang ja eigentlich ganz simpel und wenig anstrengend, viel Lauferei zwar aber keine großen Ansprüche an das Denkvermögen. Nur gucken und laufen. Sollte eigentlich jeder hinkriegen. Und es hätte auch ein recht unaufregender, ja geradezu entspannter 'Wandertag' werden können. Gäbe es da nicht etwas, was unnötige Hektik, Lautstärke und Stress in die ganze Aktion gebracht hätte: ein Mädchen. Aber was sollte einem Mann auch sonst Probleme bereiten an solch einem Tag? Frauen waren einfach nur anstrengend, fand Shikamaru. Dass seine Kameraden hinter seinem Rücken ständig irgendwelche Schwulenwitze rissen war ihm dabei durchaus bewusst. Aber das kümmerte ihn wenig. Er hatte das Wesen der Frauen durchschaut und der heutige Tag bestätigte ihn in seiner Meinung, dass sie alle eine Plage der Götter waren um die Männer dieser Welt zu quälen. Sakura hatte sie wie eine Furie gescheucht, bis sie sich endlich aufteilten und ihre Gruppe sie los war. Dieses Mädchen hatte eindeutig den Verstand verloren, fand Shikamaru. Wochenlang konnte man mit ihr nichts anfangen, sie versank in Depressionen und heulte ständig – und dann benahm sie sich wie Tsunade höchst persönlich und kommandierte sie herum. Asuma hatte Ino und Shikamaru zusammen losgeschickt um die Gegend im Südwesten abzusuchen. Ino schien voller Tatendrang. Offenbar ging sie wirklich davon aus, dass sie Sasuke einfach auf offener Straße begegnen würden und er ohne Widerstand zu leisten einfach mit ihnen gehen würde. Aber noch wollte Shikamaru ihre Hoffnung nicht zerstören. Ino war ihm lieber, wenn sie gute Laune hatte. Das erste Dorf auf ihrem Weg war Kiri no Tani, ein kleiner Ort am sprichwörtlichen Arsch der Welt. Ein Dorf, in dem man nicht mal tot über einem Zaun hängen wollte. Das fand jedenfalls Shikamaru. "Wie sollen wir anfangen?", fragte Ino, "Einfach die Leute befragen?" Shikamaru ließ den Blick über die Straße schweifen. "Naja... Ich weiß nicht, ob das so viel bringt." Sie waren hier eindeutig am Hinterausgang der Welt... Vor einem Lebensmittelladen blieb Ino stehen. "Hey, wenn jemand Sasuke-kun hier gesehen hat, dann weiß der Ladenbesitzer das doch sicher!" "Wie kommst du darauf?" "Die ganzen Klatschtanten des Dorfes gehen hier täglich ein und aus. Wenn Sasuke-kun hier war, dann hat sich das sicher rumgesprochen!" Sie öffnete die Ladentür und trat ein. Shikamaru folgte ihr und sah sich im Inneren des Ladens erst einmal um. Hinter dem Tresen stand ein alter Mann, klein, fast schon kahl und ziemlich rundlich. "Guten Tag", sage er und Shikamaru nickte ihm zu. "Bist du sicher, dass der irgendwas weiß?", fragte er Ino. Irgendwie hatte das führ ihn wenig mit der Arbeit eines Shinobi zu tun. Ino nahm eine Flasche Wasser aus dem Regal. "Dann frag den Typen doch einfach, dann werden wir ja sehen." Shikamaru murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Er hielt es für sehr unwahrscheinlich, das sie Sasuke finden würden, ganz egal, wie lange sie suchen würden. Wenn er nicht gefunden werden sollte, dann würde das auch nicht passieren. Der Ladenbesitzer packte gerade die Einkäufe einer alten Dame in eine Tüte als Shikamaru ihn ansprach. "Entschuldigung, wir suchen einen Kameraden von uns. Etwa in unserem Alter, schwarze Haare, dunkle Augen. Sein Name ist Sasuke." Der Mann blickte auf. "Einen Shinobi sucht ihr?", hakt er nach. Ino nickte. "Nun, es gibt in diesem Dorf einige junge Männer in eurem Alter mit schwarzem Haar, aber nur einen, der Sasuke heißt. Er ist der Sohn des Schmieds und sicher kein Shinobi." Er reichte seiner Kundin ihre Tüte. "Was ist denn mit dem Jungen, der sonst hier arbeitet?", fragte sie. Doch der Ladenbesitzer winkte ab. "Akira? Nein, nein, Akiras Vater ist Buchhalter in Nami no Kuni. Dort gibt es keine