The Witcher - Des Menschen Reinheit von LittleTreeflower (Die Geralt-Saga) ================================================================================ Kapitel 5: Von Heiligen und Schafen ~Teil 5~ -------------------------------------------- Von Heiligen und Schafen ~Teil 5~ „Wonach suchen wir eigentlich ganz genau, Geralt?“ Nervös blickte sich Rittersporn immer wieder um, aus Furcht, ein Coser Dorfbewohner würde sie erblicken und die Meute auf sie los hetzen. Der Hexer ging langsam, Schritt für Schritt über die regendurchnässte Weide. Der Schlamm klebte den beiden Männern bis hoch an die Wade. Der Wind blies kalt an diesem dunklen Morgen, der Regen prasselte auf die Blätter am Waldrand, das Grollen des nahenden Gewitters verstärkte sich und machte eine leise, flüsternde Unterhaltung unmöglich, dass dem Barden mehr als missfiel. „Hmm…“ Geralt blieb stehen, ging in die Hocke und strich mit der Hand den braunen Matsch von einem Stück Knochen bei Seite. Neugierig beugte sich der Troubadour über die rechte Schulter des Hexers. „Was zum Teufel ist das?“ Geralt hob den Knochen auf und drehte ihn langsam in alle Richtungen. „Ein Knochen. Und wie es aussieht, war das mal eine Elle.“ Rittersporn rümpfte die Nase. „Da hatte der Werwolf, oder was auch immer es war, großen Appetit gehabt! Schau, nicht ein Fetzen Fleisch klebt mehr daran.“ Geralt legte den Knochen zurück, stand auf und sah sich auf dem Boden vor seinen Füßen um. Vorsichtig schritt er weiter Richtung Waldrand und blieb bei einer ausgewachsenen Fichte stehen. Rittersporn folgte ihm. „Wahrlich, Fichten sind ein Geschenk der Natur! Besonders bei Regen. Schau, wie trocken der Boden unter den Ästen hier noch ist.“ Der Barde folgte dem Blick des Weißhaarigen, dessen Augen den trockenen Boden untersuchten. „Geralt! Sieh mal dort!“ Nur wenige Zentimeter neben des breiten Stammes der Fichte war eine deutliche Vertiefung ausfindig zu machen. „Es ähnelt einem Fußabdruck. Doch… schau, wie groß er ist!“ Auch Geralt begutachtete den deutlichen Abdruck. „Wir sollten zurück zur Weide gehen.“ „Weshalb? Von welchem Wesen stammt denn dieser Abdruck?“ „Von einem, dass du lieber nicht sehen möchtest. Ich bin mir sicher, diese Nacht werden wir es vor Augen bekommen. Es ist Vollmond, das bedeutet Fütterungszeit.“ Rittersporn kam nicht mehr dazu, weitere Fragen zu stellen, denn Geralt wandte sich von dem Fundort ab und ging zurück über die Weide, Richtung Weggabelung, wo sie ihr kleines Lager aufgestellt hatten. Das Feuer knisterte und ließ die langen Schatten der Bäume tänzeln. Der Regen hatte aufgehört, doch die nassen Zweige, die Geralt ins Feuer warf, fingen unter der Hitze an zu zischen und knistern. Rittersporn saß auf einen umgefallenen Holzstamm und drehte den Ast, an dessen Spitze ein Stück Kaninchenfleisch aufgespießt war, langsam über die Feuerstelle. Geralt hielt sein Abendessen bereits in den Händen und riss mit den Zähnen das zähe Fleisch von den Knochen, die er anschließend ins Feuer warf. „Normaler Weise erfreue ich mich an den Vollmond, wenn ich des Nachts reise. Doch heute wünschte ich mir, es würde die Sichel über uns leuchten.“ Der Troubadour nahm den Ast aus dem Feuer, hielt das Stück Fleisch an seinen Mund und biss gierig hinein. Geralt warf den letzten, abgenagten Knochen ins Feuer, griff nach seinem Bündel mit Tränken und öffnete ihn. Rittersporn beobachtete fasziniert dabei, wie er ein Fläschchen aus der Halterung nahm, den Verschluss öffnete und den Inhalt mit leicht verzogenem Gesicht trank. „Wofür ist dieses Gebräu?