Heavens Hell Act von Angie_Cortez (Wenn der Himmel zur Hölle wird) ================================================================================ Kapitel 10: Allein ------------------ Kapitel 10 Allein Daimons Hände bebten vor Zorn und seine Augen glühten bedrohlich rot, doch er hatte keine Möglichkeit seiner Wut Luft zu machen. Kato war der Tod, er war unantastbar für sie alle. Niemand konnte ihm etwas anhaben. Und doch wünschte sich Daimon in diesem Augenblick er könnte ihn ins Jenseits schicken für diese Worte. ‚Töte ihn und mach diesem Unsinn ein Ende.‘ Das konnte er nicht ernst meinen. Er wusste selbst gut genug, wie sehr Daimon an dem Engel hin und wie weit er für ihn gegangen war. Hielt er das alles für ein Spiel? Für Daimon war es keines. „Verschwinde“, fauchte er bedrohlich. Ängstlich sah Samsa ihn an und griff beruhigend nach seiner Hand. „Auf deine Ratschläge kann ich verzichten!“ Kato machte nur ein missbilligendes Geräusch und war daraufhin verschwunden. Doch Daimon beruhigte sich kaum. Er wollte irgendetwas zerstören, um seine Wut herauszulassen. Beherrschung war nicht unbedingt seine Stärke. Erst als er das Zitternd spürte, dass durch Samsas Körper kroch, wurde er von seinen Rachegedanken abgelenkt. Er fuhr herum und sah gerade noch rechtzeitig, wie sein Geliebter ohnmächtig zu Boden sackte. Seine Haare waren wieder dunkelblond, die Flügel verschwunden, die Haut nicht mehr weiß. „Verdammt“, fluchte er leise. Was war hier los? Konnte dieser Simon etwas zurückkommen, wann immer er wollte? Konnte er Samsa abschalten, wie es ihm gefiel? Und wenn ja, warum konnte Samsa das nicht? Simon atmete angestrengt und schlug die Augen wieder auf. Daimon schien er nicht wahrzunehmen, denn sein Blick landete sofort auf Antonie, dessen leerer Körper noch immer in einer Blutlache auf dem Boden lag. Mit einem Schluchzen wollte er sich aufrichten, wollte zu seinem Freund kriechen, doch Daimon hielt ihn unwirsch fest und zog ihn zu sich zurück. Simons Augen weiteten sich vor Entsetzen, als er den Dämon endlich bewusst ansah. Dieser Blick. Daimon hätte ihn am liebsten geschlagen, hätte ihn geschüttelt, bis er Samsa wieder herausrückte. Es musste furchtbar sein in diesen Körper gesperrt zu werden. „Wer bist du?“ Simons Stimme war ein heiseres Flüstern. Er versuchte seinen Arm Daimon zu entziehen, doch es gelang ihm nicht. Wieder schlichen sich Angst und Entsetzen in seinen Blick. „Hast du das getan?“ Daimon konnte praktisch sehen, wie sich seine Augen mit Tränen füllten, nur um diese dann lautlos über seine Wangen rollen zu lassen. Ein ganz gewöhnlicher Mensch, doch irgendwo da drin steckte sein Samsa. „Natürlich nicht“, sagte er ebenfalls leise, als könnten sie den Toten wecken. „Aber wenn dir etwas an deinem Leben hängt sollten wir hier verschwinden.“ „Wer bist du?“ fragte Simon noch einmal und versuchte jetzt etwas nachdrücklicher sich von Daimon zu befreien. Wieder ohne Erfolg. „Ich passe von jetzt an auf dich auf, denn du hast etwas, was mir sehr viel bedeutet, kleiner Mensch. Also hör auf zu zappeln!“ Daimon zog ihn grob auf die Füße. Er konnte Simons rasenden Herzschlag spüren, der sein Blut durch die Adern pumpte. Sein Atem ging hektisch und stoßweise. So viel Angst … natürlich. Menschen hatten von Natur aus Angst vor Dämonen. Daimon hatte keine Geduld für so etwas. Tausend Gedanken rasten durch seinen Kopf, doch er fand keine Lösung für diese Misere. „Ich habe nichts, was dir gehört!