Blut & Seele von abgemeldet (The sign of the black cross) ================================================================================ Kapitel 2: Alpha: Traumfänger ----------------------------- 1. Vierzehn Monate später... Der leuchtende Vollmond hüllte die düstere Großstadt in kaltes Licht, seine volle Leuchtkraft nur von einer zarten Wolkenschicht verdeckt, war er der einzige Zeuge, der nun folgenden Zusammenkunft. In den tief, gähnenden Schluchten der aufstrebenden Wolkenkratzer näherten sich zwei Männer ihrem vereinbarten Treffpunkt. Ihre schnelle Art des Fortbewegens ließ sie in den Augen möglicher Beobachter lediglich zu Schatten werden. Lautlos trafen sie fast gleichzeitig auf dem Flachdach eines Hochhauses ein. „Sind alle Protagonisten an den vorgesehenen Orten?“, fragte der dunkelhaarige Mann, sein langer, dünner Mantel wehte wie ein unheilvolles Banner hinter ihm. Der zweite Mann trug enganliegende, derbe Stoffhosen, schwere hohe Schnürstiefel und eine ärmellose, taillierte Weste, deren silberner Reißverschluss im Schein des nächtlichen Himmelskörpers matt schimmerte. Die dunkle Kleidung schmiegte sich vortrefflich an den athletischen Körper des jungen Mannes. Sie war für dieser Art nächtlicher Ausflüge wie gemacht. „Wie eure präkognitiven Fähigkeiten es gezeigt haben“, bestätigte der Angesprochene. Ein kurzes Nicken, und eine beiläufige Geste mit der schlanken Rechten zur Respektbekundung, sonst zeigte sich keine Regung in dem ausdruckslosen Gesicht. Nichts verriet seine Gedanken. „Gut. Es wird noch etwas dauern. Wir werden warten.“ Die Stimme des Langhaarigen war befehlsgewohnt, barg aber eine gewisse Sanftheit, als er sein Gegenüber ins Visier seiner, dunkel wirkenden, Augen nahm. Wind kam auf und zerrte an Mantel und Haar des Dunkelhaarigen. Die beiden Männer standen sich, wenige Meter gegenüber. Die braunen Haare fielen dem Kurzhaarigen ins ausdruckslose Gesicht. Sie standen im schönen Kontrast zu den hellblauen Iriden, die nun leichte Verwirrung wiederspiegelten. „Weshalb warten? Ist die Gefahr nicht unmittelbar? Warum wollt Ihr sie ohne Schutz lassen?“ fragte er monoton, ohne eine Schwankung im Timbre. Die hellbraunen Augen des Langhaarigen blitzten vor Vergnügen, er neigte leicht den Kopf und wandte sich ab. „Zweifelst du meiner Entscheidungen, Coldpain? Oder verwirre ich dich?“ Der Langhaarige, zweifelsohne in der Rangordnung über Coldpain, konnte sich ein wissenden Lächeln nicht verkneifen, verbarg es aber geschickt. Die dunklen Strähnen wehten im Höhenwind ihres gewählten Treffpunktes, als er sich langsam seinem Ziel näherte, dass augenscheinlich etwas verwirrt war. Große Augen sahen ihn verwundert an und forderten eine glaubhafte Erklärung für diese außerordentliche Planänderung. „Ihr habt den Plan geändert“, stellte er das Offensichtliche, mit ausdrucksloser Stimme und Mimik, für sich fest. Der Langhaarige hob seine behandschuhte Linke und legte sie federleicht auf die kühle Wange seines Gegenübers. Ein kleines irritiertes Blinzeln, von Seiten Coldpains, war die erneute Reaktion auf das seltsame Verhalten des Ranghöheren. „Möchtest du nicht wissen, weshalb?“ Fragte dieser nun hintergründig. „Es steht mir nicht zu, die Beweggründe des Trigon zu hinterfragen“, kam es lehrbuchgetreu als Antwort. Der Blick des Langhaarigen wurde wieder undurchdringlich. „Natürlich steht es dir nicht zu“, erwiderte er kalt und nahm seine Hand wieder zurück. „Nur, woher weißt du, ob es die Beweggründe des Trigons sind, die mich leiten?“ Er wandte sich ab, die langen Haare verdeckten sein schmales Gesicht. „Ihr wollt das Trigon hintergehen, Blutengel?“ Ein kleines hinterhältiges Lächeln breitete sich auf den aparten Gesichtszügen aus, wusste er doch, worauf dieses Gespräch hinauslaufen würde. Wie immer ein unermüdliches Bestreben seinerseits den unterkühlten Coldpain zu einer Gefühlsregung zu bringen. „Beschuldigst du mich des Verrates?“ fragte er leise. Das entsetzte Keuchen, das Coldpains Lippen entfloh, war der Lohn seiner kleinen verbalen Falle. „Nein, natürlich nicht... ich…“, stotterte Coldpain und wich einen Schritt zurück. Das Einzige, was er sich an Regung über die Ungeheuerlichkeit seiner Frage anmerken ließ. Blutengel fuhr herum und blitzte sein Gegenüber anklagend an. „Für diese Unterstellung...“ Seine Hand schnellte vor, umschlang mit eisernem Griff den schlanken Hals Coldpains. Für ihn war es ein leichtes Coldpain zu berühren, trug er doch Spezialhandschuhe. Für jeden anderen wäre eine Berührung dieser köstlichen, von der Sonne gebräunten Haut tödlich. „...wirst du bestraft.