Das merkwürdige Fest des Priesters von Justy (18. Kalendertürchen des Adventskalenders) ================================================================================ Entstehungsjahr: 2009 Autor: -------- Wie konnte man etwas vollständig reparieren, was schon in einem solchen Maß zerstört war, dass Gebiete übergreifend keiner mehr den anderen traute? Stand es überhaupt im Bereich des möglichen wieder eine Gesamtheit herzustellen, die den Frieden nährte und Hoffnung darauf gab, dass keine weiteren unschuldigen Menschen den grässlichen Verlauf der Bürgerkriege zum Opfer fallen würden? Konnten sie sich nicht alle einfach untereinander versöhnen und einsehen, dass es keinen Sinn hatte mit ihrem Tun, ihr eigenes Land in Schutt und Asche zu legen? Schon das nun mehr fünfte Mal – sie hatte selbst mitgezählt – drehte sie sich in ihrem Bett herum und versuchte die herrschende Kälte von sich abzuwenden, doch selbst die Decke gab ihr keinen wärmenden Schutz. Rührte die Temperaturabsenkung doch vom rein innerlichen her und würde wahrscheinlich nur zu einem Ende gelangen, wenn sie sich fröhlicheren Gedanken widmen würde. Erst Gestern wieder hatten sie es gewagt die angebauten Reisfelder zu verbrennen, das Hauptnahrungsmittel des Ainu Clans und somit so gut wie einzige Möglichkeit, um den immerwährenden Hunger zu stillen. Glücklicherweise konnte sie, Itsuki, noch rechtzeitig eingreifen und verhindern, dass das vernichtende Feuer auf die leichtentzündlichen Häuserfronten überging. Aber das schaffte sie auch nicht immer, nicht wenn sie es mit übermächtigen Gegnern zu tun hatte, die aus lauter Freude heraus, anderer Leute Dörfer in Brand steckten, weil sie nicht nach ihren Willen tanzten. Gerade sie waren es, die Itsuki so einige an schlaflosen Nächten bereiteten. Nur wegen ihnen sann sie auf Rache und ging mehr und mehr Fragen wie ‚Warum muss es immer uns Bauern treffen’ nach, die sie nicht zu beantworten wusste. Manchmal dachte sie, es würde genügen den Übeltäter zur Rede zu stellen und ihm ihre Situation zu erklären, doch sollte dies ein Ding der Unmöglichkeit darstellen, besonders wenn es sich dabei um den Oda Clan handelte. Ihr Hass galt dabei aber lediglich Oda Nobunaga, dem Anführer alles Bösen und der selbsternannte Dämonkönig des sechsten Himmels. Er hatte kein offenes Ohr für einfache, leidende Bauern, die ihm sowieso nur im Weg waren. Ihm waren sogar seine eigenen Untertanen – es gab nur wenige Ausnahmen – nichts wert, sie erfüllten einzig und allein die Funktion von Kanonenfutter oder niedrigeren. Itsuki konnte sich nicht in so eine Person hineindenken, nicht den Sinn dahinter verstehen was ihn dazu antrieb so einen Charakterzug innezuhalten und sich für etwas zu halten, was man mit einem Gott gleichsetzten konnte. Entfernter sprach man auch von einem Kleinfürsten mit dem Namen Mouri Motonari, der nur die Schönheit in seiner eigenen Person kannte und ebenfalls wahllos Gegenden und Dörfer Angriff, selbst seine eigenen Untertanen sollte er nicht selten Schaden zufügen. Fürsten, Samurai, sie waren doch alle gleich grausam und böse und konnten nichts anderes als über das Leid und den Schmerz anderer zu herrschen. Was war am Ende übrig, wenn es so weiter ging? Wie lange würde es dauern, bis sie die tapfer dagegenhaltenden Ainu ausgerottet hatten? Itsuki mochte nicht daran denken. Sie musste endlich handeln, egal ob sie selbst eigentlich den Krieg verabscheute, wenn man nicht anders gegen an kam, dann musste man gleiches mit gleichen