Incomplete - Bis(s) in den Tod von *Fane* (The Bella & Edward Story geht in die dritte Runde!) ================================================================================ Kapitel 16: Viele trockene Tränen oder: Biss in den Tod ------------------------------------------------------- Bevor ich zum Kapitel komme, eine kleine Erinnerung: DIAMOND HEART AWARD -> Abstimmung endet heute<- http://fictionfans.de/viewpage.php?page=award hier findet ihr das Formular zur Abstimmung! Musiktipps: teardrops – Gabriel Thorn [http://www.youtube.com/watch?v=D2m6yrRfS9A&feature=PlayList&p=B34184A93A933C30&playnext_from=PL&playnext=1&index=7 9 crimes – Damien Rice http://www.youtube.com/watch?v=cgqOSCgc8xc&feature=PlayList&p=7BF6C0E825886317&playnext_from=PL&index=0&playnext=1 In diesem Kapitel ist das Instrumentalstück teardrops (wie auch im Kapitel zuvor) absolut notwendig!! Bzw. meiner Meinung nach noch essentieller, als im letzten Kapitel. Wer lieber Gesang mag oder mal ein anderes lied haben möchte, was aber auch wie faust aufs auge passt, für den hab ich "9 crimes". Ich find dieses lied so traurig und herzzerreißend Kurze Anmerkung noch von mir: Dies ist mein Lieblingskapitel (bislang) in Incomplete - allerdings muss ich sagen nicht vom Inhalt her, sondern vom schreiben und der "tiefe" des kapitels. Dann viel Spaß beim lesen und an dieser Stelle noch mal einen riesigen Dank an eure breite Beteiligung an meiner FF (ich hoffe es haben die ENS gekriegt...... iwie hat das teilweise nicht funktioniert......., sry) ------------------------------------------------ Edward „Tut mir… leid.“ Ihre Lippen bewegten sich kaum. Sie sah völlig entkräftet aus, nervlich und physisch am Ende. Warum sagte sie das? Ein heimliches „Lebe wohl“? Das durfte nicht sein… „Bella…“ Edward jetzt, die Betäubung wirkt, waren Carlisles Gedanken. Ich wollte sie jetzt nicht verlassen. Ich wollte bei ihr bleiben, doch alleine konnte Carlisle in Bellas Haut keinen Schnitt machen, ohne, dass sie zu schaden kam. „Du hast versprochen, dass wir das schaffen nicht wahr?“, brachte ich über die Lippen und spürte ein tiefes schwarzes Loch in mir hinaufkriegen. Ganz langsam. Es wollte mich verschlucken. War es das, was mich erwartete, wenn sie jetzt starb? Das durfte sie nicht! Ich konnte nicht ohne sie leben, sie durfte nicht sterben… BELLA ICH LIEBE DICH, BLEIB BEI MIR!, schrie ich Gedanken, unfähig, es auszusprechen. Edward worauf wartest du?! Glaubst du es geht ihr besser, wenn wir warten?, herrschte Carlisle mich an. Sie wird leben, kam es von Esme, doch die Eventualität, ihr Tod, geisterte auch in ihrem Kopf herum. Die anderen Gedanken im Haus konnte ich nur zu gut ausblenden – sie waren glücklich und erwartungsvoll, so etwas konnte ich jetzt nicht teilen. Ich ließ ihre Wange, welche sie in meine Handfläche gelegt hatte, als ich sie streichelte, los. Es war schrecklich und wirkte wie ein Abschied. Aber es würde keiner sein! Niemals! Ich stellte mich Carlisle gegenüber. Warum hatte ich das zugelassen? Wie konnte ich dieser Schwangerschaft zustimmen?, fragte ich mich und doch waren es nur sehr, sehr schwache Reueversuche, denn es war der einzige Weg gewesen mit dem Bella seelisch hätte weiterleben können. Und… körperlich… Ich schluckte hart. Wir begannen. Mit vielen kleinen schnellen, aber sanften Handgriffen, um es schnell und unbeschadet zu tun. Carlisle ging die Handschritte genauestens im Kopf durch, doch ich brauchte diese Videoanweisung nicht. Ich wusste alles noch von Nelas Geburt. Nimmst du ihn gleich? Dann vernähe ich Bella. Ich nickte unmerklich, obgleich mich das Kind momentan am wenigsten interessierte und ich immer wieder flüchtige Blicke zu dem