“ Fragte er, nachdem sich Geralts Gesichtszüge entspannte und die leere Flasche zurück in das Bündel legte. „Es erlaubt mir eine schnellere Bewegung.“ „Du bist dir also sicher, dass du diese Nacht noch kämpfen wirst? Gegen dieses Ungetüm aus dem Wald?“ „Wenn ich Glück habe, so ist es nur das Ungetüm.“ Er grinste den Troubadour belustigt an, als dieser ihn mit verwirrtem Blick musterte. „Gegen wen denn noch, wenn ich fragen darf?“ „Ich kann mir denken, dass sich jemand nicht sonderlich über die Tötung seines `Haustieres´ erfreuen wird.“ „Geralt, du sprichst wieder in Rätzel!“ „Ich bin mir selbst noch nicht sicher, wer alles in dieser Geschichte verwickelt ist.“ Der Hexer erhob sich und band sich das Silber,- sowie das Eisenschwert über Kreuz auf den Rücken. Rittersporn verstand. Das Silberschwert war gegen dieses Ding aus dem Wald. Das Eisenschwert gebrauchte sein Freund jedoch nur gegen menschliche Gegner. „Du glaubst, dass dieser Venden was mit dieser ganzen Sache zu tun hat?“ Rittersporn warf den Ast mit dem restlichen Kaninchen ebenfalls ins Feuer und stand auf. „Das glaube ich. Aber alleine wird er es nicht gekonnt haben.“ „Merz! Ich wusste doch, dass dieser Kerl nicht sauber zu sein scheint!“ „Das sind einige nicht, Rittersporn. Bleib am besten hier und warte auf mich.“ „Wie bitte? Du verlangst von mir, wie ein verängstigtes Weib zurück zu bleiben? Zudem, es wird eine wunderbare Quelle der Inspiration sein! Eine Ballade über einen mutigen Hexer, der ein ganzes Dorf von einem Fluche befreit hat!“ „Was für ein Fluch?“ „Kreative Freiheit, mein lieber Freund.“ Geralt schüttelte grinsend den Kopf. „Nun schön, komm mit. Aber sei gefälligst leise und halte deinen kreativen Mund geschlossen, verstanden?!“ „Ja ja…“ Ein wenig beleidigt steckte sich der Troubadour ein elfisches Stilett, dessen Klinge leicht geschwungen und mit rankenden Blumengravierungen verziert war, in den rechten Stiefelschaft. „Und aus Kämpfen wirst du dich auch hinaus halten!“ Fügte Geralt hinzu, als er die scharfe Klinge erblickte. „Das ist nur zur Sicherheit. Glaubst du etwa wirklich, ich mische mich in ein Gerangel mit verrückten Dorfbewohnern ein? Geschweige mit einem Ungetüm!“ „Hast du dich eigentlich jemals in ein Kampf eingemischt?“ Grinste Geralt, der als Antwort eine beleidigende Miene bekam. „Wie lange müssen wir denn noch warten?“ Seufzte Rittersporn, der neben Geralt hinter einer großen Eiche zwischen Weide und Schäferhütte saß und in sein kleines Büchlein Reime kritzelte. „So lange, bis was passiert.“ Geralt rieb sich den Nacken und blickte in Richtung Hütte. Durch die Fensterscheiben drang seit Stunden kein Licht durch. „Ob dieser Salden immer noch im Bett liegt?“ Der Barde klappte das Büchlein zusammen und verstaute es in der kleinen Seitentasche seines Wamses. „Dieser Mann hat mein Mitleid. Vielleicht sollte er diesen Ort hier verlassen und woanders sein Glück versuchen.“ „Falls es dafür nicht schon zu spät ist. Du hast ihn selbst gesehen. Er ist ein Schatten seiner selbst. Mich würde es wundern, wenn er noch die Kraft für einen Neuanfang hätte. Geschweige denn…“ Geralt brach mitten im Satz ab und blickte auf die Weide. „Was…“Geralt hob die Hand um Rittersporn zu signalisieren, dass er still sein soll. Der Barde rückte ein Stück näher. Auf der anderen Seite der Weide kamen schwarz gekleidete Personen, zwei von ihnen schienen einen schweren Leinensack zu schleppen. Hinter ihnen kam noch eine weitere Person. An der Spitze ging ein älterer Mann mit einem langen, schwarzen Mantel mit Gugel und einem zerzausten weißen Bart, der bis zum Bauch reichte. Als die Männer sich nährten, blitzen immer wieder ein kleines Zeichen auf dessen Brust auf. Eine weiße Lilie. „Wirf sie hier hin!