bekämpften. Gab es denn keine Alternative? Heimlich mogelten sich ein paar Tränen zwischen Itsukis Augenliedern, als sie sich im Bett aufrichtete und die Decke enger um ihren schmalen Körper zog. Doch es gab jemanden, der genau den gleichen Weg einschlagen wollte, den sie anstrebte. Der ihr versucht hatte zu erklären, dass nicht alle Samurai von Grund aus schlecht waren. Wenn sie an ihn dachte, an den stolzen blauen Samurai, schöpfte sie immer wieder aufs neue Mut und ihre Tränen versiegten so schnell wie sie gekommen waren. So war es auch dieses Mal der Fall. Mit einem Satz war sie aus ihrer nächtlichen Ruhestätte hinaus und stand nun auf den hölzernen Boden der kleinen Hütte, die sie ihr Zuhause nannte. In seiner vollen Größe an der Wand gelehnt, stand der übergroße Hammer, den sie vom Reisgott erhalten hatte. Mit diesen vermochte sie sich zu wehren, gegen all das, was sich gegen ihr Volk richtete und die Bauernschaft Angriff. Zugleich war es auch ihr wertvollster Schatz, eine Anerkennung des Mutes, dass der Gott des Reises an sie glaubte, auch wenn sie noch ein Kind war. Und gleichauf erkannte das Mädchen mit dem silberfarbenen Haar das kleine goldene Glöckchen, dass jemand Gewisses, an den sie sich nicht gerne erinnerte, an den Griff der Waffe befestigt hatte, damit sie an das bevorstehende Fest dachte, welches die Christen zu feiern pflegten. Vor kurzem hatte sie Zabiis Kirche einen Besuch abgestattet. Sie war zwar nicht auf guten Fuß mit der ausländischen Persönlichkeit, die von Merkwürdigkeit nur so trotzte, aber hegte er wenigstens eine nicht ganz so finstere Auffassung, was aus Japans Zukunft werden sollte. Wenn es nach ihm ginge, so mussten alle denen er begegnete zum Christentum übergehen und den Pfad der Liebe einschlagen, wenn sie auch seine Definition von Liebe nicht wirklich zu verstehen vermochte. Bis dato hatte er schon fast eine Armee von Gläubigen um sich gescharrt, die ihn wie einen Gott anbeteten, doch war ihm das noch längst nicht genug. Ob er Erfolg haben wird, bleibt aber immer noch umstritten. Itsuki interessierte sich gelegentlich für das, was er über die Welt die er kannte zu erzählen wusste, auch wenn man sein gesprochenes Japanisch nicht immer hundertprozentig verstehen konnte, da es mit einen fremdländischen Akzent versehen war. Als die religiöse Person die er war, war für ihn aber das anstehende Weihnachtsfest, das wichtigste Datum überhaupt. Itsuki hatte ihm schließlich doch lange zugehört, wie er über die Ursprünge des - wie er es zu nennen pflegte - Fests der Liebe erzählte, auch wenn es sie insgeheim ärgerte, dass er dieses komische Weihnachten vor Neujahr stellte, welches doch viel Bedeutsamer war, da es das neue Jahr einleitete. Und doch stieg das Interesse, auch wenn sie ursprünglich aus einen ganz anderen Grund in sein Territorium gekommen war, nämlich um von der Kirchengegend aus, besser zum Reisgott beten zu können, dem sie ihren Dank aussprechen und gleichzeitig ihr Leid klagen wollte. Das Ainu Clan Mädchen ergriff den riesigen Hammer und schwang ihn ein paar Mal herum. Das daran baumelnde Glöckchen klingelte im Takt, wie zu einer nicht hörbaren Musik, die Itsuki mit einem Tanz anstimmte. Eigentlich mochte sie ja das ertönende Läuten, aber was sollte es ihr sagen, dass Zabii dies ausgerechnet an einer Waffe gehängt hatte, die dazu bestimmt war, andere Leute zu verletzten? War dies nur Zufall oder hatte dass einen tieferen Sinn? Sicherlich wollte er nur damit bezwecken, dass sie ebenfalls seiner