Vorhang warf. Ich wollte zu Bella, ich wollte sehen wie es ihr ging, sie küssen, mich davon überzeugen, dass sie lebte… Natürlich sah ich Bellas Gesicht in Esmes Gedanken, doch das war nicht dasselbe. „Bald hast du es überstanden. Gleich hören wir den ersten Schrei“, murmelte Esme, die an Bellas Kopf saß, ununterbrochen, um sie zu beruhigen und vor allem von schwarzen Stimmungen abzulenken, wie ich aus ihren Überlegungen erfuhr. Ein weiterer Handgriff und mein Sohn lag in meinen Händen. Er schrie. Ich wollte alles stehen und liegen lassen – im wahrsten Sinne des Wortes – um zu Bella zu eilen, doch mein Verstand peinigte mich Vernunft walten zu lassen. Schließlich hielt ich meinen Sohn in den Händen. Blutüberströmt, verschmiert und zart. Carlisle forderte mich auf die Nabelschnur zu durchtrennen und kam mir zuvor, als ich regungslos verharrte. Ich lauschte den Bildern in Esmes Kopf. Bella hatte die Augen geöffnet und- sie rührte sich nicht mehr. „Nimm du ihn!“, befahl ich lautstark. „Ich kann nicht, ich muss die OP zu Ende führen“, erinnerte Carlisle mich ruhig, obwohl ich das wusste. „Behalt’ die Nerven!“ Jemand anderes, kam es mir in den Sinn. Ich konnte das Kind nicht mehr tragen. Ich hielt es wie einen Gegenstand, völlig teilnahmslos. Jemand anderes musste- Gib ihn mir, kam es von Alice, als ich für einen Augenblick in Erwägung gezogen hatte, sie zu bitten. Ich drückte es sofort in ihre Hände. Sie stand hinter mir ihm Türrahmen und warf einen bedrückten Blick zu Bella. Edward- ist- Edward, nein- ist- Sie spielte in Gedanken alle Horrorszenarien durch und wollte gar nicht weichen, während das Kind in ihren Händen immer lauter schrie. Es wurde ihm schließlich immer kälter und die Atmosphäre, nach der warmen geborenen Umgebung, die Bella ihm gegeben hatte, musste für ihn unangenehm bis unerträglich sein. Doch ich konnte kein Mitleid empfinden. „Geh! Kümmere dich um ihn!“, fuhr ich sie an. Sie nickte zur Besinnung kommend und rauschte heraus. Carlisle war schon fast fertig. Seine Finger huschten über den fast zugenähten Schnitt an ihrem Leib. Ich lief zu Esme, zu Bella… „Esme! Was ist mit ihr-“ Bella lag vollkommen starr und unbeweglich da. Nicht mal die Lider oder die Lippen zuckten. Die Augen hatten sie mittlerweile geschlossen. Ihr Atem…, wisperte Esme erschrocken in Gedanken. Nein- nein, Bella… Ich hörte es. Sie nahm kaum noch Luft. Schlagartig hatten sich ihre Atemintervalle verlängert und extensiviert. Sie atmet noch, sie atmet noch, versuchte ich nicht die Hoffnung zu verlieren, wenn gleich diese in dem in mir immer höher steigenden Loch nicht bereits für immer erstickt wurde. „Bella, Bella hörst du mich-“ Ich rüttelte an ihr, da ich wusste, dass Carlisle fertig war. „BELLA WACH AUF!“, schrie ich sie an. „Ich will zu meiner Mutter! Lass mich!“, hörte ich Nelas Stimme. „Nela, du kannst jetzt nicht gehen-“, kam es von ihm unten im Zimmer und er hatte Mühe Nela festzuhalten. „Bella bitte“, flüsterte ich mit nun mehr zitternder Stimme. Ich fühlte mich weinend, schluchzend- kurz vor einem Zusammenbruch. Sie durfte nicht sterben- das ertrug ich nicht, nein, das durfte nicht sein. Jemand wie sie, den der Himmel mir geschickt hatte, durfte niemals für immer die Augen schließen… dort wollte ich dann auch sein… Carlisle riss den Vorhang herunter und legte ihr eine Sauerstoffmaske auf das Gesicht, während mein Kopf seitlich unterhalb ihres Kinnes lag. Er sah zu. Er konnte nur zusehen. Wir konnten nichts tun. Carlisle bemaß der Maßnahme nur wenig Chancen zu. Esme drehte sich zu Carlisle, der hinter ihr stand und verbarg das vom Schmerz erfüllte Gesicht an seiner Lende. Er selbst sah Bella nur an. Seine Gedanken waren