Stairway to Heaven von Ling-Chang ================================================================================ Kapitel 5: Return ----------------- Vlaindar wechselte von seiner normalen Sicht zu den animalischen Augen seiner Dracheninstinkte über und betrachtete die Frau neben sich im Bett. Als er vor gut einer Weile aufgewacht war, hatte ihn diese nackte Wahrheit erstaunt, aber schnell hatte er sich erinnert: Erinnert an alles, was in der Horizontalen passiert war. Ganz im Gegensatz dazu standen die eher verschwommenen Erinnerungen des Fests. Einige Fetzen waren ihm geblieben: Eine Ballade über irgendeinen Prinzen, der betrunkene Keoran, Dorothea an der Laute und Palinor vor vier überladenen Tellern. Seine Augen erkannten die feinen Härchen in ihrem Nacken, der unter ihrem langen Haar ein wenig hervorblitzte. Dorothea lag halb auf der Seite, halb auf dem Bauch und ihr Atem streichelte über seine nackte Brust. Ihr Kopf war auf seiner eingeschlafenen rechten Hand gebettet, während seine andere auf seiner Seite lag. Ihre beiden Arme lagen angewinkelt rechts und links von ihrem schmächtigen Körper, der zwischen den gebauschten Laken noch kleiner aussah. Kein Wunder, dass moderne Männer molligere Frauen bevorzugten – sie wirkte beinahe verloren. Doch eines konnte auch Vlaindar nicht abstreiten: Sie sah gut neben ihm aus. Sie passte zu ihm wie ein Schloss zu seinem Schlüssel. Lange Wimpern ruhten auf ihren Wangenknochen und ihre sonst so klug dreinblickenden Augen waren verschlossen – erst nach dieser Nacht war ihm aufgefallen, dass sie anders aussah als die meisten Dorfbewohner. Ihr Gesicht war nicht so kantig, eher spitz und fein und ihre Augen nannte man abfällig auch Vogelaugen, weil sie schräg standen und wie Schlitze anmuteten. Doch sie war wunderschön, zumindest mit seinen Sinnen gesehen und Drachensinnen zu gefallen, war durchaus etwas Besonderes. Seine Augen liebten ihre Konturen, ihre weiße Haut und die rosigen Wangen und Lippen, die Schönheitsflecken auf ihrem Körper und die rauen Stellen an ihren Händen. Sein Gehör liebte das Rauschen der Luft in ihren Lungen, das Rauschen ihres Bluts und das Pochen ihres Herzens, das er so manches Mal zum Stolpern gebracht hatte in dieser Nacht. Seine Finger liebten ihre zarte Haut und das Pulsieren ihres Lebens. Seine Nase liebte ihren Geruch – Äpfel waren immer gut. Sein Geschmackssinn verehrte ihre Haut und ihren Mund und sie machte Äpfeln alle Ehre. Vlaindar erinnerte sich daran, wie abschätzig er am ersten Tag über sie geurteilt hatte, als Mikanor und Famiran von ihr geschwärmt hatten. Sein Verstand hatte ihnen nicht folgen können oder wollte ihnen nicht folgen können. Jetzt konnte er nichts Anderes tun, als sie bewundern, denn sie war schöner, als Ismira es je hätte sein können. Von wegen Gänseblümchen waren nicht schöner als Rosen! Ein Gänseblümchen zwischen Rosen würde auffallen und es gab Männer, die bevorzugten nun einmal den zarten Duft der wilden Pflanze und nicht von lange dazu gezüchteten, gepflegten Blumen. Er gehörte eindeutig zu ihnen. Seine Finger wanderten über ihre Schulter zur Taille und auf ihre Hüfte, dann wieder zurück. Sie drehte im Schlaf den Kopf etwas weiter zu ihm und seufzte. Daraufhin musste er lächeln und betrachtete sie so zufrieden gestellt. Er hatte zwei Dinge über sie herausgefunden, die er nie wieder vergessen würde: Erstens hatte sie einen Schönheitsfleck hinter ihrem linken Ohr und einen anderen auf ihrer rechten Brust und zweitens war sie gütig. Als sie sein Sklavenbrandmal erblickt hatte, das sich zu seinem Unmut nicht hatte entfernen lassen und sich immer noch auf seinem linken Schlüsselbein räkelte, hatte sie mit Zeige- und Mittelfinger darüber gestrichen und unglaublich bedauernd dreingeblickt. Und dafür liebte er sie, denn es war kein Mitleid gewesen, in dem sie ihn gewälzt hatte. Es war viel mehr eine Trauer um sein vergangenes Ich gewesen, das sich nie aus dieser Phase hatte befreien können – manchmal waren Mitgefühl und Mitleid zwei ganz unterschiedliche Dinge. Er brauchte kein Mitleid, denn das stieß ihn oftmals wieder zurück in die Matschpfütze, aus der er kam und in die er in den meisten seiner Träume zurückkehrte. ’General der Sturmjäger-Garde von Saitan, Vlaindar-shiarireyliar, bitte melden!’, quakte eine Stimme in seine Gedanken und schreckte ihn auf. Ärgerlich konzentrierte er sich und antwortete dem Mann, der sich mit ihm in Verbindung setzen wollte: ’Ich melde gehorsamst meine Aufmerksamkeit.’ ’Der königliche Erlass zum 14. Deiran des Jahres 756 verkündet den Befehl zu Eurer sofortigen Rückkehr in die Hauptstadt Saitan-Hetens, Saitan. Der Bericht der Schlacht wird zwei Tage nach Eurer Ankunft hier eingefordert werden. Eure Garde erhielt diesen Befehl am Folgetag, dem 15., des mündlichen Erlasses von König Ressota – mein Auftrag ist hiermit erfüllt. Ich wünsche Euch eine angenehme Heimreise. Fliegt schnell und sicher. Mögen die Flügel Euch höher tragen als die Schwingen Eurer Feinde es können. Melde gehorsamst, Kilianar, erster Ratgeber des Königs.’ ’Angenehm’, beendete Vlaindar das Gespräch und fokussierte sich wieder auf die Frau neben ihm. Er konnte sie nicht mitnehmen. Wenn herauskam, dass er sein Zölibat gebrochen hatte, dann würde es einen riesigen Aufstand geben und einen ganzen Haufen an Bestrafungen. Dennoch musste er seinen Regelbruch dem König beichten, da diese Frau ihm mehr bedeutete als seine Loyalität seinem Herren gegenüber. Als würde dieser das nicht beinahe von selbst herausfinden … Doch, um die Strafe zu mildern, würde er beichten müssen und in diesen Sturm wollte er sie nicht hineinziehen. König Ressotas Rache würde grausamer sein, als man es ihm je zugetraut hätte – vielleicht würde er Dorothea der Verführung seines Staatsmanns anklagen und sie sogar hinrichten lassen. Er durfte schließlich alles! Vlaindar schloss die Augen und runzelte besorgt die Stirn. Solange er nicht erzählte, wer die Frau war, mit der er einen Regelbruch begangen hatte, konnte niemand ihr etwas anhaben. Also würde er Hairima einfach bitten, seine Gedanken für andere zu versiegeln, sodass niemand ihm dieses Geheimnis nehmen konnte. Auch wenn das bedeutete, dass er seine Tat nicht bereute und er somit in ein härteres Strafraster eingestuft wurde. Aber das war sie ihm Wert. Er liebte sie und dafür würde er alles opfern. ’PALINOR!’, schrie er in die Gedanken seines Vizes. Der brauchte eine ganze Weile, bis er schließlich einen anständigen Satz hervorbrachte, da er tief geschlafen hatte. ’Um Ismiras Willen, Vlaindar! Wisst Ihr, wie spät es ist?’ ’Der König wünscht unsere sofortige Rückkehr nach Saitan, weckt die anderen und bereitet die Drachen vor. Ich werde die Bezahlung abhandeln. Los!’, befahl er und schloss noch einmal die Augen. Seufzend gab er sein Widerstreben auf und setzte sich auf. Mit seinen Sinnen forschte er durch das Haus und wusste, dass die Gardemitglieder hastig das Feld räumten. Es dauerte keine zehn Minuten und die vier Männer waren auf dem Weg in den Schankraum, also zog Vlaindar sich an und setzte seinen letzten Plan in die Tat um: Er hob Dorothea und ihr Kleid hoch und brachte sie in sein Gästezimmer, wo er sie wieder in sein Bett legte. So gebettet und immer noch schlafend, überwand sie beinahe seinen Widerstand, doch er riss sich zusammen und räumte auf. So bereit zum Abflug, zögerte er und betrachtete noch einmal diese Frau. Nein, nicht ‚diese’. Seine. Seine Frau. Langsam ging Vlaindar zum Schreibtisch und schrieb auf einem Zettel eine Notiz, wenn sie diesen Auftrag erfüllte, wäre gewiss einige Zeit vergangen und er hätte seine Angelegenheiten geregelt, sodass kein Problem mehr ihre Beziehung verhinderte. Wieder zögerte er. Sollte er den Zettel unterschreiben? Nannte er seinen Namen und sie erzählte ihre Geschichte weiter, würde der König ihr schnell auf die Spur kommen. Nein, das wäre unklug, befand er und löste einer Eingebung folgend seine Gardebrosche vom Reiseumhang, der aus irgendeinem Grund wieder in diesem Zimmer lag. Die Löcher waren gestopft und er war gewaschen worden, was ihn daran erinnerte, wie sie sich um die Garde gesorgt hatte. Mit einem finalen Seufzen legte er die kleine Notiz neben das Kopfkissen und darauf seine Brosche. Dorothea war intelligent genug, um herauszufinden, was das Metallstück bedeutete, das wusste er genau. Ein Kuss auf ihre Wange besiegelte seine Abreise und er verließ das Gasthaus mit entschlossenen Schritten – er würde sie beschützen und wenn es ihn sein Leben kosten würde. „Shiarireyliar, wisst Ihr eigentlich, was das für eine Zeit ist?