Eifersucht ist Liebespflicht von JO89 ================================================================================ Kapitel 1: der Brief -------------------- Von draußen brannte die bereits hochstehende Sonne durch das nicht mit Vorhängen verdeckte Fenster in ein gemütlich eingerichtetes Kinderzimmer. Direkt vor dem Fester befand sich ein Schreibtisch, auf dem etliche Bücher, Pergamentrollen und Fläschchen lagen. Dann stand da ein mit Kleidung behangener Drehsessel und zwischen eben diesem Sessel und der Tür war ein riesiger, offener Koffer platziert. Der eigentliche Inhalt des Gepäckstücks lag verknittert teils darin oder am Boden verstreut. In den offenen Schiebetüren und Laden der beiden Kleiderschränke war nichts außer Leere zu finden. Im einen Eck diagonal zur Tür stand ein riesiges Bett. Die Kissen und Decken waren mit einem rot-goldenen Rautenmuster auf der einen Seite und demselben Rot auf der anderen Seite bezogen. An die Wand war das Gryffindor-Wappen gemalt. Auf dem Boden neben dem Bett lagen noch mehr Bücher. Im Großen und Ganzen konnte man sagen: Es lebe das Chaos, denn die Ordnung hat versagt… Die Tür schwang auf und ein kleiner frech aussehender, rothaariger Junge hielt den Kopf ins Zimmer. Grinsend sprang er einen Satz hinein, breitete die Arme aus und schrie grinsend los: „Rose aufstehen! Oder willst du das Mittagessen auch noch verschlafen?“ Das Mädchen brummte und warf ihren Arm aus dem Bett als wolle sie den Wecker abstellen. Die krausen Haare standen kreuz und quer von dem Langschläfer ab. Hugo faltete seine Hände hinter dem Rücken und sah sich um. Wie konnte seine Schwester nur so eine ausgezeichnete Schülerin sein, wenn sie keine Ordnung hielt? Wie fand sie überhaupt ihre Unterlagen? Oder sah ihr Zimmer in Hogwarts nie so aus, wie das zuhause? „Rose, Papa will, dass du mit uns isst! Mama sowieso und…. Ja ich würd mich auch freuen…“, kam es jetzt unschuldig von dem kleinen Jungen. Wieder brummte das Mädchen und ihre Sinne wurden langsam wach. Resigniert seufzte der zwölfjährige Bub und ging in die Hocke, starrte gen Boden. „Man hast du einen Schweinestall, Rosie…“, murrte er und zog eine Schnute. „Hugo, lass mich doch schlafen….“, jammerte die Jugendliche zog sich ihre Decke über den Kopf. Dann hörte Rose das Gekicher und Getrampel ihres Bruders und schnaubte genervt: „Hugo, was ist?“ Der Kleine hielt inne und sah sie nur an. Schließlich wurde das Grinsen auf seinen Lippen breiter. „Rosie~, wofür braucht man das? Darf ich mir das ausborgen? Ich will sowieso eine neue Steinschleuder!“, meinte der Junge lachend. Rose brummte grimmig. Was hatte sie schon im Zimmer das er fürs Steine schleudern benutzen konnte? Sie öffnete die Augen und drehte sich langsam zu ihm. Sie traf der Schlag als sie ihren Bruder sah und sprang auf. „Du kleine Ratte, her damit!“ Hugo, der sich eben noch den Büstenhalter seiner Schwester hingehalten hatte und herumgetänzelt war, sprang erschrocken zurück. „Hast du mich nicht verstanden?!“, schrie sie ihn wieder an und ihr stieg die Röte ins Gesicht. Doch Hugo rannte aus dem Zimmer und erwiderte in derselben Lautstärke: „Dann hol ihn dir doch!“ Das Mädchen schluckte, griff zum Zauberstab und jagte ihm hinterher. „Du Perversling, bleib stehen!“ Die Stufen runter in die Küche hörte die Jugendliche schon die weinerliche Stimme ihres Bruders: „Mama! Rosie ist gemein zu mir!“ Hermine drehte sich fragend zu ihrer Tochter, sie hatte die Unterwäsche noch nicht gesehen, herrschte sie sie an: „Rose Weasley geh nicht mit dem Zauberstab auf deinen kleinen Bruder los!“ Das Mädchen stoppte rutschend und knallte gegen den nächsten Stuhl. „Dann sag ihm, er soll meine Unterwäsche in Frieden lassen!!“ Die Schülerin klammerte sich an der Lehne fest, stand gekrümmt da und fixierte Hugo wütend. Hermine stutzte und sah zu ihrem Jungen, der geradewegs in Rons Arme lief. Der Vater schnappte sich das Kleidungsstück, warf es zu Rose und murmelte Unverständliches. „Dann räum es so auf, dass er es nicht findet, Rose.“, schimpfte Hermine und das Mädchen sah sie nur an. „Sag jetzt nicht, dass er damit durchkommt!“, jammerte die Jugendliche und verspürte den Drang Hugo zu beleidigen. „Zieh dich an Rose, wir wollen essen.“, meinte Ron und winkte ab. „Papa!“, protestierte sie, gab dann aber nach und huschte die Treppen leise fluchend hoch. „Kleine Brüder sind so ätzend.“ Rose wusste, was ihr Vater gepredigt hätte, dass sie die Ältere war, sich als erwachsen sah und auch so handeln müsste, wenn sie ernst genommen werden wollte. Dass Hugo sie generell gerne und oft ärgerte und dass sie ihm keine Angriffsfläche geben sollte, wenn sie nicht von ihm schikaniert werden wollte. Er war um einiges jünger als sie und testete jetzt nun einmal seine Grenzen aus. Immer versuchte sie den Rat ihres Vaters zu beherzigen, aber mit dieser Kröte als Bruder war es schwierig. Das Mädchen stapfte ins Zimmer und seufzte. Ja, heute sah es wirklich extrem schlimm aus, ihr Zimmer war noch chaotischer als sonst. Sie wippte mit dem Zauberstab und ihre Sachen verschwanden in die Schränke, und die Schlüssel drehten im Schloss. Rose wusste jetzt schon, wenn sie eine dieser Türen oder Laden öffnete, flog ihr alles wieder entgegen. Die Schülerin schluckte und sah zum Fenster. Warum musste die Sonne auch so grausam hell ins Zimmer scheinen? Rose kratzte sich am Kopf und ging zum Bettende, wo ein großer Spiegel stand. Sie sah hinein und bemerkte, dass sie wieder einmal wie ein umgedrehter Besen herumgeisterte. Ihre Gesichtsfarbe war blass und ihre Augen wirkten müde. Und die Schminke vom Vortag hatte sie auch noch in ihrem mit Sommersprossen übersäten Gesicht. Noch einmal wuschelte sie sich durchs lockige Haar und drehte sich dann zum Schrank. Ja, sie sollte sich doch lieber etwas anziehen. Es war nicht gerade toll in der Unterwäsche von gestern durchs Haus zu laufen. „Wenn ich jetzt vorsichtig die Tür öffne, dann… nein.. Ich reiß die Kastentür auf, fisch mir schnell was raus und knall die Tür dann wieder zu… so dürfte mir auch nichts entgegenfallen…“, redete sie sich selber ein und kaum hatte sie am Knauf gezogen, wurde sie von ihrem Gewand begraben. Zu sehen war nur noch ihre ausgestreckte Hand, in der sie den Zauberstab hielt. Mit einem Wipp war alles wieder im Kasten und Rose holte endlich ein paar Sachen raus. Dann wanderte die junge Weasley schlaftrunken ins Bad. Kurze Zeit später gesellte sie sich an den Esstisch. Rose sah wesentlich frischer aus, spürte allerdings noch immer den Flaum auf der Zunge und den ekelerregenden Nachgeschmack vom Vorabend. Als Hugo sie breit angrinste, fauchte sie nur: „Ich freu mich schon so, wenn das nächste Schuljahr rum ist, denn es ist mein Letztes!!