“ Seine Lippen waren nur einen Hauch von Coldpains entfernt. Zu weit um den tödlichen Kuss zu initiieren, doch nah genug um sich selbst einem gewissen Nervenkitzel auszuliefern. Eine falsche Bewegung und er würde sich nicht mehr bewegen können. Er wäre durch das Depolarisieren seiner Nervensynapsen, ausgelöst durch Coldpains Nervenentladungen, die sich bei einem Hautkontakt übertrugen, mit grausamen Schmerzen im Innersten, gelähmt. Vor allem das Aussetzen der lebenswichtigen Hirnnerven, die durch eine Überladung der Nervenüberleitungen ausgeschaltet würden, käme einem Todesurteil gleich. Der ‚Kalte Schmerz‘, war oft tödlich, je nachdem wie aufgewühlt Coldpain war. Coldpain blieb ruhig, nichts, kein Zittern deutete darauf hin, dass er Unwillen verspürte, oder sogar Angst. Blutengel lockerte seinen Griff etwas, fuhr spielerisch über das feinmodellierte Kiefer und ließ dann sein Objekt der Begierde wieder los. „Du wirst den fehlenden Mann ersetzen. Du bist wie geschaffen für diese Aufgabe, eine Bereicherung für das Team.“ „Ich unterstehe nicht eurer Befehlsgewalt. Meine Einsätze im Außendienst wurden bisher nicht ausreichend geprüft um...“, „Suchst du nach Ausflüchten Coldpain?“, unterbrach Blutengel ihn spöttisch. Coldpain antwortete ihm nicht, sah ihn lediglich etwas verwirrt an. Langsam entwickelte sich dieser Abend zu einer wahren Fülle an Überraschungen für Blutengel. „Ab heute unterstehst du mir, niemand anderem. Oder willst du mich erzürnen?“ Coldpain schüttelte den Kopf, seine hellblauen Augen wirkten leer. Für ihn war diese Sache erledigt. Er würde nichts mehr in Frage stellen. Es machte für ihn keinen Unterschied wessen Befehlen er gehorchte. Ob es nun Blutengel oder die der anderen beiden Lords waren. Blutengel lachte nur leise, hatte er diese Reaktion doch vorausgesehen. „Wenn wir noch etwas...“, er stockte. „Nein... ich denke wir werden nun Phase 1 starten. Phase 2 wird ohne meine ausdrückliche Order beginnen, sobald sich das erste Team auf den Weg macht. Hast du alle Instruktionen, die ich dir zukommen ließ, studiert?“ „Ja.“ „Gut. Dann geh und bedenke, wir brauchen alle Zielobjekte lebend.“ Coldpain neigte leicht den Kopf, stieß sich ab und sprang kopfüber in die Tiefe. „Lasst die Spiele beginnen...“, leises Lachen durchzog die Nacht. 2. Es war ein Uhr nachts, als Crawford und Schuldig von einem Auftrag zurückkehrten. Schuldig war, gelinde gesagt, „etwas“ gereizt. Er warf die Wagenschlüssel mit Verve auf die Kommode im Flur. Harte Beats, in schneller Abfolge dröhnten in martialischer Lautstärke durch das mehrstöckige Haus. Von der Außenwelt durch eine schalldichte Verkleidung abgeschnitten traf die beiden Neuankömmlinge das herbe Stakkato unvorbereitet. ‚Nagi. Stell diese Scheiße ab. Oder ich reiß dir deinen kleinen Arsch auf!‘ Er bekam keine Reaktion auf seine wenig schmeichelhafte Aufforderung. Wahrscheinlich hatte der Kleine sein Interface eingeschaltet und sämtliche Außeneinflüsse gedanklich abgestellt. Schuldig lehnte sich an die Wand des kleinen Vorraumes und presste seine zitternde Hand an die feuchtklamme Stirn. „Du solltest dich ausruhen“, kams vom großen Anführer Crawford, der sich in das große Atrium ihres Domizils begab. Schuldig beachtete ihn gar nicht, folgte Crawford mit verbissenem Trotz und sah sich suchend nach dem Verursacher dieses Höllenlärms um. Musik konnte man das wahrlich nur im Entferntesten nennen. Electronic nannte sich diese monotone Dauerbeschallung, die sich Nagi seit Wochen ohne Unterlass reinzog. Ein japanischer Künstler, ein Meister in dieser Musikrichtung, schien es Nagi angetan zu haben. Das Zeug hämmerte nun schon viel zu lange durch ihr trautes Heim. Drei Galerien übereinandergelegen in quadratischer Anordnung, ein Kunstwerk aus Glas, Stahlstreben und Licht war das Zentrum ihres – man könnte sagen – Heim. Schuldig musste innerlich über diesen Bezeichnung lachen. Er hatte nie ein wirkliches Zuhause besessen, aber dies kam dem schon sehr nahe. Von diesen drei Galerien gingen jeweils neun großzügig geschnittene Zimmer in alle vier Himmelsrichtungen ab. Der Komplex war in vier große Flügel unterteilt. Für welchen Zweck sie neun Schlafzimmer brauchten war ihm ein Rätsel, aber Crawford wollte es so und jeder der drei hatte seine speziellen Wünsche mit in die Verwirklichung dieses Hightech-Traumes mit eingebracht. Crawford wollte neun Zimmer, also hat er sie bekommen. Auf Nagis Konto ging der ganze Hightechkram, wofür Schuldig ihm insgeheim sehr dankbar war. Bequemlichkeit und Luxus hatte er schon immer sehr geschätzt. Schuldig dagegen hatte sich um die Materialien und die Schutzmaßnahmen gekümmert. Vor allem die Innenbeleuchtung des Komplexes war seine Idee gewesen. Er hatte extra aus seiner Heimat Experten auf diesem Gebiet engagiert. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Kaskadenartige Wandleuchten, beleuchtete Fußbodenplatten aus schwerem Milchglas und kunstvolle Glasornamente gaben dem Raum eine fantastische Atmosphäre in der sich Schuldig wohlfühlte. Er musste sich nicht mehr in seine eigene Welt flüchten, konnte im dies und jetzt verweilen, sich auf seine Umgebung einstellen und diese auf sich wirken lassen. Schuldig liebte diesen Raum. Nagi hatte sein Interface auf, hing wie vorausgesehen in der selbstkreierten Welt, als Crawford ihm auf einem der fünf leicht versetzten Plasmaschirme etwas eintippte – nämlich in die Wirklichkeit zurückzukehren. Der Kleine riss sich hektisch das Interface runter und blinzelte etwas verwirrt. „Das ging ja schnell.