“, jammerte Famiran ihm entgegen und drückte damit die Gedanken der ganzen Drachenreitergarde aus. Die Männer standen bereits auf der Wiese und hinter ihnen hatten sich die Drachen aufgereiht. Hairima begrüßte ihn mit einem wissenden Schnauben, bevor sie in seine Gedanken tauchte, um zu sagen: ’Mein Kleiner ist erwachsen geworden und das ganz ohne mich.’ ’Bist du eifersüchtig?’ ’Auf dich? Ich bevorzuge starke Männchen, keine zerbrechlichen Frauen.’ ’Es wird Zeit, dass wir dir einen Brutpartner suchen, Hairima.’ ’Halt den Mund, du vorlautes Würmchen’, warnte sie ihn mit einem Grollen in ihrer Kehle. Das war das Schlimme an dieser Sache: Hairima war ein Prinzess-Drache, ein Mitglied einer sehr seltenen Drachenart, deren Schuppen mit Gold durchzogen waren. Es gab von jeder Farbe, die ein Drache haben konnte, nur ein einziges Ei und das Junge schlüpfte nur aus, wenn der Drachenreiter sein Schicksalspartner war und er die richtigen Eigenschaften stark ausgeprägt hatte. Das hieß beispielsweise bei dem grünen Prinzess-Drachen, Hairima, dass Vlaindar ihr Schicksalsreiter war, doch sie wäre nicht geschlüpft, wäre er noch unreif gewesen. Grüne Drachen waren das Symbol für Entschlossenheit, Disziplin, Standhaftigkeit, aber auch Anpassungsfähigkeit, Aufrichtigkeit und Aufmerksamkeit, sowie Selbstbeherrschung und Fassung. Wer diese Charaktereigenschaften ausbildete, dem schlüpfte ein grüner Drache. Vlaindar hatte in ihnen seine Stärken gefunden und sie so stark ausgebaut, dass, als es an der Zeit war, die Eiprobe durchzuführen, Hairima geschlüpft war. Noch heute war er sehr stolz auf dieses Ereignis – sie war wie seine Mentorin, Schülerin, Tochter, Geliebte, Mutter, Schwester und Freundin. Nur alles gleichzeitig und alles intensiver aber ganz anders als bei Menschen. Hairima war ein Einzelfall: Außer ihr gab es derzeit keinen Prinzess-Drachen in Saitan-Heten. Die andersfarbigen Eier waren noch nicht an ihre Schicksalsreiter geraten. Hairima fühlte sich daher sehr allein und mit Orchod-Drachen mochte sie sich nicht paaren, weil sie auf das Ausschlüpfen eines männlichen Prinzess-Drachen wartete. Generell waren die Drachen ihrer Art aber eher weiblich, also war das sehr unwahrscheinlich. Daher reagierte sie immer etwas patzig, wenn man sie darauf ansprach. „Ja, Shiar. Steigt auf: Fliegt schnell und sicher“, antwortete er Famiran schließlich und kletterte an Hairimas Sattel geschickt hinauf auf ihren Rücken. Die Anderen taten es ihm gleich und er musterte seine Garde. Palinor stöhnte und verfluchte seine Knochen, Famiran kratzte sich schwerfällig den Kopf, während Mikanor der einzig wirklich Wache unter ihnen war und Keoran immer noch leicht schwankte. Wie er in den Sattel kam, war unerklärlich. „Mögen Eure Flügel Euch höher tragen als die Schwingen Eurer Feinde es können“, rief Palinor und wiederholte somit den Spruch des Beraters. Nun, es war ein gängiges Sprichwort unter den Drachreitern, das einen Abschiednehmenden beglückwünschte. Vlaindar nickte seinem Vize-General zu, bevor er sich mit Hairima in die Luft erhob – er würde ungefähr sechs Stunden in der Luft verbringen, in der sich Winter und Frühling mischten je näher sie der Hauptstadt kamen. Erst dann wären sie da. Mühsam wandte er den Blick von dem kleiner werdenden Gasthaus ab und begegnete dabei Palinors misstrauischer Miene, der Mann kannte ihn zu gut: Vlaindar vermisste niemals einen Ort. „Ich würde auch lieber zurück ins Bett“, tat der Vize-General Vlaindars Verhalten Schulter zuckend ab und dieser atmete erleichtert auf. Oh ja, er auch, er wollte auch wieder zurück ins Bett, in dem eine junge rothaarige Kellnerin auf ihn wartete. Dorothea. Er ließ den Namen auf seiner Zunge zerschmelzen und probierte ihn aus. Er liebte ihn und er fühlte sich richtig an. In letzter Zeit fühlte sich vieles so richtig an wie der Klang dieses Namens. Dorothea. Dorothea wachte auf, als der erste Lichtstrahl der aufgehenden Sonne auf ihr Gesicht fiel. Sie blinzelte und wühlte sich tiefer in die Kissen. Normalerweise machte sie die Vorhänge doch zu, warum also waren die jetzt offen? Ein köstlicher Duft stieg ihr in die Nase und sie erkannte den Geruch sofort. Schlagartig war ihr auch wieder klar, warum die Vorhänge offen waren – sie hatte ihn verführt. Dorothea setzte sich auf und wunderte sich zunächst, warum sie nicht in dem ‚offenen Zimmer’ im dritten Stock war, bis sie bemerkte, dass auch neben ihr im Bett niemand mehr lag. Entsetzt schaute sie sich um, bemerkte, dass sie in einem der blauen Gästezimmer im Zweiten lag und stellte zusätzlich dazu fest, dass alles unbewohnt wirkte. Kein Gepäck, keine Kleidung. Beinahe sofort überspülte sie eine Woge der Verzweiflung, der Wut und der Trauer. „Er hat mich sitzen lassen!“, stellte sie empört fest. Er hatte sie entjungfert und dann sitzen lassen! Um Ismiras Willen, was sollte sie jetzt tun? Wenn die Leute herausfinden würden, dass sie ihre Unschuld verloren hatte, wäre sie entehrt. Und mit ihr ihre ganze Familie! Sicherlich würden etliche Gerüchte entstehen und sie am Ende auch noch bestraft werden, weil sie das Gesetz zur Jungfräulichkeit vor der Ehe missachtet hatte! „Ich bin so tot, wenn das herauskommt“, stöhnte sie und legte ihre Hände aufs Gesicht, bevor sie zusammengesunken eine Weile vor sich hin jammerte. Aber sich selbst bemitleiden half auch nichts, deshalb musste sie ihre Tränen hinunterschlucken, so schwer es ihr auch fiel – und das tat es, denn sie hatte gedacht, dass er sich wenigstens von ihr verabschieden würde und sie dann ausgiebig über ihn lästern konnte, um sich ihr Unglück abzureden. Doch sie wollte ihn nicht hassen, aber das musste sie jetzt! Jetzt, da er sie hatte sitzen lassen! Er war ja so ein … „Miststück“, fauchte sie und schwang die Beine aus dem Bett, nicht ohne ein köstliches Zwicken eines angenehmen Muskelschmerzes in ihrem Unterleib und ihrem Schritt zu verspüren, das sie sofort an alles erinnerte, was gestern Nacht geschehen war. Toll, jetzt musste sie wahrscheinlich die ganze nächste Zeit bei jeder Bewegung an die unwiderstehlich gute Verbindung denken, die sie erlebt hatte. Nein! Sie durfte nicht schwärmen. Er war einer der Männer, die kosteten und dann wegwarfen! Sie durfte ihn nicht lieben! Als ihr dieser Gedanke kam, schossen ihr Tränen in die Augen und sie begann zu schluchzen. Von wegen Heiratsantrag! Pustekuchen! „Elender Schweinehund“, heulte sie und warf die Decken von sich. Immerhin war dort kein Blut, von dem Erna ihr berichtet hatte. Die erfahrene Frau hatte nämlich erzählt, dass es zu solchen Blutungen kommen konnte! Wenn sie auch nur sehr, sehr schwach waren. Mühsam stand sie auf und unterdrückte ein Stöhnen ob des Muskelkaters an den unwahrscheinlichsten Stellen ihres Körpers – wehe ihm, wenn er nicht auch welche hatte! Mit weiteren gehässigen Schimpftiraden auf den Buhlen riss sie ihr Kleid vom Boden und zog es sich über den Kopf, bevor sie sich wieder hinsetzte, um sich die Stiefel anzuziehen. Der Schwung, den sie beim Hinsetzen innehatte, wurde auf das Bett übertragen und ließ die Matratze an den Enden etwas hochschnellen. Daraufhin fiel ein Schmuckstück zu Boden, das ihr zuvor nicht aufgefallen war. Also hob sie es auf und betrachtete es eingehend. Es war eine silberne Brosche, in der Form einer Raute, groß genug, um ihre Handfläche auszufüllen. In der Mitte befand sich ein goldener Kreis, in dessen Mitte wiederum ein silberner Kreis eingraviert war, der einen Wirbel beinhaltete – das Zeichen für die vier Altersstufen, die ein Mensch durchlaufen konnte: Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter und Alter. Die Brosche war gut behandelt worden und sauber. „Was ist das?