Legenden der Verdammnis von Saya_Takahashi ================================================================================ Kapitel 2: Unwillkommener Besuch -------------------------------- Sakura hatte schon im Gefühl, dass etwas nicht stimmte, als sie bei Tagesanbruch nach Hause kam. Sie mochte diese Art von Vorsehung nicht, doch als etwas anderes konnte sie es nicht bezeichnen. Sie hatte dieses ungute Gefühl, und im Laufe des Tages würde ein scheußliches Ereignis eintreten. So war es eigentlich immer gewesen, und schon das seit fast 280 Jahren. Gut, nicht immer waren diese scheußlichen Begebenheiten auch wirklich scheußlich. Einmal hatte Sakura mit dem Schlimmsten gerechnet, und am Ende war es nur eine Mahnung für die Wohnung gewesen. Ein andermal dagegen wäre sie fast von einer Gruppe Aniuka getötet worden. Aniuka waren finstere Kreaturen, die nur in der Nacht auftauchten. Sie mochten zwar von geringer Größe sein, doch waren sie selten allein anzutreffen und äußerst aggressiv. Sie bevorzugten das Blut von Kindern, aber wenn ihnen jemand in die Quere kam, jagten sie auch dem hinterher. Und Sakura war – wenn auch unbewusst – eines nachts in ein Aniuka Revier gedrungen. Es war wirklich knapp gewesen, und seitdem war Sakura noch vorsichtiger, wenn sie selbst trinken musste. Mittlerweile schaffte es Sakura jedoch, lange ohne Blut auszuhalten. Während die reinen Vampire, die stolz auf ihre Rasse waren, jeden Tag mindestens drei Liter tranken, begnügte sich Sakura einmal die Woche mit Tierblut. Früher hatte sie es öfter benötigt, da sie nur sehr selten Menschenblut trinken wollte, aber nach hundert Jahren war sie soweit gewesen, es länger durchzuhalten. Heute brauchte sie im Monat vielleicht zwei oder dreimal etwas menschliches Blut, und immer war sie darauf bedacht, nicht zu viel zu trinken. Sie mochte die Menschen, immerhin war sie vor langer Zeit selbst einer gewesen, und eine menschliche Freundin besaß sie auch – deswegen gab es für Sakura auch nichts schlimmeres, als alle zwei Wochen weiter wegzufahren und irgendwo einen armen Unwissenden zu überfallen. Früher war es anders gewesen, und es war selten, dass sich Sakura erlaubte, daran zurückzudenken. Jetzt, wo sie so wenig trank, war sie schwach und kaum stärker als ein begabter Mensch. Damals aber war sie ein gänzlich anderer Vampir gewesen, und die Erinnerungen machten ihr mehr Angst, als es irgendetwas anderes vermochte. Die Erinnerung an ihre Vergangenheit war Sakuras wundester Punkt. Und bis zum heutigen Tag fürchtete sie sich, jemals wieder ein solches Monster zu werden. Doch Sakura war guter Dinge. Seit bald einem Jahrhundert war sie nur noch eine geringe Gefahr für andere, und ihrem Drang zu töten hatte sie fast vollständig überwunden. Die Sonne machte ihr nichts mehr, und sie aß sogar menschliche Nahrung. Dass sie im Gegenzug ihre Stärke eingebüßt hatte, die übernatürlichen Wahrnehmungen und ihre Schnelligkeit – all das machte ihr nichts. Sie hatte nie eine Wesen der Nacht sein wollen, und nun war sie den Menschen näher als je zuvor. Seit langer Zeit fühlte sie sich nicht mehr allein. Sakura wusste, dass sie das in erster Linie dem braunhaarigen Mädchen verdankte. Tenten war ihr eine Freundin geworden, der