Feather and Blood von lupa ================================================================================ Prolog: Begegnungen ------------------- Es war ein dunkler, regnerischer Abend. Die Familie war gerade erst an ihrem neuen Haus angekommen, dass alles andere als einladend aussah. Reina stand am Auto und schaute hinauf zu den großen dunklen Fenstern. Eigentlich hatte sie sich sehr auf den Umzug gefreut, denn sie hatten vorher in einer Großstadt in wirklich keiner guten Gegend gelebt und nun waren sie in eine kleinere, friedlichere, ländlichere Umgebung gezogen. Doch wo sie jetzt das Haus sah, das ihre Eltern ausgesucht hatten, hatte sie ein schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache. Es war ziemlich düster und nicht beleuchtet, mitten im Wald, nur eine kleine Straße führte zum nächsten Dorf. Es schien von außen gesehen nur zwei Stockwerke zu haben und Reina fragte sich, ob es überhaupt genug Platz für vierzehn Personen bot. Ein Windstoß riss sie aus ihren Überlegungen und lies ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Erneut glitt ihr Blick an der dunklen Holzfassade hinauf, bis zu den tiefschwarzen Fenstern im zweiten Stock, die trotz der heftigen Windstöße geöffnet waren, sodass die schweren schwarzen Satinvorhänge im Wind wehten. Umgeben von den alten Bäumen, in tiefste Dunkelheit gehüllt, wurden die Schatten lebendig. Die schwärze der Fenster war so immens, so dick, dass selbst die Vorhänge im Vergleich unendlich hell wirkten und je länger Reina sich auf die Dunkelheit konzentrierte, desto lebendiger wurden die Schatten. So versunken war sie, dass sie vor Schreck einen Meter zurücksprang als plötzlich ein kalkbleiches Gesicht vor ihr erschien. „Buh“, ertönte Cindys äußerst unangenehme Stimme, „Aha ha ha ha! Ich fass es nicht hat unser Gesichtseimer etwa Angst im Dunkeln hm? Was stehst du hier eigentlich noch rum? Denkst du mein Gepäck trägt sich von selbst ins Haus?“ Reina war so verschreckt, dass sie nicht mal mehr eine Antwort zustande brachte sondern die Koffer aus dem Auto holte und ihren Eltern zur Haustür folgte. Schon von weitem hörte sie ihren Stiefvater sagen: „Ach verdammt die dämlich Lampe muss ausgefallen sein und der Typ von dem wir das Haus haben meinte noch keine Sorge, es sieht nur baufällig aus, aber ansonsten ist alles in Ordnung damit. Pf, jetzt muss ich auch noch die Sicherung kontrollieren, was ist das eigentlich für eine grauenvolle Gegend? Es ist doch erst einundzwazig Uhr und alles wirkt wie ausgestorben und weshalb der ganze Ärger? Weil Madam“ ,bei den Worten schaute er Reina bösartig an, die dem Blick lieber auswich, „ Ja unbedingt den Magiertest bestehen musste. Wäre es so schwer für dich gewesen einmal im Leben nicht die Streberin raushängen zu lassen und an das Wohl der Familie zu denken?“ Reina biss sich schmerzhaft auf die Lippen, am liebsten hätte sie erwidert, dass sie ja nicht die Einzige war, die den Test bestanden hatte. Genau genommen wäre die Familie niemals in eine Region mit Magieschule gezogen, wenn ihre ältere Schwester Cindy, der Liebling der Eltern, den Test nicht auch im zweiten Anlauf geschafft hätte. Stattdessen bemerkte sie: „Es tut mir sehr Leid, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass ihr alle wegen mir so große Opfer erbringen müsst.“ In dem Moment hatte ihre Mutter endlich den richtigen Schlüssel gefunden. Sie drehte ihn im Schloss herum und die Tür öffnete sich mit einem geräuschvollen Ächzen. Reina gefror bei diesem Ton das Blut in den Adern, nur allzu schnell wurde sie wieder an die unangenehme Umgebung erinnert. Doch noch bevor sie etwas sagen konnte erklang die Stimme ihrer Schwester hinter ihr: „ Ja es sollte dir auch Leid tun, wegen dir sind wir in dieses langweilige Kaff gekommen. Was zur Hölle „, bei dieser Formulierung zuckte Reina zusammen, denn sie fühlte sich nicht wohl dabei an diesem Ort das Böse auch noch unnötig zu beschwören. Immer noch hatte sie das Gefühl, dass aus diesem dichten, dunklen Wald Gefahr drohte und das etwas sie aus der Dunkelheit des Hauses heraus beobachtete, „ soll ich hier den bitte machen, hm? Hier gibt´s wahrscheinlich weder eine Disko noch eine Bar, noch Raves oder einen Laden mit Technomusik. Nicht mal vernünftige Männer kann man hier aufreißen. Ich meine was will ich denn mit so ´nem Landei ist doch voll lahm. Die bringen´s einfach nicht und an der Schule muss ich mich dann wahrscheinlich mit solchen Landpomeranzen messen. Huh als ob die mir das Wasser reichen könnten. Ooh und dann muss ich wieder so tun als wären wir alle ganz tolle Freunde und so. Gott wie ungeil, das turnt mich jetzt schon voll ab. Außerdem wo soll ich dann bitte meine Muntermacher und Stimmungsheber und so hernehmen? Ich glaube nicht, dass die das Zeug hier im Supermarkt verkaufen.“ Bevor Cindy weitermachen konnte, schaltete sich Reinas Mutter ein und erklärte in einem Zuckersüßen Ton: „Ach Liebling mach dir wegen so was doch keine Gedanken, wir können dich so oft von der Schule befreien wie du möchtest. Du musst da nicht hin, ich war in deinem Alter auch nie in der Schule und sieh nur aus mir ist auch was ordentliches geworden. Wenn du feiern willst sag einfach bescheid, wir fahren dann in die nächste wirklich große Stadt, da gibt es bestimmt ´nen coolen Ort zum abhängen und pharmazeutische Produkte gibt’s da sicherlich auch.“, als sie sich zu Reina wandte wurde ihr Ton deutlich barscher, „ Was stehst du hier noch so rum, denkst du deine Schwester wird das schwere Gepäck allein nach oben tragen? Na los wenn wir wegen dir schon am Arsch der Welt gestrandet sind mach dich gefälligst nützlich. Nebenbei unser Gepäck muss auch hoch und die Kleinen müssen demnächst ins Bett, außerdem haben wir kaum etwas zu Essen mitgenommen, wenn du also alles erledigt hast kannst du noch mal Einkaufen gehen. Der nächste Supermarkt ist in der Stadt, die Schließen um ein Uhr also sieh zu, dass du bis dahin da bist. Vergiss nicht, dass wir Morgen früh raus müssen. Ist schließlich euer erster Schultag. Es sollte das Frühstück also wie immer um Punkt sieben Uhr auf dem Tisch sein...“, sie fuhr noch eine Weile fort bis ihr Mann ergänzte, „ Na los komm in die Gänge, wir versorgen dich nicht damit du sinnlos in der Gegend rumstehst.“ Es dauerte Reina einige Zeit alles was ihr aufgetragen worden war zu erledigen und schließlich war es fast schon Mitternacht, als sie zum nächstgelegenen Supermarkt aufbrach. Ihr Weg führte sie vorbei an den kleinen Ausläufern des Waldes, immer dicht an der alten Straße aus Pflastersteinen entlang. Orientieren konnte sie sich nur an den wenigen alten Laternen die in der Stadt noch brannten. Entlang des Weges war es stockdunkel und es hatte immer noch nicht aufgehört zu regnen. Schritt für Schritt näherte sie sich der sicheren Zuflucht und doch, nachts ganz allein Umgeben von einem düsteren Wald aus alten Eichen und Erlen, und weitem hohen Grasland konnte sie sich dem Gefühl nicht erwähren wie Jagdwild auf einem Präsentierteller zu stehen. Hinter ihr brach plötzlich eine Krähe aus einem Astgeflecht und verursachte dabei solch einen Krach, dass Reina sich gern hinter einem Stein versteckt hätte, wenn denn einer da gewesen wäre. Vor Angst kauerte sie sich mit angewinkelten Beinen am Boden zusammen und versuchte sich so klein und unauffällig wie möglich zu machen. Regentropfen für Regentropfen fiel auf sie hinab. Reina zählte die Sekunden und hoffte, dass es alles nur ein Albtraum war, dass alles vorbeigehen würde. Doch es ging nicht vorüber. Alles was passierte war, dass sie fürchterlich durchweichte und anfing vor Kälte zu zittern. Nach einiger Zeit fand sie die Kraft wieder aufzustehen und weiter zu gehen, doch das Gefühl verfolgt zu werden blieb. Wenn sie ging hatte sie das Gefühl, dass Jemand ihr folgte und wenn sie stehen blieb spürte sie den Atem in ihrem Nacken. Nach einiger Zeit konnte sie nicht mehr, sie begann zu rennen in der Hoffnung die sichere Stadt endlich zu erreichen. Doch egal wie sehr sie sich bemühte sie hatte das Gefühl nicht näher zu kommen. Völlig erschöpft erreichte sie nach einiger Zeit eine Kreuzung, doch sie traute sich nicht zu stoppen, aus Angst ihr Verfolger könnte sie einholen und ohne zu gucken rannte sie weiter. Auf einmal erschall ein Geräusch und durchbrach die Stille und die Jagd. Reina nahm aus den Augenwinkeln ein helles Licht wahr und als sie sich umdrehte, konnte sie sich vor Schock nicht mehr bewegen, sie stand da wie versteinert. Das Letzte was ihr durch den Kopf ging war: „ Und sollten sie ein Licht am Ende des Tunnels sehen, ist es ein entgegenkommender Zug.“ Das Auto kam nur wenige Zentimeter vor ihr zum Stehen. Ihre Beine konnten sie nicht mehr tragen, es war alles zuviel gewesen für einen Abend und sie sackte in sich zusammen. Reina zitterte am ganzen Leib, wie durch einen Schleier nahm sie war, dass eine Autotür sich öffnete und wieder zugestoßen wurde und plötzlich tauchte eine Person am Rande ihres Wahrnehmungsbereich auf. „Alles in Ordnung?“, fragte eine sanfte, weibliche Stimme. Reina schaute auf und blickte in ein wunderschönes Gesicht, mit makelloser weißer Haut, sanften, langen, blondgelockten Haaren und intensiv strahlenden Blattgrünen Augen. Sie war so geblendet von dieser Komposition in Form eines lebenden Wesens und stand unter Schock, dass sie nicht antworten konnte. „Hm, hallo, k-ö-n-n-e-n sie m-i-c-h hören? I-s-t alles i-n Ordnung? Sind s-i-e verletzt?“ Reina nickte erst dumpf und schüttelte dann den Kopf, es dauerte noch eine Weile bis sie sich wieder verständlich mitteilen konnte. Aber irgendwann ging es dann doch. „Aah ,dass ist gut zu hören. Was denkst du was du mir für einen Schrecken eingejagt hast, also wirklich jemandem einfach so vors Auto zu laufen. Ich heiße übrigens Sandra...“ Kapitel 1: Der erste Schultag ----------------------------- Um sechs Uhr klingelte der Wecker und riss Reina unsanft aus ihren Träumen. Nach den Geschehnissen der gestrigen Nacht war sie noch schrecklich müde. Ihr Körper fühlte sich schwer wie Blei an. Tatsächlich dachte sie bei sich, wäre es wohl noch schlimmer geworden, wenn Sandra nicht so nett gewesen wäre sie zum Supermarkt und wieder zurück zu fahren. Ungelenk richtete sie sich auf und schob die Decke zurück. Sie erinnerte sich, dass sie am Vorabend einfach nur noch todmüde ins Bett gefallen war, sie hatte noch nicht einmal mehr die Kraft gehabt ihre Sachen aus zu packen, geschweige denn sich in Ruhe umzusehen. Nicht ,dass es viel zu sehen gegeben hätte, wie sie bemerkte. Reina hatte das kleinste Zimmer im Haus bekommen. Es ging nicht direkt zur Straße hinaus sondern lag an der Längsseite. Tatsächlich hatte das Zimmer sogar ein kleines Fenster von dem aus man den Wald sehen konnte. Ihr Raum war eher spärlich eingerichtet. Das Bett stand seitlich neben dem Fenster an der Wand, dahinter war ihr Kleiderschrank, von dem nur die untersten Fächer zweckgemäß benutzt wurden, der große Abschnitt der eigentlich zur Aufbewahrung von Kleidern und Mänteln gedacht war, war von ihr als Bücherschrank zweckentfremdet worden. Gegenüber des Schrankes war die Zimmertür und wenn man der Wand folgte fand man einen alten Schreibtisch der tatsächlich schon bessere Tage gesehen hatte gegenüber des Bettes. Reina schlüpfte in ihre Hausschuhe, schnappte sich die Kleidungsstücke die über ihrem Schreibtischstuhl lagen und machte sich auf den Weg ins Bad, dass nur ein Paar Zimmer neben ihrem, im ersten Stock war. Sobald sie sich fertig gemacht hatte, ging sie die Treppe hinunter ins Wohnzimmer und von dort aus weiter in die Küche um das Frühstück vorzubereiten . Gegen sieben Uhr stand der Rest ihrer Familie auf. Um Ärger am frühen Morgen aus dem Weg zu gehen, hatte sich Reina mittlerweile wieder in ihr Zimmer zurückgezogen und suchte ihre Sachen, die sie für die Schule brauchte, zusammen. Unter anderem eine Bescheinigung mit der sie sich im Sekretariat melden sollte, sobald sie ankam. Da ihre Eltern ihr am Abend vorher gesagt hatten, dass im Wagen kein Platz mehr für sie wäre, weil eins der kleineren Kinder unbedingt ein zwei Meter großes Plüschtier mit in den Kindergarten nehmen musste, wusste sie, dass ihr nichts anderes übrigbleiben würde, als den ganzen Weg zu laufen. Tatsächlich musste sie bis zu der Kreuzung an der sie am Abend vorher fast überfahren worden wäre und von dort aus ein ganzes Stück querfeldein. Wenigstens war ihre Familie so nett gewesen ihr eine Karte zu besorgen auf der die Schule verzeichnet war. Ein paar Minuten später hatte sie sich bereits auf den Weg gemacht. Tatsächlich war die Strecke tagsüber weit weniger gruselig und es regnete auch nicht mehr. Die Sonne schien und erhellte die Schönheit der Natur um sie herum, sogar das Haus in dem sie nun wohnten wirkte bei Tage betrachtet wirklich idyllisch. Hier und da blühten entlang der alten Kopfsteinpflasterstraße einige Wildblumen und luden zum Wohlfühlen ein. Ganz entspannt schlenderte Reina den Weg entlang und fragte sich was für Fächer an einer magischen Schule wohl unterrichtet wurden, wie ihre Mitschüler so sein würden, ob sie an dieser Schule wohl zum erstenmal Freunde finden konnte, wie ihr Stundenplan aussehen würde und ähnliche Dinge. In Gedanken versunken überquerte sie die Kreuzung, sodass sie das Auto, welches dem Straßenverlauf folgte nicht bemerkte. Reina wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen als sie das quietschen der Bremsen hörte und die schwarze Motorhaube des Fahrzeugs in ihren Augenwinkeln auftauchte. Etwas perplex drehte sie sich um und sah eine bekannte Person aussteigen. „Déjà-vu, nennt man so was glaube ich. Guten Morgen“ , flötete Sandra gut gelaunt, „Sag mal passt du jemals auf wenn du eine Straße überquerst? Ich meine wir sind hier wirklich im Nirgendwo, aber Autos gibt’s auch hier und überfahren werden tut hier genauso weh wie anderswo. Du hast echt Glück, dass ich für Reinas bremse.“ „Tu...tut mir wirklich sehr Leid“, erklärte sie, „Ich kenne mich hier in der Gegend noch nicht sonderlich gut aus und bin noch darauf angewiesen in die Karte zu schauen u...und so. Ich wollte dir keinen Ärger machen wirklich nicht.“ „Ach was vergiss es, wenn dass so weitergeht muss ich zwar bald die Bremsen auswechseln, aber ansonsten wird es die Maschine schon mitmachen. Hm das ist schon das zweite Mal an dieser Kreuzung“, Sandra kratzte sich nachdenklich am Kopf , „Bist du heute wieder einkaufen?“ Reina schüttelte sanft den Kopf und erklärte: „ Nein, ich bin auf dem Weg zur Schule.“ „Sag nicht du gehst auf die Magier Akademie hier in der Nähe?“, fragte Sandra „Ähm doch genau in die wieso fragst du?“ „Weil ich auch auf die Schule gehe. Bist du im ersten Schuljahr?“, sie wartete kurz auf Reinas Nicken und fuhr dann aufgeregt fort, „Toll, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass wir in der selben Klasse sind. Oh, du warst ja noch nie da, was hältst du davon wenn ich dich heute mitnehme? Ist wahrscheinlich auch besser, sonst gerätst du mir auf dem Weg dorthin noch vor ein anderes Auto.“ Und bevor Reina etwas erwidern konnte hatte Sandra sie schon in ihr Auto geschoben, sich selbst hinters Lenkrad gesetzt und war weitergefahren. Sie folgten der Straße noch eine Weile bis sie zu einer kleinen Abbiegung kamen, die auf einem Parkplatz nahe eines Waldes endete. Nachdem die beiden ausgestiegen waren, zeigte Sandra Reina den Pfad, der zur Schule führte. Sie war von der Größe des Wegs beeindruckt der sicherlich genug Platz für drei Kutschen oder mehr geboten hätte und mit wunderschönen dauerblühenden Kirsch und Pfirsichbäumen gesäumt war. Sandra musste grinsen als sie Reinas staunendes Gesicht sah: „Man merkt, dass du wirklich noch nie vorher an einer magischen Schule warst. Es ist traurig, aber so schön wird es nie wieder danach. Du hast dich schon bald an den Anblick gewöhnt. Der Wald ist magisch ausgedehnt, sodass man im äußeren Bereich die normale Vegetation hat und im Innern sich die einzelnen magischen Klimazonen und Wachstumsgebiete abwechseln. Im Zentrum steht die Schule, um die herum die ursprüngliche Vegetation belassen wurde. Wow ich kling wie ein Audioguide, hi hi hi.“ „Danke du machst das super“, sagte Reina, „Es ist wirklich angenehm jemanden dabei zu haben der sich auskennt. Ich fürchte allein wäre ich komplett verloren gewesen.“ „Ach was, dass erklärt sich hier schon alles von allein. Pass auf du folgst einfach dem Weg und stehst dann irgendwann vor dem Schultor. Da gehst du durch und äh...na ja ich schätze du sollst dich im Sekretariat melden oder?“, Reina nickte zur Antwort, „Ähm ja der Weg ist eher kompliziert, also am Besten wäre es wenn du für die erste Zeit eine Karte hättest, aber die kriegst du erst im Sekretariat. So gesehen auch keine wirklich kluge Staffelung. Ach weißt du was, ich bring dich einfach noch dahin. Bin ja eh zu früh dran. Was moch gut wäre zu wissen ist...“ Es machte Reina viel Spaß diesem lebensfrohen, energiegeladenen Mädchen zu zuhören und Sandra wusste tatsächlich auch so viele interessante und lustige Geschichten zu erzählen, dass der Weg zur Schule schnell zurückgelegt war. Als sie zum ersten Mal dieses erhabene Schulhaus sah stockte Reina fast der Atem. Es war ein hochaufragendes Gebäude, dass fast einem kleinen Schloss gleich kam. Sie konnte kaum verstehen, dass sie es nicht schon von Außerhalb gesehen hatte. Tatsächlich schien es zu groß um in diesen Wald zu passen. Es glich von außen einer alten Villa mit unzähligen, kleinen Türmchen und war sicherlich zehnmal so lang und fünfmal so breit wie das Haus in dem sie lebte. An der Fassade rankte sich Efeu empor, der gut gepflegt und eingedämmt schien und vor dem Schulhaus waren unzählige Blumenbeete mit den schönsten magischen Pflanzen. An den Seiten der Beete waren große, grasbewachsene Inseln auf denen alte magische Bäume ihre Äste der Sonne entgegenstreckten. Sandra lies Reina eine Weile staunen, bevor sie das schmiedeeiserne Tor öffnete und sie in das Schuldgebäude führte. Von Innen war die Schule noch viel geräumiger als sie ausgesehen hatte. Riesige weitauslaufende Flure und etliche Treppen, verwirrten Reina schnell und sie war froh, dass Sandra sich scheinbar ohne Probleme zurechtfand. Nach einiger Zeit hielt sie an und gestikulierte Reina in den Raum zu ihrer Rechten zu gehen. Tastsächlich war da eine kleine schwarze Plakette neben der Tür auf der in goldenen Buchstaben stand ,Sekretariat,. Reina nahm all ihren Mut zusammen und klopfte leise und nach einiger Zeit antwortete eine Stimme: „Herein“ Sandra nahm die Einladung vor Reina an die wie angewurzelt auf dem Flur stand, jener aber dann doch folgte. Das Sekretariat war, wahrscheinlich der normalste Ort in der ganzen Schule. Nichts hätte vermuten lassen, dass man sich in einer magischen Schule befindet. Da waren die normalen kahlen weißen Wände, die typischen Büropflanzen, eine Art Rezeption im vorderen Bereich auf der sich der Schüler abstützen und die er als Schreibunterlage und Ablage benutzen konnte, einige Schreibtische und Computer dahinter, natürlich die lebenswichtige Kaffeemaschine, ein Kopierer und mehrere Schränke mit Akten und Schließfächern. Das einzige was gar nicht normal war, war die Person die da hinter der Rezeption stand. Der Mann trug eine rote Robe, hatte lange schwarze Haare und war in etwa genauso bleich wie die Wand. Er erhob seinen eher strengen Blick, als die beiden Mädchen hineinkamen. Reina erstarrte vor Schreck erst einmal während Sandra glücklich lächelnd direkt zur Rezeption ging. „Hei, was machst du denn heute so früh hier?“, fragte sie. Die Person musterte Reina noch eine Weile bevor er sich an Sandra wandte: „Das Selbe könnte ich dich fragen. Solltest du heute nicht mit deinem Bruder herfahren?“ „Äh ja, aber der wollte mich loswerden, er meinte ich würde ihn zu Tode nerven, weil ich heute wieder so aufgedreht bin“, der Mann schaute sie mit einem tadelnden Blick an, so als wolle er sagen, du weißt das er manchmal so was sagt, aber das ist kein Grund ohne ihn zu fahren, doch sie fuhr fort, „Du brauchst gar nicht so gucken oder ich erzähl Ma, dass du heut schon wieder früher zur Arbeit gegangen bist, weil dir ihr Kaffee nicht schmeckt und du hier als Lehrer freien bekommst.“ Der Mann verzog das Gesicht und antwortete: „Ech, na gut aber ab morgen nimmst du Aaron wieder mit. Was wolltest du eigentlich hier? Wie du siehst ist die Sekretärin noch nicht da.“ „Ich bin wegen Reina hier“, sie zeigte auf die immer noch am Eingang Versteinerte, „Sie ist neu hier und braucht ihre Unterlagen, also Karte und Stundenplan, Schließfach etc.“ „Oh natürlich, Frau Macrocollum ist noch nicht hier, hm hast du deine Belegpapiere dabei?“ Reina schaffte es gerade so zu nicken und übergab ihm die Papiere. Der Lehrer nahm sie schlug ein paar Seiten in einer Akte nach, tippte auf einer Computertastatur herum, holte dann mehrere Zettel und einen kleinen silbernen Schlüssel aus einem der Schließfächer und sagte: „Willkommen an unserer Akademie Miss Sanktin. Das ist ihre Karte, Schließfachposition, -code und –schlüssel und den Zettel geben sie bitte bei ihrem Klassenlehrerin ab, der händigt ihnen dann ihren Stundenplan aus. Wie ich sehe haben grad zwei Klassen noch freie Plätze, da sie die Erste heute sind die hier herkommt, können sie sich die Klasse noch aussuchen.“ Nach der langen Vorrede hatte Reina langsam die Sprache wiedergefunden und sagte leise: „Ähm ich würde gern in die Klasse von Sandra gehen, wenn das möglich ist und nicht zu viele Umstände macht.“ Bei dieser Bemerkung begann Sandra übers ganze Gesicht zu strahlen. „Verstehe. Nun ich hoffe meine Tochter hat sie nicht allzu sehr bedrängt das zu sagen. Sie hat manchmal so eine Art an sich, dass man nur schwer nein sagen kann.“ „He was soll das denn heißen? Ich hab sie ganz sicher nicht gezwungen, Frechheit! Komm Reina ich zeig dir unseren Klassenraum, dann die Kursräume, die Cafeteria, die Bibliothek...“, und Sandra redete und redete und zog Reina, die gerade noch so alles mitnehmen konnte, aus dem Sekretariat. Tatsächlich reichte die Zeit, die sie bis zum Unterricht noch hatten nicht mal annähernd für eine Tour durch die ganze Schule, aber Sandra versprach Reina in den Pausen weiter herum zu führen. Die beiden trennten sich vor dem Klassenraum, da Reina als neue Schülerin erst mal bei der Klassenlehrerin Frau Trabea verblieb. Als es zur Stunde klingelte händigte die Lehrerin ihr ihren Stundenplan aus und die Vorstellungszeremonie begann. „Liebe Schüler wir bekommen heute eine neue Mitschülerin bitte komm herein. Das ist Reina, sie kommt aus der Stadt und ist heute zum Erstenmal an einer magischen Schule, also bitte seit nett zu ihr sie kann ja auch nichts für ihre Unwissenheit und tut mir den gefallen, keine Bomben, Feuerbälle oder ähnliches auf sie zu werfen, wir wollen ja, dass sie die erste Woche hier überlebt nicht wahr?“, während der ganzen Rede wäre Reina am liebsten im Boden versunken und nie wieder aufgetaucht und es wurde kaum besser, „ So möchtest du uns dann etwas über dich erzählen?“, sie schüttelte vehement den Kopf, „Gut dann können die anderen dir jetzt Fragen stellen.“ Reina dachte sie müsse auf der Stelle sterben, als erstes fragte ein komisch aussehender Typ aus der letzten Reihe mit einem breiten Grinsen: „He hast du ´nen Freund?“ Sie wusste nicht so Recht was sie sagen sollte und bleib sprachlos stehen, da fragte ein Anderer: „Bist du Stumm?“, wieder nicht grad die Steilvorlage für eine Konversation, die nächste Frage kam prompt, wieder vom ersten Typ: „He Stadtmädchen gehst du mit mir aus?“, ihre Reaktion beschränkte sich auf ein Stoßgebet, dass diese Situation bald zu Ende sein würde. Trotz Sandras wiederholtem Eingreifen beendete erst das Klingeln die peinlichen Fragen, denn sofort als es erklungen war sprang sie auf und verlies mit Reina zielgerichtet den Raum. „Tut mir echt Leid, ich hätte dich warnen sollen, wir haben ein Paar echte Idioten in der Klasse und das Schlimme ist die Lehrerin unterstützt sie noch. Aber ich fürchte solche Zustände hättest du in allen Klassen gehabt. Die sind eben erst im ersten Jahr und achtzehnjährige Jungs müssen sich immer Beweisen und ihr Revier markieren und so. Tja und du bist hier so was wie eine Rarität. Es kommt nicht oft das Leute aus der Stadt herziehen.“, sie lächelte Reina ein wenig Mitleidvoll an und bemerkte dann,“ Im nächsten Unterricht haben wir Geschichte, da kannst du dich ein bisschen entspannen. Der Lehrer merkt gar nicht das du neu bist und die anderen wagen es nicht dich blöd anzumachen solange ich bei dir bin.“ Tatsächlich war die Situation im Geschichtsunterricht viel entspannter. Das mochte daran liegen, dass sie gerade Caesars Bellum Gallicum und die Einflüsse und Magie der Druiden, welche dort geschildert wurden besprachen und vielleicht auch daran, dass der Lehrer Herr Pristinus so aussah als könnte er diese Zeit noch life miterlebt haben. Reina hatte sich auf den Platz neben Sandra gesetzt und wenn der Lehrer ihnen gerade den Rücken zukehrte um an der Tafel zu schreiben fuhr Sandra damit fort ihr die Karte der Schule zu erklären. Der Unterricht war wirklich nicht sonderlich interessant und auch wenn Herr Pristinus sich alle Mühe gab die Schüler zu begeistern, so gelang es ihm leider nicht, zur Mitte der Stunde waren alle außer Reina und Sandra tief und fest eingeschlafen. Als der Lehrer sich das nächste mal zur Tafel umdrehte musste die allgemeine Müdigkeitswelle auch ihn erfasst haben, denn seine Hand stoppte mitten an der Tafel und man hörte ein lautes Schnarchen. „Ach, nicht schon wieder“, sagte Sandra, „tja schätze damit ist der Unterricht für heute beendet komm Rei ich führ dich weiter rum. Ist eh grad besser als in der nächsten längeren Pause, da müssen wir uns ja doch nur durchs Gewimmel schlagen.“ „Umm, bist du dir ganz sicher, dass es in Ordnung ist, ich meine können wir ihn einfach so stehen lassen?“ „Klar, mach dir da mal keine Gedanken falls uns irgendwer anspricht sagen wir einfach wir wollten einen Lehrer holen um die Klasse stattdessen zu unterrichten. Wenn der erst mal schläft wird er nicht mehr so schnell wach und wenn doch vergisst er in der Regel eh gleich wieder einen irgendwo einzutragen.“ Sandra entschied sich Reina das Gebiet vor der Schule noch mal genauer zu zeigen. Als sie gerade das Schulgebäude verlassen hatten, entdeckte sie unter einem der Bäume zwei ihr vertraute Personen. „Ach nein wen haben wir denn hier? Komm mal mit Rei.“, sie gingen in die Nähe der beiden Personen und Reina erkante, dass es sich um zwei Männer handelte. Beide waren genauso bleich wie Sandra und der eine mit den mittellangen schwarzen Haaren und den eisblauen Augen schien noch mehr Farbe zu verlieren als er Sandra auf sich zukommen sah. Der Andere, mit den dunkel türkisfarbenen Haaren machte sich weder die Mühe die Augen zu öffnen, noch die Kopfhörer abzusetzen, obwohl er Sandra zuvor deutlich gesehen hatte. „Solltet ihr Beiden nicht im Unterricht sein? Ich meine von Aaron hätte ich ja nichts besseres erwartet, aber das du da mitmachst Oscar. Ich bin schockiert!“ Während der schwarzhaarige Junge noch versuchte sich irgendeine Entschuldigung einfallen zu lassen, blieb der andere ganz entspannt liegen. Wobei er aber wenigstens die Kopfhörer abnahm und man wirklich laut San Sebastian von Sonata Arctica vernahm. „Was denkst du würde Dad wohl dazu sagen wenn er, das wüsste, geschweige denn Ma, hm? Aaron ich rede auch mit dir!“ Aaron öffnete endlich die Augen und begann zu antworten: „ Ja, ja ist ja gut Sis, hör auf di...“, in dem Moment brach seine Stimme ab. Er hatte Reina wahrgenommen und ihre Blicke hatten sich getroffen. Selbst wenn er gewollt hätte, in dem Moment konnte er einfach nicht weitersprechen. Er versank mehr und mehr in diesen tiefen, wunderschönen, dunklen blauen Augen. Es war als würden sie ihn wegziehen von allem was war und gewesen war, Reina ging es genauso, sie verlor jedes Gefühl für Zeit, sodass es ihr nicht einmal mehr peinlich war, dass sie nicht aufhören konnte in diese warmen, alles umfangenden weinroten Augen zu starren. Erst als ihr klar wurde das Sandra und Oscar sie anstarrten, lief sie knallrot an und schaute verlegen in eine andere Richtung. Im Vergleich zu ihr gelang es Aaron nicht seinen Blick von zu lösen. Er blieb am Boden liegen wie jemand der vom Blitz erschlagen worden war. Sandra hingegen legte den Kopf schräg dachte kurz nach und fing dann an wirklich breit zu grinsen. „Hm vielleicht erzähl ich Dad doch nichts. Es klingelt ja eh gleich und dann wird es auch langsam Zeit fürs Mittagessen. Äh Reina hast du überhaupt was dabei ansonsten gehen wir in die Cafeteria?“ Reina die dankbar für die Ablenkung war erwiderte: „K...klar hab ich was zu Essen dabei.“ „Hi, hi klasse dann können wir ja hier alle zusammen essen. Aaron setz dich doch bitte vernünftig hin, wenn du hier alles voll liegst kann sich Rei doch gar nicht mehr da hinsetzen. Reina das mit den türkisfarbenen Haaren ist mein Bruder Aaron und der mit den schwarzen Haaren ist mein Stiefbruder und Freund Oscar. Ihr beiden das ist Reina, sie ist mir zweimal vors Auto gelaufen und jetzt sind wir Freundinnen. Das nennt man Ironie des Schicksals.“ Bei diesen Worten wurde Reina ganz warm, sie war noch nie von jemandem als Freundin bezeichnet worden und es tat ihrer Seele wirklich gut. Oscar begrüßte Reina eher zurückhalten, genauso wie sie ihn. Peinlich wurde die Sache erst bei Aaron, der mittlerweile im Schneidersitz neben ihr saß und sie unablässig aus den Augenwinkeln anstarrte. Es kam während des ganzen Mittagessens noch häufiger zu Vorfällen, die Reina dazu brachten ihre Farbe chamäleonartig zu ändern. Als die Pause sich dann dem Ende entgegenneigte wusste sie nicht so recht ob sie froh sein oder heulen sollte, weil es bald vorbei war. Erst in den letzten paar Minuten viel ihr auf, dass Aaron sie anstarrte, doch irgendwie schaffte er es immer ihrem Blick auszuweichen und plötzlich interessiert auf ihr Essen zu starren, sodass sie ihn irgendwann fragte: „Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“ Aaron schaute bedrückt weg und bemerkte nuschelnd: „Ich frag mich nur schon die ganze Zeit wie, das wohl schmeckt. Riechen tut es jedenfalls sehr gut.“ „Ähm, wenn du willst kannst du den Rest gern essen, so viel hätte ich eh nicht geschafft“, bemerkte sie und schob ihm ohne ihn anzuschauen den Rest ihres Mittagessens rüber. „Wirklich? Da- danke.“, in dem Moment klingelte es, sodass sie sich in ihre Kursräume begeben mussten Aaron versprach aber noch,“ Ich, ich bring dir das Gefäß morgen wieder abgewaschen mit versprochen.“ Durch irgendein Wunder schaffte Reina es den restlichen Schultag auch noch zu überstehen. Sie ging mit Sandra zurück zum Parkplatz, immer hoffend, dass sie ihn vielleicht noch mal sehen könnte und gleichzeitig immer in Angst davor. Als sie am Parkplatz angekommen waren bestand Sandra darauf Reina nach Hause zu bringen, die Gefahr, dass ihre beste Freundin vor ein Auto lief war ihr einfach zu groß. Reina hatte bei der Sache zum ersten Mal kein gutes Gefühl, weil ihr etwa klar war was Gesprächsthema sein würde und tatsächlich schon als sie eine halbe Minute fuhren begann Sandra: „Und wie findest du meinen Bruder?“ Reina tat noch so als würde sie nicht verstehen: „Welchen? Und was meinst du jetzt genau mit finden?“ „Rei, dass ist nicht nett ich hab das Gefühl du weißt ganz genau was ich meine. Magst du Aaron? So vom ersten Eindruck her ?“ „Ähm, ähm“, Reina spürte wie sie schon wieder rot wurde und schaute verlegen aus dem Fenster, „Äh keine Ahnung ich meine ist ja jetzt nicht so, dass ich ihn irgendwie genau kennen würde, also ich weiß nicht ob ich ihn mag. Argh das klang jetzt irgendwie falsch, also es ist nicht so, dass ich ihn nicht mag. Ich kenne ihn nur nicht und ja, ähm können wir bitte, bitte das Thema wechseln.“ „Hi, hi, hi ist doch kein Grund gleich so nervös zu werden. Geschweige denn eine Begründung für diese plötzlichen Farbumschläge. Was hältst du davon wenn ich dich jetzt immer früh abhole? Ist doch viel lustiger zu zweit.“ „Wollte dein Vater nicht, dass du ab Morgen wieder deinen Bruder mitnimmst?“ „Oh ich wusste ja nicht, dass du solche Sehnsucht danach hast ihn wieder zu sehen.“ „Was nein, nein so meinte ich das nicht, Aaaah!“ „Schon in Ordnung ich weiß wie du es meintest, aber es ist einfach zu putzig wie du die Farben wechselst und wie du dich versuchst rauszureden hi, hi, hi ,hi. Gibst du mir noch deine Telefonnummer, damit ich dich anrufen kann wenn mal was ist?“ „Klein, kar, äh ich meine Klar kein Problem, hast du was zuschreiben?“ „Mhm hier“, Sandra holte ein kleines Notizheft aus dem Handschuhfach und gab es Reina, „Übrigens glaube ich, dass er dich auch mag!“ „Was? Wovon...“ „Wovon wohl? Du bist das erste Mädchen neben dem er ganz ruhig gesessen hat, normalerweise sieht man ihm an, dass er froh ist wenn er von den Leuten aus der Schule wegkommt. Außerdem isst er in der Regel, nur das Essen das er sich selbst oder, das unsere Mutter für ihn gemacht hat. Übrigens, er mag Süßigkeiten sehr!“ „Sandra was zum...“, Reina musste sich kurz fassen, da sie das Gefühl hatte, dass ihr Kopf gleich wegen deutlich überhöhtem Blutdruck explodieren würde. Allerdings sprach sie dann doch nicht weiter, da sie bereits bei ihr zu Hause angekommen waren und sie sich von Sandra verabschieden musste. Der Rest des Tages verging nur schleppend und Reina wünschte sich mehr als einmal in die Schule zurück. Als sie dann das Abendessen vorbereitete nutzte sie die Zeit, die während der Verarbeitungsschritte anfiel um Schokoplätzchen zu backen und belegte sie mit einem Frischezauber, den sie zufällig an dem Tag im Unterricht gelernt hatten. Kapitel 2: Die Einladung ------------------------ Als Reina am nächsten Morgen zur Schule aufbrechen wollte merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Tatsächlich stand nicht Sandras Auto vor ihrer Tür. Irritiert ging sie erst einmal daran vorbei und wahrscheinlich wäre sie auch einfach zur Schule gewandert, wenn sie nicht eine bekannte Stimme wahrgenommen hätte, die sie an Ort und Stelle festwurzeln ließ. „Hey, guten Morgen. Äh Sandra meinte sie hätte noch was wichtiges vor und wollte das ich dich mitnehme. Na ja unser Vater hat bald Geburtstag und daher braucht sie noch Zeit um mit den Anderen was vorzubereiten, also nicht das ich nichts mit vorbereiten würde oder so. Ich rede ziemlich viel wirres Zeug oder? Passiert mir komischerweise immer wenn du in der Nähe bist, äh das war jetzt nicht negativ gemeint oder so.“, Aaron seufzte kurz und versuchte sich zu beruhigen, „Tut mir Leid, ähm hier.“ Er hielt Reina, die dankbar war, dass sie keine Antwort stottern musste eine saubere Plastikbüchse entgegen und sagte: „Hatte dir ja versprochen, dass ich sie dir abgewaschen wieder zurückbringe. Das Essen hat übrigens sehr gut geschmeckt.“ „Wirklich?“, fragte Reina die mittlerweile ihre Sprache wiedergefunden hatte. Sie schaffte es sogar kurz Aaron hoffnungsvoll anzuschauen. „Mhm.“ „Äh, na ja ich hatte gehofft, dass du so was sagen würdest und ähm, du hattest ja gestern auch nichts zu Essen dabei und da dachte ich, wenn ich eh schon mal in der Küche bin und koche... ... hier“, sie hielt ihm eine große Brotbüchse entgegen, in der sich würziger Eireis mit Hünchenfleisch befand. Oben auf der Büchse lag ein Säckchen in dem sich die am Abend zuvor gebackenen Kekse befanden. Neben dem Säckchen waren noch kleine Tüten mit Soße und Salz und Einwegstäbchen an der Schachtel befestigt. „Wow, is...ist das wirklich für mich?“, Aaron war von dieser Geste ziemlich überrascht und lächelte Reina sehr liebenswürdig an. „K..klar“, sie wurde noch stärker rot als sie es vorher schon gewesen war, „Ähm vielleicht sollten wir losfahren. Nicht das wir noch zu spät zum Unterricht kommen.“ Beiden war klar, dass das nur eine Ausrede war um der peinlichen Situation zu entkommen. Tatsächlich entspannte sich die Situation im Auto jedoch kaum. Reina saß die ganze Zeit ziemlich starr auf dem Beifahrersitz und bemühte sich so aus dem Fenster zu schauen, dass sie nicht die ganze Zeit seine Reflektion in der Scheibe sah. Während Aaron starr auf die Straße guckte und seine Handabdrücke im Lenkrad verewigte. Sie waren froh, als sie endlich den Parkplatz erreichten und wieder etwas Abstand zwischen sie kam. Den Weg bis zur Schule legten sie genau wie die Fahrt stillschweigend zurück. Erst als sie dann am Tor waren wurde Reina klar, dass sie durch ihre Schüchternheit die perfekte Situation verpasst hatte, mal ganz allein mit ihm zu reden. Aaron schien genau das Gleiche klar geworden zu sein, denn beide drehten sich in diesem Moment zueinander um, um etwas zu sagen. Was aber nur dazu führte, dass sie beide erröteten und peinlich berührt wieder wegsahen. Sie blieben vor dem Schultor in einer erdrückenden Stille stehen. Sandra und Oscar hatten die Beiden auf ihrem Weg verfolgt und saßen jetzt hinter einer nahegelegenen Hecke. „Ich hätte Aaron doch Flirtunterricht geben sollen. Du kannst nichts von einem tausendjährigen Elf erwarten der noch nie eine Freundin hatte, mal von der abgesehen die ihm seine Eltern ausgesucht haben und die musste er ja nicht umwerben. Man der Typ ist wie ein Kind. Allmählich glaub ich echt der wüsste nicht mal etwas mit Rei anzufangen wenn sie nackt vor ihm stehen würde.“, erklärte Sandra. „Ach was, du hast etwas zu hohe Erwartungen in ihn. Wie du schon sagst er musste noch nie um jemanden werben. Das ganze ist schon schwer wenn du versuchst irgendein Mädchen rumzukriegen und es wird nicht einfacher wenn du Jemanden wirklich magst. Lass ihm Zeit sich an ihre Gegenwart zu gewöhnen. Das wird schon von ganz allein seinen Lauf nehmen. So war es bei uns ja auch und überleg nur wie schüchtern ich am Anfang war. Dagegen ist Aaron ja ein richtiger Casanova.“ „Mhm. Was heißt hier wie schüchtern du warst? Nennst du das was du jetzt bist etwa mutig? Ha, das wäre der Witz der Woche.“ „Aua, das war jetzt wirklich unter der Gürtellinie. Immerhin krieg ich kein Nasenbluten mehr wenn du mit mir redest oder mich anguckst oder im selben Haus wie ich bist.“ „Oh ja mein Schatz, du bist wirklich ein richtiger Held“, sagte Sandra spaßeshalber und gab Oscar einen zärtlichen Kuss, „Aber das rettet Aaron trotzdem nicht vor dem Flirtkurs. Tust du mir den Gefallen und bereitest schon mal alles vor wenn du nach Hause kommst? Bei mir könnte das noch eine Weile dauern.“ In der Zwischenzeit hatte Reina ihre Stimme wiedergefunden und sagte leise: „Da ...danke, dass du mich hergefahren hast, es war...ähm, na ja, äh wirklich nett.“, sie lief wieder knallrot an und fügte bevor sie in Richtung Eingangstür davon rannte hinzu, „ Müssen wir unbedingt mal wiederholen. Ähm, wir sehen uns dann in der Pause oder?“ Aaron stand etwas erschlagen noch längere Zeit am Tor herum und war sich nicht so sicher ob er gerade richtig gehört hatte. Als er begriff, dass er seinen Ohren noch trauen konnte lächelte er sanft und flüsterte zu sich selbst: „Nett? Hm, na ja ist zumindest ein Anfang.“ Sandra betrat den Klassenraum erst kurz vor Stundenbeginn und setzte sich neben Reina, in die Mitte der mittleren Bankreihe. Es wunderte sie ziemlich, dass sie nicht wie üblich freudestrahlend begrüßt wurde und sie fragte sich ob sie irgendetwas falsch gemacht hätte. Doch bevor sie nachfragen konnte hatte der Lehrer bereits den Kursraum betreten und da es ihr Vater war, wäre es nicht klug gewesen negativ aufzufallen. So zog sich die Unterrichtsstunde über das korrekte zeichnen von Pentagrammen und verschiedenen Runenzeichen unnötig in die Länge, wobei diese Dinge sie schon normalerweise nicht interessierten. Das einzige Positive war, dass Reina das Thema wirklich spannend zu finden schien und das sie darüber anscheinend ihre Wut vergaß. Als die Unterrichtstunde nach drei realen Stunden endlich beendet war, traute Sandra sich zuerst nicht Reina anzusprechen. Als sie sich dann jedoch zusammen auf den Weg nach draußen machten, sie hatten als nächstes eine Lernstoffeinheit die mit magischen Pflanzen zu tun hatte und auf dem hinteren Schulhof abgehalten wurde, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten und fragte: „Rei, ist alles in Ordnung? Du bist heute so still.“ „Ja ich glaube schon. Plant ihr ein großes Fest zum Geburtstag eures Vaters?“ „Na ja kommt drauf an was man groß nennt. Im Verhältnis zu dem was wir schon hatten ist es eher klein. Nur die Familie, also wir, Ma, seine Brüder und sein Vater. Wir haben heut früh die bedruckten Spruchbänder abgeholt und den Geschenken und der Deko den letzten Schliff gegeben. Wieso fragst du wolltest du auch kommen?“, Reinas eher grimmiger Gesichtsausdruck in Richtung du weißt ganz genau was ich meine brachte sie dazu zu sagen: „War es nicht ok, dass ich Aaron geschickt hab? Ich weiß, dass du ihn magst und ich dachte, dass du dich in seiner Nähe wohler fühlen würdest, als wenn ich Oscar schicke. Der ist zwar wirklich putzig, braucht aber einige Zeit bis er jemandem gegenüber auftaut. Dad kam auch nicht in Frage, wir waren froh ihn aus dem Haus zu haben, damit er nichts mitkriegt und Ma war auch beschäftigt.“ „Nein, nein war schon in Ordnung. So meinte ich das nicht oder vielleicht doch ich weiß nicht. Ich hatte nur das Gefühl, dass das alles Absicht war oder zumindest zuviel Zufall. Es ist nur ich versuche ihn seit gestern aus meinem Kopf zu bekommen, aber immer wenn ich glaube ich hab´s geschafft taucht er wieder auf, mit seinem unverschämt verführerischen Lächeln und seinen tiefroten, sanften Augen, argh warum erzähl ich dir das überhaupt?“ Sandra hatte sie reden lassen, in der Hoffnung, dass sie sich verplappern würde und während all der Zeit war es ihr wirklich schwer gefallen nicht zu kichern. Nachdem all das aus ihr rausgeplatzt war fühlte sich Reina aber zumindest deutlich wohler und Sandra antwortete: „Willst du wirklich wissen weshalb du ihn nicht vergessen kannst?“ „Nein danke, ich fürchte wenn du es aussprichst falle ich in Ohnmacht! Ich hab genügend Liebesromane gelesen um es mir denken zu können.“ „Du hast bloß darüber gelesen? Warst du noch nie verliebt?“ „Verhalte ich mich deiner Meinung nach als wäre irgendetwas daran nicht neu für mich? Ich ..., bevor wir hierher gezogen sind hatte ich gar keine Freunde, dass mag daran liegen das ich immer auf der selben Schule war wie meine Schwester. Sie ist unglaublich gut dabei mit Menschen umzugehen. Sie hat es immer in Minuten geschafft, dass mich alle hassen und blöderweise kann ich nicht sonderlich gut mit Menschen. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass du es solange mit mir ausgehalten hast. Geschweige denn, dass Aaron mich immer noch sehen kann, wo ich ihn wahrscheinlich immer wie eine schwer Geistesgestörte anstarre.“, Reina seufzte leise und fügte dann noch leise hinzu, „Ich war immer die Streberin egal wo ich hingekommen bin und immer allein. Noch dazu kann ich seit meiner Geburt Gedankenlesen, dass scheint ein magisches Talent zu sein, das mir in die Wiege gelegt wurde und auch wenn ich diese Gabe eigentlich kaum anwende, manche Dinge kann man einfach nicht überhören. Es fällt einem wirklich schwer auf die meisten Leute zu zugehen, wenn man ihre Gedanken kennt. Man sagt ja der erste Eindruck zählt, hm da hab ich nur selten einen guten gehabt und wahrscheinlich auch nur selten einen gemacht.“ Sandra hätte am liebsten geheult. Es war unglaublich herzereißent wie dieses Mädchen ihr Herz ausschüttete und sie sagte: „Ich bin gern deine Freundin. Du hast so etwas unschuldiges, du bist eine von den Personen die man gerne beschützen möchte. Außerdem bist du ehrlich und real, nicht so wie die meisten Mädchen hier die sich alle verstellen um dem Typen oder dem Typen zu gefallen. Glaub mir du fühlst dich hier vielleicht deplaziert, weil die Jungs alle vorpubertär sind, aber das wird mit der Zeit besser werden. Zumindest bei manchen und nebenbei ich glaube, dass genau diese Ehrlichkeit das ist was Aaron an dir gefällt. Er war schon immer sehr weit für sein Alter, als hätte er schon ein Paar Leben gelebt. Du bist genau das was er immer gesucht hat, jemand der es ernst mit ihm meint und zwar nicht nur für ein paar Tage oder Nächte. Außerdem Streber zu sein gehört bei uns zu einem Familienmerkmal. Das ist nichts was du als negativ auffassen solltest. Schließlich gehen wir alle zur Schule, weil wir nach Wissen streben.“ „Sandra du bist klasse, du weißt wirklich was einen aufmuntert.“, sagte Reina mit Tränen in den Augen. „Sch, Sch, nicht weinen alles ist gut. Lächele wieder ja! Guck mal wir haben gleich Botanikunterricht und da werden die beiden ersten Jahrgangsklassen zusammengelegt und du willst doch nicht, dass Aaron sieht das du geweint hast oder? Sonst musst du ihm noch erklären warum und das wird dann richtig peinlich!“ Sandra nahm sie kurz sanft in den Arm um sie zu beruhigen und dann gingen sie weiter. Als sie ankamen war die Parallelklasse samt Cindy bereits versammelt und nach dem Gesichtsausdruck der Leute zu urteilen hatten sie schon einige Geschichten über Reina gehört. Die meisten guckten allerdings nicht schlecht, als sie Sandra an ihrer Seite sahen, die zumindest inoffiziell den Ruf des beliebtesten Mädchens der Schule hatte, auch wenn sie nichts dafür tat. Tatsächlich klappten ihre Kiefer noch weiter hinunter als Aaron und Oscar sich aus ihrer Gruppe lösten und zu den beiden hinübergingen. Während Oscar Sandra ganz normal liebevoll in den Arm nahm, durfte Aaron nur da stehen und Reina anschauen. Ihm viel natürlich auf das ihre Augen gerötet waren und er fragte ganz lieb: „Alles in Ordnung? Hast du geweint?