Be My Valentine von Yurippe ================================================================================ Kapitel 2: White Day -------------------- Inzwischen war ein Monat vergangen, und der sogenannte White Day, ein Tag, an dem zum Valentinstag beschenkte Männer ein Gegengeschenk machten, war herangekommen. Shuu wanderte durch die Straßen der kleinen Stadt, in der er an einem Wettbewerb teilgenommen und natürlich gewonnen hatte, auf der Suche nach etwas Entspannung, bevor er sich wieder auf die Reise machte. In einem kleinen Café macht er Rast und bestellte sich einen Tee, mit dem er sich in eine Ecke zurückzog und gemütlich eine Zeitschrift lesen wollte. Seine Ruhe wurde leider schon bald darauf gestört, als eine Horde junger Männer den Laden betrat und sich an einem Tisch in seiner Nähe niederließ. Dabei unterhielten sie sich lautstark. Shuu wäre gern gegangen, hatte aber seinen sehr heißen Tee noch nicht ausgetrunken und musste so notgedrungen noch sitzen bleiben. „Und, was schenkst du deiner Freundin zum White Day?“, fragte einer der Jungs laut genug, dass es bis zu Shuu drang. Dieser verdrehte die Augen, musste aber trotzdem weiterhin unfreiwillig das Gespräch mit anhören. „Ich schenk ihr gar nichts – hab keine Lust mehr auf sie“, tönte ein anderer der Halbstarken. Selbst Shuu fand dieses Verhalten ein bisschen zu kaltherzig. Wobei ihm einfiel, da er auch etwas zum Valentinstag bekommen hatte, sollte er wohl etwas zurückschenken. Vielleicht würde das Belauschen des Gespräches am Nebentisch ihm wenigstens eine Anregung für ein Geschenk an Haruka bieten, dachte er und nahm einen Schluck Tee. „Also ich schenk meiner Freundin Unterwäsche!“ Der Tee kam Shuu zur Nase wieder heraus. Die jungen Burschen am Nebentisch drehten sich zu ihm um. „Ist was?“ „Der Tee war zu heiß“, stammelte Shuu. Dass es eher seine Vorstellung war, die zu heiß gewesen war, verschwieg er lieber. Da er außerdem immer noch misstrauisch beäugt wurde, verließ er lieber das Café und schlenderte etwas durch die Stadt. Es war schon relativ warm geworden und viele bunte Blumen streckten ihre Köpfe aus Beeten und Rasenflächen. Eigentlich könnte er ihr ja einfach wie immer eine Rose schenken, überlegte Shuu. Das war klassisch, elegant und romantisch. Andererseits war es vielleicht an der Zeit, dass er sich mal was neues einfallen ließ. Außerdem schien Haruka einfach nicht kapieren zu wollen, was er damit auszudrücken versuchte. Nur was sollte er ihr stattdessen schenken? Einfache weiße Süßigkeiten waren ja nett und würden Haruka sicher gefallen, da sie kulinarischen Genüssen bekanntermaßen niemals abgeneigt war, aber etwas einfallslos fand er das schon. Unterwäsche kam natürlich nicht in Frage – allein bei dem Gedanken daran wurde Shuu etwas rot um die Nasenspitze. Er schüttelte den Kopf, um darin herumschwirrende Gedanken – oder eher Bilder – zu vertreiben und setzte sich auf eine Parkbank zum Überlegen. Für ein besonderes Mädchen musste schon ein besonderes Geschenk her. Gedankenverloren starrte er in die Auslagen der Konditorei gegenüber. Herzen, Teddiursaförmige Pralinen... Plötzlich kam ihm eine Idee. Er sprang von der Bank auf und stürmte mehr oder weniger in den Laden. „Hallo, können Sie mir eine Rose aus weißer Schokolade machen?“, fragte er den Mann hinter dem Tresen. „Tut mir Leid, aber wir machen eigentlich keine Schokolade auf Auftrag, und Rosen sind vielleicht auch ein bisschen kompliziert...“ „Können Sie es denn nicht wenigstens versuchen?“, bat Shuu. Sein flehendes Gesicht musste gewirkt haben, denn der Mann ließ sich erweichen. „Soll wohl ein besonderes Geschenk werden?“, meinte er und zwinkerte. „Das wird Sie aber ein bisschen was kosten.