leer, er suchte aussichtslos nach Möglichkeiten, Schlupflöchern, irgendetwas… „Bella, du darfst nicht sterben, bitte“, flehte sich sie an. Ich legte die Sauerstoffmaske ab. Es hatte keinen Sinn ihr wunderschönes Gesicht unnütz zu verdecken. Ich nahm es zwischen meine Hände. Ich schubste sie wieder an. Es wirkte als schliefe sie. „Bella bitte… du hast doch gerade erst unseren Sohn geboren- wie kannst du jetzt sterben- einfach nie wieder aufwachen-“ Meine Stimme war nicht mehr als ein verzweifeltes Krächzen. Ich legte den Kopf mit verschränkten Armen auf ihre Brust und schüttelte immer wieder ihren reglosen Körper. Die Schwärze umhüllte mich gänzlich. Die Nachricht, dass meine Frau, meine Geliebte, meine Liebste, nie wieder zu mir sprechen würde, nie wieder lachen würde, nie wieder zu mir sprach und flüsterte, dass sie mich liebte, erreichte meinen ganzen Körper. Es fühlte sich an, als verbrannte ich innerlich und alles wurde in Stücke gerissen, obgleich die äußere Hülle meiner selbst standhaft war, hartnäckig. Entfernt, doch gut, zu gut, vernehmbar, schrie das Kind. Nela schmetterte die Tür entzwei, als sie, von Emmett versucht zurückgehalten, herein trat. Emmetts Versuche waren immer halbherziger geworden, denn er selbst wollte Bella sehen und sich vergewissern, dass- dass- „Was- wie- wie konntest du sie sterben lassen?!“, kreischte Nela und stand sogleich hinter mir. Sie wusste längst, dass Bella tot war, sie hatte es bereits gehört, doch sie brauchte Klarheit. Eine definitive Bestätigung. Sie suchte den Schuldigen. Natürlich, denn das machte es einfach. Und der würde ich gerne für sie sein, wenn es ihr dadurch besser ging. Ich würde ohne Bella sowieso niemals mehr glücklich werden. Wenn es Nela half einen Sündenbock zu haben, dann stand ich breitwillig zur Verfügung. „Warum- Warum- Mama, du hast doch versprochen, dass wir jetzt für immer zusammen bleiben!!“, beweinte Nela gellend ihre Mutter. Sie schluchzte tränenlos und legte ihr Gesicht an Bellas. Ich nahm Emmett, steif wie zur Salzsäule erstarrt, hinter mir stehend wahr. Er dachte nichts. Zum ersten Mal seit ich ihn kannte verließ kein Gedanke sein Innerstes. Auch er hatte Bella auf seine Weise geliebt und dieser Anblick hatte ihn, mich, uns alle, verstummen lassen. Nur einer hatte das Recht die Stimme lautstark zu erheben und ohne Rücksicht auf Verluste zu schreien – der, für den Bella ihr Leben breitwillig gab. Nela riss sich los und raste aus dem Zimmer. Emmett brauchte einen Moment, zögerte und eilte ihr hinterher. Ich war dankbar dafür, dass er sich trotz seiner Trauer um Nela kümmern wollte. Ich war dazu außerstande. Ich lag auf Bellas Oberkörper und versank in einem Ozean aus Tränen, die ich niemals weinen konnte… Nela Ich rannte auf mein Zimmer. Ich stieß alles zur Seite, was mir in den Weg kam. Ich stellte mich schnellend atmend mitten in den Raum. Sie war tot. Sie war gestorben, weil sie dieses beschissene Kind wollte. Ihm, wie mir, das Leben schenken wollte, wider aller Gefahren, dachte ich außer mir. Ich hatte sie gerade erst kennen gelernt. Erst seit kurzem waren wir einander nahe gekommen – sie bedeutete mir so viel. Wie konnte sie nun einfach wieder aus meinem Leben treten?! Einfach verschwinden?! Ich knickte zusammen und kauerte mich auf den Boden meines Zimmers. Ich krümmte mich und legte das Gesicht in die Hände, platzte innerlich. Ich wollte meine Wut, meine Trauer, meinen Hass, auf alles, was mir meine Mutter weggenommen hatte, rauslassen, los werden, abgeben – es ging nicht. Es staute sich auf und tat immer und immer mehr weh. Emmett hatte sich hinter mich gehockt und die Arme um mich geschlungen. In seiner lieb gemeinten Umarmung lag so viel Schmerz, dass ich es nicht ertragen konnte, wenn er mich so berührte. Ich schüttelte ihn ab und er ließ es zu. „Ich hatte sie doch erst seit ein paar Wochen, ein paar Monate zurück bekommen“, brachte ich mit bröckelnder Stimme hervor. Eine Implosion von Gefühlen rauschte in mir und Gedanken voll Sehnsucht und Leid schrieen mich an. Ich presste die Hände gegen meine Ohren. „NEIN!