“ „Äh nein ich hab nur was in die Augen bekommen. Ich muss gegen irgendetwas hier allergisch sein. Ist aber wirklich lieb von dir, dass du dir Sorgen machst.“, tatsächlich musste sie bei der Vorstellung lächeln. Als der Unterricht begann kam Cindy zu der Gruppe herüber, stieß Reina, die grad eine Pflanze in der Hand hatte wirklich so übel zur Seite, dass sie fiel, stellte sich dann demonstrativ vor die Strauß und sagte: „Hi ich bin Cindy Sanktin. Du musst bestimmt Sandra sein, ich muss zugeben du bist wirklich hübsch, aber ob du willst oder nicht ich werde bald das beliebteste Mädchen der Schule sein. Wenn du aber brav bist und rechzeitig zu mir wechselst, kannst du vielleicht die zweite sein.“ „Äh nein danke! Ich gebe nicht viel auf meinen Ruf und es ist mir so ziemlich egal was oder wer du bist und was Leute von mir halten es gibt wichtigere Sachen und jetzt geh mir bitte aus den Augen du...“, Oscar war so nett sie ein wenig von der Szene wegzuziehen, sodass die wirklich nicht jugendfreien Ausdrücke im Stimmengewirr der Klasse, die sich darüber wunderte, dass sich jemand von diesem coolen Mädchen aus der Stadt abgrenzte, untergingen. „Hmm und was haben wir denn hier?“, fragte Cindy als sie sich vor Aaron stellte und ihn von oben bis unten musterte, „Ich hoffe wirklich, dass du nicht so dumm bist wie deine Schwester. Ha da verbindet uns doch schon etwas, meine Schwester ist auch total daneben.“, sie schaute auf Reina, die wusste was sie ihm gleich anbieten würde und sich keine Chancen mehr ausmalte, dass er nicht darauf einsteigen würde, „Na du bist aber mal ein hübscher Junge, hätte ja nicht erwartet so etwas hier draußen am Arsch der Welt zu treffen. Mhm du könntest wirklich mit jedem Stadtjungen mithalten. Komm werde mein Prinz und wir regieren diese Schule gemeinsam, denn ehrlich gesagt wollte ich dich schon von der ersten Sekunde, als ich in eure Klasse kam und dich gesehen hab und du hast eh keine Wahl, früher oder später bekomme ich immer was ich will.“ Nachdem sie fertig war streckte sie Aaron die Hand entgegen. Dieser schaute sie an als hätte sie eine ansteckende Krankheit, blickte dann in Richtung seiner Geschwister, die mittlerweile das Schulgelände kurz verlassen hatten, damit Sandra sich abregen konnte und guckte dann Reina an, die sich mittlerweile einigermaßen aufgerichtet hatte, es aber aus Angst zu sehen wie sie ihn verlieren würde, nicht wagte seinen Blick zu erwidern. Es war nicht gerade eine Entscheidung über die er lange nachdenken musste. Er ging einfach ohne Cindy auch nur eines Blickes zu würdigen an ihr vorbei, kniete sich neben Reina und half ihr dann sanft wieder aufzustehen. Diese konnte kaum fassen, was da gerade geschehen war und schaute ihn nur etwas unbeholfen an. Sie hatte nicht gerade das Gefühl, dass sie in dem Moment hätte gehen, stehen, reden oder auch nur denken können. Aaron der von dieser starken Reaktion etwas überfordert war, musste von der Lehrerin mehr als zweimal aufgefordert werden Reina in die Krankenstation zu bringen. Als er sie auf seine Arme nehmen wollte um sie dorthin zu tragen, gewann Reina aber doch zumindest die Kraft zum Gehen zurück. In der Krankenstation angekommen diagnostizierte die Schulärztin einen leichten Schockzustand und befreite Reina von dem restlichen Botanikunterricht. Aaron blieb die ganze Zeit an ihrer Seite, damit ihr nicht langweilig wurde, nur kurz verließ er sie um das Essen, welches sie ihm am Morgen gegeben hatte zu holen. Nach einiger Zeit gesellten sich auch Sandra und Oscar zu den Beiden. „Hei, wie geht´s dir Rei?“, fragte Sandra besorgt, „Ich hab gehört was passiert ist nachdem wir weg waren. Sag mal was riecht hier eigentlich so gut?“, ihr Blick fiel auf Aarons Essen. Dieser verfolgte ihre Gedanken und knurrte sie an als sie näher kam, „Ach komm schon ich bin deine Schwester, mir kannst du doch ruhig was abgeben oder?“, ein weiteres Knurren folgte dem Ersten als Antwort, „Ach komm schon du alter Geizkragen ich hab vergessen mir heut was zu essen mitzunehmen.“ Als Antwort zuckte Aaron mit den Achseln und schaufelte den restlichen Reis mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit in sich hinein. Sandra musste zugucken und ihr lief das Wasser im Mund zusammen. Oscar hingegen war eigentlich zu sehr besorgt um Reina als Hunger zu haben, diese jedoch verfolgte das Schauspiel gutgelaunt und konnte sich sogar zu einem Lächeln durchringen. „Freut mich das es schmeckt“, sagte sie sanft. Aaron versuchte zu antworten hatte den Mund aber noch voller Reis, was die Sache problematisch machte, „Sandra wenn du Hunger hast kannst du ruhig mein Lunchpaket essen. Es ist in meiner Tasche im Raum, ich hab grad eh keinen Hunger.“ „Wirklich??? Yeay!“, sie dampfte ab um sich ihr Essen zu holen und Oscar folgte ihr. Aaron hatte mittlerweile die Kekse entdeckt und begonnen gedankenverloren an einem zu knabbern, während sich Reina von der Liege aufsetzte. „Hmmmm. Ich mag Kekse!“, war das Erste, dass Aaron nach einer kleinen Pause sagte. „Freut mich wenn sie dir schmecken.“ „Willst du auch einen?“ „Knurrst du mich dann auch an?“ „Nein, dass mach ich nur bei Sandra, weil sie mir sonst alles wegessen würde. Außerdem hab ich dir ja einen angeboten.“ „Hm ok, aber nur einen“, als Antwort grinste Aaron süß und hielt ihr den Beutel hin. „Ist dir schon aufgefallen, dass wir mehr als zwei Sätze miteinander gesprochen haben ohne, dass du rot geworden oder gestottert hast?“, fragte er und grinste süß. Wie aufs Stichwort lief Reina diesmal in einem leuchtenden karmesinrot an und sagte: „Nein ist mir bis jetzt noch nicht aufgefallen. Ich fürchte der Rekord ist jetzt auch hin.“ „Hm, macht nichts“, er knabberte mittlerweile an einem anderen Keks, „Ich mag es wenn du rot wirst!“, das karmesinrot verwandelte sich in ein starkes neonrot, „ Es steht dir, du siehst dann noch süßer aus als vorher.“ Das neonrot war mittlerweile in ein intensives Weinrot übergegangen und Reina erachtete es für besser sich wieder hin zu legen und die Beine anzuwinkeln um ihren Kreislauf zu stabilisieren. Nach der Mittagspause folgten Sandra und Reina weiterhin dem Unterricht. Die Rötung in ihrem Gesicht ging jedoch nicht ganz wieder weg, es blieb noch den ganzen Rest des Tages ein leichter Rosaton. Erst als sie zusammen an ihren Schließfächern standen hatte Reina das Gefühl wieder einigermaßen klar im Kopf zu sein. Gerade als sie ihren Spinnt öffnen wollte stieß Sandra ihren mit einem entnervten Stöhnen zu und sagte: „Ich kann nicht glauben, dass ihr uns nicht einmal einen Keks übriggelassen habt! Das ist so gemein!“ „Tut mir Leid. Ich esse ja eigentlich nicht so gerne Kekse, aber es war die einzige Möglichkeit nicht weiter miteinander reden zu müssen.“ „Uhh, worüber habt ihr denn gesprochen? Du hast ja ewig gebraucht um dich wieder zu entfärben. Die Krankenschwester wollte dich gar nicht mehr gehen lassen, die dachte du hättest einen Blutstau aufgrund des Schocks.“, bei der Vorstellung konnte sie sich das Kichern wirklich nicht mehr verkneifen. „Äh, nicht so wichtig“, Reina öffnete mehr um sich selbst abzulenken ihren Spinnt, dabei viel ein kleiner gefalteter Brief hinaus, der wohl an der Seite hineingeklemmt worden war, „Huh, was ist denn das?“ „Hm, Was denn? Uh ein Brief, mach ihn auf, mach ihn auf. Oh bitte!“ Reina öffnete den Brief und zeigte ihn Sandra. Es stand nicht viel darauf, nur: Morgen nach der Schule, hinterer Schulhof am alten Baum. „Das ist bestimmt eine Einladung“, sagte Sandra die bemerkte, dass Reina sie mehr als verdächtigend ansah, „Sieht nach Aarons Schrift aus! Wirst du hingehen?“ „Ja ich denke schon.“ Sandra fuhr sie wie gewohnt nach Hause und setzte sie dort vor ihrer Haustür ab, nicht ohne ihr noch einen schönen Abend zu wünschen und sie daran zu erinnern, dass sie am nächsten Tag eine Verabredung hatte. Reina verabschiedete sich nur äußerst ungern von Sandra, denn auch wenn der Tag anstrengender gewesen war als der Schultag zuvor, so hatte es doch auch wirklich schöne Momente gegeben und ihr war klar was ihr blühte wenn sie durch diese Tür in den Vorhof der Hölle schreiten würde. Tatsächlich überstieg das was sie antraf ihre schlimmsten Befürchtungen. Ihre Schwester war vor ihr zu Hause angekommen und hatte natürlich alle Zeit der Welt gehabt ihren Eltern zu erzählen was passiert war. Dementsprechend hatten sie die kleinsten Kinder nach oben geschickt und zu dritt auf sie gewartet. Reina trat durch den Flur ins Wohnzimmer, wo der Tür zugewandt drei Stühle standen die jegliche Fluchtwege abschnitten. Vor jedem der Stühle stand eine Person. Sie fragte sich wer wohl diesmal zuerst sprechen würde. Es war ihr Stiefvater der mit vor Wut zusammengepressten Zähnen anfing: „Du! Du nichtsnutzige Dreckgöre, du wagst es unserer Tochter die Freunde weg zu nehmen? Du kleine, dumme Streberin glaubst das du das Recht auf Freunde hättest?“, er sabberte vor Wut bei jedem Wort. Reina wusste, dass es keinen Sinn machte mit ihnen zu reden wenn sie in der Stimmung waren, es machte alles nur noch schlimmer, also erwiderte sie nichts, was die drei nur noch mehr in Rage brachte. „Mama, sie nimmt mir die beliebtesten Leute in der Schule weg und der süßeste Typ interessiert sich nicht für mich! Aber die da will er! Ich will ihn, mach das ich ihn bekomme! Sofort!“ Ihr schwante nichts gutes als sie das hörte und als sie ihre Mutter daraufhin antworten hörte: „Oh Schatz mach dir keine Sorgen. Wenn wir mit ihr fertig sind wird er sie ganz sicher nicht mehr wollen und ihre Freunde auch nicht!“, lief es ihr eiskalt den Rücken runter. Am liebsten hätte sie eine Schutzrune gezeichnet, aber das hätte zu lange gedauert und ihre magischen Schilde waren noch zu schwach um ihrem Stiefvater standzuhalten wenn er wirklich wütend war und das war er definitiv. Sie hörte zwei Peitschen knallen, spürte den Schmerz als die Lederriemen in ihr Fleisch drangen, wenn auch nicht lange da ihr Stiefvater mal mit der Faust, mal mit einer eigens dafür in der Küche deponierten Eisenstange auf sie einschlug. Ziemlich schnell versagten ihr ihre Füße den Dienst und sie brach zusammen. Das Letzte was sie wahrnahm war der verschwommene, sich nähernde Fußboden und der Geschmack von Blut. Währendessen machte Sandra zu Hause ihre Drohung war. Es war alles für Aarons Flirtschule aufgebaut. Es standen ein paar Tische mit Stofftieren zum Üben des Gesprächs bereit und noch einige andere Dinge. „Also wir nehmen heute ein lebensgroßes Reina Kuscheltier, hm haben wir nicht gut nimm die Katze da, um die Grundregeln des Flirtens zu erläutern“, erklärte Sandra, „Aaron hör mir gefälligst zu!“ „Aber das hilft mir alles nichts, wenn ich Reina gegenüberstehe kann ich das eh nicht mehr.“ „Muss ich wieder die Zeitung und die Fleischbrocken holen und dich dressieren wie den Hund?“ „Oscar hilf mir, deine Freundin dreht durch. Beruhig sie, halt sie mir vom Hals nur mach irgendetwas!“ „Vergiss es! Ich misch mich da nicht ein. Das hast du dir selbst eingebrockt.“ Reina wachte am nächsten Tag durch einen schmerzhaften Tritt in die Seite auf. „Hei, du blöde Kuh. Hör auf zu schlafen mach uns gefälligst was zu essen!“, forderte ihre 10-jährige Schwester. Reina fühlte sich immer noch total zerschlagen und kaputt und sie wollte sich lieber nicht vorstellen wie sie wohl gerade aussah. Trotz allem stand sie auf und tat was ihr gesagt worden war, denn sie wusste würde eins der jüngeren Kinder sich auch noch beschweren könnte sie sich an diesem Abend auf noch mehr gefasst machen. Als sie in der Küche fertig war und die Geschwister versorgt hatte fand sie einen Zettel ihrer Eltern auf dem Stand: Sind mit Cindy in der Stadt kommen gegen Abend wieder. Abendessen sollte dann besser fertig sein! In der restlichen ihr verbliebenen Zeit ging Reina nach oben um ihre Wunden zu betrachten. Es waren glücklicherweise keine im Bereich des Gesichtes und ansonsten hauptsächlich Blutergüsse und Striemen, größtenteils im Rückenbereich. Sie säuberte, verband sich selbst und packte ihre Tasche. Sie war gerade fertiggeworden als Sandra unten an der Tür klingelte. Als sie die Haustür öffnete schall ihr schon ein fröhliches Guten Morgen entgegen. Sandra wunderte sich an diesem Morgen über vieles. Zum einen war Reina viel schweigsamer als sonst, zum anderen saß sie ziemlich steif und ungelenk auf dem Autositz, so als würde sie versuchen sich nicht anzulehnen. Sie schob es aber auf die Nervosität wegen der Verabredung am Nachmittag. Der Tag verging tatsächlich quälend langsam und der einzige Unterricht der Reina an dem Tag Spaß machte war Sport. Das hätte sie an jeder anderen Schule für unmöglich gehalten, doch auf der Magierakademie bedeutete Sport mehr oder weniger die Ausbildung an verschiedenen Waffen und auch bei diesem Freiluftunterricht wurden die beiden Parallelklassen zusammengelegt. Es war die erste Gelegenheit für sie Aaron an dem Tag zu sehen. Tatsächlich übten sie am Anfang des Unterrichtsjahres immer Bogenschießen, was eine Spezialität von Aaron war. Reina die im Leben noch keine Waffe in der Hand hatte, stellte sich etwas schusselig mit dem Bogen an, was Aaron sich nicht lange mit ansehen konnte. „Äh, Reina lass mal ich zeig dir wie es geht ok? Ansonsten verletzt du hier noch irgendwen.“, er nahm ihr den Bogen erst einmal ab und stellte sich eng hinter sieh. Fasste dann vorsichtig um sie herum, gab ihr den Bogen in der richtigen Haltung zurück und führte vorsichtig ihre Hand, „Pass auf, vorsichtig spannen, wichtig ist dabei, dass deine Hand und dein Ellbogen etwa auf Augenhöhe sind. Dann zielst du und...“, Reina hatte den Pfeil versehentlich losgelassen er war ihr einfach doch ein bisschen zu nahe und sie fand es extrem schwer zu zielen, wenn das eigene Herz so stark schlug, dass man alles dreifach sah.“ „Hm probier es doch einfach noch einmal“, sagte Aaron während er die Hilfestellung langsam in eine Umarmung umwandelte. Er ging sogar soweit ihr ins Ohr zu flüstern, „Du siehst echt süß aus in dem Sportoutfit.“ Spätestens in dem Moment war es vorbei mit Reinas Konzentration ihr Gesicht wechselte die Farbe in ein tiefes Dunkelrot und die Pfeile landeten fasst alle mehr als hundert Meter daneben. Irgendwann griff Sandra ein, indem sie Aaron am Ohr von ihr wegzog und sagte: „Ich wollte zwar das du flirten lernst, aber du sollst sie doch nicht total aus dem Konzept bringen, wenn du so weitermachst fällt sie hier gleich um.“ Tatsächlich verlief das Training danach besser. Reina traf sogar einige Male das Ziel. Nach dem Unterricht fand sie sich wie vereinbart an dem alten Baum hinter der Schule ein und wartete. Sie hatte eigentlich geglaubt, dass tatsächlich Aaron der Verfasser der Nachricht war, doch nachdem sie mehr als eine Stunde dort herumgestanden hatte war sie sich nicht mehr so sicher. Wahrscheinlich hatte ihre Schwester ihr einen dummen Streich gespielt und Sandra hatte sich was die Handschriften anging einfach vertan. Da nun schon alle nach Haus gefahren waren musste sie den Weg wohl oder übel zu Fuß gehen, was dazu führte das sie erst gegen achtzehn Uhr zu Hause ankam. Ihre Eltern waren natürlich schon da. Eigentlich hatte sie befürchtet, dass sie gleich die nächste Tracht Prügel bekommen würde. Doch tatsächlich waren ihre Eltern allerbester Laune und sie ahnte nichts Gutes. Zuerst viel ihr auf das eine Person fehlte, also fragte sie kleinlaut: „Äh wo ist Cindy?“ „Was geht dich das den bitte an?“, antwortete ihre Mutter barsch, „Aber nur damit du es weißt meine süße kleine Cindy-Maus hat heut Abend ein Date. Sie hat eine Einladung von einem Lehrer eurer Schule bekommen bei seiner Familie zu übernachten. Wie hießen die noch mal Graus, Mauß, Klaus?“ „War es zufällig Strauß?“, sie wünschte sich so sehr ein nein zu hören, aber es war so unwahrscheinlich. „Ja genau das war es!“ Es war als hätte sich unter ihr ein Loch ohne Boden aufgetan. Sie hatte einfach nur das Gefühl zu fallen. Daran änderte sich auch nichts, als sie wie befohlen das Abendessen zubereitete, sich wusch, ihre Hausaufgaben machte und schließlich im Bett lag. Sie alle hatten ihr bereits einmal wiederstanden, aber sie waren ihr ja auch nicht längere Zeit ausgesetzt gewesen und außerdem war sie auch dabei gewesen. Was ihrem Herzen aber am meisten wehtat war, dass sie wusste, dass sie Aaron verlieren würde, wenn sie ihn nicht schon verloren hatte. Mittlerweile war sich Reina sicher das Sandra sich bei der Handschrift nicht geirrt hatte, dass hieß aber auch, dass Aaron sie versetzt hatte um sich mit Cindy zu treffen. Um überhaupt einschlafen zu können musste sie sich immer und immer wieder sagen, dass es nichts brachte sich verrückt zu machen, sondern das sie gleich am frühen Morgen Cindy aufsuchen und sie fragen musste was passiert war. Aaron bekam kurz vor Schulschluss einen Anruf von seinem Vater, in welchem dieser ihn bat so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Die Art und Weise wie sein Dad dabei sprach zeugte von äußerster Dringlichkeit. Daher suchte er so schnell er konnte Sandra und Oscar und fuhr mit ihnen zurück. Er hinterließ Reina eine Nachricht in ihrem Schließfach in der Hoffnung, dass sie noch einmal dort vorbeikommen würde. Als er dann zu Hause ankam ging er noch immer von einem Notfall aus. Solange bis er die Tür öffnete und einen gedeckten Kaffeetisch sah um den herum seine Mutter, sein Vater und zu seinem größten Missfallen Cindy Sanktin saßen. Sandra und Oscar reagierten mit ähnlichem Unmut wie er, wenn sie auch bei weitem nicht so sauer waren, da sie hier ja offensichtlich nicht verkuppelt werden sollten. „Was soll das Vater?“, Aaron war schon lange nicht mehr so sauer gewesen, dass er ihn Vater genannt hatte, doch das nahm Maximilian Strauß in diesem Moment nicht wahr. Er hatte sich soviel Mühe gegeben alles zu arrangieren. „Nun sei doch nicht gleich wieder so. Kommt doch erst mal alle rein und setzt euch.“ Aaron musste immer noch den Reflex bekämpfen auf der Stelle um zu drehen und zurück zu Reina zu fahren, wenn nötig auch zu laufen. Als er jedoch den Blick seines Vaters sah wurde ihm klar, dass er das vergessen konnte. Wahrscheinlich hatte er wieder magische Barrieren um das Grundstück gelegt so wie beim Letzten mal. Das würde also ein langer ein sehr langer Nachmittag, in schlechter Gesellschaft werden. Aaron schwor sich wenn sein Vater ihn das nächste mal wegen einem Notfall anrief, nicht ans Telefon zu gehen. Irgendwie überstanden sie alle das Kaffeetrinken, wenn auch Maximilian und Ane Strauß weit besser als Aaron, Sandra und Oscar die wussten, dass das Mädchen nicht nur zu Unterhaltungszwecken so dumm tat, sondern tatsächlich so hohl war. Die drei zogen sich schnell zurück und ließen ihre Eltern mit dem Gast allein. „Hat Dad uns wieder eingeschlossen?“ „Sieht ganz so aus“, erklärte Sandra. „Funktionieren die Handys oder Telefone noch?“ „Keine Chance alle tot“, berichtete Oscar, der gerade von der Patrouille durchs Haus wiederkam. „Verdammt. Ich brauch jetzt dringend ´ne Psychotherapeutin um das was diese hohle Nuss mir über den Nachmittag angetan hat wieder wegzukriegen.“ „Arme Rei“, sagte Sandra, „Hoffentlich hat sie den Zettel gefunden. Ich glaub nicht, dass sie das sonst durchsteht. Sie liebt dich wirklich weißt du?“ „Hoffentlich.“ Aarons Eltern hatten Cindy im Zimmer neben ihm einquartiert, was ihm ganz und gar nicht gefallen hatte. Wie es zu erwarten war versuchte sie sich mitten in der Nacht, er war natürlich noch wach, hinüber in sein Zimmer zu schleichen. Als er ihre Schritte auf dem Gang hörte stand er von dem Sofa, auf dem er schlief, auf und löschte das Licht in der Hoffnung, dass sie das aufhalten würde. Das tat es jedoch nicht leise öffnete sie die Tür. Eigentlich hatte er erwartet, dass Cindy erst einmal beim Anblick seines Zimmers innehalten würde, doch auch das tat sie nicht. Sie bewegte sich schnurstracks auf das Bett, in welchem sie ihr hilfloses Opfer schlafend wähnte zu. Das reichte ihm. Es ging definitiv zu weit. Dieses Bett war nicht für sie gedacht und er wollte nicht, dass sie es entweihte. Er hatte es mittlerweile seit etwa 984 Jahren und noch nie hatte irgendwer darin geschlafen. Noch bevor sie auch nur dem Bett zu nahe kommen konnte stand er vor ihr und knurrte sie mit gefletschten Zähnen an. Es war lange her, dass er jemals so wütend gewesen war. „Was glaubst du bitte was du hier machst?“ „Oh na was wohl, ich bin ein Mädchen du ein Junge und du scheinst ja auf mich gewartet zu haben. Warum tust du also nicht einfach das mit mir was du möchtest?“ „Das würdest du wohl kaum überleben!“ „Ha ha, du vergisst das ich ein Stadtmädchen bin, glaubst du wirklich dass du so gut bist? Ich meine du bist süß ja, aber das wars dann auch.“ „Alles was ich will?“ „Alles“ Das führte dazu, dass er sie im Schlafanzug mitsamt ihrem Gepäck vor die Tür setzte. Sie schaffte es tatsächlich bis zum nächsten Morgen den Weg nach Hause zu finden, wo Reina wahrscheinlich zum ersten Mal ein ihrem Leben Sehnsüchtig auf sie wartete. Als Cindy total zerzaust und im Schlafanzug das Haus betrat regten sich ihre Eltern erst einmal auf, ließen ihr ein heißes Bad ein und entbanden Reina von all ihren anderen Pflichten, damit sie sich um sie kümmern konnte. Es war der erste Samstag in der neuen Wohnung und sie hatten beide keine Schule. Nachdem Cindy im Bad fertig war kam sie ins Wohnzimmer und wartete dort auf Reina. Die blieb aber lieber in der Küche, da sie mittlerweile nicht mehr wissen wollte was eigentlich passiert war. Natürlich kam Cindy trotzdem um es ihr unter die Nase zu reiben. „He, hohle Nuss. Du dachtest wirklich die würden dich mögen oder?“ „Möchtest du irgendetwas? Tee, Kakao, Torte?“, fragte Reina höflich. „Hmm, Torte gab es da auch und was wir damit gestern Nacht alles gemacht haben. Aber davon verstehst du nichts und davon wirst du auch niemals etwas verstehen. Du glaubst er mochte dich, hm vielleicht, aber wollen tut er mich! Er gehört jetzt mir! Wir sind fest zusammen, zumindest solange bis er mich langweilt oder es nicht mehr bringt, ha ha ha ha!“ „Möchtest du nun etwas oder nicht?“, Reina war zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich aggressiv. Sie war so wütend, dass sie das Fleisch welches sie eigentlich nur halbieren wollte, zerrhäckselte, „ Solltest du nichts wollen verschwinde aus der Küche!“ „Uh kein Grund gleich so auszuticken Looser, er hat es eh nicht so sonderlich gebracht du kannst ihn wiederhaben.“, sie ging erst ein Stück weg um dann ganz nah an sie heranzutreten und ihr ins Ohr zu flüstern, „Pech gehabt er liebt mich!“ Reina konnte ihre Tränen gerade noch so lang zurückhalten bis Cindy den Raum verlassen hatte. Danach brach sie weinend vor der Ablage zusammen. Nach dem unsanften Rauswurf hatte sein Vater die Sperren wieder aufgelöst und Aaron und Sandra versuchten seit den frühen Morgenstunden Reina zu erreichen. Er war kurz vorm Nervenzusammenbruch. Erst Sandra hatte ihn am Morgen erinnert was für weitreichende Folgen seine Entscheidung haben konnte. Sie war jetzt mit Reina allein und er konnte sich ausmalen was sie ihr erzählte, außerdem blieb noch, dass er Reina am Vortag versetzt hatte und wenn er Pech hatte sie bis jetzt noch keinen Grund dafür wusste. Aarons Gefühle waren so durcheinander, die Sorge um Reina, die Angst das sie ihn vielleicht nicht mehr mögen könnte, Wut auf seinen Vater, gleichzeitig aber auch wieder das Verständnis, er war wirklich nicht unbedingt der beste Sohn gewesen, Hass gegenüber Cindy, wenn er Reina doch nur hätte erreichen können. Die drei saßen zusammen in der Küche und hörten unablässig das Besetztzeichen. „Es reicht ich ertrag das nicht mehr.“, erklärte Aaron schließlich, „Ich fahr da jetzt hin und rede persönlich mit ihr.“ „Ich komm mit. Ich denke nicht, dass die Familie noch sonderlich gut auf dich zu sprechen ist.“, sagte Sandra, „Ma und Dad hab ich heut früh rausgeschmissen und ihnen gesagt nach der Nummer sollen sie gefälligst erst am Montag wiederkommen. Oscar du machst Telefondienst und vermittelst die Daten zwischen uns, falls wir uns trennen sollten.“ Als sie bei Reina zu Hause angekommen waren mussten sie erfahren, dass es einen Grund gab warum niemand ans Telefon ging. Ein Zettel lag auf dem Tisch mit der Unterschrift ihrer Eltern der besagte, dass sie übers Wochenende zum Schoppen in die Stadt gefahren waren. Ansonsten war das Haus menschenleer. Reina war weg Kapitel 3: Tränen und Meer -------------------------- Innerhalb kürzester Zeit hatten sie einen Suchtrupp zusammengestellt. Sandra durchstreifte die eine Hälfte des Waldes und Aaron mit dem Blutwolf Gray die andere. Alles wäre viel einfacher gewesen, wenn wenigstens einer von ihnen ihre Fährte hätte aufnehmen können. Tatsächlich roch Reina für sie alle sehr intensiv und angenehm, doch selbst Aaron, der sie normalerweise noch zehn Kilometer bei Gegenwind wahrnahm konnte sie an dem Tag nicht aufspüren. Ihnen blieb nichts anderes übrig als zu versuchen sie so zu finden. Aaron durchkämmte den Wald akribisch und hoffte dank seiner Ausbildung als Waldläufer, welche schon eine Weil zurücklag, wenigstens einige Spuren zu finden, blieb aber erfolglos. Der Tag neigte sich immer mehr seinem Ende zu, allmählich fing es an zu dämmern und ihm wurde klar, dass ihre Chancen sie zu finden immer geringer wurden. Er war kurz davor die Hoffnung sie wiederzusehen aufzugeben, als Gray plötzlich davon hetzte, sodass Aaron seine Fähigkeiten einsetzen musste um hinterher zu kommen. Jedoch nützte es ihm nichts, nach einigen hundert Metern hatte er den Wolf aus den Augen verloren. „Na toll jetzt muss ich den auch noch suchen. Wenigstens kann ich seine Fährte verfolgen.“ Die Spur des Wolfes führte ihn sehr, sehr weit von dem Haus der Sanktins weg. Kilometerweit durch den Wald, bis er einen Strand erreichte. Tatsächlich konnte er den Pfotenabdrücken im feinen Sandstrand gut folgen. Aaron war leicht verwundert er hatte eigentlich gedacht die Gegend sehr gut zu kennen, aber soweit war er nie gekommen beim erkunden. Er hatte diesen von Bäumen umsäumten Strand nie entdeckt, obwohl er die Klippen die ihn an beiden Seiten beendeten kannte. Als er dem Wolf weiter folgte, umwehte ihn ein Windstoß, der einem wohl bekannten Geruch an seine Nase trug und ihm Hoffnung brachte. Reina hatte es zu Hause einfach nicht mehr ausgehalten, nachdem ihre Familie aufgebrochen war, rannte sie hinaus durch die Wälder. Sie hatte kein Ziel vor Augen, einfach nur zu rennen und nicht mehr denken, fürchten zu müssen war das was sie wollte. Wenn es nach ihr gegangen wäre hätte der Wald kein Ende mehr nehmen dürfen, doch nach einiger Zeit hatte sie den Strand erreicht. Ohne einen weiteren Ausweg zu haben, hatte sie sich einfach an Ort und Stelle fallen lassen und war dort regungslos liegen geblieben. Solange bis sie ein Hecheln über sich hörte und spürte wie ihr jemand mit einer rauen Zunge übers Gesicht leckte. Eigentlich hatte sie vor gehabt nicht darauf zu reagieren, aber das Tier ließ nicht locker bevor sie nicht die Augen öffnete und sich aufsetzte. Als sie den Wolf zum ersten Mal sah erschrak sie sich. Reina hatte zuvor noch nie einen gesehen und schon gar keinen dessen Fell so nachtschwarz war. Entlang seiner Wirbelsäule war es Blutrot, als wäre ihm etwas auf dem Rücken ausgelaufen. Sie konnte aber nicht wirklich Angst vor ihm haben. Er schaute sie so lieb an, mit diesen großen, runden Wolfsaugen so als wollte er ihr sagen kraul mich. Das erste was Aaron tat nachdem er sie gerochen hatte war Sandra anzurufen um ihr von der Lage zu berichten und sie um Rat zu fragen, was er als nächstes tun sollte. Nachdem das Telefonat vorbei war verfolgte er ihren Geruch, bis er sie sah. Reina saß auf dem Sandstrand, die Beine angewinkelt, den Blick in Richtung Meer. Gray lag ausgestreckt neben ihr und genoss das Kraulen, solange bis er seinen Herrn erblickte. Als er Aaron sah sprang er freudig auf und jaulte. Reina durch die plötzliche Bewegung erschreckt sprang auch auf und folgte dem Blick des Wolfes. Als sie Aaron sah, war es als würde ihr Herz zerrissen werden. Sie konnte seinen Anblick im Moment nicht ertragen, nachdem was Cindy ihr erzählt hatte. Es war schon schwer genug für sie die einzige Person die sie jemals geliebt hatte zu verlieren, mit diesem Verlust aber gleich noch mal brühwarm konfrontiert zu werden ertrug sie nicht. Reina spürte wie sich ihre Augen wieder mit Tränen füllten, wandte sich von ihm ab und wollte weiter wegrennen. Doch bevor sie auch nur einen Schritt gemacht hatte stand Aaron bereits vor ihr und schnitt ihr den Fluchtweg ab. Am liebsten hätte sie sich oder ihn wegteleportiert, dummerweise hatte sie den Zauber noch nicht gelernt und durch ihn durchgehen konnte sie auch nicht. Sie standen sich eine Weile stumm gegenüber. Aaron beobachtete sie die ganze Zeit besorgt, wagte es aber nicht ihr näher zu kommen oder sie anzusprechen. Es war einfach alles zu viel für Reina, je mehr sie versuchte ihre Tränen zurückzuhalten, desto schneller verlor sie die Beherrschung und desto wässriger wurden ihre Augen. Als sie sich gerade wieder umdrehen wollte um in die andere Richtung wegzulaufen, spürte Reina wie Aaron zärtlich seine Arme um sie legte und sie vorsichtig an sich zog. So nah bei ihm, seine Nähe spürend und in den tiefen seines schwarzen Mantels versinkend, so nah an seinem Herzen konnte sie nicht anders als ihren Tränen freien lauf zu lassen und hemmungslos zu weinen. Aaron behielt sie die ganze Zeit in seinen Armen, presste sie vorsichtig an seine Brust und streichelte sanft über ihre Haare und ihren Rücken. Als Reina sich einigermaßen beruhigt hatte fragte er sanft: „Wollen wir uns hinsetzen?“. Sie antwortete ihm mit einem starken Kopfschütteln und schlang ihre Arme fest um seine Taille. Reina dachte nicht im Traum daran ihn jemals wieder los zu lassen, geschweige denn auf diese Nähe zu verzichten. „Hm, wie wäre es dann mit einem warmen Kakao und einem Bad? Ich sehe ja von hier aus, dass du frierst.“, es folgte erneut ein Kopfschütteln, „Mir fällt bald nichts mehr ein. Hm vielleicht sollten wir einfach hier stehen bleiben.“, ein zaghaftes Nicken folgte und Aaron nahm sie noch fester in den Arm und zog seinen Mantel als Wärmedämmung noch enger um sie. Eine ganze Weile standen sie so schweigend da. Reina hatte den Kopf an seine Brust gelegt und schaute aufs Meer, während er seinen Blick fest auf ihren Hinterkopf gerichtet hatte. Langsam ging die Sonne unter, das letzte Licht schwand vom Horizont und eine kühle Brise umwehte die Beiden. „Sie hat dich nicht verdient!“, flüsterte Reina leise. Aaron zum einen glücklich, dass sie wieder sprach und sich einigermaßen gefasst hatte, zum anderen verdutzt über die Aussage antwortete: „Wer?“ „Wer wohl? Cindy. Sie hat dich nicht verdient und du hast sie nicht verdient!“ „Autsch, dass war jetzt wirklich gemein. Wenn ich nicht mal so etwas wie sie verdient hab, hab ich wahrscheinlich gar kein Glück verdient.“, er lächelte Reina zögerlich an, als diese erstaunt hoch blickte. Das Lächeln erreichte jedoch nicht seine Augen, so als wüsste er, dass hinter der Aussage eine tiefere Wahrheit steckte, „Ich weiß ja, dass ich dich versetzt habe und dass das wirklich alles andere als nett war, aber deshalb wünscht du mir doch hoffentlich nicht so viel schlechtes, oder?“ Beim letzten Teil war seine Stimme immer unsicherer geworden. „Wovon... ich wünsche dir überhaupt nichts Schlechtes. Deshalb sage ich ja du hast sie nicht verdient. Ich würde sie nicht mal meinem schlimmsten Feind als Freundin wünschen und schon gar nicht dir. Dir wünsche ich alles Glück der Welt.“, sie senkte ihren Blick wieder, da sie knallrot wurde und ansonsten nicht hätte weitersprechen können, „ Und eine Freundin die dich glücklich macht, die dich wirklich liebt und das tut Cindy nicht. Sie meinte es noch nie ernst mit irgendwem. Für sie bist du nur eine Trophäe, bestenfalls ein Abenteuer.“, es kostete sie viel Überwindung und Kraft ihn beim letzten Teil des Satzes anzuschauen, „Ich will nicht, dass sie dir weh tut! Ich möchte, dass du glücklich bist.“ „Rei...“, nach diesem überraschenden Ausbruch brauchte er einige Zeit um seine Gedanken zu sortieren und sagte dann, „ Ich weiß zwar nicht worüber genau du grad redest, aber es fühlt sich schön an, wenn du das sagst.“ „Ich rede von dem was gestern zwischen euch passiert ist. Schließlich hast du mich wegen ihr versetzt und sie ist nicht gerade diskret was ihre „Abenteuer“ angeht. Du scheinst mir auch nicht die Art Junge, die ein Mädchen nur für eine Nacht will und so.“ Aaron ging langsam ein Licht auf, was Cindy erzählt hatte und er wusste nicht ob er heulen, vor Wut schreien oder sich übergeben sollte. „Ich fasse es nicht, dass sie die Dreistigkeit besessen hat so einen Mist zu verzapfen! Allmählich verstehe ich warum du vorhin so aufgelöst warst. Äh ich meine, wenn mir irgendein Typ erzählt hätte, dass er mit dir...Ich hätte den so was von...“, er bemerkte gerade noch im letzten Moment was er da sagte, wurde rot und setzte hinzu, „Äh ich meine, also gestern ist nichts zwischen deiner Schwester und mir passiert. Sie ist mir unglaublich auf die Nerven gegangen und hat mich irgendwann dazu eingeladen zu tun was ich möchte und da hab ich sie vor die Tür gesetzt. Wie konntest du ihr so was nur glauben? Sandra hat mir erzählt du kannst auch Gedankenlesen, warum hast du das nicht bei ihr überprüft? Oder bei mir?“ „Ich lese niemals ihre Gedanken. Da würde ich Sachen mitbekommen die so schlimm sind, dass mir danach kein Psychologe der Welt mehr helfen könnte und deine Gedanken kann ich nicht lesen. Scheint als wären unsere Gehirne auf der selben Frequenz oder so was, Interferenz und Auslöschung und so.“ „Du...kannst meine Gedanken auch nicht lesen?“, Reina schüttelte wieder den Kopf, „Wahrscheinlich hast du den Zettel auch nicht gefunden, den ich in deinem Spint hinterlassen habe oder? Tja dann muss ich dir wirklich viel erzählen, aber lass uns zurückgehen ja? Du hast doch schon Gänsehaut und es wird immer dunkler und kälter je länger wir brauchen. Komm Gray!“ Er ließ sie los und lief ein Stück den Strand hinab, bis ihm auffiel, dass Reina ihm nicht folgte. Aaron drehte sich um, sie stand immer noch an der Stelle an der er sie verlassen hatte und schaute zögernd aufs Meer hinaus. Langsam ging er wieder zurück, als er bei ihr angelangt war, hob sie den Kopf, sah ihn mit großen, bittenden Augen an und sagte: „Ich will nicht zurück, zumindest nicht mehr heute. Es ist ja eh keiner da, sie bemerken es also nicht wenn ich nicht heimkomme. Geh ruhig, ich möchte hier bleiben.“ „Das kannst du vergessen! Was denkst du was ich mir für Sorgen mache, wenn ich dich hier allein übernachten lasse. Mal abgesehen von dem was Sandra mir antun würde, wenn sie das erfährt. Außerdem würdest du über Nacht erfrieren, wir haben immerhin schon September und am Meer ist es besonders frisch. Du frierst doch jetzt schon. Es hat ja niemand gesagt, dass du zu dir nach Hause musst!“ „Wohin sollten wir wohl sonst gehen?“ Aaron kam Reina ganz nahe, sodass ihre Nasen nur noch ein paar Zentimeter trennten, schaute ihr tief in die Augen und hauchte ihr zärtlich entgegen: „Zu mir nach Haus!“ Sie wanderten zusammen über die nahegelegenen Klippen bis sie eine Straße erreichten, an der Sandra bereitstand um sie mit dem Auto mitzunehmen. Als sie den Schutz des Waldes verließen kam Sandra sofort auf sie zugelaufen und umarmte Reina stürmisch. „Gott was machst du denn für Sachen? Weißt du wie sehr wir uns gesorgt haben? Wir sind fast wahnsinnig geworden.“, sie schaute auf und bemerkte, dass Reina geweint hatte, „Rei, es tut uns alles so leid. Mach so was nie wieder! Oder nimm nächstes mal wenigsten ein Handy mit damit wir dich erreichen können. Ich dachte schon du tust dir sonst was an.“ „Was? Äh nein ich hatte nicht vor...Ich brauchte nur ein wenig Ruhe und Zeit zum Nachdenken und so. Außerdem hab ich kein Handy, ich brauchte ja auch nie vorher eins. Es gab schließlich noch nie jemanden der sich Sorgen um mich gemacht hat.“, etwas verlegen durch Sandras starke, emotionale Reaktion schaute sie Aaron an, dessen zärtlicher, fragender Blick allerdings nicht viel besser war. Nach einiger Zeit ließ Sandra dann wieder von ihr ab und bemerkte: „Du bleibst doch übers Wochenende oder? Ich hab zumindest ein paar Sachen von dir zu Hause geholt, also Schlafanzug, Zahnbürste, Schulzeug für Montag und so.“ „Äh, woher weißt du wo mein Zimmer ist? Geschweige denn wo die Sachen stehen?“, Reina war, dass in dem Moment doch etwas unheimlich. „Hm, ich hab dich mal am Fenster gesehen, als ich dich abgeholt hab. Ansonsten hab ich einfach alles auf den Kopf gestellt, bis ich deine Sachen gefunden hatte. Aaron ist bestimmt neidisch, dass er nicht in deiner Unterwäsche wühlen durfte.“ „Was? Sandra was erzählst du da für einen Mist. Ich würde doch niemals..., ich bin doch nicht pervers!“ „Ach und warum wirst du dann rot, hm? Hast du dir Rei grad in Unterwäsche vorgestellt? Oder gleich nackt?“ „Nein, weder noch, dass ist ja widerlich! A...Also nicht das du widerlich bist Rei. Du bist bestimmt wunderschön und so und ich würde dich auch gerne...,“ Reina wurde auf der Stelle puterrot und schaute betreten drein, während Aaron auffiel was er sagte und er schnell versuchte sich herauszureden, „Also so meinte ich das jetzt auch nicht ich...wah, ich komm da nicht mehr raus. Warum tust du mir so was an Sis? Hab ich dich jemals schlecht behandelt?“ So komisch das Gespräch auch war es hob die Stimmung gewaltig und die drei machten sich in gelockerter Atmosphäre auf den Weg zu den Strauß. Unterwegs machten sie alle möglichen Pläne für den Abend und den nächsten Tag. „Hm, was haltet ihr von einem gemütlichen Fernsehabend?“, fragte Sandra. „Klingt gut, aber dann müssen wir noch mal einen Abstecher in die nahegelegene Stadt machen. Wir haben keine Snacks mehr“, bemerkte Aaron. „Wir könnten ja auch zusammen kochen, wenn ich eh für mehrere Mahlzeiten da bleibe. Die Zutaten können wir auch gleich mit besorgen“, schlug Reina vor. „Echt? Klasse! Wo wir Ma rausgeschmissen haben, dachte ich schon ich würde das ganze Wochenende nichts ordentliches zwischen die Zähne bekommen“, Sandra grinste schelmisch, doch als sie wieder auf die Straße schaute und wahrnahm, dass es schon fast stockdunkel war, verdüsterte sich ihr Gesicht, „Ich fürchte ihr müsst ohne mich einkaufen gehen. Ruf mich dann an wenn ich euch abholen soll ja, Aaron?“ „Hm? Oh, ja stimmt es ist ja schon dunkel. Dann setz uns einfach nur ab.“ Nach zwanzig Minuten Fahrt passierten sie die kleine Kreuzung , an der Sandra kurz anhielt um die Beiden abzusetzen. Die Stadt war nur einige Minuten entfernt. Mittlerweile war das letzte Licht verschwunden und es war kalt geworden, sodass Aaron, der bemerkte, dass Reina wieder fror seinen Mantel auszog und ihn ihr um die Schultern legte. Reina kuschelte sich dankbar hinein und schaute ihn dann besorgt an: „Frierst du nicht so? Ich meine du hast nur ein T-Shirt an.“ Er lächelte zur Antwort sanft und antwortete: „Nicht solange du bei mir bist. Du erwärmst mein Herz.“ Reina schaute ihm, obwohl sie schon wieder knallrot wurde, einen langen Moment in die Augen. Ließ sich von seinem zärtlichen Blick und dem sanften, schimmernden Rot verzaubern und wärmen, bevor sie langsam, ganz nah an ihm weiterging. Nach einer Weile umfasste Aarons Hand sanft ihre und sie legten den restlichen Weg in vertrautem Schweigen zurück. In der Stadt angekommen gingen sie, die von Laternen erleuchteten Straßen entlang zum Supermarkt. Reina holte einen Einkaufswagen und steuerte als erstes auf die Gemüseabteilung zu, während Aaron ihr brav folgte. „Hm, wir haben gar nicht gefragt, was die Beiden essen wollen. Tja was machen wir jetzt? Hast du irgendwelche Wünsche?“ „Äh...du meinst ich darf mir was aussuchen?“, er wartete noch einen Moment auf ihr zustimmender Nicken, strahlte dann wie ein Kind, dass gerade ein neues Spielzeug bekommen hatte und sagte: „Also, als Vorspeise, hm, wie wäre es mit Bruscetta, als Hauptgang Pizza und zur Nachspeise einen riesigen Haufen Eis.“ „Was für eine Sorte Pizza? Weißt du denn was Sandra und Oscar mögen?“ „Nö... hab ich mich nie drum gekümmert. Wir essen so was eigentlich auch nicht so häufig. Man muss es ja ausnutzen, wenn die Eltern weg sind.“ „Dann machen wir am besten Pizza Salame, die ist jeder. Ist ja auch nichts drauf was man nicht leiden können kann. Also für vier Personen, dann brauchen wir Tomaten, Tomatenmark, Zwiebeln, Knoblauch...“ Sie suchten gemeinsam alles zusammen was sie so brauchten und hatten unglaublichen Spaß dabei. Einige Hausfrauen die so spät noch unterwegs waren schauten den Beiden neidisch nach, es bedauernd, dass sie nicht mehr frisch verliebt waren und ihr Mann bei weitem nicht so interessiert an ihnen war. Als sie alles hatten, was sie fürs Abendbrot brauchten kümmerten sie sich um Snacks für den Fernsehabend. Tatsächlich war die Abteilung für Chips und ähnliche Dinge so riesig, dass es wirklich schwer viel eine Entscheidung zu treffen. Aaron stand mit großen Augen vor den Regalen und hätte am liebsten alles mitgenommen. „Hm, Chips, äh welche Form, normal, geriffelt, eingedreht, langgezogen, ech, warum machen sie nicht gleich welche in alpha-Helix Form, kann man wenigstens noch Biounterricht mit machen oder Benzolringe, gut für Chemie. Jetzt in jeder Packung drei verschiedene mesomere Grenzstruckturen, können sie sie auch benennen? Dann noch die Frage des Geschmacks, Käse, sour cream, gesalzen, Chilli, Paprika etc., oh Gott. Ich glaub ich krieg gleich Kopfschmerzen.“ Aaron stellte sich hinter sie und fing sanft an sie zu massieren. Reina erschrak sich erst einmal, genoss es dann aber. „Hm, nein Kopfschmerzen sind nicht gut, dann könntest du die Filme ja gar nicht mehr genießen. Wir nehmen einfach von jeder Sorte eine Packung mit.“ „Das sind dann fünfzig Tüten, mit dem ganzen Zeug das wir schon haben möchte ich lieber nicht wissen, wie viel das kostet. Außerdem wer soll das alles tragen?“ „Hm, ja du hast recht, da könnte sich ein Problem ergeben. Weißt du was ich ruf einfach Sandra an.“ Nachdem sie Aaron und Reina abgesetzt hatte, trat Sandra aufs Gas. Sie hatte vor lauter Sorge ganz vergessen wie spät es war. Mit einer abnormalen Geschwindigkeit fegte sie über die Landstraße und schaffte es gerade noch so, dass Auto am Fuße des kleinen Hügels, auf dem das Haus der Strauß stand zum stehen zu bringen. Mit einem Sprung verließ sie die Karre, knallte die Tür zu und rannte den Kiesweg, welcher von nur nachts leuchtenden weißen, tagsüber grünen, Blumen gesäumt war. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, auch wenn sie nur wenige Millisekunden für den Weg brauchte, bis sie die Tür erreichte, den Schlüssel im Schloss herumdrehte und endlich den Flur des Hauses betrat. Sandra schmiss ihre Jacke an einen Hacken, schlüpfte aus ihren Schuhen und betrat den Empfangsraum. Eigentlich eine Mischung aus Wohnzimmer und Esszimmer. Über ihr verlief eine Brüstung, die man durch eine an der rechten Wand liegenden Treppe erreichte, die drei Seiten des Raumes umspannte, sodass man von der dem Eingang gegenüberliegenden Seite nach rechts und links die Zimmer im ersten Stock betreten konnte. Sandra wusste, dass es nun darum ging Oscar so schnell wie möglich zu finden. Neben der Treppe stand eine Sitzecke aus zwei Sesseln und zwei Sofas, dahinter versteckte er sich nicht. Auf der linken Seite des Raumes war eine langgezogene Tafel mit vielen Stühlen, auch dort kein Todeszeichen von ihm. Nach rechts ging es in das eigentliche Wohnzimmer, nach links in die Küche doch auch dort war er nicht. Geradeaus ging es erst in eine Art Ballsaal in dem sie zu feierlich Anlässen eine noch größere Tafel aufbauten, dahinter war die Veranda, an keinem der beiden Orte konnte man sich gut Verstecken, also ging sie ins Obergeschoss. Ihr Vater hatte es erst vor kurzem magisch vergrößert, sodass es keinen Sinn ergeben hätte alles zu durchsuchen. Zuerst schaute sie in der Bibliothek, dann in Aarons Zimmer, in ihrem gemeinsamen Zimmer und zum Schluss im Zimmer ihrer Eltern und tatsächlich, als sie die schwere Eichentür öffnete erspähte sie unter dem großen, mit schwarzem Satin bezogenen Bett ein Licht. Die Decke war ausgebreitet worden, sodass sie das Bett umschloss und darunter eine Art Höhle entstand und aus der kam auch das Licht. Vorsichtig beugte sie sich hinunter und hob die Decke an. Was sie darunter sah veranlasste sie zu einem Seufzen. Oscar hatte sich um eine Lampe herumgerollt und schaute sie mit großen verängstigten Augen an. „Hei, ist ja gut ich bin ja da. Du musst keine Angst mehr vor der Dunkelheit haben. Im ganzen Haus ist das Licht an. Komm da bitte wieder vor ja:“ „Bist du dir ganz sicher, dass niemand gefährliches im Haus ist? Ich hab da vorhin was gehört und es war so dunkel.“ „Oscar, du bist ein Vampir. Du musst dir immer sagen, dass Gefährlichste in diesem Haus bin ich. Ich bitte dich du siehst aus wie ein Schrank, bist fast zwei Meter groß und kannst dieses Haus ohne Probleme hocheben. Jeder Einbrecher würde sich in die Hosen machen wenn er dich sieht und auf der Stelle wieder wegrennen.