“ Der Junge hörte zu kauen auf und sein Mund klappte auf. „Na und? Kann nicht jeder so alt und gebrechlich sein wie du!“ Hugo hatte seinen Löffel mit Kartoffelbrei geladen und war bereit ihn auf Rose zu werfen. „Ruhe! Jetzt seid ihr gerade mal gestern von Hogwarts heimgekommen und schon redet ihr vom folgenden Jahr. Hugo! Leg den Löffel weg und Rose, die Gabel ist nicht als Waffe gedacht!“, entfuhr es Ron wütend und sah seine Kinder wild an. Rose, die ihr Besteck gen ihren kleinen Bruder gerichtet hatte, legte es wieder hin. „Hugo, wie war dein erstes Jahr in Hogwarts?“, fing Hermine an, die beide prüfend ansah. „Toll!“, lachte er und dachte an die Streiche zurück, die er und Al Lily und Rose gespielt hatten. „Ja, Mama, es war wunderbar, als mir Hugo vor einer Woche im Schlaf die Haare geschoren hat. Ich sag’s dir Bürschchen, ich weiß nicht welchen Zauberspruch du verwendet hast, ich weiß auch nicht, wie du in mein Zimmer gekommen bist, aber ich schwöre Rache du Kröte!“, gab sie am Anfang sarkastisch, zum Schluss drohend von sich. Der Junge schluckte nur bitter. Rose seufzte erschöpft und hielt sich den Kopf. Warum musste ausgerechnet sie mit so einem Bruder gestraft sein? Ron und Hermine tauschten sprachlos besorgte Blicke. Der Kater Chaster strich um die Ecke und Rose stand auf und nahm ihr Haustier in den Arm. „Na du süßer Tiger!“, murmelte sie und streichelte das Ohr des rotbraunen Tieres. „Willst du nicht noch etwas essen? Den Nachtisch hast du noch gar nicht gesehen.“, wollte Ron wissen und das Mädchen verneinte. „Wie war es eigentlich gestern Abend? Mit wem bist du weg?“, war die nächste Frage des besorgten Vaters, „Wann bist du heim?“ Rose sah auf die Uhr und atmete tief durch. „Ich war gestern mit Dominique und Fred feiern. Es war lustig, lang… feuchtfröhlich halt.“ Fred hatte sein letztes Jahr in Hogwarts geschafft und schlief mit Dominique bei den Großeltern. Dominique war im selben Jahrgang wie Rose und hielt viel davon etwas Geschafftes gebührend zu feiern. Und obwohl der strebsame, rothaarige Lockenschopf nie viel von wilden Partys gehalten hatte, zog Rose mit ihren Cousins durch die Straßen und war stark betrunken in einer Kneipe versumpft. Ihre Eltern hatten es ihr erlaubt, besonders Ron war von der Idee ihr Zeugnis zu feiern begeistert, denn im Gegensatz zum Malfoyspross hatte sie ausschließlich Ohnegleichen. „Wie lang, Rose?“, mischte sich nun Hermine ein. „Ich war um halb Sechs zuhause.“, murmelte das Mädchen und wollte in ihr Zimmer. „Bitte?“, stammelte ihre Mutter überfordert und Ronald lenkte ein: „Übrigends Rose, heute am Vormittag ist Post für dich gekommen. Der Handschrift nach dürfte es Albus sein.“ Er reichte ihr den Brief und sie nahm ihn stutzend entgegen. Ihr Kater schaute ihr schnurrend über die Schulter. „Danke“, sagte die Schülerin und tapste die Stufen hinauf den Blick auf den Umschlag fixiert. In ihrem Zimmer setzte sie sich aufs Bett und ihr Kater sprang von ihrem Schoß in die Kissen und rollte sich zusammen. Rose überlegte, was alles drinnen stehen könnte, denn warum schickte Al ausgerechnet ihr einen Brief? Sie verstanden sich nicht so sonderlich gut und außerdem war er nie der große Redner gewesen. So kleine von Pergamentrollen abgerissene Mini-Fetzten, die man am besten mit der Lupe suchen sollte, das sah Al ähnlich, aber ein ganzer Brief? Wenn der Zettel auch noch vollständig und knitterfrei war, sie würde ihren Besen essen. Sachte schlitzte sie den Umschlag auf, es war ein komisches Gefühl einen Brief von Al in Händen zu halten, hatte er sich so viel Zeit genommen einen akzeptablen sauberen Brief zu verfassen. Und was wollte er von ihr? Rose holte den Zettel raus und hätte am liebsten geheult. In ihrer Hand hielt sie ein Stück zerrissenes Pergament in der Größe eines Drittels einen hochgestellten DinA4 Formates. Das Blatt hatte Eselohren und Al hatte etliche Male herum gekrakelt bis er den „richtigen“ Anfang gefunden hatte. In der ersten Zeile war ein durchgestrichenes, mit Kreisen übermaltes, aber dennoch lesbares Lie mit einer Schlaufe, was auf ein kleines B hindeuten sollte. Daneben hatte er wieder Angefangen. Diesmal mit „Hey Rosie~, altes Haus!“ Das hatte er genau einmal durchgestrichen. Eine Zeile darunter stand: „Hey Weasley!“ Das hatte er dann mit Zickzacklinien durchgestrichen. Rose begann zu schmunzeln. Al hatte echt seine Probleme mit dem Schreiben. Sie wusste schon, warum er es wenn möglich ausließ und gleich anrief. Sie konnte sich nicht helfen, sie konnte ihrem überdrehten, vorlauten Cousin, Mister-zu-cool-für-diese-Welt nicht böse sein auch wenn er sie mit Malfoy noch schlimmer trietzte als ihr kleiner Bruder Hugo. Im Grunde hatte Albus einen butterweichen Kern, meinte aber, er müsse seine einfühlsame, nette Seite mit seiner großen Klappe und dummen Sprüchen überspielen, nur um zu beweisen, dass er nicht nur des Hauses wegen anders als sein Bruder James war. Rose sah wieder genauer auf den Brief und stellte amüsiert fest, dass Albus wohl etwas grimmig die nächsten Zeilen geschrieben hatte. „Mensch Rotschopf! Hol dich um Zwei ab und schlepp dich nach Muggel-London. Al“ Das Mädchen verfiel in schallendes Gelächter und hielt sich die Hände vors Gesicht. Ja, so plump und ungeduldig konnte nur Albus Severus Potter werden. Die Schülerin schaute auf die Uhr, es war Viertel nach Eins. Das Mädchen legte den Brief weg und ging zum Kasten. Sie schnappte sich Unterwäsche und trabte zur Tür, die wieder am Boden liegenden Kleidungstücke ignorierend. Hugo stand im Gang und wurde frech: „Von Ordnung hast du auch noch nichts gehört…“ Rose schenkte ihm einen grimmigen Blick, eilte aber dann weiter Richtung Bad. „Ich geh duschen.