“, fragte sie und drehte das Schmuckstück im Licht hin und her. Es musste diesem Drachenreiter gehören. Moment! Hatten die vier Anderen seiner Garde nicht ebenfalls solche Broschen getragen? Wann war das? Ach ja! Bei ihrer Ankunft. Bedeutete das, dass es ein Symbol für diese Gruppe war?! So etwas wie ein Abzeichen der Garde?! „Interessant“, murmelte sie und betrachtete das Silber noch einmal eingehend. Mehr konnte sie aber nicht aus der Form entnehmen. Aber das war nicht schlimm, denn die Tatsache, dass es ein Drachenreitergardenabzeichen war, half ihr ungemein. Wenn sie zum Feinschmied ging und ihn unbehelligt ausfragte, würde er sicherlich sämtliche Antworten auf ihre Fragen parat haben. Der Gute hatte diese Tinkerarbeit sicherlich schon einmal gesehen. Er war schließlich nicht umsonst Feinschmied. Wieder sah sie hinab zum Bett auf die Stelle, an der die Brosche wahrscheinlich gelegen hatte und entdeckte dort eine kleine Notiz. Mit einem selbstironischen Schmunzeln auf den Lippen sagte Dorothea: „Oh, wie nett von ihm. Was will er mir sagen?! ‚Vielen Dank für deine Jungfräulichkeit, Dorfmädchen!’? Miststück!“ Doch, als sie den Zettel hochhob, um sich die Notiz durchzulesen, war sie beinahe enttäuscht, weil nur drei Wörter darauf zu sehen waren. Also nichts mit einer ausgiebigen Dankesrede, wahrscheinlich war eher ‚Danke und Tschüß!’ angesagt. „Komm zu mir“, las sie vor und starrte den Satz eine Weile an. Nein, der Mann hatte es sich ja nicht nehmen lassen, auch noch ein Satzzeichen am Ende zu setzen. Der Punkt wirkte seltsam final. „Ja klar, frei nach dem Sprichwort: Komm zu mir, ich liebe dir! Von wegen. Der braucht sicherlich nur ein zweites Mal“, schnaubte sie und zerknüllte das Stück Papier. Doch sie brachte es nicht über sich, es kaputt zu machen und wegzuwerfen, also steckte sie es ein und, den Muskelkater ignorierend, begann damit, die Zimmer der Reisenden auszuräumen. Alle Beweise auf ihren Verlust der Jungfräulichkeit mussten aus dem Weg geschafft werden! Unwiderruflich! Bloß weg damit! Palinor zog sich aus den Gedanken seines Drachen Jokandir zurück, einem goldenen Orchod-Drachen. Die beiden hatten nicht viel zu bereden gehabt und daher eine Weile still ihre Gedanken geteilt – von Windwirbeln und Böen berichtete der Eine, der Andere sorgte sich stetig um ein Gardemitglied: Vlaindar benahm sich schon die ganze Zeit so seltsam. Erst am Morgen hatte er länger gebraucht als alle anderen, obwohl er generell immer der Erste war, um dann beim Abflug einen sehnsüchtigen Blick zurückzuwerfen und schließlich den Großteil der Flugzeit vor sich hinzudösen – was nicht zu ihm passte. Vlaindar schlief niemals so, dass andere ihm dabei zusehen konnten, doch der General nickte ständig ein. Jetzt schlief er sogar schon eine gute Stunde und Saitan war vor einiger Zeit am Horizont erschienen! Normalerweise würde er spätestens in diesem Moment die eindeutige Führung, die Spitze in der Formation, einnehmen. Hairima hatte auf Palinors Anfragen mit belustigtem Schnauben reagiert, war aber nicht weiter darauf eingegangen. Mit einem Grollen signalisierte sie nun den anderen Drachen, dass es Zeit für die Formation wurde und alle ordneten sich brav an, ohne auf einen Befehl ihrer Reiter zu warten: Vlaindar und Hairima flogen an der Spitze, ihnen folgten nebeneinander Palinor mit Jokandir und Keoran mit Ianandir, seinem dunkelbraunen Drachen. Hinter den Beiden kamen Famiran mit Leonora und Mikanor mit Rubina – etwas versetzt aber, sodass sie aussahen wie eine Pfeilspitze. Palinor schaute zu Keoran hinüber, der genau in diesem Moment ebenfalls seinen Blick wendete und die Beiden verständigten sich wortlos: Einer musste Vlaindar wecken. Und dieser jemand war Keoran. Der Mann folgte seiner Aufgabe und schloss die Augen, seufzend ließ er sich in die Welt der Gedanken sinken und streckte seinen Geist nach Vlaindars aus. Man sah die hohe Konzentration in seinen Zügen und die plötzliche Entspannung seiner Gesichtsmuskeln, als er wahrscheinlich eine Antwort erhielt. Nur kurze Zeit später richtete sich Vlaindar auf, da er zuvor zusammengesunken schief im Sattel gesessen hatte, und rieb sich die Augen. Palinor neigte anerkennend den Kopf in Richtung Keoran, der mit einem Lächeln seinen Dank signalisierte. Dann folgten beide Vlaindars Befehlen, die sie jedes Mal erhielten, bevor sie zum Landeanflug ansetzten. Die Sattelgurte festzurren, Hände in die Schlaufen schieben und flach an den Drachenkörper schmiegen. Gemeinsam sanken sie auf die in der Mittagssonne eines Frühlingstags glänzenden Stadt hinab, die am Ufer eines großen Sees auf einem Hügel erbaut worden war. Als sie über die bewachten Stadtmauern hinweg flogen, brüllten von unten einige Soldaten ihren Gruß, den man jedoch nicht verstand. Die Menschen in den Straßen und Gassen zwischen den eng aneinander liegenden Häusern der unteren Klassen blieben stehen und gafften oder schrieen vor Freude. Mit der Überwindung einer weiteren bewachten Mauer und der Verringerung der Geschwindigkeit kamen sie in den Bereich der höheren Klassen – Bürgerliche und Adelige lebten hier in ihren Villen mit riesigen Gärten, die teilweise in Blüte standen. Dieser Stadtteil war eher ruhig, kaum ein Mensch war auf den Straßen zu sehen und die, die man sah, kümmerten sich nicht um die Rückkehr der Garde. Noch einmal überflogen sie eine bewachte Mauer und kamen wieder in einen ärmeren Bereich, in dem viele Gasthäuser, Lusthäuser waren und zwielichte Geschäfte abgehalten wurden – man mied diesen Bereich allgemein, wenn man etwas auf seinen Ruf hielt (vorausgesetzt man hieß nicht Famiran oder Mikanor). Dann öffneten sich die dunklen Gassen zu einem riesigen Marktplatz, von dem aus mehrere Straßen strahlenförmig zur äußeren Mauer durchführten – auch die Hauptstraße, der die Garde gerade gefolgt war. Man konnte den Aufbau der Stadt demnach als kreisförmig beschreiben: Im Äußeren Ring lebten die Handwerker und andere von niederem Beruf, im Inneren Ring lebten die Bürgerlichen und Adeligen gefolgt vom Marktring, in dem die Kaufmänner, Lustdamen und die meisten Diebe ihr Zuhause hatten. Folgte man der Hauptstraße auf der anderen Seite des Markts durch alle Ringe hindurch bis zur anderen Seite der Stadt, dann schloss sich dort an die äußere Mauer ein weiterer eingemauerter Bereich an: Ebenfalls rund angelegt und von der Größe einer Hälfte der Stadt befanden sich dort der Palast des Königs, Ismiras höchster Tempel und sämtliche Drachenreitereinrichtungen. Zu denen gehörten die Schulen, Unterkünfte, Bäder, Übungsräume und –plätze, Drachenställe und Heilerquartiere, Magierarenen, Waffenkammern, Wohnungen, Bibliotheken und Lagerhallen, sowie sämtliche Archive und Büros aller höher gestellten Drachenreiter. Nicht zu sprechen von dem riesigen Palast und dessen unzähligen Räumen, deshalb war es mehr als nur klar, dass dieser Bereich die Stadt noch einmal um ihre Hälfte vergrößerte. Die Drachenreitergarde landete auf einem extra dafür angelegten Platz, der frei von allem Grün war, damit sich die Drachen nicht verletzten. Umgeben wurde dieser von den Schulräumen, in denen aber noch kein Unterricht stattfand. Nur ein Weg führte vom Platz: Eine Treppe verband die Galerie mit dem sandenden Rund. Nachdem Palinor von Jokandir gestiegen war, streckte er sich, um seine versteiften Muskeln zu lockern. Der Rest tat es ihm gleich und aus einigen Kehlen entschlüpfte sogleich ein wohliges Seufzen. „Endlich wieder zurück“, sagte Famiran und holte sich seine Bestätigung mit Mikanors Nicken ein. „Zuhause ist es doch am besten“, meinte dieser und lächelte erschöpft. Nach dem langen Ritt konnte man das aber durchaus verstehen. „Geht ruhig schon einmal, den Rest erledigen Vlaindar und ich“, fügte Palinor hinzu und machte eine wegscheuchende Geste. Famiran und Mikanor steckten die Daumen in die Höhe und schickten ihre Drachen in die Ställe – sie würden einige Lehrlinge später beauftragen, ihre Drachen