komischen Religion beitrat, mit der sie ohnehin nichts anfangen konnte. Jedenfalls kam sie plötzlich auf einen Idee. Auf eine Idee die mit dem Weihnachtsfest zusammenhing und dem Brauch seinen Mitmenschen eine Freude zu bereiten, in Form von Geschenken oder Selbstgebackenen. Vielleicht gab es in Gewissen Sinne ja doch noch eine Alternative, auch wenn diese nur einen kleinen Anfang darstellen mochte. Solange sie auch das Ergebnis erzielte, was Itsuki versuchte damit anzustreben. *** Als der darauf folgende Morgen anbrach, machte sie sich früh auf, um im Schneegestöber, dass in ihrem Gebiet zur Winterzeit noch schlimmer herrschte als im restlichen Jahr, den Maeda Clan aufzusuchen. Eigentlich war sie ja daran interessiert, von Matsu, die hohe Kunst des Kochens zu erlernen, denn sie war bestrebt irgendwann einmal den perfekten Reis herzustellen, um nicht alleine nur ihrem Volk eine Freude damit zu bereiten. Doch am heutigen Tag wollte sie von ihr erfahren, wie man Kekse zubereitete, ein Rezept das ihr nicht bekannt war und das ihr auch keiner aus ihrem Volk erzählen konnte. Matsu war eine kluge und talentierte Frau, die immer zu Helfen wusste, wenn man etwas auf den Herzen hatte, sodass man sie getrost um Rat fragen konnte. Zudem war ihre große Leidenschaft das Kochen, das sie mit einer bestehenden Fröhlichkeit erledigte, denn ihr Ehemann Toshiie aß gerne von den Speisen seiner Frau. Und ihren Mann glücklich zu sehen, machte auch sie glücklich. Itsuki war froh, dass die Temperaturen nicht mehr ganz so kalte Grade einschlugen – auch wenn sie die Witterungsverhältnisse gewohnt war - als sie endlich das Gebiet des Maeda Clans erreichte. Sie hatte sich zur Sicherheit im Vorfelde über einen Botschafter angekündigt und hoffte die Nachricht ihres Besuches war bereits bekannt. Zur Freude Itsukis, hatte sich Matsu doch für die Bitte eines kleinen Mädchens Zeit eingeräumt, sollte sie so ihr Vorhaben sicherlich in die Tat umsetzen können. Als Gegenleistung hatte sie vorsichtshalber Reis mitgebracht, besonders da der Maeda Clan schon ein paar Mal bis in die eisigen Gegenden in der Nähe von Hokkaido hervorgestoßen war, nur um sie um Reis zu bitten. Auch wenn sie diesen Zug mehr als unhöflich empfand und sie meistens abgewiesen hatte, wusste sie doch schon genug Reis als Steuer bezahlen und konnte nicht noch zusätzlich etwas entbehren. Dieses Mal war es aber anders, schließlich war sie diejenige die das Nahrungsmittel mitgebracht hatte. „So da wären wir, in meiner bescheidenen Küche“, verkündete Matsu mit etwas Stolz in der Stimme mitklingend, der ihr hinterher trottenden Itsuki, die sich sogleich ein genaueres Bild von der Behausung der Maedas machte, war sie noch nicht oft hier gewesen. Die Küche, in der sie gerade den ersten Fuß setzte, war um einiges größer als der Standart der für ihre Verhältnisse üblich war. Zudem fand man ihn ihr nicht nur die einfachen Gerätschaften, die Itsuki fürs Kochen von Reis und zubereiten für Fisch verwendete, sondern noch einige mehr, die sie noch nie zuvor in ihrem Leben zu Gesicht bekommen hatte. Ein positiver Satz kam ihr schon fast automatisch über die Lippen, als sie noch immer die Einrichtung bewunderte. Und auch im Angesicht der wärmeren Temperatur, hatte Itsuki sich schon einige Mal selber dabei ertappt, wie sie daran dachte, den Norden zu verlassen um andere, und vor allem bessere Gebiete in Anspruch nehmen zu können, damit ihr Volk effektiver Landwirtschaft betreiben konnte und es ganzjährig für jeden genug zu Essen gab. Aber dann wäre sie nicht besser, als die Samurai die sie so sehr hasste, denn sie würde in dem Falle quasi anderen Leuten die Gebiete stehlen. „Ich habe alle notwendigen Zutaten zusammengestellt. Wir können also sofort beginnen“. Itsuki nickte zustimmenden, als Matsu sie mit einen erfreuten Lächeln auf den Lippen anblickte. „Okay, ich gebe mein Bestes.