“, kreischte ich mich selbst an. Ich wollte sie nicht hören! Keinen traurigen Gedanken, keinen ängstlichen, keinen hasserfüllten, keinen weinenden – ich wollte nichts hören. Nicht was in mir geschah, noch was in diesem Haus passierte. Vor allem wollte ich keine schmatzenden Geräusche und flinken Herzschläge hören- „Nein“, hauchte ich. „Oh bitte, bitte…“ Emmett kam an meine rechte Seite und streichelte mit der Hand über meinen Arm. Ich sah zu ihm. Sein Blick war glasig, fern, abwesend. Ganz langsam breitete er die Arme aus und ich ließ mich hineinfallen. Ich krallte die Finger in sein Hemd und riss unbeabsichtigt an diesem, sodass es nachgab. Ich drückte Emmett nach hinten. Er ließ sich fallen. Ich roch seinen Duft, fühlte seine Haut… Ich blickte herauf zu seinem Gesicht, welches zur Decke gerichtet war, während ich zusammen gekauert auf ihm lag. Die Arme von ihm schlaff um mich gelegt. Das Verlangen, einen Teil meiner unerschöpflichen Gedanken mit etwas schönem, intensivem zu stillen, war entfacht. Ich richtete mich schlagartig auf und zerriss mein Kleid. In Fetzen entglitt es meinem Körper. Emmett wand verwirrt den Kopf zu mir und doch erkannte er mein Vorhaben sofort. Ich beugte mich über ihn und küsste seine unbeteiligten Lippen mit meinen zitternden. „Nela-“, entfuhr es ihm. Ich glitt hinab zu seiner Brust und küsste jeden Zentimeter. Wie konnte sie sterben? Wie konnte es zugelassen werden, dass sie, die immer nur wegstecken musste, am Ende, kurz vor dem Glück, dass sie wollte und ihr zustand, starb?! WARUM SIE?! Ich zerrte an Emmetts Gürtel, der fest um seine Hüfte geschnürt war und es sich als ein erwartet leichtes herausstellte, diesen zu zertrümmern. „Nela! Lass das“, versuchte er mich wachzurütteln, doch es würde ihm nicht gelingen. Ich wollte es, jetzt und hier. Nichts wollte ich in diesem Augenblick mehr, welcher mich sonst vor Trauer ersticken lassen würde. Ich legte meinen BH mit einer raschen Bewegung ab. „Nela! Hör auf damit!“, wies er mich unwirsch an und hielt meine Handgelenke in seinen Händen fest. Ich war nicht im Stande mich zu befreien. „Lass mich! Verdammt lass mich!“, keifte ich hysterisch. Emmetts von Schmerz erfülltes Gesicht sah mich intensiv an, als er leise sagte: „Nela, das willst du nicht.“ „Doch- ich-“ „Und ich werde nicht zulassen, dass wir jetzt miteinander schlafen und du dich hinterher nur noch schlechter fühlst“, fuhr er unbeirrt fort. „LASS MICH LOS!“, schrie ich und versuchte meine Arme aus seinen starken, unbezwingbaren Händen zu befreien. „Nein Nela, niemals. Das ist dieses Mal keine Lösung“, sagte er mit fester Stimme, dennoch leerem Unterton. „LASS MICH-“, begann ich wieder, doch mit einer blitzschnellen Bewegung schlug er mir mit der Handfläche gegen die Wange. Ich hätte es vielleicht vereiteln können, allerdings hatte ich es nicht gewollt. „Das hat bei deiner Mutter auch manchmal geholfen“, murmelte er mehr zu sich. Nicht sehr feinfühlig, andererseits eben seine Art mit Trauer umzugehen. Ich schmiss mich, der Erschöpfung nahe, einer merkwürdigen Erschöpfung, auf seinen Oberkörper und schrie. Ich schrie einfach nur. Bis ich heftig atmend verstummte. Er streichelte mir über den Kopf. Ich glaubte nichts mehr wahrzunehmen zu können außer dem Schmerz, der mir ihr Tod eingebracht hatte. Ich