“ „Stell den Krach ab“, wies ihn Crawford mit seinem unverwechselbaren Charme einer Distel an und deutete auf Schuldig. Sogleich verstummte das ohrenbetäubende Wummern. Schuldig ließ sich leicht stöhnend auf der Couch nieder und hielt seinen dröhnenden Schädel. Die beißenden Kopfschmerzen hatten nichts von ihrer Intensität eingebüßt, quälten ihn seit Tagen, sobald er versuchte telepathisch Kontakt aufzubauen. Irgendetwas störte seine kognitiven Fähigkeiten. Ein Auftrag konnte sich für ihn in dieser Situation zum Höllentrip entwickeln. Wenn das so weiterging war er untauglich, für weitere Aufträge. Er konnte seine telepathischen Fähigkeiten nur auf bekannte „Wellen“ einstellen, Fremde waren ihm seit dem Beginn der Kopfschmerzen unzugänglich geworden. „Scheiße.“ Er war genervt. Mühsam öffnete er die Augen und blickte in zwei ausdruckslose Gesichter. Zumindest würde das ein Außenstehender denken. „Schon wieder Kopfschmerzen?“ Nagis Stimme war tonlos, bar jeder Emotion, doch Schuldig konnte zwischen den Zeilen lesen. Die Körpersprache des Jungen drückte Besorgnis aus, als er auf ihn zukam und ihm die zierliche Rechte auf die Stirn legte. Schuldig konnte nur nicken. „Ist die Transaktion abgeschlossen?“ Crawford, gewohnt ganz der Geschäftsmann öffnete ein weiteres Fenster, des unteren Bildschirmes. Nagi verzog den kleinen Mund zu einem überheblichen Grinsen und wandte sich wieder Crawford zu, der dies lediglich mit einer gehobenen Augenbraue quittierte. „Der Datentransfer nach Übersee erwies sich, als etwas problematisch. Unsere amerikanischen Freunde scheinen ein Liquiditätsproblem zu haben. Die Bezahlung wurde nicht zum vereinbarten Zeitpunkt durchgeführt, also habe ich etwas nachgeholfen.“ Schuldig raffte sich jetzt doch auf um Nagis Werk zu begutachten. Crawford machte dem Jungen Platz und dieser öffnete vier weitere Fenster auf den restlichen Bildschirmen. Prozentuale Angaben, über erfolgreiche Eingänge auf ihren Konten füllten sich langsam, in Balkenform dargestellt. Drei unterschiedliche Transaktionen, die ihnen alle das Gleiche einbrachten: Die Bezahlung für Auftragsmorde. Die Balken blinkten blau, die Gelder waren somit erfolgreich auf ihre Konten überwiesen. Amerika sollte lediglich einen Datentransfer durchführen. Ein neuer Auftrag, samt Vorschuss. Und der Vorschuss ließ auf sich warten. „Ich habe ihre Konten angezapft und nehme mir jetzt selbst was uns gehört. Keine Rückverfolgung möglich. Unser Signal könnte von überall herkommen, habe einige kleine Umleitungen über den Erdball verteilt.“ Auf dem vierten Bildschirm erschien eine Weltkarte mit lauter kleinen roten Punkten. Schuldig starrte auf die Monitore, versuchte sein malträtiertes Gehirn, den verschwommenen Input durch seine Augen ordentlich verarbeiten zu lassen. Nur leider war außer einem gehörigen Schmerzintervall nichts anderes aus seiner internen Datenverarbeitung rauszuholen – würde Nagi sagen... er selbst... dagegen würde sagen: Sein Kopf dröhnte viel zu sehr, als dass er sich so einen Mist jetzt reinziehen konnte. Das war ihm jetzt alles zu viel. „Ich knall mich hin.“ Schuldig wandte sich ab, schnappte sich seine Jacke und stapfte in Richtung Treppe. Crawford und Nagi würden sich schon darum kümmern, dass sie ihre Kohle für die Aufträge erhielten. Für die nächsten drei Jahre hatten sie ausgesorgt. Schuldig erklomm die Stufen ins dritte Stockwerk und sah nochmals hinunter zu Crawford und Nagi, die sich in trauter Zweisamkeit über verschiedene Karten, Schaltkarten und Daten berieten, die nun über den Bildschirmen scrollten. Die Daten waren augenscheinlich vollständig eingetroffen. Langsam verschwamm ihm wieder die Sicht vor Augen, als eine erneute Schmerzwelle über ihm zusammenschlug. „Wenn das so weitergeht gewöhne ich mich noch daran“, bemerkte er sarkastisch. Was war das nur? Solche Schmerzen hatte er zuletzt bei SZ verspürt als... Ihm kam eine Idee... Eine Beeinflussung von außen durch stufenhöhere Telepathen, kam durchaus in Frage. Waren übriggebliebene, fanatische Anhänger von SZ ihnen auf der Spur? Waren sie vielleicht ganz in der Nähe? Leichte Übelkeit überkam ihn. Seine Knöchel traten weiß hervor, als er sich an die Brüstung klammerte. „Hey Brad!“ Seine Stimme dröhnte in seinem Kopf, doch eine andere Art der Kommunikation hielt er im Moment, in Anbetracht seines Zustandes und seiner Befürchtungen für zu riskant. „Überprüf die Anlagen und schaltet die Selbstschussanlagen ein.“ Innerlich bereitete er sich darauf vor diese Forderung ausreichend und für ihren Leader glaubhaft zu begründen als dieser bereits nickte. ‚Nanu, was war denn heute los?