“ „Und wenn es ein Dämon ist?“ „Selbst der! Außerdem bin ich ja jetzt wieder hier und wenn irgendwer es wagen sollte dich anzurühren kriegt er eine auf die Nuss. Schau mal es gibt viele gute Gründe weshalb du vorkommen solltest. Erstens du kannst nicht die Ewigkeit da drunter verbringen, zweitens wo sollen Ma und Dad bitte schlafen, manche Dinge die sie hier machen sind nicht jugendfrei. Drittens wer nimmt mich bitte in den Arm und beruhigt mich wenn du da bleibst, viertens Rei und Aaron kommen gleich, wir wollen zusammen kochen und du willst doch auch was abbekommen oder? Äh und mehr fällt mir jetzt grad nicht ein, also bitte komm da vor ja?“ „Nur wenn du mir versprichst nicht sauer zu sein.“ „Hm, natürlich verspreche ich dir das, warum sollte ich auch sauer sein?“ „ Ich hatte solche Angst, da hab ich versucht mich in deinem Schuhschrank zu verstecken, aber der war einfach zu klein und na ja, hier.“ Oscar schob etwas unter dem Bett hervor, dass wie ein zusammengepresster Gummihaufen aussah. Sandra musste es erst eine Weile untersuchen bis sie einen zerdrückten Rest eines Reißverschlusses fand. „Das, dass ist...war einer meiner Lieblingsstiefel. Na warte Oscar, wenn ich dich da drunter vorkriege...“ „Hm, jetzt sind wir kein Stück weiter. Es geht keiner ran. Ach was soll’s, nimm einfach die geriffelten, gesalzenen, dann noch welche mit Paprika und jeweils drei vier Packungen, dass reicht dann schon.“ „Äh, ok. Glaubst du nicht, dass das etwas viel ist? So nach dem Abendbrot?“ „Ach was. Du wirst sehen, dass ist schneller weg als du gucken kannst.“ „So dann bleiben nur noch die Getränke. Oh oh, dass wird wieder der Selbe Horror, Cola, Cola light, Fanta, Sprite etc.; dann noch verschiedene Zumischungen. Demnächst schreiben sie noch drauf mit viel, wenig, medium Phosphorsäure, für alle die es titrieren wollen.“, Reina seufzte entnervt und auch Aaron reichte es mittlerweile. Er schloss die Augen, schnappte sich fünf Sechserpackungen 1,5 Liter Flaschen voll mit irgendetwas, stellte sie in den Wagen und schob Reina in Richtung Kasse. „Wir kommen zu meiner Lieblingsabteilung!“ „Äh, Aaron, das ist die Kasse, sei mir nicht böse, aber hier gibt’s keine Abteilung mehr.“ „Gibt es wohl, die Süßigkeitenregale neben der Kasse.“, er grinste Reina schelmisch an und brachte sie damit so durcheinander, dass der Einkaufswagen ganz von allein weiterrollte, während sie noch immer wie festgefroren, an der Stelle stand. „Äh Rei, der Wagen rollt davon“ „Was? Oh, tu...tut mir Leid ich war grad abgelenkt“ Aaron hatte den widerspenstigen Wagen mittlerweile wieder eingefangen und zu Reina zurückgebracht, als er sie schüchtern anschaute und sagte: „Das muss dir nicht Leid tun. Solange ich derjenige sein darf der dich ablenkt ist das schon in Ordnung!“ Reina schaute ihn etwas verdutzt an und versuchte irgendeinen Sinn hinter der Aussage zu sehen. Sie fand ihn gerade, als sie an der Kasse vorbei waren, wo sich der Umfang ihres Einkaufs sicher noch mal verdoppelt hatte und Aaron damit beschäftigt war Sandra an zu rufen, damit sie, sie abholte. Es war immer noch ziemlich kalt und obwohl sie seinen Mantel anhatte fror sie. Noch dazu fing es langsam an zu regnen und die Einkaufstüten standen überall um sie herum. Letzten Endes hatte sie so viel zu Essen gekauft, dass sie bezweifelte, dass überhaupt irgendwer das alles an einem Abend essen könnte. Aaron hatte gerade aufgelegt, als er zwei ihm bekannte Gestalten weit entfernt am Ende der Straße sah. Panik beschlich ihn, denn er wusste, hatte er sie gesehen, würden sie, sie Beide auch sehen und das war das Letzte was er an diesem wunderschönen Abend wollte. Gerade als eine der Personen den Kopf in ihre Richtung drehte, schnappte er sich Reina und schob sie in eine dunkle Seitengasse. Sie hatte sich fast zu Tode erschreckt, als Aaron sie so plötzlich mit sich gezogen hatte. Die Gasse in der sie verschwunden waren, war abartig eng. Tatsächlich hatte kaum eine Person darin Platz, geschweige denn zwei. Sie war ganz eng an Aaron gepresst. Ihr Herz raste wie wild. Seine Arme lagen eng an ihrem Körper und direkt an der Wand, während ihre Hände sanft an seiner Brust ruhten und ihr Kopf ein wenig darüber verharrte. Erst jetzt merkte sie wie dünn sein T-Shirt tatsächlich war. Durch den Stoff hindurch konnte sie seine Muskeln spüren die gespannt waren, seine sanfte, leicht warme Haut. Sie roch ihn stärker als jemals zuvor, den sanften blumenartigen Duft, der einerseits so süß, andererseits so seidig war. Reina war wie benebelt, wusste nicht ob das was sie wahrnahm überhaupt noch real war. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass ihre Beine sie nicht mehr tragen wollten, aufgrund der Enge konnte sie aber zumindest nicht zusammenbrechen. Eine Ewigkeit nach der anderen schien zu vergehen und sie spürte wie ihr Gesicht brannte. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, wie rot sie gerade war. Nachdem die letzten Schritte von vorbeigehenden Passanten abgeklungen waren lockerte er endlich die Umarmung ein wenig, sodass sie wieder besser Luft bekam. Keiner von Beiden traute sich so recht den Anderen an zu schauen. Aaron war sich gerade erst der peinlichen Situation bewusst geworden. Seine Eltern hier zu sehen hatte ihn so abgelenkt, dass er noch nicht einmal bemerkt hatte, wie unangenehm die Situation für Reina sein musste. Er konnte ihr Herz noch aus der Entfernung so laut schlagen hören, dass es einfach nicht gesund sein konnte. Vorsichtig schaute er hinunter, Reina die all ihre Kraft gesammelt hatte schaute im selben Moment hoch und ihre Augen trafen sich. Sie standen da, in dieser dunklen Gasse, nach wie vor mehr oder weniger eng umschlungen, während der Regen um sie herum melodisch gegen die Häuser prasselte. Kapitel 4: Bei den Strauß zu Haus --------------------------------- Als sie zum ersten Mal das Haus der Familie Strauß sah war Reina überwältigt. Selbst im dunkeln war es noch wunderschön, im Gotischen Stil erbaut mit einem kleinen integrierten Pavillon an der Seite und einem runden, turmartigen Vorbau, in dem die Tür eingelassen war. Es gab keine Laternen nur die hellweiß, strahlenden Blumen erleuchteten den Pfad und die kleine Holztreppe. Reina stand auf der ersten Stufe und konnte nicht aufhören das Haus mit voller Bewunderung an zu starren, während Sandra und Aaron bereits darin verschwunden waren. Nach einiger Zeit streckte Sandra den Kopf aus der Tür und fragte: „Rei, magst du reinkommen oder willst du lieber den Rest des Abends dort stehen bleiben?“, es war als würde sie in dem Moment aus einem tiefen Traum erwachen und sie starrte Sandra etwas abwesend an. Diese nahm daraufhin ihre Hand und zog sie sanft hinter sich her hinein ins Haus der Strauß. Es war so warm im Innern. So liebevoll eingerichtet, es standen einige Bilder der Familie auf der Kommode, die rechts neben dem Eingang war, Blumen auf den Tischen, die gemütlichen Sofas luden zum Verweilen ein. Eigentlich hätte nur noch ein Kamin gefehlt. „Komm“, sagte Sandra, „Ich hab gehört wir bekommen Pizza? Die Küche ist gleich hier links, Aaron und Oscar haben die Einkäufe schon ausgebreitet.“ „Was, wie? Wir sind doch gerade erst angekommen.“ „Tja du warst so durch den Wind, dass du noch nicht mal mitbekommen hast wie die beiden an dir vorbeigegangen sind nicht wahr?“, kicherte sie leise. In dem Moment betraten sie die Küche, die nach den äußeren Maßen des Hauses bei weitem nicht so geräumig hätte sein dürfen. In der äußersten linken Ecke stand ein Tisch auf dem die Einkäufe lagen. An der Wand, die zum Haus zeigte befand sich eine riesige Arbeitsfläche in die zwei Spülbecken, mehrere Herdplatten, ein Backofen, eine Spülmaschine und ein Mülleimer eingearbeitet waren, außerdem befanden sich darauf noch diverse Kräutertöpfe. „Ich hoffe du hast ein wenig Ahnung vom Kochen. Wir nämlich nicht, was das angeht sind wir etwas verwöhnt“, erklärte Sandra lieb. „Kein Problem ich koche zu Hause sehr oft, äh also wir brauchen jemanden der das Gemüse abwäscht und schneidet.“ „Das mach ich“, meldete sich Aaron sofort, „Mit Messern kann ich umgehen.“ „Ok? Gut also die Tomatensauce würde ich gern machen, dann bleibt äh Brot und Salami schneiden und die Früchte kleinhäckseln.“ „Ich schneide, häckseln ist mir viel zu brutal“, sagte Oscar. „Klasse ich darf häckseln! Ma lässt mich so was normalerweise nie machen.“ „Oh, oh ich hab da ein ganz schlechtes Gefühl bei, Reina.“ Tatsächlich überlebten alle das gemeinsame Kochen unbeschadet und während vier Pizzas im Ofen buken, zogen sich Reina und Sandra zum Baden zurück. Aaron und Oscar bereiteten den Videoraum im ersten Stock vor. „Hm, was sollen wir nur gucken, da hab ich mir noch gar keine Gedanken drüber gemacht. Was hältst du von Blut für Dracula?“ „Äh Aaron nichts für ungut, aber ich glaub nicht, dass das die Art Film ist die man bei einem gemeinsamen Fernsehabend mit Mädchen guckt.“ „Warum nicht, ist doch ne super Komödie. Was denkst du weshalb ich sonst die ganzen Vampirfilme habe? Was sollten wir sonst gucken? Lieber richtige Horrorfilme? Das ist aber keine gute Idee, was wenn Rei davon Albträume bekommt? Also wirklich, ich dachte immer das du der gefühlvolle von uns wärst.“ „Ich meinte auch eher so was wie Romantikfilme. Irgendetwas zum schönen Ausklang des Tages.“ „Oscar der einzige der diese Liebesschnulzen erträgt bist du. Selbst Sandra und Ma schlafen dabei ein. Nehmen wir doch irgendeinen romantischen Vampirfilm, dann kann ich lachen und du musst dich nicht unter dem Sofa verstecken.“ „Du bist echt gemein!“ „Ja, nicht wahr? So wir haben einen Tisch, ein großes Sofa und einen Fernseher, wo sollen wir all das Knabberzeug hintun?“ Sandra war mit Reina in den zweiten Stock gegangen, wo sie sich in einem Vorraum umzogen. „Hm, also hier ist ein Handtuch, dass kannst du jetzt umlegen. Schätze mal du möchtest nicht unbedingt nackt mit mir baden und hier das Handtuch für danach. So Schlafanzüge liegen bereit. Ich hatte das Gefühl, das der den ich mitgebracht hab etwas zu sagen wir mal knapp ist um dir zu gehören, deshalb hab ich dir einen von Aaron gegeben. Ich hoffe du fühlst dich darin wohl, hi hi.“ Reina schaute sich den Schlafanzug an. Es war ein herkömmlicher Pyjama, komplett schwarz und mit Bestickung an der Brusttasche, die lautete Aaron. „Den kann ich nicht tragen, da steht Aaron drauf. Das bin ich aber nicht. Der ist doch schon markiert.“ Sandra prustete los und auch Reina konnte sich das Lachen nicht verkneifen. In bester Stimmung brachte Sandra sie zu dem wohl schönsten Bad im Haus. Es lag im freien, zwischen den vier Giebeln des Hauses war eine Art Terrasse auf der einige Topfpflanzen und Fackeln standen und in deren Mitte etwas floss, dass aussah wie eine heiße Quelle. Reina ging ein bisschen näher ran. Das Wasser dampfte sacht und schien angenehm warm. Sie schaute sich etwas unsicher zu Sandra um, diese hatte sich gedacht was gleich kommen würde. Sie stand bereits hinter Reina und gab ihr einen kleinen Stoß, sodass sie in Wasser fiel. Als sie gerade wieder aus dem angenehmen Wasser auftauchte hörte sie Sandra laut rufen: „Aaarschbombe!“ Nachdem sie ein wenig herumgeplanscht hatten saßen sich die beiden ruhig gegenüber und entspannten sich. Reina war bis zum Kinn im warmen Wasser versunken, während Sandra ruhig zu den Sternen und dem Mond hinaufschaute. „Weißt du solch einen schönen, klaren Sternenhimmel haben wir hier selten. Hmmmm. Da wird man doch fast wehmütig.“, sie genoss die leichte Briese, „Erzähl mir doch ein wenig was von dir.“ „Äh, ich fürchte das klappt nicht so auf Knopfdruck.“ „Na gut, dann kannst du mir ja erklären warum du und Aaron vorhin aus dieser kleinen Seitengasse gekommen seid und was ihr da gemacht habt?“ „Also ich hab eine große, Cindy kennst du ja und zehn jüngere Schwestern. Die werden später alle mal so wie sie, fürchte ich. Ja meine Mutter und mein Stiefvater nehmen sich häufiger mal ne Auszeit und äh..“ Sandra kicherte leicht und bemerkte: „Du hast recht, dass geht wirklich nicht so auf Knopfdruck. Hm, oh ja stimmt, Aaron hatte noch keine Zeit dir sein Zimmer zu zeigen. Ich hab dich übrigens neben ihm einquartiert, wenn du heute Nacht nicht schlafen kannst einfach eins nach links.“ „Wenn ich nicht schlafen kann ist Aaron wohl eher derjenige der daran schuld ist, dann geh ich ganz sicher nicht auch noch rüber.“ „Oww, wieso denn nicht? Er würde sich bestimmt über ein bisschen kuscheln freuen! Dann müsste er nicht diese Masse an Kuscheltieren bunkern und jetzt mal ehrlich, ich kann mir nicht vorstellen, dass dir die Vorstellung nicht gefällt.“ „Das hat mit gefallen wenig zu tun. Natürlich ist die Vorstellung schön, aber so...soweit sind wir noch nicht. Ich meine ich weiß nicht mal wie viel er wirklich für mich empfindet und wir sind ja eigentlich erst mal nur Freunde und so...“ Sandra seufzte leise und spritzte Reina nass: „Du bist genauso schlimm wie er. Ihr wartet beide auf den Wink mit dem Zaunpfahl. Ich meine jetzt mal ernsthaft. Ihr hattet fast ein Date, ihr seit euch unglaublich nahe, könnt euch kaum zwei Sekunden in die Augen schauen ohne rot zu werden, er vergöttert dich, er liebt dich!“ „Bist du jetzt sauer?“, Reina schaute tatsächlich so schuldbewusst drein als sie das fragte, dass Sandra sich sicher war das sie es ernstgemeint hatte. „Was, nein natürlich nicht. Deshalb doch nicht. Ach Gottchen komm mal her, nicht weinen“, sie nahm Reina sanft in den Arm, „ So hab ich das nicht gemeint. Ich find es süß, dass ihr so seit. Ihr seit nun mal beide zum ersten mal verliebt, da ist das ok. Ich will nur sagen, dass du nicht denken solltest, dass er dich nicht mag oder nur freundschaftliche Gefühle für dich hat. Das ist noch so ein Zwischending bei euch, ihr ward euch von Anfang an zu nahe um Freunde zu sein und noch nicht vertraut genug um euch eure Liebe zu gestehen. Ich möchte ja nur, dass du Situationen, wenn es sich richtig anfühlt auch nutzt. Wobei Aaron wahrscheinlich einen Herzinfarkt bekommt, wenn du heut Nacht in seinem Zimmer stehst. Ach vergiss einfach alles was ich gesagt hab ja? Bleib einfach wie du bist, dass wird schon.“ „Du bist wirklich eine gute Freundin, weißt du?“ „Ach was hör auf. Ich werde ja noch ganz rot. Hm, da fällt mir ein ich hab dich noch nie mit offenen Haaren gesehen. Machst du sie auf? Bitte!“, Sandra schaute sie mit dem traurigen Rehblick an, sodass Reina ihr den Wunsch einfach nicht abschlagen konnte. Sie löste das Haarband und fing an ihren Zopf zu entflechten. Es versprach noch ein unterhaltsamer Abend zu werden. Eine Weile später kamen sie zu Aaron ins Videozimmer. Reina hatte ihre Haare mittlerweile wieder geflochten und seinen Schlafanzug an, der ihr sicherlich einige Nummern zu groß war. Die Ärmel bedeckten ihre Hände bei weitem und Hausschuhe brauchte sie auch nicht, da die Hosenbeine sowohl unter als auch über ihren Füßen waren. Als er sie ansah rutschte ihm vor Schreck glatt die Schüssel mit den Chips aus der Hand. Er hatte Glück, dass Sandra sie auffing bevor sie auf dem Boden zerschellte. Der Anblick von Reina in seinem Schlafanzug war ein bisschen viel für ihn gewesen. Normalerweise war es kaum ein Problem für ihn ihr zu wiederstehen, aber durch das warme Wasser, war auch ihr Blut erwärmt worden und roch nun noch intensiver als sonst. Dazu noch dieses Bild. Sie sah so süß aus, wie sie die Hände sanft über ihre Brust gelegt hatte und die Ärmel an ihnen herabhingen. So unschuldig, wie sie in diesen viel zu weiten Sachen vor ihm stand und ihn scheu anlächelte. Er wünschte sich er hätte einfach wegrennen können oder auf der Stelle jagen gehen, wobei er wusste, dass ihr Blut nicht das war wonach es ihn im Moment verlangte. Doch er wusste wenn er dieser Situation entfloh würde sie das verletzen. Es gab ja keine Möglichkeit für ihn es ihr zu erklären ohne ihr die Wahrheit zu erzählen. Also blieb er einfach dort stehen und starrte sie an. Das ihr Blick mittlerweile sehr besorgt war bekam er erst mit, als Sandra ihm eine reinhaute, damit er wieder wach wurde. „Au, wofür war das denn bitte?“ „Du leckst und ruinierst den Teppich!“ Reina stand plötzlich mit einem Taschentuch ganz dicht bei ihm, was Aaron komplett aus dem Konzept brachte und dazu führte, dass er wieder in den Starrezustand zurückfiel. „Oh Gott, halt mal bitte still. Du blutest ganz stark“, sie fing an ganz vorsichtig das Blut abzutupfen, „ Ich tu dir doch nicht weh oder?“ „Ne...nein du machst das wirklich gut, äh ich meine wirklich sanft, ähm nein das klang auch falsch. We...weißt du ich glaub das ist jetzt schon wieder weg und ich muss auch noch was holen oder so.“ Er verschwand schneller als irgendwer hätte etwas sagen oder ihn aufhalten können. „War ich zu aufdringlich?“ „Nein, das war wirklich einfach nur süß und für ihn glaub ich ein wenig peinlich. Da muss schon einiges kommen, damit er die Kontrolle über sein Blut verliert. Wo ist eigentlich Oscar?“ Sie hörten eine leise verschüchterte Stimme aus dem Wandschrank sagen: „Ich bin hier!“ „Was, was machst du denn im Wandschrank?“ „Aaron wollte die Liebesschnulzen nicht sehen und irgendwie muss ich ihn verärgert haben und dann hat er mich angeknurrt und gedroht diesen gemeinen, großen Blutwolf zu beschwören. Da hab ich Angst bekommen und mich im Schrank eingeschlossen, dann ist mir der Schlüssel runtergefallen und jetzt sitz ich hier fest.“ „Ich fass es nicht, nur Ärger mit den Typen. Rei du solltest dir lieber noch mal überlegen ob du dir das mit Aaron auch wirklich antun willst.“ „Ich glaub nicht das der sich im Schrank versteckt“, sie hörten ein leises Schluchzen aus Oscars Richtung, „ Äh, war nicht böse gemeint, tut mir wirklich leid Oscar, nur wird Aaron wohl keine Angst vor seinem eigenen Wolf haben. Warum hast du überhaupt Angst vor Gray? Der ist doch nun wirklich lieb und süß.“ „Lieb? Süß? Das ist ein ganz gemeiner Killer! Der kommt immer an und versucht mich zu fressen. Aaah immer dieses gelecke, als ob ich nicht wüsste, dass der nur probieren will! Ich komm hier nicht raus bevor ihr mir nicht geschworen habt, dass das Ding nicht da draußen ist.“ „Gray ist nicht hier.“ „Das glaub ich euch nicht. Ihr wollt mich doch nur Ärgern.“ „Oscar“, bemerkte Sandra mit hinterlistiger Stimme, „Wenn du dich nicht sofort bereit erklärst aus diesem Schrank zu kommen, musst du da drin bleiben und ich kann mir nicht vorstellen das dort eine Lampe ist. Du wirst also die ganze Nacht allein im Dunkeln sitzen.“ „Aaaah, ich muss hier raus. Dunkel, es ist so dunkel und da draußen Monsterwolf und waah.“ Reina und Sandra hörten ein lautes Knacken, dann ein Krachen und schließlich das Geräusch berstenden Holzes. Ihnen war klar was gleich passieren würde, zumindest Sandra war es klar, daher zog sie Reina hinters schützende Sofa. Ein paar Sekunden später flogen Holzplatten und Splitter durch die Luft, als Oscar den Schrank sprengte. Er bereute es sofort, da ihm klar war, dass er jetzt kein Versteck mehr hatte und als er ein fröhliches, für ihn sehr, sehr bedrohlich klingendes Jaulen von der Tür hörte, sich umdrehte und Gray sah, brach er auf der Stelle zusammen, kauerte sich in Fötushaltung zusammen und fing an zu wimmern. Gray freute sich so sehr das große, sich komisch verhaltende Alphamännchen wiederzusehen, dass er ihn mit wedelnder Rute umkreiste und hier und da freundlich mit der Schnauze anstupste, damit er mit ihm spielte. Oscar wimmerte nur noch mehr, sodass nicht einmal Sandra sich das Lachen verkneifen konnte. Nur Reina hatte mitleid mit dem ängstlichen Riesen. Ruhig ging sie zu Gray, der sich noch mehr freute sie wieder zu sehen, sodass er von Oscar abließ. „Na komm, wir gehen zu Herrchen ja?“ Gray jaulte fröhlich und lief wieder um Oscar herum, der sich gerade aufgesetzt hatte um zu fliehen, nun aber erneut erstarrte. „Äh, nein ich meinte das andere Herrchen, Aaron. Süßer Typ, wunderschöne weinrote Augen, türkise Haare, gaaaanz liebevoll, suuuper knuffig!“ Sandra musste noch lauter lachen. Reina hatte das Gefühl das Gray verstanden hatte, doch plötzlich lief er auf sie zu statt zu Aaron und sie hörte eine bekannte samtweiche Stimme hinter sich: „ Hm, du findest mich süß?“ Reina erstarrte zur Salzsäule und drehte sich langsam um. Aaron stand direkt vor ihr, nur eine Handbreit entfernt und lächelte ihr sanft zu, bevor er näher kam und wirklich verführerisch in ihr Ohr flüsterte: „Du bist mehr als süß und nebenbei ich mag deine Augen auch sehr.“ Reina errötete und schaffte es wirklich nicht mehr als Gestammel herauszubringen. Während sie sich fasste schickte Aaron Gray zurück in seine Dimension, was Oscar dazu veranlasste erleichtert aufzuatmen. Als Aaron sich entfernt hatte um die Pizzas auf dem Tisch zu platzieren, erhob er sich und nahm Reina fest in den Arm. „Danke, danke, danke, danke, danke ,danke du hast mich gerettet, vor diesem Monster ich schulde dir echt was.“ Sowohl Sandra als auch Aaron schauten ihn in dem Moment wirklich böse an, so als wollten sie sagen, wenn du sie nicht auf der Stelle loslässt tun wir dir etwas viel schlimmeres an, als alles wozu Gray in der Lage gewesen wäre. Reina bekam währenddessen kaum noch Luft, da Oscar zu fest zudrückte. Einige Zeit später war dann endlich alles bereitgestellt. Jeder hatte eine Decke in die er sich einmummeln konnte, das Licht war auch entgegen Oscars Einwände gelöscht worden, Essen, Chips und Getränke standen griffbereit auf dem Tisch, Reina saß neben Aaron auf dem Sofa, Oscar neben Sandra und der Film lief an. Aaron hatte sich für zwei wirklich alte Dracula Verfilmungen entschieden, die in schwarz weiß waren und wohl kurz nach dem Abgang des Stummfilms gedreht wurden. Sie aßen in Ruhe ihr Abendbrot und neben dem Gelächter der drei war es für Reina unmöglich den Film zu verfolgen, was aber nicht so schlimm war, denn die Gespräche waren bei weitem amüsanter. „Oh Gott seht nur man sieht ja sogar die Seile, uh voll realistische Flugszene“, bemerkte Aaron, „Und seht euch nur diese falschen Eckzähne an! Ich wette die sind immer im Essen steckengeblieben wenn der versucht hat in den Drehpausen einen Snack zu sich zu nehmen.“ Etwas später dann, „Hi, hi ist ja ein hübscher Silberlöffel, interessiert Vampire nur leider nicht. Oooh nein Knoblauch! Ist doch kein Wunder das der Vampir den nicht mehr beißen wollte. Würde ich auch nicht wollen, also wenn ich an seiner Stelle wäre, jemand der so stinkt kann ja nicht gut schmecken.“ „Klar durch einen Biss wird man auch zum Vampir, sicher wenn es so einfach wäre, wäre die ganze Welt voller Vampire. Nehmen wir doch mal an jeder Vampir trinkt von, hm fünf Menschen im Monat. Die werden auch zu Vampiren, dass ist ein exponentieller Kurvenverlauf, gut mit ein paar Störfaktoren, den Jägern, dann wäre die ganze Menschheit in wie vielen Tagen verwandelt? Sandra?“ „Tut mir Leid, die beiden sind schon vor einer ganzen Weile eingeschlafen“, erklärte Reina, „ Ist ja auch schon der zweite Film und sie haben ihre Pizza und einen Großteil von meiner aufgegessen und dazu noch drei zwei Liter Schüsseln mit Chips und“, sie brauchte eine Weile zum Zählen, „ etwa drei Colas, zwei Sprite Flaschen, dann noch mal fünf Flachen Cola Mix und vier Flaschen Fanta. Wow ein Wunder, dass sie nicht geplatzt sind.“ „Hm, tja die wachen so schnell nicht wieder auf, dass dürfte ja wohl klar sein. Nahrungsmittelkoma! Hoffentlich sind sie wieder fit bevor Ma und Dad nach Haus kommen. Irgendwer muss nämlich den Schrank reparieren!“ Danach war es eine ganze Weile lang still, wahrscheinlich weil keine gravierenden Filmfehler mehr auftauchten. Es war angenehm dunkel und warm. Reina hatte ihre Füße mit unter die Decke gesteckt und lehnte ganz entspannt am Sofa. Tatsächlich machte das Geflacker des Bildschirms sie schläfrig. Es war schließlich auch ein langer ereignisreicher Tag gewesen, langsam ließ sie sich noch einmal durch den Kopf gehen was geschehen war. Was sie an einem Tag erlebte passierte anderen in drei Jahren nicht. Das einzige durchgängige was vor ihren Augen immer wieder auftauchte, während ihre Lider schwer wurden und sich langsam schlossen, waren die lächelnden Gesichter von Gray, Oscar, Sandra und am allerwichtigsten das von Aaron, was sie sanft in ihre Träume hinübergeleitete und sie nicht wieder losließ. Aaron bemerkte erst, dass auch sie eingeschlafen war, als ihr Kopf, der schon seit einigen Minuten langsam am Sofa hinabrutschte auf seiner Schulter zum halten kam. Er war erst etwas verdutzt was ihn da getroffen hatte, konnte sich dann aber ein zärtliches Lächeln nicht verkneifen. Ruhig stand er auf, machte den Fernseher aus, deckte Sandra und Oscar zu und nahm Reina liebevoll auf den Arm. Aaron trug sie in ihr Zimmer, legte sie dort zärtlich ins Bett, deckte sie zu, kniete sich auf den Boden und beobachtete Reina. Das Mondlicht fiel durch die Fenster und beschien ihr wunderschönes, friedlich ruhendes Gesicht und er wagte nur einen Moment lang sich vorzustellen, wie es wohl wäre, neben ihr liegen zu dürfen. Dieses wunderschöne Mädchen schlafend in seinen Armen zu halten. Der eine an ihrer Seite sein zu dürfen, sie für immer um sich herum zu haben und zum ersten mal hatte er wirklich das Verlangen ihr Blut zu kosten, sich zumindest auf diese Weise mit ihr vereinen zu dürfen. Doch er wusste, dass es nicht viel bedeuten würde, da sie am nächsten Tag nichts mehr davon wissen würde, sie würde nur einen mörderischen Kater haben. Außerdem wäre er danach noch einsamer, wie hätte er ihr mit dieser Schuld jemals wieder unter die Augen treten sollen. Es hätte alles zerstört. „A.a.r.o.n?“, flüsterte Reina leise, sie war in einer Art Halbschlaf. Es war nicht so das sie ihn gesehen oder gerochen hätte, sie spürte vielmehr seine Anwesenheit. „Ich bin hier“, flüsterte er genauso leise zurück, „Ich bin hier, alles ist gut. Ich pass auf dich auf. Schlaf jetzt du musst müde sein!“ Er stand leise auf, beugte sich vor und streichelte ihr sanft die Haare aus dem Gesicht und über die Wange. „Sch.laf gu.t und träum...“, sie war wieder eingeschlafen bevor sie den Satz beenden konnte. „Sicher, ich träume ja eh von dir“, langsam und ohne Geräusche verließ er den Raum. Aaron war noch lange aufgewesen und hatte erst in den frühen Morgenstunden etwas Ruhe gefunden. Reina erwachte am nächsten Tag vollkommen ausgeruht und erholt. So wohl hatte sie sich noch nie gefühlt. Als erstes schaute sie sich eine Weile im Zimmer um, dazu hatte sie am Vortag ja keine Gelegenheit gehabt. Tatsächlich war der Raum passend zum Haus mit altehrwürdigen, handgearbeiteten, dunklen Möbeln ausgestattet. Das Bett stand quer an der rechten Wand, in den Raum hinein. Dem gegenüber waren einige Kommoden, ebenfalls mit Blumen geschmückt. An der vom Bett aus linken Wand, an der auch die Tür war, befand sich ein Kleiderschrank und dem gegenüber, neben der Tür zum Balkon stand ein Bücherregal. Links neben dem Bett war ein wirklich wertvoll aussehender Sekretär, neben dem eine Stehlampe in floralem Stil stand. Rechts neben dem angenehmen, ebenfalls handgearbeiteten Bett, dessen vorder- und Rücklehne beschnitzt waren, befand sich ein kleiner Nachttisch mit Leselampe in selbigem Stil. Es schien ein herrlicher Tag zu sein. Die Sonne schien sogar durch die Balkontür, die sehr weitläufig war und aus Glas bestand. Reina hatte tatsächlich Lust auf zu stehen und ein wenig frische Luft zu schnappen. Sie ging also auf den Balkon und genoss die Aussicht, es war wirklich eine wunderschöne Gegend. Rechts und links vom wundervoll verzierten Geländer setzen sich die letzten Ausläufer des Waldes fort, während geradeaus eine weite Wiesenfläche lag, die sanft den Hügel hinunterführte und an einem kleinen Strand am Fuße eines Sees endete. Ein Stück weiter war ein von Weiden gesäumter Bootssteg. Die Sonne schien sacht auf das Wasser, dass fast magisch schimmerte. Reina hatte plötzlich unglaubliche Lust ein Picknick zu machen und baden zu gehen. Es schien ihr als sei jeder Tag mit und bei den Strauß schöner und lustiger als der vorhergehende. Tatsächlich erinnerte sie sich nicht, dass es ihr jemals im Leben so gut gegangen wäre. Auch an das Versprechen, dass sie Sandra am Vortag gegeben hatte musste sie denken. Aaron, der über Nacht immer die Fenster seines, ebenfalls zum Balkon führenden Zimmers offen lies wurde an diesem Morgen von ihrem Duft geweckt. Einerseits machte ihn der Geruch glücklich und zufrieden und lies ihn fasst noch tiefer einschlafen, andererseits war da dieses Gefühl, dass er gerade wertvolle Zeit verpasste, die er mit ihr verbringen könnte. Also rappelte er sich hoch und versuchte die Müdigkeit abzuschütteln, indem er ein wenig frische Luft, auf dem Balkon schnappen ging. Ihn traf fast der Schlag als sie sich zu ihm umdrehte um ihn zu begrüßen. Sie hatte zum ersten Mal, seit er sie kennen gelernt hatte, die Haare nicht geflochten. Tatsächlich fielen zwei wunderschöne, leicht gewellte, weiße Strähnen, welche ihre helle Haut, die sich an den Wangen leicht rötete und ihre wunderschönen, bei seinem Anblick strahlenden tiefblauen Augen, einrahmten, an ihrem Gesicht hinunter und endeten etwa auf Brusthöhe. Wohingegen ihr Haupthaar von strahlendem Rubinrot war, dass in der Sonne wundervoll leuchtete. Es war ebenfalls leicht gewellt und endete auf Höhe ihrer Taille. So stand sie da im hellen Licht, mit seinem viel zu großen Schlafanzug an, wie ein unschuldiger Engel und lächelte ihn leicht verlegen an. Er spürte wie er die Kontrolle über seinen Körper verlor, einfach dastand und sie anglotzte, während das Blut in Strömen aus seiner Nase floss. Reina hörte wie die andere Balkontür des Nebenzimmers aufging, sie freute sich sehr darauf Aaron an diesem Morgen zu sehen. Er trat tatsächlich auch aus seinem Zimmer, hatte jedoch nur eine Hose an, da er sich nicht die Mühe gemacht hatte sich am Vorabend noch einen Schlafanzug anzuziehen. Es war eine Sache gewesen in dieser Gasse so nah an ihm zu sein, dass sie seinen Körperbau gespürt hatte, ihn aber jetzt im Licht der Sonne zu sehen, war etwas ganz anderes. Reina spürte sofort wieder wie sie errötete, er war wirklich wunderschön. Die blasse Haut, die so gut zu seinen langen, von der Nacht noch etwas zerzausten Haaren und seinen Weinroten Augen passte, der nicht zu muskulöse, aber auch nicht zu unmuskulöse Oberkörper, sie musste sich wirklich zwingen ihn nicht die ganze Zeit anzustarren. Nach ein paar Minuten gestand sie sich ein, dass es einfach keinen Sinn hatte und lächelte ihm schüchtern entgegen. Eine Weile standen sie so da, solange bis Aaron wieder Nasenbluten bekam und Reina sich besorgt erkundigte: „Ist alles in Ordnung?“ Er konnte nicht antworten ein Nicken musste reichen. Reina kam zu ihm, ganz nah und gab ihm ein Taschentuch, dass selbe mit dem sie schon am Abend zuvor die Blutung gestillt hatte. Aaron nahm es dankend entgegen, zerriss es und versuchte sich damit die Nase zu stopfen. Der Anblick belustigte Reina wirklich sehr, nach einer Weile ging sie in ihr Zimmer zurück und holte eine Packung Taschentücher um sie ihm zu geben. Nachdem er seinen Körper wieder unter Kontrolle hatte dankte er ihr und bemerkte: „Du musst mich für einen ganz schön großen Freak halten, dass ich hier alles voll blute und so.“ „Ach was ist schon in Ordnung, dafür kannst du ja nichts.“ „Äh, hast du vielleicht Lust, hm wie sag ich das am Besten, ähm mi...mit in mein Zimmer zu kommen?“ Reina lief diesmal purpurrot an und antwortete leise und mehr schüchtern gehaucht als gesagt: „Klar. Gerne.“ Aarons Zimmer war ganz anders als sie es sich in ihren wildesten Fantasien vorgestellt hatte. Zwar kamen die Möbel, die wie in ihrem Zimmer sehr edel aussahen ihrer Vorstellung schon recht nahe, aber das war es dann auch schon. In der Mitte des Zimmers befand sich eine Schlafcouch. Links von der Balkontür stand, genau wie in ihrem Zimmer ein Bücherschrank. Dafür hatte Aaron einen aus schwarzem Holz gefertigten Sekretär, der von magischen, silbernen Rosen umwachsen war. Von der handwerklichen Verarbeitung her und aus der Form geschlossen musste es eine elfische Arbeit sein. Dieser stand zwischen zwei Kommoden, welche bis zum Überlaufen voll waren mit diversen Kuscheltieren, in der Mitte der Wand, die im rechten Winkel zum Buchschrank war. Gegenüber den Büchern befand sich auch bei ihm ein deutlich größerer Kleiderschrank, der allerdings genau wie der Buchschrank dem Design des Sekretär folgte. Gegenüber der ausladenden Balkontür aus Glas, war die Tür zum Flur, während in der Mitte des Raumes ein Kronleuchter hing, der die Form einer Pflanze mit mehreren Blüten hatte. Gegenüber des Sekretärs, wenn man den Raum durch die Haupttür betrat an der rechten Wand stand auch bei Aaron das Bett. Es war ein wunderschönes, riesigen Himmelbett, dass tatsächlich weit in den Raum ragte, aus dem selben Holz wie die Schränke bestand und ebenfalls von den selben silbernen Rosen umrankt wurde. Es war ein Meisterwerk elfischer Handwerkskunst, nicht zu sehr beschnitzt, nicht zu roh gelassen, einfach perfekt. Es hatte nur eine Rückenlehne und konnte ansonsten von allen Seiten betreten werden, auch wenn am Fußende ein aus Holz gefertigtes, verschnörkeltes Gitter war. Von jeder Ecke des Bettes ragte ein angenehm anzuschauender, leicht gewundener Pfahl nach oben, der den Himmel abstützte und an dem schwere, schwarze Satinvorhänge im Moment zusammengebunden waren. Dieser war im selben Stil wie das restliche Bett geschaffen. Reina ging näher heran um es sich besser ansehen zu können und als sie unter den Himmel schaute entdeckte sie eine Art Nebel darunter. Aaron folgte ihrem Blick und erklärte: „Eine magisch eingefangene Substanz, wenn du im Bett liegst und die Vorhänge zu hast kann sie jeden Ort erscheinen lassen an dem du gern wärst. So kannst du zum Beispiel jede Nacht die Sterne sehen ohne dass du im kalten schlafen müsstest.“ Reina strich sanft mit der Hand über das samtene schwarze Laken und berührte vorsichtig, das flauschige Kopfkissen und die kuschelige Decke und sagte dann in vor Überwältigung gesenktem Ton: „Es ist wunderschön.“ Aaron nickte sanft: „Ja, Ja das ist es.“ Sie setzten sich zusammen auf seine Couch und redeten über Hobbys, musikalische Vorlieben und alles mögliche, solange bis Sandra ins Zimmer gestürmt kam und bemerkte: „Hey, hier seit ihr beiden also. Ich hab euch schon überall gesucht! Äh Ma und Dad sind grad wieder nach Hause gekommen, wirklich man kann sich heut zu tage auch auf wirklich nichts mehr verlassen. Frechheit! Da schmeißt man sie raus und sie kommen einfach zurück in ihr eigenes Haus. Das war das letzte was wir jetzt gebrauchen konnten. Aaron tust du mir den Gefallen und bringst Reina nach Hause? Ihre Sachen sind schon im Auto, den Weg kennst du ja.“ Sie verließ den Raum so schnell wieder wie sie ihn betreten hatte und Reina fragte: „Kriegt ihr jetzt Ärger, weil ihr mich einfach hier einquartiert habt?“ „Nein, keine Sorge, dass ist es nicht und nicht, dass du jetzt glaubst, dass wir dich ihnen ungern vorstellen würden . Das Problem ist nur, dass Dad ja bald Geburtstag hat, genau genommen Übermorgen und unter anderem auch Verwandtschaft kommt und die sind nicht gerade zumutbar, wahrscheinlich aber auch gerade angekommen. Die muss Sandra erst dressieren bevor man sie unter Leute lassen kann und außerdem bist du sozusagen mein Geburtstagsgeschenk für Dad, hat sich kurzfristig so ergeben.“ „Was???? Wie genau...nein Was?“ „Ich erkläre es dir unterwegs. Am besten wir springen einfach vom Balkon, äh nein ich springe du hältst dich an mir fest..“ „O..O..Ok?“ Tatsächlich schaffte es Aaron Reina, die immer noch nur einen Schlafanzug an hatte, versteckt vor der angekommenen Meute ins Auto und unentdeckt nach Hause zu bringen. Unterwegs erklärte er. „Also, um es kurz zu machen. Ich war immer das Sorgenkind der Familie, weil ich nun mal nicht gut mit den meisten Menschen kann. Isoliert kann man das schon nicht mehr nennen, selbst isolierte Menschen haben mehr Kontakt als ich. Dad hat immer versucht mir eine Freundin zu suchen, daher auch die idiotische Nummer mit deiner Schwester. Na ja, ich hab natürlich auch noch ein anderes Geschenk für ihn, aber ich hatte ehrlich gesagt gehofft, dass du mich zur Feier begleiten würdest. Allein schon weil ich da von lauter Vollidioten umgeben bin und jemanden zum Reden sicherlich gut gebrauchen könnte. Es ist mir klar, dass das jetzt alles sehr überraschend und kurzfristig kommt, eigentlich wollte ich schon am Freitag mit dir darüber reden. Aber meinen Vater würde es wirklich sehr glücklich zu machen, mich mit einem Menschen zu sehen, mit dem ich mich gut verstehe und ehrlich gesagt würde es mir sogar noch mehr bedeuten dich an diesem Abend an meiner Seite zu haben.“, bei den letzten Worten war er zunehmend stärker rot geworden und hatte etwas verlegen aus dem Fenster geschaut. „Hm, wie könnte ich nein sagen, wenn du so lieb fragst?“ „Das heißt du kommst?“ „Ja, ich muss natürlich noch meine Eltern fragen, aber wenn’s nach mir geht gern.“ „Super! Hi hi hi, dann hab ich ja wenigstens etwas auf das ich mich freuen kann.“ Viel zu schnell waren sie bei ihr zu Hause angekommen, wo sie sich von Aaron verabschieden musste. Er setzte sie direkt vor der Haustür ab. „Hm, wo hab ich es denn? Ah ja hier, bitte?“ Er drückte ihr etwas Mittelgroßes eckiges in die Hand. „Was?“, sie schaute es eine Weile an bis sie begriff, „Ein Handy? Das... Das kann ich nicht annehmen Aaron!“ „Du hast wohl kaum eine andere Wahl, da ich es nicht zurücknehme“, er lächelte schelmisch und bemerkte dann, „Es ist mein altes! Ist wirklich nicht mehr das neuste Modell, aber du sagtest gestern, dass du keins hast und ich würde mich viel wohler fühlen, wenn ich wüsste, dass du immer erreichbar bist und Oscar, Sandra oder Mich auch immer erreichen kannst. Die Nummern sind eingespeichert! Und jetzt guck nicht so, ich hätte es ansonsten wahrscheinlich eh gegen irgendeinen Stein geworfen, damit die Daten auch wirklich weg sind!“ Was sollte sie dieser Argumentation noch entgegensetzen? Sie nahm es dankbar an, hielt es wie einen Schatz an ihre Brust gepresst und sagte sanft: „Danke wirklich. Es ist lieb, dass du dir so viele Sorgen machst, aber dass musst du nicht, ich bin schon groß.“ Aaron kam ihr ganz nahe, strich erst sanft über ihren Arm, dann über ihre Wange, schaute ihr tief in die Augen und flüsterte sanft: „Ich kann nicht anders, du bedeutest mir soviel!“ Es war ihr noch nie so schwer gefallen sich von ihm zu verabschieden wie in diesem Moment, aber sie wusste, dass sie es tun musste. Nach einer Weile, einer ewig langen Weile in der sie in seinen Augen versunken war und sein Handy etwa tausendmal geklingelt hatte, zweifelsohne Sandra die allmählich verzweifelte, lösten sie sich. Sie wünschte ihm noch eine sichere Heimkehr und einen schönen Tag und blieb mit ihrem Gepäck solange vor der Tür stehen, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Schweren Herzens öffnete sie die Tür und nahm eine ihr nur allzu bekannte Stimme war. „Und was glaubst du wo du jetzt erst herkommst? Hm? Der Vergnügungspark war geschlossen und die Hotels ausgebucht und wir mussten seit gestern Abend Fastfood essen! Und wo war die feine Dame in der Zwischenzeit? Na warte ich prügel diese Unzuverlässigkeit schon noch aus dir raus! Du wirst schon sehen was du davon hast!“ Und der Morgen hatte doch so schön angefangen. Kapitel 5: Happy Birthday ------------------------- Reina wachte noch am selben Abend nach längerer Ohnmacht auf. Ihr ganzer Körper schmerzte und sie war wirklich dankbar dafür, dass sie so starke Regenerationsfähigkeiten hatte. Die Wunden würden bis zur Feier verschwunden sein. Langsam rappelte sie sich hoch in der Hoffnung ihre Familie wäre mittlerweile gegangen. Gerade als sie versuchte aufzustehen kam ihre Schwester aus der Küche, trat ihr mit Wucht in die Seite und sagte: „Was du kannst schon wieder aufstehen? Dann waren die Schläge wohl nicht stark genug. Dad! Das ist dafür, dass du dich immer noch mit ihm triffst! Du weißt, dass er mir gehört. Du glaubst ja wohl nicht ich hätte euch vorhin an der Haustür nicht gesehen. Wie ihr da rumgeturtelt habt und ich rate dir dich ab jetzt von ihm fern zu halten. Außerdem, solltest du ab jetzt wohl besser mit offenen Augen schlafen, ich könnte ja auf die Idee kommen dir nachts die Kehle durchzuschneiden!“, Reina konnte sich nur allzu genau ausmalen wie es weitergehen würde und rollte sich ängstlich zusammen. Es tat ihr so Leid, dass die Peitschenhiebe Aarons Schafanzug zerstört hatten, aber noch mehr Sorgen machte sie sich um das Handy. Sollte es zerstört werden, hätte sie keine Chance mehr ihn zu kontaktieren und falls es ihrer Schwester in die Hände fiel würde Aaron keine freie Minute mehr haben. Sie hatte Glück, dass sie es bis jetzt nicht entdeckt hatten. „Dad! Komm gefälligst auf der Stelle hierher!! Reina hat mich beleidigt!“ Man hörte ein lautes Stampfen aus der Küche und mit einem Krachen schlug ihr Stiefvater die Tür auf. Sein Blick viel auf die immer noch am Boden liegende Reina „Was hast du getan? Du wagst es meine Cindy zu beleidigen du kleines, nichtsnutziges ... na warte das hast du nicht umsonst gemacht!“ Er kam auf sie zu, zog sie and den Haaren hoch und warf sie gegen eine Wand. Noch bevor sie wieder heruntergleiten konnte packte er sie am Hals und schlug ihr ins Gesicht. Reina bekam keine Luft mehr, sein Griff war zu stark. Sie versuchte sich zu wehren, doch je mehr sie strampelte, desto fester schlug er zu. „Dad, Dad hör auf, sie wird ja gleich ohnmächtig!“, bemerkte Cindy, „ Ich will schließlich auch noch etwas abhaben!“ „Dann hol die Peitsche aus der Küche, du schlägst doch ansonsten viel zu schwach zu!“ Er holte noch einmal aus und schlug Reina mit der Faust in die Magengegend. Sie wünschte sich ohnmächtig zu werden, endlich in die tiefe Bewusstlosigkeit wegzusinken und keine Schmerzen mehr zu spüren. Noch mehrere Stunden war sie dem ganzen ausgesetzt, ab und zu kamen auch noch einige ihrer Geschwister oder ihre Mutter hinzu. Als ihr Stiefvater endlich keine Kraft mehr hatte, sackte sie blutüberströmt zusammen. „Schatz, wirf sie doch bitte in ihr Zimmer! Sie ruiniert uns hier noch den Teppich!“, sagte ihre Mutter seelenruhig. „Hm, ja du hast recht, der war teuer. Ist zumindest deutlich mehr wert als sie!“ Er zog Reina an den Haaren hinter sich her in ihr Zimmer und schmiss dann die Tür zu. „So da drin bleibst du jetzt gefälligst und wehe wenn du heute noch mal rauskommst!“ Reina tat alles weh. Mit letzter Kraft schleppte sie sich auf ihr Bett und rollte sich dort zusammen. Tränen flossen über ihr Gesicht als sie an die schönen Erinnerungen des Morgens dachte. Sie war Aaron so nah gewesen, sie war glücklich gewesen, warum hatte der Tag so enden müssen? Vorsichtig zog sie das Handy aus der Brusttasche, es hatte die ganze Sache glücklicherweise ohne einen Kratzer überstanden. Reina spielte mit dem Gedanken ihn anzurufen. Sie wünschte sich nichts mehr als, dass er auf der Stelle kam, sie in den Arm nahm, festhielt, tröstete und nie wieder los ließ. So wie sie Aaron kannte wusste sie, dass würde er sie in dem Zustand sehen und verstehen, wer daran schuld war, würde er ganz sicher auf ihren Vater losgehen. Das konnte Reina einfach nicht verantworten, er hatte keine Chance und sie wollte nicht, dass er bei dem Versuch sie zu schützen verletzt wurde. Noch während sie darüber nachdachte klingelte das Handy. Sie wischte sich die Tränen weg, sammelte all ihre Kraft damit er nicht merkte wie schlecht es ihr ging und nahm den Anruf entgegen. „S...Sanktin“, nachdem es lange still blieb fragte sie, „Äh wer ist da?“ Eine unbekannte Stimme meldete sich: „Gute Frage, was ist Sanktin?“ „Da...das ist mein Nachnahme, äh was genau wollen sie, vielleicht kann ich ja etwas ausrichten.“ „Nun, es wäre nett wenn sie mir sagen könnten warum ihre Nummer im Handy meines Enkels gespeichert ist und zwar unter der Abkürzung Rei ♥. Ich frag mich schon die ganze Zeit wofür das steht. Real evil incident? Ring echter Idioten? Hm aber da ist das Herz immer nicht mit abgedeckt. Also in was für eine kranke Sekte ist mein Enkel da reingeraten, hm?“ „Ääääh, ist Aaron zufällig in ihrer Nähe? Könnten sie ihm das Telefon geben?“ „Nein der ist grad nicht da. Er hat vorhin einen schneidenden Schmerz in der Herzregion gehabt und sein Vater ist mit ihm ins Krankenhaus gefahren.“ „Was? Oh Gott, geht es ihm gut, wissen sie schon was er hat?“, Reina war ganz außer sich vor Angst, hatte sich in ihrem Bett aufgerichtet, wobei sie sich auf ihre linke Hand stützte, deren eh schon angebrochener Knochen nun komplett den Geist aufgab. Tatsächlich hörte man ein lautes Knacken. Reina sog vor Schmerz die Luft ganz tief ein, Tränen traten ihr in die Augen und für einen Moment wurde alles um sie herum schwarz. „Das klang grad gar nicht gesund. Hm tja Aaron geht es wieder sehr gut. Kann ich nun erfahren was dieses komische Rei zu bedeuten hat?“, Reina konnte in dem Moment nicht antworten, der Schmerz war einfach zu überwältigend. Im Hintergrund hörte sie plötzlich eine Tür knallen und Aarons Stimme sagen: „Hei, was soll das? Was denkst du was du da mit meinem Handy machst? Gib das sofort her! Das ist nichts für Relikte aus der Steinzeit wie dich!“, er guckte auf das Display und seufzte leise, „Ech bitte nicht diese Nummer bleibt mir den wirklich nichts erspart? Hei Rei. Ich hoffe er hat dich nicht belästigt oder genervt oder beschimpft oder irgendetwas.