“ *** Beide waren gleichermaßen die nächsten Stunden in der Aufgabe des Kekse Backens vertieft, aber Itsuki fand ihre Ergebnisse nie zufriedenstellend, so dass sie schon bald darauf eine Auszeit einlegte, um zu überlegen, wie man das Resultat noch verbessern konnte. Nicht dass das fertige Gebäck nicht schmeckte, im Gegenteil, doch fehlte eine entscheidende Zutat, die sie nicht zu benennen wusste. Genau zum gleichen Zeitpunkt ergab es sich, dass der Neffe des Hauses, Keiji, einmal mehr einen seiner altbekannten Streiche ausheckte, um Toshiie zur Weißglut zu bringen. Hielt er es dieses Mal für mehr als genial, dem mit Baden beschäftigten Mann im Schleichgang die ohnehin viel zu knappen Kleider zu stehlen und sich damit – sein Grinsen konnte nicht breiter sein - auf und davon zu machen. Als Matsu ihn zufällig an der Küchengegend vorbeirennen sah, sein kleines Haustier in Form eines kleinen Affen flugs hinterdrein springend, wusste sie sofort, dass schon wieder etwas nicht stimmte und ihre Aufmerksamkeit, die bis vor kurzem noch Itsuki galt, hatte ihren Standpunkt in weniger als zwei Sekunden gewechselt. Im fast noch gleichen Augenblick, sah man sie hinter Keiji her rennen, ihn anschreiend, was er nun schon wieder angerichtet habe. Das Theater war nicht neu, vielmehr konnte man es schon zum Alltag zählen, gehörte man dem Maeda Clan an. Das Ainu Mädchen beäugte das Ganze mit einem Ausdruck der Überraschung. Sie hatte davon gehört, dass Matsu ihre strengen Seiten haben sollte, aber es noch nie in Wirklichkeit miterlebt. Insgeheim dachte sie immer noch daran, dass Toshiies Ehefrau alles in sich vereinte, was eine gute Hausfrau und Mutter ausmachte. Sie beneidete sie fast und machte sie zugleich zu einem ihrer größten Vorbilder, denn wollte sie später einmal genauso werden. Noch halbwegs in Gedanken versunken, bemerkte sie erst dann aus dem Blickwinkel heraus, einen Mann der unaufhaltsam mit großen Schritten in ihre Richtung stampfte. Mit Entsetzten musste Itsuki feststellen, dass diesem die kompletten Kleider fehlten und mit automatisch rot anlaufendem Kopf, hielt sie sich die behandschuhten Hände vor die Augen. „Matsu! Hunger…Kleidung…“, war das einzige was er von sich gab, als er weiterhin fast unbekümmert näher kam, bis er vom Kücheneingang aus die fertigen Kekse entdeckte und sich sogleich, ohne auch nur noch eine Minute zu zögern, darauf stürzte. Itsuki wusste nicht was sie sagen, oder überhaupt von diesem Oberhaupt namens Toshiie halten sollte. Nicht nach diesem ungestümen Auftritt. Wer bitte schön, lief schon komplett unbekleidet durch die Gegend - auch wenn es sich dabei um die häusliche Umgebung handelte - und stibitze seiner Ehefrau dazu auch noch das frisch zubereitete Gebäck? Hinzu kam, dass er es nicht heimlich tat, sondern mit einer Selbstverständlichkeit, die das Ainu Mädchen nicht im Geringsten nachvollziehen konnte. Eigentlich, weil es ihr zu Peinlich war, wollte sich Itsuki klamm und heimlich davon schleichen, doch… „So was. nichts gegen diese vorzüglichen Kekse, aber da fehlt der Reis“, bemerkte Toshiie mit vollen Mund, eher an sich selbst gewandt, als