“, trällerte sie und blieb in der Tür stehen, eine Hand auf der Klinke. „Übrigends Hugo, Ordnung halten nur Idioten!“, giftete sie ihren Bruder an und schnalzte dann die Tür zu. Sie hörte ihn vom Gang schreien: „Schwestern sind blöd!“ Dann rannte er in sein Zimmer und schlug die Tür mit Schwung zu, nur um zu zeigen, dass er dasselbe konnte wie sie. Das Mädchen atmete tief durch und fragte sich, ob sie wieder in den Kindergarten sollte, so wie sie sich verhielt. Rose schaltete das Radio auf dem Fensterbrett an und dann verschwand sie singend unter der Dusche. Das warme Wasser prasselte von oben herab. Mit Shampoo in den Haaren und der Handbrause in der Hand schmetterte sie ein Lied nach dem anderen mit. Wenn Alice sie gehört hätte, wäre ein lachender Kommentar gekommen: „Du singst dreistimmig- laut, falsch und inbrünstig.“ Hugo saß schmollend auf seinem Bett in seinem Zimmer und hielt seinen Plüschlöwen. „Mädchen sind doof… Nur weil Rose volljährig wird… na und? Ich bin auch schon Zwölf…“, schniefte er trotzig. Der Junge schaute zu seinem Tisch. Es stand sein Schachbrett dort, es war sein Lieblingspiel und kurz vor seiner ersten Hogwartsreise hatte er ein Spiel begonnen und nicht zu Ende gebracht. Also aufgeschoben war nicht aufgehoben, warum nicht jetzt weiterspielen? Er legte seinen Löwen weg und setzte sich vor das Spiel. Er konnte sich noch genau erinnern welchen Zug er zuletzt getätigt hatte, ja Schach war seine Leidenschaft und gegen sich konnte er nicht verlieren, deswegen spielte er alleine. Hermine eilte zum Ofen, sie hatte Plätzchen gebacken, eine dieser hausfraulichen Eigenschaften, die sie sich angeeignet hatte. Es hatte sie Überwindung gekostet ein Backbuch auch nur anzufassen, doch da Ron von den ersten Plätzchen recht begeistert war, schön waren sie nicht gewesen aber relativ gut, verbesserungswürdig definitiv, hatte Hermine immer wieder neue ausprobiert. Die gestandene Hexe fischte ihre Kekse raus und war zufrieden, dass sie noch goldgelb waren. „Du backst auch bei ärgster Hitze Kuchen, was, Schatz?“, stellte Ron belustigt fest und drückte seiner Frau einen Kuss auf die Stirn. „Na und? Sie schmecken euch doch!“, protestierte sie lachend, als ihr Mann sich die Finger bei einem Plätzchen verbrannte und es nicht besser wusste, als das heiße Gebäck in den Mund zu stopfen, schnell herunter zu schlucken und Wasser nachzutrinken. „Ich schau mir mit Harry das Quidditchspiel an. Wir müssen Ginny anfeuern. Schade, dass ihr nicht mitgeht.“, verabschiedete sich Ronald und ging aus dem Raum. Ginevra hatte wieder professionell zu spielen begonnen als Lily Luna eingeschult wurde, aufgehört hatte sie als sie mit James Sirius schwanger gewesen war, ein Auszeit von zwölf Jahren. Nächstes Jahr hatte sie andere Pläne, junge Menschen im Sport zu fördern und zu ermutigen, sie wollte abtreten und als Coach fungieren. Hermine konnte nicht, sie wollte noch viel für B.Elfe.R erledigen, es war einiges an Papierkram liegen geblieben. Rose fand generell wenig Interesse an dem Sport und Hugo mied seit letzten Oktober so ziemlich alles, was mit Quidditch zu tun hatte. Als er das erste Spiel in der Schule gesehen hatte, zu dem er von Rose zwar widerwillig aber doch hin geschliffen worden war, wehrte ein Treiber den Klatscher so unglücklich ab, dass er, als Zuschauer, getroffen wurde und für zwei Wochen im Krankenflügel lag. Seitdem hatte er beschlossen Quidditch nur noch selbst zu spielen und so hoffte er, dass er nächstes Jahr in die Mannschaft aufgenommen werden würde. Er kannte die Regeln und las in der Zeitung wie welches Spiel ausgegangen war, aber er sah sich nie wieder ein Spiel live und in Farbe an, das hatte er sich geschworen. Im Wohnzimmer stand ein Kamin, auf dessen Sims Familienbilder lustige und schöne Situationen wiederspiegelten. Davor auf einem Teppich standen eine Sitzreihe, eine große gemütliche schokobraune Couch und zwei krachrote Ohrensessel, und ein niedriger Holztisch. Zwei Stehlampen sorgten für Licht und in den drei Kästen mit Glastüren waren Bücher, Figuren, Gläser, Schriftrollen, Fotoalben und sonstiger dekorativer Plunder, den sie von Geschäftspartnern bekommen hatten. Ron traute sich nicht irgendetwas auf den Dachboden oder in den Keller zu packen, da die Herrschaften ja mal unerwartet rein schneien konnten, das hieß die Briefbeschwerer und Kerzenständer, Keksdosen, Schalen und Vasen blieben da, und die Porzellanpüppchen bekam die Familie seit Jahren nicht mehr geschenkt. Hermine hätte alles schon mal entsorgt, wenn ihr Ron nicht immer die Ohren vollgesabbert hätte mit: „Spinnst du? Das sind Geschenke! Was werden denn die Leute denken!“ Hier sah es definitiv nicht weniger abstrakt als im Fuchsbau aus. Es polterte und aus dem Kamin rauchte es. Hermine hörte ein Husten und schaute nach. Auf dem Boden knieten zwei Burschen wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten voll mit Russ. „Na sieh mal einer an! Al, wie geht’s dir? Wie war das Schuljahr?“, freute sie sich und nahm ihren Neffen in die Arme. Dann schlief ihr langsam das Gesicht ein, als sie die Begleitung ihres Neffen richtig registrierte. „Tante Hermine, Luft….“, krächzte der junge Potter und die Hexe ließ ihn los. „Tut mir Leid, Albus!