“ „Nein, nein ist schon ok. Wie geht es dir ist alles in Ordnung?“ „Huh, komisch, dass du das fragst. Ich hab vorhin so ein Stechen in der Brust gehabt. Ich hoffe dir ist nichts zugestoßen.“ „Äh“, sie konnte ihm ja schlecht sagen was passiert war, andererseits würde er es am nächsten Morgen eh mitbekommen. Diesmal hatte sich ihr Stiefvater nämlich nicht nur auf Regionen beschränkt die man nicht sehen konnte. Sie hatte auch schwere Schrammen im Gesicht und es würde sie wundern wenn man die Würgemale am Hals, am nächsten Tag nicht sehen könnte, „Na ja...ich bin...die Treppe runtergefallen. Hab ein paar Schrammen aber ansonsten ist alles gut.“ „Die Treppe...runter gefallen? Das klingt irgendwie komisch. Ist alles in Ordnung? Brauchst du einen Arzt? Soll ich kommen?“ „Nein! Nein ist wirklich alles in Ordnung. Du könntest ja auch nichts heilen oder so. Bleib du mal lieber da und halt deine Familie in Schach. Wir sehen uns dann ja morgen“, sie hoffte inständig, dass ihr Arm bis dahin verheilt war, hatte jedoch keine große Hoffnung. „Ich könnte schon was tun“, erklärte Aaron in sehr anzüglichem Ton, „Ich könnte dich... ablenken. Glaub mir du würdest dabei alles vergessen.“ Aufgrund des Tonfalls wurde Reina knallrot und konnte nur noch stotternd bemerken: „Ka...kann ich mir vorstellen. I...ich muss jetzt aber wirklich langsam schlafen, äh schlaf gut und träum was schönes ja?“ „Klar, mach ich, du aber auch!“ „Na klar, ich träum von dir... gute Nacht!“ Reina konnte selbst kaum fassen, dass sie das nicht nur gedacht sondern auch gesagt hatte. Allein aus dem Grund legte sie schon auf. Vorsichtig packte sie das Telefon in eine ihrer Schreibtischschubladen. Ihr Arm schmerzte mittlerweile noch schlimmer als vorher, da sie sich aber nicht traute das Zimmer zu verlassen blieb ihr nichts anderes übrig als sich, aus einem alten Nachthemd eine Schlinge zu basteln. Nach einer Weile legte sie sich auf ihr Bett und versuchte zu schlafen, aber egal wie sie sich platzierte es tat immer weh. Ihr war klar, dass würde eine lange und sehr schlaflose Nacht werden. Tatsächlich ruhte sie sehr unsanft. Sie hatte die ganze Nacht Alpträume und wälzte sich von einer Seite auf die andere, unfähig eine Position zu finden in der sie keine Schmerzen hatte. Als am nächsten Tag dann der Wecker um sechs Uhr klingelte quälte sie sich total zerschlagen aus dem Bett, ihr Arm hatte nicht aufgehört höllisch zu schmerzen, aber sie wusste, dass ihre Eltern das nicht interessierte. Ganz im Gegenteil, wenn sie nicht bald das Frühstück auf den Tisch brachte, konnte sie sich auf die nächste Tracht Prügel gefasst machen und ihr Vater war noch sauer vom Vorabend. Es war also mehr als fragwürdig ob sie die überleben würde. Ein wenig später saß die ganze Familie, außer Reina die wie jeden Morgen nach oben gegangen war um ihre Schulsachen zu holen, am Frühstückstisch und unterhielt sich köstlich. Als sie wieder herunterkam war ihr klar, dass sie gerade mit dem Feuer spielte, aber es würde wohl kaum ein besserer Moment kommen um sie um die Erlaubnis zu bitten. Langsam näherte sie sich dem Esstisch, blieb aber vorsichtshalber zwei Meter in demonstrativ unterwürfiger Haltung stehen und wartete bis ihre Eltern sie aus den Augenwinkeln wahrgenommen hatten. „Na super jetzt ist mir der Appetit vergangen“, erklärte ihre Mutter in genervtem Ton, „Was zur Hölle willst du? Du kannst dich glücklich schätzen, dass wir diesen Fraß den du Essen nennst überhaupt zu uns nehmen. Also schieb dein hässliches Gesicht gefälligst aus dem Raum. Wie siehst du überhaupt aus?“, sie hatte gerade bemerkt, dass Reina ihre Haare heute offen trug, „ Gott du läufst rum, wie die letzte Schlampe. Leg dir gefälligst eine Ordentliche Frisur zu! Immer hat man nur Ärger mit dir! Du blamierst die ganze Familie, warum kannst du dir nicht eine Scheibe von deiner Schwester abschneiden? Nicht wahr Liebling?“ „Ja, es wär für uns alle besser wenn wir hier zwei super hippe Cindys hätten!“ „Dad, der Begriff hip ist schon seit Jahren out!“, erklärte Cindy ihm. Die übrigen Kinder schauten Reina alle selbstgefällig grinsend an, eins bewarf sie sogar mit Kartoffelbrei, doch diese Sache bedeutete ihr zuviel als das sie wegen dieser Stichelei klein bei gegeben hätte. „Ich bin morgen bei einer Freundin zum Geburtstag eingeladen“, setzte sie vorsichtig an, doch noch bevor sie weitersprechen konnte wurde sie von ihrem Stiefvater unterbrochen. „Ha ja, dass ist doch der Witz des Jahrtausends als ob du Freunde hättest! Ich bitte dich wer würde schon mit jemandem wie dir befreundet sein wollen oder mit dir abhängen wollen?“ „Darf ich hingehen? Es dauert wahrscheinlich die ganze Nacht, sodass ich also erst übermorgen wiederkommen werde.“ „Noch mal, Du hast keine Freunde! Wenn du aber das Bedürfnis hast Morgen die Nacht draußen im Wald zu verbringen haben wir damit kein Problem. Die Monster dort sind wohl das Einzige was dich akzeptiert. Is ja auch kein Wunder du siehst ja auch aus wie der Mutant aus dem Sumpf.“ „Ich darf also?“ „Wenn das Essen trotz allem rechtzeitig auf dem Tisch steht!“ Reina freute sich tierisch, was in der Nähe der Eltern nicht besonders klug war, die Freude ließ allerdings schnell nach als es an der Tür klingelte. Sie wollte eigentlich als erste hingehen und öffnen, aber ihr Vater bemerkte wie eilig sie es hatte, sprang auf und riss sie an dem gebrochenen Arm zurück. Wenn Reina nicht gewusst hätte, dass Sandra und oder Aaron da draußen stand hätte sie vor Schmerzen geschrieen. So Biss sie sich nur heftig auf Lippen, bis sie Blut schmeckte. „Schön hier geblieben, wer mag das wohl sein? Die besagte Freundin? Kann ein Mensch wirklich so blöd sein? Na dann willst du sie mir doch wohl sicher vorstellen oder?“ Er packte Reina grob am Genick und schob sie zur Haustür. Reina hoffte so sehr, dass es nur Sandra sein möge. Als sie die Tür erreichten lies ihr Vater sie los und öffnete. Davor stand Aaron, in aller bester Laune und lächelte Reina fröhlich an. Er war so von ihr eingenommen, dass er nicht mal merkte, dass dort noch jemand in der Tür stand. Er kam ihr gleich entgegen um sie zu umarmen, wunderte sich allerdings ein wenig, dass sie nicht freute. „Rei? Alles in Ordnung?“ Ihm antwortete eine dröhnende, vor Wut bebende Stimme: „Kommt ganz drauf an!“ Reina zuckte ängstlich zusammen, was Aaron natürlich nicht entging. Er schaute den Mann an, der es gewagt hatte sein Gespräch zu unterbrechen und bemerkte sich höflichst zurücknehmend. „Äh wer sind sie?“ „Gott sei dank nur ihr Stiefvater, wenn so etwas missratenes meinem Samen entsprungen wäre, würde ich mich aufhängen!“ Aaron knurrte und das bei weitem nicht leise, behielt aber das gespielt freundliche Lächeln bei und flötete in sanftem Ton: „Freut mich sie kennen zu lernen! Ich bin Aaron Strauß Reinas Freund, ich gehe in die Parallelklasse! Da wir etwa den gleichen Weg haben nehme ich sie manchmal morgens mit“, obwohl es ihm mehr als etwas zu wieder war streckte er ihm die Hand entgegen, in der Hoffnung ihr Stiefvater würde sie nicht annehmen. Leider tat er es doch und drückte absichtlich mit aller Kraft zu. Diese Aufforderung ließ Aaron nicht verstreichen er erwiderte den Druck so stark, dass er ihm fast die Hand brach. „Pff, ihr Freund wie. Ha das glaub ich nicht, der Tag wird immer lustiger. Wie ist sie denn so im Bett? Bestimmt ziemlich verspannt was? Da wäre es wahrscheinlich angenehmer mit nem Stein zu pimpern. Na ja wenn du mal wissen willst wie sich richtig guter Sex anfühlt, Cindy steht zwar nicht auf solche Schönlinge oder Milchbubis, wie du einer bist, aber sie ist bestimmt bereit dich ein wenig zu befriedigen.“ Das Knurren wurde lauter: „Ich weiß nicht weshalb sie gleich davon ausgehen, dass die Beziehung zwischen mir und ihrer Tochter auf rein körperlicher Basis beruht. Im Gegensatz zu Cindy bin ich wirklich gern in Reinas Nähe uns verbindet etwas, dass Niemand auf der Welt durch rein körperliche Nähe erlangen kann.“ „Ah verstehe, du bist vom andern Ufer, hä? Suchst nur ne Alibibeziehung, nicht wahr.“ „Nein ich bin nicht Homosexuell und ich meine es absolut ernst mit ihrer Tochter und wenn sie es wissen wollen“, er kam deutlich näher, ging zu Reina und hielt ihr die Ohren zu, „ Ich finde ihre Tochter durchaus körperlich anziehend und attraktiv, wir sind eben nur noch nicht soweit.“ Er ließ sie sanft wieder los. Sie schaute ihn etwas verunsichert an und war sich nicht so ganz sicher ob sie tatsächlich wissen wollte was er gerade zu sagen gehabt hatte. „Pff, ich glaub dir trotzdem nicht, ich bitte dich jeder der die Vorstellung mit der zu schlafen aushält und trotzdem noch erregt werden kann ist bei weitem mehr Mann als ich. Wenn ihr wirklich zusammen seit, warum hat sie dich dann noch nie vorgestellt, hm?“ „Die Gelegenheit ergab sich noch nicht.“ „Ja, ja faule Ausrede! Aber wenn du möchtest und es uns wirklich Beweisen willst, kannst du ja heute gleich nach der Schule zu uns kommen und hier übernachten.“ Reina hätte am liebsten geschrieen und gesagt, dass das auf gar keinen Fall ging, aber Aaron, der mittlerweile ganz und gar nicht mehr bereit war diesen Kampf aufzugeben erklärte: „Natürlich, gern! Ist gar kein Problem, schließlich hatten wir ja auch geplant, dass Reina morgen zu mir kommt, damit ich sie meiner Familie vorstellen kann.“ „Was du kleine...du sagtest du wolltest zu einer Freundin. Ich glaub es hackt!“, er hob die Hand bereit zum Schlag, Reina wollte nicht das Aaron das sah, sie sackte ein wenig in sich zusammen, dieser hingegen machte zwei Schritte, stand direkt vor ihrem Vater und haute ihm mit voller Wucht eine rein, sodass man den Kieferknochen brechen hörte und eine Reihe Zähne durch die Luft flogen. Aaron zitterte vor Wut, stünde Reina nicht hinter ihm er hätte sich auf den Typ gestürzt, ihn mit seinen Klauen und seiner Blutmagie bearbeitet, ihm die Haut bei lebendigem Leibe abgezogen und ihn solange am Leben erhalten bis er jede nur denkbare Foltermethode an ihm ausprobiert hatte. So musste er sich zurückhalten und konnte nur zwischen zusammengepressten Zähnen hervorknurren: „Wagen sie es ja nie wieder meine Rei anzurühren, geschweige denn so über sie zu reden oder ich breche ihnen mehr als nur den Kiefer!“ Reina dachte in dem Moment nur zwei Sachen, Gott sei dank ist Aaron nichts passiert und hoffentlich liest er nicht seine Gedanken und Erinnerungen. Kurz danach waren ihre Mutter und die restlich Kinder gekommen, die panisch versuchten den Vater zu versorgen. Alle bis auf Cindy die erst Reina böse anstarrte, dann aber als sie sah das Aaron sie sanft in den Armen hielt und böse zurückschaute die Kontrolle über ihre Gesichtsmuskulatur verlor und dreinschaute als wolle sie sagen: „Äh was jetzt? Gibt’s nicht. Das kann nich sein! Echt ey? Boaaaaah! Na warte.“ „Komm“, flüsterte Aaron Reina ins Ohr, „Lass uns fahren.“ Als sie zusammen im Auto saßen, war die Stimmung etwas bedrückt. Aaron war auch wenn er schon ein wenig runtergekommen war immer noch stinksauer und Reina wusste nicht so recht wie sie mit der Situation umgehen sollte. Dazu kam noch, dass ihm erst beim Einsteigen ihr geschwollener, ziemlich blauer Arm aufgefallen war. Nach einiger Zeit brach er das Schweigen: „Das war nicht das erste Mal das ihm die Hand ausgerutscht ist oder?“ Reina schaute bedrückt aus dem Fenster und nickte leicht. Passend zu der gedrückten Stimmung und Aarons finsterer Mine fing es an zu regnen. Zuerst achtete sie gar nicht darauf wohin sie fuhren, sie dachte ja es ginge zur Schule, aber als sie an der ihr bekannten Kreuzung geradeaus fuhren, also in die Stadt, statt wie üblich abzubiegen wurde sie stutzig. „Wohin..., zur Schule geht es aber in die Richtung!“ „Ist mir klar! Du dachtest doch wohl nicht, dass ich dich mit dem Arm zur Schule bringe? Du brauchst ärztliche Hilfe, besser noch magische Hilfe. Das nächste Magierkrankenhaus ist ein wenig entfernt, also mach es dir bequem.“ „Aber, ich will nicht ins Krankenhaus. Das verheilt schnell genug wieder von allein. Du brauchst dir keine Sorgen machen. Ich möchte lieber am Unterricht teilnehmen und was lernen. Ich kann doch nicht schon in der ersten Woche, die ich hier bin schwänzen! Nicht das ich sonst schwänzen würde, aber doch besonders nicht in der ersten Zeit.“ „Du schwänzt ja nicht, du übergibst dich in ärztliche Behandlung. Die geben dir ein Artest und das gibst du dann morgen im Sekretariat ab.“ „Aber ich bin doch für heute gar nicht krankgemeldet, dass verstößt gegen die Formalien.“ „Dann sagst du eben morgen, dass ich die Leute die dich hätten Krankmelden können zu Brei zerschlagen hab“, bei der Erinnerung an Reinas Vater gab er voll gas, dass Adrenalin schoss durch seine Adern und er zerdrückte fast das Lenkrad. Reina spürte wie sauer er war und sie bemerke in reumütigem Ton: „ Tut mir Leid! Du hast dir den Morgen bestimmt so schön vorgestellt und jetzt das! Ich...“ „Reina entschuldigst du dich gerade bei mir dafür, dass dein Vater mich auf die Palme gebracht hat?“ „Hm hm. Ich wollte nie, dass du sie so kennen lernst. Ich meine Cindy kanntest du ja schon vorher, aber den Rest eben nicht. Ehrlich gesagt hatte ich so eine Angst, dass mein Vater dich verletzen würde oder dass du mich vielleicht nicht mehr leiden könntest, wenn du wüsstest auf was für eine Familie du dich da einlässt!“ „Rei...“, es fiel ihm mittlerweile leichter sich zu beruhigen, da er merkte, dass sie ihn brauchte, „ Ich...Du, du bedeutest mir sehr, sehr viel! Das ist so weil du das liebste, großherzigste, zärtlichste, rührendste und niedlichste Mädchen bist, dass mir je begegnet ist. Er guckte ihr eine Weile zart in die Augen, während er das Auto immer noch unter Vollgas lenkte und sagte dann, „Und daran wird nichts und niemand etwas ändern. Nur weil deine Familie ein Haufen Arschlöcher ist, lass ich dich doch nicht allein!“ Reina schaute ihm in die Augen. Das Weinrot wirkte an dem Tag noch wärmer und sanfter als sonst, sie sagte ganz sanft und zärtlich: „ Danke.“ Eine Stunde später hielt Aaron in einer nahegelegenen Stadt, vor dem örtlichen Krankenhaus an. Reina schaute sich um, von außen sah es tatsächlich genauso aus wie jedes andere normale Krankenhaus auch, nichts deutete darauf hin, dass hier mit Magie behandelt wurde. Nachdem sie ausgestiegen waren, legte er sanft den Arm um Reina und schob sie in Richtung Eingang. „Ich mag keine Krankenhäuser!“ Er seufzte leise: „Wer tut das schon? Übrigens brauchst du gar nicht erst an Flucht zu denken, ich lass dich erst wieder los, wenn du behandelt wirst.“ Jetzt war es an ihr zu seufzen. Sie hatte wirklich keine Chance der Untersuchung zu entfliehen. Als sie die Klink betreten hatten, ging Aaron zur Rezeption. Die Frau am Schalter erkannte ihn sofort und sagte höflich: „Ah Mister Strauß, schön sie hier zu sehen! Wollen sie ihre Mutter besuchen? Da wird sie sich freuen, aber sollten sie nicht in der Schule sein?“ „Ja, eigentlich schon, aber es gab da einen Notfall“, er zeigte in Reinas Richtung und erklärte, „Ich schätze ein gebrochener Arm. Es wäre sehr nett wenn Ma Zeit hätte sich das mal anzugucken.“ „Oh, natürlich, sie hat heute nicht soviel zu tun. Im Moment kümmert sie sich zwar noch um einen Patienten, aber danach können sie zu ihr. Den Weg muss ich ihnen ja nicht zeigen.“ Er nickte ruhig und geleitete Reina schweigend durch die langen, sterilen Gänge des Krankenhauses, bis sie zu einem Raum kamen, der als Wartezimmer diente. Gerade als sie sich setzen wollten öffnete sich die Tür und eine sanft lächelnde Frau mit langen, gewellten Haaren, in denen sich eingeflochtene leuchtend weiße Blumen befanden trat hinaus. An ihrer Seite eine Mutter, die an der Hand ein kleines Kind hielt. „Oh, machen sie sich keine Sorgen meine Liebe“, sie legte der Frau sanft die Hand auf die Schulter und lächelte. Ihre Aura war so warm und mütterlich, dass die andere sich sofort beruhigte und ein glückseliges Lächeln auf ihr Gesicht trat, „ Ihrer Kleinen geht es sehr gut, sie entwickelt sich wirklich prächtig und wegen der Allergie kommen sie einfach in ein paar Wochen wieder. Wenn die magische Kur gut anschlägt ist sie die bald los“, sie beugte sich hinunter zu der Kleinen und sagte liebevoll, „Du bist wirklich ein tapferes, braves kleines Mädchen“, sie streichelte dem Kind sanft durch die Haare, „ Du wirst bestimmt mal eine richtige große Prinzessin und deshalb gebe ich dir die“, sie griff in ihre Haare zog eine Blume hinaus und gab sie der Kleinen, „Aber du musst versprechen schön brav zu sein und deiner Mama keinen Ärger zu machen ja?“ „Jaaaaaaaaaaaaaaa, danke Tante Ane!“ Sie verabschiedete sich noch von den Beiden und war gerade im Begriff wieder in die Praxis zu gehen, als Aaron auf sie zu schritt und sagte: „Ma, hast du mal kurz Zeit?“ „Huh? Aaron? Oh Gott was machst du denn hier? Solltest du nicht in der Schule sein? Geht es dir etwa nicht gut? Hast du Schmerzen? Oh Gott, du hast doch nicht etwa Jemanden angefallen?“ „Nein, nein keine Angst, nur zu Brei gehauen!“ „Gott sei dank und ich dachte schon, na ja du weißt ja für Brei ist dein Vater zuständig!“, Mrs. Strauß lächelte ihn erleichtert an. Sie war so wunderschön mit diesem zärtlichen Lächeln. Dass Reina glatt eifersüchtig wurde. Natürlich wusste sie das Aaron kein Interesse an seiner Mutter hatte, aber dieses Gefühl ließ sich durch rationale Argumente nicht vertreiben. „Eigentlich bin ich auch nicht hergekommen um dir davon zu erzählen, sondern weil ich dich bitten wollte, dass du dir Reinas Arm mal anschaust.“ „Reina?“ Aaron schaute sie etwas verwirrt an, so als wollte er sagen, sie steht die ganze Zeit schon neben mir wie wäre es mal mit hinschauen? Blickte dann Reina zärtlich an und dann wieder zurück zu seiner Mutter, der als sie das Mädchen sah, welches sich so vertraut an Aarons Seite kuschelte fast die Augen rausfielen. „Äh Ma, das ist Reina wir sind Freunde, wehe du erzählst Dad was davon! Rei das isst meine Mutter“ „Freut mich wirklich dich kennen zu lernen!“, erklärte Mrs. Strauß strahlend während sie auf Reina zuging und ihr die Hand entgegenstreckte. „Mich auch.“ Aarons Mutter konnte sich das Kichern nicht verkneifen als sie ihren etwas erschlagenen Blick sah: „Hm, na dann komm mal mit.“ Sie griff sanft um ihre Schulter und schob sie vor sich her in das Behandlungszimmer, wo sie Reina auf eine Liege setzte. Aaron folgte den Beiden zuerst wurde dann aber von seiner eigenen Mutter des Raumes verwiesen. „Wie soll ich sie denn bitte untersuchen, wenn du im gleichen Raum bist, hm? Oder hat sie kein Problem damit sich vor dir auszuziehen?“ „Ausziehen?“, fragte Reina panisch, „Da...davon war nicht die Rede! Ich dachte es ginge nur um meinen Arm! Aaron dafür schuldest du mir was!“ „Oh, was denn? Etwas was mir auch Spaß machen könnte?“ „So, jetzt ist aber genug, sonst stehen wir morgen noch hier.“ Sie schob ihn aus dem Raum raus und schloss die Tür. Die Beiden waren allein in dem Behandlungszimmer und Reina fühlte sich alles andere als wohl. Mrs. Strauß kam ruhig auf sie zu, setzte sich auf einen Stuhl vor ihr und fing an ihren Arm, der immer noch tiefblau und geschwollen war zu untersuchen. „Tut das hier weh?“, dass sie vor Schmerz zusammenzuckte beantwortete die Frage, „Hm, scheint gebrochen zu sein, wie ist das passiert?“ „Ich bin von der Treppe gefallen“, Mrs. Strauß warf ihr einen langen ungläubigen Blick zu, „Ist gestern Abend passiert. Meine kleine Schwester hat einen Rollschuh im Weg rumliegen lassen und ich bin drüber gestolpert. „Gestern Abend? Und sie kommen erst jetzt, dass muss doch höllisch wehgetan haben! Warum haben ihre Eltern sie denn nicht sofort hier hergebracht?“ „Die hatten Beide Nachtschicht und sind erst heute früh nach Hause gekommen. Sie waren so kaputt, dass ich sie nicht stören wollte. Das verheilt ja auch wieder von allein, wenn Aaron nicht so einen Aufstand gemacht hätte, wäre ich auch gar nicht hergekommen.“ „Sind sie...ein Paar?“ „Was? Nein wir sind Freunde. Rein platonische Freunde!“, sie betete dass Mrs. Strauß nicht genauso wie Aaron Gedanken lesen konnte. „Wir sollten den Arm jedenfalls röntgen, nur um sicher zu sein, dass ich ihn nicht schräg wieder anwachsen lasse“, sie wollte vorsichtig den linken Ärmel, der im Moment in der Ellenbeuge endete, hochschieben. Reina erschrak und zog den Arm weg, ihr war klar, dass sie die blauen Flecken und Striemen ansonsten entdecken würde. „Hör mal, ich möchte dir wirklich gerne helfen, aber das kann ich nur wenn du mir vertraust und es zulässt. Um deinen Arm zu heilen, muss ich ihn mir zumindest einmal angeschaut haben.“ „Versprechen sie mir Aaron nichts davon zu erzählen?“ „Natürlich ich stehe ja unter ärztlicher Schweigepflicht! Wovon soll ich ihm denn nichts erzählen?“ Reina stand von der Liege auf, drehte sich um und zog mit der einen funktionsfähigen Hand ihren Pullover aus. Mrs. Strauß wurde schlecht als sie die blutigen Striemen und blauen Flecken sah. Die Wunden bedeckten den ganzen Rücken und mussten vor kurzer Zeit wieder aufgegangen sein, denn einige bluteten noch. Als Reina sich umdrehte war sie kurz davor sich zu übergeben. Die Vorderseite ihres Körpers hatte am Abend zuvor weit mehr abbekommen, wobei ihre Arme, Oberkörper und die Rippengegend am schlimmsten aussahen. An einigen Stellen konnte man sogar noch die Faustabdrücke ihres Stiefvaters und die Form der Eisenstange sehen. „Oh Gott“, flüsterte Aarons Mutter entsetzt, „Wi...wie ist das passiert?“ „Wollen sie das wirklich wissen?“ Reina brauchte es nicht zu erzählen. Sie spürte wie Mrs. Strauß unterbewusst auf ihre Erinnerungen zugriff und alles sah. Ane Strauß schossen die Bilder der ersten Situation durch den Kopf, des ersten Mals als Reinas Stiefvater übergriffig geworden war. Sie stand in einer eher städtischen Wohnung und sah dieses kleine unschuldige Mädchen von sechs Jahren, dass weinend vor einer zerbrochenen Vase stand. Die Mutter befand sich daneben und schrie auf die Kleine ein, während der Stiefvater aufstand ein Buch von der Ablage nahm und wieder und wieder auf das Mädchen einschlug mit einem Gesichtsausdruck tiefsten Glücks. Eine Erinnerung nach der anderen durchströmte sie, es waren so viele. Fast für jeden Tag der restlichen elf Jahre ihres Lebens folgte eine Szene. Bis zum vergangenen Abend. Sie konnte es kaum ertragen. Am liebsten hätte sie den geistigen Kontakt schon nach den ersten Bildern abgebrochen, doch irgendwie schaffte sie es trotzdem sich alles an zu sehen. Als es endlich vorbei war sackte sie schluchzend von ihrem Stuhl. Reina, die sich auf die Liege gesetzt und geduldig gewartet hatte, erhob sich und nahm sie in den Arm. „Sch, sch, ist ja gut es ist vorbei! Es ist vorbei! Ganz ruhig, der Schmerz vergeht.“ Aaron saß vor der Tür und wurde fast wahnsinnig von der ganzen Warterei. Am liebsten wäre er sofort in das Zimmer gestürmt um nach dem Rechten zu sehen. Nach einiger Zeit stand er auf um zumindest zu klopfen und sich zu erkundigen was vorgefallen war, denn für einen gebrochenen Arm, dauerte das schon viel zu lange. Gerade als er vor der Tür stand kam seine Mutter heraus. „Ma was ist...“ „Hör zu, ich hab Reina grad in ein Heilbad gesetzt. Ich muss jetzt noch zu einem anderen Patienten, komme aber bald wieder. Du kannst reingehen wenn du willst, solange du versprichst vor dem Vorhang zu bleiben.“ „Ich verspreche es. Ich meine es ist mir schon klar, dass Reina nicht sonderlich erfreut sein dürfte wenn ich sie beim Baden störe.“ Als er den Raum betrat, saß Reina noch nicht in der Wanne. Tatsächlich zog sie sich gerade hinter dem Vorhang aus. Aaron schaute in dem Moment hin, als sie komplett nackt war und ihre Silhouette langsam im Heilbad versank. Er spürte wie seine Nase anfing zu bluten, schmeckte sein eigenes Blut auf den Lippen, wandte sich lieber schnell ab und ging zu dem Praxistisch seiner Mutter um nach Taschentüchern zu suchen. Was er dort sah ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Auf dem ordentlich sortierten Tisch lagen einige Röntgenbilder die definitiv zu Reina gehörten. Sie zeigten neben dem gebrochenen Arm noch einige angeschlagene Rippen und mehrere bereits verheilte, schon länger zurückliegende Knochenbrüche. Allein das hätte gereicht um ihn in Raserei verfallen zu lassen, daneben befanden sich allerdings noch die Fotos, die seine Mutter von Reinas Rücken gemacht hatte und ein kleiner Kristall, in dem sie die gesehenen Erinnerungen weggesperrt hatte. Aaron nahm zuerst die Bilder in die Hand, diese zitterte vor Wut bereits zu sehr als das er sie hätte ruhig halten können. Bild für Bild viel nachdem er es sich angeschaut hatte auf den Boden. Danach nahm er den Kristall auf, seine Mutter speicherte gesehenes häufiger ab, daher wusste er wie er ihn öffnen konnte um an die Erinnerungen zu kommen. Szene für Szene spielte sich vor seinem inneren Auge ab. Tropfen für Tropfen nährte es seine Wut und brannte sich danach auf ewig in sein Gedächtnis. Als der Film vorbei war, sah er nicht die Wirklichkeit, die Realität. Er fühlte wie sich ein roter Schleier über seine Pupille gelegt hatte, die Raserei hatte ihn ganz in ihrer Gewalt. Er dachte nichts mehr, hörte nichts mehr er spürte nur noch eins unbändige Wut. Wenig später kam Mrs. Strauß zurück in den Raum, als sie die am Boden liegenden Fotos und den zerbrochenen Kristall sah, hätte sie sich dafür Ohrfeigen können, dass sie diese nicht mitgenommen hatte. Aaron war nirgendwo zu sehen. Das erste was sie tat war nach Reina zu sehen, die im warmen wohltuenden Heilbad weggenickt war und nun tief und fest schlief. Danach öffnete sie sofort ihr Handy und informierte ihren Mann, Sandra und Oscar. Spät am Nachmittag wachte Reina wieder auf. Sie lag komplett angezogen und zugedeckt auf der Rückbank von Aarons Auto. Es dauerte eine Weile bis sie sich gesammelt und bemerkt hatte, dass ihr Arm wieder komplett verheilt war und sie auch ansonsten keine Schmerzen mehr fühlte. Als sie sich aufsetzte hörte sie ein trauriges: „Na wieder wach Rei? Ich hoffe es geht dir besser!“ Aufgrund des ungewöhnlichen Tonfalls dauerte es eine Weile bis sie die Person erkannte: „Sandra?“ „Hm hm." „Was ist los? Stimmt was nicht?“ „Kann man so sagen. Dad hat uns verboten deine Familie und besonders deinen Vater umzubringen!“ „Was?“, sie brauchte eine Weile bis die Aussage Sinn ergab, „Sie...sie hat es euch erzählt oder? Sie hat ihr Versprechen gebrochen.“ „Nein hat sie nicht. Aaron hat die Bilder und alles zufällig gefunden und ist total ausgerastet. Er ist sofort in das Krankenhaus gefahren in das dein Vater gebracht wurde. Leider hat Ma uns informiert bevor er ihn erreicht hat.“ „Geht es ihm gut? Er ist doch hoffentlich nicht verletzt worden.“ „Kommt drauf an wie man es interpretieren möchte. Dad hat ihn rechtzeitig abgefangen und ihm eine riesige Dosis Betäubungsmittel gespritzt, der schläft erst mal für ne ganze Weile.“ Eigentlich hatte sie noch etwas sagen wollen, aber sie hörte plötzlich ein klägliches Schluchzen von der Rückbank. Erstaunt drehte sie sich um und sah, dass Reina Tränenüberströmt da saß. Zwischen den tiefen Schluchzern sagte sie: „Es...tut mir...so Leid. Ich, ich...wollte nie, dass ihr...da mit reingezogen...werdet. Es...ist alles...meine Schuld.“ Sandra konnte das nicht mehr ertragen, trat voll auf die Bremse und als das Auto zum Stillstand kam kletterte sie auf den Rücksitz und nahm die völlig aufgelöste Reina in den Arm. Nach einiger Überlegung entschloss sich Sandra dazu Reina zu sich nach Hause zu fahren, da ihre Eltern und Geschwister im Krankenhaus waren ging von dem Ort erst mal keine Gefahr aus. Sie betraten das düstere Wohnzimmer, Reina war noch immer etwas aufgelöst, daher schickte Sandra sie nach oben in ihr Bett, während sie ihr einen Limettentee machen wollte. Sie fühlte sich überhaupt nicht wohl in dieser Umgebung, nach alldem was an diesem Tag passiert war. Trotzdem tat sie Sandra den Gefallen und ging die Treppe hinauf über den Gang in ihr dunkles Zimmer. Vollkommen erschöpft von den Strapazen setzte sie sich ohne das Licht anzumachen auf die Bettkante und lehnte ihren Kopf gegen die Wand. Sie wollte gerade die Decke zurückschlagen als sie in etwas feuchtes, weiches, warmes fasste und ihr ein widerlich Gestank in die Nase stieg. Geschockt sprang sie auf und riss die Decke mit sich. Sandra hörte Reina schreien und rannte noch mit der Teekanne in der Hand nach oben. Als sie Reinas Zimmer erreicht hatte und das Licht anmachte, kam diese ihr schon entgegen, lief an ihr vorbei, riss ein paar Räume weiter die Badezimmertür auf und übergab sich geräuschvoll. Den Grund für dieses komische Verhalten fand Sandra in Reinas Bett. Unter der Decke hatten, den Körper eines Menschen imitierend Schweineinnereien gelegen. Das ganze Laken war voller Blut und stank fürchterlich. In der Mitte des Gebildes lag ein Schweineherz, das mit einem Dolch an dem ein blutbeflecktes Foto von Reina dran hing, durchstoßen worden war. Das Foto war mit Schweineblut beschrieben worden, darauf stand: Du bist die nächste! Ich hatte dich gewarnt! Nach dem Vorfall, den sie mit Fotos dokumentiert hatte, konnte Sandra Reina auf gar keinen Fall dort lassen. Sie nahm das stark verstörte, zitternde Mädchen an der Hand, brachte sie zurück ins Auto, knallte die Haustür zu, schloss mit Reinas Schlüssel ab, setzte sich ins Auto und fuhr los. Am Haus der Strauß angekommen, schleuste sie, sie unbemerkt rein und setzte sie in Aarons Zimmer ab, während sie wieder hinunterging um ihrer Mutter bescheid zu sagen. Aarons Zimmer kam Reina ohne ihn bei weitem nicht mehr so warm, gemütlich und beschützend vor. Zwar wirkte es auch nicht angsteinflößend, aber sie hätte wirklich alles dafür gegeben ihn in dem Moment zu sehen. Sich in seinen Augen zu verlieren, sich in seinen Armen geborgen zu fühlen. Sie seufzte leise als sie plötzlich etwas vom Flur her hörte. Es klang wie ein leises Kratzen. Etwas ängstlich öffnete sie die Tür, als ein großer schwarzer Schatten auf sie zu sprang und sie zu Boden riss. Reina war so panisch sie hätte fast geschrieen, bis sie eine bekannte raue Wolfszunge an ihrer Wange spürte. Irgendwann schaffte sie es Gray dazu zu bringen sie aufstehen zu lassen, kehrte ins Zimmer zurück und setzte sich ruhig aufs Sofa. Gray folgte ihr freudig, sprang ebenfalls aufs Sofa und legte sich quer über ihre Beine, auf Streicheleinheiten wartend. Es dauerte noch eine ganze Weile bis Sandra zurückkam, die Zeit vertrieb Reina sich in dem sie aus ein wenig Plüschfüllung, Nadel und Faden und mehreren Stoffteilen, die zum Flicken eines Stofftieres gedacht waren eine süße kleine Plüschfledermaus nähte. Sie brachte dafür aber gleich einen riesigen Teller mit belegten Broten und allen möglichen Tees mit. „Hei, na konntest du etwas zur Ruhe kommen? Ach Gray was machst du denn hier? Wenn Oscar dich sieht stirbt der arme Schrank wieder.“ „Kann, kann er bleiben? Das Zimmer ist so leer ohne Aaron.“ „Äh klar, wenn er dich nicht stört. Ich würd ja auch gern Aaron zum Kuscheln hoch schicken, aber der liegt da unten auf dem Sofa, wie nen angeschossnes Wildtier mit dem duzend Betäubungspfeile im Hintern. Hm? Was ist den das?“, ihr war die kleine Plüschfledermaus aufgefallen. „Das, oh das ist nichts weiter. Ich hatte ziemlich viel Zeit während du weg warst und da hab ich hier ein bisschen Nähzeug gefunden und na ja, ist ja offensichtlich, dass Aaron Kuscheltiere mag und ich dachte mir vielleicht würde er sich darüber freuen, wenn ich ihm auch eins schenke.“ „Ow, du bist so goldig“, sie seufzte leise, „Man manchmal wünschte ich mir ich wär ein Junge und könnte mit dir ausgehen! Ich will auch ein süßes selbstgemachtes Kuscheltier!“ „Wenn du mir sagst was für eins du möchtest und mir noch ein bisschen Plüschfüllung und Stoff besorgst kein Problem, aber kein Wort zu Aaron“, sie zwinkerte lieb. „Jaaaa! Also ich möchte ähh, einen Delfin, einen Fuchs, ein Kaninchen, einen Gepard, einen Luchs, einen Wolf...“, sie hörte erst auf Tiere aufzuzählen als Reina schon lange eingeschlafen war. Reina verschlief am nächsten Morgen gnadenlos. Als sie um etwa zehn Uhr aufwachte hatte sie das Glück, dass kein Wecker im Zimmer war. Genüsslich räkelte sie sich auf dem Sofa und stand dann langsam auf. Gray schaute ihr müde nach, sprang auf den Boden und folgte. Gerade als sie versuchte in der Fensterscheibe ihr Spiegelbild zu sehen, um festzustellen wie schlimm sie aussah, kam Sandra gut gelaunt ins Zimmer. „Guten Morgen Rei! Es ist zehn Uhr die Sonne scheint, Aaron ist aus seinem Dämmerschlaf erwacht und Dad hat Geburtstag.“ „Waaas? Es ist zehn Uhr? Wir müssten längst in der Schule sein!“ „Ach was, wir sind heute freigestellt und du bist noch krankgeschrieben. Komm wir gehen uns zusammen waschen, dann mach ich dir die Haare und dann gucken wir ob wir in meinem Kleiderschrank was schickes für dich finden, ja?“ „Du sagst das so als hätte ich eine Wahl“, Reina seufzte, fügte sich dann aber lächelnd ihrem Schicksal. Einige Zeit später, die Tafel war in den Ballsaal der Familie verlegt worden, alle außer Reina und Sandra hatten sich bereits eingefunden, hibbelte Aaron, dem zum einen immer noch der Hintern von den Spritzen weh tat, der aber andererseits auch befürchtete das Reina ihn versetzen würde die ganze Zeit auf seinem Stuhl herum. Seinem Vater reichte es allmählich, er wollte ihn gerade bitten still zu sitzen, als Sandra von Reina begleitet den Raum betrat. Nicht nur Aaron viel die Kinnlade hinunter, er hatte ja nun schon viele Wandlungen von Reina miterlebt, aber es erwischte ihn jedes Mal wieder. Sie stand da mit offenen Haaren, die weißen Strähnen wehten leicht im Wind, ein bezauberndes Lächeln auf den Lippen. Zum ersten mal seit er sie kennen gelernt hatte trug sie einen Rock, zwar einen sehr langen, bis zu den Knöcheln gehenden, aber trotzdem und einen, sich an ihren Körper anschmiegenden, schwarzen Rollkragenpullover mit Glockenärmeln. „Hei guten Morgen“, grüßte Sandra glücklich während sie in Richtung des freien Platzes neben Oscar ging und Reina zu Aaron schickte. Der konnte sie nur mit offenem Mund anstarren, als sie sich neben ihn setzte. Gray folgte ihr immer noch, lief einmal um ihre Beine herum und legte sich dann zwischen die Beiden. „Guten Morgen“, Reina begrüßte ihn leiser als sonst und wurde knallrot, da sie bemerkte dass alle Blicke am Tisch auf sie gerichtet waren. Sie wollte nicht ganz die Fassung verlieren und konzentrierte sich daher voll und ganz auf Gray, der ihr dankbar für die Aufmerksamkeit seinen Kopf entgegenreckte. „Aaron willst du sie uns nicht vorstellen?“, fragte einer der Gäste bekam aber keine Antwort, zwar hatte Aaron mittlerweile den Mund geschlossen bekam dafür aber wieder heftiges Nasenbluten. „Den kannst du total vergessen“, erklärte ein wirklich versifft aussehender Gast, „Sein Blut hat gerade sein Gehirn verlassen und hat sich in andere Körperregionen verabschiedet. Bei diesem Kommentar wurden sowohl Reina als auch Aaron rot, dieser brachte aber noch heraus zu sagen: „Nein hat es nicht! Ich hab auch so häufiger Nasenbluten. Also an alle, dass ist Reina, wir sind befreundet. Rei das ist mein Vater den kennst du ja schon, meine Mutter kennst du auch, Sandra und Oscar sowieso. Der versifft aussehende Typ ist mein Onkel Jack,...“ „He wen nennst du hier versifft? Ich bade! Sogar regelmäßig! Zumindest einmal alle zehn Jahre!“ „...,äh ja! Der Typ daneben mit den langen schwarzen Haaren und den gelben Augen ist mein Onkel Beckett...“ „Sehr erfreut ihre Bekanntschaft zu machen. Wir befürchteten schon Aaron würde für immer allein bleiben.“ „Waaas? Nein so ist das nicht zwischen uns! Ech, der Mann daneben mit den weißen Haaren ist mein Großvater, Kain, das Fossil, dass dich letztens angerufen hat...“ „Aaah, das ist also ein Rei, ich hab mich schon gewundert, die Stimme klang eigentlich zu nett für einen Sektenführer.“ Und so ging es weiter bis die anderen vier Onkel und drei Gäste vorgestellt waren. Danach aßen sie ein fünf Gänge Menü bei dem die ersten Streitigkeiten und Futterneid zwischen den Brüdern auftrat und eine Essenschlacht losging. Aaron war so klug mit Reina während dieser Zeit unter dem Tisch abzutauchen, damit sie nichts abbekam. Als sie damit fertig waren gingen alle durch die ausladenden Türen, hinaus über die Veranda. Dort zwischen Haus, See und Wald waren zehn verschiedene Stationen aufgebaut. Als Aaron Reinas verwunderten Blick sah antwortete er ihr: „Die mögen zwar alle schon groß sein sind im Herzen aber immer kleine Kinder geblieben! Deshalb spielen wir an Dads Geburtstag immer Spiele, magst du mit mir ein Team bilden? Also ich kann natürlich verstehen wenn dir das zu dumm ist und so...“ „Ach was. Ich mach gern mit.“ „He, gute Wahl Aaron. Die passt klasse zu uns“, bemerkte Jack breit grinsend im Vorrübergehen. Das erste Spiel war Topfschlagen. Reina und Aaron traten im Zweierteam gegen Jack und Beckett an, die das Pech gehabt hatten bei der Losung einander zu bekommen. „Also die normalen Topfschlagen Regeln kennst du ja“, erklärte Aaron während er Reina die Augen verband, „Wir spielen das ganze nur im Stehen auf einer riesigen Wiese. Der Topf wird auf einem Tisch irgendwohin gestellt und ich als dein Partner darf dir von weitem Tipps geben, wohin du gehen musst. Bereit?“ „Ja.“ Und das Spiel begann. Aaron lenkte Reina wirklich sehr gut in Richtung Ziel, die Beiden harmonierten perfekt und sie hatte auch das Gefühl, dass sie gewinnen könnten. Solange bis sie ein paar metallische Schläge und Jack sagen hörte: „Hei ich hab ihn ich hab den Topf!“ „Das ist nicht der Topf du Vollidiot! Das ist mein Kopf!“, knurrte ihm Beckett. „Echt?“, Jack haute noch ein paar Mal zu, „Klingt aber ziemlich hohl!“ „Na warte...“ Selbst aus der Entfernung hörte sie noch wie die Beiden sich verprügelten. Tatsächlich war es danach nicht mehr schwer als erste den Topf zu finden. Die zweite Disziplin war Apfeltauchen, hier traten Kain und ein Gast gegen die restlichen zwei Gäste an. Wer am Ende die meisten Äpfel gefischt hatte gewann. Schon nach kurzer Zeit war klar, dass Kains Mannschaft gewinnen würde. Alle Anwesenden mussten zugeben, dass der Wettbewerb ziemlich unfair war. Kain tauchte ins Wasser, spießte auf jeden Eckzahn einen Apfel und tauchte wieder auf. Erst als Jack es wagte zu behaupten er würde mit dem Apfel im Mund aussehen wie ein Spanferkel und daraufhin erneut eine Rangelei ausbrach konnte die andere Mannschaft aufholen. Das dritte Spiel war Schnitzeljagd, hier kämpften Sandra und Oscar gegen zwei ihrer Onkel. Die Onkel gewannen kampflos, da Oscar zu viel Angst hatte alleine in den Wald zu gehen um den notwendigen Hinweiszettel zu finden. Das vierte Spiel war Reise nach Jerusalem bei dem Beckett und Jack gegen Ane und Maximilian Strauß antraten. Es ging bei diesem Spiel solange mit rechten Dingen zu bis Jack und Ane ausgeschieden waren. Als Mr. Strauß und Beckett um den letzten Stuhl liefen und die Musik stoppte, wäre eigentlich Maximilian zuerst da gewesen. Als er sich jedoch hinsetzte verzog er schmerzhaft das Gesicht und kippte seitlich vom Stuhl. „He, wir sagten ohne Schummeln. Es ist verboten die Sitze mit Igeln zu reservieren Beckett!“, wandte Ane ein. Leider gab es keinen Schiedsrichter. Das fünfte und sechste Spiel, Heuhaufen und Früchtekloppen, zwischen den Onkeln und den Gästen endete in einer heillosen Klopperei. Im siebten Spiel Klorollenmumie traten Mr. Strauß, der sich mittlerweile von der gemeinen Igelattacke erholt hatte und Mrs. Strauß gegen Kain und den Gast an. Leider war Mr. Strauß Umhang dem Klopapier im Weg, sodass Kain zuerst eingewickelt war. „Hah! Gewonnen!“ „Ja Dad, du hast es dir verdient. Es ist gut zu sehen, dass du endlich deinem Alter angemessenen Kleidung trägst.“ Danach ging das Spiel in die zweite Runde Mumie jagt Vampir. Das achte Spiel war Steck dem Esel den Schwanz an, es traten Aaron und Reina gegen die Onkel an. Aaron schaffte es mit Reinas Richtungshinweisen schon beim ersten Versuch, während die Onkel sich gegenseitig den Schwanz ansteckten. Das neunte Spiel war Raubtierfütterung hier traten Sandra und Oscar gegen Beckett und Jack an. Oscar der deutlich gefühlvoller vorging als Jack schaffte es ohne Probleme das Essen in Sandras Mund zu befördern, wohingegen Jack Beckett, die Nahrung ins Ohr oder in die Nase schob. Das zehnte Spiel war dann Eierlauf, zwischen Jack und Beckett und den Gästen, führte zu einer heillosen Klopperei und einer Menge Rührei. Nach Beendigung der Spiele war bereits die Nacht hereingebrochen. Alle halfen mit die Tafel vor die Veranda zu tragen. Anschließend wurde gegrillt und bis spät in die Abendstunden hinein geredet. Reina, Sandra und Oscar waren die ersten die sich verabschiedeten, schließlich mussten sie am nächsten Morgen früh raus. Aaron folgte ihnen kurze Zeit später. Reina saß frisch gewaschen und unglaublich entspannt auf Aarons Schlafcouch und schüttelte das Kopfkissen ein wenig zurecht, dass Sandra ihr gerade gebracht hatte. Es war fast komplett dunkel im Zimmer, nur die Blumen an den Schränken und am Bett gaben ein leicht gedämpftes Licht ab. Obwohl es ein sehr schöner und aufregender Tag gewesen war, war sie doch froh nun endlich ins Bett zu können. Gerade als sie das Kopfkissen platziert hatte und sich hinlegen wollte hörte sie ein leises Klopfen an der Tür. „Reina, bist du noch wach?“, hörte sie Aaron leise fragen. „Nein“, flüsterte sie leise zurück. „Es sind doch mehr Leute gekommen als geplant und wir haben keine Zimmer mehr. Dad meinte ich solle hier mit schlafen, stört dich das? Wenn ja ist das auch kein Problem, dann bleib ich einfach hier vor der Tür sitzen bis Morgen früh.“ „Ich will aber nicht, dass du auf dem Fußboden schläfst! Außerdem ist das dein Zimmer.“ Er kam auf Zehenspitzen rein und schloss vorsichtig die Tür hinter sich. Als er damit fertig war, schlich er sich zu dem Sofa auf dem Reina lag und kniete sich davor. Sie richtete sich sofort auf und machte ihm Platz neben sich. „Nein danke ist schon ok. Bleib ruhig liegen ich kann im Moment eh schlecht sitzen. Du erinnerst dich, die Narkosespritzen, Pfeile was auch immer.“ „Warum hat dein Vater das eigentlich gemacht?“ „Weil ich, im Krankenhaus gesehen hab was sie dir angetan haben“, flüsterte er leise, „Ich bin durchgedreht. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so sauer. Hab einfach rot gesehen und bin zu deinem Vater ins Krankenhaus gefahren um...“ „Um was?“ „Ich bin mir nicht sicher. Umbringen wäre zu gut für ihn! Keine Ahnung was ich gemacht hätte. Wahrscheinlich das was mir am natürlichsten erschienen wäre.“ „Aaron ich will nicht das du meinem Stiefvater etwas antust!“, ihre Stimme war so leise, dass er sie kaum noch hörte, „Verstehst du das?“ „Aber er hat es verdient! Und ich werde ganz sicher nicht zulassen, dass er dir noch mal etwas antut!“ „Ob er es verdient hat oder nicht ich will nicht, dass du ihn verletzt!“ „Du hast ein viel zu gutes Herz Rei, aber versuch mir wenigstens zu erklären warum. Ich verstehe es nicht.“ „Ach es geht doch überhaupt nicht um ihn. Ich möchte nur nicht, dass du dir die Hände an ihm schmutzig machst“, sie flüsterten immer noch, „ Was denkst du was ich für eine Angst hatte als du gestern morgen geklingelt hast? Ich hatte solche Panik, dass er dir auch wehtut! Das will ich nicht, dass wäre das Schlimmste für mich. Tausendmal schlimmer als wenn er mich grün und blau prügelt. Weißt du wie schlimm die Gewissheit ist dich da mit reingezogen zu haben?“, Reina konnte ihre Tränen einfach nicht mehr zurückhalten. Sie schaute beschämt zu Boden und Aaron kniete sich liebevoll neben sie aufs Sofa um sie in den Arm nehmen zu können. Sie schmiegte sich eng an seine Brust und ließ sich trösten, solange bis sie weiterreden konnte, „Du bist wegen mir verletzt worden. Genau deshalb wollte ich nicht, dass du es erfährst, weil ich mir schon gedacht hab das irgendetwas schlimmes passiert. Was hätte ich denn machen sollen wenn du ihn umgebracht hättest und sie hätten dich vor Gericht gestellt und verurteilt? Dann wärst du mir weggenommen worden und was hätte ich dann tun sollen?“, sie schaute sanft auf, direkt in sein Gesicht in diese wundervollen, warmen, gefühlvollen roten Augen, „Was hätte ich denn bitte ohne dich machen sollen?“ „Sch, ist ja gut. Hör erst mal auf zu weinen“, er versuchte die Situation ein wenig aufzulockern indem er sagte, „Es wäre schon nicht das Ende der Welt gewesen.“ „Doch wäre es“, sie schaute ihm ganz fest in die etwas verwirrt dreinblickenden Augen. Es kostete sie sehr viel Überwindung es zu sagen, sie kratzte all ihren Mut zusammen, denn sie wusste, dass genau jetzt und nur genau jetzt, wo sie in seine warmen Armen lag und ein magisches Schweigen den Raum erfüllte, wo er sie so erwartungsvoll und doch ängstlich anschaute und fest an sich presste, der richtige Moment war. Sie hauchte zärtlich, „Weil ich dich liebe!“ Das war mehr, mehr als er jemals gehofft hatte, mehr als er begreifen konnte. Er strich liebevoll eine Träne von ihrer Wange schaute in diese warmen funkelnden blauen Augen und wusste, dass es die Wahrheit war. Seine Hand strich sanft an ihrer Wange entlang, wanderte hinunter zu ihren Lippen. Sie waren sich ganz nah, er hatte sie im Arm ihre Gesichter waren nur noch wenige Millimeter entfernt, sanft hauchte er ihr entgegen: „ Ich liebe dich auch!