es wirklich jemanden mitteilen zu müssen. Danach kaute er in Seelenruhe weiter, ohne sich überhaupt noch einmal nach dem Gast umzusehen, dessen Anwesenheit er allem Anschein nach sowieso noch gar nicht registriert hatte. Ihr schien, das Wichtigste war ihm wahrscheinlich gerade seinen Hunger zu stillen. Kleidung folgte wohl an zweiter Stelle, denn er machte immer noch nicht die geringsten Anstalten danach, sich etwas zum anziehen zu besorgen. Das silberhaarige Mädchen ließ den vor kurzem ausgesprochenen Satz noch einmal in Gedanken Revue passieren, bis ihr dann wahrhaftig ein Geistesblitz kam. Das ist es! Das war die fehlende Zutat, nach der sie die ganze Zeit gesucht hatte und doch lag sie direkt vor ihrer Nase, hatte sie den Reis doch selbst mitgebracht. Für einen Augenblick zog sie sogar in Erwägung Toshiie ihren Dank auszusprechen, für den hilfreichen Einfall, doch ließ sie es lieber bleiben, nicht dass er sich noch ein weiteres Mal zu ihr umdrehte und ihr einen erneuten Schock verpasste. Gerade zur richtigen Zeit, kehrte sodann auch Matsu zurück, einen mehr als unglücklich dreinschauenden Keiji im Schlepptau, dessen Haupt nicht nur eine Beule zierte. In der anderen Hand hielt sie die Kleidungsstücke, die wahrscheinlich demjenigen gehörte, der sich noch immer in der Küche unerlaubt bediente. Sie beobachtete alles mit einen resignierten Kopfschütteln und hörte so auch die nachfolgende Belehrung mit an, dass ihre geliebter Inuchiyo-sama doch nicht einfach splitternackt herumlaufen konnte. Diese Frau schien es nicht einfach mit den Männern um sie herum zu haben, aber ihre Willenstärke zeugte von beeindruckender seelischer Kraft, die sie regelmäßig Herr über die sich abspielenden Situationen werden ließ und das war Itsuki immer als gute Eigenschaft von ihr in Erinnerung. Eben die Beschreibung der perfekten Hausfrau und Mutter. Natürlich verdonnerte genau diese Hausfrau Keiji dazu, beim erneuten Backversuch auszuhelfen, da ein gewisser jemand, das vorherige Ergebnis bis auf den letzten Krümel herunter geschlungen hatte, während Toshiie selbst aus der Küche geworfen wurde. Das Ainu Mädchen war einerseits erfreut diesen sonderbaren Typen los zu sein, anderseits durfte sie sich nun die Klagen des Neffen mit anhören, dass er doch nicht zum Kochen geschaffen sei und sich lieber ein bisschen amüsieren würde. „Matsu nee-san, warum durfte Toshi gehen und ich muss hier helfen?“, fragte er sicherlich schon zum dritten Mal in einen absichtlich kindlich jammernden Tonfall und hatte alleine schon Schwierigkeiten damit den finsteren Blick der Angesprochenen stand zu halten. „Inuchiyo-sama würde es nicht gut bekommen beim Gebäck zubereiten zu helfen.“, antwortete sie nur darauf, den strengen Gesichtsausdruck beibehaltend und Itsuki konnte sich bildlich vorstellen, warum es ihm schaden würde. War das Maeda Oberhaupt doch für seinen gesunden Appetit bekannt und demnach kannte er sicherlich auch keinen Schluss, wenn es ums Essen ging. Trotzdem gelang es Itsuki ihren neuen Vorschlag den Anwesenden zu unterbreiten, mit der Begründung, dass eine Mahlzeit egal wie sie aussehe, ohne Reis keine richtige Mahlzeit hier in Japan wäre. Das erklang Matsu einleuchtend, auch wenn sie diese Variante noch nie bei der Art von Keksen ausprobiert hatte, die sie kannte. Zum Schluss, mit Anwendung der vorgeschlagenen Idee, entstanden daraus schließlich Reiskekse, die durch die Hilfe der Ehefrau Toshiies, zu dem wohl Besten Gebäck wurden, was Itsuki je gegessen