“, meinte Hermine hektisch und zappelte etwas rum. Dann rannte sie in die Küche, folgte dem Pfeifen des Wasserkochers und forderte die Burschen auf: „Macht es euch gemütlich!“ Der Potterspross folgte brav und sank zufrieden in den nächsten Stuhl. „Gibt es Plätzchen, Tante?“, wollte er grinsend wissen, sah dann zu seinem Freund, der steif und fahl dastand und sich nicht rührte und drückte ihn auf das Sofa. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass wir hierher gehen?“, zischte der Junge noch immer angespannt den dunkelhaarigen an. „Weil du sonst nicht mitgekommen wärst.“, gab Albus zu und sah wie Hermine mit einem Teller voll mit Keksen und Tassen antanzte. „Ihr mögt doch Tee, oder?“, wollte die Hexe wissen und beide nickten, der eine begeistert, der andere zaghaft. „It’s teatime!“, rief Albus begeistert und rieb sich die Hände, er liebte es, wenn seine Tante mit Tee anrückte, er mochte einfach die Kuchen, Torten und Kekse, die es immer dazu gab. Seine Mutter kochte zwar auch gut, keine Frage, aber sie backte nicht so gern wie Oma Molly oder Tante Hermine, kurz Ginny backte nie. „Wo ist eigentlich Rose? Ist sie noch nicht fertig? Es ist schon halb Drei, ich bin eh wie immer zu spät….“, fragte Al und seine Tante deutete nur auf das Bad im ersten Stock, bevor sie wieder in der Küche verschwand. „Musstest du mich herbringen?“, zischte Al‘s Freund und die sonstige Coolness, die der Junge inne hatte, war der Aufregung vollends gewichen. Al nickte und griff zum Teller. Dann hielt er ihn seinem besten Freund unter die Nase, welcher nur zögernd einen Keks nahm. „Lecker! Die sind gut geworden, Tante Hermine!“, rief Potter begeistert und pfiff laut. Hermine tanzte lächelnd mit der Teekanne an und schenkte ein. „Und seid ihr mit den Zeugnissen zufrieden?“, wollte die Hexe wissen. Albus stand nickend auf und murmelte etwas von Bad und ließ seinen Freund alleine hocken. Hermine meinte lächelnd zu ihrem Neffen: „Rose ist oben, aber du weißt ja, wo das andere ist.“ Dann widmete sie ihre volle Aufmerksamkeit dem anderen Jungen. „Ja, Mistress Weasley. Ich bin recht zufrieden damit, auch wenn Vater meint, es müsste besser sein.“, murmelte der Schüler und schaute Gedanken versunken auf das Plätzchen in seiner Hand. „Iss ruhig.“, meinte Hermine lächelnd und sagte aufmunternd: „Das nächste Jahr machst du es sicher besser!“ Er zuckte mit den Schultern und knabberte verlegen an dem Gebäck. „Naja, ich hab ein Annehmbar, und sonst Erwartungen übertroffen und Ohnegleichen.“, stammelte der Schüler und wusste nicht, ob es richtig gewesen war, das zu erzählen. „Das ist doch gut! Ich wünschte Hugo hätte so ein Zeugnis mitgebracht. Aber naja…“, seufzte sie und fand es gar nicht mehr so seltsam diesen Jungen im Haus zu haben. Der Jungendliche lächelte matt, aber Hermine hatte das Gefühl ihn wirklich aufgemuntert zu haben. „Ich find Quidditch viel interessanter als Bücher…“, taute der Zauberer langsam auf und aus der Frau platzte es nur so raus: „Ihr Jungs hättet mit Harry und Ron zum Spiel gehen sollen. Mein Mann hängt mir damit in den Ohren, aber was soll ich machen, Rose und Hugo wollen nicht und ich kann nicht…“ Sie zuckte mit den Schultern und stellte zufrieden fest, dass der Junge breit und ehrlich lächelte. „Die Weasleys sind eigentlich gar nicht so übel wie Vater immer sagt…“, dachte der Schüler und fragte sich, ob Rose eigentlich auch so nett sein konnte. Rose stand summend vor dem Spiegel, der Radio war bis zum Anschlag aufgedreht, die Wände hatte sie mit einem Zauber belegt. In der einen Hand hielt sie eine Bürste, in der anderen einen Fön. Das Mädchen hatte in bestimmten Dingen kein Zeitgefühl, zum Beispiel wenn es darum ging sich fertig zu machen. In der Schule ging alles schnell, aber zuhause konnte sie trödeln wie sie wollte, da musste sie nicht um Acht im Unterricht sitzen und da war es ihr egal, ob sie andere warten ließ. Ihre Haare, die ihr in der Früh zu Berge standen, wie so oft, nachdem sie mit feuchten Haaren ins Bett gegangen war, - und gestern hatte es auf dem Nachhauseweg geregnet – hatte sie bändigen können und sie fielen nun in Korkenzieherlocken luftig ihren Rücken hinunter. Sie hatte sich mit ihrer Mähne abgefunden, auch wenn ihr glatte Haare, so wie Dominique sie hatte, besser gefielen, dank ihrer starken Naturkrause würde sie nie, und war der Zauber noch so stark, eine Haarpracht wie ihre Cousine haben, und diese wusste ihre Haare nicht zu schätzen. „Was braucht sie eigentlich so lange im Bad? Ist das ein Leiden? Sind Mädchen immer so langsam? Will sie sich aufrüschen? Für was denn? Gibt es da überhaupt was zu verbessern?“, fragte sich Albus und ging in aller Seelenruhe Stufe für Stufe hoch, dann den Gang entlang. „Ich frag mich, ob wir noch vor Ladenschluss Muggel-London erreichen….“, murmelte der Junge resigniert und öffnete die Tür. Laute Musik und das Gebläse des Föns dröhnten ihm entgegen und er riss die Augen auf. „Rose wann bist du…. Warum bist du nackt?!“, fing er ruhig an, schrie dann los und erstarrte in der Bewegung, Hand beim Griff der weitgeöffneten Tür. Rose, die in roter Unterwäsche vor ihm stand und ihn nur seines Geschreis wegen bemerkte, fuhr zusammen und wetterte los: „Raus du Spanner!!