“ Simons Stimme war zu hoch. Die Panik wäre Musik in Daimons Ohren gewesen, hätte er nicht seine eigenen Probleme zu bewältigen gehabt. Wie konnte er Simon dazu bringen zu verschwinden. Wie holte er Samsa zurück? „Und ob du das hast!“ Ungeduldig zerrte er Simon mit sich aus der Wohnung. Sie nahmen einen ganz natürlichen Weg heraus aus dem Wolkenkratzer, um nicht eventuell irgendwelchen Engeln in die Arme zu fliegen. Simon hatte leise zu Wimmern begonnen. „Bitte lass mich los. Ich habe nichts getan. Lass mich zu Toni … ich …“ „Du kannst nichts mehr für ihn tun. Er ist tot und seine Seele haben sie längst zurückgeholt, also schweig gefälligst!“ fuhr Daimon ihn an. Simon sackte fast in sich zusammen unter der Wucht seiner Worte. Sie kamen nicht viel weiter, bis Simon erneut sprach. „Wo bringst du mich hin?“ Daimon überkam wieder diese unbändige Wut. Er fuhr herum und packte Simon grob, der vor Angst und Schmerz aufschrie, als er mit dem Rücken gegen die Wand schlug. „Halt.Den.Mund!“ fauchte Daimon. Seine sonst schwarzen Augen glühten wieder rot auf. Er musste vorsichtig sein. Menschen waren fragil. Doch die Enttäuschung darüber Samsa so schnell wieder verloren zu haben trieb ihn beinahe in den Wahnsinn. „Ich würde dich in Stücke reißen, wenn ich dich nicht brauchen würde, also höre auf mich weiter zu reizen.“ Die Erde unter ihm schien sich kaum zu bewegen, und doch schmerzte seine Lunge schon. Schneller, trieb er sich immer wieder an, schneller. Doch er konnte nicht mehr. Bei jedem weiteren Schritt glaubte er das Bewusstsein zu verlieren. Seine Seiten schmerzen von seinen unregelmäßigen Atemzügen. Wann würde Daimon merken, dass er fort war? Wann würde er ihn finden? ‚Bleib stehen!‘ forderte die Stimme in seinem Kopf. In letzter Zeit hörte er sie ständig. Die Stimme war der Grund dafür, dass dieser Dämon ihn gefangen hielt, sie war der Grund dafür, dass Toni hatte sterben müssen. Simons Knie gaben nach und er landete schmerzhaft auf halb gefrorener Erde. Weiße Schneeflocken rieselten vom Himmel und die kalte Luft brannte in seinem Hals. ‚Du wirst hier draußen nur erfrieren‘, drängte die Stimme wieder. Eigentlich war sie sanft und auf keinen Fall so angsteinflößend wie Daimons, doch trauen konnte Simon ihr trotzdem nicht. ‚Lass mich einfach nach vorn, dann wird alles gut. Dann brauchst du dir keine Gedanken mehr machen und keine Angst haben.‘ Nach vorn lassen. So nannte die Stimme es immer. Simon sollte ihr seinen Körper überlassen, doch das wollte er nicht. Allein der Gedanke machte ihn krank. Als die Stimme das letzte Mal nach vorn gekommen war, hatte es wehgetan. Daran erinnerte er sich noch. Und dann, als er wieder zu sich kam, war Toni tot gewesen. Nein, sicher würde er sein Bewusstsein nicht aufgeben, was auch immer sie ihm einzureden versuchten. Keuchend arbeitete er sich zurück auf die Füße. Er zitterte, halb vor Angst, halb vor Kälte. Der schwere Mantel den Daimon ihm gegeben hatte hielt das gröbste ab und doch wurde es zunehmend kälter. Seine Augen wurden immer schwerer je weiter er ging und Simon hatte kein Ziel. Nur fort, einfach weg. Wenn er einschlief würde er erfrieren, das war ihm klar. Daimon