sie sich zwar niemals anvertrauen konnte, die aber dennoch immer ein offenes Ohr hatte und sie zum Lachen brachte. Sie unternahmen Dinge zusammen, als wären sie normale Freunde in einer normalen Welt. Tenten hatte keine Ahnung von Vampiren, und wenn Sakura mit ihr zusammen war, dann vergaß auch sie für eine kleine Weile, dass es nicht nur Böses gab. Es war diese kleine Weile, die ihr die Menschlichkeit zurückgab, die sie vor über zwei Jahrhunderten verloren hatte. Am späten Nachmittag fühlte sich Sakura besser, wie noch am Morgen. In der letzten Nacht war sie in ein entferntes Dorf gefahren, denn sie hatte Menschenblut benötigt, das sie aus dieser Gegend nicht nehmen wollte. Trotz ihrer Abneigung war das Gefühl berauschend gewesen, und den ganzen Morgen hatte Sakura damit verbracht, ihre Empfindungen zu unterdrücken und wieder ruhiger zu werden. In den Stunden nach dem Trinken war sie gefährlicher als sonst, weswegen sie auch Tenten an solchen Tagen nicht sehen wollte. Die Angst, ihrer menschlichen Freundin wehzutun, war zu groß. Tenten war verwundbar, und selbst für eine geschwächte Sakura zu keiner Zeit ein Gegner. Darum mied sie es, Tenten an diesen Tagen zu begegnen und überhaupt nach draußen unter Menschen zu gehen. Stattdessen blieb sie in ihrer Wohnung und beschäftigte sich mit nachdenken. Sie hörte auch gerne Musik, aber nie die, die Tenten hörte. Die war ihr zu düster, und Sakura brauchte in dieser Zeit keine Musik, die sie noch aggressiver werden ließ. Sie bevorzugte ruhige und gemächliche Melodien, auch wenn ihre Freundin sie dafür gerne als in die Jahre gekommen bezeichnete. Sakura war froh, dass Tenten keine Ahnung hatte … Und sie würde alles tun, damit es dabei blieb. Sakura hörte gerade die zweite CD ihrer Klassiksammlung, als es an der Tür klopfte, bevor auch das schrille Läuten der Klingel ertönte. Es waren Augenblicke wie diese, in denen sie ihre alten Wahrnehmungen vermisste, doch brauchte Sakura dennoch keine zwei Sekunden um im Flur zu sein und zu wissen, dass Tenten vor ihrer Wohnung stand. Verdammt … Sie spähte durch den Türspion und sah entsetzt, dass ihre Freundin nicht alleine war. Noch im gleichen Moment riss sie Tür auf und blickte Tenten erschrocken an. „Wer ist das?“, sagte sie irritiert. „Was ist los, Tenten?“ „Hilfst du mir mal?“, bat die Freundin und machte ein entschuldigendes Gesicht. „Ich glaub, er hat sein Bewusstsein verloren. Er war draußen auf dem Makashi Gelände, und als ich einen Notarzt rufen wollte war mein Akku leer und … Tut mir leid, Saku!“ Sakura versuchte ihre Wut zu unterdrücken, weil Tenten doch zu ihr gekommen war und machte einen Schritt nach draußen, ehe sie den fremden Jungen packte. Tentens Sicherheit wäre ihr eigentlich wichtiger als das Wohlbefinden anderer, doch käme es seltsam, wenn sie die beiden weggeschickt hätte. Dann jedoch bemerkte Sakura etwas anderes. Entsetzt weiteten sich ihre Augen und sie hielt mitten in ihrer Bewegung inne. „Saku? Alles okay?“, hörte sie Tenten fragen, doch nahm sie ihre Stimme nur verschleiert war. Stattdessen sah sie den Jungen an und wusste noch in der gleichen Sekunde, dass dies kein Junge war … „Ähm, ja …“, zwang sich Sakura zu antworten. „Na dann kommt rein“, sagte sie unwohl und trug den Fremden fast ohne Tentens Hilfe ins Wohnzimmer. „Ich ruf gleich einen Arzt, oder?