“ Venden deutete auf eine Stelle mitten auf der Weide. Lubb und Merz stellten den Leinensack mit einen erleichterten Seufzen ab, öffneten die Kordel und warfen den Sack um. Merz ergriff die unteren Zipfel, zog dran und trat immer wieder mit dem rechten Fuß auf den Leinensack, bis eine blutverschmierte Person aus dem Sack leblos auf den matschigen Boden fiel. „So ein dürres Ding, und dennoch wiegt sie fast so viel wie eine halbe Kuh!“ Merz spuckte aus, zog sich den Gugel vom Kopf runter und wischte sich mit dem Ärmel des schwarzen Mantels den Schweiß von der Stirn. Lubb seufzte bei dem Anblick der toten jungen Frau, dessen blonden Haarsträhnen über ihr vor Pein erstarrtes Gesicht hingen. Das Blut klebte auf ihrem weißen Nachthemd und vermischte sich mit dem braunschwarzen Morast der Weide. „Ein Jammer. Dabei war sie doch noch ungebunden. Eine Blüte kurz vor dem Erblühen.“ „Zu schade, dass dein Blut schneller in die Hose schießt als in dein Kopf!“ Grunzte Merz, der sich den Gugel wieder über den Kopf zog. Die vierte Person, die sich bisweilen im Hintergrund gehalten hatte, kam auf Venden zugestürzt und packte diesen flehend am Ärmel. „Herr Venden! Eure Heiligkeit! Glaubt ihr nicht, es wird Zeit, aufzubrechen? Dieses Ding kann jeden Moment aufkreuzen!“ „Mach dir nicht ins Hemd, Großkrahl!“ Zischte Venden ihn an. „Beruhige deine Nerven, denn wir haben heute Nacht noch einiges zu erledigen.“ Merz kratze sich grinsend am Kopf, nuschelte vor sich hin, was verdächtig nach `Hosenschisser´ klang. Der Bürgermeister wandte sich mit einem finsteren Blick zu Merz um. Venden deutete auf den Leinensack am Boden. „Lubb, nimm das mit und verbrenne den Stoff heute noch in deinem Kamin. Großkrahl, Merz und ich kümmern uns jetzt um die andere Angelegenheit.“ Lubb nickte, griff nach dem blutigen Sack und eilte damit zurück ins Dorf. Venden beugte sich zu der Toten hinunter, griff nach einem Jägermesser, dass an einem schwarzen Gürtel unter dem Mantel befestigt war und schlitze ihr den Torso vom Schlüsselbein bis zum Unterbauch auf, sodass die Eingeweide nach außen quellten. Langsam stand er auf und verstaute das Messer zurück in die Schlaufe des Gürtels. Merz verzog angewidert das Gesicht. Der Bürgermeister Großkrahl drehte sich würgend um und presste sich ein weißes Taschentuch vor Mund und Nase, um sich nicht noch übergeben zu müssen. „Gehen wir jetzt zu Salden.“ Befahl Venden, wandte sich von der toten Frau ab und ging mit den beiden anderen Männern über das Feld zurück Richtung Dorf. Rittersporn hatte die Hände auf seine Lippen gepresst, die Augen weit aufgerissen auf das Geschehnis gewandt. Geralt griff ihm an die Schulter und zog ihn weg. „Leise, Rittersporn. Sonst hören sie uns noch!“ „Aber die Frau…“ „Sie ist schon längst tot. Ihr können wir nicht mehr helfen.“ „So jung und so hübsch. Wie der Morgentau im Frühling. Und nun liegt dieses Geschöpf mit Blut überströmt im Morast. Welch ein unwürdiges Ende einer solchen Schönheit.“ „Schau, sie gehen.“ „Aber warum hat dieser Hundsfott ihr den Bauch aufgeschlitzt?“ „Um es damit anzulocken.“ „Es? Was ist es denn?“ Der Hexer stand langsam auf, griff nach dem Silberschwert das er langsam aus der Scheide zog und blickte über das Feld. „Ein Verschlinger. Oder auch Nachthexe genannt.“ „Eine Hexe?“ Rittersporn stand auf und drehte sich nervös um die eigene Achse. Im Wald hinter ihnen war es finster. Man sah nichts außer schwarze Leere. „Ein Weib, das uns auflauert?