“ und legte ganz zärtlich seine Lippen auf ihre. Er schmeckte sie, spürte sie, fühlte ihren steigenden Herzschlag an seinen Lippen. Sanft atmete er ihren Duft ein, streichelte an ihrer Wange entlang, spürte die Wärme wo sie errötete. Nichts war jemals so magisch, so wundervoll so vollkommen gewesen wie dieser Kuss, ohne sich von ihr zu lösen hob er Reina zärtlich hoch und trug sie zu seinem Bett, zu ihrem Bett. Er wusste, als er mit ihr in den Armen in der tiefen Schwärze der weichen Kissen verschwand sie war die eine auf die er sein Leben lang gewartet hatte. Kapitel 6: Familie ------------------ Reina erwachte am nächsten Morgen in seinen Armen. Sie lag in diesem weichen warmen Bett. Während er es sich ganz eng an ihr, auf der Bettdecke gemütlich gemacht hatte. Als sie aufschaute blickte sie in seine freudestrahlenden Augen. Er lag so nah an ihr, sie spürte seine Brust unter ihren Händen, seinen muskulösen Körper, durch die Decke hindurch an ihrem. Aaron war etwas irritiert als sie rot wurde, ließ sie vorsichtig los und fragte: „Tu...tut mir Leid, war das zu nah?“ „Nein!“, sie wurde noch röter, senkte den Blick und fragte vorsichtig, „Ka...kannst du mich wieder in den Arm nehmen?“ „Huh? Klar“, er konnte sich das glückliche Grinsen nicht verkneifen, als er sie ganz eng an sich zog, „ Aber warum bist du dann rot geworden?“ „ Ich werde nicht nur rot wenn mir etwas unangenehm ist. Es war einfach...wunderschön und aufregend“, sie schaute sanft auf als sie das sagte und lächelte ihn liebevoll an, „ Ich bin nur noch nicht daran gewöhnt, dir so nah zu sein.“ „Oh? Na dagegen habe ich die richtige Medizin!“, er streichelte sanft über ihr erwartungsvoll schauendes Gesicht, drehte sie zärtlich, sodass sie mit dem Rücken sanft in den weichen Kissen ruhte, beugte sich mit seinem Oberkörper über sie, schaute einen Moment lang in diese strahlende Augen, kam langsam näher und küsste sie. Reina spürte wie ihr Herz anfing zu rasen, wie ihre Wangen anfingen zu glühen, ihr ganzer Körper schien vor Erregung zu beben. Vorsichtig legte sie ihre Hände an seine Brust und krallte sich in seinem Schlafanzug fest. Aaron legte sanft seine Hand an ihre Wange, streichelte langsam an ihrem Hals hinunter, über ihre Schulter ihren Arm hinab. Als sie ein belegtes Räuspern von der Tür hörten und schamerfüllt voneinander abließen. Aarons Vater betrat vorsichtig den Raum um die Beiden zu wecken, da sie sonst zu spät zur Schule kommen würden. Gerade wollte er einen guten Morgen wünschen, als er sah, dass die Couch leer war. Etwas irritiert schaute er sich erst im Zimmer um und dann aufs Bett. Was er da sah, hätte ihm wohl sicher einen Herzinfarkt beschert, wenn das noch möglich gewesen wäre. Reina und Aaron lagen in einem innigen Kuss versunken, umschlungen da. Sie waren so mit einander beschäftigt, dass sie nicht einmal merkten, dass noch jemand im Raum war. Mr. Strauß musste erst einmal seine Fassung wiedergewinnen, einige Minuten lang stand er einfach nur, zur Salzsäule erstarrt da und starrte die Beiden an. Irgendwann schaffte es Aarons Vater dann jedoch sich durch ein Räuspern bemerkbar zu machen. Reina und Aaron stoben auseinander wie eine Gruppe aufgescheuchter Rehe. Er blieb so weit wie möglich rechts sitzen und Reina ganz links außen im Bett. Beide waren hochrot und trauten sich weder den anderen noch Mr. Strauß anzuschauen. „Ich...wollte euch wecken, aber ich schätze das hat sich erledigt. Ma lässt ausrichten, dass das Essen bald fertig ist. Ihr...solltet jetzt besser aufstehen, ansonsten kommt ihr noch zu spät zur Schule.“ Er verließ den Raum genauso verlegen wie die Beiden. Reina und Aaron blieben noch eine Weile sitzen. „Rei? Ich wollte dich schon seit gestern Abend was fragen, aber du bist ja nach dem Kuss sofort total fertig in meinen Armen eingeschlafen“, bei der Erinnerung trat ein liebevolles Lächeln in sein Gesicht, „Sind...sind wir jetzt eigentlich so richtig zusammen? Also wirklich ein Paar?“ „Äh keine Ahnung, möchtest du denn mit mir zusammensein?“, sie hatte sich ihm mittlerweile wieder zugewendet, schaute aber scheu aufs Bettlaken. „Klar! Ich wüsste nichts was ich mir mehr wünschen würde?“ „Ehrlich?“ „Reina ich liebe dich und ich möchte dich immer an meiner Seite haben. Ich wollte nur wissen ob das für dich in Ordnung ist, wenn dir das alles zu schnell geht kann ich das verstehen. Ich will nur, dass du weißt du hast alle Zeit der Welt!“ „Aaron“, sie war wieder kurz davor zu weinen. Ihre Augen wurden wässrig, sie schüttelte den Kopf und sagte ganz leise, ganz gerührt, „Es ist mehr als in Ordnung. Es ist wundervoll, das was ich mir am Meisten wünsche!“ „Wirklich?“ „Hm hm!“, er kletterte über das Bett zu ihr, wischte sanft die Tränen von ihrer Wange und lächelte sie zärtlich an. Am liebsten hätte sie ihn noch mal geküsst, aber dafür blieb ihnen eigentlich keine Zeit mehr. Plötzlich fiel ihr etwas ein und sie flüsterte, „Warte kurz, ich hab eine Überraschung für dich!“ Reina sprang vom Bett auf und ging zu einer Kommode mit Kuscheltieren. Aaron folgte ihr in einigem Abstand und fragte fröhlich wie ein Kind an Weinachten: „Ein Geschenk?“ „Ja. Du darfst aber nicht gucken.“ „Hm ok“, er blieb etwas hinter ihr stehen und hielt sich brav sie Augen zu bis Reina sich umgedreht hatte und sagte: „So jetzt darfst du gucken.“ Er nahm die Hände von seinen Augen und schaute erst mal fragend an, bis ihm auffiel, dass sie die Hände hinter dem Rücken hielt und ihn erwartungsvoll anschaute. „Hmm, wenn ich dich fragen würde und du müsstest mir ehrlich antworten, welche Hand sollte ich dann nehmen?“ „Ist egal, dir wird beides gefallen.“ „Hm ok, dann nehme ich, äh die linke Hand!“ Reina streckte ihm das niedliche kleine Kuscheltier in Form einer Fledermaus entgegen, das sie vor zwei Tagen gemacht hatte. Als er es sah weiteten sich seine Augen. Sanft nahm er es aus ihrer Hand, setzte es auf seine Handfläche und stupste gegen die süße, kleine, orangene Nase. „Ooow. Wer bist du denn? Oow bist du niedlich! Ja das bist du, ja das bist du. Die niedlichste kleine Fledermaus unter der Sonne oder Dunkelheit oder wie auch immer. Ow, putzig so, so putzig und kuschelig und wuschelig. Ich nenne dich Fledi! Du bist meine aller liebste Glücks-, Kuschelfledermaus!“ Reina schaute ein wenig beleidigt drein und fragte: „Und was ist mit mir?“ „Huh? Du? Na du bist meine liebste Rei, die Liebe und der Sinn meines Lebens. Du bist zwar nicht flauschig und wuschlig, aber kuschelig bist du auch und außerdem...“ „Ja, ja lass gut sein. War nicht so gemeint.“ „Wirklich, ich will ja nicht das du verletzt bist oder so“ „Ach was, ich hab sie doch für dich gemacht. Es freut mich das sie dir gefällt.“, sie umfasste zärtlich Aarons Taille und legte sanft ihren Kopf an seine Brust. „Hm und was wäre in der rechten Hand gewesen?“ Sie lächelte leicht hob den Kopf und hauchte ihm sanft zu: „Ein Kuss für Selbstabholer!“ Einige Zeit später kam Sandra, auf Bitten ihrer Mutter ins Zimmer und fand die beiden, sich küssend vor. Es zerbrach ihr das Herz sie unterbrechen zu müssen. „Oh man, dass ist so unfair!“ Als sie ihre Stimme hörten zuckten die Beiden erschreckt zusammen und ließen sich wie vom Donner gerührt los. „Tut mir Leid, dass ich hier wieder die Böse sein muss. Ich gönn es euch wirklich. Ihr seit so ein süßes Paar, aber Rei wir müssen dich jetzt wirklich waschen gehen, sonst kommen wir zu spät und außerdem wird das Essen kalt. Ma hat extra Spiegeleier gemacht.“ Sie schnappte sich Reinas Anziehsachen und führte sie dann in Richtung Badezimmer ab, während Aaron den Beiden schmollend hinterher sah, er blickte drein wie jemand dem gerade die Wurst vom Brot geklaut wurde. Wenig später saßen alle am Frühstückstisch im Eingangsbereich. Aaron hätte Reina am liebsten auf den Schoß genommen sah aber ein, dass sie das am Essen hindern würde. Stattdessen legte er den Kopf auf ihre Schulter, schloss genüsslich die Augen und lies sich von ihr füttern. Jeder zweite Happen ging an ihn. Zuerst hatte Reina etwas Angst gehabt, dass das Geturtele die Familie stören könnte, aber tatsächlich spürte sie die liebevollen, warmen Blicke die ihr alle zuwarfen. Es war als wäre die Familie zum ersten Mal seit Jahrhunderten komplett. Alle waren glücklich. Als sie zur Schule aufbrechen mussten bekam jeder von ihnen ein von Mrs. Strauß gemachtes Lunchpaket, selbst Reina die von dieser freundlichen Geste tief gerührt war. Sie waren wirklich schon spät dran als sie in der Schule ankamen, sodass Reina sich nur noch mit einem zärtlichen Kuss auf die Wange von Aaron verabschieden konnte, bevor Sandra sie weiter in Richtung des Klassenraums zerrte. Tatsächlich schafften sie es noch sich wenige Sekunden vor dem Klingeln zu setzen. „Na toll“, beschwerte sich Sandra, „Da beeilen wir uns so sehr um pünktlich zu sein und dann ist die Alte noch nicht mal da.“ „Besser als zu spät! Das hätte auch anders enden können.“ In dem Moment betrat die Lehrerin den Klassenraum. „Herrje nein was für ein Aufwand. Sanktin aufstehen!“, meckerte sie. Reina tat wie ihr gesagt wurde, „Ich hab letzte Woche ihre Schwester kennen gelernt. Sie hätten ja ruhig mal sagen können, dass sie in die Nachbarklasse geht. Wirklich ein nettes Mädchen...,“ bei dem Kommentar, spuckte Sandra die gerade etwas getrunken hatte, vor Schreck der Lehrerin alles ins Gesicht, „Ich hab auch gehört was mit ihrem Vater passiert ist, ist wirklich eine schlimme Sache. Also wirklich ich hatte ja noch nie eine hohe Meinung von den Strauß, dummes, hässliches, arrogantes Pack, aber was erwartet man schon. „Sein sie still“, sagte Reina leise. „Huh? Hmpf! Man muss sich ja nur den Vater ansehen, diesen langhaarigen Hippie und dann erst die Mutter. Gott wie sie immer mit diesen Blumen im Haar rumrennt und auf nett und freundlich tut, „Sandra versenkte ihre Fingernägel, die langsam zu Krallen transformierten im Tisch und biss heftig die Zähne zusammen. Sie war nicht sonderlich weit davon entfernt der Frau eine rein zu hauen, „ Aber die Kinder sind ja noch viel missratener! Dieser Große Typ der vor allem Angst hat, am meisten wahrscheinlich vor seinem eigenen Schatten und dann Miss Sandra hier, die ja sowieso die Größte und Beliebteste ist. Pah, nichts als Gesocks, erschießen sollte man sie, da würde man der Welt einen gefallen tun. Der Schlimmste aber ist dieser blauhaarige Typ aus der Parallelklasse...“ „Hören sie auf!“, sagte Reina zwischen zusammengepressten Zähnen, „Hören sie auf der Stelle auf! Kein Wort mehr!“ „Ts. Von ihnen lasse ich mir doch nicht den Mund verbieten! Das der Typ ein Schläger ist war ja von Anfang an klar, so aggressiv wie der aussieht und dann diese roten Augen! Bäh widerlich! Ein ekelhafter, dreckiger Mutant ist das, ei...ei...aaaaaaaaaaaaaah!“ Reina war aufgesprungen ihr reichte es, sie war stocksauer. Diese Person beleidigte alle die sie liebte. Ihre Familie, ihren Liebsten, dass war zuviel. Sie spürte wie die Elemente um sie herum rasten, wie etwas, dass lange verborgen gewesen war in ihr erwachte. Wie es durch ihre Adern schoss und sie rief. Sandra hatte in all den Jahren, in denen sie lebte noch nie etwas derartiges gesehen. Nachdem die Frau ausgeredet hatte war Reina aufgesprungen. Ihre Augen waren umrandet von einer hellweißen Aura und Mana strömte in großen Mengen aus ihrem Körper. Es war reiner als alles was sie jemals gespürt hatte, stärker als alles. Die Elemente um sie herum fingen an zu toben. Mittlerweile umgab Reina eine weiße Aura aus reinem Mana, sie brannte in der Luft wie eine Flamme. Die Lehrerin hatte sich vorne an der Tafel zusammengekauert, als sie aber merkte, dass erst mal nichts passierte stand sie wieder auf und sagte: „Na und was hast du kleines, dummes Mädchen jetzt vor? Du kannst diese Energie doch gar nicht kontrollieren, in zwei Sekunden bricht das eh zusammen. Nicht einmal ein Erzmagier kann solch eine Energiestufe lange aufrechterhalten geschweige denn gewinnbringend nutzen! Soll ich dir mal was sagen, danach geht es zum Direktor und von dem kannst du dir dann erst mal einen Verweis abholen, weil du mich angegriffen hast! Deine Schwester hat mir soviel erzählt! Ich kann nun sehen, dass du die Schläge tatsächlich verdient hattest, wer sich so aufführt und weißt du was du hättest sogar noch viel mehr verdient gehabt! Am besten hätten sie gleich diese ganzen Missgeburten mit zusammenschlagen. Allesamt umbringen, ausrotten sollte man euch! Ihr verdamm...“ Die Grenze war überschritten worden, Reina rastete komplett aus. Noch mehr Mana verließ sie, es raste und sog alles aus der Umgebung mit auf. Die Wände verschwanden, die Stühle, alle Schüler außer Sandra, deren Schutzschild als Tremere stark genug war wurden durch die erste Druckwelle Kilometerweit durch die Luft geschleudert. Die zweite Druckwelle folgte Sekunden später, jeder dort spürte sie, selbst die Klassen die nicht unmittelbar in der Nähe lagen. Das Mana durchfloss die Umgebung zerriss die Erde, durchschnitt die Lüfte und Wände und das war erst ein Vorgeschmack gewesen. Eine dritte Druckwelle folgte und das Mana um Reina herum verformte sich, die Erde bebte als sich das Portal öffnete und der Geist des mächtigsten Drachens, des Drachens der alle Elemente in sich vereinte, auf diese Seite herübertrat. Die Seele vereinte sich mit Reinas Mana, es gab ihr einen Körper. Die Lehrerin die vor ihr auf dem Boden lag wusste, dass sie keine Chance hatte und tatsächlich. Der in allen Farben schillernde Drache, aus reinem Mana holte tief Luft und Spie. Es war kein Feuer was sie spürte, kein Feuer der Welt hätte so zerstörerisch, so machtvoll sein können. Reine Seelenenergie traf sie, verbrannte ihr Mana und alles andere was in seinem Weg war, ließ nur ihren Körper unversehrt zurück. Die Flamme war stark und noch lange nachdem der Gegner bereits besiegt war, spie der Drache weiter. Die Elemente wüteten, gaben ihm Energie und verstärkten die Flamme immer weiter. Sandra hatte ein wenig Angst, wie das weitergehen würde. Noch nie hatte sie solch eine mächtige Beschwörung gesehen, noch nie so eine Kraft gespürt, noch nie hatten die Elemente aufgrund der Wut einer einzigen Person so zu rasen angefangen. Sie machte sich Sorgen um Reina, denn all diese Energie, welche die Seelenflamme speiste kam von ihr, aus ihrem Innersten, war die Kraft die ihre Seele hatte. Doch noch bevor sie die Möglichkeit hatte etwas zu tun eskalierte die Situation. Eine gewaltige Manaexplosion erfolgte. Im Zentrum des ganzen war Reina, all die Energie, die in ihr schlief, all das Mana brach mit einem Mal aus ihr heraus. Die Energiewelle breitete sich aus, wie die Druckwelle einer Explosion, verschlang alles auf ihrem Weg, sodass das ganze Gebiet innerhalb von dreißig Kilometern in einen Kegel aus gleißend hellem Mana getaucht war. Reina spürte wie sie alle Kraft verließ, wie sie sich schwach fühlte, schwächer als jemals zuvor. Langsam sank sie in die tiefe, erlösende schwärze der Bewusstlosigkeit hinüber. Sie fiel zu Boden, ein paar, von den Elementen gesandte Ranken fingen sie auf bevor sie auf der Erde aufschlug. Sandra sah die Welle auf sich zukommen und ließ den Schild fallen. Sie wusste, dass es keinen Sinn machte dagegen anzukämpfen. Ängstlich erwartete sie das auftreffen, sie fragte sich ob es wohl schnell vorbei sein würde. Ob sie damals überlebt hatte, all die Jahrhunderte weiter leben konnte um nun hier zu sterben. War ihre zweite Geburt von Anfang an nur ein borgen von Zeit, sollte es so enden? Wo sie doch nun zum ersten Mal alle glücklich waren, wo sie ihren Partner für die Ewigkeit gefunden hatte? Musste sie hier ganz allein, fern von ihrer Familie sterben? All diese Gedanken wurden beantwortet, als die Welle sie umschloss. Der zuerst erwartete Schmerz blieb aus. Tatsächlich war es nicht einmal sonderlich hell. Sie spürte wie sie sanft ein wenig in die Luft gehoben wurde, zog ihre Knie an und ließ sich von der Wärme tragen. War sie Tod? Gab es doch einen Himmel für Vampire? Eigentlich musste sie zugeben war es gar kein schlechtes Gefühl zu sterben, wenn es sich denn tatsächlich so anfühlte. „Hab keine Angst“, hörte sie die Stimme ihres Vaters in ihrem Kopf wiederhallen, „Du stirbst nicht. Niemand von uns tut das. Reina hat eine Welle reinen Manas abgegeben, normale Menschen können damit nichts anfangen und die meisten Magier werden durch ihre Energie nur aufgeladen. Uns allerdings, die wir vom Blut anderer leben, für die dieses Blut auch Magie bedeutet, uns macht es stärker. Das ist die besondere Fähigkeit unseres Clans, wir sind die Blutmagier, die Tremere. Erst nach dem Tod entfaltet sich unser magisches Potential voll und durch Reinas Energie steigt es ins unermessliche. Genieß es Sandra die Wärme die du spürst, ist die Wärme die Reina für dich empfindet. Wenn du die Augen schließt und gut hinhörst kannst du wahrnehmen was sie für dich empfindet. Sandra folgte der Stimme ihres Vaters und tatsächlich bekam sie schon bald Einblick. Sie sah so viele Situationen in denen sie gewesen waren, die sie zusammen durchgestanden hatten und spürte wie viel sie Reina bedeutete als beste Freundin, als Schwester. Auch Aaron und Oscar hörten die Stimme ihres Vaters und auch sie taten was er sagte. Es war unglaublich wie nah Reina mit ihnen verbunden war, wie viel sie nach solch kurzer Zeit für diese Leute empfand. Selbst Mr. und Mrs. Strauß, die sie noch nicht so genau kannte, da sie einfach kaum Gelegenheit gehabt hatten sich kennen zu lernen hatte sie schon tief in ihr Herz geschlossen, als ihre Ersatzeltern. Reina hatte jedes Gefühl für Zeit und Ort verloren, sie spürte, dass sie auf einer relativ weichen Oberfläche lag und hörte Leute um sich herum wuseln. Am liebsten hätte sie ihnen entgegen gerufen, dass sie gefälligst ruhig sein sollen, ihr Kopf schmerzte so sehr. Sie fühlte wie sich eine kalte Hand auf ihre Stirn legte und das jemand mit ihr redete, konnte aber nicht ausmachen, was die Person sagte oder wer es war. Ihr schien es als trete eine zweite Gestalt neben die erste. Jemand zog ihr Augenlied herunter und blendete sie, unwillkürlich versuchte sie den Kopf wegzuziehen. „Hm, ich denke es geht ihr schon besser, sie müsste demnächst wach werden!“ Langsam versuchte Reina ihre Augen zu öffnen, zuerst war alles schrecklich grell und verschwommen, doch mit der Zeit begann sie Umrisse zu erkennen. Wenig später erkannte sie Aarons Gesicht, dass in Sorgenfalten unterzugehen schien. Sanft hob sie langsam die Hand soweit sie konnte. Sie fühlte sich so schrecklich schwach. Aaron erkannte was sie wollte, umfasste ihre Hand und führte sie hoch zu seiner Wange. Mit der Kraft die sie noch hatte streichelte sie zärtlich hinüber und schaffte es sogar ihn an zu lächeln, das änderte aber nichts an seinem kummervollen Gesichtsausdruck. „Also wirklich was machst du denn für Sachen? Dir hätte sonst was passieren können!“, er bemerkte schnell, dass ihr Vorwürfe zu machen, ihrer Genesung eher abträglich war und sagte daher, um die Situation aufzulockern und zu zeigen, dass er nicht böse war: „Wie hätte ich denn Fledi bitte erklären sollen, dass er plötzlich Halbwaise ist?“ „Wo bin ich?“ „Hm, erkennst du mein Zimmer nicht mehr?“ Reina schaffte es unter hohem Kraftaufwand ihren Kopf etwas zu kippen und tatsächlich erkannte sie, dass sie auf Aarons Schlafsofa lag. Er kniete neben ihr und schaute sie immer noch besorgt an. „Geht es dir gut? Du warst den ganzen Nachmittag ohnmächtig. Wir haben uns schreckliche Sorgen gemacht. Wir dachten schon du...“, es war zu viel für ihn, die Vorstellung tat ihm zu sehr weh. Er schaute weg und Tränen traten in seine Augen. „Nicht. Ich...will nicht das du weinst“, erklärte sie leise und streichelte ihn sanft, „Es, es tut mir leid! Ich hab euch sicherlich viel Ärger gemacht oder?“ „Ach was, da unten sind ein paar Leute von der magischen Behörde und der Schuldirektor, aber Dad hat sie ganz gut im Griff. Die werden uns nicht belästigen, keine Angst. Wir hatten ja sogar das Glück das Großvater noch da war und gegen den wagen sie wirklich nichts zu unternehmen.“ „Wieso das nicht?“ „Äh, ist ne längere Geschichte und du siehst aus als würdest du gleich einschlafen. Ein andermal ja?“ „Hm, ich bin aber gar nicht müde! Magst du mir die nicht jetzt erzählen? Deine Stimme wirkt wirklich heilsam auf meine Kopfschmerzen, sie sind schon fast weg!“ „Du hast Kopfschmerzen? Soll ich dir irgendwas bringen? Acetylsalicylsäure? Ein Kühlkissen? Was zu Essen oder Trinken?“ „Nein danke, mir geht’s wirklich gut! Ich bin nur ein wenig erschöpft.“ „Gott, ich fühl mich so nutzlos. Gibt es nichts was ich tun könnte?“ „Na ja eine Sache vielleicht...“ „Wirklich? Ich mache alles, wenn es dir dann besser geht.“ Reina schaute ihn mit einem sehr, sehr liebebedürftigen Blick an. Es dauerte eine Weile bis Aaron verstand, aber dann musste er umso breiter lächeln. Er hob sie vorsichtig vom Sofa, nahm sie liebevoll in seine Arme und trug sie in sein Bett. Dort legte er sich mit ihr hin, schlang eng die Decke um sie damit sie nicht fror, streichelte zärtlich über ihre Wange und sagte: „Das du es mittlerweile nicht leid bist mit mir zu kuscheln ist wirklich erstaunlich!“ Sie schmiegte sanft ihren Kopf unter sein Kinn, schloss die Augen und flüsterte: „Was soll das denn heißen? Als ob ich bis jetzt so häufig die Gelegenheit gehabt hätte und selbst wenn. Ich werde dich nie leid sein. Ich liebe dich so sehr...“ „Ich liebe dich auch.“ Zufrieden und glücklich schmiegten sie sich aneinander. Sie wären ewig so liegen geblieben, wenn nicht irgendwann Sandra und Oscar gut gelaunt ins Zimmer gekommen wären. „Hei ihr beiden, Ma hat uns erzählt, dass es Rei wieder so gut geht, dass sie Besuch bekommen kann. Wir sollen übrigens bescheid sagen, dass das Essen bald fertig ist. Ihr kriegt es sogar ans Bett geliefert“, sie seufzte leise, „Gott bin ich neidisch! So einen Service hätte ich auch gern. Ich wette mit euch, wenn ich die Schule pulverisiert hätte, gäb es für mich Hausarrest und nicht auch noch Essen ans Bett.“ „Du tust Ma und Dad unrecht!“, erklärte Aaron. Da er aber den Kopf noch immer in Reinas Haaren vergraben hatte, konnte man ihn nur schwer verstehen. Sandra schaffte es trotzdem irgendwie, „Sie lieben uns und wenn es einem von uns so schlecht gegangen wäre wie Reina, hätten sie uns auch umhätschelt und verwöhnt.“ „Ja, ja ich habs ja auch nicht wirklich so gemeint. Dad hat das Manabad vorhin angeworfen, es müsste jetzt perfekt sein. Wenn ihr wollt könnt ihr rein. Oscar und ich gehen uns auch gleich waschen.“ Aaron grinste Reina wirklich unverschämt an und fragte: „Na hast du Lust mit mir baden zu gehen? Ich verspreche auch, dass du mich nicht loslassen musst.“ Sie errötete stark und fragte sich wie sie da nur rauskommen sollte ohne seine Gefühle zu verletzen. Irgendwann kam sie drauf: „Äh, das dürfte problematisch sein. Ich hab nämlich keinen Badeanzug!“ „Macht nichts ich auch nicht“, flüsterte Aaron ihr leise ins Ohr, bevor er aufstand, sie auf seine Arme nahm und in Richtung Bad davontrug. Sandra und Oscar blieben lachend im Raum zurück. Tatsächlich saßen sie wenig später zusammen in dem riesigen Pool, der mit einem Gemisch aus Mana und Wasser gefüllt war. Aaron war einfach komplett wie er war, mit seinen Sachen an hineingesprungen, während Reina in der Umkleidekabine davor einen für sie bereitgelegten Neoprenanzug angelegt hatte. Sie saßen sich eine Weile betreten schweigend und hochrot gegenüber, bis Aaron sich traute zu fragen: „Und fühlst du dich schon besser?“ Reina die bis zur Nasenspitze in der warmen Masse versunken war, tauchte ein Stück auf, lächelte und sagte: „Ich fühl mich wie neu geboren. Zwar immer noch etwas wacklig auf den Beinen aber ansonsten geht es mir gut.“ „Das hört man gern“, so sehr sie sich auch bemühten die Konversation in Gang zu halten es wollte einfach nicht gelingen. Bis plötzlich ein Geräusch von der Tür erklang. „Huh? Was ist das?“, Aaron erhob sich aus dem Becken um nachzusehen. Als er die Tür öffnete, zwängte sich Gray durch den winzigen Spalt, rannte freudig mit der Rute wedelnd auf Reina zu und sprang mit einem großen Satz hinein. „Hei, Gray komm da sofort wieder raus. Das ist nichts für Wölfe!“ „Ach was, lass ihn doch. Ist doch niedlich! Nicht wahr Gray? Wer ist Reis Liebling?“, der Blutwolf jaulte freudig und paddelte in Reinas Richtung, war allerdings nicht schnell genug, denn Aaron war zurückgerannt, hinein gesprungen und unter ihm hinweggetaucht. Kurz vor ihr tauchte er wieder auf, setzte sich auf ihren Schoß, schlang die Arme um sie und bemerkte: „Ich!“ Gray schwamm zu den Beiden und stupste Aaron wieder und wieder mit seiner Schnauze an, bis Aaron endlich hinsah. Sein Blick sagte eindeutig: „Sie meinte mich du Hohlkopf!“ Ein sanftes Lächeln trat auf Reinas Lippen, zärtlich stupste sie ihre Nasenspitze gegen Aarons und streichelte den Blutwolf, der zu ihrer Seite geschwommen war. „Ihr seid mir vielleicht zwei! Na ja aber allmählich wird das Wasser kalt, vielleicht sollten wir das Bad langsam mal beenden.“ „Hm? Oh tut mir Leid, ist dir kalt? Ich bin in letzter Zeit so unsensibel.“ „Huh? Machst du Witze? Wo bist du denn unsensibel? Das Wort solltest du nicht mal kennen. Also wirklich ein Mann der Vatergefühle für eine Stofffledermaus bekommt und unsensibel, noch ein stärkerer Gegensatz fällt mir kaum ein.“ „Du magst mich also so wie ich bin?“ „Du meinst die Frage ernst oder?“, sie wartete kurz auf ein unsicheres Nicken, schüttelte ungläubig den Kopf und bemerkte, „Aaron ich liebe dich, so wie du bist und ich könnte mir auch Niemanden sonst vorstellen mit dem ich lieber zusammen wäre. Das weißt du doch auch oder?“ Er kuschelte sich enger an sie, legte sanft seinen Kopf auf ihre Schulter und flüsterte leise in ihr Ohr: „Wissen schon, zumindest ist die Information irgendwo abgespeichert. Mein Gehirn hat nur noch nicht realisiert, dass es solch ein Glück für mich wirklich geben sollte.“ Reina strich sanft eine Haarsträhne aus seinem Gesicht, küsste ihn zärtlich auf den Kopf und flüsterte leise: „Keine Eile, du hast alle Zeit der Welt, weil ich dich niemals wieder hergeben werde!“ Aaron schloss die Augen und lächelte glücklich. Nachdem sie das Bad verlassen hatten trug Aaron Reina, entgegen deren Willen zurück in sein Zimmer, legte sie vorsichtig aufs Bett und deckte sie mit der schweren, warmen, kuscheligen, schwarzen Bettdecke zu. „So, angenehm so? Sag bescheid wenn es dir zu kalt ist, ja? Hm, du hast doch bestimmt Hunger. Ma hat das Abendbrot sicher schon fertig, ich hohl uns schnell was. Möchtest du in der Zwischenzeit etwas fernsehen?“ „Du hast einen Fernseher im Zimmer? Seit wann denn das?“ „Schon immer. Ist er dir noch nicht aufgefallen, steht zu deiner Rechten.“ Reina drehte sich um und tatsächlich auf einer Kommode, an der Wand die der Längsseite des Bettes gegenüberlag standen ein Fernseher und eine Stereoanlage. „Klar warum nicht? Solange du mir versprichst ganz schnell wieder zu kommen.“ „Als würde ich dich freiwillig lange allein lassen. Hier ist die Fernbedienung.“ Er warf sie ihr vorsichtig zu, schaltete den Fernseher an und verschwand dann. Reina schaltete eine Weile hin und her bis sie eine Dokumentation über Wölfe auf dem Discovery channel entdeckte. Passend dazu kam im selben Moment Gray, den Aaron eigentlich vor die Tür verbannt hatte herein, schaute sich vorsichtig um ob sein Herrchen denn da war und lief zu einer Kommode wo er mit viel Geschick eine Bürste an sich nahm. Elegant trabte er zum Bett, sprang hinauf, streckte sich bequem vor Reina aus und hielt ihr das Erbeutete hin. „Stimmt Gray du warst auch mit im Wasser, dein Fell muss ja schrecklich durcheinander sein. Soll ich dich kämmen?“ Ein leises, dankbares Jaulen signalisierte ihr, dass die Vermutung richtig gewesen war. Während Gray genüsslich gähnte und sich hochinteressiert die Dokumentation ansah, war Reina vollauf damit beschäftigt das dichte Wolfsfell zu ordnen. So sehr war sie auf diese Arbeit konzentriert, dass sie gar nichts mehr von der Sendung mitbekam. Erst als der Blutwolf plötzlich unruhig wurde, zu zappeln begann und schließlich ganz vom Bett sprang schaute sie auf. Relativ schnell wurde ihr klar, was dieses Verhalten verursacht hatte. Die Dokumentation war mittlerweile zum Paarungsverhalten gekommen, welches auch tatkräftig mit Bildern und Filmmaterial visualisiert worden war. Leicht errötend schaute sie vom Fernseher weg und in Grays Richtung, dieser war zur Kommode mit den Kuscheltieren gerannt, hatte sich aufgerichtet und ein großes Exemplar, dass eine maßstabsgetreue Abbildung einer Wölfin war, hervorgezogen. Zärtlich nahm er es in die Schnauze, trug es zurück vor den Fernseher, platzierte es günstig, leckte es ein paar Mal, als eine Art Vorspiel ab und begann dann dem Beispiel der Wölfe im Fernsehen folgend mit der Paarung. Reina wusste nicht ob es so peinlich war, dass sie weggucken oder so lustig, dass sie darüber lachen sollte. Sie schaute nur ziemlich fassungs- und hilflos vom Fernseher zu dem Wolf, der mit rhythmischen Bewegungen in das Kuscheltier eindrang und dabei mehr als zufrieden hechelte, wieder zurück zum Fernseher. Nach einiger Zeit wurde ihr die Situation dann doch zu peinlich und sie entschloss sich dazu, die Beiden allein zu lassen. Ohne einen Blick zurück zu werfen, stand sie aus dem Bett auf, verließ das Zimmer und machte die Tür fest hinter sich zu. Reina fand Aaron unten im Empfangsbereich zusammen mit seinem Vater und dessen Vater, ein paar zwielichtig aussehenden, vermummten Gestalten und einem wirklich alten Mann, der sogar den Geschichtslehrer noch überbot. Etwas ratlos stand sie am Geländer der Treppe, unsicher ob sie sich bemerkbar machen sollte oder nicht. Es schien ihr als wäre ein Streit im Gange. „Wir warnen sie, dass ist das letzte Mal das wir höflich bitten! Wenn sie, sie nicht herausgeben...“, erklärte eine der zwielichtigen Gestalten, wurde aber schnell von Mr. Strauß unterbrochen „Was wollen sie dann tun? Uns zwingen? Wir wissen Beide das sie weder die Macht noch die Befugnisse dazu haben.“ „Seien sie doch bitte vernünftig sie muss zerstört werden bevo...“, die Person hatte aufgehört zu sprechen als ihr Blick die Treppe hinaufgewandert war und Reinas getroffen hatte.“ Ihr lief es kalt den Rücken hinunter, als sie die kalten, nebligen Augen dieser Person sah. Sie hatte das Gefühl als wäre die Raumtemperatur plötzlich um mehrere Grad gefallen, als würde alles in Dunkelheit getaucht. Diese kalten toten Fischaugen ließen erst wieder von ihr ab, als Aaron hinaufsprang und sich dazwischen stellte. „Nun gut für heute gehen wir, aber wir kommen wieder und das nächste mal werden wir nicht so höflich sein.“ „Hören sie auf lange Reden zu halten und verlassen sie endlich mein Haus!“ Mit dem knurrenden Aaron, dem böse dreinschauenden Kain und dem schlechtgelaunten Mr. Strauß im Nacken taten die Gestalten gut daran das Gebäude so schnell wie möglich zu verlassen. „Was waren das für Leute?“, fragte Reina Aaron leise, als einigermaßen Ruhe eingekehrt war. „Nicht so wichtig. Was machst du überhaupt hier? Du musst dich schonen nach dem was heute Vormittag passiert ist. Ich weiß ich wollte dir was zu Essen bringen, bin wahrscheinlich auch spät dran, aber trotzdem wäre es besser wenn du im Bett geblieben wärst. Ich mach mir doch Sorgen um dich wenn du nachts allein umherwanderst und noch dazu ohne Socken und Hausschuhe, du wirst dich noch erkälten.“ Sie wollte gerade etwas erklären als sie im Hintergrund Kain zu dem alten Mann sagen hörte: „Von wegen Sorgen, der will sie aus einem ganz anderen Grund in seinem Bett haben!“ „Ach was weist du schon davon Mumienmann? Relikt!“, meckerte Aaron ihn an, bevor er sich wieder sorgenvoll zu Reina wandte, „Geht es dir nicht gut? Brauchst du irgendetwas?“ „Äh, nein ist schon ok, alles in Ordnung. Ich bin nur etwas unruhig geworden weil du nicht gekommen bist und außerdem...“, als sie an den Vorfall mit Gray dachte errötete sie und konnte unmöglich weitersprechen. „Hm, außerdem was? Hast du mich vermisst?“ „Äh ja das auch, aber der Hauptgrund ist eigentlich, dass...“, Reina gestikulierte ihm näher zu kommen und flüsterte ihm dann ins Ohr, im Irrglauben, dass nur er es hören würde, „Gray sich grad eins deiner Kuscheltiere vergewaltigt.“ „Er tut was? Na warte wenn ich den erwische!“ „Mr. Strauß wir haben gerade schwerwiegendere Probleme“, erklärte der alte Mann, „Ich würde vorschlagen sie und Ms. Sanktin setzen sich erst einmal zu uns, damit wir alles in Ruhe erörtern können!“ Auch wenn Aaron nicht glaubte, dass es etwas schlimmeres als sein leidendes Kuscheltier geben konnte, folgte er der Aufforderung, wobei er Reina sanft auf den Arm nahm, was ihr ziemlich peinlich war vor all den Leuten, sie zu den Sofas trug, dort sanft absetzte und sich so neben sie hinfallen lies, dass er ihre Füße liebevoll mit seinen Händen wärmen konnte. „Sind sie sich sicher, dass wir das jetzt besprechen sollten?“, fragte Mr. Strauß unsicher auf Reina schauend, „Sie ist bestimmt noch sehr müde. Es wäre besser wenn sie sich schonen würde...“ „Ich kann verstehen, dass sie sich sorgen, aber je früher sie bescheid weiß, desto schneller können wir handeln und wenn wir eins nicht haben dann ist es Zeit. Max sie wissen genauso gut wie ich, dass es ihrem Vater zu verdanken ist, dass die ´netten´ Herren uns diesmal tatenlos verlassen haben. Es hätte auch ganz anders ausgehen können.“ „Worüber muss ich bescheid wissen?“ „Darüber, dass sie in großer Gefahr schweben. Ich bin der Direktor der Schule an der sie bis jetzt waren, die sie heute Nachmittag pulverisiert haben.“ „Äh ja tut mir wirklich leid. Diese Lehrerin hat mich einfach nur so aufgeregt“, erklärte Reina und legte nachdenklich den Kopf schief, „Tatsächlich kann ich mich an kaum etwas erinnern was passiert ist, geht es ihr eigentlich gut?“ „Nun ja, nachdem sie ihre Seele aus ihrem Körper entfernt haben sah es einige Zeit wirklich schlecht aus, aber wir konnten sie ja Gott sei dank in der nächsten Dimension wiederfinden. Unsere Kollegin befindet sich mittlerweile auf dem Wege der Besserung.“ „Puuh! Da bin ich ja erleichtert. Warten sie, sagten sie an der Schule an der ich bis jetzt war? Hei...heißt das sie werfen mich raus?“ Der Direktor schaute Mr. Strauß fragend an, dieser wich dem Blick aus und erklärte: „Wir haben ihr noch nichts erklärt, wir konnten ja nicht damit rechnen, dass die Leute so schnell kommen würden...“ „Mir was erklärt?“ Aarons Vater seufzte leise, setzte sich den Beiden gegenüber, schaute Reina tief in die Augen und begann: „ Es ist nicht so, dass die Schule dich nicht gerne weiter ausbilden würde. Das Problem ist, dass die Magie die du unbewusst beschworen hast so mächtig ist, dass du einfach nicht weiter dort bleiben kannst. Für jede Schule gibt es so etwas wie eine Managrenze die Schüler nicht überschreiten dürfen und du sprengst die Möglichkeiten der Schule bei weitem. Selbst wenn sie dich weiter unterrichten würden hättest du mit dem Talent die Ausbildung innerhalb von ein oder zwei Tagen abgeschlossen. Noch dazu kommt, dass sie dich niemals ausreichend fördern könnten. Die Lehrlinge lernen nicht an jeder Schule das Gleiche. Je nach ihren Fähigkeiten schließen sie zuerst eine Grundausbildung ab und wechseln dann. Deine Fähigkeiten sind, was deine Macht angeht soweit entwickelt, dass die Schule dir bei weitem nicht gerecht wird. Das wurde sie auch vorher nicht, aber jetzt wo du zum Teil erwacht bist, noch weniger. Außerdem gibt es da noch ein Problem..“ Aaron wurde neben ihr unruhig, er wollte nicht, dass sein Vater weitersprach. Reina die nicht wusste worum es ging kuschelte sich ein wenig an seine Schulter und legte ihren Kopf an seinen Hals damit er sich beruhigte. „Ein Problem?“, fragte sie müde. „Nun selbst wenn es nicht so wäre, müsstest du diesen Ort so schnell wie möglich verlassen. Wie du vielleicht schon mitbekommen hast bist du mächtiger als der derzeitig amtierende Erzmagier. So eine Person dürfte gar nicht existieren, zumindest nicht lebendig. Der Erzmagier muss immer der mächtigste lebende Magier sein, alles andere würde das Gleichgewicht der Elemente gefährden und somit zur Vernichtung der Welt führen, zumindest angeblich. Normalerweise können die Leute die stärker als er sind ihn herausfordern um das Amt zu übernehmen, aber dazu fehlt dir einfach die Erfahrung und das Wissen. Es gibt nur wenige Orte an denen du vor den Beamten, die Handlanger des Erzmagiers, sicher sein wirst. Einer davon ist eine magische Schule in einer anderen Dimension, wahrscheinlich die einzige die deinen Fähigkeiten einigermaßen gerecht wird.“ „In einer anderen Dimension? Ab...aber...“, ihr traten Tränen in die Augen, „Ich will nicht weg von hier! Ich...ich hab mich noch nie irgendwo so wohl gefühlt. Das geht nicht! Ich will nicht weg von dir“, sie schaute Aaron mit großen, wässrigen Augen an, „ Ich hab dich doch gerade erst gefunden!“ „Sch, sch ist ja gut. Mach dir keine Sorgen“, er nahm Reina sanft in den Arm und streichelte sanft über ihren Kopf, den sie an seiner Brust vergraben hatte, „Wer hat denn gesagt, dass du alleine weg müsstest? Du glaubst doch nicht das ich dich jemals wieder gehen lasse? So meinte Dad, das auch nicht. Wenn du gehst kommen wir natürlich mit! Als ob Irgendwer von uns dich allein lassen würde!“ „Ihr kommt mit?“ „Natürlich“, erklärte Aarons Vater, „Wir können dich doch nicht alleine durch eine gefährliche, fremde Dimension reisen lassen. Geschweige denn Mutterseelen allein, ohne Erwachsenen an einer neuen Schule. Ich habe mich schon mit dem dortigen Direktor auseinandergesetzt. Sie bieten mir eine Stelle als Lehrer an, Ane kann in einer nahegelegenen Klinik anfangen und ihr vier könnt die Schule besuchen.“ „Ich kann trotzdem nicht weg“, bemerkte Reina, als sie die verwunderten Gesichter um sich herum sah, fügte sie hinzu, „ Zumindest nicht ohne das Einverständnis meiner Eltern und ich bezweifele, dass die zustimmen werden.“ „Oh, stimmt hatte ich ja ganz vergessen bei Magiern tritt die Volljährigkeit ja erst mit zwanzig ein. Na ja nur fair wenn man bedenkt das sie erst mit achtzehn ihre Ausbildung beginnen“, sagte Aaron mehr zu sich als zu den Anderen. „Ja und ich schätze noch drei Jahre zu warten kommt wohl kaum in Frage.“ „Drei Jahre?“, riefen alle perplex. Reina schaute sich etwas verunsichert um: „Ja drei Jahre, ich bin siebzehn! Was dachten sie denn?“ „Äh mindestens neunzehn“, erklärte Mr. Strauß. „Achtzehn“, bemerkte Aaron. „So um die vierundzwanzig“, sagte Kain. „Na danke ist ja wirklich reizend. Frauen werden wirklich gern sieben Jahre älter eingeschätzt.“ „Hm ,na ja ich schätze wo wir eh schon gegen geltendes Recht verstoßen, indem wir versuchen dich zu schützen anstatt dich hinzurichten, ist es auch egal ob wir noch ein Gesetz missachten! Es sei denn du möchtest unbedingt hier bei diesen Leuten bleiben.“ „Im Leben nicht!“, erklärte Reina, während Aaron sie freudestrahlend überfiel, seine Arme um ihre Taille schlang und begann sie zärtlich abzuküssen. Wenig später trug er sie die Treppen nach oben in sein Zimmer. Als er die Tür öffnete, sah er als erstes Gray, der mit einem sehr befriedigten und glücklichen Gesichtsausdruck, soweit man das bei einem Wolf erkennen konnte, auf dem Kuscheltier eingeschlafen war. Aaron musste bei diesem Anblick sehr mit sich ringen, den Wolf nicht aus dem Fenster zu werfen. Reina folgte seinem Blick. Gray tat ihr irgendwie leid, er konnte ja nichts wirklich dafür und war wenigstens so nett gewesen den Fernseher aus zu schalten. Langsam hob sie die Hand und streichelte sanft an Aarons Wange entlang. Etwas irritiert schaute dieser auf Reina hinab, brachte sie aber dann mit einem breiten Grinsen im Gesicht in sein Bett. Liebevoll schlug er die Bettdecke zurück, legte sie auf das weiche, schwarze Bettlaken, bettete sich daneben, beugte sich sanft über sie und hauchte zärtlich: „Ich erinnere mich nicht mehr so recht wo wir heute früh stehen geblieben waren, aber ich glaube irgendwo da.“ Er legte langsam seine Lippen auf ihre und versank in dem warmen, wundervollen Gefühl so nah bei ihr zu sein, sie zu spüren, sie zu schmecken, wenigstens zum kleinen Teil mit ihr vereint zu sein. Seine Hand wanderte zärtlich von ihrem Gesicht ihre Seite hinab, strich zart an ihrer Brust entlang, wanderte ihrer Taille folgend zu ihrer Hüfte. Reina atmete schnell, zog stark die Luft ein, versank in seinem Geruch, in der Dunkelheit, der Wärme seiner Arme. Seine Hand liebkoste sie, streichelte sanft an ihr entlang und brachte ihr Blut zum Kochen. Es war als würde ihr Körper vor Begierde brennen und seine Berührungen das Feuer wie Öl noch verstärken. Langsam verließen seine Lippen ihre, wanderten hinab, an ihrem Kinn entlang zu ihrem Hals. Reina ertrug es kaum noch, die Sehnsucht wurde stärker und stärker, steigerte sich ins unermessliche als er zärtlich ihren Hals küsste, ihn mit seiner Nase sanft entlang strich. Sie konnte es kaum noch ertragen, einen Moment lang verlor sie die Kontrolle und stöhnte heiser vor Erregung. Aaron der ihre Zeichen falsch verstand und dachte er hätte ihr wehgetan sprang ein Stück von ihr weg. Sorgenvoll schaute er sie vom Ende des Bettes aus an und fragte: „Ist alles ok? Hast du Schmerzen? Soll ich Ma holen? Kann ich dir irgendwas bringen?“ Reina konnte nicht antworten, sie musste warten bis diese überwältigenden Gefühle abgeebbt waren. „Tut mir Leid“, er beugte sich noch einmal über sie, diesmal um zu sehen wo sie verletzt war, „Wo tut es weh? Es tut mir so Leid. Ich bin so ein Trampel, vielleicht wäre es besser wenn ich woanders schlafe...“ Da fand sie ihre Stimme wieder: „NEIN! Du hast mir nicht wehgetan. Nicht gehen! Bitte bleib!“ Sie erhob sich, krabbelte zu ihm und schlang ihre Arme um seine Brust: „Bitte, bleib hier. Es war einfach, einfach...“, sie errötete und flüsterte leise in sein Ohr, „Wundervoll!“ Aaron schaute hinab, in diese magischen blauen Augen, die ihm wie Sterne entgegenfunkelten, seufzte und gab nach. Er konnte ihr einfach keine Bitte abschlagen. Zärtlich nahm er sie in den Arm, legte Reina wieder zurück ins Bett, deckte sie liebevoll zu und gab ihr noch einen Kuss. So in seinen Armen zu liegen, die Wärme zu spüren, mit ihm in der Dunkelheit zu versinken, war das Schönste was sie jemals gefühlt hatte. Reina wünschte sich, dass es für immer so wäre, das dieser Moment niemals enden würde. Lange Zeit schaute sie in seine warmen tiefroten Augen, die ihr mit jedem Blick soviel Liebe schenkten, bevor sie in die Dunkelheit des Schlafes hinüberglitt. Am nächsten Morgen erwachte Reina und streckte sich erst einmal ausführlich, wodurch sie merkte, dass Aaron nicht mehr bei ihr im Bett war. Unsicher schaute sie sich um, nichts deutete auf seinen Verbleib hin. Erst nach einiger Zeit bemerkte sie die Rosenblüten, die über dem Bett und in einer Spur auf dem Boden verteilt waren. Neugierig stand sie auf und entdeckte ein Paar Hausschuhe, in jedem Pantoffel lag eine kleine, mit Schleifen versehene Tafel Schokolade. Vorsichtig nahm Reina beides an sich und folgte dann der Rosenspur hinaus aus dem Zimmer, den Gang entlang. Hinter der nächsten Ecke, fand sie einen schwarzen, kuscheligen Bademantel. Weiter der Fährte folgend fielen noch mehrere Öle, ein Rückenfreier Badeanzug, Schaumbad und Schokolade mit verschiedenen Geschmacksrichtungen in die Hände. Die Rosen brachten sie bis zu dem kleinen Zimmer, dass zu dem in der Mitte des Daches liegenden Bad führte. Dort zog sie sich um und begann den langen Aufstieg. Als sie die Enklave betrat, verschlug es ihr den Atem. Der Himmel war so verzaubert worden, dass es schien als wäre es Nacht, Milliarden Sterne funkelten am endlosen Firmament, Fackeln brannten entlang des Schwimmbeckens, die Liegen waren mit Rosenblättern bestreut worden und über allem lag der Geruch geschmolzener Schokolade. Reina war absolut sprachlos, dass Einzige, dass fehlte war Aaron, doch das sollte nicht lange so bleiben. Sie spürte wie Jemand ihr von hinten die Augen zu hielt, wie sich sein starker, muskulöser Körper an sie drückte. Liebevoll flötete er ihr ins Ohr: „Willkommen! Ich hoffe doch meine Überraschung gefällt dir! Heut ist der Reina verwöhn Vormittag.“ Ein breites Lächeln trat auf ihr Gesicht. Schnell drehte sie sich errötend zu ihm um, legte ihre Arme an seine nackte Brust, er hatte nur eine Hose an, schenkte ihm einen Kuss und hauchte dann: „Und womit hab ich das verdient?“ „Oww, du hast das immer verdient! Aber ich dachte mir, wir sind ja vorgestern richtig zusammengekommen und da hat ja auch mein Dad Geburtstag, also sollte unser Zusammenkommen Jubiläumstag vielleicht etwas später liegen. Nun ja und da wir bis jetzt nur sehr selten Zeit wirklich allein verbringen konnten und bald aufbrechen müssen dachte ich mir, nutze ich doch mal die Gelegenheit um uns einen ersten schönen Jubiläumstag zu machen.“ „Hmm“, sie schmiegte sanft ihre Nase an seine und war ziemlich abgelenkt, „Und was dachtest du so was wir machen könnten?“ „Tja ich dachte ich beginne erstmal mit einer Massage, dann gemeinsames Kuscheln, gefolgt von einer Schokoladenmaske mit anschließendem warmen Bad, dann wieder gemeinsames Kuscheln mit gegenseitigem Waffelfüttern, hm ja und ansonsten bin ich für jede Schandtat offen!“, er grinste sie unendlich süß an. „Klingt, echt wundervoll, können wir den Teil mit dem Kuscheln vorziehen?