zu versorgen. Erst dann hakten sie sich bei Keoran unter und führten ihn wie einen Gefangenen vom Platz – sein Drache Ianandir folgte Rubina und Leonora. Palinor wandte sich Jokandir zu und streichelte über dessen goldene Schuppen, die durch das Wetter und die Schlacht bei weitem nicht mehr so schimmerten, wie sie sollten. Er rieb die Schnauze des intelligenten Tiers und verständigte sich mit ihm in Gedanken kurz über dessen nächtlichen Stallplatz. Dann flog Jokandir fort und drehte seine Kreise am Himmel, bevor er in einem weiteren Sinkflug hinter den hohen Palasttürmen verschwand. „Komm, Vlaindar“, meinte Palinor und lächelte seinem Freund ermutigend zu, der sich nicht von seiner Drachendame trennen konnte. Die Beiden hielten sich eng umschlungen – Vlaindar mit den Armen um ihren Hals und sie mit ihren Flügeln um ihn ausgebreitet, als wäre er ihre Beute. Es war immer so: Die Beiden verband ein so starker Strom an Gefühlen und Gedanken, dass es ihnen schwer fiel, unterschiedliche Wege zu gehen. „Es wird Zeit“, wiederholte der ältere Drachenreiter und ärgerte sich über die Angewohnheit des anderen Drachenreiters. Wenn sie alleine waren, konnte er diesen endlich ausfragen – nur darum ging es hier! Vlaindar seufzte. Palinor hatte seit der Ankunft in Saitan verzweifelt versucht, etwas aus ihm herauszubekommen. Das konnte nur bedeuten, dass man ihn sehr leicht durchschaut hatte, was wiederum nicht gut war! Sie hatten sich zunächst angemeldet, um ihre Rückkehr offiziell zu machen und dann getrennt. Palinor musste glücklicherweise zu seiner Frau und seinen Kindern, die ihren Familienvater vermisst hatten und Vlaindar unbewusst erretteten. Der hatte sich mit der Ausrede der Privatsphärenstörung aus dem Staub gemacht und war zu Hairima in die Ställe geschlüpft. Wenn er eins hasste, dann war es die Tatsache, dass manche Drachenreiter zu faul waren, ihre eigenen Drachen abzusatteln, zu füttern und zu pflegen. Er für seinen Teil machte das noch selbst und stellte damit in den höheren Kreisen eine absolute Ausnahme dar. Nachdem die Drachendame versorgt war, brachte Vlaindar seine Reisetaschen zurück in seine Unterkunft. Auf dem Weg dorthin traf er einige Kollegen und musste sich zwangsweise, obwohl er alles andere als Lust dazu hatte, mit ihnen über die gewonnene Schlacht unterhalten. Mit viel Geduld und Höflichkeit wehrte er entschieden ab und entschlüpfte ihren Fängen. Als endlich hinter ihm die Tür zuschlug, entfuhr ihm ein Seufzen. Endlich war er frei von all den höfischen Tiraden. Diese ganze Schauspielerei der Höhergestellten in der Gesellschaft machte ihn krank: Nach außen hin waren die Adeligen nichts als Freundlichkeit, aber sie beherrschten das Talent zur Zweideutigkeit und meinten in Wirklichkeit oftmals etwas ganz Anderes, als es zunächst den Anschein hatte. Vlaindar hatte überhaupt keine Lust sich mit dieser Kunst zu befassen und suchte meist schnell das Weite, wenn irgendein aufgeblasener, gelangweilter Adeliger seiner Wege kam. Vlaindar schmiss die Reisetaschen vor sich auf den dunkelbraunen Holzboden, der schon ein wenig zugestaubt war. Es war lange her, seit er hier zuletzt gewesen war. Obwohl das seine Wohnung war, hatten die Schlacht und mehrere Aufträge ihn einige Monate von hier fortgeholt, sodass er keine Zeit gefunden hatte, um sauber zu machen. Wenn er eins verabscheute, dann waren das Unordnung und Dreck. Er löste seine Stiefelschnallen und zog sie aus. Bevor er überhaupt aus dem Eingangsbereich heraustrat, zog er sich komplett aus – er wollte den Schmutz nicht auch noch unwissend durch die gesamte Wohnung schleppen, obwohl die ja eigentlich nicht sehr groß war. Vlaindar nahm den Wäschehaufen und ging damit ins Badezimmer, das zu seiner Rechten lag. Das Zimmer war gedrittelt worden: Auf dem Drittel links von ihm, befand sich die Toilette, durch eine Wand abgetrennt. Er stand im Moment direkt vor dem kleinen Waschbecken, neben dem ein Miniaturschrank angebracht war. Im rechten Drittel befand sich in ein kleines Podest eingelassen ein kleines, rechteckiges Becken, in das man mit einer Pumpe Wasser einlassen konnte: Eine Badewanne, in der man höchstens hocken oder knien konnte. Vlaindar ließ die Wäsche auf den Boden fallen und betätigte die Pumpe – bis der erste Schwall Wasser herausschoss, musste man eine Weile warten. So dauerte es gefühlt eine halbe Ewigkeit, bis genug Wasser für ein Fußbad im Becken war, aber das reichte ihm bereits aus. Mit einem Wärmezauber, der ihn noch einmal zusätzlich erschöpfte, erhitzte er das Wasser von eiskalt auf lauwarm und stieg dann in das Becken. Mit einem Stück Seife und einer Schüssel zum Schöpfen wusch er sich, bevor er die Wäsche in das zugegeben ziemlich dreckige Wasser warf. Der ganze Schmutz von der Reise und der Kleidung trat hervor und färbte das Wasser bräunlich. Vlaindar nahm wieder die Seife zur Hand und löste einige Stückchen davon auf, damit die Kleidung einweichen konnte. Er würde später am Tag noch zu den Wäschereien gehen und seine Dreckwäsche richtig waschen, nicht nur so provisorisch. Aber sollte etwas dazwischen kommen, wollte er wenigstens halb sauber erscheinen. Mühsam richtete er sich auf und erblickte sein Gesicht in dem kaum handgroßen Spiegel über dem Waschbecken. Sein Bart war gewachsen und die Stoppeln, braun wie sein Haar, ließen ihn um zehn Jahre älter wirken. Er strich sich über die Haut und runzelte die Stirn: Bärte sahen bei allen Männern, die er kannte, immer ungepflegt aus, also mussten die überschüssigen Haare noch heute weichen, das war klar. Die Augenringe unter seinen Augen erinnerten ihn an die vorige Nacht, in der er alles andere als geschlafen hatte. Was diese unwiderstehliche Frau wohl gerade tat? Vielleicht kochte sie gerade einem anderen Mann das Essen? Mit einem Kopfschütteln brachte er sich von diesen Gedanken ab, er hatte nicht vor, sich über irgendetwas den Kopf zu zerbrechen, wenn er es nicht ändern konnte. Fakt war, er musste noch ein äußerst unangenehmes Gespräch mit dem König führen und er wusste nicht, ob er das heil überstehen würde. Der Mann würde außer sich sein, das war ihm klar. Vlaindar seufzte und machte sich daran, sein Aussehen aufzupolieren. Wenn er am Hof erscheinen musste und in sein Verderben rannte, konnte er auch gleich wie ein echter Held sterben: Mit glänzender Rüstung oder in seinem Fall feinen Kleidern. Dorothea seufzte. Nachdem sie sich von den Wirtstöchtern verabschiedet und den Heimweg angetreten hatte, fühlte sie sich mehr und mehr unwohl. Wenn ihr auch nur ein kleines bisschen von dieser Erinnerung entwischte, würde ihr Vater sie lynchen. Der Mann war nicht gerade für seine Gnade bekannt – seine Wutanfälle waren in der Gegend um Sendenstar berühmter als König Ressotas. Doch jetzt mit diesem Dorf vor sich, in dem sie ihr ganzes Leben verbracht hatte, hatte sie ziemlich große Lust, umzukehren und nicht wiederzukommen. Der Mann wäre eh wütend, weil sie seit Tagen nicht zu Hause gewesen war. Verdächtigte er sie vielleicht immer noch der Lustdamerei? Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie sich an letzten Monat erinnerte. Nachdem sie von ihrer geheimen Arbeit in Fandenstar nach Sendenstar zurückgekehrt war – sie hatte dort zwei Tage verbracht –, hatte ihr Vater sie bezichtigt, dem Lustgewerbe anzugehören und sie auf Wasser und Brot gesetzt. Schlimmer noch, sie hatte in der löchrigen Scheune bei den Schweinen schlafen müssen, neben dem Gährungsraum für das Bier und es hatte fürchterlich gestunken. Die Ohrfeigen, die sie sich eingefangen hatte, obwohl sie verzweifelt versucht hatte, die Bezichtigungen abzustreiten, waren nichts gegen diese Dinge gewesen. Doch übertrumpft war all das nur durch eine Sache: Der Hohn ihrer Geschwister war ihr nicht gerecht vorgekommen und sie hatte wochenlang in den Nächten bitterlich geweint. Letztendlich arbeitete sie ja nur als Kellnerin im angrenzenden Dorf, um ihre Familie zu unterstützen! Aber ihr Vater würde so eine Begründung niemals annehmen, es würde seinen Stolz verletzen. Dennoch hatten alle Familienmitglieder festgestellt, dass zu wenig Geld vorhanden war und dadurch sah sich Dorothea genötigt, einzugreifen. Das Geld, das sie verdiente, wanderte zu drei Vierteln in die Familienkasse und ein Viertel sparte sie sich auf. Wofür wusste sie nicht, aber wenn sie genug hatte, würde ihr schon noch etwas einfallen. Die kleine lederne Geldbörse hatte sie unter einer Holzdiele in ihrem Zimmer versteckt, die schon seit sie denken konnte locker war. Inzwischen befand sich dort bereits eine beträchtliche Summe, denn obwohl Dorothea erst siebzehn war, ging sie seit zwei Jahren diesem Beruf nach. Von den anderen drei Vierteln wurde unbemerkt von ihrem Vater die Ausbildung ihrer jüngeren Schwestern bezahlt: Chana hatte die Möglichkeit, in ein Kloster zu gehen, Vila und Mora-Haina konnten die Dorfschule besuchen. Seufzend durchschritt Dorothea das Dorftor und fand sich im ruhigeren Teil des Dorfes wieder. Vor ihr standen die Hütten des Jägers und Holzfällers und neben sich hörte sie das altbekannte Summen des Barbiers und das Knarzen des Schaukelstuhls der verrückten Geschichtenerzählerin, vor der man kleine Kinder warnte. Hinter ihrem Haus befand sich fast direkt der Friedhof, vielleicht lag es auch daran. Dorothea wandte sich nach links und ging am Dorfbrunnen vorbei, von dem die Kinder immer das Wasser für ihre Eltern holten. Beinahe sofort stand sie im Angesicht des Wirtshauses – ein großes dunkles, uneinladend wirkendes Gebäude aus Holz mit einem riesigen Stall für Pferde und anderes Vieh, das man zeitweise dort im Winter unterbrachte. Auf der anderen Seite schlossen sich die Bierbrauerei ihres Vaters an und ein Lager für die fertige Ware. Die Gährware wurde im Stall aufgetürmt, weil es dort eh so stank, sodass der Geruch nicht so auffiel. Sie wusste instinktiv, dass ihr Vater, Porain, in der Bierbrauerei über irgendeinem heißen Kessel stand und darin rührte. Neben ihm würden ihre zwei ältesten Brüder stehen: Sonian und Parrar, beides Männer mit Kindern und molligen Ehefrauen. Sie selbst waren eher wuchtige Gestalten mit schrecklichen Angewohnheiten. Ihre Mutter, Matia, würde mit Sammi, Sonians Frau, und Mi, Parrars Frau, in der Küche stehen und den abendlichen Gästeansturm vorbereiten. Tonar, ihr drittältester Bruder, und seine Frau Ena waren sicherlich schon mit den Ställen und den kleinen Feldern draußen beschäftigt und ließen sich von ihren vier Kindern dabei helfen. Großmutter Sofia würde sich um die anderen Fünf kümmern, ihnen bestimmte Dinge beibringen oder ihnen Geschichten erzählen. Ihre jüngeren Schwestern wären – nach dem Stand der Sonne berechnet – noch in der Dorfschule und Chana hielt sich sowieso seit einigen Jahren nicht mehr im Dorf auf. Der einzig Unbeschäftigte, wie immer, wäre Isim, der Viertälteste. Der junge Mann hatte eine unansteckende Krankheit, die mit einigen wenigen Kräutern geheilt werden konnte, aber ihr Vater hielt es für eine Schande, einen kranken Sohn zu haben und versteckte ihn daher im hintersten Teil seines Hauses, ohne einen Arzt zu rufen. Man behandelte ihn wie einen Aussätzigen. Isim, Sofia, Mi und Chana waren die einzigen Mitglieder dieser Familie, die Dorothea mochten und ihr halfen. Aber ohne Chana, mit der sich Dorothea ein Zimmer teilte und Isim, der nie sein Zimmer verließ, war der Tag eintönig und eine Verschwendung: Ihr Vater würde sie den ganzen Tag über hämisch betrachten und seine Familie sich mit kalter Schulter abwenden, wenn sie vorbei kam. Der Spott der Kinder war die reinste Qual. Mi wollte sich nach außen hin nicht auf ihre Seite stellen und traf sich nur heimlich mit ihr, nur Großmutter Sofia war einigermaßen freundlich zu ihr. Sie war streng, aber akzeptierte Dorotheas Ansichten, wenn sie auch nicht der gleichen Meinung war. Dorothea öffnete die Haustür und hörte das vertraute Klappern des Geschirrs. Doch etwas war anders. Kein fröhliches Gespräch lag in der Luft und lockerte die gedrückte Atmosphäre des auch von innen düster verkleideten Gasthauses. Ihre Ankunft war sicherlich schon berichtet worden, man sah Reisende schließlich schon von weitem aus dem Dorf. Langsam trat sie in den Schankraum und entdeckte den Großteil ihrer Familie dort versammelt beieinandersitzen. Die Gesichter hoben sich alle gleichzeitig, böse Blicke hefteten sich wie Stecknadeln auf sie und sie schluckte unwillkürlich. Waren vielleicht Gerüchte gestreut worden? Oder war sie wieder zur Lustdame verdammt worden? „Vier Tage“, fing Porain an und zählte somit die Anzahl der Tage auf, die sie fortgewesen war. Dorothea schluckte eine freche Antwort herunter, sie konnte es sich nicht leisten, ihn noch wütender zu machen. Nicht, dass er durch ihr Schweigen nicht ebenfalls aufbrausen konnte. „Durchsucht ihre Taschen“, befahl ihr Vater seinen Söhnen und Sonian und Parrar gehorchten – sie fanden natürlich die Geldbörse mit dem verdienten Geld und Dorothea wusste, was nun kam. Nachdem ihr Vater das Geld gezählt hatte, sagte er ruhig: „Vier große Silbermünzen, vierhundert Enai! Wie viele Männer musstest du dafür ins Bett nehmen?“ „Keinen einzigen“, erwiderte sie wahrheitsgemäß. Tatsache war, mit dem Drachenreiter hatte sie freiwillig geschlafen. In Anbetracht der Tatsachen jedoch hätte sie vielleicht doch Geld verlangen sollen. „Lüg mich nicht an!“, schrie Porain und verpasste ihr eine Ohrfeige, die sie zu Boden warf. Das war jedoch nicht schwer, im Vergleich zu ihm war sie ja kleiner und dünner – viel, viel dünner. Es schmerzte so sehr, dass ihr Tränen in die Augen schossen. „Heul nicht! Du wagst es, meinen Namen in den Schmutz zu ziehen und flennst dich dann hier durch?!“, brüllte er und hob seinen Gehstock wütend schwingend in die Luft. Ohrfeige hin oder her, Prügel mit dem Gehstock würden schmerzen wie die Hölle. Dorothea antwortete nicht und rollte sich zu einem Ball zusammen. Es wäre besser gewesen, wenn sie einfach umgekehrt, vielleicht sogar dem Drachenreiter gefolgt wäre. Vlaindar zuckte nicht einmal mit der Wimper, so ruhig stand er da. Mit beiden Füßen fest auf dem Boden, seiner geraden Haltung und den hinter seinem Rücken verschränkten Armen wirkte er fast wie eine Statue, die sich nicht an dem Geschehen um sich herum störte. In Wirklichkeit störte er sich aber doch daran, er zeigte es bloß nicht. „DU NICHTSNUTZIGER, DRECKIGER, KLEINER BASTARD!“, kreischte der König von Saitan-Heten zum unendlichsten Mal. Mit puterrot angelaufenem Gesicht stand der kleine Mann im großen Empfangsraum seiner Privatgemächer und wedelte aufgebracht mit den Armen. Ihm waren seit zwei Stunden die Schimpfwörter ausgegangen. Doch die Wenigen, die er kannte, warf er Vlaindar nur umso häufiger an den Kopf. Äußerlich mochten sie an diesem abprallen, innerlich zuckte er jedes Mal zusammen. „Verzeiht –“, setzte er in einer erneuten Entschuldigung an, aber das „königliche Gewitter“, wie man Ressota auch nannte, ließ ihn nicht fortfahren. „Ja, bla bla bla! Hör‘ mir bloß auf mit deinen Entschuldigungen. Du meinst es sowieso nicht ernst! VON WEGEN MEIN LOYALSTER VASALL! DA ERFAHRE ICH, DASS DIESER LOYALE STRAßENKÖTER MEINE BEFEHLE MISSACHTET!“ „Neyantear“, begann Vlaindar wieder und seufzte, als König Ressota ihn erneut unterbrach: „STILL! NIEMAND, UND ICH SAGE NIEMAND, HAT DIR ERLAUBT, DEINEN SCHWUR ZU BRECHEN!“ „Natürlich, Neyantear“, antwortete Vlaindar ergeben und fing sich dafür einen Faustschlag ein, der ihn zu Boden warf. Der König war für seine Wutanfälle berühmt, doch seine schnelle Rechte war berüchtigt. Der Schmerz vernebelte Vlaindars Gedanken für kurze Zeit, bevor er sich aufsetzten konnte und wieder erhob. „SAG MIR AUF DER STELLE, WER DIESE VERFLUCHTE HURE IST!