‘ Schuldig grinste vielsagend und winkte fahrig, bevor er seine Zimmertür öffnete. Er ließ sie ins Schloss fallen und lehnte sich erschöpft dagegen. „Was weißt du schon wieder, was du uns verschweigst?“ fragte er leise in die Dunkelheit seines Zimmers. Erneut raste eine Schmerzwelle heran und schlug über ihm zusammen. Mit fest zusammengepresstem Kiefer, tastete er nach dem kleinen Plasmabildschirm neben der Tür. Ein in die Wand eingelassener Bildschirm mit Touchscreenfunktion, im Moment im Sleepmodus kümmerte sich um seine Ansprüche und fügte sich weniger auffällig, als ein Standgerät in die Einrichtung ein. Jedes der Zimmer war damit ausgestattet. Er tippte die gewünschten Parameter ein und bestätigte die Aufträge. Sofort sprang das sanfte Licht, der indirekten Beleuchtung an, tauchte seinen privaten Wohnraum, in für ihn, erträgliches Halbdämmer. Sanfte Streicherklänge beruhigten seine angespannten Nerven etwas, als er sich seine Stiefelschnallen öffnete, herausschlüpfte und das robuste Schuhwerk achtlos stehen ließ. Schnell waren die Waffengurte an beiden Oberschenkeln geöffnet und die Waffen auf Magazinfülle untersucht. Heute Nacht hatte er nur wenig Schuss verbraucht, lag wohl an seiner Unpässlichkeit, dachte er missmutig. Crawford hat die meiste Arbeit gemacht. Seltsam war das schon, warum hatte Brad ihn deswegen nicht zusammengestaucht? Auf dem Weg ins angrenzende Badezimmer zog er sich sein schwarzes Rollkragenshirt und seine Hose aus. Er fühlte sich dreckig und verschwitzt nach einem Auftrag und wollte meist sofort unter die Dusche. Unterwäsche und schwarze Socken landeten auf dem gläsernen, aufgerauten Fußboden als er unter die entspannende Dusche stieg. „Scheiß Tag“, murmelte er seufzend und zog seinen Haargummi aus der orangen Haarpracht. Aber Aufträge waren gut. Meist hielten sie ihn davon ab über ihre Vergangenheit nachzudenken, als sie Schwarz waren. Damals, als sie auf der künstlichen Insel zusammen den letzten Kampf gekämpft hatten, bis schließlich keine Rettung an Land mehr möglich gewesen war, die Insel in sich zusammen fiel wie ein Kartenhaus und sie alle ins Meer stürzten. Schuldig konnte sich noch gut an den Augenblick erinnern als er luftschnappend an die Oberfläche des Salzwasser durch die Gischt gebrochen war. Wie der Bug eines Brechers bohrten sich die Trümmer durch die Wellen, drohten ihn in einen Sog wieder in die Tiefe zu ziehen. Der Lärm war ohrenbetäubend gewesen. Und in diesem Moment kämpfte er ums Überleben wie nie in seinem Leben zuvor. Er wollte leben! Ein Entschluss der ihm, entgegen der aussichtslosen Situation, Kraft und Stärke gab. Schuldig hatte sich in diesem Wasser, dem tosenden Lärm der versinkenden Insel, dem Wellenschlag gefühlt als hätte ihn dieser Sturz, dieser Fall, wachgerüttelt. Bis auf Farfarello hatten sie sich alle retten können. Mit vereinten Kräften waren sie an Land gelangt. Weshalb sollten nur sie mit dem Leben davongekommen sein? Er wusste das Weiß noch lebte. Dass sie einige Zeit weiter gemacht hatten, bis ihnen eine Untergrundorganisation buchstäblich die Bude unterm Arsch weggesprengt hatte. Ohne ein Savehouse zu haben, lebten sie mal hier mal dort. Schuldig hatte anfangs über diese Ironie des Schicksals gelacht, doch als er Aya eines Abends während eines Auftrages beobachtet hatte, war es ihm schlagartig vergangen. Der Weiß Anführer hatte einen Riss in der Flanke, den er sich mit Isolierband zusammenflickte um weiterkämpfen zu können. Dieser Anblick löste in ihm ein seltsames für ihn schwer zu beschreibende Gefühl aus. Etwas das ganz tief in ihm verborgen war, das er glaubte längst vergessen zu haben regte sich wieder als er diesen gebrochenen Blick sah. Seither konnte er nicht mehr über das Schicksal der Weiß-Jungs lachen. Es hatte Spaß gemacht sich mit ihnen zu prügeln. Gut es war ein bisschen mehr als Prügel gewesen, die sie ausgetauscht hatten, aber war es das wirklich? Weiß waren Schwarz nie überlegen gewesen. Er stellte das Wasser etwas heißer ein und wusch sich das Haar. Zum wiederholten Male bestätigte sich seine Meinung, dass es auf dieser Welt keine Gerechtigkeit geben konnte. Weshalb konnten die Weiß -Jungs nicht ebenso ein Leben in Luxus führen wie sie selbst es taten? Waren sie nicht die Good Guys? Das Weiß? Crawford hatte ihm verboten die Jungs zu bespitzeln, womöglich wurden sie noch auf Schuldig aufmerksam, das sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Ayas Blick jedoch hatte sich unauslöschlich in sein Gedächtnis gebrannt. Ein Blick den er an dem Rotschopf ganz und gar nicht gewohnt war und so auch nie gewollt hatte. Nein, das war nicht richtig. Er wollte ihn brechen. Aber nie hatte er es sich so schmerzhaft vorgestellt das Ergebnis wirklich vor sich zu sehen. Es war ein Spiel gewesen, ein persönliches Ziel, dass er sich während ihrer Auseinandersetzung gesetzt hatte. Schlussendlich hatte er gewonnen. Auch wenn der Sieg schal und leer schmeckte. Er wünschte