“ Danach schmiss sie reflexartig den Fön nach ihm. Al schlug die Tür zu, lehnte sich dagegen. Der Apparat verstummte, der Stecker war gezogen, der Zauber aufgehoben, es polterte gegen die Holztür. Al spürte den Ruck. Und dann rumste es wieder, das Geschoss musste den Boden geküsst haben. Der Junge rutschte langsam zu Boden. Sein Herz raste und steckte in seinem Hals. Bei Merlin, wenn er eins nicht wollte, dann die Gryffindor in BH und Höschen überraschen. Die laute Musik wurde leiser. Albus schluckte schwer. Der Junge, der bei Hermine saß, und die Hausfrau selbst drehten sich geschockt um, sie hatten freien Blick auf das Geschehen. „Al ist jetzt nicht wirklich…“, ging es in dem Schüler vor und war nicht im Stande fertig zu denken. „Und ich hab ihm noch gesagt…“, stotterte die Hexe und starrte auf den jungen Potter, der zuerst blass um die Nase wurde und dem anschließend die Röte ins Gesicht stieg. Rose stand beim Fenster und starrte auf die On/Off-Taste. Der Tag begann ja großartig, ein einziger Alptraum. Sie atmete tief ein und zog den Stecker. Nein, sie konnte da jetzt nicht raus! Auf keinen Fall! Es war peinlich, viel zu peinlich! Die Bürste hatte sie noch in der Hand. Das Mädchen schaute zögerlich in den Spiegel. Wieder atmete sie tief ein. Am liebsten hätte sie losgeheult. Obwohl war es wirklich so peinlich? Immerhin war er ihr Cousin, ein Verwandter! Ja, doch, sicher, war es, er war ein Mann, oder sollte in den nächsten Jahren noch einer werden! Ihr Kopf war leer, automatisch schmiss Rose die Bürste zurück in den Korb zu den anderen, aus dem sie sie genommen hatte. Das Mädchen wechselte immer wieder das Bein, unentschlossen, was es tun sollte. Der Fön lag immer noch da. Rose konnte doch jetzt nicht nichts tun, oder? Gottergeben griff sie nach dem Gerät und verstaute es im Fach unter dem Waschbecken. Wieder ein Blick in den Spiegel. Die Lage hatte sich nicht gebessert. Warum konnte nicht Hugo mit so einer Nummer kommen? Sie fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Flucht nach vorn?“, fragte sie sich und nickte dann kräftig um sich Mut zu machen. Ja, das war das einzig Richtige, redete sie sich ein. Rose griff nach ihrem Bademantel, der wie die anderen an der Tür hing, schlüpfte hinein und schlang ihn fest um sich. Ihre Hand wanderte zur Klinke und stoppte wenige Zentimeter davor. Ruckartig zog sie die Hand wieder zurück und drehte sich in die Knie gehend um. „Ich kann das nicht…“, murmelte sie verzweifelt mit den Nerven am Ende und war den Tränen nahe. Ihr Blick fiel wieder in den Spiegel und ihr wurde bewusst, wie erbärmlich sie aussah. „Scheiße, ich bin so ein Angsthase…“, ging ihr nur noch durch den Kopf. Schnell richtete sich das Mädchen auf, Brust raus, Bauch rein und atmete tief durch. Rose wuschelte sich noch mal durch die Haare, ignorierte ihre glasigen Augen und drehte sich wieder zum Ausgang. Dann riss sie die Tür schwungvoll auf. „Aus dem Weg!“, scheuchte sie Al auf, der sich im Schneidersitz sitzend nur irritiert zu ihr umdrehte und nicht einmal mehr auf ihre Aufforderung reagieren konnte, weil sie einfach an ihm vorbei stolzierte, oder besser über ihn hinweg. Der Junge sprang auf und gab sich geschockt: „Warum sperrst du nicht ab, wenn keiner rein soll?!“ Al gestikulierte wild. Rose, die in ihr Zimmer wollte, blieb abrupt stehen, drehte sich zu ihm und fuchtelte mit ausgestrecktem Zeigerfinger herum. „Warum gehst du in ein Bad, wenn du weißt, dass es besetzt ist?! Mama hat es dir sicher auf die Nase gebunden!“ Rose sah wild aus, ihre braunen Augen funkelten, Albus konnte so ein gefühlloses Trampel sein und das machte sie sauer. „Weil ich dachte, dass du vielleicht schon fertig bist, du Giftzwerg!“, brüllte der junge Potter ihr entgegen. „Ach, dann ist es jetzt wohl meine Schuld?“, fragte das Mädchen ungläubig und mindestens so laut wie ihr Gegenüber, ließ unbewusst ihren fest umklammerten Bademantel los und streckte die Hände von sich. „Ganz toll, Potter! Ganz toll!“, keifte sie und bemerkte Al‘s Winseln, wie er die Augen zukniff und sich langsam wegdrehte, die Hände vors Gesicht haltend. „Rose…“, jammerte er und fuhr fort: „Wir wollten dich abholen…“ Das Mädchen ließ die Arme wieder hängen und schaute ihren Cousin ungläubig an. „Was hat er denn?“, fragte sie sich, in ihrer Wut völlig vergessen, dass sie unter dem Bademantel nur ihre Unterwäsche anhatte. Er sah auf. „Was soll denn der Krach?“, murmelte der rothaarige Junge und ließ von seinem Schachbrett ab. „Muss es bei uns immer so zugehen?“, dachte Hugo und stand auf und tapste zur Tür. Er dachte schon darüber nach, was er alles seiner Schwester vorwerfen könnte. Immerhin nahm sie auch keine Rücksicht auf ihn, dass er nicht besser war, ignorierte er gekonnt. Die Tür schwang auf und Hugo kam fragend aus dem Zimmer: „Was bei Merlins Bart ist hier los?!“ Er war etwas ungehalten, bis er seine Schwester und Potter sah. Beide sahen ihn überrascht an und stutzten. „Oh…“, entfuhr es dem zwölfjährigen Jungen mit weit geöffneten Augen und so schnell konnte man gar nicht schauen, war er wieder rückwärtsstolpernd in seinem Zimmer verschwunden. Die Tür knallte wieder ins Schloss. Rose‘s Blick wanderte nach unten. Sie schluckte, dachte nicht mehr daran Al anzusehen. Ihre Mutter kannte ihre Wäsche, wenn sie sie sah, war es ihr egal und Al hatte im Hinterkopf ja keine Augen, die Sache war also halb so wild. Und dann ging ihr ein Licht auf. Zögerlich begann die Schülerin: „Al, wer ist wir?“ Leichte Hysterie schwang in der Stimme mit. Jetzt fühlte sie sich etwas unwohler. Ihr Cousin räusperte sich, verschränkte die Arme und kratzte sich am Kinn. „Naja… Scorp und ich?“, fiel er nervös mit der Tür ins Haus. Dem Mädchen entgleisten die Gesichtszüge. In ihrem Kopf tickte es. Malfoy war da. Malfoy saß unten in der Küche oder im Wohnzimmer. Malfoy konnte sie höchstwahrscheinlich so sehen. Der Vorgang Al‘s Information zu verarbeiten und in ihr Bewusstsein zu rufen dauerte schier ewig. „Rose, bist du noch da oder hat dein Verstand die Kurve gekratzt?“, fragte der Junge vorsichtig und drehte den Kopf nach rechts und lugte aus den Augenwinkeln kurz zu ihr um zu überprüfen, ob sie immer noch so frei dastand. Dann schaute Albus errötend wieder nach vorne, ja Rose hielt sich ihren Bademantel immer noch nicht zu. Es war nicht so, dass der junge Potter noch kein Mädchen in Unterwäsche gesehen hatte, um ehrlich zu sein, kannte er viele Mädchen, die vor seinen Augen noch weniger trugen und mit denen er seinen Spaß hatte, aber seine unschuldige, seiner Meinung nach biedere Cousine Rose in einem Hauch von nichts zu sehen irritierte den Jungen heftig. Endlich schnappte die Weasley nach Luft. „Malfoy ist hier?!