Shinobi." Shikamaru fragte dennoch nach. "Wer ist dieser Akira?" "Oh, ein sehr netter Junge", erwiderte die alte Frau, "Er arbeitet hier um seine Familie zu unterstützen. So weit weg von Zuhause..." "Ist das nicht seltsam?", fragte Shikamaru, "So weit zu reisen um in einem Laden zu arbeiten?" Der Ladenbesitzer zuckte mit den Schultern. "Wohin der Weg einen eben führt, nicht wahr? Man kann sich eben nicht alles aussuchen im Leben." Ino und Shikamaru ließen es dabei bewenden. Sie bezahlten und verließen den Laden. Sasuke hatte sich eine Woche frei genommen. Kakuzu war viel schneller wieder bei ihm aufgetaucht, als er erwartet hatte. Auch dieses Mal hatte er wieder einen Steckbrief und eine Karte mitgebracht. Als Sasuke jedoch die Mappe aufschlug, fielen ihm gleich vier Steckbriefe entgegen. Sein Ziel war dieses Mal eine ganze Bande. "Weshalb tust du das?", hatte Kakuzu ihn gefragt. "Was denn?" "Du könntest ein großer Kopfgeldjäger sein, aber du machst nur die Drecksarbeit für andere Leute." Sasuke blätterte die Seiten der Mappe durch. "Sagen wir so: ich mache das nur, um mir einen gewissen Ruf anzueignen." "Du willst dir einen Namen machen." "Exakt." Kakuzu hatte ihn lange angesehen. "So ein Junge wie du ist mir noch nie begegnet", sagte er schließlich. Sasuke verglich die Informationen in den Steckbriefen mit der Karte. "Und für Euch lohnt es sich, mich zu beschäftigen?" "Du erledigst für mich all diejenigen, die mir sonst durch die Lappen gehen könnten wegen meiner Verpflichtungen. Die Gewinneinbußen am Kopfgeld sind gering im Vergleich zu dem, was ich zusätzlich durch dich verdiene. Und es spart mir Zeit und Arbeit." "Dann ist es ja für uns beide gut." Sasuke packte alles zusammen in die Mappe und legte sich bereits einen Plan zu Recht. Nach drei Tagen schließlich kehrte auf der letzte Suchtrupp wieder nach Konoha zurück. Keines der Teams hatte auch nur eine Spur entdeckt. Einige Male waren sie auf Jungen gestoßen, die nach Meinung der Leute auf die Beschreibung der gesuchten Person passten, aber den richtigen Sasuke fanden sie nicht. Sakura wirkte enttäuscht und hörte bei der Schlussbesprechung kaum zu. Tsunade wollte keinen erneuten Suchtrupp losschicken bis sie nicht wieder etwas von Sasuke hörten. Sie brauchte ihre Shinobi für andere Aufgaben. Naruto wusste, dass Sakura ihr diese Entscheidung übel nahm, aber er wusste auch, was Tsunade wirklich tat. Letztendlich schickte sie sie alle nach hause. Sie sollten sich ausruhen und dann ab morgen ihren normalen Dienst wieder aufnehmen. Naruto wollte nach hause und einfach nur ein wenig Ruhe haben. Es war anstrengend die ganze Zeit so zu tun, als wüsste er von nichts. "Naruto?" Er drehte sich zu Sakura um. "Ja?" "Hinata-san hat doch die Wahrheit gesagt, oder?", fragte sie. Ihre Augen wirkten müde. Naruto blickte sich um. Sie standen mitten auf der Hauptstraße. "Wir sollten hier nicht darüber reden, Sakura-chan", meinte er nur. "Was soll das bedeuten, Naruto?" Er schüttelte den Kopf. Sakura musterte ihn skeptisch. "Naruto, du weißt doch irgendetwas, was ich nicht weiß. Was verschweigst du mir denn?" Naruto trat dicht an sie heran. "Wir werden Sasuke nicht finden", sagte er, "Es hat keinen Sinn ihn zu suchen, das hatte es von Anfang an nicht. Also denk nicht mehr darüber nach." Fassungslos sah sie ihm in die Augen. "Er... Er ist dein Freund, Naruto! Unser Freund! Wie kannst du... Wie kannst du ihn einfach aufgeben?" "Ich gebe ihn doch nicht auf – es ist nur..." "Was?" "Das kann ich dir nicht sagen." Naruto wandte sich ab. Es war schwer, so mit ihr zu reden und es tat ihm Leid, dass er sie so behandelte. Sakura senkte den Blick. Naruto griff in die Innentasche seiner Jacke. "Du musst das Ganze auf sich beruhen lassen. Es ist besser für uns alle