sich dieses funkensprühende, blitzende Violett zurück. Diese vortreffliche Mischung aus dunklem Saphir und blutigem Karneol, die ihn vom Beginn ihrer seltsamen Beziehung in seinen Bann geschlagen hatte. Voller Hass, Wut und Zorn, ein nur mühsam kontrollierter Körper, vom rachsüchtigen Geist unterjocht um den Schuldigen zu zerreißen, zu vernichten. An manchen Tagen auch ein dunkles Grau ein düsteres, kaltes Wechselspiel zwischen grauen,- und sanften blauen Tönen. Doch nicht diese Leere. Glanzlose violette Seen in einem abgehärmten Gesicht, hölzerne Bewegungsabläufe, perfekt ausgeführt, jedoch ohne die frühere ihm innewohnende Eleganz und Geschmeidigkeit. Ein wandelnder Toter. Schuldig wollte das nicht. Vielmehr wollte er seinen alten Gegenspieler wieder zurück. Er hatte sich im Laufe ihrer blutigen Treffen an den Rotschopf gewöhnt. Als er die Tür zur Dusche berührte stellte der Sensor automatisch das Wasser ab. Schuldig schlug seine Haare in ein Handtuch ein, trocknete sich gedankenverloren ab und schlüpfte in seinen weißen, knöchellangen Bademantel. Während er sich die Haare kurz abfrottierte versuchte er sich nicht wieder in diese unsinnigen Gedanken ziehen zu lassen. Routiniert putzte er sich die Zähne mit seiner Lieblingszahnbürste, die ihm Nagi geschenkt hatte. Der Kleine hatte schon einen etwas seltsamen, herben Geschmack was Geschenke anging. Aber es war schließlich von Nagi, also was sollte er schon groß sagen! Also steckte er sich die Power-Puff-Girl Zahnbürste in die rechte Backentasche. Auf dem Weg ins Schlafzimmer sammelte er seine Klamotten wieder auf und stopfte sie in den Wäschesack. Gedankenverloren stand Schuldig mitten in seinem Zimmer, schrubbte sich mit mäßigem Elan seine Beißerchen und starrte auf das einzige Bild, das sein Zimmer zierte. Das Kunstwerk war eine perfekte Replik seiner Träume. Grelles Licht und inmitten dieser weißen Flut ein Augenpaar... Ayas Augen. In denen ein eiskalter Sturm tobte. Schattenhafte, zart stilisierte Konturen durchzogen das grelle Weiß des Bildschirmes. Zeichneten sanfte Umrandungen, lose Haarsträhnen, weiche Übergänge nach. Durch den Plasmabildschirm entstand der Effekt eines dreidimensionalen Bildes. Das Hauptaugenmerk des Betrachters wurde auf die ausdrucksstarken Augen gezogen. Schuldig hatte die Vorlage aus einer Akte von Kritiker mit Nagis Hilfe entwendet. Ein Bild das Aya in seiner Anfangszeit bei Kritiker zeigte. Das multimediale Kunstwerk war meist nachts an, Schuldigs einzige Lichtquelle, während er schlief. Ohne Licht hatte er unruhige Träume, suchten ihn die grauenhaften Erinnerungen an das Trainingslager in der Akademie heim. Der Künstler hatte ihn damals gefragt wem diese Augen gehörten, Schuldig hatte gelacht und ihm geantwortet: ‚Dem Mann meiner Träume‘ Der Mann hatte nur genickt und sich wieder an seine Arbeit gemacht. Schuldig hatte die Gedanken des Mannes gelesen, Augen so voller Hass und Rachsucht, wie konnte man davon träumen? Doch Schuldig hatte längst keine Träume mehr, sie waren Albträumen gewichen. Albträumen in denen diese Augen leer und tot waren. 3. Wumm! Schuldig war sofort hellwach, alle seine Sinne waren zum Zerreißen gespannt, als er sich blitzschnell aufsetzte und aus dem Bett hechtete. Seine Waffe griffbereit neben dem Bett routiniert entsichert und bereit ihr Ziel an zu visieren. Das Ziel ein etwas kleinerer Mann, dunkles, wirres Haar, das ihm leicht ins Gesicht fiel und die stechenden Augen verdeckte. Schuldig jedoch brauchte sie nicht zu sehen um zu wissen, dass es ein helles aquamarin war. Er kannte den Eindringling nur zu gut. Längst verdrängte Erinnerungen aus seiner wenig erbaulichen Vergangenheit drangen an die Oberfläche seines Geistes und verdrängten kurzzeitig die aufkommende Panik. „Coldpain.“ Entsetzen und Verwunderung mischten sich in seine Stimme und er konnte nicht verhindern, dass sie etwas zitterte. Coldpain deutete mit einem Finger auf seine Waffe. Seine Finger waren mit Metallkrallen besetzt... „Nimm sie runter. Ich bin schneller als die Kugeln.“ Prägnant und geradeheraus wie er ihn von früher kannte. Schuldig war jedoch zu keiner Regung fähig, sein vom Schock betäubtes Gehirn, konnte die Worte zwar aufnehmen, sie aber nicht umsetzen, nicht entsprechend reagieren. Sie waren geliefert. Alles war verloren. Die Organisation hatte sie gefunden, all ihre Sicherheitsmaßnahmen waren vergebens gewesen. Nur weil er diese verdammten Kopfschmerzen gehabt hatte. Er hätte besser aufpassen müssen. Er war einfach unfähig irgendetwas richtig zu machen. Während er weiterhin auf Coldpain zielte, verlor er sich in Selbstzweifeln, bemerkte nicht, wie dieser langsam auf ihn zukam, ihm vorsichtig die Waffe aus der Hand nahm. Peinlichst darauf bedacht, nicht seine Hand zu berühren. Wie hypnotisiert starrte er auf die metallverstärkten Handschuhe Coldpains. Im Kampf würde er die Handschuhe ausziehen. Lediglich mit seinen nackten Fäusten und den etwas überlangen metallbewährten Fingernägeln kämpfen. Coldpains ganzer Körper war eine tödliche Waffe. Seine dürftige Kleidung war nicht unbedacht gewählt. In der Akademie hatte er oft gesehen wie Coldpain freizügige Kleidung getragen hatte. Im Kampf stellten die schutzlosen nackten Körperstellen eine verlockende Falle für jeden Gegner dar. Doch jeder Treffer auf diese samtig, braune Haut wurde mit dem Tode bezahlt. Jede Berührung dieses Körpers, egal an welcher Stelle barg meist das gleiche Ergebnis. „Du hast dich verändert, Schuldig.