“, brüllte der König und Speichel flog durch die Luft, während das gesamte Blut seines Körpers in seinen Kopf schoss. Vlaindar hätte unter solchen Umständen sofort ein Bild von Dorothea in seinem Geist heraufbeschworen, allein bei der Erwähnung eines solchen Hinweises auf sie, doch Hairimas Drachenzauber blockierte sämtliche seiner gesammelten Informationen: Er wusste natürlich, dass es eine Frau gegeben hatte, mit der er den Zölibat gebrochen hatte, doch wer und wo sie war, konnte er nicht sagen. Tatsächlich konnte er sich nicht einmal mehr an ihr Aussehen erinnern – seine Drachendame hatte wirklich gute Arbeit geleistet. „Neyantear“, versuchte Vlaindar noch einmal, den König von seiner Wut abzulenken, doch der Mann kannte ihn zu gut. König Ressota hatte den Drachenreitergeneral schon immer durchschaut: Als der Junge als Magiesklave das erste Mal vor die Menge geführt worden war und seine Augen voller Hass gewesen waren, als er sich geweigert hatte zu essen, weil man ihn für den Thron erwärmen wollte, als er sich geweigert hatte, sich vor dem König zu verneigen, weil er diesem sein Elend zuschrieb. Tatsächlich wussten nur wenige, warum Vlaindar war, wie er war oder warum er getan hatte, was er für richtig hielt. „Was?“, fauchte der König und sah Vlaindar aus zusammengekniffenen Augen an. Der senkte den Kopf und versuchte, sich zu beruhigen. Die Schimpfworte hatten ihn fast an die Grenzen seiner Selbstkontrolle gebracht, doch er schluckte all seine anklagenden Antworten herunter und schwieg beharrlich. Er würde sie nicht verraten. „Ach so, wir schweigen also. Fein“, meinte Ressota schnippisch und machte eine wegwerfende Handbewegung, bevor er sich mit dramatisch klackernden Schuhabsätzen und wehendem Rock auf einen der teuren Stühle seines Empfangsraums setzte. Mit einem Halblächeln, das nichts Gutes verhieß – das hatte es noch nie –, faltete er seine Hände in gespielter Gleichgültigkeit zusammen, bevor er aus dem großen Fenster ihm gegenüber schaute, direkt an Vlaindar vorbei, als gäbe es diesen gar nicht. „Erinnerst du dich zufällig an König Beren?“, fragte der Mann nach einer gefühlten Ewigkeit und Vlaindar zuckte unwillkürlich bei der Nennung dieses Namens zusammen. „Natürlich, Neyantear.“ „Frische doch einmal mein Gedächtnis auf, das kannst du doch, oder?“ Vlaindar sog die Luft um sich her ein, als würde er ersticken. Tatsächlich kribbelte sein Nacken furchtbar und schickte ständig kalte Schauer über seinen Rücken. Die Atmosphäre hatte sich aufgeladen – man konnte die Spannung beinahe greifen. Verzweifelt versuchte der junge Mann seine Nervosität zu unterbinden, doch schon bald trat er von einem Fuß auf den anderen und rang mit seinen Fingern. Sein Blick huschte die pompösen Brokatvorhänge hinauf und suchte hinter sich einen Fluchtweg. „Nun?“, fragte Ressota und sein Lächeln war inzwischen ziemlich breit – natürlich wusste der König, was Vlaindar von König Beren wusste. Jeder kannte diesen Vorfahren, er war schließlich nicht umsonst berühmt für seine Foltermethoden gewesen. „König Beren ist Euer Vorfahr und ein sehr bekannter Mann“, stammelte Vlaindar zu seinem eigenen Entsetzen. Er wusste genau, was jetzt kam. „Und warum war er so bekannt?“ „Er galt als sehr mächtig, Neyantear. Seine Landsleute haben ihn … sehr … respektiert“, fuhr er fort und musste sich dazu überwinden, danach wieder einzuatmen. Seine Kehle war wie zugeschnürt und er hatte das schlimme Gefühl, zu ersticken. Kurz und flach atmete er, nein, schnappte er förmlich leise nach Luft. Ressota wusste, was Vlaindar für eine Panik vor ihm hatte, wenn er das „König-Beren“-Ass aus dem Ärmel zog. „Respektiert? Das ist auch eine Art, darzustellen, dass sie sich vor ihm vor Angst in die Hosen machten und jegliche Konfrontation mit ihm mieden!“, lachte der König, doch sein breites Grinsen erreichte nicht seine Augen. Sie blieben kalt, beinahe leblos. Anklagend und scharf starrten sie Vlaindar an und suchten nach den ersten Anzeichen eines Nachgebens. Doch dieses Mal wollte er nicht aufgeben. „Ja, Neyantear“, sagte er lediglich und versuchte mit einem tiefen Atemzug wieder zur Ruhe zu kommen, doch sein Herz schlug ihm aus dem Halse heraus und er fühlte wie nass seine Hände waren. Angstschweiß, aber natürlich! Er verriet sich zu schnell. „Und warum?“, fragte der König weiter und genoss Vlaindars Gesichtsausdruck. Er war wie ein zweischneidiges Schwert: Wenn er fluchte und tobte, war er noch relativ harmlos, wenn er sein Halblächeln aufsetzte, war sein Gegenüber normalerweise innerhalb von zwei Wochen tot. Entweder politisch oder gesellschaftlich gesehen, es gab aber auch einige Leute, die er schon hingerichtet hatte. „Er machte seinem Spitznamen alle Ehre“, würgte der Drachenreitergeneral hervor und versuchte, seine zitternden Gliedmaßen still zu halten. „Welchem?“ „‘Der Folterknecht‘, Neyantear“, quiekte Vlaindar und räusperte sich, von seiner Angst entsetzt. „Hast du Angst, Vlaindar?“, spöttelte der Mann und beobachtete seinen Vasallen mit einer gewaltigen Genugtuung. „Neyantear“, setzte Vlaindar an und verstummte ob des Blicks, den sein Lehnsherr ihm zuwarf. Der lächelte sogleich wieder und fuhr fort: „Ich kenne die Methoden dieses Mannes gut. Jeder König studiert sie, um sich seiner Macht klar zu werden.“ „Neyantear“, meinte Vlaindar unterwürfig und schwieg dann. „Also, sagst du mir endlich, wer diese Hure ist? Wo sie womöglich auch noch ist?“, fragte König Ressota und blinzelte spottend mit seinen Wimpern, so als würde er eine dieser aufdringlichen Konkubinen nachahmen. Als der Drachenreiter nicht sofort antwortete, runzelte der Mann die Augenbrauen und seufzte, bevor er aufstand und hinzufügte: „Du hast die Wahl: Eine Folterstrafe, jede Menge Schmerzen und dann verrätst du mir, wer sie ist oder du erzählst mir auf der Stelle, was ich wissen will. So einfach ist es. Danach werde ich dich in Ruhe lassen und das Thema ist vom Tisch. Ganz einfach, siehst du?“ „Neyantear, aber mein Gewissen lässt Letzteres nicht zu. Ich komme vielleicht davon, aber was geschieht mit ihr?“, erwiderte Vlaindar verzweifelt ob seines aufbegehrenden Herzens. „Gewissen ist nur was für Frauen, du bist ein Prinz. Lass dich nicht auf diese Ebene hinab“, rügte ihn der Mann und durchbohrte ihn mit einem scharfen Blick. Vlaindar seufzte und antwortete: „Was werdet Ihr mit ihr tun?“ „Nichts, was ihrer nicht würdig ist“, wich der König aus, doch sein Blick verriet zu viel von dem, was er sich für sie ausgedacht hatte. Der junge Mann schluckte seine widersprüchlichen Gedanken hinunter und spannte seine Muskeln an, als Ressota weitersprach: „Strafe oder Freiheit, Schmerz oder Wohlbefinden, Rebellion oder Loyalität. Entscheide dich jetzt.“ Vlaindar atmete tief ein und ließ sich dieses Gespräch noch einmal durch den Kopf gehen. Die junge Frau konnte nur verlieren, wenn er sie jetzt verriet. Die Liebe zu ihr erfüllte sein Herz und verdrängte so einfach die Angst, wie nichts Anderes das gekonnt hätte. Er schlug die Augen nieder und kniete sich unterwürfig hin. Im letzten Anflug von Mut entschied er sich. „Verzeiht mein Versagen als Euer Vasall, Neyantear.“ „Dummer Junge.“ Dorothea hatte die Nase gestrichen voll. Ihre Großmutter hatte sich vor dem Karmin im Salon der Familie zurückgezogen und nähte dort, während sie den kleinen Kindern Geschichten erzählte. Mi hatte sie noch nicht einmal angesehen! Ohne Chana hatte sie niemanden zum Reden, selbst Dorotheas Mutter Matia hatte sie nicht sehen wollen. Nun gut, die Frau war immer kaltherzig gegenüber ihrer Tochter gewesen, aber dass jetzt niemand mehr auf ihrer Seite war, fand Dorothea ungerecht. Als Ball zusammengerollt lag sie auf ihrer Strohpritsche und blinzelte sich Tränen aus den Augen. Dumm nur, dass diese nicht so einfach verschwinden wollten. „Das ist alles deine schuld!“, klagte sie Gedanken den Drachenreiter an und schluchzte wütend, weil sie wusste, dass keiner in diesem Haushalt von einer Liebelei zwischen ihr und einem Drachenreiter gehört hatte. Es war kindisch, ihn jetzt zu verfluchen, doch sie brauchte irgendeinen, dem sie gehörig die Meinung sagen konnte. „Alles deine schuld! Sieh mich doch jetzt einmal an, von wegen ich sei schön. Dein nächtliches Geflüster hat mir nur Blutergüsse eingebracht!