“ „Klar“, sanft nahm er sie auf seinen Arm und trug sie zu einer Liege, die beheizt und mit Handtüchern ausgelegt war. Aaron setzte Reina dort ab, legte sich daneben, nahm sie zärtlich in den Arm und begann an ihrer Wirbelsäule entlang zu streichen. „Hm, dass ist wirklich schön!“ „Wirklich?“, er grinste verspielt, „Hm da drüben sind die Waffeln, ich hohl sie mal schnell. Das können wir auch mit der Schokoladenmaske vereinen.“ Sie bemerkte kaum, dass er weg war. Wenig später kam er mit einem großen Teller, voller Waffeln und einem Tablett mit verschiedenen Schokoladencremes zurück. Liebevoll legte Aaron sich hinter sie, schloss sie fest in seinen Arm und fütterte sie. Nach einer Weile, drehte er Reina auf den Rücken und flüsterte leise: „So schön stillhalten, ich mach dir jetzt eine wunderbare Maske und massier dich danach.“ „Ok.“ Vertrauensvoll schloss sie die Augen und spürte wie Aarons Finger wenig später zärtlich ihr Gesicht erkundeten. Nach einer Weile wurde die Schokolade langsam hart und Aaron drehte sie auf den Bauch und begann sie zu massieren. Seine Hände waren so gefühlvoll und stark zu gleich, sie befreiten Reina von allen Verspannungen und hätten fast dafür gesorgt, dass sie eingeschlafen wäre. Es verging eine kleine Ewigkeit, bevor Aaron erkennen lies, dass er fertig war. Sie drehte sich danach wieder um und spürte wie er vorsichtig über ihre Nase leckte. „Wa…was machst du da?“ „Tut mir Leid! Ich konnte mich einfach nicht mehr beherrschen. Du siehst so süß aus, wortwörtlich. Gott ist die Schokolade gut!“ „Äh ja, aber den Rest der Maske darf ich abmachen oder?“ „Hm? Na gut, wenn es unbedingt sein muss.“ Ihr wäre es am Liebsten gewesen, wenn dieser Morgen niemals geendet hätte. Gegen Mittag kam jedoch eine gut gelaunte Sandra, zu ihnen hinauf um bescheid zu sagen, dass es bald Essen gab. Reina und Aaron verließen händchenhaltend das Dach. Während sie sich umzog warteten er und Sandra vor der Tür um ihr dann die Augen zu verbinden und nach unten in den Saal zu führen. „Darf ich jetzt gucken?“ „Ja jetzt darfst du“, erklärte sie und nahm ihr die Augenbinde ab. Reina fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als sie sich umsah. Die Strauß hatten die Tafel gedeckt, alles mit frischen roten Blumen geschmückt und ein riesiges Banner mit der Aufschrift, willkommen zu Hause, aufgehängt. „Wow, dass ist…“ „Wir hoffen du freust dich darüber! Überraschung!“ Oscar, Mr. Und Mrs. Strauß kamen bei diesem Stichwort von der Veranda hinein und grinsten sie liebevoll an. „Da du ja fest mit Aaron zusammen“, begann Mrs. Strauß, „Und uns auch ansonsten unglaublich ans Herz gewachsen bist dachten wir uns sollten wir deine Aufnahme in die Familie feiern, bevor ihr los müsst.“ „Aufnahme in die Familie?“, Reina konnte es nicht so recht begreifen. „Yepp“, sagte Sandra freudestrahlend, „Du bist ab jetzt nicht nur meine beste Freundin sondern auch meine kleine Schwester.“ „Wow, wow. Ich…“, ihre Augen wurden ganz wässrig und sie war für eine Weile nicht in der Lage weiterzusprechen. Erst als Aaron sie zärtlich in den Arm nahm brachte sie heraus, „Das ist das was ich mir am Meisten gewünscht habe, danke.“ „Oh bedank dich noch nicht. Du hast doch die Geschenke noch gar nicht bekommen!“, bemerkte Oscar. „Ge…Geschenke? Das, das kann ich doch nicht annehmen.“ „Du hast keine Wahl!“, Sandra grinste liebevoll und erklärte, „Also, da mir aufgefallen ist, dass du so gut wie keine Anziehsachen hast, bekommst du von mir eine Shoppingtour gesponsort, sobald wir in der neuen Stadt angekommen sind.“ „Wow, danke Sandra, äh schätze ich.“ Oscar musste bei dieser Antwort breit Grinsen und erklärte: „Ich hab dir ja gesagt, dass sie nicht auf Shopping steht. Von mir bekommst du das hier“, er übergab Reina eine Sammlung von Büchern, „Ich weiß es ist ziemlich unpersönlich, aber ich dachte mir du liest bestimmt gern und ansonsten wenn du irgendein Problem oder Kummer oder so hast, kannst du jederzeit zu mir kommen. Ich bin hier der mentale Abfalleimer.“ „Jetzt bin ich aber dran!“, sagte Aaron, „Es hat ganz schön lange gedauert bis mir was eingefallen ist. Zu erst dachte ich ja daran dir mich zu schenken, aber das kam mir dann doch etwas wenig vor. Du hast soviel Ärger mit mir das kann man kaum ein Geschenk nennen. Also warte, hier!“ Er überreichte Reina ein süßes, kleines, sibirisches Luchskätzchen. Es war wirklich zu knuffig, das strubbelige, weiße Fell, die klaren grünen Augen, die schwarze Stupsnase und die große rosafarbene Schleife die es umgebunden hatte. „Sie ist ein magisches Wesen, genau genommen dein magischer Begleiter. Ich hab sie selbst gemacht. Ihr Name ist Kiara, noch mag sie klein sein, aber sie wird mal groß und stark, genauso wie Gray.“ „Oh, danke Aaron, sie ist ja wirklich zu niedlich! Hei, hallo du ich bin Rei“, das Kätzchen antwortete mit einem sanften maunzen. Es war wirklich herzerweichend niedlich. „Ich kann dir später noch mehr über sie erklären, aber jetzt sind erstmal Ma und Dad dran.“ „Was? Da kommt noch mehr? Allmählich bringt ihr mich echt in Verlegenheit.“ „Das war nicht unsere Absicht, tut uns leid. Wir haben das hier für dich“, sagte Mrs. Strauß liebevoll und hielt ihr eine kleine schwarze Schachtel hin. Als Reina sie öffnete fand sie daran einen Schlüsselbund vor, der eine silberne Plakette mit ihrem Namen drauf trug. Fragend schaute sie auf und Mr. Strauß begann zu erklären, „Das sind die Schlüssel für dieses Haus. Wie schon gesagt, für uns bist du bereits jetzt ein festes Familienmitglied und wir wollen, dass du weißt, dass du hier jederzeit willkommen bist. Deshalb schenken wir dir die Schlüssel, damit du kommen und gehen kannst wann immer du möchtest.“ Sie war so gerührt von dieser Geste, dass sie keine Worte fand und einfach nur still in Tränen ausbrach. Die Strauß hatten Verständnis dafür und nahmen sie alle Gleichzeitig in den Arm. Eine lange Weile standen sie so da und warteten bis Reinas Tränen endlich versiegten, der kleine Luchs auf ihrem Arm machte sich hoch und leckte liebevoll ihr Gesicht, während Gray, der ihr sein Lieblingshalstuch schenken wollte, sanft seinen Kopf an ihr Knie legte. Als sie endlich wieder ihre Fassung zurückerhalten hatte, machten sie sich alle einen gemütlichen Nachmittag, genossen das Festessen und schossen ein Familienfoto. Zum ersten Mal war Reina geborgen, zum ersten Mal hatte sie wirklich eine Familie, war sie von Leuten umgeben die sie liebten. Kapitel 7: Die Reise beginnt ---------------------------- Gegen fünf Uhr brachen sie dann auf, betraten durch ein Portal eine andere Dimension und kamen an dem Treffpunkt an, den die neue Schule festgelegt hatte. Dort waren sie nicht die Einzigen. Mitten auf einer riesigen Wiesenfläche waren hunderte Zelte aufgebaut, um die herum geschäftige Wesen aller Rassen wuselten. Reina hatte noch nie so viele verschieden Leute gesehen und am liebsten hätte sie sich etwas Zeit genommen um sie zu studieren, doch Mr. Strauß drängte darauf, dass sie schnell weitergingen, damit sie noch rechtzeitig bei den Direktoren ankamen. Also bahnten sie sich ihren Weg durch das Labyrinth. Hier und da machten einige Leute, die die Strauß entweder erkannten oder zumindest merkten, dass sie Vampire waren große Augen. Sie lagen gut im Zeitplan bis sie plötzlich, während sie sich gerade durch eine Großfamilie quetschten, wobei Aaron Reina mit seinen Armen abschirmte und knurrte wenn ihr Jemand zu nahe kam, durch eine schneidende Stimme gestoppt wurden. Aufgeschreckt wie eine Herde Antilopen, stob die Familie auseinander, sodass die Strauß den relativ jung wirkenden Fremden gegenüberstanden. Sie trugen alle Inquisitorenkleidung und das war nicht das einzige was an ihnen nicht vertrauenswürdig erschien. Der älteste der Gruppe, etwa vierundzwanzig Jahre alt begann zu sprechen: „Halt! Monster haben keinen Zutritt! Ihr könnt diesen geweihten Boden nicht betreten! Im Namen des Herrn Befehle ich euch...“ „Und welcher Herr ist das?“, bemerkte Mr. Strauß schlecht gelaunt. Es war nicht der richtige Zeitpunkt mit Vampirjägern zu spielen, besonders nicht, da sie in Reinas Gegenwart ihre Kräfte nicht einsetzen konnten. „Äh, was?“, die Frage hatte den Anführer irgendwie aus dem Konzept gebracht, „Welcher Herr? Na Gott, also Gott unser Herr, den Schaffer der Welt.“ „Tut mir leid!“, bemerkte er und schaute Aaron bedeutungsvoll an, der wusste was gleich kommen würde und Reina ganz fest die Ohren zuhielt. Diese schaute ihn daraufhin neugierig an, wagte es aber nicht zu fragen. Währendessen fuhr Mr. Strauß fort, „ Ich bin ein heidnischer Vampir. An den glaub ich nicht, dass einzige woran ich glaube ist die Kraft der Natur. Ich lass mir doch nicht von jedem dahergelaufenen Gott etwas befehlen! Wo kommen wir denn da hin? Und jetzt entschuldigen sie uns bitte, wir haben heute noch was wichtigeres vor“, und lief dann mit seiner Familie im Schlepptau ganz entspannt an den verdutzt dreinschauenden Jägern vorbei. Noch eine Stunde dauerte es, bis sie sich durch den Zeltplatz gekämpft hatten und endlich, vor dem großen, mittig aufgebauten einem Feldherrenzelt ähnlichen Gebilde zum Stehen kamen. Mr. und Mrs. Strauß gingen hinein und baten die Anderen draußen zu warten. Aaron setzte sich neben den Eingang auf den Boden, schaute hoch zu Reina, grinste schelmisch und sagte: „Mein linker, linker Platz ist leer.“ Keiner der anderen konnte sich das Lächeln verkneifen. Allerdings war es nicht Reina die der Einladung folgte. Kiara, die bis jetzt ruhig auf ihrem Arm gesessen hatte, sprang zu Boden, rannte zu ihm und machte sich an seinem Bein hoch. Reina hockte sich ruhig neben die Beiden und begann den Luchs sanft zu streicheln. „Zumindest hat sie guten Geschmack, wenn ich’s mir aussuchen könnte würde ich auch zu dir laufen!“ „Na dann, mein linker Platz ist immer noch leer!“, er nahm die kleine Luchsdame sanft auf seinen Schoß, wo sie sich zusammenrollte und kraulte sie weiter, „Und meine Arme leer!“ Reina grinste leicht rot werdend und setzte sich ganz nah neben ihn. Er legte liebevoll den Arm um sie und ließ sie sich anlehnen, ihren Kopf an seine Schulter legen. Sandra und Oscar machten es sich neben ihnen gemütlich. Sie setzte sich entspannt hin und er legte seinen Kopf auf ihren Schoß. Gray schaute erst etwas traurig, weil niemand mit ihm schmusen wollte, nachdem Reina ihm aber einen Platz auf ihrem Schoß angeboten hatte machte er es sich dort bequem, zumindest seinen Kopf legte er ab, während sie ihn liebevoll streichelte. Eine lange Weile saßen sie so da. Es schien fast als würden ihre Eltern nie wieder das Zelt verlassen. Langsam ging die Sonne unter, verlor der Himmel alles Licht. Für Reina war es ein langer ereignisreicher Tag gewesen. Langsam löste sich der Trubel auf, die Zelte füllten und die Wege leerten sich. Nur vereinzelt sah man noch Gruppen um Lagerfeuer herum sitzen, trinken, grölen und sich Geschichten erzählen. Das Direktorenzelt wurde nur noch durch Fackeln erleuchtet, sie saßen im Schatten, in der Dunkelheit und langsam wurden ihre Augenlieder schwer, ihr Kopf sank noch weiter auf Aarons Schulter. Sie spürte wie er kurz Kiara absetzte, die auf seinem Schoß eingeschlafen war, und dafür Reina sanft umarmte, sie zu sich zog, mit seinem Mantel bedeckte, ihren Kopf zärtlich an seine Brust legte, sie liebevoll in seinen Armen hielt, sie wärmte und ihr ins Ohr flüsterte: „Schlaf ruhig, ich beschütze dich und warte hier bis du wiederkommst“, sanft vergrub er sein Gesicht in ihren Haaren und küsste ihren Kopf. In der Wärme seiner Arme, in der sie bergenden Dunkelheit driftete sie hinüber in einen tiefen Schlaf. Einige Zeit später verließen die Strauß und noch einige Leute das Zelt. Als erstes begann ein älterer Mann zu sprechen: „Oh! Ist sie das?“, er wollte sich Reina, die auf Aarons Schoß eingekuschelt und zusammengerollt, tief und fest schlief nähern, stoppte jedoch als ihm das Knurren von vier Personen entgegenschlug. Aaron, Sandra, Oscar und Gray schauten ihn mehr als drohend an. „Ja das ist Reina“, erklärte Mr. Strauß, „Ich fürchte ich hätte sie warnen sollen, anfassen und näherkommen ist verboten, füttern übrigens auch.“ „Hm wirklich? Nun gut...vielleicht sollten sie, sie aber zumindest wecken. Sie wollen sich doch sicher noch verabschieden.“ Aaron knurrte mit zusammengebissenen Zähnen: „Aufwecken ist auch verboten!“ „Nun lass uns, uns doch wenigstens verabschieden, wir sehen uns schließlich eine Weile nicht, während ihr auf Reisen seid.“ „Hm na gut, aber ich wecke sie, wenn es überhaupt jemand machen muss.“ Alle stimmten Aarons Bedingung zu und er machte sich auch gleich daran Reina wach zu bekommen, was gar nicht so einfach war wie es schien. Liebevoll begann er an ihrer Wange entlang zu streichen und flüsterte ihr leise ins Ohr: „Rei, aufwachen, es ist morgen...“, als Reaktion kuschelte sie sich unwillkürlich nur noch enger an ihn, schmiegte sich in seinen Mantel und nuschelte: „Nur noch fünf Stunden.“ „Ech, nein komm wir müssen jetzt wirklich aufstehen“, keine Antwort, sie ignorierte ihn einfach, „Rei, es ist wirklich wichtig, willst du dich nicht von Ma und Dad verabschieden?“ Mit einem Mal war sie hellwach, hatte sich kerzengrade aufgerichtet, schaute ihn an und fragte: „Verabschieden?“ Mrs. Strauß hockte sich ruhig neben sie und erklärte: „Ihr seid an der Schule angenommen und der Unterricht beginnt sofort morgen früh. Zusammen mit einer Gruppe Lehrer werdet ihr zur Schule reisen, während wir mit dem Haus teleportieren. Dadurch braucht ihr etwas länger, wie werden uns also eine Weile nicht sehen.“ „Oh“, Reina klang mehr als traurig. Sie hatte die Zeit mit der Familie so sehr genossen, dass es ihr gar nicht gefiel die neugewonnenen Eltern wieder hergeben zu müssen. Bei dem Anblick ihres Sehnsüchtigen Blickes, mussten sich selbst die Lehrer die zuvor die Strauß für Monster gehalten hatten und Reina für ihr Frühstück, eingestehen, dass sie wenn sie diesem unschuldigen Mädchen so sehr ans Herz gewachsen waren, nicht böse sein konnten. „Sei nicht traurig“, sagte Mr. Strauß mitfühlend und ließ sich neben seiner Frau nieder, „ Wir sehen uns ja bald wieder und außerdem heult Aaron gleich, so wie der aussieht und das wollen wir ja nicht. Nimm es positiv, wenn wir uns wiedersehen wirst du viele Dinge gelernt haben und es ist ja auch höchstens für eine Woche. Sieh es als Schulausflug an und denk dran, wenn ihr ankommt geht Sandra mit dir shoppen.“ „Jetzt hab ich Angst“, erklärte Reina. „Ey! Das ist mein Spruch!“, beschwerte sich Oscar. Nach einer Weile und vielen Umarmungen schaffte die Familie es endlich sich voneinander zu lösen. Reina, Aaron, Sandra und Oscar gingen mit den zwei Lehrern mit, Mr. und Mrs. Strauß machten sich derweil auf den Heimweg. Nach einer längeren Nachtwanderung, die sie vorbei an erloschenen Lagerfeuern und so manch einer feiernden Zwergenfamilie führte kam die Gruppe am Rande der Kolonne an und entschloss sich, nah am angrenzenden Wald ihre eigenen Zelte auf zu bauen. Da das Ganze unter normalen Umständen ewig gedauert hätte, schickte Aaron Sandra mit Reina in einer nahegelegenen Thermalquelle baden, damit er und Oscar in Ruhe ihre Kräfte einsetzen konnten. Die Zelte standen schneller als gedacht und zum ersten Mal an diesem Abend kamen sie dazu sich mit ihren Lehrern bekannt zu machen. Tatsächlich hatte Aaron die Beiden noch nicht einmal angesehen. Der eine, ältere mit Namen Ronian roch für ihn eindeutig nach Werwolf und sah ansonsten aus wie ein Söldner im Mittelalter wohl ausgesehen haben mochte. Groß, muskulös, längere rote Haare, irgendwie rauflustig. Als sein Blick auf den anderen traf hätte er fast einen Herzinfarkt bekommen, wenn das noch möglich gewesen wäre. Er hatte nur Augen für Reina gehabt und ihn so vorher noch nie richtig betrachtet. Der Lehrer Namens Tagiar war eine Chimäre, eine Mischung aus Mensch und Wolf. Er hatte den Körper eines Menschen, aber war ganz bedeckt mit schwarzem Pelz und hatte Wolfsohren und einen Schwanz. Tagiar war bei weitem nicht so stämmig. Neben Ronian wirkte er eher schmächtig, schlank und zerbrechlich. Die Beiden musterten ihrerseits die Brüder ganz genau. Oscar dem das schnell unangenehm wurde, ging zu der Mitte zwischen den Zelten und entfachte mit einem kleinen Feuerball das Lagerfeuer. Eine lange Weile standen sie sich so gegenüber bis eine sehr unangenehme, schrille und schrecklicherweise bekannt wirkende Stimme hinter Aaron erklang. „Hi Süßer! Na hast du mich vermisst? Oh bestimmt, wer würde das nicht tun? Ich bin gekommen um dich von meiner grauenvollen Schwester zu erlösen.“ Er traute sich kaum sich umzudrehen und Oscar, der fürchtete, dass er bei dem Anblick ausrasten würde, wie er es damals im Krankenhaus getan hatte, brachte sich lieber vorsichtshalber hinter einem Baum in Sicherheit. Cindy machte mehrere Schritte auf ihn zu um ihm um den Hals zu fallen, doch noch bevor sie ihn erreicht hatte sprang er wie von einer Tarantel gestochen etwa zehn Meter weg und drehte sich langsam, knurrend um. Als er sie da stehen sah, dieses kleine arrogante Miststück, wie sie selbstgefällig grinste und ihre vermaledeiten Eltern hinter ihr, begann sich ein roter Film über seine Augen zu legen. Alles kam wieder hoch in ihm, die Bilder, die Erinnerungen der Schmerz. Er spürte wie seine Wut anstieg und diesmal würde sein Vater ihn nicht daran hindern mit ihnen zu tun was er wollte. Aaron überlegte kurz spielte mit dem Gedanken was er tun sollte, vor ihm lag die weite Grasfläche voller Zelte, auf der sie sich nur mühsam fortbewegen, aber dafür gut verstecken könnten, es wäre eine kurze Jagd, viel zu kurz. Hinter ihm ragten riesige dunkle Bäume empor, der tiefe, gespenstische Wald, gar endlos weit könnte er sie in der Finsternis jagen, mit ihnen spielen und sie leiden lassen bevor er sie zerriss, dass erschien ihm passender, war eher nach seinem Geschmack. Lange stand er da und überlegte, während Cindy die ganze Zeit unablässig plapperte. Gerade hatte er sich für eine Todesart entschieden und machte einen Schritt auf die Familie zu, als Sandra und Reina gefolgt von Gray, der Kiara auf seinem Rücken umhertrug aus dem Wald heraustraten. Als die Beiden die Sanktins sahen blieben sie wie vom Donner gerührt stehen und Aaron wusste, dass er zu lange gewartet hatte, als er Reinas ängstlichen Blick sah wurde er wieder ruhig und begann klar zu denken, sie brauchte ihn, dass war das Wichtigste. Noch bevor einer von ihnen etwas sagen konnte legte ihr Stiefvater, drohend in ihre Richtung gehend und mit der Faust wedelnd los: „ Du verdammte Mistgöre! Was denkst du dir eigentlich dabei einfach so abzuhauen? Ich glaub der Typ da hat dir die letzten Gehirnzellen rausgevögelt! Ich vergaß geht ja gar nicht du hast ja keine! Hast du überhaupt eine Ahnung was wir wegen dir durchgemacht haben? Wir mussten selber kochen und putzen und uns um diese Meute Kinder kümmern! Solche Sklavenarbeit, pah dafür sind wir doch viel zu gut! Außerdem weißt du, dass deine Mutter hochschwanger ist und sich schonen soll! Na warte wenn ich dich in die Finger kriege!“ Er hatte sie schon fast erreicht, da stellte sich Sandra vor Reina, breitete schützend ihre Arme aus und erklärte: „Sie bekommen unsere Rei aber nicht in die Finger! Was soll das überhaupt heißen sie sind zu gut für diese Arbeiten? Sie haben doch die ganzen Kinder in die Welt gesetzt, also kümmern sie sich gefälligst um ihre Blagen, sorgen sie endlich dafür, dass sie ordentlich erzogen sind und der da“, sie zeigte auf Cindy, „sollten sie endlich mal was über Zurückhaltung erzählen oder Anstand oder worüber auch immer, die benimmt sich wirklich wie ne läufige Hündin, lässt sich von allem bespringen was nicht schnell genug weglaufen kann.“ Reina konnte erkennen, dass Sandra zu weit gegangen war. Die Nüstern ihres Stiefvaters blähten sich bedenklich weit, seine Hautfarbe wechselte zu karmesinrot, er begann ernsthaft zu schwitzen vor Wut und brüllte, die Hände erhoben zu Fäusten geballt: „Wie kannst du es wagen widerliches Drecksstück, ...“ Weiter kam er nicht mehr, denn Oscar hatte stocksauer sein Versteck hinter dem Baum verlassen, war über die Wiese gerannt und hatte mit der Wucht von tausend Dampframmen, Reinas Stiefvater so eine verpasst, dass zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit, sein Kieferknochen barst und die Zahnimplantate, mit echten Zähnen vermischt in dem Baum, den er am Ende seiner Flugbahn getroffen hatte, stecken blieben. Von einem lauten Knurren begleitet, presste Oscar zwischen seinen Zähnen hervor: „Wagen sie es ja nie wieder meine Freundin zu bedrohen, geschweige denn sie Dreckstück zu nennen! Und halten sie sich gefälligst von meiner kleinen Schwester fern!“ Aaron der zu den drei gegangen war und Reina zärtlich umschlossen hatte erklärte: „Dem hat die letzte Kieferkorrektur wohl nicht gereicht. Tob dich ruhig noch ein wenig aus Oscar, ich darf ja nicht. Hab Reina versprochen, dass ich ihnen nichts tue und ich fürchte wenn sie mich mit Kuschelentzug bestrafen würde, würd ich das nicht überleben.“ Gray bellte zustimmend, er konnte das nur allzu gut nachvollziehen. Oscar dessen Wut allmählich nachließ schaute sich etwas peinlich berührt um und kratzte sich verlegen am Kopf. Sandra ging ganz gerührt zu ihm, schaute ihn mit großen funkelnden Augen an und bemerkte: „Schatz, du hast deine Angst vor großen, lärmreichen Geräuschen überwunden, für mich und vor Gray hast du auch keine Angst mehr. Mein Held..., ab jetzt nenn ich dich nur noch Sir Oscar.“ „Gray?“, er schaute sich irgendwie gehetzt um, sah den Blutwolf, der nur wenige Zentimeter von ihm entfernt stand und fröhlich, schwanzwedelnd hechelte. Seine Augen wurden größer und größer und als der Wolf dann näher kam schrie er laut, sprang an die nächste Tanne, kletterte hinauf und hielt sich oben, wimmernd fest. Gray blieb jaulend am Fuß sitzen, während Kiara von seinem Rücken sprang, Oscar den ganzen Stamm hinauf verfolgte und ihn freudig maunzend ansprang. Die kleine Luchsdame fragte sich wie so etwas großes wohl schmeckte, kletterte auf seine Schulter und knabberte ein wenig an seinem Ohr herum. Leider musste sie bald feststellen, dass die Haut des großen weißen Tieres einfach zu hart für ihre Zähne war. Etwas deprimiert lies sie von der Stelle ab, sprang mitten in sein Gesicht und hielt sich mit ihren bereits scharfen, kleinen Reiszähnen an seiner Nase fest. Auch wenn Oscar diese Attacke nicht weh tat, war ihm das Gefühl doch lästig und er versuchte mit seinen Händen den Luchs los zu bekommen, das ging auch eine Weile lang gut, bis er bemerkte, dass er sich mit keiner Hand mehr festhielt und in Richtung Erde fiel. Mit einem lauten Knall traf er auf dem Boden auf. Gray machte sich sofort über ihn her, leckte unter markerschütternden Hilfeschreien sein Gesicht ab, während Kiara an seinen Fingern herumknabberte um wenigstens ein kleines Stück zum Abendbrot zu bekommen. Aaron konnte sich bei dem Anblick nicht zusammenreißen. Liebevoll, seinen Kopf in Reinas Haaren vergrabend, kicherte er: „Ich glaube Kia hat Hunger, vielleicht sollten wir langsam mal was zum Abendbrot machen.“ „Klar gern, mein Magen knurrt auch schon“, sie warf einen mitleidigen Blick auf Oscar und bemerkte, „Aber vielleicht solltest du erst mal Gray von ihm wegholen, sonst bekommt er noch einen Herzinfarkt oder einen Schock oder so was.“ Auf Aarons Ruf hin, schnappte sich der Blutwolf Kiara und trottete zu den Beiden. Erst als er sich mit Gray beschäftigte merkte er, dass Ronian und Tagiar sie vollkommen verblüfft anstarrten, während die neu eingetroffenen Lehrer, ein bekannt aussehender Elf und ein Zwerg sich um Reinas verletzten Stiefvater und die restliche Meute kümmerten. „Äh, ich schätze das war ein ganz schöner Auftritt für sie. Nun, Oscar benimmt sich immer so, der hat Angst vor allem.“ „Gut und schön, aber sie wollen mir hoffentlich nicht erzählen, dass sie sich immer so gegenüber Menschen verhalten oder?“ „Nicht gegenüber Menschen, aber gegenüber denen schon! Wollen wir es mal so sagen, wir haben nicht das beste Verhältnis zu Reinas Familie und ich fürchte, da es scheint als würden sie uns auf unserer Reise begleiten werden sie auch Gelegenheit bekommen herauszufinden wieso nicht, wenn sie es nicht schon wissen.“ Mit den Sanktins in Reinas Nähe hatten weder Aaron noch Oscar gesteigerte Lust baden zu gehen. Allerdings ließen ihre Lehrer ihnen nicht wirklich eine Wahl und nachdem sie sich versichert hatten, dass sowohl Gray als auch Kiara und die anderen Lehrer auf Reina und Sandra aufpassten, brachen sie auf. Nach einer längeren Wanderung durch den dunklen Tannenwald erreichten sie eine kleine, angenehm dampfende Thermalquelle. Während Oscar und Aaron sich etwas beschämt hinter den Bäumen auszogen und ihre Hosen anließen, entledigten sich Ronian und Tagiar ihrer ganzen Kleidung direkt vor der Quelle und sprangen ins warme, entspannende Wasser. Sie saßen sich pärchenweise gegenüber, auf der einen Seite die Brüder auf der anderen ihre Lehrer, alles war in peinliches Schweigen gehüllt. Bis Tagiar sich irgendwann nicht mehr zurückhalten konnte und fragte: „Nehmen sie es mir bitte nicht übel, aber ich hab noch nie Vampire getroffen und bin etwas neugierig. Ähm, wie soll ich das formulieren ? Dieses Mädchen, Reina ist die...na ja...bedeutet sie...“ „Sie wollen wissen ob sie unser Frühstück ist oder?“, fragte Aaron etwas barsch, er mochte diese Art fragen nicht. „Nein, nein, dass sie ihnen wirklich etwas bedeutet kann man sehen. Nein das sie, sie nicht essen wollen steht außer Frage. Ich wollte nur wissen, ist sie...ihre Freundin?“ „Yepp“, Aaron grinste breit, „Wir sind überglücklich.“ „Wirklich? Das freut mich, äh und wie weit gehen sie mit ihr?“ „Bis ans Ende der Welt oder was meinen sie jetzt?“ „Ähhh...“, Tagiar wurde knallrot. Er hatte nicht gedacht, dass er diese Frage noch weiter erläutern müsste. Ronian kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er niemals direkt gewagt hätte diese Frage zustellen: „Er wollte wissen ob sie mit ihr schlafen? Ob sie Verkehr mit ihr haben? Was sie schon ausprobiert haben etc.“ Aaron lief knallrot an, sein gesamtes Gesicht und die Spitzen seiner Ohren verfärbten sich. Er konnte kaum auf diese Frage antworten, also guckte er hilfesuchend Oscar an, dem die ganze Sache so unangenehm war und der allmählich echt Angst vor den Lehrern bekam. „Äh...Wir sind noch nicht sooo lange zusammen. Also so nah sind wir uns noch nie gekommen.“, er räusperte sich verlegen, immer noch hochrot. „Also wir sind uns von Anfang an nahgekommen nicht wahr?“, Ronian schaute Tagiar mit einem verschmitzten Lächeln an, der andere grinste nur zurück, „was war denn das Nahste bis jetzt?“ „Tja, muss ich ihnen das eigentlich erzählen? Na ja wir haben uns geküsst und ein paar mal im selben Bett geschlafen.“ „Richtig geküsst? Und gekuschelt ja? Man sie sind ja richtig keusch. Wenn ich daran denke was wir so alles anstellen.“ „Was heißt richtig geküsst? Kann man auch falsch küssen? Oh oh, bei meinem Glück...“, er seufzte etwas angekratzt, „Tja kuscheln tun wir häufiger.“ „Wie, was heißt richtig geküsst? Küssen sie, sie richtig leidenschaftlich oder ist es mehr ein Bussi?“ „Na ja unsere Lippen berühren sich, dass ist doch küssen oder?“ „Äh ja irgendwie schon, aber zumindest ist das nicht alles was man machen kann. Sagen sie wie alt sind sie eigentlich, dass sie das nicht wissen? Neun?“ „Nein ich werde im nächsten Jahr, am vierten April, tausend!“ „Sie werden wie alt? Und sie wissen nicht wie man eine Frau richtig küsst? Was haben sie die tausend Jahre gemacht? Sie wollen mir hoffentlich nicht sagen, dass Reina ihre erste Freundin ist oder?“ „Hei, die haben dich durchschaut!“, erklärte Oscar. „Ich hab halt auf Reina gewartet okay? Erklären sie mir nun wie man richtig küsst oder nicht?“ „Na ja erklären kann man das nicht, wir zeigen es ihnen lieber, aber danach müssen sie uns genauer beschreiben wie ihr kuschelt, da bin ich mal gespannt, wenn man noch nicht mal richtig küssen kann.“ Zärtlich streichelte Tagiar an Ronians Wange entlang, als Aufforderung. Ronian schaute ihm eine Weile in die Augen, zerzauste liebevoll das Fell des Anderen, kam näher zu ihm und legte zärtlich seine Lippen auf die Tagiars. Dieser öffnete seinen Mund ein Stück und spielte mit Ronians Zunge. Aaron schaute ganz gebannt dem leidenschaftlichen, zärtlichen Kuss der beiden zu, wie sie ihre Münder erforschten sich liebkosten, wie sie sich gegenseitig hinter den Ohren kraulten. Als sie nach einer Weile wieder voneinander abließen, schaute er mit einem verstohlenen Blick der seine Hintergedanken verriet in Richtung Oscar und fragte: „Machst du so was auch mit Sandra?“ „Äh ja, wir machen auch noch mehr, wenn du dich erinnerst wir sind verheiratet.“ „Dann weißt du wie das geht?“ Oscar dem nichts gutes schwante schaute sich erst ängstlich um und schüttelte dann vehement den Kopf. „Du weißt noch das ich deine Gedanken lesen kann oder? Lüg mich besser nicht an. Du kannst mir das beibringen! Tja ich fürchte du wirst zum Üben herhalten müssen, an Rei probier ich nämlich nichts aus.“ „Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!“, Oscar sah panisch zu wie Aaron ihm immer näher kam. Er hatte Glück, dass die Lehrer ihn ablenkten, sodass er fliehen konnte. Mit einem Satz war er außerhalb der Quelle, hatte seine Sachen geschnappt und machte sich auf und davon. „Mr. Strauß sie hatten uns versprochen uns zu erzählen wie sie kuscheln!“ „Hm? Okay, also Rei lege ich eigentlich immer unter die Bettdecke, damit sie nicht friert, wickele sie schön ein, also in die Decke und lege mich dann daneben und nehme sie in den Arm. Ja dann sind wir von einer etwa fünfzehn Zentimeter dicken Stoffschicht getrennt, mach ich wenigstens das richtig?“ „Gott, sie sind ja noch keuscher als keusch! Passen sie mal auf, wie wäre es beim Kuscheln mal wenn sie beide unter der Bettdecke liegen würden?“ „Dann bekomm ich aber wieder Nasenbluten! Außerdem was wenn Rei das nicht mag?“ „Bei ihnen ist wirklich jede Hoffnung verloren!“, erklärte Ronian. Aaron ließ daraufhin entmutigt den Kopf hängen, er wollte es doch eigentlich nur schön für Reina machen. Tagiar sah das und bemerkte: „Ach was nehmen sie sich das was er sagt nicht so zu Herzen. Sie gehen das alles eben ein bisschen langsamer an, sind ein wenig romantischer, Frauen mögen das an Männern. Das hat auch positive Seiten und solange Reina ihnen nicht sagt oder zeigt das ihr etwas fehlt uns sie glücklich ist wie es ist, ist doch alles in Ordnung!“ Reina und Sandra hatten während Aaron und Oscar sich waschen waren schon mal angefangen zu kochen. Genau genommen, hatte Sandra zwar helfen wollen, aber wie sie mit dem Messer auf die Kräuter und das bereit liegende Fleisch eingedroschen hatte, kam einer Gefährdung der Allgemeinheit so nahe, dass Reina ihr die Waffe gleich wieder abgenommen hatte. Jetzt saß sie etwas gelangweilt neben dem Kessel, in dem die Suppe vor sich hin köchelte und beschäftigte sich damit, Strähnchen ihres langen blonden Haares ein zu flechten. Reina schnitt noch einiges an Gemüse zurecht, rührte die ganze Sache ein paar mal um, würzte und hielt Sandra dann einen Löffel zum probieren hin. „Hmmmm! Lecker! Kann ich es jetzt endlich essen?“ „Nein, tut mir leid es muss noch eine Weile kochen. Außerdem sind die vier noch nicht zurück. Es ist unhöflich anzufangen bevor alle da sind.“ „Als hätte mich Unfreundlichkeit jemals an etwas gehindert“, sie seufzte laut, schaute sehnsüchtig auf den Suppentopf und bis sich auf die Unterlippe. „Tu...tut mir leid wenn du gesagt hättest, dass du so einen Bärenhunger hast, hätte ich etwas gemacht was schneller fertig ist.“ „Ach was du kannst nichts dafür! Das war auch keine Beschwerde. Ich bin ja froh, dass du kochst, wenn das einer von uns gemacht hätte, urgh, aber trotzdem HUUUNGER!“ Reina wollte grade etwas erwidern als sie ein Zupfen an ihrer Hose wahrnahm. Sie schaute sich um und entdeckte das Gray und Kiara zwischen seinen Vorderpfoten vor ihr standen und bettelnd dreinschauten. „Ihr habt auch Hunger hm?“, als Antwort folgten ein bestätigendes Bellen und Maunzen, „Eier Essen ist schon fertig.“ Liebevoll stellte sie den Beiden jeweils einen riesigen Teller mit Fleischwürfeln vor die Nase. Gray wedelte dankbar mit dem Schwanz während Kiaras Augen ganz groß wurden. Das musste das Paradies sein, dachte sie, Fleischbrocken so groß wie man selbst und ohne anstrengendes jagen. Die entschädigten sie sogar dafür, dass sie es nicht geschafft hatte ein Stück von dem großen weißen Tier abzubeißen. Mit einem Bissen verschlang sie ein riesiges Fleischstück. Eine Weile lang schauten Sandra und Reina den Beiden beim Fressen zu. Kiara verschlang ihre Portion so schnell, dass sie lange vor Gray fertig war und neidisch auf seinen Teller starrte. Der Blutwolf, dem dies nicht verborgen blieb, schaute kurz von seinem Abendessen auf und legte der kleinen, traurig dreinschauenden Lüchsin, einige Fleischstücke auf ihren Teller. „Wenn Kia so weiterfrisst platzt sie noch.“ „Ach was mach dir da mal keine Sorgen Rei, sie ist ein magisches Wesen. So eine Art Fass ohne Boden, die hält einiges aus. Allerdings kannst du sie bald rollen, wenn sie so weiter frisst.“ Nach einer Weile war dann auch das Essen soweit. Während die zwei unbekannten Lehrer, ihre Familie und Sandra aßen, natürlich nicht ohne das sich Cindy und ihr Stiefvater ständig beklagten, weil sie diesen Fraß kaum runter bekamen, saß Reina einfach nur da und schaute ihnen zu. Aaron war schon wirklich ewig weg, sie war in letzter Zeit nie mehr so lange von ihm getrennt gewesen. Ihn nicht bei sich zu haben, nicht zu wissen ob es ihm gut ging, schlug ihr auf den Magen. „Wollen sie das noch essen?“, fragte der Zwergenlehrer und deutete auf die Schüssel, die sie in Händen hielt. „Huh?“, er hatte sie mitten aus ihren Gedanken gerissen, etwas verdutzt und schwerfällig schaute sie von ihrem Essen zu ihm und wieder zurück, „Äh nein, sie können den Rest haben.“ „Was heißt hier den Rest?“, bemerkte Sandra etwas unwirsch als sie die volle Schüssel sah, „Du hast doch noch überhaupt nichts gegessen! Stimmt irgendwas nicht ist dir schlecht? Geht es dir nicht gut?“ „Nein, nein es ist alles in Ordnung.“ „Dann iss bitte etwas, wenn Aaron wiederkommt und du nichts gegessen hast, bekomm ich den Ärger. Wenn der Zwerg noch Hunger hat soll er sich einen schönen Stein suchen oder bis morgen warten.“ „Wie höflich, hat ihnen denn niemand Manieren beigebracht! Ich habe einen Namen!“ „Ja, ja unwichtig!“, dass Gezeter des Zwerges nicht beachtend wandte Sandra sich an Reina, „Rei, bitte mir zuliebe! Du musst auch nur ein paar Löffel essen, einen für Mama, Papa, Onkel Jack, obwohl besser nicht wenn der dann so schmeckt wie Jack aussieht und riecht übergibst du dich die nächsten Tage. BITTE, bitte, bitte, bitte, bitte!“, sie holte tief Luft und begann erneut für etwa fünf Minuten, „Bitte! Du ich kann das die ganze Nacht lang.“ Reina seufzte und ergab sich ihrem Schicksal, vorsichtig aß sie die Schüssel leer und hielt sie dann Kiara zum Auslecken hin. „Zufrieden?“ „Yepp! Gutes Mädchen!“ Der Elf schnaubte abfällig und schaute weg. Provoziert stand Sandra auf, sprang über seinen Kopf hinweg, machte aus Angeberei noch ein paar Saltos und landete kopfüber ein paar Meter vor seinem Gesicht, auf einer Hand. „Na was haben wir denn für ein Problem eure Hoheit? Hat es euch denn nicht gemundet? Oder bevorzugen eure Erhabenheit ein anderes Thema für einen gekünstelten Plausch nach dem Dinieren?“ „Reizend! Da wo ich herkomme, neigen wir nur nicht dazu unsere Haustiere zu essen. Geschweige denn unser Essen wie ein Haustier zu behandeln.“ Sandra schaute ihn böse an und wollte auch gerade etwas erwidern, als plötzlich Aarons Stimme aus dem Wald hallte: „Das tun wir auch nicht oder siehst du, dass wir Gray oder Kiara essen Faenwyn? Reina ist meine Fr...“, weiter kam er nicht, denn sobald sie ihn erblickt hatte, war sie aufgesprungen, zu ihm gerannt und hatte sich an seine Brust geschmiegt. „Wow, Rei. Da hat mich aber jemand vermisst!“, liebevoll grinsend schloss er sie in seine Arme. „Ich hab mir Sorgen gemacht, du warst so lange weg. Ich dachte schon dir wäre etwas zugestoßen!“ „Oh, das tut mir leid. Das wollte ich nicht. Wir haben uns nur so gut unterhalten und da muss ich wohl die Zeit aus den Augen verloren haben“, zärtlich küsste er ihren Kopf und streichelte ihr sanft über den Rücken. Als sie, an seiner Brust liegend, die Finger tief in seinem Pullover verkrallt, den Kopf hob und ihm mit tiefer Verzückung in die warmen, schimmernden, roten Augen schaute, konnte Aaron sich einfach nicht mehr zurückhalten. Es war ihm vollkommen egal das etliche Leute dabei waren, liebevoll strich er ihr über die Lippen und küsste sie. Reina spürte wie sie errötete, als ihre Lippen sich begegneten, wie sie langsam in seiner Dunkelheit versank. Es gab nur noch sie und ihn, sie spürte seinen Körper stärker als zuvor, nahm nur noch ihn mit ihren Sinnen war, als ständen sie allein mitten in einem warmen Sternenmeer. Sandra war so ziemlich sie einzige auf der Lichtung die sich noch von dem Anblick des Paares lösen konnte und so hörte sie Ronian, der ein Stück hinter Aaron stand seufzen: „Ich fürchte er hat nichts aus dem Unterricht gelernt. Vielleicht hätten wir ihn doch an irgendwas üben lassen sollen.“ „Ach was, dass kommt schon alles noch. Sie sind eben noch nicht so weit. Aber schau nur was für ein süßes Paar sie abgeben. Hach ja, so unschuldig verliebt wäre ich auch gern noch mal“, erklärte Tagiar mit einem sehnsüchtigen Blick. Faenwyn wurde es zu viel. Im Gegensatz zu den Meisten kannte er Aaron noch aus der Zeit bevor er ein Vampir geworden war. Er wusste wie alt er war und wie alt Reina war. Mit ansehen zu müssen wie dieses unschuldige, junge Mädchen, diese uralte, unter normalen Umständen schon längst vergammelte und von Würmern zerfressene Leiche küsste, war einfach zu viel für ihn. Es ekelte ihn so sehr an, dass sein Magen nicht mehr mitmachte. Seine Augen weiteten sich und er schaffte es grade noch mit vorgehaltener Hand hinter einen Baum, bevor er sein Abendbrot geräuschvoll wieder von sich gab. Der Zwerg hingegen nahm es viel gelassener, tätigte noch einen großen Schluck, aus einem an seinem Gürtel, neben seinem Streitkolben hängenden Aleschlauch, schaute sich uninteressiert um und fragte sich was bloß alle hatten. Nach einer Weile ließ Aaron von Reina ab, streichelte ihr noch einmal liebevoll über die Wange und flüsterte: „Nachher können wir das gern fortsetzen, aber jetzt sollten wir besser aufhören, sonst wird uns unser elfischer Freund da hinten noch den ganzen Wald mit seiner letzten Mahlzeit bedecken.“ „Huh? Was, wo? Ach da! Was hat er denn? Also an meiner Suppe kann es nicht liegen.“ Er konnte sich ein Kichern nicht verkneifen und erklärte: „Wohl eher nicht nein. Mach dir keine Gedanken, der wird schon wieder.“ Sandra hatte sich schon die ganze Zeit suchend umgeschaut und fragte nun, wo sich grad die Gelegenheit bot: „Sag mal wo hast du eigentlich Oscar gelassen, Brüderchen?“ „Äh“, er wusste nicht so recht wie er ihr beibringen sollte was passiert war. „Hast du ihn etwa wieder erschreckt?“ „Hm hm, kann man so sagen.“ „Na klasse, so wie der rennt ist er doch schon über alle Berge! Wer geht ihn jetzt suchen?“ „Also ich kann Rei ja nicht schon wieder allein lassen und außerdem ist es doch total schwachsinnig ihn zu suchen. Es ist eh dunkel, der fürchtet sich bald und kommt schneller zurück zum Lager als du gucken kannst.“ „Das stimmt wohl, aber ich wünschte es würde nicht so schrecklich unfreundlich klingen.“ Achselzuckend schnappte sie sich ihre Jacke und machte sich auf sie Suche, während Reina und Aaron sich ans Lagerfeuer setzten. Führsorglich schenkte Reina ihm eine Schale Suppe ein, die er innerhalb von Sekunden gelehrt hatte. „Krieg ich noch einen Nachschlag?“ „Klar, gern ich freu mich das es dir so gut schmeckt.“ „Ach was is doch kein Wunder so gut wie du kochst!“ „Von wegen“, ertönte eine äußerst unangenehme Stimme vor ihnen. Aaron schaute auf und erkannte Cindy, irgendwie hatte er das Bedürfnis es dem Elfen nachzumachen und sein Abendessen wieder von sich zu geben, „gut kochen! Das ich nicht lache, den Fraß bekommt man ja kaum runter. Das würde ich ja nicht einmal ner Kröte vorsetzen! Tja aber du bist so süß, du musst ja keinen Geschmacksinn haben, das würde auch erklären, dass du meine Schwester küssen kannst ohne zu kotzen! Na hättest du Lust? Nur wir zwei, eine kleine Nummer hinter dem Zelt da?“ Er wusste erst nicht was er sagen sollte, so viel Dreistigkeit hatte er in seinem wirklich langen Leben noch nicht erlebt. Gerade als er Worte gefunden hatte um sie ihr an den Kopf zu knallen, kam sie einen Schritt näher um das Angebot zu unterstreichen. Am liebsten wäre er wie Oscar weggelaufen, aber dann hätte er Reina mit dieser Irren allein lassen müssen. Noch einen Schritt machte Cindy auf das Paar zu und plötzlich ertönte ein lautes Knurren. Aaron schaute sich ganz verwundert um, denn er war es nicht der knurrte, Sandra und Oscar waren nicht da, Gray schaute ihn brav an und hechelte und Kiara fauchte leise, langsam viel sein Blick auf seine liebe, kleine, zärtliche Freundin. Reinas Augen waren verengt, fast zu Schlitzen. Wütend blitzte sie Cindy an und presste neben dem Knurren zwischen ihren Lippen hervor: „Lass deine vermaledeiten Griffel von ihm! Verstanden?“, sie zeigte auf ihn und erklärte stolz: „Meins!“ Cindy schaute sie nur dämlich an, mit Gegenwehr von ihr hatte sie nun wirklich nicht gerechnet, während Aaron, vor Glück breit grinsend, Reina stürmisch in den Arm nahm, ganz fest an sich presste, sie knuddelte und liebevoll küsste. Faenwyn, der sich gerade wieder gefangen hatte, schaute genau in dem Moment hinter dem Baum vor, sodass sein Magen sofort wieder streikte und er die Pflanzen noch ein wenig mehr mit Dünger bedeckte. Aaron, der Reina immer noch sanft im Arm hatte, verdrehte seufzend die Augen, dachte aber nicht daran zu dessen Gunsten auf sein Glück zu verzichten. Eine kleine Ewigkeit saßen sie so da, schauten ins Feuer und erfreuten sich an ihrer Zweisamkeit. Gray trug die eingeschlafene Kiara zu ihnen, legte sie auf Reinas Schoß und ließ sich dann selbst neben Aaron nieder, der den Blutwolf liebevoll kraulte. Cindy und die Sanktins waren sich baden gegangen und hätten sich die Lehrer nicht zu ihnen ans Lagerfeuer gesetzt, wären sie endlich mal wieder allein gewesen. Den lodernden Flammen zuschauend begann Reina, an Aarons Seite gekuschelt und mit seinem Arm um sich, eine Melodie zu summen. Er erkannte sie natürlich sofort und musste breit grinsen. „San Sebastian, von Sonata? Wie kommst du denn jetzt darauf?“ „Weiß nich, kam mir grad so in den Sinn. Das war das Lied was du gehört hast, als wir uns kennen gelernt haben, erinnerst du dich noch?“ „Klar wie könnte ich das vergessen?“, er grinste schelmisch und sagte, „Passt doch auch sehr gut. Du bist zwar erst siebzehn und nicht achtzehn aber ansonsten, umgehauen hast du mich auch!“ Errötend erklärte sie: „Du mich auch!“ „Ja, bevor sie sich jetzt wieder Küssen und Spitzohr hier kotzen geht“, bemerkte der Zwerg, „Sollten wir vielleicht lieber was trinken.“ „Erstens ist Rei minderjährig und zweitens das Zeug, was sie Trinken nennen ätzt uns die Leber weg. Also nein ganz sicher nicht!“ „Eine Schande, na ja mehr guter Ale für mich!“ „Ohne Zweifel! Komm Rei du musst müde sein. Immerhin bist du ja vorhin schon eingeschlafen.“ „Hm hm“, sie nahm sanft seine Hand. Er stand neben ihr und zog sie zärtlich auf die Beine, „Gehen wir schlafen oder kuscheln?“ „Hm, beides!“, Aaron grinste sie liebevoll an, nahm Reina dann auf den Arm und trug sie in Richtung seines Zeltes davon. „Warten sie, was denken sie bitte tun sie da?“, fragte Faenwyn. „Haben sie doch grad gehört! Erst kuscheln dann schlafen.“ „Ihnen ist schon klar das dies hier eine Art Schulausflug ist und wir es ganz sicher nicht zulassen werden, dass sie in einem Zelt schlafen?“ „WAAAAS?“, Reina und Aaron schauten ihn beide gleichermaßen geschockt an. „Das können sie mir doch nicht antun!“, erklärte sie, „Wie soll ich denn ohne ihn einschlafen?“ „Ach sie werden das schon schaffen! Schließlich haben sie auch geschlafen bevor sie ihn kennen gelernt haben oder?“ Aaron bedeckte liebevoll ihre Ohren und fauchte Faenwyn dann entgegen: „Scherzkeks und was soll ich machen? Ich habe nicht geschlafen bevor ich sie getroffen habe! Außerdem werd ich wahnsinnig vor Sorge wenn sie nicht bei mir ist! Dazu kommt dann noch, dass ich anfange wie ein Raubtier im Käfig rumzulaufen bis mein Lebensinhalt wieder bei mir ist!“ „Ach was, du hältst das schon aus! Du warst doch früher auch der große Beherrschte!“ „Faenwyn De´szenion Skaarl Tiriel, ich warne dich, wenn du mir das antust...dann...dann...rede ich nie wieder ein Wort mit dir!“ „Es dürfte zwar schwer werden, aber ich glaube damit kann ich leben!“, Aaron nahm seine Hände von ihren Ohren, „Sie schlafen ganz sicher nicht mir Mr. Strauß zusammen in einem Zelt! Uns allen wäre es natürlich am Liebsten, wenn sie bei ihrer Familie blieben, falls sie dies aber nicht wünschen, können sie sich auch mit Sandra Strauß eine Unterkunft teilen. Das ist mein Letztes Wort!“ Ärgerlich kehrten die Beiden zum Lagerfeuer zurück. Ließen sich fallen und schauten Tagiar hilfesuchend an. „Tut mir leid! Ich kann ihnen da auch nicht helfen. Wissen sie es gibt feste, gesetzliche Regelungen was das angeht.