fühlte mich wie eine leere, seelenlose Hülle. Die Seele schmerzend zusammengepresst irgendwo in mir. Meine Mutter war unsterblich und ihr Körper wurde weiter existieren, doch alles andere war fort und niemals mehr so wie es sein sollte. Ich hatte Alec verloren und jetzt meine Mutter. Alec geisterte immer noch, mal lauter, mal leiser, in mir herum und wollte einfach nicht verschwinden. Ich konnte nichts dagegen tun, er war immer noch da und unaufhörlich präsent in meinen Gedanken. Ich war nicht bereit noch einen herben Schlag zu verkraften… doch die Wahl wurde mir nicht gelassen. Ich erblickte das Tagebuch, während ich auf Emmetts Brust lag, auf dem Schreibtischstuhl liegend. Das würde mir nicht mehr helfen. Nicht mehr. Nicht mal der Versuch würde es wert sein, so glaubte ich. Ich ballte die Hände zu Fäusten, als ich das Klagen eines kleinen Wesens vernahm. Edward Ich sah alles wie in Zeitlupe, obgleich es mir vom Gefühl her ewig vorkam. Es vergingen lange Minuten und letztlich Stunden in denen nichts geschah. Bella regte sich nicht, wachte nicht auf, zeigte kein Lebenszeichen. Ihr Atem ging stetig. Sehr langsam und flach. Ihre Körpertemperatur hatte sich um ein paar Grad abgekühlt. Sonst veränderte sich nichts. Es wirkte als schliefe sie tief und seelenruhig. Jasper zerrte mich von Bella weg, damit Carlisle ihren- ihren Körper, ich wagte es nicht ihn anders zu bezeichnen, in unser Schlafzimmer tragen konnte. Ich weigerte mich an etwas wie begraben oder sonstiges zu denken. Sie würde wieder leben, das musste so sein, davon war ich fest überzeugt… redete ich mir ein. Und selbst, wenn sie nie mehr aufwachen würde, würde ich bei ihr bleiben. Ich würde für immer bei ihr sein, so oder so. Daran änderte niemand etwas. Die Bibliothek wurde auf Normalzustand hergerichtet, Bella von Esme eingekleidet in unser Bett gelegt. Ich stand in der Tür und blickte in unser Schlafzimmer, welches noch wie ein Wohnzimmer aussah. Alles war wie vor wenigen Stunden. Auch unten war alles noch beim alten, wie ich aus den Gedanken der anderen erfuhr – nur, dass Bella nicht mehr lebte. Ich schritt ins Zimmer, zu Bella. Jeder Fuß vor den anderen fühlte sich schwer und voll Last getragen an. Ich setzte mich letztendlich auf die immer noch neben Bellas Betthälfte stehende Couch. Langsam legte ich meine Finger an ihre und küsste ihren Handrücken. Schlaff lag ihre Hand in meiner. Sie sah unverändert aus wie meine Bella. Vielleicht erholte sie sich nur, schlief wirklich und wachte bald auf…, spann ich Hirngespinste. Aber es waren schöne Ausflüchte. Der Tag neigte sich dem Abend, Bellas Lebensabend- ich hasste mich dafür immer wieder daran zu denken und doch es ging nicht anders. In meinem Kopf waren so viele Stimmen. Hoffnungsvolle, traurige, erinnernde, beängstigende- Sie widersprachen sich, peinigten mich- ich verachtete sie, mich. Ich hielt Bellas Hand weiterhin in meiner. Niemals würde ich sie loslassen. Nicht ehe sie zu mir ins Leben, dieses Leben getreten war. Ich hörte Carlisle mit Esme die Treppen hochkommen und seine Gedanken. Ich ignorierte sie, da sie sich nur darum drehten, wie er mich aus meiner Trauer zog. Das glaubte er zu können? Ausgeschlossen. Nicht jetzt und nicht in einem Jahrhundert. Ohne Bella würde jeder Tag mit einem Schatten einbrechen und mit einem Schatten zu Ende gehen. Ich hörte Esmes Mitleid für das kleine gerade erst geborene Wesen, doch es berührte mich nicht. In mir war ein schwarzes finsteres Loch, das Bella für mich zurückgelassen hatte. Esme und Carlisle traten ein und setzten sich zu mir. Sie sagten nichts, bis ich mich mit einer Überlegung an Carlisle wand: „Wenn, wenn- wenn ich sie beiße-“ Carlisle schüttelte bereits leicht den Kopf. „Das habe ich auch überlegt, aber ihre menschliche Seite ist scheinbar tot und die vampirische kann nicht erweckt werden, da sie es bis zuletzt so sehr wollte. Nur das Menschliche in ihr, kann etwas hinsichtlich einer Verwandlung ändern. Und… dieser Teil-“ Ich atmete stockend. „Ein Versuch…“ „Edward“, kam es voll Mitgefühl über Esmes Lippen. Sie streichelte meinen Arm. „Erhoffe dir nichts. Es wird nur noch schwerer.