“, weinte sie in das Stroh hinein, das unangenehm in ihren Körper stach. Allein daran sah sie schon die ungerechte Behandlung, die ihr in dieser Familie zuteilwurde. Sie hatte kein richtiges Bett, sondern alte Holzbretter mit Stroh abgedeckt und einer kratzenden, stinkenden, alten Wolldecke bekommen. Eine brüchige Holztruhe beherbergte all ihre Habseligkeiten: Die paar Kleider, die sie besaß, eine alte Stoffpuppe, ein Kräuterbuch von ihrer Tante Pilea, in dem in Bildsprache erklärt wurde, wozu diese gut sind, Reisekleidung mit einem Beutel und seit neuestem auch die Brosche des Drachenreiters, die sie vor ihrem Vater versteckt hatte. So konnte sie nicht zum Feinschmied gehen und ihn fragen, er würde alles sofort ihrem Vater melden und sie noch mehr in Schwierigkeiten bringen. „Ich werde zu diesem Mann gehen und ihm in den Hintern treten, das schwöre ich bei meinem Namen!“, knurrte sie zwischen zwei Schluchzern und wischte entschlossen die Tränenspuren von ihrem Gesicht. Ja, das war die richtige Entscheidung. Sofort fühlte sie sich besser und bereute den Gedanken sogar ein bisschen, unterdrückte das Gefühl aber sofort und stand auf. Zum ersten Mal sah sie ihre Welt wirklich: Eine alte Truhe, eine alte Pritsche, eine kleine Lampe. Das war das Zimmer, in dem sie immer geschlafen hatte, wenn Chana zuhause gewesen war, da die zukünftige Tempeltochter sich ja noch in den letzten Annehmlichkeiten suhlen sollte, die man ihr geben konnte. Dieses Mal war Dorothea hier aber zur Strafe gelandet: Zwei Wochen bei Wasser und Brot einmal täglich, sie durfte nicht einmal heraus. Wenn, dann nur um im Haushalt zu helfen. „Verkauft mich nicht für blöd“, spottete sie und zog aus ihrem Pferdeschwanz eine kleine Haarnadel hervor. Damit würde sie schon sehr bald entkommen können. Zunächst wandte sie sich aber der Truhe zu und holte den Beutel hervor, den sie sich selbst gemacht hatte, als sie ein paar Jahre jünger und naiver gewesen war. Damals war ihr diese schlechte Behandlung nicht aufgefallen, doch dafür plagte sie diese Realität nun doppelt und dreifach. In den Beutel wanderten nur das kleine Buch ihrer Tante und die Brosche. Dann zog sie sich aus und nahm die Reisekleidung hervor, die sie ebenfalls von Pilea bekommen hatte. Die Frau hatte sich immer liebevoll um Dorothea gekümmert und vernachlässigte alles andere. Genauso hatte sich das junge Mädchen immer eine Mutter vorgestellt. Aus der Kleidung fielen Bandagen hervor und sie lächelte. Früher hatte sie sich diese immer umgewickelt, um ihre Fraulichkeit zu verstecken: Damit hatte sie die Brüste abgebunden, die sich oftmals als sehr unvorteilhaft herausgestellt hatten. Wenn man ein Mann war, lebte man nun einmal einfach besser! Das hatte ihre Tante mehrfach betont, weshalb auch die Reisekleidung einen männlichen Schnitt hatte. Frauen reisten nun einmal nicht! Auch jetzt nahm sie das weiße Tuch und wickelte es sich um – nicht zu eng, da das schlecht für ihren Körper wäre, doch fest genug, um sie mit dicken Kleidern ganz zu verstecken. Dann zog sie die Unterhose an, die knielang und braun war. Darüber legte sich der Stoff des Unterhemds, das ihr ebenfalls bis kurz oberhalb der Knie reichte. Beides war aus dicken braunen Leinen gemacht. Der Kittel, den sie sich danach überwarf, ging ihr nur bis zum Oberschenkel, doch auch er war braun. Mit einem dazugehörigen Seil band sie sich alles eng um die Hüfte, erst dann zog sie sich die Kniesocken an und stülpte die Hose darüber. Die Stiefel folgten und dann die Weste und der Überwurf: Ein Umhang von Taillenlänge. Zuletzt setzte sie die dicke Mütze auf, die sogar mit Schafsfell gefüttert worden war. Mit leisen Schritten schlich sie zur Tür und steckte die Haarnadel in das Schloss. Nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit darin herumgebohrt hatte, sprang die Tür auf und sie atmete erleichtert auf. Vorsichtig lugte sie durch einen Spalt, bevor sie in den Flur schritt, die Tür schloss und sich auf den Weg in das Zimmer von Isim machte. Sie klopfte nicht an, sondern betrat den Raum einfach. Ihr älterer Bruder schien nicht überrascht, sie spätabends bei sich auflaufen zu sehen. Sein Gesicht erhellte sich und verdüsterte sich, als er sah, was sie anhatte. Seine braunen Augen und wuscheligen braunen Haare, die aussahen wie ein Vogelnest, erinnerten sie an ihre Mutter Matia. Sein kindliches Gesicht war aber keinem der beiden Elternteile zuzuordnen – ihre Züge waren immer sehr hart gewesen. „Doro“, setzte ihr Bruder an und sie drückte ihm sofort den Zeigefinger auf die Lippen. „Isim, verzeih mir. Ich hatte gesagt, dieses Mal bleibe ich länger, aber ich gehe.“ „Weil du es nicht mehr ertragen kannst“, schlussfolgerte er und sie nickte. „Teils. Nur du sollst wissen, was in Wirklichkeit geschehen ist.“ Und so erzählte sie ihm von ihrer Bekanntschaft mit dem Drachenreiter und den Wunsch in wiederzusehen. Wenn auch nur, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen, die sich gewaschen hatte. „Verstehe. Es war also doch etwas mehr dabei“, antwortete Isim ruhig. Ihn schien es nicht zu stören, er war aber auch nicht davon begeistert, was ihr widerfahren war. „Verzeih, dass ich dir das erst so spät sage. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.“ „Geh zu ihm und zeig unserer Familie, was du wert bist!“, ermunterte er sie und lächelte das schwächliche Lächeln, das ihr zeigte, wie schlecht es ihm wirklich ging. Er war seit Wochen nicht mehr aufgestanden und auch jetzt saß er im Bett, auf seinem Schoß das Buch, das er gelesen hatte, als sie eingetreten war. „Was wird aus dir?“, fragte sie verzweifelt und streichelte seine Wange. „Mach dir keine Sorgen um mich. Ich habe die letzten fünfzehn Jahre mit dieser Krankheit und den Blicken meiner Familie gelebt und werde es auch so schnell nicht aufgeben“, versicherte er ihr und lächelte wieder. Sein Lächeln zeigte er nur sehr selten und deswegen war Dorothea glücklich, eine der Einzigen sein zu dürfen, die einen Blick darauf werfen durfte. „Wirklich?“ „Willst du nun gehen oder nicht?!“, lachte er leise und stieß sie vom Bett, um ihr zu zeigen, dass sie ruhig gehen sollte. „Ich würde gehen, aber wenn du mich aufhältst, bleibe ich.“ „Mach nicht immer deine Entscheidungen zu meinen!“, rügte er sie und nahm ihre Hand in seine, bevor er fortfuhr: „Das ist erst das zweite Mal, dass du etwas für dich entscheidest, obwohl du einen so starken Charakter hast.“ „Ich bin nicht stark. Ich weine nur nicht in aller Öffentlichkeit“, widersprach sie. „Und macht dich das nicht stark? Zeige deine Tränen nur demjenigen, dem du deine Schwächen anvertrauen möchtest. Nicht einmal vor mir weinst du, also solltest du dir ja den Richtigen suchen. Vielleicht ist es ja dein Drachenreiter?“, meinte er und lächelte sie keck an, woraufhin auch sie ein schiefes Grinsen zustande brachte. „Sind Tränen eine Schwäche?“ „Nein, aber sie sind Ausdrücke von Gefühlen. Nicht jeder in dieser Welt nimmt Gefühle an, also sei vorsichtig auf deiner Reise. Dein Weg wird steinig sein, ob aus natürlichen oder künstlichen Gründen.“ „Du meinst, mir wird jemand Steine in den Weg legen?“, fragte sie entsetzt und dachte nach. „Vielleicht, aber so wie ich dich kenne, klappt das schon irgendwie. Zeige aber nur den richtigen Leuten deine Gedankenwelt oder deine Gefühle. Es ist gefährlich und leichtsinnig, dies zu tun, wie schon gesagt. Einige könnten sie sogar gegen dich verwenden!“ „Ich weiß, aber ich bin stark – in gewisser Weise, nicht wahr? Mir wird schon was einfallen und wenn nicht, dann weine ich das Stroh voll.“ „Pass auf, dass es nicht zu feucht wird, sonst schimmelt es“, lachte er und Dorothea fiel in das leise Kichern ihres Bruders ein. „Ich werde gehen, ich danke dir, Isim.“ „Weißt du überhaupt, wohin?“, war seine einzige Antwort und Dorothea schaute ihn schuldbewusst an. Darüber hatte sie sich noch keine Gedanken gemacht. Plötzlich kam ihr eine Idee und sie zog die Brosche hervor. „Ich werde einfach danach fragen, irgendjemand wird schon wissen, woher sie kommt.“ „Zeig mal!“, forderte Isim sie auf und schaute sich die Brosche genauer an. „Was ist damit?“, wollte sie wissen und starrte ihren Bruder an, der mit einem leichten Lächeln erwiderte: „Du bist schon an den Richtigen geraten. Also, meine liebe Schwester, ich kann dir ein bisschen über den Besitzer dieser Brosche erzählen!