“ Coldpain sicherte die Waffe und reichte sie wieder an ihren Besitzer zurück, der sie lediglich anstarrte. „Was... was soll das alles?“ brachte Schuldig mühsam heraus. Er hörte gar nicht mehr was der Kleinere gesagt hatte. Irgendetwas lief hier nicht ganz nach dem Akademie-Protokoll ab, das besagte, dass die Zielperson sofort und ohne Verzögerung eliminiert zu werden hatte. Das hier war jedoch eine solche Verzögerung, Coldpain war jemand, der sonst jedoch nur nach Protokoll agierte. Hier war etwas faul. „Zieh dich an, du hast einen Einsatz. Wenn du fertig bist, komm runter.“ Schuldig starrte noch immer auf seine Waffe, als er das Gesagte vernahm. Altbekannte Wut blitzte in ihm auf. „Ich gehe nicht wieder zurück!“ sagte er entsetzt, da ihm die ganze Tragweite dieser nächtlichen Aktion bewusst wurde. Er würde auf keinen Fall wieder zur Akademie zurückkehren. Niemals. In diese Hölle würde er sich nicht noch mal begeben! Coldpain wandte sich von ihm ab, hielt auf Höhe der Zimmermitte an und warf einen neugierigen Blick auf das leuchtende Bild von Ayas Augen. Es schien, als habe er ihn überhaupt nicht gehört, als er auch schon eine Antwort erhielt. „Es liegt keine Veranlassung dafür vor. Ich agiere nicht auf Befehl der Akademie.“ Nicht? Schuldig war nun endgültig verwirrt. Was sollte dann die ganze Aktion? Als Coldpain sich wieder in Bewegung setzte konnte Schuldig so etwas wie ein Lächeln auf den ausdruckslosen Zügen erkennen. Aber er konnte sich auch getäuscht haben. An seiner demolierten Tür – die wohl der Grund für sein Erwachen war – angekommen blieb er nochmals stehen und sah zu ihm. „Willst du dir nicht eher die Realität greifen, als nur Träumen nach zu jagen?“ Ohne eine weitere Erklärung zog er ab, ließ einen verwirrten Schuldig zurück. Der Typ hatte früher schon in Rätseln gesprochen, schien sich kaum verändert zu haben. Auch wenn Schuldig das ungern zugab, Coldpain war einer der wenigen gewesen, die er gut leiden hatte können. Die melancholische, traurige Aura, die den jungen Mann umgab, hatte ihn schon früher für Schuldig eingenommen. Schuldig ließ sich auf sein Bett fallen, stützte seine Ellbogen auf die Knie und raufte sich die Haare. Seine Waffe baumelte achtlos in seiner Rechten. „Was für eine Scheiße!“, murmelte er in seiner Heimatsprache deutsch. Wie lang hatte er eigentlich geschlafen? Konnte noch nicht lange her sein, seit er sich hingelegt hatte. Er kam sich vor wie ein Zombie, eigentlich sollte er todmüde sein. Aber durch die Aktion hatte ihm Coldpain viel zu viel Adrenalin in den Blutkreislauf gepumpt um jetzt einen auf müde zu machen. Ob es den anderen beiden gut ging? Wenn dem nicht so wäre, dann konnte er im Moment nichts dagegen unternehmen. Gegen Coldpain hatte er keine Chance. Soweit er sich erinnern konnte hatte Coldpain Anzeichen von Levitationfähigkeiten besessen, als Crawford, Nagi und er selbst in den Außendienst berufen wurden. Augenblicke später hatte er sich aufgerafft und griff sich frische Klamotten aus seinem Schrank. Die gleichen schwarzen Kleidungsstücke wie am Abend zuvor. Er zog jedoch andere Stiefel an. Kleine Schlitze bargen an den Außenseiten Platz für jeweils einen Langdolch pro Bein. Wer weiß was auf ihn zukam, da wollte er nicht unvorbereitet sein. Wenn seine telepathischen Fähigkeiten noch... Er hatte keine Kopfschmerzen mehr...wie ihm plötzlich auffiel. Na, immerhin etwas. Seine beiden automatischen Waffen mit L.A.S.E.R. Zieleinrichtung schnallte er sich wieder an die Außenseiten beider Oberschenkel. Schneller Zugriff und Bewegungsfreiheit waren ihm so garantiert. Seit er Probleme mit seinen Fähigkeiten hatte und sie nicht mehr gegen Weiß antreten mussten hatte er sich zunehmender auf Waffen und Dolche verlassen müssen. Etwas das immer öfter an seinem Selbstbewusstsein nagte. Als Letztes schnappte er sich noch einen Haargummi, band sich die Mähne locker im Nacken zusammen und war auch schon auf dem Weg nach unten. Dort warteten bereits, sehr zu seiner Erleichterung Nagi und Crawford. Beide in ihrer „Arbeitskleidung.