“ Bitte tu dir das nicht an. Bitte ak- zep- tier-, selbst in Gedanken konnte sie die Tatsache, dass Bella ums Leben gekommen war, kaum in Erwägung ziehen. Ich rutschte zu Bella heran und kam mit dem Kopf ganz nah an ihr unbeschadetes Gesicht. Sie roch so gut, wie damal- Ich wischte den Gedanken fort. Bella, du musst leben, flehte ich sie an, für uns alle, bitte, wir brauchen dich. Jeder einzelne von uns. Ich legte die Lippen an ihren Hals, Esme strich mit der Hand Anteil nehmend über meinen Rücken, und ich biss zu. Bella zeigte keine Reaktion, während mein Gift in ihren Körper strömte und ihr Blut benetzte. „Edward das reicht“, sagte Carlisle nüchtern, als ich immer mehr Gift injizierte und zog mich von ihr weg. „Es geschieht nichts.“ „Es muss- irgendetwas! Bella bitte!!“, rief ich und rüttelte an ihren Schultern den unbewegten Körper. Nur eine Zeichnung bildete sich an ihrem Hals ab. Sonst nichts. Ich konnte nichts mehr für sie tun. Ich wünschte mir so sehr, dass sie nun ein richtiger, vollständiger Vampir wurde. Immer habe ich es zu vermeiden versucht, doch wenn ich jetzt die Wahl hätte: Entweder Bella in mein Leben oder ich in ihres. Letzteres konnte ich ihr aber über ihren Tod hinaus nicht antun. Sie würde mich noch in ihrem letzten Frieden hassen, wenn ich unsere Kinder zurück ließ. Wir wandten die Köpfe zur Tür als langsame schlurfende Schritte näher kamen. Nela ging mit zu Boden gerichtetem Blick durch die Tür. Gefolgt von Emmett. Nela hatte nur ein T-Shirt und eine Stoffhose übergezogen, nachdem Emmett sie davon abgehalten hatte, ihrer aus der Trauer heraus gewachsenen Impulsivität nachzugeben. Ich war ihm unendlich dankbar, wenngleich ich es ihm im Moment nicht zeigen konnte. Emmetts Gedanken schwankten zwischen Mitleid für Nela, für mich und Kummer um Bella. Nela kam, ohne Bella anzusehen, auf mich zu, Carlisle und Esme machten ihr sorgsam Platz auf der Couch und sie setzte sich zu mir. „Papa“, wisperte sie, hielt sich mit den Fingern in meinem Oberteil fest und legte den Kopf an meinen Oberkörper. Sie weinte, so wie wir eben weinen konnten. Ich zögerte einen Moment. Ich musste mich sammeln, um ihre Zärtlichkeit zu teilen. Es fiel mir so schwer. Ich legte den Arm um sie und den Kopf neben ihrem, sodass ich ihre Stirn küssen konnte und dann mit ihr im Arm verharrte. Nela setzte mehrmals zum Reden an, brachte jedoch nichts in Worte heraus. Ich erahnte allerdings, auch ohne ihre Gedanken lesen zu können, was sie mir sagen wollte. Sie wollte ihre Verzweiflung und Sehnsucht äußern. Die Angst vor der Zukunft und die Unfassbarkeit über das was passiert war – zumindest würde ich das gerne ihr gegenüber tun, doch dazu fühlte ich mich, wie sie auch, nicht fähig. Emmett ging aus dem Zimmer. Es tut mir leid. Ich halte es nicht aus, dich und… sie so zu sehen. Er meinte beide. Bella und Nela. Ich nickte innerlich. Carlisle und Esme blieben und spendeten Trost, doch ihre Gedanken halfen mir kein Stück. Carlisle hegte Zweifel, ob er alles richtig gemacht hatte und ob er nicht doch einen Weg finden würde, den er jedoch bereits ausgeschlossen hatte. Esme dagegen war so voll Liebe zu Nela, dem Neugeborenen und mir, dass es mich heftig ins eisige Herz stach. Edward- wenn ich