“, fragte Tenten und wollte schon zum Telefon, als Sakura sie aufhielt. „Ich glaube, der ist gleich wieder auf den Beinen. Mach dir keine Sorgen.“ Sakura lächelte aufmunternd und versteckte damit ihre Angst. „Aber du könntest in die Apotheke laufen und dem Apotheker sagen, dass wie hier einen Fall von Überanstrengung haben. Lass dir am besten was mitgeben.“ „Meinst du wirklich? Aber ist das nicht gefährlich, wenn er sein Bewusstsein …“ „Der schläft nur, Tenten. Sein Puls ist normal und seine Atmung auch. Ich hol ihm was zu essen, und du gehst schnell in die Apotheke, okay?“ Tenten nickte und stellte ihren Rucksack in die Ecke des Wohnzimmers. „Okay, ich beeil mich. Bis gleich!“ Sakura wartete bis Tenten die Tür geschlossen hatte, ehe sie von dem Jungen weg sprang und ihn vernichtend ansah. „Mach deine Augen auf und verkauf mich nicht für blöd!“ Fast gleichzeitig öffneten sich die Augen des Dunkelhaarigen und sahen Sakura in einem Gemisch aus Belustigung und Zorn an. „Ich habe einen … normalen Puls, ja? Und eine … Atmung?“ Der Fremde hatte Mühe beim Sprechen, doch konnte er sich auf der Couch aufrichten. Matt ließ er sich jedoch gegen die Lehne fallen und schloss dabei die Augen. „Hör auf mich anzustarren. Ich konnte nicht ahnen, dass sie mich zu einem anderen Vampir bringt.“ Der Junge kreiste den Kopf und leise knackten dabei seine Knochen. „Ich dachte, ich hätte Glück und könnte mir etwas mehr genehmigen. Dass sie die Freundin eines Vampirs ist, habe ich nicht erwartet. Es kommt auch nicht häufig vor …“ „Es kommt auch nicht häufig vor, dass Vampire in der Sonne spazieren und sich von Menschen durch die Gegend tragen lassen! Also kümmere dich um deine Angelegenheiten und verschwinde jetzt!“, zischte Sakura ungehalten. „Könnte ich, würde ich das tun“, meinte der Fremde. „Das Problem ist, dass es Gründe hatte, mich von dem Mädchen herbringen zu lassen … Du hast nicht zufällig einen Menschen in der Vorratskammer? Ich bin etwas durstig.“ „Nein, habe ich nicht!“ Sakura konnte die Wut kaum kontrollieren, die sie befiel. „Du wirst also durstig nach Hause gehen müssen!“ „Das Mädchen müsste mich nach Hause tragen. Sakura? War das dein Name?“ „Rührst du sie an, bist du tot!“, fauchte Sakura und entblößte dabei ihre Zähne, die unmerklich schärfer als menschliche Zähne waren. „Dann bin ich tot?“ Der Fremde lachte leise. „Weißt du eigentlich, wer ich bin?“ Nun war es Sakura, die lächelte und dabei ganz anders aussah, als Tenten sie je zu Gesicht bekommen hatte. „Sicher weiß ich das“, sagte Sakura spöttisch. „Ein großer Uchiha. Unverkennbarer Geruch. Nur dein Verhalten …“ Sakura schüttelte den Kopf. „Du hältst nicht viel von Regeln, oder? Keine Aufmerksamkeit erregen, hmm? Aber in der Sonne spazieren und am Tage Mädchen auflauern und sich mit in die Wohnung bringen lassen … Sind wohl deine wilden Jahre. Ein kleiner Rebell vielleicht?“ „Sehr vorlaut“, gab der Junge zurück, und sein Lächeln wurde immer gefährlicher. „Fühlst du dich wohl sehr sicher, was?“ Sakura zuckte mit den Schultern und setzte sich auf den Sessel gegenüber der Couch. „Warum verstößt du gegen die Regeln? Spekulierst du auf Nachsehen über deine Fehler, weil du einer der ganz großen bist?