“ Zärtlich nahm Aaron seine Reina in den Arm unwillig sie jemals wieder los zu lassen. Sie verharrten so bis Sandra sich, mit dem immer noch komplett verängstigten Oscar an der Hand, durch die Büsche schlug. „Hei Sis, hast du unsere Antilope wiedergefunden?“ „Yepp“, sie grinste glücklich, „Hatte sich in einem Dachsbau verkrochen, solange bis der Eigentümer wieder nach Hause kam.“ „Ein Wunder, dass er da überhaupt reingepasst hat. Muss ja ein monströses Vieh gewesen sein.“ „Ach ja, irgendwie mutiert oder magisch oder so, etwa drei ein halb Meter klein. Eigentlich ganz putzig. Ich glaub es war ein Weibchen.“ „Hm? Wie kommst du darauf?“ „Es muss Oscar für eins seiner Jungen gehalten haben. Als ich ankam hat sie ihn in der Schnauze rumgetragen, abgeleckt und wollte ihn mit einem ein Meter großen Regenwurm füttern. Das sah so putzig aus. Ich wünschte ihr wärt dabei gewesen.“ „Wie hast du es geschafft ihn ihr abzunehmen? Dachse sind eher aggressiv was ihren Nachwuchs angeht.“ „Oh, ich hab ihr eins deiner Kuscheltiere dagelassen. Du weißt schon das zwei Meter Schweinchen mit dem süßen Ringelschwanz, schien ihr besser zu gefallen als Oscar. Ich hab ihm noch ein paar Stangen, einen Motor und einen Chip eingebaut. Es kann jetzt sogar laufen und fressen, damit war sie überglücklich.“ „Was du hast ihr Mr. Piggi dagelassen? Bist du komplett übergeschnappt? Du kannst doch nicht einfach eins meiner Kuscheltiere kidnappen und dann auch noch an einen Dachs verschenken!“, er lies traurig den Kopf hängen und seufzte, „Armer, armer Mr. Piggi! Er muss solche Angst haben! Wahrscheinlich hat das Monster ihn längst gefressen!“ „Möge er in Frieden ruhen!“, erklärte Sandra und warf demonstrativ ein paar Wildblumen, die sie gerade gepflückt hatte ins Feuer. Aaron wimmerte leise und fing an zu weinen, das konnte sich Reina einfach nicht mit anschauen und bemerkte: „Hör mal, alles wird gut! Ich hohl dir dein Kuscheltier zurück, zumindest wenn Sandra mir zeigt wo der Dachsbau ist.“ „Hm?“, er schaute hoffnungsvoll auf, seine tränenden Augen glitzerten sie an, „Das würdest du für mich tun? Du rettest mein Kuscheltier vor dem Tod?“ „Klar. Ich würde alles für dich tun! Wir kriegen Mr. Piggi schon wieder. Mach dir keine Sorgen.“ „Rei“, Aaron war ganz gerührt, liebevoll fiel er sie an, schnappte Reina und fing an sie durch zu knuddeln. „Hör mal“, warf Sandra sorgenvoll ein, „Es ist schon viel zu spät um in der Dunkelheit rum zu laufen, außerdem ist mit Mrs. Monsterdachs nicht zu spaßen. Die hat brandgefährliche Klauen und Zähne! Du kannst doch noch nicht einmal die einfachsten Angriffszauber, wie willst du die denn besiegen?“ „Weiß ich ehrlich gesagt noch nicht, aber irgendetwas fällt mir schon ein. Ich kann es einfach nicht mit ansehen wenn Aaron weint und das Einzige was ihn wieder glücklich macht ist sein Schweinchen, also zeigst du mir den Weg oder muss ich ihn alleine suchen?“ Seufzend erklärte Sandra: „Manchmal glaube ich verliebt sein hat einen schlechten Einfluss auf dich, vor allem in den. Na los hier entlang! Aaron pass gefälligst auf Oscar auf während wir weg sind!“ „Mach ich, sorg du dafür, dass meiner Rei nichts passiert!“ „Nein, Sandra lass mich nicht mit dem allein!“ „Warten sie wir kommen mit“, rief Tagiar. Er und Ronian eilten den Beiden hinterher. Sandra führte sie durch den dichten, dunklen Wald. Reina hatte keine Ahnung wie sie sich dort überhaupt zu recht fand. Um sie herum sahen alle Bäume gleich aus, eine Mischung aus Tannen und hochgewachsenen Laubbäumen, deren Wipfel so dicht waren, dass auf den unebenen, von Wurzeln durchzogenen Waldboden kaum ein Strahl Mondlicht fiel. Baum um Baum, Gestrüpp um Gestrüpp zog an ihnen vorbei, immer begleitet von einer tiefen Schwärze ,während sie durch den totenstillen Wald liefen. Nur das dumpfe Geräusch ihrer Schritte, gelegentlich das Knacken eines kleinen Astes waren zu hören, während sie tiefer und tiefer im die Dunkelheit hineinliefen, beobachtet von tausend Augenpaaren. Plötzlich zerriss ein Schrei die Stille und brachte alle Mitglieder der Gruppe dazu zusammen zu zucken. Eine Krähe war aus einem tiefhängenden Ast hervorgebrochen und mit einer lauten Beschwerde in die Nacht hinein verschwunden. Langsam gingen sie weiter, je tiefer sie in den Wald kamen, desto dunkler schien es zu werden. Bald konnte man kaum noch weiter als die zwei, drei Bäume vor einem sehen. Das Unterholz wurde zunehmend dicker, immer häufiger stolperte Reina über eine Wurzel oder blieb in einer Schlingpflanze hängen. Dann als sie die Mission, rettet Mr. Piggi gerade abbrechen wollte, blieb Sandra plötzlich stehen. „Ein wenig vor uns, ist eine kleine Lichtung, na ja klein ist Ansichtssache. Auf der steht in der Mitte eine große alte weiße Eiche und unter deren Wurzeln ist der Bau“, flüsterte sie vorsichtig, „Die Dächsin hat sich bestimmt mit dem Kuscheltier dorthin zurückgezogen, also irgendwelche Pläne?“ „Ich hab mir mittlerweile etwas einfallen lassen“, erklärte Reina noch leiser als Sandra zuvor, „Aber ich brauche ein paar Sachen und die Hilfe von euch allen! Ich hab mir das so gedacht...“ Reina erklärte ihnen ihren Plan. Als sie fertig war bemerkte Sandra leise: „ Wow das wird ihr gar nicht gefallen! Hast du auch ne Idee was wir dann mit einer stinksauren, zwei Meter großen Dächsin anstellen?“ „Ja, dafür brauch ich Mr. Tagiars Hilfe!“ „Ich hab das Gefühl als würde mir das gar nicht gefallen“, erklärte dieser seufzend. Wenig später betraten Sandra und Ronian, in einem aus altem Laub, mehreren Ästen, einigen Schlingpflanzen und Matsch zusammengezimmerten Dachskostüm die Lichtung. Sie waren insgesamt etwa zwei Meter groß und sollten ein Junges darstellen. Sandra steckte im vorderen Teil des Kostüms und kontrollierte Vorderbeine und Kopf während Ronian im hinteren Teil, Beine und Schwanz kontrollierte. Etwas unkoordiniert bewegten sie den trojanischen Dachs vorwärts und näherten sich der Höhle. Die erwachsene Dächsin machte jedoch keine Anstalten ihren Bau zu verlassen. „Na toll und was machen wir jetzt? Hei Hinterteil irgendwelche Ideen?“ „Vielleicht sollten sie, sie rufen? Könnte helfen ich mein ich hab keine Lust da ohne Ankündigung rein zu gehen!“ „Ach was und was für Geräusche macht ein Dachs Klugscheißer? Muh wird’s ja sicherlich nicht sein.“ „Äh keine Ahnung probiern sie doch einfach alles aus! Kreischen, Fauchen, Bellen, Knurren, Jaulen was weiß ich denn?“ „Na klasse! Sie sind echt eine große Hilfe! Als Werwolf sollte man doch wissen was die Tiere im Wald für Geräusche machen.“ „Ich glaub sie verwechseln da was. Wenn ich als Wolf die Gegend unsicher mache, ist der Mensch in mir ausgeschaltet. Ich hab daran keine Erinnerung! Also auch keine Ahnung was meine Beute für Geräusche macht, außerdem jag ich keine drei ein halb Meter Dachse!“ „Arrrrrrrrgh! Ich will ein intelligenteres Hinterteil, auf der Stelle!“ Tief in einem Streit versunken bemerkten sie nicht, dass sich ein Schatten über sie gelegt hatte. Erst als Sandra durch Zufall nach oben schaute entdeckte sie eine riesige, schnüffelnde Schnauze über sich. Von einem Moment zum Anderen war es totenstill, sowohl ihr als auch Ronian war das Herz in die Hose gerutscht. Als sich dieses riesige, mit sehr, sehr spitzen Zähnen versehene Maul dann öffnete, dachten beide es wäre um sie geschehen. Leise presste Sandra hervor: „Nein, ich will nicht! Ich hab Mann und Familie und außerdem bin ich zu alt und zu hübsch um in dem Magen eines Riesendachses zu sterben.“ Ronian konnte nur zustimmend nicken. Doch die Dächsin hatte etwas ganz anderes mit ihnen vor. Zärtlich nahm sie die Verkleidung im Genick und trug die beiden in ihren Bau. Reinas Plan ging auf. Nach einem etwa einminütigen Marsch, setzte sie den trojanischen Dachs neben dem hin- und herwandernden, in periodischen Abständen: „Ich liebe dich! Ich liebe dich!“, quiekenden Stoffschwein ab und ging tiefer in die erdige Höhle um nach Regenwürmern, für den Neuankömmling zu suchen. Nachdem die lauten Schritte, der riesigen Tatzen verschwunden waren, sprangen Sandra und Ronian aus dem Kostüm, versteckten es hinter einem Stein und gingen dann zu Mr. Piggi. „Gott was für ein riesiges Vieh!“ „Was meinen sie, den Dachs oder das Plüschtier meines Bruders?“ „Beide, halleluja. Wie sollen wir das Ding hier rauskriegen?“ „Tragen oder denken sie es läuft von allein? Von selbst rennt es immer nur im Kreis, auf mehr habe ich es nicht programmiert.“ „Wie sollen wir etwas so riesiges tragen?“ „Schrumpfen, so wie ihr Gehirn!“ Tatsächlich verkleinerte sie das Plüschschwein mit einem Zauber, sodass es nur noch fünf und dreißig Zentimeter groß war. „Tja und jetzt würd ich sagen wäre rennen eine gute Idee. Das Ding kann jederzeit zurück kommen.“ Sandra und Ronian bemerkten bald, dass das wesentlich leichter gesagt als getan war. Der Bau war riesig und unübersichtlich, noch dazu stockduster, zugig, voller Wurzeln und hatte etliche Ausgänge und Irrwege. Nach fünf Minuten wanderten sie immer noch ziellos in den Gängen umher. „Ach verdammt, an der Kreuzung waren wir schon mal!“ „Hm, ja dann müssen wir dahinten die andere Abbiegung nehmen, ist ja auch der einzige Weg den wir noch nicht ausprobiert haben Gerade als sie den Gang der an die Oberfläche führte erreicht hatten, hörten sie ein lautes Fauchen ganz nah hinter sich. Sandra wagte es nicht sich umzudrehen, das brauchte sie auch nicht, die starken Erschütterungen des Erdbodens und das laute Stampfen verrieten ihr, dass die wütende Dachsmutter nicht weit entfernt war. Panisch schnappte sie sich Ronian und rannte. Sandra konnte nur hoffen, dass Reina und Tagiar genug Zeit gehabt hatten, sich vorzubereiten. Stampfen hinter ihnen wurde lauter und lauter, das aggressive Fauchen kam immer näher und neben allem ertönte das stete Quieken eines kleinen Stoffschweinchens: „Ich liebe dich, Ich liiiiiiiiiiiebe dich!“ Vor Reina stand ein Nachbau, ähnlich dem Kostüm von Sandra und Ronian. Nur das dieser Dachs nicht hohl und nur einen Meter groß war. Tagiars Anweisungen folgend konzentrierte sie sich ganz auf die Puppe. „Tote Dinge zum Leben zu erwecken ist tatsächlich eine sehr fortgeschrittene und schwierige Magie die nur wenige beherrschen. Ich kann zwar die Grundzüge, aber allein wäre ich niemals in der Lage dieses riesige Ding zu transformieren, mir fehlt einfach das Mana. Es ist eine Sache einer Puppe für kurze Zeit Leben einzuhauchen, aber eine ganz Andere ein komplett unabhängiges und lebensfähiges Wesen zu schaffen.“ „Wie genau funktioniert das?“ „Nun alle Dinge bestehen aus den Elementen und aus Mana. Das Mana ist so zu sagen der Rohstoff, eine Quelle großer Macht, ein Stoff, nein eher eine Mischung aus Energie und Materie ohne jegliche Eigenschaften, die überall um uns herum und in uns existiert. Eine frei formbare Masse, für die Magier eigene Adern haben. Wir können dieser Masse jede Eigenschaft und Form geben die gerade benötigt wird und damit jedes Lebewesen und Daseinsform beeinflussen. Durch diese Vielfältigkeit gibt es auch die verschiedenen Magieschulen, auf Elementen und Verfahren basierend. Es gibt es mehrere Gebiete, die verschiedene Stufen beinhalten. Während ihrer Ausbildung werden sie, wenn sie das Talent dazu haben alle durchlaufen. Die erste Stufe die ihnen beigebracht wird beinhaltet Dinge zu erschaffen, zu lernen das Mana kontrolliert ein zu setzen. Also zum Beispiel einfache, einelementare Angriffszauber wie den Feuerball etc. Auf der zweiten Stufe lernt man mehrere Elemente miteinander zu verbinden, zweielementare Magie wie Blitzschläge. Insgesamt gibt es, wie man sich denken kann sechs Stufen in diesem ersten Gebiet, bis zu sechselementaren Zaubern. Das zweite Gebiet ist schon weitaus schwerer, ein mittlerer Teil der Schüler erreicht es nicht. Dort lernen sie in verschiedenen Stufen, die Elemente nicht neu zu erschaffen, sondern zu nutzen was sie in der Umgebung vorfinden, also so eine Art Elementarbeherrschung. Im letzten Gebiet dann das nur sehr, sehr wenige erreichen, bringt man ihnen bei, aus dem Leben um sie herum, gezielt Mana zu ziehen, bzw. die Elemente die sie umgeben so zu verändern, dass sie sich in einander umwandeln, eben bis hin zu Mana. Tatsächlich ist das, das was bei der Transformation toter Materie in Leben passiert. Diese Blätter und alles andere bestehen aus verschiedenen Mischungen der Elemente. Bildlich würde man es wohl verdeutlichen, so und so viel Prozent Erde, Wasser, Feuer, Luft, Licht und Dunkelheit. Was wir jetzt tun wollen ist diese Prozentmenge ändern, sodass aus dem Laub, Haut wird. Aus den Schlingen, Adern und aus dem Matsch, Fleisch. Natürlich reicht das allein nicht um ein lebendiges Wesen zu erschaffen, man muss auch in anderen Bereichen bewandert sein. Zum Beispiel muss man Zugang zum Reich der Geister haben, um der neu geschaffenen Kreatur auch eine Seele zu geben.Da sie bei weitem nicht das Wissen und die Erfahrung dazu haben, werde ich das tun, aber damit alles klappt muss ich mich voll konzentrieren und ich brauche einen Teil von ihrem Mana. Sie wissen wahrscheinlich noch nicht wie man Mana überträgt oder?“, er holte einen Moment tief Luft, während Reina den Kopf schüttelte, „Kein Problem, stellen sie sich einfach hinter mich und legen sie ihre Hand an meinen Rücken, über diese Verbindung nehme ich mir dann was ich brauche.“ Reina hatte aufmerksam und wissenshungrig zugehört. Tagiar hatte es ohne größere Probleme geschafft, sie neugierig zu machen. Im Vergleich zu dem eher sinnlosen Unterricht an ihrer alten Schule klang es so, als würde sie endlich mal etwas vernünftiges lernen können. Vorsichtig stellte sie sich hinter ihn und sah, wie er im Dunkeln einige Handbewegungen tätigte. Ein grasgrün leuchtender Beschwörungskreis tauchte unter ihnen auf. Er bestand aus mehreren, ungleich geteilten Ringen, die von einem floralen Muster durchdrungen waren. In den letzten beiden Ringen, die nur wenige Millimeter von einander entfernt waren, befanden sich winzige Runen, die zu tanzen schienen. Von den Blüten des Musters stiegen plötzlich Lichtbälle in verschiedenen Farben nach oben und zogen Reinas Aufmerksamkeit auf sich. Sie tanzten, ähnlich den Runen, wirbelten erst in anmutiger Hast umeinander, dann um die aufgebaute Puppe. Je länger sie da waren, desto mehr schien sich der Beschwörungskreis zu verändern. Nacheinander nahm jedes Segment die Färbung einer jeden Kugel an, vermischte sich mit einer anderen und behielt am Ende ein gleißendes Weiß. Als der ganze Kreis weiß gefärbt war, drangen die Kugeln in die Puppe ein und ein starkes Glühen blendete Reina. Tatsächlich stieg ein Licht von dem Kreis auf, gleißend hell, sich in der Dunkelheit wiegend, schimmernd. Als sie wieder zu der Puppe schauen konnte, hatte gerade die äußere Transformation eingesetzt. Langsam begannen die Blätter sich zu teilen, jedes einzelne Stückchen spaltete sich erneut, bis Millionen und aber Millionen Hautzellen entstanden waren. Einige Blätter blieben allerdings größer, die Stücke zogen sich immer mehr in die Länge und bildeten Haare, welche als Fell die neue Haut des Dachsjungen bedeckten. Alles geschah schneller als sie es begreifen konnte, als sie es fassen konnte und doch in einer Art unheimlicher Zeitlupe. Noch bevor sie sich versah und doch nach einer scheinbar langen Wartezeit stand der junge, ein Meter große Dachs vor ihnen und keine Sekunde zu früh, denn genau in dem Moment, brachen Sandra und Ronian rennend durch das Gestrüpp, eilten an ihnen vorbei und zogen die Beiden mit sich, hinter einen großen Felsen in trügerische Sicherheit. Der junge Dachs stand ganz allein und etwas verdutzt dreinschauend auf der Lichtung, als plötzlich die dreimal so große Dächsin wutschnaubend durch die Baumreihe brach. Zuerst lief sie an dem Baby vorbei, noch zu besorgt und wütend, als es aber vor Freude quietschte, schien sie das an Mr. Piggi zu erinnern. Mit einem Ruck drehte sie sich um und erblickte das Jungtier, welches sich freudig an ihr Vorderbein schmiegte. Mit einem Mal waren all ihre Sorgen, das Stoffschweinchen, diese komischen Wesen und das zweite verschwundene Jungtier vergessen. Glücklich schnappte sie sich das kleine magisch erzeugte Wesen und trug es in ihren Bau. „Na das ist ja gerade noch mal gut gegangen“, seufzte Sandra, „Aber beim nächsten Mal musst du dir echt einen anderen Dummen suchen, der das Vieh ablenkt.“ „Ich wüsste es sehr zu schätzen, wenn es kein nächstes Mal gäbe!“, erklärte Reina, „Man bin ich kaputt. Ich schätze das beste wäre es wenn wir jetzt zurückgehen würden.“ Zurück im Lager wurden sie schon sehnsüchtigst erwartet. Als sie den Wald verließen und Sandra dem Kuscheltier seine normale Größe wieder zurückgab war Aaron überglücklich. Abwechselnd sprang er erst das Stoffschwein und dann Reina an, wobei das Schwein bei weitem mehr Aufmerksamkeit und Streicheleinheiten bekam. „Mr. Piggi, oh mein Mr. Piggi! Du bist wieder da! Ich lass dich nie wieder aus den Augen! Was hat die gemeine Sandra dir bloß angetan? Du bist ja ganz schmutzig und voller Sabber! Oh jetzt kommst du erst mal in einen magischen Aufbewahrungsraum und da macht man dich dann sauber, massiert und kämmt dich, damit du dich von dem Schock erholen kannst.“ Das Kuscheltier gab nur wie immer ein fröhliches: „Ich liebe dich! Ich liebe dich!“, von sich. Woraufhin Aaron überglücklich erwiderte: „Ich liebe dich auch Mr. Piggi!“ Während er das Kuscheltier noch etwas betüttelte, schaute Reina schlechtgelaunt zu Sandra und bemerkte: „Wenn du das Schwein jemals wieder in die Hände kriegen solltest, tu ihm bitte etwas schlimmeres an, als es bloß einem führsorglichen Dachs zu geben!“ Diese konnte es sich das Lachen nicht verkneifen. Als sie sich beruhigt hatte fragte sie liebevoll: „Eifersüchtig?“ „Ja brennend! Gott wie ich dieses Schwein hasse! Ich meine, ich freue mich ja, dass er nicht mehr weint und wieder glücklich ist, aber ich hasse dieses verdammte Schwein!“, übelgelaunt trat sie gegen einen Stein, der weit flog und ausgerechnet den, mittlerweile schlafenden Zwerg am Kopf traf. Dieser spürte ihn nicht einmal, kratzte sich ein wenig und schlief dann unbeirrt weiter. Aaron bekam dies aus den Augenwinkeln mit, zauberte das Kuscheltier weg und kam hinüber. „Hei, warum attackierst du denn unsere Lehrer? Nicht das ich nicht einverstanden damit wäre, sag mir nur nächstes Mal vorher bescheid, dann mache ich mit!“ „Klar, als hättest du irgendein Interesse daran was ich mache. Dich interessieren doch eh nur die nicht vorhandenen mentalen Probleme dieses Kuscheltiers!“ Er legte fragend den Kopf schräg. Aaron hatte Reina noch nie so erlebt, sie war noch nie sauer auf ihn gewesen und er hatte nicht die geringste Ahnung was er falsch gemacht hatte. Sandra die sich mittlerweile neben Oscar ans Lagerfeuer gesetzt hatte seufzte leidend und erklärte ihm: „Rei ist sauer weil sie sich so eine Mühe gemacht hat Mr. Piggi zurück zu beschaffen und sie jetzt vollkommen abgemeldet ist bei dir.“ „Was? So ein Schwachsinn, als würde es nur einen Moment geben an dem du nicht das Wichtigste für mich bist!“, sanft kam er näher, streichelte liebevoll über ihre verschränkten Arme, über ihre Wange und nahm sie dann in den Arm. Reina versuchte hart zu bleiben, hatte aber angesichts seiner zärtlichen Berührungen keine Chance. Seufzend ergab sie sich seinen Versuchen, sie friedlich zu stimmen, lies sich in seine Arme sinken und umklammerte ihrerseits seine Taille. Ihren Kopf an seine Brust schmiegend nuschelte sie: „Schön das zu hören, aber das Gefühl hatte ich grade nicht.“ „Rei“, liebevoll hob er ihr Kinn, sodass sie ihm in die Augen schaute und sagte, „Natürlich bist du mir viel wichtiger als jedes Kuscheltier. Der Vergleich hinkt an allen Ecken und Enden, keine Plüschgefüllte Stoffhülle könnte dich jemals ersetzen und wenn du meine pelzigen Freunde nicht leiden kannst, werfe ich sie weg. Das wird mir sicherlich schwer fallen, aber ich will nicht, dass sie zwischen uns stehen!“ „Aaron“, sie war so gerührt, dass ihr Tränen in die Augen stiegen, „Das ist es auch nicht was ich will. Ich hab ja nicht wirklich etwas gegen deine Vorliebe für Kuscheltiere und irgendwie ist es ja auch ganz süß. Es wäre nur nett, wenn du das etwas zurückdrehen könntest“ Da kriegt man ja echt Komplexe! Ich meine ich war auf dieses verdammte Plüschschwein eifersüchtig!“ Er konnte sich ein Kichern nicht verkneifen und erklärte: „Wirklich? Dabei gibt es dafür gar keinen Grund! Mr. Piggi würde ich nie zum Knuddeln mit ins Bett nehmen, geschweige denn den ganzen Tag in meiner Nähe haben wollen, ist ja auch viel zu groß! Außerdem bin ich ihn nach einiger Zeit satt.“, verstohlen schaute er sich um, ob irgendwelche Lehrer zuschauten, die hatten sich jedoch alle schon hingelegt, „Dich hingegen“, liebevoll nahm er Reina auf seine Arme, trug sie in sein Zelt, legte sie dort vorsichtig in einen Schlafsack und bettete sich selbst ganz eng neben ihr. Sanft legte er seinen Arm um den Schlafsack und zog ihn ganz sanft an sich, sodass Reinas Hände, durch den Stoff getrennt an seiner Brust lagen, „Bin ich niemals satt und werde ich auch niemals satt sein. Ich brauche im Bett und auch ansonsten keine Kuscheltiere mehr, denen ich meine Liebe geben kann, ich hab ja jetzt dich!“, Aaron schaute ihr tief in die Augen, versank in diesem tiefen, leuchtenden Nachtblau wie in den Weiten des Universums, schmiegte sich ganz eng an sie, streichelte mit seiner Nase sanft ihre Wange und drückte liebevoll seine Stirn an ihre, „Ich liebe dich Reina, auf eine Art und Weise, die ich nicht in Worte fassen kann. Es gibt nichts und es wird auch niemals etwas geben was mir wichtiger wäre als du!“ „Aaron...“, sie flüsterte leise seinen Namen und ihre Augen waren wieder voller Tränen. Wie dumm sie sich vorkam in ihrer Eifersucht auf dieses Kuscheltier. Sanft schmiegte sie ihre Stirn gegen seine, legte ihre Hände an seine Wangen und hauchte: „Ich liebe dich auch!“ Reina schmiegte sich so eng an ihn wie es, mit dem Schlafsack zwischen ihnen irgends möglich war und ließ ihre Hände hinab zu seiner Brust wandern. Zärtlich hielt er sie in seinen Armen, streichelte liebevoll mit seinem Zeigefinger an ihrer Wirbelsäule auf und ab, während die andere Hand um ihre Taille ruhte. Nach einer Weile, in der sie langsam weggedämmert war spürte sie wie er zärtlich über ihr Gesicht streichelte und leise in ihr Ohr hauchte: „Schlaf schön mein Herz und träum süß. Du bist mein Leben!“ Eng an ihn geschmiegt, von seinem süßlichen, blumigen, leichten Duft umgeben, mit seinen liebevollen Worten im Ohr, sank Reina in die tiefe erholsame Dunkelheit des Schlafs, konnte vorher aber noch zärtlich zurück hauchen: „D...u mei..ns auc..h! Schla..f sch...ö... ...“ Mit Aaron an ihrer Seite erwachte sie nicht einmal als mitten in der Nacht ein unglaublicher Tumult ausbrach. Kapitel 8: Erinnerung --------------------- Autorenkommentar: Bei allen geneigten Lesern entschuldige ich mich schonmal im Vorraus für dieses Kapitel. Das es adult ist, besagt ja schon einiges, alle die trotz ihrer Volljährigkeit eher eine zerbrechliche/empfindlichere Seele haben, sollten den Absatz in dem Ronian über seine Verwandlung berichtet besser überspringen!!! ............................................................................................................................................ Ein hoher Schrei zerriss die Stille. Aaron der besorgt war, das Reina aufwachen könnte, nahm sie noch etwas fester in den Arm und bedeckte ihre Ohren. Einige Zeit blieb es still und gerade als er dachte, dass es wohl nur irgendein Tier gewesen war, kratzte es an der Zeltwand. Erschreckt schaute er auf und aktivierte all seine Sinne um festzustellen wer da war. Das hätte er sich allerdings auch sparen können, denn in dem Moment erklang Tagiars Stimme: „ Mr. Strauß können wir reinkommen?“ „Sie haben doch hoffentlich etwas an oder?“, setzte Ronian noch hinzu. Aaron wurde noch bleicher als er von Natur aus war, gehetzt schaute er sich um. Irgendwo musste er Reina doch verstecken können, leider war das Zelt nicht gerade großartig möbliert und Gray und Kiara, welche an der Seite schliefen, waren bei weitem nicht groß genug um seine Liebste zu verdecken. Panisch schaute er sich um, es musste doch eine Möglichkeit geben. Ihm viel nur eine Sache ein, leise bat er Reina um Verzeihung und kroch zu ihr in den Schlafsack. Gerade in dem Moment als er es geschafft hatte sie so hinter sich zu legen, dass man ihre Konturen nicht mehr sah und sie sich Rücken an Rücken befanden, betraten die beiden Lehrer das Zelt. „Hach, grauenvolle Nacht, fehlt nur noch das es gewittert“, erklärte Tagiar. „Was führt sie denn so spät noch zu mir?“, fragte Aaron. Er lag absolut verkrampft da, um ihnen keine Möglichkeit zu geben Reina zu entdecken. „Hm oh? Wir ersuchen bei ihnen um Asyl! Grauenvoll was einem hier alles passiert! Da sind wir mitten dabei, haben endlich mal wieder die Chance richtig Dampf abzulassen, da kommt plötzlich dieses Mädchen in unser Zelt und schreit wie am Spieß“, erklärte Ronian angesäuert, „ Diese komische Cindy Sanktin. Sie können sich ja vorstellen wie peinlich uns das war. Da lösen wir uns also auseinander und versuchen unsere Blöße zu bedecken und da fragt die doch glatt ob sie mitmachen kann?“ „Ich habe immer noch Angst!“, erklärte Tagiar zitternd, „Kannst du mich in den Arm nehmen?“ „Was? Natürlich Darling.“ Sanft ging Ronian zu Tagiar und kuschelte ein wenig mit ihm, kraulte ihn hinter den Ohren, am Hals und unterm Kinn. Langsam geriet das ganze außer Kontrolle. Sie küssten sich, fingen an sich zu liebkosen, zärtlich fasste Ronian unter Tagiars Hemd, streichelte dessen Brust und begann ihn auszuziehen. „Hei was wird das hier bitte? Keine Schweinereien in meinem Zelt!“ „Hm, vorhin wollten sie doch noch unbedingt etwas über Beziehungen zwischen Erwachsenen lernen, das ist jetzt ihre Chance. So keusch wie sie sind, werden sie dieses Wissen wahrscheinlich eh nie brauchen, aber nur für den Fall kann es ja nichts schaden, wenn sie schon mal ein paar Stellungen kennen“, erklärte Ronian achselzuckend. „Ja, ich meine nein! Ja vorhin wollte ich etwas wissen, aber wenn ich Nachhilfe bei dem Thema brauche wende ich mich lieber an Sandra, danke trotzdem und könnten sie jetzt bitte aufhören!“ „Hm wissen sie ich wundere mich schon die ganze Zeit warum sie so verkrampft da liegen? Sie müssen doch eh nicht schlafen oder? Lassen sie uns, uns doch noch ein wenig unterhalten. Ich finde es zum Beispiel sehr interessant, dass sie ohne Hemd schlafen. Was muss man eigentlich machen um so einen Körper zu bekommen? Oder ist das Standard bei der Verwandlung?“ „Äh“, Aaron wollte grade etwas erwidern, als Reina sich hinter ihm plötzlich drehte, sich an seinen Rücken schmiegte und die Arme um seine Brust schlang. Ihm wäre das Herz stehen geblieben, wenn das noch möglich gewesen wäre. Sie war so dicht bei ihm. Er spürte ihre Brüste, durch den Schlafanzug hindurch an seinem nackten Rücken, ihre sanfte Haut und ihren Körper an seinem. Aaron fühlte wie er Nasenbluten bekam. Ihm war klar, dass die Beiden es ganz genau zu deuten wüssten, besonders da der Schlafsack nicht so dick war, dass er seine Scham verborgen hätte. Sanft schmiegte Reina ihre Hände an seine Brust, sodass die Beiden sie sehen konnten. Tagiar konnte sich das Kichern kaum verkneifen während Ronian verschmitzt lächelnd bemerkte: „Vielleicht hab ich sie falsch eingeschätzt, so keusch scheinen sie gar nicht zu sein!“ Wieder wollte er grad zu einer Antwort ansetzen, als Reina sich noch enger an ihn kuschelte, ihren Kopf in seinen Haaren verbarg und zärtlich seinen Nacken küsste. Wie paralysiert lag er da, er hätte aus Metall gegossen sein können, so wenig bewegte Aaron sich. Leise flüsterte sie seinen Namen und spätestens da verlor er die Beherrschung. Wahnsinnig schnell löste er sich aus ihrer Umarmung, legte sie sanft auf den Rücken, beugte sich mit dem Oberkörper über sie und küsste zärtlich ihre Lippen. Am liebsten hätte er für immer so ausgeharrt, mit ihr im Arm da liegend, fast noch näher als sie sich davor waren. Nach einiger Zeit löste er sich wiederwillig von ihr, weil Ronian laut sagte: „Mr. Strauß darf ich sie daran erinnern, dass sie selbst sagten keine Schweinereien in ihrem Zelt?“ Heiser seufzte er und versuchte irgendwie seine Fassung oder zumindest seine Stimme wieder zu gewinnen und genau in dem Moment erwachte Reina. Etwas verschlafen blinzelte sie, schaute sich dann müde um und wunderte sich, dass Aaron nicht mehr da war, bis ihr auffiel, dass er halb auf ihr lag. „Aaron?“, er schaute ziemlich beschämt zu Boden, genau genommen auf eine Stelle unterhalb ihrer Schulter, „was genau geht hier ab?“ „Schau mich bitte nicht so vorwurfsvoll an! Du hast doch angefangen!“, kraftlos sackte er zusammen und kuschelte sich an ihre Seite. Beruhigend strich sie ihm eine Strähne aus dem Gesicht und nahm ihn in den Arm, sodass er in ihrer Armbeuge ruhte, „Eigentlich sind eh nur die da daran Schuld! Wären die mit Cindy in einem Zelt geblieben hätte ich gar nicht versuchen müssen dich zu verstecken und dann wäre ich auch nicht mit dir in einem Schlafsack gelandet!“ „Äh ja, muss ich das jetzt verstehen?“ „Was hast du überhaupt geträumt? So anschmiegsam hab ich dich noch nie erlebt und du hast auch noch nie meinen Namen im Schlaf geflüstert!“ „Wirklich nicht? Dabei träum ich jede Nacht von dir!“ „Den Traum kann ich mir vorstellen, wenn er ihn dazu bringt so die Kontrolle zu verlieren.“, erklärte Ronian. „Was? Nein, nein nein nein nein!“, Reina war hochrot angelaufen und schüttelte vehement den Kopf, „Nein wirklich nicht, also es war wirklich nicht so ein Traum!“ „Bist du mir böse?“, fragte Aaron immer noch an ihr zusammengerollt liegend. „Aaron“, Reina ließ ihn los, rutschte ein wenig in den Schlafsack, sodass sie auf Augenhöhe neben ihm lag, kuschelte sich sanft an ihn und flüsterte, „Ich kann dir doch gar nicht böse sein. Ist schon ok, wenn du die Kontrolle verlierst, niemand ist perfekt und ich glaub dir, dass du einen guten Grund hattest. Außerdem bin ich noch nie so angenehm geweckt worden, das könntest du öfter machen.“ „Träumst du wirklich von mir?“ „Klar, wie sollte ich denn sonst die Zeit ohne dich überstehen?“ „Hmmm das hört sich schön an!“, leise seufzte er, immer noch etwas erregt, „Du kannst gar nicht ermessen wie viel mir das und wie viel du mir bedeutest!“ „Doch ich glaube schon“, sie streichelte liebevoll über seine Wange, seinen Hals hinab, über seine Brust und stoppte etwa auf Bauchhöhe. „Tut mir Leid ich hab dich geweckt und dabei brauchst du deinen Schlaf. Gibt es irgendeine Möglichkeit, wie ich dich wieder zum Träumen bringen kann?“ „Ich hätte da eine Idee, da sie ja eh nicht hier sein dürfte, wie wäre es dann damit, dass sie zunächst erst mal aus ihrem Schlafsack verschwinden?“, bemerkte Ronian bissig. Aaron seufzte noch einmal und stand dann auf was Reina gar nicht gefiel. Sie hatte noch sie so nah an Aaron gelegen, ihn noch nie so nah gespürt und tatsächlich auch nicht die geringste Lust dieses Gefühl jemals wieder her zu geben. „Hm, es gäb da schon was, das du tun könntest.“ „Was? Sag es ruhig ich tue alles für dich!“ „Wirklich alles?“ „Ja!“ „Ich hab mich nie getraut zu fragen, aber wenn du mir schon einen Wunsch gewährst. Singst du mich in den Schlaf?“ „Singen? Ich? Wie kommst du denn darauf?“ „Na ja du bist die einzige Person, die alle Bands und Lieder mag die mir gefallen, also dachte ich...“ „Lass ihn mal singen er kennt wenigstens die Texte?“ „Hm hm...“ „Von welchen Liedern reden wir denn?“ „Hm, im Moment möchte ich was aufheiterndes, nicht zu lautes also wie wäre es mit ´forever is a long time´ oder ´runaway train´ von Avantasia?“ Aaron seufzte leise, schaute dann in diese tiefen, bettelnden blauen Augen, wickelte Reina noch ein wenig in den Schlafsack ein, nahm sie in den Arm, sich selbst legte er außerhalb des Schlafsacks neben sie und fing an zu singen. Sie konnte die Augen nicht von ihm lassen, zärtlich kuschelte sie sich an seine Brust, während sie von seiner sanften, wundervollen Stimme ins Reich der Träume getragen wurde. Der nächste Tag begann eher unangenehm. Reina schreckte viel zu früh, unsanft aus ihren Träumen, von dem Geräusch hunderter Hörner geweckt. Panisch schaute sie sich um. Tagiar und Ronian waren verschwunden, während Aaron noch immer sanft neben ihr schlief. Zärtlich betrachtete sie sein ruhendes Gesicht, streichelte liebevoll über seine Stirn, Wange und kuschelte sich dann an seine Seite, unter seinen Arm. Am liebsten wäre sie so liegen geblieben, doch in dem Moment kam der zwergische Lehrer hinein, und bließ noch einmal in das Marterinstrument. Sie spürte wie die Erde unter ihr erbebte und hatte das Gefühl von dem Ton komplett durchgeschüttelt zu werden. Wackelig und halb taub kam sie auf die Beine, während Aaron in aller Seelenruhe weiterschlief. „AUFWACHEN!“, rief der Zwerg ihm entgegen, kam näher, hielt ihm das Horn ans Ohr und produzierte noch einen Ton. Reina war klar das sie Aaron nicht helfen konnte und so schnappte sie sich Gray und Kiara und brachte sie in Sicherheit. Vor dem Zelt traf sie auf Sandra und Oscar die sich verschlafen die Augen rieben und versuchten wieder etwas zu hören. „Morgen Rei! Man die übertreiben es echt! Wirklich als würden wir nicht anders wach zu kriegen sein! Gott wie spät, nein früh ist es eigentlich?“ „Etwa fünf!, erklärte Oscar gähnend, „Guten Morgen auch von mir, wo is eigentlich unser Bruder?“ „Kriegt ne spezielle Einladung“, ein weiterer Hornstoß folgte. „Gott wenn der das Ding nicht bald weglegt, kann er es demnächst mit einer anderen Körperöffnung bedienen!“, meckerte Sandra. „Ja gib ihm eine für mich mit“, erklärte Oscar, „Wirklich eine Frechheit! Ich brauch doch meinen Schönheitsschlaf!“ Gray, den Reina immer noch auf dem Arm hatte bellte zustimmend. Oscar bekam fast einen Anfall, schaute auf den Wolf, überlegte sich einige Zeit was er tun sollte und ließ dann den Kopf hängen: „Ich bin einfach zu müde um wegzulaufen, also los Wolf wenn du mich fressen willst nur zu!“ Ronian der gerade hinter ihm lang gegangen war bemerkte: „Hm, sie sind nich ganz mein Fall, aber ich überlegs mir. Danke für das Angebot!“ „Waaaaah! Nein sie meinte ich nicht...bleiben sie mir bloß fern!“ „Zu schade! Ich hatte gerade angefangen die Vorstellung zu mögen. Na ja kann man nichts machen! Falls sie es sich doch anders überlegen wissen sie wo sie mich finden. In dem Fall würde Tagiar aber natürlich auch was abbekommen. Hm, fehlt hier nicht einer?“ In dem Moment hörten sie ein lautes Fluchen. Alle Blicke richteten sich auf Aarons Zelt. Erneut zerriss ein lauter Schrei die Finsternis, gepaart mit dem Geräusch von sich biegendem Metall. Etwas verwirrt über den Lärm kam Tagiar hinüber, gerade als der Zwerg mit einer hohen Geschwindigkeit aus dem Zelt flog, an ihnen vorbei zischte und in der Dunkelheit des Waldes verschwand. Alle spitzten die Ohren, nach etwa drei Minuten erklang ein dumpfer Aufprall. „Der Zwerg ist gelandet!“, erklärte Sandra, „Wir haben einen neuen Weltrekord und Aaron ist Weltmeister! Ob Zwergenweitwurf wohl mal olympisch wird?“ „Ich denke eher nicht“, seufzte Oscar, „Zu wehrhafte Munition.“ „Ach was! Das ist doch erst die Herausforderung!“, bemerkte Aaron, während er, sich den Pullover wieder anziehend, aus dem Zelt kam, „Am Einfachsten ist es wenn man ihm seine Tröte vorher, wie eine Schleife um den Hals bindet.“ Reina lief ihm entgegen und blieb direkt vor ihm stehen. Gut gelaunt flötete sie lächelnd: „Guten Mooooooooooooooooorgen!“ „Wow, Morgen! Na da is aber jemand gut gelaunt“, er konnte es sich nicht verkeifen ihr Lächeln zärtlich zu erwidern, „Wie kommt das denn, nach dem unsanften Wecken?“ „Weiß nich, wenn ich früh neben dir aufwache kann der Tag ja nur gut werden!“ „Hm, kann man das noch steigern? Was wenn ich dich morgens küsse?“ „Kannst es ja mal ausprobieren!“ Liebevoll fasste er sie an den Armen, schloss seine Augen und kam ihr langsam näher. Reina hielt ihm Kiara, die immer noch auf ihrem Arm war, während Gray es sich zu ihren Füßen bequem gemacht hatte, hin. Die kleine Luchsdame machte große Augen und leckte ihm lieb übers Gesicht, als er nah genug war. Erschreckt sprang Aaron einen halben Meter zurück und schaute die Kleine fassungslos an. Reina konnte sich bei dem Anblick das Lachen nicht länger verkneifen und stimmte mit in Sandra und Oscars Gelächter ein. Sie war ausgeschlafen, energiegeladen und aller bester Laune. Verdutzt kratze sich Aaron am Kopf und entschied sich dann dafür mit zu lachen. „Klasse!“, konnte Sandra zwischen den Lachsalven hervorpressen, „Na komm Rei, wir gehen uns waschen.“ Während Aaron und Oscar zu ihren Lehrern gingen und beim Frühstück machen halfen, begaben Sandra und Reina sich auf dem verschlungenen Pfad, zwischen den riesigen dunklen Bäumen hindurch, auf den Weg zur nahegelegenen Quelle. Gegen sechs Uhr waren alle zum Essen ums Lagerfeuer versammelt. Hoffnungsvoll schaute Aaron auf den Topf, wenn man schon so unsanft geweckt wurde, war ein vernünftiges Frühstück wenigstens ein kleiner Trost. Der Zwerg, den man mittlerweile aus dem Felsen, indem er am Ende seiner Flugbahn steckten geblieben war, befreit hatte, ging zum Topf, hob den Deckel an und füllte alle Schüsseln mit Reis. Entgeistert starrte Aaron auf das was man ihm da hinhielt. „Was ist das?“ „Ihr Essen, was sonst“, knurrte der Zwerg schlecht gelaunt, „Obwohl sie nach dem Schlag vorhin wirklich nichts verdient hätten!“ „Mein Essen, Reis, pur? Von ausgewogener Ernährung halten sie wohl nicht viel oder? Man ich bin kein Vegetarier! Wie wäre es mit Fleisch!“ „Tut uns leid“, erklärte Tagiar, der nebenbei eine riesige Wildschweinkeule auf seinen Teller packte, „Aber zum Beginn ihrer Ausbildung ist es erst einmal wichtig, dass ihr Körper von allen Schadstoffen gereinigt wird. Daher ist es Tradition, die neuen Schüler auf eine Reisdiät zu setzen.“ „Reisdiät? Das ist ja grauenvoll! Gibt es wenigstens Gewürze?“, fragte Aaron abwesend, während er den Blick nicht vom Essen seines Lehrers wenden konnte. Ronian hatte grade ein riesiges Stück aus seiner Keule herausgerissen und war dabei es genüsslich zu zerkauen. Aaron lief das Wasser im Mund zusammen, am liebsten wäre er über das Feuer hinweg gesprungen und hätte ihm das Fleisch abgejagt. „Ja sie können soviel Salz haben wie sie wollen!“ Tagiar warf Aaron einen Beutel mit Salz zu. Wiederwillig streute dieser einen Teil des Inhalts über seine Mahlzeit, schaute wirklich angepisst und gab ihn dann an Reina weiter. Sie nahm den Beutel dankbar entgegen und leerte ihn etwa zur Hälfte. Woraufhin sie alle entgeistert anstarrten. „Was? Sie sagten doch soviel wie wir wollen!“ „Rei, da ist mehr Salz als Reis in der Schüssel!“, erklärte Aaron mit einem sorgenvollen Blick, „Du hast hoffentlich nicht vor das noch zu essen oder?“ „Doch, warum denn nicht? Ich hätte das Salz auch ohne den Reis gegessen!“, sie grinste schelmisch zurück, „Ich maaaaaaaaaaaag Salz!“ „Ech, ich kann mir nicht vorstellen, dass das gesund ist.“ „Macht nichts ich hab ja nicht vor ewig zu leben.“ Bei diesen Worten verfiel Aaron in eine Schockstarre. Ein panischer Ausdruck trat auf sein Gesicht und unabsichtlich zerdrückte er seine Schüssel, sodass der Reismatsch sich auf seinen Händen verteilte. Reina schaute ihn besorgt an und fragte: „Ha...hab ich irgendwas falsches gesagt? Ich meinte das nicht so, also es ist nicht so, dass ich mich irgendwie nach dem Tod sehnen würde. Das war doch bloß ein Sprichwort, hei hörst du mir überhaupt zu? Aaron?“, sie wedelte ein wenig mit ihrer Hand vor seinen Augen, ohne Erfolg. Faenwyn schnaubte ungläubig und erklärte: „ In manchen Sprichwörtern steckt mehr Wahrheit als man auf den ersten Blick erkennen kann. Denn dafür, dass sie sich nicht nach dem Tod sehnen haben sie einen interessanten Geschmack bei der Partnerwahl immerhin verlangt es schon einiges an Todessehnsucht um mit einem...“ „Halt den Mund Kotzi!“, wütete Sandra, „Komm Rei, wir gehen da hinten weiter essen.“ Die völlig verwirrte Reina, ließ sich von Sandra in Richtung ihres Zeltes bugsieren, während Oscar Aaron, in seiner Starre an der Schulter packte und hinter sich herschleifte. Die Lehrer blieben allein mit den restlichen Sanktins in bedrückender Stille am Lagerfeuer sitzen. Nach einer Weile, die er gebraucht hatte um das Geschehene zu erfassen, fragte der Elf, mit einem so bedrohlichen Blick, „Wie hat sie mich gerade genannt?“, dass keiner ihm antworten wollte. Als schließlich alle fertig waren, die Zelte abgebaut und das Lagerfeuer gelöscht war, dämmerte es gerade. „So“, begann Tagiar, „Jetzt ist es an der Zeit mit dem Unterricht zu beginnen! Für den Anfang teilen wir uns in kleine Gruppen auf, jeder Schüler sucht sich einen Lehrer! Einer müsste übrigbleiben.“ Aaron, der nicht die geringste Lust hatte sich von Reina zu trennen, nahm sie ganz fest in den Arm und trippelte dann in Richtung Chimäre. Während Sandra ruhig zu Ronian ging, begab sich Cindy neben Faenwyn und warf ihm eindeutig zweideutige Blicke und Kusshände zu. Oscar der allein vor allen stand schaute sich panisch um und sah den Zwerg stampfenden Schrittes auf sich zu kommen. „Klasse dann krieg ich den Großen! Hab´s eh mehr mit Leuten die einstecken können. Diese Weicheier, die sonst herkommen und sich Magier schimpfen, fallen ja schon nach einem Keulenschlag um! Aber du bist da anders nicht wahr, Muskelpaket?“, brüderlich klopfte er dem völlig entsetzten und am ganzen Körper zitternden Oscar aufs Knie. „Hilfe, Hilfe!“, presste er zwischen seinen bebenden Lippen leise hervor, „Hilfe...“ Reina konnte sich das nicht mit anschauen und obwohl sie auch genauso wenig Aaron hergeben wollte sagte sie ruhig: „Alles wird gut Oscar, du kannst mit mir mitkommen, wenn wir keine andere Lösung finden!“ „Was? Kommt gar nicht in Frage! Oscar kann so ein wenig Schocktherapie nicht schaden! Ich geb dich ganz sicher nie wieder her!“ „Nun Mr. Strauß, darüber habe ja genaugenommen ich zu entscheiden“, erklärte Tagiar, „Und mir wäre es tatsächlich lieber, wenn sie und Ms. Sanktin nicht beide bei mir sind! Sie würden sie ja doch nur vom Lernen abhalten!“ Aaron zog beleidigt eine Schnute und vergrub sein Gesicht dann in Reinas Haaren. „Und was machen wir jetzt?“ „Oscar?“, fragte Reina vorsichtig. Es ertönte nur ein leises Wimmern, „Mit wem möchtest du denn gehen? Vor wem hast du denn keine Angst?“ Der ängstliche Riese schaute sich panisch in der Gegend um. Da war der große gefährliche Werwolf, die fies aussehende Chimäre, der gemein gefährliche Elf und dieser laute, trampelnde, aggressive und sturzbetrunkene Zwerg. Ängstlich wich er mehrere Schritte zurück und versuchte sich hinter Sandra zu verstecken, was bei dem Größen- und Staturverhältnis einfach nicht gelingen konnte. „Äh gut vor wem hast du denn am wenigsten Angst?“ Er überlegte noch eine Weile und zeigte dann auf Tagiar. „Hm sehr gut dann kommen sie mit uns! Tja dann sind wir vollzählig jetzt können sich die restlichen um die Verteilung schlagen!“ Sandra und Aaron schauten sich fragend an. Cindy hingegen machte ihrem Lehrer weiterhin schöne Augen und versuchte ihn mit aufreizenden Gesten für sich zu gewinnen. Irgendwie hatte Faenwyn das Gefühl, dass er sich gleich wieder übergeben müsste. Vorsichtshalber schaute er sich daher nach einem Baum um während er erklärte: „Also die da nehm ich ganz sicher nicht mit!“ „Schau nich so Sis! Ich kann nicht mit ihm gehen! Ich habe geschworen nie wieder ein Wort mit ihm zu sprechen! Das macht ihn nicht gerade zur geeigneten Lehrerwahl!“ Leise seufzend erklärte Sandra: „Gut dann geh ich halt mit Kotzi! Aber dann will ich Kia und Gray als Geleitschutz!“ Bei der unangebrachten Betitelung verengten sich die Augen des Elfen zu Schlitzen. Sein Blick war so stechend, dass er fast die Bäume hinter ihnen gefällt hätte. „Na gut, aber pass gut auf sie auf“, bemerkte Reina, „Gray hätte ich ja eh nicht mitnehmen können, wenn Oscar dabei ist.“ „Tja dann bleibt nur noch zu klären wer“, Faenwyn zeigte mir einigem Ekel auf Cindy, „Sie nimmt!“ Ronian und der Zwerg tauschten viel sagende Blicke. Keiner wollte sich das antun. „Mr. Strauß sie wollen doch bestimmt mit mir gehen, nicht wahr?“, fragte der Werwolf, „Dann könnten wir uns gleichzeitig noch unterhalten...“ „Vergiss es, die hohle Nuss lädst du nicht bei mir ab!“ „Wie können sie es wagen meine geliebte, intelligente Tochter eine hohle Nuss zu nennen?“, schrie Reinas Stiefvater und stürmte aggressiv auf den Zwerg los. Dieser wartete bis der klobige Gegner nah genug war, zog dann seinen Streitkolben, trat dem Menschen gegens Schienenbein und schlug die Waffe in sein Gemächt, sodass dieser unter grunzen zu Boden sackte. „Noch jemand das Bedürfnis zu argumentieren?“ „Gn...äh besser nicht der Name bringt Chaos...äh siehs doch mal so du kannst sie dir wenigstens intelligent saufen!“ „Nein, sicher nich...soviel Ale gibt’s auf der ganzen Welt nicht!“ „Na gut, dass ich das entscheiden kann“, erklärte Aaron, „Und mit jemandem der mich so unsanft weckt geh ich sicher nicht mit!“ „Was und mich, die wichtigste Person hier fragt niemand mit wem ich mit will?“, meckerte Cindy. Bei der Antwort waren sich alle einig, selbst Kiara und Gray stimmten in das laut gebrüllte: „NEIN!!