“, schrie sie ungläubig und drehte sich in die Richtung, in der sie ihn vermutete. Tatsächlich! Er saß da und starrte sie geschockt an, mit offenem Mund. Und daneben saß ihre Mutter! Rose kontrollierte, ob der Mantel noch offen war. „Ah…“, stammelte sie, blickte wieder ungläubig zu Malfoy und riss dann den Mantel zu und eilte in ihr Zimmer. Die Tür knallte ins Schloss und Albus ging freudig in die Knie. „Sie ist getürmt!!“, schrie er und sprang auf und rannte strahlend die Stufen hinunter und schmiss sich neben seinen besten Freund. Etwas verlegen sah er seine Tante an, die in schallendes Gelächter verfiel. „Ihr seid mir zwei Marken!!“ Der Dunkelhaarige grinste und stieß seinem Freund in die Rippen, der peinlich berührt, sowie Rose in ihr Zimmer geflüchtet war, auf den Boden starrte. „Tante Hermine, deine Kekse sind so lecker!“, fing der Potter frech grinsend an und Hermine hielt ihm den Teller hin. „Junge, iss! Bloß zum Anschauen back ich die Kekse nicht!“ Al nahm sich noch und meinte: „Da sag ich nicht nein!“ Scorpius, fasziniert von dem guten Verhältnis, das in dieser Familie Standard zu sein schien, schaute abwechselnd zu Hermine und zu Albus. Bei ihm zuhause ging es nie so lustig zu, sein Vater legte viel Wert auf Etikette. Draco hatte es geschafft seine Frau in bestimmten Dingen zu bremsen. Draco Malfoy hatte Astoria davor bewahrt sich wie eine Glucke aufzuführen, sie davon abgehalten eine zu werden. Manchmal, ganz selten, wenn Scorpius seine Mutter ehrlich lachen sah, und das schaffte nur noch Albus, wenn Draco nicht in der Nähe war, konnte er sich vorstellen, wie Astoria gewesen sein musste, bevor sie seinen Vater kennengelernt hatte. Früher musste sie sicher eine freudige, lebhafte, furchtlose Frau gewesen sein, die Mauern niederriss, jetzt war sie beherrscht, unterkühlt, ruhig und gab sich mit ihrem Goldkäfig zufrieden, ein Schatten ihrer selbst. Hermine hielt dem Blondschopf auch den Teller hin und er nahm dankend das Plätzchen. Ja, äußerlich ähnelte Scorpius Draco enorm, doch war der Junge charakterlich ganz anders, musste er sein, wenn Al und er sich so gut verstanden, das stellte nun Hermine fest. Dann hörten sie ein Kreischen. „Was war das?“, stammelte der Malfoyspross und schnellte hoch, sah in den ersten Stock. „Ach, Rose hat wahrscheinlich ihren nächsten Schockzustand. Mit ziemlicher Sicherheit ist ihr ihr Gewand entgegengeflogen.“, winkte die Hexe ab und stand auf. „Ich hol euch noch was zum knabbern.“ Scorpius wunderte sich abermals, wie gelassen Mistress Weasley blieb und sah ihr dann nach. Al drückte ihn wieder in die Kissen. „Musst doch nicht bei jeder Kleinigkeit aufstehen!“, lachte der Potter und schob das nächste Plätzchen in den Mund. Die Tür flog zu und Rose trampelte in ihrem Zimmer auf und ab. Das gab es nicht! „Zuerst ärgert mich Hugo mit meiner Wäsche. Dann stürmt Al, diese Kanaille, ins Badezimmer um mich zu begaffen und zum Schluss präsentiere ich mich halbnackt Malfoy!!“, murmelte sie mal lauter mal leiser vor sich hin. „Noch nie hat mich ein Junge in meiner Wäsche gesehen und dann… Oh Merlin steh mir bei…“, jammerte Rose und sank mit den Nerven am Ende in ihren Schreibtischsessel. „Und ihm hat’s wahrscheinlich noch gefallen, dass ich mich so blamiere…“, stöhnte die Schülerin und versuchte etwas Positives der ganzen Sache abzuringen. Rose sprang auf und hatte die Idee. Es war ja nicht viel anders, als hätten die beiden Jungs sie im Bikini erwischt, ja genau! Es war doch Sommer! Das Mädchen lachte kurz, doch ihre Freude wich. Es war aber nicht ihr Bikini. Und keiner der beiden Jugendlichen konnte sie ihren festen Freund schimpfen. Bei dem hätte sie darüber hinweggesehen, mal abgesehen davon, dass sie noch nie einen gehabt hatte, aber Al, war ihr Cousin und sowieso schon fester Bestandteil ihrer Familie, und Malfoy? Nein, der zählte zu der Spezies Mann, mit dem sie nicht mal Händchen halten wollen würde, von einem Kuss in jeglicher Form ganz zu schweigen! Kein Kuss auf die Wange, Stirn oder Hand, allein bei dem Gedanken, an die Eventualität, er könnte das einmal versuchen, müsste sie würgen, davon war Rose überzeugt! Von Malfoy wollte die Schülerin auf jeden Fall keine Kinder haben. Und dann war das Mädchen endgültig den Tränen nah. „Malfoy hat mich in Unterwäsche gesehen, und… und…“, schniefte sie, bis zu dem Gedanken, das ihm vielleicht gefallen haben könnte, was er gesehen hatte, kam sie gar nicht mehr. Das Einzige, an das sie noch dachte war: „Al ist schuld!“ Und dann schrie sie aus vollen Lungen und kauerte sich auf dem Boden zusammen und schluchzte los. Rose griff nach dem Nächstbesten und schnäuzte hinein. Jetzt war es eine klare Sache, Malfoy hatte sie besiegt, sie hatte sich lächerlich gemacht und den Geschlechterkampf, den sie seit Schulbeginn vor fast sechs Jahren im Hogwartsexpress mit ihm focht, verloren. Immer hatte sie versucht, Malfoy eins auszuwischen, nicht nur, weil ihr Vater sie immer wieder dazu anspornte, nein, weil er ein Weiberheld war, arrogant, selbstverliebt und falsch. Weil er oberflächlich war und sie immer nur wegen ihres Aussehen dumm angeredet hatte. Sie hatte sich so oft vorgenommen ihn zu schlagen, in allen Fächern, bei jeder Gelegenheit und jetzt hatte sie einmal nicht aufgepasst und dann passierte so etwas! Ganz am Anfang hatte sie nur ihrem Vater zuliebe nicht mit Al‘s neuem besten Freund geredet, doch irgendwann kam sie dahinter, mit jemandem wie Malfoy musste man nicht reden um zu wissen, wie er war, man sah es ihm an! Sie verstand bis heute nicht, warum ihr lieber Cousin, der Wolf im Schafspelz, mit so einem Gfrasst herumhing. Und ihr war bewusst, dass sie zu gut von Albus dachte, denn dieser Potter war in gewisser Hinsicht verdorben. Aber Rose Weasley konnte bis heute auch nicht nachvollziehen, warum Albus Severus Potter in Slytherin gelandet war. „Warum bringt mir Al so einen Schürzenjäger ins Haus?