“ Seit dem Fall von SZ und dem glanzlosen Dahinscheiden Takatoris mussten sie nicht mehr öffentlichen Schein waren und sich in Anzüge zwängen. Gerade bei nächtlichen Einsätzen war dies doch recht unpraktisch. Crawfords Kleiderrepertoire reichte jedoch oft eher in die Businessschiene, während er heute ein Longshirt mit hohem Kragen anhatte. Bewehrte grobe, schwarze Stoffhosen, rundeten das Bild des Leaders ab. Nagi dagegen, hielt sich mal wieder am bewerten Leder fest. Enge Lederhosen, kurzes Shirt, das einen schmalen Hautstreifen bei einer Bewegung freiließ, vorne und hinten mit V-Ausschnitt versehen. Seine Hände waren in den Handgelenk und Unterarmschützern zu Fäusten geballt. Er war angespannt. Crawford schien die Ruhe selbst, lehnte mit über der Brust verschränkten Armen am wuchtigen Schreibtisch aus edlem Holz und ließ Coldpain nicht aus seinen bernsteinfarbenen Augen. Nagi dagegen hatte einen trotzigen, fast kindlich wirkenden Ausdruck auf dem Gesicht, fiel in seine frühere Rolle wieder zurück. Alles wartete augenscheinlich auf ihn. Was war los? Fielen sie wieder in ihre alten Verhaltensmuster zurück, nur weil einer von der Akademie rein schneite und ihnen seine Aufwartung machte? „Ohne mich läuft wohl nix, was?“, schnodderte er die drei an, sein übliches Grinsen auf dem Gesicht, als er bei ihnen ankam. Crawfords Augenbraue wanderte leicht nach oben, das einzige was er an Missbilligung zuließ, Nagi warf ihm nur einen unsicheren Blick zu. Coldpain sagte nichts. „Nachdem sich alle hübsch gemacht haben, dürften wir vielleicht den Grund für dieses Eindringen hier erfahren?“, fragte Crawford leicht gereizt. Oha! Das war neu. Crawford einmal nicht mr-ich-weiss-alles-deswegen-schockt-mich-gar-nix-mehr. Hatte er es vielleicht nicht vorausgesehen? Waren seine Fähigkeiten ebenfalls blockiert? Keineswegs eingeschüchtert nickte Coldpain bedächtig. Er deutete auf einen der Monitore, der in großen Lettern die aktuelle Uhrzeit anzeigte. „Bei folgender Ausführung möchte ich nicht unterbrochen werden. Fragen werden im Nachhinein beantwortet. Von jetzt an haben wir fünfzehn Minuten für die Klärung des Sachverhaltes. Ab dann startet die Mission. Verstanden?“ Alle nickten, wenn auch wenig enthusiastisch. Er hasste diese Art von militärischer, befehlender Sprache, er fühlte sich wieder in die Zeit zurückversetzt. „Nagi.“ Sagte Coldpain auffordernd. Nagi betätigte die Fernbedienung und auf den vier Bildschirmen leuchtete es hell auf, als einige Daten über die Bildschirme scrollten. „Folgende Zielpersonen werden im Laufe der heutigen Mission in Gewahrsam genommen. Unser Auftrag stellt die Verteidigung, den Schutz und das Überleben der Zielpersonen und uns selbst dar.“ Schuldig lag bereits eine spöttische Bemerkung auf der Zunge, verbiss sie sich aber als er Crawfords drohenden Blick auf sich gerichtet sah. Überleben? Zielpersonen wurden ausschließlich von ihnen getötet. Überleben.... Die Daten wurden von Bildern abgelöst, zunächst noch klein, zoomten sie bis zur vollen Bildschirmgröße heran und zeigten vier Gesichter die ihnen nur allzu bekannt vorkamen. „Omi Tsukiyono alias Takatori jr. Codename Bombay, Yohji Kudou Codename Balinese, Ken Hidaka Codename Siberian und Ran Fujimiya Codename Abyssinian sind die Zielpersonen Schuldig traute seinen Augen kaum. Sie sollten WAS? Die Weiß Jungs kidnappen? Und was dann? Am Rande bemerkte er wie Nagi abfällig zischte. Panik machte sich in Schuldig breit. „Soweit es unsere Informationen besagen werden die Zielpersonen in wenigen Minuten von PSI Akteuren der Klasse Fünf angegriffen. Ihr Auftrag ist die Elimination unserer Zielpersonen. Wie im erlernten, Akademiespezifischen Modus, werden sie die vier auseinander treiben und einzeln ausschalten. Hier kommen wir ins Spiel. Jeder von uns wird einem der vier zugeteilt. Die PSI-Akteure werden ohne Ausnahme vernichtet. Ende der Mission ist die Rückkehr zum Ausgangspunkt. Hierher.“ Die Bildschirme zeigten wieder ein Standbild der Großaufnahmen der vier Weißkiller. Stille herrschte im Raum. Keiner sagte etwas. „Wir...wir...sollen…“ Schuldig Stimme lediglich ein Krächzen ...wir sollen ihnen helfen?“ brachte er mühsam heraus, sprach das letzte Wort wie ein böses Omen aus. Coldpain neigte leicht den Kopf zur Seite, als müsse er noch überlegen ob das wirklich so war wie Schuldig es sagte. Man, der Typ war echt seltsam, dachte Schuldig übellaunig. „Zusammenfassend läuft es darauf hinaus“, antwortete er dann nach, wie es schien reiflicher Überlegung. Nur keine voreiligen Entscheidungen treffen, das entspricht schließlich nicht dem Akademieprotokoll, amüsierte sich Schuldig in Gedanken über das Verhalten des Kleineren. „Und wenn sie unsere Hilfe nicht wollen?“ giftete Nagi. „Darum geht es nicht. Es spielt keine Rolle was sie wollen. Ihr Überleben hängt von uns ab.“ Crawfords Blick hing ebenfalls auf den Bildern, er war aber still. „Warum sollten wir uns drauf einlassen?“ Nagi blickte mit angewidertem Ausdruck zu seinem geliebten Computer, als würden schon allein die Bilder der Vier sein Heiligtum verunreinigen. „Weil ihr nur so überleben werdet. Das nächste Ziel werdet ihr sein, wenn ihr ihnen nicht zuvor kommt. Fragt euren präkognitiven Akteur.