dir irgendwie helfen kann-, kam es nahezu bettelnd in ihrem Sinn. Ich schüttelte den Kopf an Nelas Haupt. In diesem Moment, indem Nela trauernd bei mir lag und Bella lebendig tot vor mir, wusste ich nicht, ob Zeit dieses Mal die Wunden heilen würde; ob Zeit jede Wunde heilen könnte. Jemanden in Trennung zu verlieren war schlimm. Jemanden, den man liebte, durch den Tod zu verlieren… ich glaubte, es gab Wunden, die niemals heilen würden. Das leere Loch in mir war derweil keine Wunde mehr – es war ich selbst. Eins, zwei, drei, vier… siebzehn, achtzehn, neunzehn, zwanzig… achtundfünfzig, neunundfünfzig, sechzig. Eine Minute. Eins, zwei, drei… Die Sekunden tickten. Minuten verstrichen. Wurden zu Stunden. Ergaben Tage. Ohne Bella. Ich saß an ihrem Bett. Ich blickte sie unentwegt an. Sie war fort? Das konnte nicht sein. Ich wartete. Ich hatte ihren Tod noch nicht akzeptiert, das würde ich zu keiner Zeit. Sie war nicht tot. Ihre Bilder geisterten mir im Kopfe herum. Ihr Gesicht, ihre Bewegungen, ihr Geruch, ihre Mimik. Ihre Worte rauschten in meinem Kopf… „Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt.“ „Wieso? Du bist das Wichtigste in meinem Leben und ich liebe dich“ „Natürlich will ich dich heiraten. Ich liebe dich über alles und so wird unsere Familie perfekt.“ „Weil ich dich liebe.“ „Ich liebe dich, weißt du das?“ „Ich liebe dich auch so so so so so so sehr“ Ich dich auch, Bella, mehr als mein Leben. So viel mehr. Und ich hätte es gegeben, ohne zu zögern, doch du verbietest es mir, weil du willst, dass ich nicht zu dir komme, sondern bei unseren Kindern bleibe. Warum lässt du mich nicht zu dir? Warum tust du mir das an? Wie ihr Lächeln ihre Lippen umspielte, wie sie innig weinte, wie sie mich empört anblickte, wie sie erschrocken zusammen fuhr, wie sie aß, wie die Sorgenfältchen ihr Gesicht umrandete, wie ihre Augen leuchteten, wie sich sanfte Grübchen in ihre Wange bogen, die ihr Gesicht formvollendeten… Ich liebte sie. Das würde immer so sein. Ich konnte mich nicht mit ihrem Tod abfinden. Ich würde warten. Sie würde wieder zu mir kommen- Esmes Schritte. Sie öffnete die Tür. Wie jeden Mittag seit- seit Weihnachten. „Edward, möchtest du-“ Wie jeden Mittag seit Weihnachten verneinte ich wortlos. Sie fragte mich jeden Mittag, ob ich mein Kind füttern wollte. Laut ihren Gedanken tat sie das, um mich jeden Tag aufs Neue an meinen Nachwuchs zu erinnern, doch das brauchte sie nicht. Ich wusste, dass es ihn gab, dass ich sein Vater war und hörte jeden Atemzug, jeden Herzschlag und jede Bewegung. Sie brauchte ihn mir nicht ins Gedächtnis zu rufen. Ich wollte zwar sterben, da sein wo Bella jetzt war, aber das ging nicht, denn ich hatte eine Verantwortung für meine Kinder. Bella hätte es so gewollt und bald würde ich meine Pflicht aufnehmen müssen und mich um meinen Sohn kümmern müssen, dessen war ich mir bewusst. Ich hoffte inständig dieser Moment kam nicht zu rasch. Lion tat mir leid. Wir hatten ihn nach Bellas Wunsch benannt. Das Letzte, was ich für sie tun konnte. Ihr den letzten Wunsch erfüllen… Ich musste unwillkürlich die Mundwinkel einen Millimeter heben. Wenn sie wüsste, dass ich bei dem Namen nicht mit entschieden hätte, würde sie wieder protestieren. Typisch Bella… Doch sie würde auch protestieren, wenn sie sehen könnte, was mit ihrem so geliebten Sohn hier geschah. Lion wurde lieblos durch die Arme gereicht. Er bekam das was er primär wollte: Essen, Schlaf, ein warmes Bett. Doch nicht das, wonach er sich tief in seinem Inneren viel mehr sehnte: Liebe. Es fiel meiner Familie, von mir ganz abgesehen, schwer, ein liebes Wort über die Lippen zu bringen, da er einen in allem an Bella erinnerte – nicht