“ Das war Shuu egal, Hauptsache er bekam sein „besonderes Geschenk“ für Haruka. Jetzt musste er sich nur noch überlegen, wie er sie ausfindig machen und es übergeben konnte. Also begab er sich erst einmal zurück ins Pokémon Center, um dort nach ihrem möglichen Aufenthaltsort zu forschen. Vielleicht konnte er ja herausfinden, an welchem Wettbewerb sie zuletzt teilgenommen hatte. Es war schließlich erst einen knappen Monat her, seit sie sich zuletzt gesehen hatten. Leider war sie innerhalb der letzten vier Wochen in keinem Wettbewerb angemeldet gewesen und ließ sich auch sonst nirgends aufspüren. So langsam begann Shuu, sich Sorgen zu machen. Diesem Tollpatsch war es schließlich durchaus zuzutrauen, in irgendeine gefährliche Situation zu geraten oder sich sonst irgendwie zu verletzen. Sein Pokécom klingelte. „Ihre besondere Schokolade ist zur Abholung bereit!“ Zwar hatte Shuu momentan andere Sorgen und darüber den White Day schon fast wieder vergessen, aber im Pokémon Center rumzulungern würde ihn nicht weiterbringen und schließlich konnte er den Konditor ja auch nicht auf der Schokolade sitzen lassen. Also holte er die sehr hübsch gewordene weiße Rose ab, bezahlte sie und drehte dann mit der Tüte in der Hand eine Runde durch den Stadtpark in der Hoffnung, eine Lösung zu finden. „Was hast du in der Tüte?“, wurde er plötzlich gefragt. „Nichts, das dich etwas anginge, Haruka“, antwortete er reflexartig. „Moment... Haruka?“ Da stand sie vor ihm, unversehrt und ihn leicht fragend anschauend. „Was machst du denn hier?“ „Na, ich hab mir den Wettbewerb angesehen. Ist doch nicht verboten?“ Shuu sah sie immer noch skeptisch an. „Wieso hast du nicht selber dran teilgenommen?“ „Na ja, nachdem ich mein letzten Wettbewerb verloren habe, habe ich fast einen Monat lang mit meinen Pokémon trainiert, und nun wollte ich ihnen eine Pause gönnen und mir selber mal die Konkurrenz ansehen... als ob du das noch nie gemacht hättest.“ Es stimmte, er war schon bei einigen ihrer Wettbewerbe Zuschauer gewesen. „Aber wieso hast du nicht wenigstens hallo zu mir gesagt?“ „Vor dem Wettbewerb wollte ich deine Konzentration nicht stören. Und nach dem Wettbewerb sahst du irgendwie noch nachdenklicher aus, was ich komisch fand, da du ja gewonnen hast. Also dachte ich, ich bleib mal in deiner Nähe, für den Fall, dass du mir was schenken willst.“ Sie grinste, doch er konnte sehen, dass sie ein bisschen unsicher war. Unsicher, ob er ihr etwas schenken und damit ausdrücken würde, dass er ihre Gefühle erwiderte. „Haruka...“ begann er, irgendwie gerührt von ihrer Unsicherheit. Dann jedoch schnipste er sich wie immer eine Strähne aus der Stirn. „Hier, für dich.“ Er hielt ihr die Tüte hin, sah ihr jedoch nicht in die Augen. Irgendwie war das Ganze ihm peinlicher, als er für möglich gehalten hatte. Außerdem brauchte sie bloß nicht zu denken, dass sie ihn jetzt in der Hand hatte oder so was. Sie nahm die Tüte an sich, vorsichtig, und warf einen Blick hinein. Die weiße Schokoladenrose war in durchsichtige Folie eingewickelt und sah wunderschön aus. „Vielen Dank, Shuu“, hauchte sie. „Die ist aus Schokolade. Echte Rosen isst ja wohl nur dein Mampfaxo. Na ja, Trainer verfressen, Pokémon verfressen, nicht wahr, Haruka?“ „Wen nennst du hier verfressen?“, erboste das Mädchen sich. „Na dich. Und heute ist dein Glückstag, ich lade dich nämlich zum Essen ein. Da hinten ist ein gutes Restaurant“, sagte er sie und drehte sich zum Gehen. Bevor sie protestieren konnte, ergriff er ihre Hand. „Na los, bevor du verhungerst.“ „Manchmal bist du echt unmöglich“, erwiderte Haruka, bevor sie ihre Finger in seine verhakte. Seite an Seite gingen sie den Weg entlang - wie viele Wege sie wohl noch zusammen beschreiten würden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)