wollte nicht, dass er starb. Bestimmt hing auch das mit der Stimme zusammen. Vielleicht … vielleicht. Erfrieren, so hatte sich Simon seinen Tod nicht vorgestellt, aber wenn das der einzige Weg war um dem Dämon zu entkommen, dann würde er ihn in Kauf nehmen. Was sollte er noch auf dieser Welt, wenn Toni fort war? Die drückende Angst hatte lange die Einsamkeit vertrieben, doch jetzt holte sie ihn mit einem Schlag ein und raubte ihm fast die Sinne. Toni war schon seit vielen Jahren ein fester Bestandteil seines Lebens gewesen. Niemals hatte Simon jemand anderen geliebt als ihn. In seiner Brust tat sich ein schmerzhaftes Loch auf und es war plötzlich so schwer weiter zu atmen. ‚Quäl dich nicht mit deinem Schmerz. Lass dich einfach fallen, den Rest erledige ich. Bitte vertrau mir doch. Niemand wird dir je mehr wehtun können.‘ Simon verfluchte die Stimme. Mit jedem Atemzug klangen ihre Worte verlockender. Nein, eher würde er sie beide mitreißen, als seinen Körper wegzugeben. Wer wusste schon was sie mit ihm vorhatten? Der Tod war die sicherere Variante. Wer konnte ihm schon garantieren, dass er den Schmerz und die Einsamkeit wirklich nicht mehr fühlen würde, sobald er die Stimme nach vorn ließ? ‚Lass mich dir eine Geschichte erzählen‘, bot die Stimme plötzlich an. Simon zögerte. Sollte er zuhören? „Na gut erzähl sie mir“, sagte Simon leise. Sein Atem ließ weiße Wölkchen entstehen. Die Kälte kroch immer mehr unter den Mantel und strich über seine Haut. Und die Stimme erzählte, während Simon mühsam einen Schritt vor den anderen setzte. Sie erzählte vom Himmel, einem heiligen Ort dessen Schönheit jeden berührte. Simon konnte es sich lebhaft vorstellen und manchmal gelang es ihm kaum ein schmales Lächeln zu unterdrücken. Doch die Geschichte wendete sich viel zu schnell, auch wenn Simon die Stimme mit Fragen löcherte. Es entstand eine Geschichte, kurz und traurig. Die Geschichte einer Liebe, die niemand akzeptieren wollte. „Es klingt wirklich verrückt“, sagte Simon. Seine Stimme zitterte bereits wie der Rest seines Körpers. „Ein Engel der sich in einen Dämon verliebt? Ich kann mir nicht vorstellen, wie das zustande kommt. Sie sind doch viel zu unterschiedlich. Das hast du selbst gesagt. Glaubst du für so eine Liebe gibt es Hoffnung?“ ‚Glaubst du, dass es Hoffnung gibt?‘ fragte die Stimme. Sie klang traurig. „Ich weiß nicht“, gab Simon zu. Sie waren an einem kleinen Wäldchen angelangt und er lehnte sich müde gegen einen Baum. „Aber sollte die Liebe in guten Geschichten nicht immer siegen? So wie in den Märchen … Schneewittchen, Aschenputtel … Dornröschen. Über all siegt die Liebe.“ ‚Was aber, wenn es kein Märchen ist, sondern die Realität?‘ fragte die Stimme weiter. „In der Realität ist natürlich alles anders“, gab Simon zu. „Wahrscheinlich würden sie da einige Monate zusammen bleiben und sich das Hirn rausvögeln, bevor sie nicht mehr miteinander auskommen und sie mit bösen Worten trennen. Am Ende würde nur noch Hass übrig bleiben. Das wäre die Realität. Oder sie müssten sterben, so wie Romeo und Julia.“ ‚Du siehst also kein Happy End?‘ hakte die Stimme noch ein letztes Mal nach. „Nein, auf keinen Fall“, murmelte Simon müde. Er wollte nur eine Sekunde lang die Augen schließen, die von der Kälte brannten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)