“, jammerte sie und sah auf. Alles war verschwommen. Das Mädchen rotzte wieder in den Stoff und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Was hab ich da eigentlich in der Hand?“, wollte sie wissen und schaute sich den Fetzen in ihren Händen genauer an. „Das darf doch nicht wahr sein…“, jammerte sie, „…mein Lieblingsshirt!“ Das Mädchen winselte, betrachtete noch einmal das Oberteil, in der Hoffnung sie hätte sich versehen, doch nein, die Tatsache sah anders aus. Es war definitiv ihr liebstes Oberteil. Rose schniefte, ihre Lippen zitterten und dann kam der nächste Heulkrampf. „Nein, nicht mein T-Shirt!“, wimmerte die Schülerin und schnäuzte unbewusst abermals hinein. Dann lag der Stofffetzen auf ihrem Schoß und sie schluchzte Krokodilstränen. Plötzlich hielt Rose Weasley inne. Sie hob das Kleidungsstück in die Höhe und murmelte wütend auf sich selbst: „Ich bin so bescheuert. Das sowas lebt, und frisst kein Heu!“ Dann stand das Mädchen auf, drehte das Oberteil mit gespreizten Fingern auf links und ging zu ihrem Wäschekorb, in dem noch genügend Schmutzwäsche von gestern lag, und pfefferte das Shirt hinein. „Wie blöd muss man sein!“, schrie sie und starrte auf das Lieblingsoberteil. Rose raufte sich die vollen Haare und drehte sich zum noch geschlossenen Kasten. Ihr war egal, dass ihre Augen geschwollen und ihre Wangen gerötet waren, sie scherte sich auch nicht darum, dass sich ihr Seelenzustand als Wrack bezeichnen ließ. Das Mädchen riss die Türen auf und mit dem Schock in Mark und Bein und geweiteten Augen sprang Rose Weasley kreischend nach hinten. Jetzt war ihr auch der Inhalt des anderen Kastens entgegen gekippt. Rose blickte geknickt zu Boden, gut von ihrem Holzboden war nicht mehr viel zu sehen, die Klamotten bedeckten fast alles. Den nächsten Satz konnte sie sich nicht verkneifen und wiederholte Alice’s Aussage, als diese nach dem ersten Schuljahr in den Sommerferien ein einziges Mal bei dem Rotschopf übernachtete: „Oink, oink! Du lebst in einem Schweinestall, Rosie!“ Damals wie heute konnte die Weasley Longbottom deswegen nicht böse sein, weil sich das Mädchen selbst immer fragte, wie sie es in der Schule schaffte Ordnung zu halten. Außerdem war Rose’s einziger, sehr schwacher Konter, wie sie selbst fand: „Nur Idioten halten Ordnung. Es lebe das Chaos!“ Ohne zu zögern kniete sich die Schülerin hin und wühlte in dem Haufen nach Kleidung, die sie heute anziehen wollte. Der Rotschopf fischte eine kurzärmelige, romantisch angehauchte, mintfarbene Buse mit Rüschen als Abschluss statt Ärmelbündchen hervor und betrachtete sie kurz. „Nein.“, murmelte Rose schulterzuckend und warf das Kleidungsstück über ihre Schulter direkt aufs Bett. Das nächste Stück, das das Mädchen in die Hände bekam, war eine rostbraune, knielange Hose, die Rose ohne zu zögern, ohne lange darüber nachzudenken, schnell wieder in die Tiefen des Gewandberges stopfte. Der Lockenkopf seufzte, es war schwer etwas Passendes zu finden, wenn die Auswahl so groß war. Warum musste sie sich auch immer wieder neue Klamotten kaufen? In den ersten vier Schuljahren, hatte das Mädchen ausschließlich Bücher erworben um ihre Sammlung zu vergrößern, aber dann kam ihre erste große Liebe, auch wenn sie es nie zugegeben hätte, und so begann sie sich außerhalb der Schulzeit hübsch zu machen. Als offiziellen Grund für ihre Veränderung gab sie an, dass sie mit den Mädchen mitziehen wollte. Schminke, Schmuck, schöne Kleidung, das alles durfte nicht fehlen, auch wenn viele vermuteten, dass an ihr die Pubertät bis heute spurlos vorbeigegangen war, denn in der Schule trug sie noch immer die hochgeknöpften, langärmeligen Blusen und die Westen, damit ja niemand vermuten konnte, was sie darunter trug. Rose Weasley hatte sich immer geweigert Röcke zu tragen oder geschminkt in den Unterricht zu gehen. So kannten auch nur ihre Familie und ihre dicksten Freunde ihre andere, etwas wildere Seite. Gut, Al hatte davon auch noch nicht viel mitbekommen, aber der hing zu viel mit Malfoy rum, als davon Notiz zu nehmen. Auf einmal hielt das Mädchen einen längst vergessenen bis Mitte Oberschenkel langen Jeansrock in den Händen und begann zu lächeln. Jetzt fehlte lediglich noch das Oberteil dazu. Den Rock legte sie auf ihren Schoß und wühlte dann weiter und schmiss achtlos mit den Kleidungsstücken um sich. Rose Weasley hatte sich etwas gefasst, gewann etwas von ihrem Selbstbewusstsein zurück und schwor sich an Abus Severus Potter und Scorpius Hyperion Malfoy für die heutige Schmach zu rächen. Albus lümmelte gemütlich im Sofa und drehte wahrhaft Däumchen. „Mensch, wie lange dauert das denn noch?“, jammerte er und schaute immer wieder auf die Uhr. „Weiber…“, grummelte Potter und Malfoy sah ihn nur schulterzuckend mit hochgezogenen Augenbrauen an. Hermine sah auch etwas gestresst aus, weil Rose nicht und nicht antrabte. „Und was wollt ihr nach der Schule mal machen?“, fragte die Hexe verzweifelt und sah die beiden Burschen an. „Lehrer.“, murmelte Potter ernst und als er die überraschten Blicke seiner beiden Gesprächspartner bemerkte, fiel er in schallendes Gelächter. „Quatsch ich tu mir doch diese Bälger nicht an! Keine Ahnung was ich mal mache…“ Hermine nickte und schaute dann zu Malfoy. „Ehm.. Ministerium, glaub ich…“, begann Scorpius zögerlich und dann meinte er grinsend, als er seinem besten Freund kräftig auf die Schulter klopfte: „Oder ich besetze Al’s nicht vorhandenen Lehrerposten!“ Potter fuhr hoch und starrte den blondhaarigen Jungen neben ihm ungläubig an. Dann zog der braunhaarige Junge einen Schmollmund und schrie weinerlich mit den Händen vorm Gesicht los: „Ich bin zu nichts zu gebrauchen~!