hatte. Anhand des im Kopf abgespeicherten Rezeptes vermochte sie es nun mehr selbst etwas Gleichwertiges herzustellen, auch wenn dies sicher längs nicht so köstlich werden würde, wie das was sie gerade probiert hatte. Keiji, erleichtert endlich wieder entlassen zu sein, war längst wieder auf und davon gerannt, nicht ohne dass sein Haustier sich noch ein paar der Kekse schnappte und machte Toshiie Platz, der erneut einen Blick in die Wohngegend warf, sicherlich wie immer auf etwas Essbaren aus, dieses Mal aber zum Glück bekleidet. „Das mit dem Reis muss ich mir merken.“, sagte Matsu noch vergnügt und richtete sich dabei an Itsuki. „Das war nicht meine Idee Nee-chan, sondern die von deinem Mann. Ihm gebührt der Dank dafür.“, war die einzige Antwort, die das Mädchen zu geben hatte, während sie gleichzeitig zur erwähnten Person herüberzeigte. *** Hocherhobenen Hauptes kehrte das Mädchen des Ainu Clans, schließlich am frühen Abend dorthin zurück, wo das Land an der Nordinsel Hokkaido grenzte, so als hätte sie geradewegs ganz Japan erobert und würde nun breit grinsend ihren Erfolg feiern. Dabei waren es nur Kekse, die ihre Laune in unbekannte Höhen trieb und sie erkannte, dass es doch eine Hand voll Menschen gab, mit denen sie gute Erinnerungen teilen konnte. Die nicht darauf bedacht waren, ihr Schaden zuzufügen und die Reisfelder in Brand zu stecken. Ob sie mit der Idee, die sie immer noch ausführen wollte, doch ein Stück weiter kam? Wenigstens denjenigen gegenüber, die sich nicht als absolut böse ansah, sondern nur als Opfer der gegebenen Umstände bezeichnen würde? Sie hatte vor, getreu dem bevorstehenden Weihnachtsfest, ein wenig Glück in Form der Reiskekse zu verschenken. Selbst zu Zabii würde sie gehen, hatte er sie doch erst auf diesen Gedanken gebracht. Auch wenn seine Religion nicht ihren Ansichten entsprach, empfand sie dieses Backen und Verschenken des Weihnachtsbrauches, doch als sehr Interessant und würde sich dementsprechend auch bei ihm bedanken. In der anbrechenden Nacht, bescherte ihr das Ereignis des vorherigen Tages jedoch einige merkwürdige Träume, die sich zufälligerweise um Toshiie drehten, welcher unbekleidet einem lachenden Keiji hinterherlief, der mit beiden Händen voller Kekse die Flucht ergriff. Bis sie dann vollends etwas aus dem Schlaf riss, was sich nach einem ziemlich schrägen Singsang anhörte. War sie eigentlich sogar froh, dass so die merkwürdigen Traumerlebnisse jeher einen Abbruch fanden. So entschied sie sich auch gleich dafür, dem schiefen Singen auf den Grund zu gehen. Als sie sich alles nötige überzog, um an die fast schon eisige Luft zu gehen, erkannte sie Zabii und einen nicht kleinen Trupp seiner Männer, die ernsthaft damit zugange waren den Schnee, der den gesamten Erdboden bedeckte, abzutransportieren. Mit einem Ausdruck der Ungläubigkeit im Gesichtsfeld, den sie erst nach ein paar Sekunden wieder abschüttelte, beobachtete sie das gegebene Schauspiel einen Moment lang. Bis sie sich dann, immer noch etwas irritiert, zu Erkennen gab und dem Priester sogleich fragte, wo er mit dem weißen Material, was auf ihren Land zu bleiben hatte, hinwolle. „Das Fest der Liebe feiern, natürlich“, meinte er nur als Antwort und stimmte gleich darauf wieder in sein Lied ein, bei dem Itsuki sich innerlich freute, Ohrenschützer zu tragen. Wenn Zabii eines fehlte, dann war es der Sinn fürs musikalische und überhaupt hörte man aus seinen Mund nicht einen richtigen Ton kommen. „Der Schnee ist längst geschmolzen, wenn ihr bei euch angekommen seid“, gab sie Zabii zu verstehen, der sogleich im Singen innehielt, und sie eine ganze Zeit lang anzustarren begann. Man konnte es sich bildlich vorstellen, wie sein Gehirn anfing zu arbeiten und dem darauf folgend hängenden Kopf zu urteilen, war ihm keine passende Lösung des Problems eingefallen. „Aber…aber die Liebe lässt nicht zu, dass er schmilzt. Was wäre Weihnachten denn ohne Schnee…?!