“ „Nein, Rittersporn. Es ist kein Mensch. Und auch keine Hexe. Ein Ungeheuer, das einem verfaulten Weibe ähnelt. Graue Haut, einen Schnabel mit scharfen Zähnen, um die Toten vom Fleisch zu befreien. Eine Art Aasfresser. Jedoch greifen sie auch Lebende an, wenn sie Hunger haben oder sich bedroht fühlen.“ „Und dieser Verschlinger hat all diese Menschen gefressen? Die Venden ihm vorgesetzt hat? Wieso macht diese Made so etwas? Welch Absicht hat er, um solch eine Tat zu begehen?“ „Später, Rittersporn. Wir müssen uns beeilen. Denn Salden schwebt in großer Gefahr!“ Rittersporn nickte und griff nach dem Messer in seinem Stiefelschaft. „Bleib hier! Erst kommt der Verschlinger dran, dann kümmern wir uns um Venden!“ Der Hexer stand auf und ging mit dem Silberschwert in seiner Rechten auf den Leichnam zu. Es dauerte nur wenige Minuten, und die Nachthexe schritt schnuppernd und leise grunzend aus dem Waldrand hervor. Der Barde hielt sich, wie von Geralt angeordnet, hinter der Eiche auf, das Messer immer noch fest umklammert in seiner rechten Hand beobachtete er, wie das Ding lauernd auf Geralt zuging. Dieser blieb ruhig stehen, wartete, bis der Verschlinger inne hielt und ihn mit großen Augen anstarrte. Plötzlich riss es den Schnabel auf, viele kleine aber Messerscharfe Zähne blitzen hervor und krächzte aus voller Kraft einen so widerlichen Ton, dass Rittersporn sich die Ohren zu halten musste. Geralt jedoch sprang in diesem Moment vor, das Schwert sauste pfeifend durch die Luft und zielte direkt auf den Frauenbrust ähnlichen Torso. Die Nachthexe war schnell, schneller als Geralt erwartet hatte. Sie sprang leichtfüßig zurück, krächzte ein weiteres Mal und stürzte sich mit weit aufgerissenem Schnabel und spitzen Klauen auf den Hexer. Dieser drehte sich, machte eine Finte. Der Verschlinger stolperte nach vorne. Es hatte nicht mit der schnellen Reaktion des Weißhaarigen gerechnet. Geralts Klinge pfiff ein weites Mal und traf das Ungetüm genau auf dem Rücken. Der Verschlinger heulte laut auf, jammerte und viel nach vorn über. Die Wunde war tief und das braungräuliche Blut floss über dessen welligen Hüfte und Beine. Es drehte sich um, riss abermals den Schnabel auf und versuchte, nach Geralt Arm zu schnappen. Dieser nahm nun den Griff seines Schwertes in beide Hände, hielt die Klinge hoch über seinen Kopf, holte aus und stach mit der Spitze genau in den Rachen. Dessen Arme wedelten wild, die Beine zuckten und aus dem Rachen hörte man ein Gurgeln und Krächzen, bis schließlich ein Schwall von Blut aus dem Hals floss, das sich in Windes eile über den Boden ergoss. Das Röcheln wurde leiser, das Zucken ließ nach bis es schließlich still und bewegungslos auf dem Boden liegen blieb. Geralt zog mit einem festen Ruck die Klinge aus dem Halse des Verschlingers und strich damit über den Morast und Gras des Feldes, um das stinkende Blut zu entfernen. Rittersporn verließ langsam und schwer atmend sein Versteck, die Augen weit aufgerissen auf das tote Ungeheuer auf dem Boden gewandt. „So was widerliches…“ Der Hexer steckte das Silberschwert zurück in die Scheide auf dem Rücken. „Ja, und stinken tun sie auch. Aber jetzt haben wir keine Zeit dafür. Wir müssen zum Schäfer! Bevor es ihn auch noch erwischt!“ Der Barde nickte, das Stilett noch fest in seiner rechten Hand. „Laufe vor, ich folge dir!“ *********** Tja, das Ende der ersten Kapitel-Reihe nährt sich. Im nächsten Kapitel wird sich alles aufklären. In der darauf folgenden Kapitelreihe bin ich mir noch nicht sicher, wie genau es weiter gehen soll. Habe zwar schon Ideen, aber ich bin noch nicht so recht zufrieden damit. ^^° Ich bin nicht besonders gut, was Kampfszenen angeht. Sry. ^^° Danke fürs Lesen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)