“ Hermine beobachtete die beiden geschockt. Sie wollte gerade etwas Tröstendes, vor allem Aufbauendes sagen, doch Albus Severus Potter begann wieder herzhaft zu lachen und Scorpius konnte es sich auch nicht verkneifen. „Eure Späßchen sind echt gigantisch…“, murmelte Hermine sarkastisch und unterdrückte das Bedürfnis sich auf die Stirn zu greifen. „Ja, ihr seid echt zum Brüllen. Alle haben es kapiert.“, gab eine Mädchenstimme zickig von sich. Albus und Scorpius erschraken und sahen um sich. Rose stand da. Mit einem rotorangenen Spagettiträger-Oberteil und einem olivfarbenen Bolerojäckchen und dem kurzen Jeansrock, welcher angezogen noch viel kürzer aussah, stand der rote Lockenschopf geschminkt mit braunem Kajal und schwarzer Wimperntusche vor ihnen. Al richtete sich etwas zornig auf und maulte los: „Weißt du eigentlich wie spät es ist?! Und überhaupt! Wieso föhnst du eigentlich deine Haare mit Muggelsachen?! Hast wohl auch noch nie was von Zauberei gehört, was?“ Scorpuis fasziniert von Rose’s Auftritt sah überrascht zu seinem besten Freund und wieder zurück. „Lass mich doch, wenn ich will!“, fauchte das Mädchen mit geballten Fäusten zurück. „Außerdem musst du grad reden! Wer schleift mich heut‘ denn nach Muggel-London?!“, wetterte die Schülerin weiter. Malfoy sank etwas in den Sessel und fühlte sich deutlich unwohl. „Lern mal die Uhr!“, fauchte Albus und sprang auf. „Ach, du bist doch selbst immer zu spät! Jetzt schieb’s nicht auf andere!!“, fauchte Rose und hob ihren Kater in die Luft, der ihr um die Beine schmeichelte. Sie kraulte Chaster am Ohr und Al, der gerade etwas erwidern wollte, hielt inne. Das Mädchen drehte sich zu Malfoy und fing an, während die Schülerin ihren bereits schnurrenden Kater weiter kraulte: „Wusstest du eigentlich, dass Al panische Angst vor Katzen hat?“ Ihre Stimme klang fies und wütend. Scorpius sah Rose nur irritiert an und warf immer wieder einen Blick auf den Stubentiger, diese sogenannte Schwäche kannte er noch gar nicht. „Jetzt lüg doch nicht!“, protestierte der braunhaarige Junge mit übertriebener Gelassenheit. „Achja?“, fauchte die Sechszehnjährige und drückte ihm das Tier in die Hand. Potters Augen wurden größer, sein Mund klappte auf und dann warf er Chaster schreiend in die Luft: „Halt mir die Bestie vom Leib!“ Maunzend und fauchend landete der Kater auf allen Vieren, sträubte sein Fell, schaute wütend zu dem Potter und bog dann um die Ecke. „Das war gemein!“, gab Albus atemlos von sich und blickte seine Cousine enttäuscht an. „Gemein? Nein! Wenn ich dir mein Lieblingsshirt um die Ohren geschlagen hätte, das wär gemein gewesen!!“, konterte Rose und bemerkte nur den fragenden Blick ihres Gegenübers. Jetzt mischte sich auch Hermine ein: „Ich will euch ja echt nicht stören, aber wenn ihr nach Muggel-London wollt… es ist zwanzig nach drei…“ Al, Rose und Scorpius sahen die Hexe mit großen Augen an. Dann sprang das Mädchen zur Haustür und schlüpfte in ihre oft getragenen Ballarinas. „Es war schön, Tante Herm!“, faselte Albus winkend und gestresst. Er nannte seine Tante normalerweise nie so. Der Junge sprang auf und krabbelte irgendwie über die Couch um zum Kamin zu kommen. „Es hat mich gefreut.“, meinte Malfoy lächelnd zu der Hexe, die glücklich nickte, nachdem er verwirrt seinen Freund beobachtet hatte. „Ja, jetzt stressen, ganz toll Al! Die Geschäfte haben noch bis Acht offen!“, nörgelte Rose und stolperte wieder ins Wohnzimmer. „Ja, aber ich will so viel erledigen! Außerdem hasse ich es bis Ladenschluss zu shoppen!“, jammerte der Junge und sprang in den Kamin, dass es staubte. „Bis gleich, meine Lieben!“, grinste der Junge und griff nach dem Flohpulver. „Tropfender Kessel!“ Und schon war er verschwunden. „Und da heißt es Mädchen sind immer so schlimm, wenn’s ums einkaufen geht….“, stellte Rose monoton fest und starrte auf den Fleck, auf dem ihr Cousin bis eben noch gestanden war. Scorpius verschränkte die Arme und musterte Rose, die sich nicht rührte. „Willst du nicht endlich in den Kamin steigen? Al macht uns die Hölle heiß, wenn wir noch länger brauchen.“, meinte Malfoy sachlich, aber relativ freundlich und brachte somit Rose dazu, ihn studierend anzusehen. Die Seite kannte sie an ihm definitiv bis jetzt noch nicht. Das Mädchen nickte, drückte dann ihrer Mutter noch schnell einen Abschiedskuss auf die Wange und verschwand anschließend durch die Brandstätte. Hustend stolperte das Mädchen in das versiffte Lokal und landete auf dem Boden. Rose hasste den Qualm, der sich durch das Pulver bildete. Auf den Knien und mit einer Hand stützend blickte sie sich um. Al stand ein paar Meter von ihr entfernt und klopfte sich den Staub ab. „Ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr…“, maulte er bissig, gespielt beleidigt und blickte auf seine Cousine herab. „Ach, halt doch die Klappe!“, fuhr diese den Jungen an. „Täusch dich mal nicht…“, gab eine gelassene Männerstimme von sich, und als Albus und Rose in die Richtung schauten, aus der die Stimme kam, stieg Scorpius in aller Seelenruhe aus dem Kamin, die Hände in die Jackentaschen geschoben. Er blieb neben Rose stehen genauso wie Al und beide hielten ihr die Hand entgegen. Das Mädchen, verwundert von so viel Freundlichkeit, stutzte nur. „Na wird’s heute noch, oder was?“, meinte der junge Potter miesgelaunt und seine Cousine griff ohne zu zögern nach seiner Hand und ließ sich hoch ziehen, Malfoy völlig ignorierend. Scorpius steckte nur seine Hand wieder ein und betrachtete die beiden. „Ich kann auch wieder heimgehen! Weiß sowieso nicht, warum ich mit muss…“, murmelte Rose gereizt vor sich hin. Wie gerne hätte sie weitergeschlafen… Und dann fragte sich die Schülerin, ob Fred und Dominique auch so unsanft geweckt worden waren wie sie, oder ob die beiden erst ihre Auferstehung vor sich hatten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)