“ Was auch immer er da schon wieder redete, machte ihn ihren Augen keinen wirklichen Sinn, besonders nicht, da er selbst aus einen eher wärmeren Gefilde stammte und sie konnte es sich nicht vorstellen, dass es so weit südlich auch Schnee geben konnte. Zudem war dies immer noch ihr Land auf dem er sich unerlaubter Weise befand. Sie seufzte, hatte sie schon mit einem nächtlichen Angriff seinerseits gerechnet, dabei ging es nur um den Schnee, von dem sie genug hatte, um seine gesamte Kirche auszufüllen. Während einige von Zabiis Mönchen gerade die Glätte des Boden unterhalb der weißen Schicht ungewollt testeten, was Leute ihres Volkes, die entweder aufgeweckt wurden oder noch auf waren, belustig beobachteten, stemmte Itsuki gewollt wütend schauend, die Hände in die Seiten und wartete darauf das sich der Priester entschuldigte. Doch nichts dergleichen geschah. Eigentlich gab er die nächsten Minuten gar nichts mehr von sich, bis er urplötzlich mit einem Aufschrei, den das Mädchen fast schon zu Tode erschreckte, erkannte dass er sein Fest hier feiern müsse. Itsuki dachte, sie hätte nicht richtig gehört und ließ ihm das gesagte noch einmal wiederholen, bevor sie dann völlig die Fassung verlor und ihn von ihren Grund und Boden jagte. Nicht aber um ihn gleich darauf doch zu fragen, ob er ihr in Anerkennung des bevorstehenden Weihnachtsfestes, nicht aushelfen mochte, die gebackenen Kekse zu verteilen. Da Zabii dies als Botschaft der Liebe ansah, war er natürlich gleich Feuer und Flamme und erkannte Itsukis Beitrag, als würdigen Ersatz für den nicht an seiner Kirche vorhandenen Schnee an. Zudem hatte er sie auch noch zu seinen anstehenden Festlichkeiten eingeladen. *** Dem Ainu Mädchen führte es am nächsten Tag zum Date Clan. Sie wollte diejenige sein, die dem blauen Samurai das selbst gemachte Geschenk übergab, denn er war schließlich derjenige gewesen, der sie aufgemuntert hatte und mittlerweile sogar einen besonderen Platz ihn ihren Herzen einnahm. Date Masamune war überrascht, als seine rechte Hand Katakura Kojuro um Eintritt bat und ein kleines Mädchen mit hereinbrachte. Doch verschwand der eher versehendlich preisgegebene Gesichtsausdruck so schnell wieder wie er gekommen war, denn erkannte er die Besucherin auf Anhieb. „Masamune-sama, Itsuki ist extra angereist, um ihnen mit einem Geschenk eine Freude zu bereiten“, erklärte Kojuro und ging als Zeichen der Höflichkeit noch zusätzlich auf die Knie. „Really? Womit habe ich das denn verdient?“ Er verhielt sich gelassen wie immer, genau gleich seiner Sprechweise in der er ganz typisch einige englische Wörter versteckte, die seiner Meinung nach cool klangen und seiner Art das gewisse etwas verliehen. Itsuki trat mit einem Lächeln auf den Lippen vor und überreichte Masamune ihr Mitbringsel, der dieses sogleich, mit einem Anzeichen von Neugierde im Blick, zu betrachten begann. „Anlässlich des Weihnachtsfestes, dass Zabii vor hat zu feiern, verteile ich selbstgebackene Kekse im Zeichen der Freundschaft.“ „Zabii?