drei." Er griff nach ihrem Handgelenk und drückte ihr die kleine Schriftrolle in die Hand. "Sorg dafür, dass das niemand außer dir liest. Die alten Säcke haben schon die Ohren gespitzt. Wenn wir weitermachen, dann bringen wir ihn nur in Gefahr." "Naruto, was..." "Tu einfach was ich dir sage, Sakura-chan. Mir gefällt das auch nicht." Auch dieses Mal war Kakuzu mit der Arbeit seines neuen Handlangers äußerst zufrieden. Sie trafen sich allerdings nicht wie zuvor in dem kleinen Laden, sondern direkt bei einer der Einlösestellen. Das war Sasuke auch ganz lieb so. Er hatte Sorge, dass die häufige Anwesenheit von Akatsuki in dem kleinen Dorf und insbesondere in seinem Laden unbequeme Fragen aufwerfen würde. In den nächsten Monaten erhielt er noch einige Male Aufträge von Kakuzu. Immer nach demselben Prinzip und zu derselben Vergütung: 10 % vom Kopfgeld, gleich wie hoch es war oder wie schwierig der Auftrag. Dieses Erfolgshonorar kümmerte Sasuke zwar wenig, doch langsam wusste er nicht mehr, was er mit dem Geld eigentlich anfangen sollte. Auch wenn es zum großen Teil Verbrecher waren, die dafür hatten sterben müssen, so haftete dem Geld doch etwas Schmutziges an. Es war eine Mordprämie die er von Kakuzu bekam, nicht mehr und nicht weniger. Einen Teil des Geldes investierte er in bessere Ausrüstung – in einer Gegend, in der keine Shinobi lebten, war es schwierig an Kunai oder Shuriken zu gelangen, geschweige denn an andere vernünftige Waffen. Den Rest packte Sasuke in eine Plastiktüte und verstaute diese in seinem Rucksack. Sakura hatte den Brief aufmerksam gelesen. Wieder und wieder bis sie ihn fast auswendig kannte. Es war seltsam diese Worte zu lesen, die überhaupt nicht für sie bestimmt waren. Der Stil war vollkommen anders, ebenso die Worte, mit denen der Brief verfasst war. Sasuke sprach in diesem Brief einige Dinge an, die wohl nur Naruto ganz verstand, da sie Bezug auf gemeinsame Erlebnisse nahmen. Das Meiste aber verstand Sakura auch so und es beunruhigte sie, was sie dort las. Der Brief an Naruto recht sachlich und sie erfuhr daraus Dinge, die Naruto ihr bisher verschwiegen hatte, was sie nicht unbedingt glücklicher machte. Aber noch mehr deprimierte sie die Leere, mit der sie zurückblieb. Die Worte gaben ihr keine Hoffnung oder Sicherheit. Es war einfach nur eine Botschaft an eine andere Person. Als würde Sasuke neben ihr stehen und doch nicht mit ihr sprechen. Aber was hatte sie auch erwartet? Trotzdem schmerzte es sie. Ihre Suchaktion war vollkommen sinnlos gewesen und ohne jeden Erfolg. Sie hatten versagt. Sie hatte versagt. Sasuke war nun noch viel weiter fort als jemals zuvor. Bisher hatte immer sein Schatten über ihr geschwebt. Aber jetzt... Voller Wut war Sakura zu ihrem Trainingsplatz gegangen und hatte ihrer Traurigkeit, ihrer Verzweiflung und Rage freien Lauf gelassen. Sie schlug auf Bäume und Felsen ein bis ihre Hände bluteten. Tränen nahmen ihr die Sicht und sie schrie sich heiser, so als könne sie gar nicht genug Energie auf einmal aus ihrem Körper freilassen. Völlig erschöpft fiel sie auf die Knie und schlug mit den Fäusten auf den Boden ein. Sie hasste Sasuke. Sie hasste ihn dafür, dass er sie mit ihrem Schmerz allein ließ, ihn billigend in Kauf nahm und sie einfach verlassen hatte. Sie hasste ihn dafür, dass es ihn nicht kümmerte, wie sie fühlte. Und sie liebte ihn für die Worte, die er ihr hinterlassen hatte, für diese sanften und sorgenvollen Zeilen. Jeder Strich, bei dem er nur an sie gedacht hatte. Und wieder hasste sie ihn, weil sie ihn so sehr liebte, dass sie der Schmerz in die Knie zwang. Sakura schrie heiser auf und weinte, weinte, weinte, weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte. TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)