“ Der Hohn wich nicht aus Sakuras Stimme und leicht beugte sie sich nach vorne. „Warum sollte ich dir das sagen?“ „Weil deine Antwort entscheidet, was als nächstes geschehen wird, Uchiha.“ „Tut sie das, ja?“ Der Junge lehnte sich ebenfalls nach vorne und sah Sakura prüfend an. „Du riechst nach frischem Blut. Lass mich trinken, und ich verschwinde …“ Sakura lachte ruckartig auf. „Du verhältst dich wirklich sehr seltsam, Uchiha. Das Blut anderer Vampire zu trinken ist verboten.“ „Du bist nicht gleichrangig, also wem interessiert’s? Und du möchtest doch, dass ich verschwinde, oder nicht?“ Sakura lächelte verkrampft, ehe sie den Jungen herausfordernd ansah. „Das Blut eines anderen Vampirs zu trinken ist nicht nur verpönt, sondern auch gefährlich. Es ist unrein, Uchiha. Und es ist kaum noch wertvoll für dich. Was mein Körper brauchte, hat er sich längst aus dem Blut genommen. Du scheinst mir sehr unerfahren. Sei nicht auch noch dumm.“ „Red keinen Quatsch und gib mir dein Blut! Ich kann mir auch das von dem Mädchen nehmen, klar?“ „Klar ist nur, dass du im Moment nicht einmal alleine aufstehen kannst.“ Sakura schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme. „Und warum sollte ich dir trauen? Du nimmst mein Blut, und danach fällst du über Tenten her.“ „Tu ich nicht, aber jetzt gib mir dein Blut!“ „Du wirst immer schwächer, nicht wahr?“ Sakura lächelte bösartig, doch dann stand sie auf und blieb vor dem dunkelhaarigen Jungen stehen. Sie lehnte sich plötzlich zu ihm hinunter und drückte ihn grob gegen die Lehne. „Dein Wort, dass du nie wieder in dieser Gegend auftauchst!“ „Meinetwegen … jetzt mach!“ Sakura schnaubte verächtlich, doch dann beugte sie sich über den Jungen und wartete auf den Schmerz. Sie zuckte leicht, als er ihr unbeherrscht in den Hals biss und sich dabei fest an sie drückte. Mit jedem Schluck merkte sie, wie seine Kraft zunahm, doch sie war überrascht, als er von selbst aufhörte. „Satt?“, fragte sie mit einem angewiderten Grinsen, dass ihre Furcht unterdrücken sollte. Der Uchiha hatte genug getrunken, um sich regenerieren zu können. Genug, um stärker als sie zu sein … „Du hast vorher nicht viel getrunken, oder?“ Er schob Sakura zur Seite und stand auf. Dass er dabei erleichtert war, konnte sie in seinem Gesicht lesen. „Wird reichen müssen. Deine Freundin kommt gleich zurück. Sie ist schon unten an der Tür.“ „Hmm“, machte Sakura nur und sah den Jungen bedeutungsvoll an. „Dann ist es Zeit für dich zu verschwinden.“ „Später. Wenn ich jetzt gehe, raubt mir die Sonne wieder meine Kräfte.“ „Vergiss es!“, zischte Sakura sofort. „Du hast mir dein Wort gegeben!“ „Ich verschwinde, sobald die Sonne untergegangen ist. Solange … bleibe ich dort und ruhe mich aus.“ Er nickte in die Richtung, in der Sakuras Schlafzimmer lag. „Und ich heiße Yuichi, also nenn mich nicht immer Uchiha.“ „Das kannst du …“ Sakura drehte sich ruckartig um, als es an der Tür klingelte. Doch als sie zurück zu dem Jungen sehen wollte, war er schon verschwunden. „Verdammt“, murmelte sie in sich hinein, ehe sie Tenten öffnen ging. Soviel zu ihrem unguten Gefühl am Morgen … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)