“, erkundigte sich Kojuro fragend und wartete die Reaktion des Oberhauptes ab, um zu sehen, was dieser davon hielt. „Hätte ich mir ja denken können, dass dieser Priester dahinter steckt. Auf solche Ideen wie Weihnachten würde ja auch nur der kommen.“ Und auch wenn seine Aussage weitgehenden Verachtend klang, so war er doch schnell daran eines der mitgebrachten Gebäckteile zu probieren, nachdem er den Beutel geöffnet hatte, indem Itsuki die Backwaren verwahrte. „Masamune-sama ihr wisst, was dieses Weihnachten ist?“ „Sure“, antwortete dieser sofort und biss ein Stück des Reiskekses ab, nur um die nächsten dahin ziehenden Minuten damit zu verbringen, diesen genüsslich und langsam zu verzehren, bis er wieder ein Wort verlauten ließ. „Weihnachten ist das wichtigste Fest der Christen. Denke ich werde dem Priester zu gegebener Zeit mal einen Besuch abstatten.“ Er schenkte Itsuki ein Zwinkern und Kojuro bekam für den Augenblick den Mund nicht mehr zu, als er das Gesagte hörte, besonders da Zabii keine Persönlichkeit war, mit der man sich freiwillig abgab. Oder doch? Vielleicht würde dieses Weihnachten ja doch ganz amüsant werden, vermeinte Itsuki sodann, wenn selbst der blaue Samurai sagte, er habe vor zu kommen. Eigentlich hatte sie nicht geplant, durch ihre kleine Geschenkaktion so etwas zu bewerkstelligen, aber falsch konnte es sicherlich nicht sein. *** Jetzt wo sie am letzten Ort angekommen war und nur noch zwei eingepackte kleine Beutel voller Kekse in den Händen hielt, wurde ihr doch ein wenig mulmig zumute. Wagte sie sich doch gerade in genau das Territorium vor, dass dem so sehr verhassten Oda Nobunaga gehörte. Doch musste sie hierhin, auch wenn sie sich bis zum Zielpunkt hindurchkämpfen sollte, denn sie wollte Nôhime, die sie in einen gleichen Grade schätzte wie Matsu, nicht außen vor lassen. Nobunagas Frau verstand sich gut auf Kindern, so war sie Itsuki gegenüber alles andere als böse gesinnt, zudem kümmerte sie sich wie eine Mutter, um das jüngste Mitglied des Oda Clans, Mori Ranmaru. Sie entsprach nicht dem exakten gleichen Bild des Dämonenkönigs, sie erschien sogar fast als sehr Sanftmütig. Jedenfalls entsprach dies Itsukis Meinung und genauso hielt sie daran fest, dass Nôhime nur wegen der Liebe zu ihrem Mann auf die falsche Seite geriet. Der zweite Beutel galt Ranmaru, einen Jungen, der sich selbst als treuester Untergebener Nobunagas bezeichnete und alles für diesen tun würde. Es war schwer mit ihm klar zu kommen, mit jemand der von der Macht des Bösen geblendet wurde, aber dies war Itsukis höchstes Ziel. In der Welt für die sie kämpfte, wollte sie Ranmaru nicht mehr als ihren Feind ansehen müssen, egal wie schlecht er sie jetzt behandelte, irgendwann würde er sicher erkennen, dass er den falschen Weg einschlug. Auch wenn Itsuki hoffte, dass es bis dahin noch nicht schon zu spät war. Ein letztes Mal blickte sie hinunter auf die Beutel in ihren Händen, dann wieder auf das von Grund auf düstere Gebiet vor ihrer Nase. Sie würde es schaffen, den Beiden ihr Geschenk zu überreichen und von Zabiis Weihnachten erzählen. Einen Moment überlegte sie, ob sie den letzten Teil doch besser wegstreichen sollte, da Erzähltes leicht an falsche Ohren geraten konnte und somit das Fest ruinieren würde. So wollte sie es alleinig Nôhime anvertrauen, die ihr sicher Gehör schenken würde, ohne dass dies gleich die Runde machte. Mit einem Lächeln, welches locker von der einen Gesichtshälfte zur anderen reichte, machte Itsuki sich erneut Mut und ging schließlich los. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)