“ Drei Augenpaare richteten sich auf den stillen Hellseher. „Er hat Recht. Nur wenn die Vier überleben, wird unsere Existenz gesichert sein. Die Frage ist, ob sie sich nicht selbst helfen können?“ Coldpain schüttelte einmal den Kopf. „Nein, meine Beobachtungen haben ergeben, dass ihre physischen so wie psychischen Kraftreserven am Limit sind. Der heutige Angriff wird für sie letal enden, falls wir nicht eingreifen.“ „Na klasse. Und was sollen wir mit Level Fünf Akteuren machen? Die sind uns doch fast gleichwertig!“ Schuldig hatte sich einigermaßen wieder im Griff. „Wir haben es hier mit vier Gegnern zu tun. Sie haben jeweils die Fähigkeiten: Bilokation, Levitation, Telepathie und Telekinese. Ich denke, dass sie keine große Herausforderung darstellen sollten. Unser Vorteil ist der Überraschungsmoment und die zahlenmäßige Überlegenheit. Was eure Fähigkeiten anbelangt... Mein Auftraggeber hat eure, speziell die Fähigkeiten von Schuldig, geblockt um eine Entdeckung eurerseits durch andere Elemente zu verhindern. Deshalb die Kopfschmerzen. Über diesem Gebiet wird nach der Sicherstellung der Zielpersonen ein Aversionschild der Stärke sieben errichtet werden, das ebenfalls diesen Zwecken dient.“ Wenn sie nichts davon bemerkt hatten, dann war ihr sogenannter Auftraggeber ein Akteur über dem zehnten Level, mindestens... In was für einen Mist wurden sie da hineingezogen? Ging das schon wieder los? Wurden sie schon wieder für irgendetwas missbraucht? Wann hörte das endlich auf? Ihm blieb jedoch keine Zeit weiter darüber nachzudenken. Wie damals in der Akademie, Zeit zum Nachdenken wurde unterbunden in einem 24 Stunden Trainingsplan der eingehalten werden musste, wenn man nicht bestraft werden wollte. „Hättet ihr eure Fähigkeiten weiter trainiert würdet ihr bereits über den sechsten Level liegen. Ihr seid ungeschult. Folgende Zuteilung gilt: Schuldig wird sich um Fujimiya, Crawford um Kudou, Naoe um Hidaka und ich selbst mich um Tsukiyono kümmern. Die Codenamen sind veraltet, sicherlich haben sie sich in der Zwischenzeit neue zugelegt, deshalb werden in diesem speziellen Fall die reellen Namen benutzt. Bedenkt, dass alle vier körperlich geschwächt sind. Es liegt an euch.“ War das ein Traum? Wachte er jetzt gleich auf und es war alles wieder in Ordnung? Er sollte sich um Aya kümmern? Ihn retten? Wer hatte sich denn diese Scheiße ausgedacht? Das konnte doch nur schief gehen! Aya wird ihm nach aller Wahrscheinlichkeit bei nächstbester Gelegenheit sein übergroßes Messer zwischen die Rippen jagen. „Und was dann? Sollen wir sie zum Tee einladen, mit ihnen über die guten, alten Zeiten plauschen?“ Schuldigs Stimme troff vor beißendem Sarkasmus. Coldpain wischte sich mit einer grazilen Handbewegung die Haare aus den Augen und blitzte ihn aus seinen hellblauen Augen irritiert an. „Sie werden sich fügen. Sie haben keine Wahl, genau so wenig wie ihr eine habt. Es ist beschlossene Sache. Es hat lange gedauert bis sie endlich so weit waren um endlich gefügig gemacht werden zu können. Ihnen wurden sowohl Zufluchtsort, als auch ihre Kraftreserven genommen. Ihnen ist nichts geblieben.“ „Systematische Vernichtung feindlicher Elemente“, sagte Crawford, dessen Blick immer noch auf dem Bildschirm festklebte. „Verdammt! Das sind Akademiemethoden!“, rief Schuldig wütend aus. „Die Methoden mögen dem Akademieprotokoll entnommen sein, doch sie dienen ganz sicher nicht dem gleichen Zweck. Sie würden sich niemals freiwillig in ein Team mit euch begeben. So viel steht fest. Seit dem Fall von SZ steht ihr und Weiß unter der Beobachtung einiger mächtiger Leute in elitären Kreisen. Selbst als ihr die ausländischen Konten von SZ geplündert habt, blieb dies nicht unbemerkt.“ Nagi bekam große Augen und sah Coldpain gelinde gesagt entsetzt an. Kurz darauf verengten sich die Augen wieder als Coldpain fortfuhr. „Selbstverständlich unterliegt dies strengster Geheimhaltung. Die Akademie ist über den Verbleib der verschwundenen Gelder nicht informiert. Vielmehr wird eine Unterschlagung von Seitens SZ vermutet.“ „Ihr arbeitet gegen die Akademie?“, fragte Schuldig erstaunt. Coldpain blieb ihm die Antwort schuldig, wandte sich ab und deutete auf den Bildschirm. „Die Mission beginnt. Zielort: das Hafenviertel VI (Docks).“ „Dafür brauchen wir eine Stunde bis wir dort sind.“ Resümierte Crawford und schob sich seine Brille zurecht. „Exakt. Deshalb müssen wir auch jetzt los. Sonst bleibt nicht mehr viel von ihnen übrig.“ Schuldig hatte ein verdammt ungutes Gefühl im Magen, als er sich seine kurze Jacke schnappte und sich die Wagenschlüssel seines Sportwagens griff. Lieber wäre er ja mit dem Motorrad gefahren, aber in Anbetracht eines Verletztentransportes entschied er sich dagegen. Es war schon lange her, seit er dieses Kribbeln empfunden hatte, meist waren es die Konfrontationen mit Weiß gewesen, die es ausgelöst hatten... Hosted by Animexx e.V. 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