“ „Was?! Echt?!“, rief sie und schlug sich die Hände auf den Mund, bevor sie Isim beinahe flehend anschaute. Ihr Bruder lächelte und sagte: „Ja, ich habe einiges über Drachenreiter gelesen, Dank der verrückten Geschichtenerzählerin, die mir immer ihre Bücher leiht.“ „Da stand was Wichtiges drin?“, bezweifelte Dorothea und dachte an die zahnlose Oma, vor der man kleine Kinder warnte, weil sie einen gruseligen Einfluss auf Leute ausüben konnte. „Ja, man glaubt es kaum. Also, diese Brosche hat einen Wirbel in der Mitte – siehst du ihn?“ „Ja!“, ereiferte sich das junge Mädchen. „Das ist das Zeichen für –“ „Die vier Lebenszeitalter, richtig?“, unterbrach sie ihren Bruder. „Genau. Es steht als Symbol für irgendetwas.“ „Was?!“, rief Dorothea aus und rutschte unruhig umher. „Ich weiß nur nicht was. Siehst du das Gold hier? Das ist das Zeichen für einen General. Nur Drachenreitergeneräle haben Gold in ihrer Brosche“, führte er seine Untersuchung fort. „Der Drachenreitergeneral einer Garde?! Oh, Ismira! Es ist unglaublich“, schüttelte Dorothea den Kopf im Angesicht der Realität. „Damit haben wir deine Suche auf acht Städte begrenzt …“ „Wieso?“ „Die Garden existieren nur in acht Städte, das heißt es gibt auch nur acht dieser Gardenart“, meinte Isim und überlegte weiter. Dorothea rutschte nervös auf der Bettkante herum und jammerte dann: „Und welche Städte sind es?!“ „Warte, lass mich überlegen.“ Es brauchte eine halbe Ewigkeit, bis Isim schließlich antwortete: „Hm, ich erinnere mich an Mornien und Ivenstar. Natürlich! Saitan als Hauptstadt von Saitan-Heten auch. Oh! Das war auch gleich die vierte Stadt. Heten.“ „Also … Saitan, Heten, Mornien und Ivenstar?“ „Ja, sie liegen ein bisschen weit auseinander. Ich erinnere mich aber nicht an mehr. Vielleicht solltest du mit Saitan anfangen?“ „Mit der Hauptstadt?! Ich soll nach Saitan reisen?!“, entsetzte sie sich und dachte an die lange Reise, die sie dann vor sich hatte. Es war noch nicht einmal Frühling, sie würde erfrieren oder vielleicht sogar verhungern! „Natürlich! In Saitan treffen sich ständig alle Drachenreiter ein, dort wissen sie bestimmt mehr. Genaueres kann ich dir nämlich nicht sagen, vielleicht hat die Rauten-Form dieser Brosche etwas mit dem genauen Ort zu tun. Vielleicht markiert sie die Herkunft dieser Brosche, aber das ist alles nur Zeitschinderei meinerseits. Und was hat es mit diesem Wirbel zu tun? Frag einfach direkt in der Hauptstadt nach.“ „Als würde man da so einfach hineinkommen!“, widersprach Dorothea und zog die Augenbrauen herausfordernd hoch. „Gib nicht auf, bevor du überhaupt erst angefangen hast. Außerdem kommt man in die Hauptstadt selbst hinein, nur in den Bereich des königlichen Palasts, des Hohen Tempels und der Drachenreiterakademie nicht.“ „Aber da will ich doch hin!“ „Denkst du nicht, dass die Menschen im ersteren Bereich ebenfalls genug über Drachenreiter wissen, um dir sagen zu können, wo du hinmusst?“, fragte er und sah sie an. „Dann kann ich ja auch gleich in Tandandom nachfragen!“ „Könntest du. Das ist dir überlassen“, zuckte Isim gleichgültig mit den Schultern. „Nun gut. Hast du noch irgendwelche Ratschläge für mich?“ „Geh zur Geschichtenerzählerin. Die kann dir bestimmt mehr sagen.“ „Danke, Isim. Ich schwöre dir, ich werde wiederkommen und wenn es für deine Rettung ist!“ „Danke, ich verzichte. Ich lebe ganz gut abseits von der alltäglichen Sorge der armen Leute. Wenn ich fliehen wollte, wäre ich schon längst aus dem Fenster gesprungen, glaube mir.“ „Ich weiß“, sagte Dorothea, drückte ihrem Bruder einen Kuss auf die Wange und erhob sich. Mit einem letzten Lächeln verabschiedeten sie sich voneinander. „Pass auf dich auf, Schwesterchen. Wenn du wiederkommst, bist du aber bitte die Braut eines Drachenreiters!“, lachte Isim und scheuchte sie mit einer Handbewegung hinaus. So bestärkt ging Dorothea leise die Treppe hinunter. Ihre Familie war schon ins Bett gegangen und alles war dunkel und still. Sie schlich sich in die Vorratskammer, packte sich Brot, Käse und Trockenfleisch ein, bevor sie im Arbeitszimmer ihres Vaters nach einer Karte suchte. Sie fand das gute Stück schnell, rollte es zusammen und verstaute es neben dem Beutel für die Nahrungsmittel. Dann stibitzte sie sich einen der leeren Weinschläuche und füllte ihn mit Wasser. Auch der Schlauch verschwand im Reisebeutel. Als sie sich umdrehte, fiel ihr Blick auf den Schreibtisch ihres Vaters. Dort lag ihr Geldbeutel, gefüllt mit ihrem Verdienst. Aus der Familienkasse unter dem Tisch klaute sie mit sichtlich schlechtem Gewissen etwas mehr Geld und legte es dazu, bevor auch dieser Beutel eingesteckt wurde. Mit zögerlichen Schritten ging sie auf die Garderobe zu und zog sich ihren Umhang über. Würde sie diese Reise durchstehen? Sie war noch nie so lange gewandert. Vielleicht stellten sich die Blutergüsse als unerträgliches Hindernis heraus – selbst jetzt schmerzten sie und sie bewegte sich nicht einmal. Ein Kopfschütteln später hatte sie sich beruhigt und schritt entschlossen aus der Tür. Die nächtliche Luft war kalt, aber auch nicht mehr so beißend wie im Winter. Der Frühling kam also auch hier. Sie schlich durch das Dorf zur Geschichtenerzählerin und druckste vor deren Haustür herum. Was, wenn die Frau diese nächtliche Ruhestörung nicht akzeptierte? „Also bist du gekommen. Ich habe mich schon gefragt, wann es soweit ist. Du warst schon immer die Träumerin von fernen Abenteuern“, vernahm sie die schnarrende Stimme hinter sich und wandte sich um. Die gebeugte Frau, die hinter ihr stand, lächelte und sagte: „Wie die Mutter, wie die Mutter.“ „Bitte?“ „Tee?“, fragte die Geschichtenerzählerin und lächelte geheimnisvoll. „Danke nein. Ich habe nur eine Frage.“ „Viele Fragen bleiben immer ungelöst, aber die Jugend stellt sie trotzdem ständig.“ „Ja, genau“, erwiderte Dorothea verunsichert und trat von einem Fuß auf den anderen. „Sprich schon, Kind, oder du wirst nicht weit genug fort sein, um deinen Verfolgern zu entgehen.“ „Wisst Ihr über Drachenreiter Bescheid?“, haspelte sie hervor und schluckte lautstark. „Ja.“ „Kennt Ihr dieses hier?“, sie holte die Brosche hervor und hielt sie in das fahle Licht des Mondes. „Ein Gardeabzeichen“, stellte die Großmutter fest und schien nicht sehr beeindruckt. Sie zuckte sogar mit den Schultern. „Mein Bruder, Isim, meinte es sei die Brosche eines Gardegenerals.“ „Ah, tat er das?“, sagte die Frau und untersuchte die Brosche genauer, „ja, er hat Recht.“ „Wisst Ihr Genaueres?“, hakte Dorothea nach und schaute die alte Frau misstrauisch an, die jedoch nur lächelte und sagte: „Ja, aber der Wirbel da sagt mir nicht viel. Ich weiß auch nur das, was Isim dir erzählt hat. Die Rauten-Form ist aber der Hinweis darauf, wo diese Garde ihren Ursprung hat. Also, wo ihr Stützpunkt ist.“ „Ich danke Euch, Geschichtenerzählerin.“ „Ich konnte dir kaum helfen. Komm wieder, wenn die Zeit gekommen ist.“ „Bitte?“ „Tee?“, fragte die Geschichtenerzählerin und lächelte geheimnisvoll. „Danke nein. Auf Wiedersehen“, erwiderte Dorothea, als sie bemerkte, dass die alte Frau vergessen zu haben schien, dass sie sich bereits unterhalten hatten. „Schade, auf Wiedersehen, junge Schicksalsfrau.“ „Bitte?“ „Tee?“, fragte die Geschichtenerzählerin und lächelte geheimnisvoll. „Danke nein, auf Wiedersehen“, sagte Dorothea und machte, dass sie davon kam. Verrückte alte Frau. Ein leises Wiehern hinter ihr ließ sie herumfahren. Ein alter Gaul trabte auf sie zu und sie schaute sich verwundert um. Die alte Geschichtenerzählerin stand im Eingang ihrer Tür und hob die Hand. Dankbar winkte die junge Frau zurück, bevor sie aufstieg und sich unbeholfen auf dem sattellosen Tier zu halten versuchte. „Das wird der schmerzhafteste Ritt, den ich je genießen durfte“, murmelte sie und schaute in den Himmel. Immerhin war das Wetter in dieser Nacht gut genug, um sie gut zu leiten. Sie musste bloß nach Westen reiten. Ihr erstes Ziel war Tandandom, die Hauptstadt ihres Bezirks Sekain. Hosted by Animexx e.V. 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