zuletzt wegen der tiefbraunen Augen. Jeder zärtliche Blick oder freundliche Ton, fühlte sich angesichts der Umstände falsch an. Ich wusste nicht wie ich zu meinem Sohn stand, so absurd es klingen mag. Ich hatte ihn seit der Geburt nicht angesehen, obwohl ich durch die Gedanken der Anderen sehr wohl wusste, wie er aussah und sich verhielt. Er war tapfer und würde es in Zukunft auch noch viel mehr sein müssen. Sein Start ins Leben hätte schlechter nicht sein können. Er würde spüren wie unerwünscht und fehl am Platze er war… mein Mitleid war nicht groß genug um etwas zu ändern und wieder verabscheute ich mich. Ich war meiner Familie dankbar, dass sie es schaffte, etwas Alltag, allein schon wegen Lion, wallten zu lassen, hingegen die Trauer allgegenwärtig war. Jeder ging anders damit um: Nela weigerte sich strikt zu Bella zu gehen und sie anzusehen. Das ganze Gegenteil von mir. Sie blieb fast immer in ihrem Zimmer und ließ Emmett ab und zu an sich heran. Emmett selbst trübte eine beklemmende Stimmung, die nebst Bellas Tod auch von Nelas Verhalten herrührte. Er streifte häufig durch die Wälder, wenn Nela ihn gerade nicht sehen wollte bzw. ihn zu sich ließ, versuchte seine Kräfte gegen seine Emotionen auszuspielen. Alice hatte, nachdem sie Erstversorgung bei Lion geleistet hatte, ihrer Trauer um ihre beste Freundin, noch mehr als dies, Ausdruck verliehen, indem sie die, in ihren Augen, heuchlerische Weihnachtsdekoration in Kleinstteile zerlegt hatte. Das war für Alice eine Undenkbarkeit. Es zeigte nur noch mehr wie sehr sie unter dem Verlust litt. Sie kümmerte sich zwar hin und wieder um Lion, war aber mit den Gedanken bei Bella und zog sich häufig zurück. Esme, Carlisle und Jasper gingen erwachsener, wenngleich nicht emotionslos mit all dem um. Carlisle und Jasper ging das alles sehr nahe, doch sie konnten lebensfähig damit umgehen. Sie stützten die anderen und kümmerten sich mit Esme um Lion. Besonders Jasper, da er versuchte eine fröhliche Stimmung auf Lion zu übertragen, damit Lion nicht die Bedrückung spürte. Es war Jasper zuwider eine angenehme Atmosphäre künstlicher heraufzubeschwören und teilweise war er dazu seelisch nicht im Stande, das wusste ich, doch ich schaffte es nicht, ihn davon abzuhalten und von dieser Aufgabe zu befreien. Jasper konnte es auch nicht in dem Ausmaß wie zuvor. Seine Fähigkeit litt unter der Trauer. Ich war dankbar, so sehr dankbar, dass ich es ihnen allen niemals im Gegenzug danken konnte. Esme kümmerte sich vorwiegend um mein Kind, das Babyzimmer hatten sie in deren Schlafzimmer verlegt, obwohl es ihr schwer fiel, Lion mütterliche Gefühle zu überbringen und ein Lächeln auf den Lippen zu haben. Ich tat nichts. Ich trug nichts bei. Ich veränderte nichts. Ich zuckte zusammen, als Bellas Handy auf dem Nachttischchen neben ihr ratterte. Rasch nahm ich es. Gabriel. Ich drückte den Anruf weg. Auch ihm müsste ich irgendwann Bescheid sagen, was seiner Schwester widerfahren war. Ich würde es hinauszögern. Sehr lange. Für immer? Wäre es besser für ihn zu wissen, dass Bella sich nicht mehr bei ihm meldete oder, dass sie tot war? Ersteres war einfacher für mich: Ich musste es nicht aussprechen. Wieder vibrierte es in meiner Hand. Ich schaltete es aus. Ich konnte keine Geräusche ertragen. Es machte die Stille, die respektvolle Stille Bella gegenüber, zunichte. Ich ignorierte mittlerweile auch eingängig die Schreie und Töne meines Sohnes. Immer und immer wieder projizierte ich innerlich Bellas Bild in mir. Es tat mir nicht gut, doch es war besser, als sie zu verdrängen… vergessen… -------------- ... Ich freue mich sehr auf Kommentare eurerseits! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)