“, mit ein. Nach längeren Diskussionen brachen dann endlich alle Gruppen in verschiedene Richtungen auf. Stundenlang wanderten Tagiar, Reina und Oscar durch den dichten Wald, wobei sie es vermieden noch einmal in die Nähe des Dachsbaus zu kommen. Eine Ewigkeit wanderten sie über die hohen Wurzeln, den sanften grasbedeckten Boden, vorbei an riesigen Bäumen, einigen verirrten Felsbrocken und dem ein oder anderen kleineren Fluss. Gerade als die Sonne am Höchsten am Himmel stand und Reina langsam glaubte, sie würden niemals irgendwo ankommen, hieß sie Tagiar anzuhalten. „Wir sind gleich am Ziel, zumindest am Ersten für heute. Wie ich schon erklärt habe dient diese Reise dazu sie auf die erste Stufe des ersten Magiegebietes zu bringen. Dafür müssen sie nun zunächst lernen das Mana in ihnen zu spüren und zu kanalisieren. Jeder Lehrer hat eine andere Methode den Schülern dies beizubringen…Ich setze auf die gute alte, bewehrte Meditation.“ „Och nöö…“, murrte Oscar, „Ich weiß ich hatte heute zu wenig Schlaf, aber muss das sein?“ „Sie sollen ja auch nicht schlafen“, knurrte Tagiar, „ Ich warne sie, wenn sie das nicht ernst nehmen wird ich wirklich zum Tier!“ Oscar schluckte ängstlich, versuchte ein Lächeln aufzusetzen und erklärte: „Natürlich nehm ich das ernst, was soll ich machen, wie lange und wo?“ „Nun dann kommen sie beide mal mit“, eine lockere Handbewegung folgte, mit der er einige Äste und kleinere Sträucher zur Seite schob, sodass Reina und Oscar die Lichtung erkennen konnten. Eine große, lichtüberflutete, grasbedeckte Fläche tat sich vor ihnen auf. In mitten dieser Lichtung befand sich ein großer Wasserfall, der in einen Fluss mündete, einige Rehe schauten verschreckt auf, als die Gruppe durch die Wildblumen, in Richtung Gewässer durchschritten. „Dies ist sozusagen ihr Quell der Erleuchtung! Sie werden sich dort auf die Steine setzen, sodass sie das Wasser umspült, so kann man am besten den Kopf frei kriegen.“ „Und wie lange müssen wir da bleiben?“, fragte Oscar ängstlich, „Ich krieg doch so schnell eine Erkältung und für Rei ist es sicher auch nicht sonderlich gesund.“ „Sie bleiben so lange da, wie sie brauchen um ihr Mana zu spüren! Und je mehr sie diskutieren, desto länger lass ich sie im Nassen sitzen!“ Den Blutwolf an ihrer Seite und die kleine Lüchsin auf dem Arm, folgte Sandra Faenwyn nur wiederwillig durch den dunklen Wald. Auch sie wanderten ewig und erst nach Stunden blieb auch der Elf endlich stehen. „Nun ich schätze ich muss ihnen nichts mehr beibringen“, erklärte er übelgelaunt, „Wer weiß wie uralt sie schon sind…die Farce muss ich mir nicht antun!“ „Wie unhöflich! Also erstens bin ich nicht uralt und zweitens ist mir die Situation genauso wenig recht wie ihnen und ja sie haben recht ich bin bei weitem besser ausgebildet als sie!“ „Tatsächlich? Nun dann würde ich ihnen vorschlagen, dass sie den Weg zum Nachtlager allein zurücklegen, dann brauch ich sie wenigstens nicht mehr riechen!“ „Mir solls recht sein!“ „Na ja da wir grad alleine sind“, erklärte Ronian entspannt, während er neben Aaron herlief, „Ist jetzt die ideale Gelegenheit für sie, mich zu fragen, was sie schon immer fragen wollten.“ „Ähm ok! Also immer wenn ich Rei…näher komme, na ja…das ist etwas peinlich. Also die Situation…erregt mich schon sehr…“, er wurde knallrot und schaffte es kaum unter Ronians fragendem Blick weiter zu sprechen, „Verstehen sie?“ „Sie kriegen ´nen Ständer.“ Aaron errötete noch stärker und nickte schamhaft: „Für mich ist das alles neu…ich hab noch nie zuvor jemanden begehrt…gibt es vielleicht eine Möglichkeit das einzustellen?“ „Einstellen?“, schnaubte Ronian lachend, „Sie lieben und begehren sie! Das ist ganz normal, so soll es sein und sie wollen das abstellen?“ „Wir sind beide noch nicht bereit dafür, einander so viel näher zu kommen und ich kann sie nicht einmal in den Arm nehmen, weil ich Angst haben muss, dass das Ding sie erschlägt!“ „Nun ja normalerweise würde ich ihnen empfehlen einfach über sie herzufallen, dann gibt er erst mal Ruhe…in diesem erschwerten Fall, empfiehlt Doktor Ronian eine sportlichere Therapie…Masturbation!“ „Waaaaas? Sie meinen ich soll mir…“ „Selbst einen runterholen, die Wiener bohnern, wixen etc. Nehmen sie nicht nur die Rechte, sonst kriegen sie noch einen Tennisarm, das ist dann auffällig und sie sollten es nicht tun wenn Reina in der Nähe ist.“ „So etwas werde ich ganz sicher nicht tun!“ „Tja ist ja ihre Sache. Ich dachte nur sie würden ihren Druck loswerden wollen…“ „Ja aber nicht so…gibt es keine andere Möglichkeit?“ „Wie schon erwähnt über Reina herfallen, sollten sie das nicht wollen, dann eben über eine andere Frau ihrer Wahl…das dürfte ihrer Freundin allerdings nicht sonderlich gefallen. Sollten sie es sich anders überlegen, ich kann ihnen gute Tipps geben, was die Selbstbefriedigung angeht…“ „Äh nein danke…ich hab so das Gefühl, dass diese Unterhaltung aus dem Ruder läuft…so viele Informationen die ich nicht wollte…“ „Hei keine Vorwürfe! Sie haben gefragt, ich kann ja nichts dafür, dass ihnen die Antwort nicht gefällt.“ Aaron seufzte leise und nickte, „Stimmt…vielleicht bin ich einfach nicht der Richtige für sie…Ich bin so unerfahren was diese Dinge angeht, so verklemmt…wie soll ich da in der Lage sein es schön für sie zu machen.“ „Ach jetzt reden sie doch nicht so einen Stuss! Die Kleine vergöttert sie, dass sie in diesen Sachen unerfahren sind, heißt doch nicht, dass sie ihr nichts bieten können! Tagiar und ich hatten zum Beispiel auch keine Erfahrung in solchen Sachen als wir uns verliebt haben. Einander zu entdecken und diese Dinge zu erfahren gehört zu einer Beziehung dazu…es verleiht dem Ganzen Würze. Sie werden ganz genau wissen was zu tun ist, wenn es einmal soweit ist…das ist ganz natürlich, Instinkt. Wenn es dann beim ersten Mal nicht ganz perfekt klappt, macht das doch nichts…im Gegenteil. Wie langweilig wäre denn das Zusammenleben wenn schon am Beginn alles perfekt ist…kein Raum mehr für Experimentieren, für Steigerung, dafür einander noch besser kennen zu lernen?“ „Wie haben sie und Tagiar sich eigentlich kennen gelernt?“ „Oh das ist eine lange Geschichte…“ „Wir haben Zeit!“ „Stimmt wohl…nun gut ich war vierzehn oder fünfzehn und bin in einer relativ behüteten Familie aufgewachsen, da kam ein Waisenkind in meine Schule. Das Waisenhaus war gleich bei uns um die Ecke, also kein sonderlich ungewöhnlicher Vorfall…wenn auch das Kind allem gewöhnlichem wiedersprach. Tagiar war schon damals eine Chimäre, gezeichnet von einem schiefgelaufenem Experiment hatten seine Eltern ihn damals ausgesetzt…das belastet ihn bis heute schwer. Nun ja, er war häufig allein und zuerst wollte ich auch nichts mit ihm zu tun haben, obwohl ich mich schon immer von ihm angezogen fühlte, solange bis zu jener Vollmondnacht. Ich erinnere mich noch ganz genau…es war Sommer, angenehm warm, keine Vögel waren mehr zu hören, das Gras wogte leise in einer leichten Brise und über mir prangten hunderte Sterne am Firmament. Meine Eltern haben mir immer verboten bei Vollmond das Haus zu verlassen…hätte ich nur auf sie gehört. Damals ich war mittlerweile achtzehn, handelte es sich um eine dumme Mutprobe um einem Mädchen zu imponieren. Ein Mitschüler hatte gewettet das ich mich nicht trauen würde, die Nacht auf dem alten Wolfshügel zu verbringen jung und dumm wie ich war dachte ich mir nichts dabei, war ich doch schon hunderte Male dort gewesen…doch ich sollte erfahren, dass er nicht umsonst so hieß. Die Werwölfe waren nicht ausgestorben, sie hatten diesen Ort nie verlassen…bei Tag versteckten sie sich nur, doch in dieser Nacht waren sie zum Jagen herausgekommen. Noch bevor ich die Spitze erklommen hatte, hörte ich sie…sah ich ihre gelben Augen, die aus den mich umgebenen Gebüschen hervorstachen, wie Lichtpfeile die Dunkelheit teilten. Naiv wie ich war, glaubte ich tatsächlich noch fliehen zu können, darauf hatten sie gewartet, so gefällt es ihnen am Besten, wenn sie die Beute hetzen können…schneller und schneller rannte ich den steilen Hügel hinab, fiel ab und an hin, rollte, sprang auf und wetzte weiter. Doch ich spürte, dass sie nah waren, sehr nah...immer öfter hörte ich ihren Atem hinter mir, spürte wie ihre Kiefer nach mir schnappten…ins Leere trafen und erneut zum Angriff ansetzten...“, an dieser Stelle musste Ronian kurz verschnaufen, die Erinnerung nahm ihn zusehends mit, „Ich wusste schnell, dass ich nicht würde entkommen können…das es keine Hoffnung gab. Jung wie ich war, wollte ich aber wenigstens kämpfend sterben, am Fuße des Hügels angekommen schnappte ich mir daher einen dicken Ast, nicht so gut wie ein Schwert und wie ich heute weiß vollkommen nutzlos gegen Werwölfe, aber damals…meine Handlungen müssen das Rudel sehr verwundert haben, denn sie hielten…zwar umzingelten sie mich und kreisten weiterhin, aber sie griffen nicht an. Sie formten wohl einen Ring, denn wenig später trat der Leitwolf auf den Plan, stellte sich auf zwei Beinen vor mich, daran erinnere ich mich noch heute ganz genau, so tödlich und doch so imposant, das lange bräunlich rote Fell, diese Muskeln. Nun es schien mir als würde er mich zum Kampf fordern, also hielt ich meine gewählte Waffe fest bereit und wartete auf den Angriff. Tatsächlich holte der Wolf aus und versuchte mir mit seiner Pranke eine zu verpassen, ich konnte allerdings geschickt darunter hinweg tauchen, rannte soweit es ging vor und schlug den Ast mit voller Wucht gegen seine Brust. Natürlich zersplitterte das Holz unter meinen Händen in tausende Stücke. Ängstlich versuchte ich weg zu kommen, wenigstens noch zu fliehen, die Werwölfe im Kreis hatte ich ganz vergessen…erst als ich wieder vor ihnen stand wurde mir klar, dass es keinen Ausweg gab. Ich spüre noch heute den einen wuchtigen Hieb, der meinen Rücken traf, mein Hemd zerfetzte, meine Haut zerriss und mich zu Boden warf…“, Ronian konnte einfach nicht mehr weitersprechen, zu lebendig war die Erinnerung war der Schmerz. Tränen traten aus seinen Augen und rannen seine Wangen hinab. „Alles in Ordnung? Sie müssen nicht weiter reden. Ich weiß, dass es schrecklich ist, so etwas zu erinnern. Ich selbst ertrage die Momente meiner Verwandlung nicht noch einmal, selbst wenn ich nur daran denke ist es zu viel…“ „Es ist nicht nur die Verwandlung…haben sie sich jemals gefragt woher die Vorstellung kommt, das Werwölfe bevorzugt Jungfrauen jagen?“ „Nein ehrlich gesagt nicht…ist deren Fleisch weicher oder riechen die besser oder so?“ „Nein…die meisten gefährlichen, unbeherrschten oder wahnsinnigen Werwölfe befriedigen nicht nur ihren Jagdtrieb an ihrer Beute…leider ist ihnen dabei das Geschlecht des Opfers vollkommen egal…“ Erinnerungen überschwemmten ihn, wie er hilflos am Boden gelegen hatte. Er hatte gedacht jetzt müsse er sterben, doch der erwartete Schmerz, vom Schlag einer Krallen besetzten Tatze blieb aus. Stattdessen fühlte er wie die Wölfe unter erregtem Jaulen näher kamen, wie das Leittier ihm mit einem einzigen Schlag die Hose zerfetzte. Ängstlich versuchte er erneut zu fliehen, versuchte auf die Beine zu kommen um zu rennen, doch sein Peiniger warf sich auf ihn, sodass er unter dem schweren Körper eingeklemmt war. Mit aller Kraft krallte er seine Hände in den Rasen, versuchte sich wegzuziehen, fand jedoch keinen Halt, seine Finger gruben die Erde um, verletzten sich an Steinen, während der Wolf sich an ihm rieb. Er schwitzte vor Angst mehr und mehr, spürte das Flucht aussichtslos Ronian kämpfte verbissen, obwohl er wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihm war klar was unausweichlich kommen musste, was ihm passieren sollte. Er wollte es nicht, er wollte weg in Sicherheit. Doch all das würde ihn nicht retten und ihm kam kein rettender Einfall mehr. Sein Peiniger war mittlerweile bereit, mit einem Wink seines Kopfes wies er sein Rudel an, zu verfahren wie immer und stieg von seinem Opfer herab. Ronian der nicht verstand und glaubte seine Chance zur Flucht wäre gekommen, stürmte davon, auf den Rest des Rudels zu. Die Wölfe überwältigten ihn schnell, peinlich darauf bedacht ihn nicht ohnmächtig werden zu lassen. Mit Gewalt hielten sie ihn auf allen vieren, sorgten dafür, dass er so da stand, das ihr Anführer gut zum Zuge kommen konnte, jeder von ihnen, würde in dieser Nacht etwas abbekommen um seine Gelüste zu stillen. Als die scharfen Reiszähne des Werwolfes in seine Haut drangen, sein Fleisch zerrissen und den brennenden Fluch auf ihn übertrugen, konnte er zum ersten Mal an diesem Abend schreien. In diesem Schrei steckte all der Schmerz, der ihm zugefügt worden war. Verwundet lag er auf dem Boden, spürte wie das Tier sich über ihn beugte, wie es noch einmal zu beißen wollte, noch mehr Fleisch aus ihm herausreißen wollte. Doch noch bevor es dazu kam, fegte ein Feuersturm über das Gebiet, erfasste viele Werwölfe und wenn er sie auch nicht tötete so trieb er sie doch zumindest in die Flucht. Schwach schaute Ronian auf, in einer Pfütze seines eigenen Blutes liegend. Aus der Dunkelheit kam eilig eine komplett schwarze, pelzige Gestalt auf ihn zu, ängstlich, mit dem Verdacht ein weiterer Werwolf würde erscheinen, rollte sich Ronian schluchzend zusammen und verbarg sein Gesicht. Er nahm aus dem Augenwinkel war, wie die Gestalt ihren Mantel auszog, zärtlich um ihn legte und den zitternden Ronian sanft in seine Arme nahm. „Es ist gut, es ist gut… es ist vorbei. Ganz ruhig du bist in Sicherheit“, flüsterte Tagiar beruhigend während er ihm zart über den Kopf streichelte. „Er hat mich damals gerettet…als…die Werwölfe mit mir…fertig…waren.“ Aaron, der den ganzen Vorgang, alle Erinnerungen in Ronians Gedanken mit verfolgt hatte wusste kaum was er sagen sollte. Ihm war in dem Moment ziemlich schlecht, „Es…tut…mir Leid. Hätte ich gewusst, dass da so eine Geschichte hinter steckt, hätte ich nicht gefragt.“ „Nein das hätten sie wohl nicht…aber es hat alles sein Gutes! Meine Eltern haben mich danach verachtet und vor die Tür gesetzt, weil ich ein Werwolf geworden bin, mit all den Verletzungen hätte ich wohl nicht überlebt, wenn Tagiar mich nicht bei sich zu Hause aufgenommen und gepflegt hätte. So habe ich wenigstens den Mann meines Lebens kennengelernt…“ „Es wundert mich, dass sie mit ihm zusammen sein können. Er muss sie doch an das erinnern was passiert ist?“ „Hm, nein nicht wirklich. Er war und ist mein Retter, durch die Verwandlung zum Werwolf habe ich magische Fähigkeiten bekommen und er hat mir gezeigt, wie man sie einsetzt. Er war immer der bessere Schüler…Er hat mich gepflegt, wir freundeten uns währen dessen an und blieben auch danach noch Freunde. Ich blieb bei ihm, na ja und wir sind uns nach und nach näher gekommen. Bei ihm habe ich mich zum ersten Mal wieder sicher und geborgen gefühlt. Man kann wohl sagen, dass er mich in mehr als einer Hinsicht gerettet hat. Er hat mir gezeigt was Liebe ist und das Leidenschaft nicht so sein muss wie das was ich am Fuße dieses Hügels erlebt habe, sondern, dass Partner aufeinander eingehen können, einander gut tun können…“ Seit mehreren Stunden saß Reina auf einem glatten, feuchten, kalten Stein unter dem strömenden Wasser. Wie Tagiar es gefordert hatte, versuchte sie an nichts zu denken, in sich zu gehen, ein Gespür für ihren eigenen Körper zu entwickeln. Zu meditieren viel ihr schwer, Aaron schwirrte die ganze Zeit in ihren Gedanken herum…wie es ihm wohl ging? Ob Ronian auch nicht zu grob mit ihm war? Hoffentlich war ihm nichts zugestoßen! Die Reis Diät hatte ihn schwer mitgenommen, er liebte Süßigkeiten und Fleisch so sehr“, seufzend schlug sie die Augen auf und schaute sich ein wenig um. Tagiar stand noch immer am Fuße des Wasserfalls und schaute kritisch zu seinen Schülern hinauf, während Oscar neben ihr stocksteif da saß. Hätte Reina nicht sein leises rhythmisches Schnarchen gehört, hätte sie wahrscheinlich auch geglaubt, dass er tief in seiner Meditation versunken war. Sich selbst zwingend, schloss sie ihre Augen erneut und versuchte abermals Aaron zu vertreiben. Reina begann mehr und mehr dem Geräusch des Wasserfalls zu lauschen, spürte das Wasser über ihren Körper laufen, wie ihre kalten, tauben Glieder bei dem Aufschlag jedes einzelnen Tropfens zusammenzuckten, als ob sie sich mit einer Nadel gestochen hätte. Je länger sie sich konzentrierte, desto stärker verschwand die Umgebung, überlagerten sich die Geräusche bis zur Auslöschung. Jeder Tropfen jeder Schlag erschien vor ihrem geistigen Auge, eine helle blaue Flüssigkeit…die wenn sie auf ihren Körper traf, durch den Wiederstand ab-, aufprallte und eingesogen wurde. Flüssigkeit, die ihr Körper aufnahm, durch sich hindurch schleuste. Reina spürte die Adern, konnte sie anhand des Verlaufs der Tropfen, in ihrem Körper sehen, fühlte wie noch etwas anderes hindurch pumpte, etwas das ähnlich, gleich und ganz anders war, als die Energie der Flüssigkeit. War das das Mana von dem Tagiar ihr erzählt hatte? War das die Energie, die einerseits Nichts und andererseits Alles war? Fragend schaute sie auf. Es war als würde sie die Welt plötzlich ganz anders wahrnehmen. Nicht die normalen Farben, in denen die Lichtung vorher erstrahlt hatte erkannte sie. Ihre Augen erfassten nun, da sie wirklich endgültig zu ihrer Magie erwacht war und diese in sich entdeckt hatte, das Mana der Wesen und Pflanzen, alles schien so viel lebhafte. Reina war wie ein Blinder, der zum ersten Mal wirklich sah, all diese intensiven Farben blendeten sie, diese unendliche Schönheit, dieser Tanz von Energie, Mana fesselte sie einerseits, andererseits bereitete er ihr Kopfschmerzen, überforderte sie. So viele neue Eindrücke auf einmal, so ein Chaos. Ihr liefen Tränen über die Wangen, Reina war absolut verzweifelt, sie wusste nicht wie sie damit umgehen sollte, sie spürte ihre Überforderung, wie ihr Geist langsam aber sicher in einer Ohnmacht versank, wollte aber trotzdem um jeden Preis wach bleiben, um diese Schönheit nie wieder aus den Augen zu verlieren. Mehr und mehr steigerte sich der Tanz des Mana wurde immer wilder, an mehr und mehr stellen vermischte es sich, trennte sich, verschwand und entstand wieder neu, so als wolle es sie begrüßen, als gäbe es eine Balletaufführung zu ihren Ehren. Grade als die Show ihren Höhepunkt erreicht hatte und Reina glaubte, sie müsste Wahnsinnig werden, flachten die Farben langsam wieder ab, zog sich das Mana zurück. Tagiar stand immer noch am Fuße des Wasserfalls und schaute lächelnd zu ihr hoch. „Sehr gut Reina! Du scheinst ein Talent dafür zu haben die Elemente zu beeinflussen. Die Übung hat ihren Sinn erfüllt, du kannst da runter kommen.“ Oscar der bei dem Klang dieser Worte erwachte, wollte gerade aufstehen und ihr folgen, als er den stechenden Blick Tagiars bemerkte. „Sie bleiben da oben! Glauben sie bloß nicht ich wüsste nicht, dass sie geschlafen haben.“ „Aber…aber, hier ist es kalt und nass und hinter mir ist eine große dunkle Höhle. Ich hab Angst! Bitte, bitte lassen sie mich auch gehen. Ich wollte doch gar nicht schlafen, das war eine Schock starre!“ „Ja ja und meine Großmutter ist ein Drache!“ „Na sehen sie, die hätte auch ein Herz und würde mich gehen lassen.“ „Bitte Mr. Tagiar“, bemerkte Reina mit aufgesetztem Reh blick, „Er hat wirklich Angst! Ich kann mich nicht auf den weiteren Unterricht konzentrieren, solange ich merke, dass er leidet.“ „In Ordnung, in Ordnung…schon gut, los kommen sie da runter! Verdammter trauriger Hundeblick…der erinnert mich immer an Ronian! Nun gut gehen wir zum nächsten Übungsschritt über. Da sie ja jetzt das Mana in sich spüren können, werden sie es mit ein wenig Übung auch gezielt so aus sich heraus senden und umwandeln können, dass sie Materie, zum Beispiel Elemente erschaffen. Wir werden erst mal herausfinden, wie sich die Energie der jeweiligen Elemente anfühlt. Hierzu ist noch zu bemerken, dass der Begriff Mana einmal für die eigenschaftslose Energie in ihnen und für die elementare, also schon geprägte Energie benutzt wird, könnte alles etwas unübersichtlich werden, wenn sie Fragen haben, einfach stellen!“ Der Nachmittag verging, während sie weiter marschierend und immer mal hier und da anhielten, um die eine oder andere Manaquelle ab zu tasten. Meistens redete Tagiar und erklärte Einzelheiten oder er demonstrierte magische Angriffe und ließ sie üben. Reina genoss den Unterricht, mal richtig etwas lernen zu können, etwas erklärt zu bekommen, allerdings starb ihre gute Laune als sie Cindys quäkende Stimme durch die dichtstehenden Bäume, die nur wenig Sonne durch ließen, rufen hörte: „FEUERBALL!“ Interessiert, driftete ihr Lehrer in die Richtung ab und zog die nicht gerade erfreuten Schüler durch ein grobes Gebüsch hindurch, mit auf eine Lichtung. Dort grüßte er den auf einem Stein liegenden und stark betrunken wirkenden Zwerg. „Na, wie läuft ´s?“ „Komm´gan´ drau´ an was ´u mei´st!“, ertönte eine betrunkene Stimme zurück, „Der…Met lä´f´ gut! An…an…anzo…´“, er resignierte vor dem schweren, langen Wort, „ Mist!“ „Äh wow, wie viel hast du denn getrunken? Ich hab noch nie einen Zwerg gesehen, der wirklich blau war…wie viel Alkohol braucht man wohl dafür?“ „Vi´l! Bin su hun´ert p´osentigem ü´er…ge..gang´n! Woahhhh, hü´sche Faben, ich will no ne Runde ka…ussel!“ „Hier ist nirgends ein Karussell, du liegst auf einem Stein!“ „Hmmm, Stein…Lecker!“, betrunken wie er war, griff der Zwerg zu dem Felsbrocken auf dem er lag, brach eine vorstehende Ecke ab, schob sie sich in den Mund und begann genüsslich zu kauen. „Na Mahlzeit!“ „Das ist normal“, bemerkte Oscar, „Ich bin auch immer hungrig wenn ich Alkohol trinke.“ „Na hoffentlich essen sie keine Steine! Dürfte wohl reichlich ungesund für ihren Magen sein.“ „Warum sollte ich Steine essen? Das wär doch eine Beleidigung für die Kochkünste meiner Mutter!“ „Äh ich will ja euer Gespräch nicht stören, aber ich glaube er hat wirklich ein Problem!“, erklärte Reina auf den zwergischen Lehrer zeigend und tatsächlich, als Tagiar ihrem Wink folgte, sah er, dass sein Kollege solch einen Heißhunger gehabt haben musste, dass der Stein schon lange verschwunden war und dieser mittlerweile damit beschäftigt war, die Erde darunter zu verzehren. Bei genauerem Betrachten, bemerkte er, dass man den Zwerg bereits nicht mehr sehen konnte sondern nur noch ein großes mehrere Meter tiefes Loch im Boden klaffte. „Es wäre gut wenn sie ein Seil oder einen langen Ast suchen würden! Allein kommt der da nicht mehr raus.“ In dem Moment hatte auch Cindy die Ankömmlinge bemerkt. „Hei du Gesichtseimer!“, sagte sei zu Reina, während sie auf Tagiar zu scharwenzelte, „Mein Lehrer ist ja so zu frieden mit meinen Leistungen, dass er mich alleine üben lässt. Ständig sagt er wie gut ich das mache…wie begabt ich bin! A ha ha ha ha ha, davon hast du natürlich keine Ahnung, du kannst ja gar nichts! Außer einem ehrenvollen, treuherzigen, hingebungsvollem und liebenswürdigem Mädchen seinen Freund weg zu nehmen!“ Im Hintergrund hörte Reina wie der Zwerg sich aufgrund dieser Worte lauthals Übergeben musste und dann lallte: „He, ´s da wer? Hol´ misch hier raus! ´s is zo dun´el un´ me´n Al…ohol ´s alle! Ah..was zu ezze´!“ Tagiar stöhnte laut und rief: „Nein verdammt, das ist ein Ast! Halt dich daran fest, wir ziehen dich hoch!“ „Ich habe dir Niemanden weg genommen!“, erklärte Reina ruhig, zum ersten Mal fühlte sie sich Cindy nicht unterlegen. Aaron wollte sie und nicht ihre verdorbene Schwester. Keine Drogen und keine Beliebtheitswünsche würden ihn in ihre Arme treiben, „Aaron liebt mich und ich liebe ihn, mehr als alles Andere! Er will dich nicht und er wird dich auch niemals wollen! Er ist nicht so oberflächlich wie du! Früher hatte ich Angst vor dir, hab dich manchmal auch wirklich gehasst, aber wenn ich ehrlich bin und heute in mich gucke, spüre ich nur noch Mitleid. Du tust mir Leid, dass du so ein leeres sinnloses Leben führen musst, dass du mich in magischen- und wissensdingen niemals wirst schlagen können, dass muss ein wirklich hartes Schicksal für eine ältere Schwester sein!“ „Was soll denn hier bitte oberflächlich heißen? DU riesen Schlampe wagst es mich zu beleidigen? Na warte!“, tosend vor Wut kam sie mit geballten Fäusten auf Reina zu, doch noch bevor sie sie erreichte trat Oscar mutig dazwischen und bemerkte: „Wer hier die Schlampe ist, ist ja wohl eindeutig und Rei ist es ganz sicher nicht! Also verschwinde du Dorf- oder Stadtmatratze! Mein Bruder hat ganz sicher kein Interesse an dir, für ihn zählen die inneren Werte eines Menschen und der Charakter. Du hast weder das Eine noch das Andere, also lass meine Familie in Ruhe!“ Stocksauer stand Cindy vor dem riesigen, eigentlich ängstlichen Vampir. Da sie ihn in dem Moment weder an körperlicher- noch an mentaler Größe übertraf, fiel ihr nur eine Lösung ein. Sie versuchte umzusetzen was Zwerg ihr nicht hatte beibringen können. Wütend schrie sie erneut, sehr sehr laut: „FEUERBALL!“ und hielt die Hände in Erwartung des Geschoßes vor ihren Brustkorb. Reina die Angst um ihren gefühlsmäßigen großen Bruder hatte, wollte ihn eigentlich aus dem Weg ziehen, was aber misslang. Ängstlich blickte sie auf die Hände ihrer Schwester. Lange Zeit geschah nichts, bis irgendwann ein kleines weißes Leuchten auftauchte, welches sich zu einem unförmigen Klumpen ausdehnte. Der Zwerg, der mittlerweile wieder etwas nüchterner, aus der Grube befreit war und den rettenden Ast verspeisend auf einem anderen Felsen saß rief laut: „Was zur Hölle soll das denn bitte sein? Verdamm´ nochmal ich sa´te sie solln einen Feuerball beschwören! Welchen Teil hat ihr Spazenhirn nicht verstanden? Feuer oder Ball? Nochma zum mitschreiben, ei´ Ball hat keine Ecken und Feuer is rot nich weiß! Zumindest meistns!“ Cindy durch die Beleidigungen angestachelt, schmiss den Klumpen gegen Oscar. Da sie Windmana eingesetzt hatte, löste der Angriff aber keinen Schaden aus, ganz im Gegenteil, der Windstoß kam gar nicht erst bis ans Ziel, sondern brach schon einige Meter vor ihm ab. Oscar schaute sich nur ein wenig suchend um und fragte dann: „Hat da grad irgendwas gepustet?“ Durch den ersten Misserfolg nun noch wütender schrie Cindy: „FEUERPFEIL!!!“ Bei diesem Versuch erschien tatsächlich ein rotes Leuchten, zwischen ihren, einen Bogen nachahmenden Händen, allerdings blieb es bei einer Größe von wenigen Zentimetern. „Mein Gott bei Khortas Bart! Verdamm´ noch mal! Isch bin sturz besoffn und selbs´ich erkenn´, dass das kein Pfeil is…das is ein Feuerzahnstochr! Wie nuzlos, so was untalentierts hab ich mei´ Leben lang noch nich gesehen!“ Diesesmal rastete Cindy wirklich aus. Das Feuer konnte in fähigen Händen ein Element der Wärme und Geborgenheit sein, des Mutes, der Rechtschaffenheit und der Kraft. In Cindys unqualifizierten Händen wurde es in diesem Moment eine Waffe der Wut und des Hasses. So aufgebracht war sie, so abnormal war diese Situation in ihren Augen, dass durch ihre negativen Gefühle die Magie immens verstärkt wurde. Der Feuerzahnstocher explodierte regelrecht und wurde zu einem gewaltigen Feuerstrahl, der auf Reina und Oscar, welcher sich mittlerweile umgedreht hatte zu kam. Er war nicht mehr in der Lage zu reagieren, als er die Magie spürte, blieb ihm gerade noch genug Zeit einen Schild um sich und Reina zu legen, damit ihnen nichts passierte. Wie gerne hätte er den Angriff gekontert, dieser aufgeblasenen Kakerlake mal so richtig eine reingedrückt. Sie spürte den schützenden Zauber nicht und im Gegenteil zu Oscar, sah sie den Strahl auf sie zukommen. Tagiar hatte Reina absichtlich solche Zauber nicht beigebracht. So harmlos sie wirkten, genau in so einer Szene, bei einem Kontrollverlust war es eben genau diese einfache Magie, die die meiste Zerstörung anrichtete. Trotzdem hatte sie eine Ahnung, nachdem sie die Beschwörung gesehen hatte, wie dieser Angriff aufgebaut war. Reina nahm Fühlung mit den Manabahnen in sich auf, dass Training hatte wirklich Früchte getragen, im Gegensatz zu ihrer Schwester, musste sie sich nicht auf die Macht der Worte verlassen. Ruhig hob sie ihre Hände zum Gegenangriff, leitete das Mana konzentriert in ihre Hände, sammelte es, ganz knapp oberhalb ihrer Handflächen an. Gerade als der Feuerstrahl nur noch wenige Meter entfernt war, stieß sie ihre Hände nach vorne und wandelte dabei das eigenschaftslose Mana in Wassermana um. Oscar fiel vor Schreck fast aus allen Wolken, als plötzlich ein starker Strahl Wassers an seiner Schulter vorbei schoss. Reinas gut vorbereiteter und stabiler magischer Angriff traf auf Cindys wackeligen Feuerstrahl. Das Feuer hatte keine Chance, auch wenn es viel weiter ausgedehnt war als das Wasser, so war es doch viel unreiner, in Cindys Angriff steckte nicht nur Feuermana, und damit auch viel zerbrechlicher. Wie ein Schwert durchstieß die klare, kalte Flüssigkeit den Strahl, löschte ihn von innen, kämpfte sich immer weiter vor, bis der gegnerische Angriff schließlich komplett zusammenbrach, die Feuerschale brach, das Wasser strömte weiter, auf Cindy zu, riss sie mit, schleuderte sie in die Luft und trug sie irgendwo über den Wald davon. Der Angriff hatte schon lange Reinas Hände verlassen und entzog sich damit ihrer Kontrolle. Staunend schaute sie hinauf, zum mittlerweile mit dunklen Wolken verhangenen Himmel, selbst noch ganz überrascht von der Magie, die sie da grad entfesselt hatte. Allen anderen waren genauso Baff, nur der Zwerg lallte fröhlich: „Na bitte, ge´t doc´! So muz Ma…gie auzsehen!“ Eigentlich hatte Reina nach dieser Aktion eine Standpauke ihres Lehrers erwartet, doch das musste aufgeschoben werden. Die Sturmwolken am Himmel ließen nichts Gutes vermuten, daher wurde es zum Ziel so schnell wie möglich das geplante Nachtlager zu erreichen. Sie wären wahrscheinlich auch im Trockenen angekommen, wenn sie nicht noch Cindy hätten suchen und den betrunkenen Zwerg hätten mitschleifen müssen. So kamen sie Stunden zu spät, vollkommen durchnässt und bis auf die Knochen durchgefroren unter Blitzen und Donnern an. Oscar und Reina verabschiedeten sich von der Gruppe und verschwanden schnell in Sandra und Aarons Zelt, daran, dass dies eigentlich nicht erlaubt war, dachte in dem Moment niemand. Der Zwerg schaffte es gerade noch irgendwie zu dem deutlich nicht erfreuten Elfen ins Zelt zu wanken. Tagiar schliff Cindy hinter sich her zum Zelt ihrer Eltern und machte sich dann selbst zu Ronian auf. Im Zelt brannte noch Licht und als er den Reisverschluss öffnete und eintrat, sprang Ronian ihn bereits an, klammerte sich eng an ihn und seufzte mit vor Angst bebender Stimme: „Ach Liebling, ich habe mir solche Sorgen gemacht! Wo warst du denn? Ihr hättet schon vor Stunden hier sein sollen. Wirklich ich bin fast an die Deck…“, er stoppte einen Moment, schnüffelte und erklärte dann Tagiar zärtlich küssend, „Schatz, nimm ´s mir nicht übel, aber du riechst nach nassem Hund und betrunkenem Zwerg!“ Tagiar seufzte leidend und erklärte: „Na bitte, da weißt du ja, weshalb ich zu spät bin!“ „Oh, das tut mir leid! Da hattest du aber wirklich einen anstrengenden Tag! Was hältst du davon, wenn wir uns jetzt zusammen waschen gehen und ich dich danach massiere, hmmmmm?“ „Klingt traumhaft! Also worauf warten wir?“, fragte Tagiar während Ronian sanft anfing an seinem Körper herum zu streicheln. „Ich hab mich für die Reihenfolge noch nicht so ganz entschieden. Wär doch traurig, wenn wir jetzt baden und in einer halben Stunde wieder ganz verschwitzt sind…“ „Mhhhh, gut dann schieben wir das Baden noch auf, solange dich der Geruch dabei nicht beeinträchtigt!“ „Oh mach dir da mal keine Sorgen…“ Kapitel 9: Die Goblins und der Drache ------------------------------------- Oscar betrat als erstes das Zelt und ließ Reina im strömenden Regen stehen. Erstaunt bemerkte er, dass niemand da war, nur ein gefalteter Zettel mit seinem Namen drauf lag auf einem Schlafsack. Vorsichtig hob er den Brief hoch und las, in Sandras feiner, verschnörkelter Handschrift geschrieben: „Sind jagen, komm nach! Lass Rei bei R&T!“ „Was ist?“, fragte Reina die ihm ins Zelt nachgefolgt war, „Wo sind denn alle?“ Kiara wachte bei dem Klang der Stimme ihres Frauchens auf und kam, sich in den ganzen Decken verheddernd und ein paar Mal fallend angelaufen. Fröhlich hob Reina die kleine Lüchsin hoch und streichelte sie, „Hei meine Süße, hast du auf mich gewartet ja? Oh, du gähnst ja, da hat wohl jemand schon geschlafen.“ „Äh, die Anderen mussten nochmal weg…sie haben die Reisdiät nicht mehr ausgehalten und was anderes gegessen und müssen deshalb heute Nacht eine Strafexpedition durch den Wald unternehmen, um das ab zu bauen...ich geh ihnen mal lieber hinterher um mich zu vergewissern, dass es ihnen gut geht.“ „Ganz allein? Bei dem Gewitter und in der Dunkelheit?“ „Brrrr, erinnere mich bitte nicht auch noch dran!“ „Ich will mitkommen! Bitte ich möchte auch wissen wie es ihnen geht!“ „Nein das geht nicht!“, die Antwort war so vehement und schnell gekommen, dass Reina misstrauisch die Augenbraue hochzog, „Du bist doch jetzt schon ganz durchnässt und frierst! Zieh dir lieber was bequemes, trockenes an und leg dich schon mal hin. Du brauchst auch nicht auf uns zu warten, könnte spät werden!“ Mit einem letzten Blick auf Reina verließ er das Zelt und verschwand in der Dunkelheit. Sie blieb allein mit Kiara zurück. Es war dunkel und totenstill, man hörte nur das Geräusch des Regens der unablässig auf die Wände prasselte. Ab und an blitzte und donnerte es, diese lauten Geräusche ließen sie zusammenzucken, es klang als wäre die Gewitterfront direkt über ihnen, bedrohlich legte dich das tiefe Grollen der Wolken über die Gegend. Das Mana, das sie nun sehen und spüren konnte, schien zu toben, es raste unablässig hin und her, schlug Wellen und brandete ineinander wie eine sturmgepeitschte See. Ängstlich schaute sie sich um, vier Schlafsäcke lagen ausgebreitet am Boden und ihre Reisetaschen standen an den Zeltwänden. Langsam krauchte sie, mit Kiara im Arm zu ihrer, schaute hinein und überlegte was sie anziehen sollte. Reina mochte diese Situation nicht, der Regen, das Mana, das Gewitter und die dazwischen herrschende Stille machten sie nervös. Vorsichtig lauschte sie, während sie an Aarons Tasche ging und sich einen seiner Schlafanzüge und seinen Mantel auslieh. Es schien Reina als habe sie Wahnvorstellungen, wenn sie die Augen schloss und ganz genau horchte, glaubte sie Schritte zu hören. Wie große, schwere Füße im matschigen Boden einsanken und sich wieder hinauszogen. Langsam begann sie sich umzuziehen, immer mit dem unguten Gefühl beobachtet zu werden. Es kostete sie eine ganze Weile im Dunkeln die richtigen Öffnungen der Sachen zu finden und als sie fertig war, hielt sie es kaum noch aus. Schnell verkroch sie sich in ihrem Schlafsack, so tief, das ihr Kopf nicht mehr hinausragte. Mit Kiara eng an sich gepresst, fühlte sie sich wenigstens einen Moment lang sicher, das endete, als hinter ihrem Zelt, plötzlich ein Ast lautstark zerbrach. Zitternd lag sie im Dunkeln und lauschte, hörte wie die Schritte lauter wurden, immer näher an ihrem Zelt vorbeiführten, vor dem Eingang kreisten. Nach etwa zehn Minuten panischer Angst, verschwanden die Schritte plötzlich in eine andere Richtung. Reina wartete bis nichts mehr zu hören war, stand dann rasch auf und rannte so schnell sie konnte durch den Regen zum Zelt von Ronian und Tagiar. Vor dem Eingang hielt sie an und fragte, grade so laut das man sie hören konnte: „Entschuldigung? Sind sie noch wach? Kann ich reinkommen?“ Panisches Geflüster war von drinnen zu hören. Im Normalfall hätte sie zugesehen, dass sie wegkam und sich für die Störung entschuldigte, aber im Moment hatte sie so panische Angst, dass sie nicht allein sein konnte. Laute Geräusche waren von drinnen zu hören, reißender Stoff, rufe nach den Anziehsachen, hastig weggeräumte und versteckte Spielzeuge. Nach einer Weile wurde es ruhig und Tagiar sagte, versuchend nicht komplett zerzaust und erregt zu klingen: „Natürlich Ms. Sanktin kommen Sie rein.“ Vorsichtig öffnete Reina den Zelteingang und kletterte dann ins schützende Innere. Es sah alles sehr chaotisch aus. Der Boden war nicht erkennbar, überall lagen zerwühlte Decken und zerfetzte Kopfkissen, übrig gebliebene Essensreste, halb ausgepackte Reisetaschen, benutzte und frische Kleidung durcheinander. „Entschuldigen Sie bitte das Chaos!“, Tagiar, der mittlerweile wieder voll bekleidet war, schaute staunend auf ihr outfit und bemerkte dann, „ Weshalb sind sie denn hier? Sollten sie nicht bei Aaron sein? Wo sie sich doch schon an seiner Garderobe vergriffen haben?“ „Ja wäre ich ja gern, aber den haben sie doch auf eine Strafexpedition geschickt und ich…hab…Angst alleine im Zelt…bei dem Gewitter, außerdem fange ich an mir Dinge einzubilden!“ „Strafexpedition?“, er guckte fragend zu Ronian, der sich nur die Mühe gemacht hatte eine Hose anzuziehen. Dieser gestikulierte ihm, dass die Vampire trinken waren, „Oh ja, richtig…hm! Was bilden sie sich denn so für Dinge ein?“ „Ich höre Schritte, draußen vorm Zelt…Ich weiß das klingt paranoid, aber trotzdem!“ „Das können Sie laut sagen“, erklärte Ronian etwas ungehalten, er mochte es nicht sonderlich mittendrin gestört zu werden, „Wir sind in einem Wald, das war irgendein nachtaktives Tier oder der Zwerg musste mal, nach der Menge Alkohol wäre das kein Wunder.“ „Das war kein Tier und auch nicht der Zwerg, die Schritte klingen anders.“ „Ach was und sie sind dafür jetzt Expertin oder was?“ „Nein, das nicht…ich kann nur sagen was ich spüre. Es fühlt sich an wie etwas wirklich gefährliches!“ „Ms. Sanktin“, bemerkte Tagiar beruhigend, „Sie können mir glauben, wenn irgendetwas gefährliches hier in der Nähe wäre, würden entweder ich oder Ronian es spüren. Sie sind absolut sicher, auch wenn Aaron nicht bei ihnen ist. Ich kann ja verstehen, dass ihre Nerven etwas überspannt sind, es ist heute viel passiert. So viele neue Erfahrungen in so kurzem Zeitraum, da kann man schon mal etwas sensibel drauf reagieren. Gehen Sie wieder zurück in ihr Zelt, beruhigen Sie sich ein wenig und versuchen Sie ein zu schlafen. Sie müssen erschöpft sein.“ Eine Zeit lang blieb es still. Schweigend überlegte Reina ob sie sich das alles wirklich nur eingebildet hatte. Eigentlich war sie sehr sicher, zu wissen was sie gehört hatte, andererseits spielten ihre Angst und Einsamkeit aufgrund der Situation ihr vielleicht auch einen Streich. Durch ein lautes Geräusch wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Verwundert registrierte sie, dass es wohl schon längere Zeit da sein musste: „Was summt denn hier so?“ „Da summt nichts“, erklärte Ronian, „Es vibriert!“ Verlegen schaute Reina zu Boden und bemerkte: „Tut mir Leid ich habe sie gestört…ich…wahrscheinlich haben sie recht und es ist nichts…ich bilde mir das wohl wirklich nur ein…ich denke ich gehe dann mal besser…“ Tagiar sah wie sie die Lüchsin fester in den Arm nahm und dann, immer noch sehr ängstlich und unsicher das Zelt verließ. Irgendwie tat sie ihm leid. Er hatte jedoch keine Zeit darüber nach zu denken, da Ronian darauf gewartet hatte und sich nun das Kleidungsstück vom Leib riss um da anzuknüpfen wo sie aufgehört hatten. Reina hatte gerade das Zelt verlassen und war einige Meter gegangen, als sie erneut die Schritte hörte. Ängstlich, diesmal sicher, dass sie es sich nicht einbildete versuchte sie zu ihrem Zelt zu kommen, schaffte es jedoch nicht mehr. Der Verfolger hatte sie schnell eingeholt. Sie spürte die Person hinter sich, fühlte wie jemand ihre Taille umgriff, sie in die Höhe hob und festhielt. Mit aller Kraft wehrte sie sich, versuchte los zu kommen. Kiara fiel dabei von ihrem Arm und schaffte es gerade so, auf allen vieren zu landen. Reina hatte keine Chance, die Kreatur war einfach zu stark, sie wollte um Hilfe rufen, spürte jedoch wie das Monster ihr seine große, grüne Pranke auf Mund und Nase drückte. Von dem Gestank den das Wesen abstrahlte wurde ihr schlecht, sie war ganz benommen und spürte so kaum, wie eine andere Gestalt ihr eine große Keule über den Kopf zog. Die Gegenwehr versiegte, ihre Glieder wurden schlaff, sie sackte in sich zusammen und verlor das Bewusstsein. Kiara die Reina helfen wollte, versuchte das Monster zu attackieren, kratzte und biss in die riesigen roten Füße. Leider war sie einfach noch zu klein, der Gegner spürte die winzigen Wunden nicht einmal und trat nach dem kleinen lästigen Ding, das ihm vor den Füßen rumstand. Im hohen Bogen flog die kleine Luchsdame durch die Luft und landete an einem Baumstamm, den sie entkräftet hinunterglitt und von dem darunter befindlichen Gebüsch verschlungen wurde. Das Letzte was sie hörte war eine laute Stimme die grunzte: „´ndlich wasch su fr´ssen! M…M…Me´schenzuppe ´s lecher!“ Als Aaron von der Jagd zurückkehrte, spürte er sofort, dass etwas nicht stimmte. Es roch viel zu intensiv nach Reinas Blut und er spürte sie nicht in der Nähe, konnte ihren Herzschlag nicht hören. Alarmiert schaute er sich zwischen den Zelten um und entdeckte eine Spur. Sandra bemerkte sein untypisches Verhalten und ging zu ihrem Bruder, der starr über einer Pfütze stand. „Hei was ist, du siehst aus als hättest du ein Gespenst gesehen!“ Er konnte nur nach unten zeigen, als Sandra seinem Blick folgte erkannte sie was ihn so geschockt hatte, da war Blut und es roch verdammt nach ihrer kleinen Adoptivschwester. „Verdammt, wir hätten nicht gehen dürfen! Rei…steh hier nicht so rum! Los beweg dich, hol Gray, wir müssen sie suchen! So viel Blut ist das nicht, das bringt sie nicht um!“ „Ruf die Lehrer!“ „Was? Wir haben keine Zeit zu verlieren, schon gar nicht um diese Lahmärsche zu alarmieren. Die halten uns nur auf!“ „Ruf verdammt nochmal die Lehrer! Folge meiner Fährte und erklär ihnen unterwegs alles, ich gehe vor!“ „Ich lass dich ganz sicher nicht allein gehen!“ „He ihr beiden“, sagte Oscar der grad zu ihnen stieß, mit der zitternden Kiara auf dem Arm, „Schaut mal wen ich gefunden habe! Sie lag ganz allein und verwirrt in einem Busch im strömenden Regen. Komisch Rei würde sie doch niemals irgendwo allein lassen!“ „Oscar ruf du die Lehrer“, zur Erklärung zeigte Sandra auf die Pfütze, Oscar erstarrte augenblicklich „Wir gehen und suchen Rei. Kommt nach! Gray!“ Obwohl der Wolf nicht auf sie hören musste, spürte er die Dringlichkeit ihres Rufens und folgte im aus seiner Dimension. Zuerst verstand er nicht was los war, freudig lief er auf Oscar zu um ihn zu begrüßen und mit Kiara zu kuscheln. Dieser reagierte allerdings nicht wie erwartet. Besorgt beugte er sich zu dem Wolf hinunter und nahm dessen Schnauze fest in seine Hände, vergessen war die Angst: „Hör zu Wolf, wenn du unsere Rei rettest, verspreche ich dir, werde ich dir einen Hirsch jagen, ok?“ Gray dachte an den Haufen Fleisch, in seinen Gedanken bildete sich das Bild eines der vier Meter Hirsche aus dem Wald, hechelnd lief er schwanzwedelnd zu Aaron und bellte als Kennzeichen, dass er bereit war die Spur auf zu nehmen. Während Aaron und Sandra los rannten, weit schneller und gezielter als Gray, machte Oscar sich auf zum Zelt von Ronian und Tagiar. Ohne anzuklopfen brach er einfach hinein in seiner Sorge um Reina hatte er nicht daran gedacht, dass er sie vielleicht stören könnte. Tagiar schrie vor Schreck, Ronian schaute nur total verblüfft auf. Die Beiden waren in einer eher peinlichen Position. Oscar scherte sich nicht darum, was seine Lehrer da gerade taten, packte beide am Genick und zog sie auseinander. „Wie können sie nur an so etwas denken? Reina ist weiß Gott was zugestoßen und sie kümmern sich nur um die Befriedigung ihrer Lust! Sie sollten sich schämen, tolle Aufpasser sind sie! Wenn ich sie runter lasse ziehen sie sich gefälligst sofort etwas an und kommen mit suchen!“ „Wie Ms. Sanktin ist etwas zugestoßen?“, fragte Ronian verdutzt, „Die war vor kurzem noch da. Woher wollen Sie überhaupt wissen, dass etwas mit ihr ist...sie ist wahrscheinlich nur schnell auf Toilette, hinterm Busch und kommt gleich wieder!“ „Da draußen ist eine riesige Blutlache und es riecht verdammt stark nach ihr! Das wird sie ganz sicher nicht auf dem Weg zum Klo dagelassen haben! Jetzt bewegen Sie endlich ihre Ärsche und kommen aus dem Knick! Aaron und Sandra folgten der Spur, immer weiter und weiter gerieten sie in tiefere Gefilde des Waldes. Dichter und dichter wurde das Unterholz. Es fiel ihnen zunehmend schwerer ihre Geschwindigkeit bei zu behalten, immer öfter blieben sie in Ästen und dichten Büschen hängen, mussten sich erst mühsam entwirren oder die Pflanzen mit sich reißen. Es war stockdunkel, wären sie keine Vampire und somit auch auf die Nacht spezialisiert gewesen, hätten sie keine Chance gehabt überhaupt vom Fleck zu kommen. Gray konnte ihnen dort nicht hindurch folgen und musste einen anderen Weg finden, während die Beiden direkt ihrer Nase folgten. Wenigstens hatten sie Glück, der Wind stand günstig und trug immer neue, immer stärkere Wellen von Reinas Geruch mit sich. Nach einer Weile hielt Aaron plötzlich wie vom Donner gerührt an und lauschte. „Was ist?“ „Hörst du das nicht?“ „Was hören?“ „Reis Herzschlag, etwa sieben Kilometer in die Richtung!“ „Wirklich? Worauf warten wir noch, los steh da nicht rum, gib Gas!“ Sie rannten so schnell sie konnten, immer dem Geräusch nach, bis eine Lichtung in Sicht kam, auf der ein warmes Lagerfeuer brannte. Langsam schlichen sie sich näher, es stank verdächtig nach Goblin. Sandra hielt Aaron, der am liebsten dorthin gestürmt wäre, falls dies eine Falle war zurück. Damit war allerdings Schluss, als er nah genug war, zu erkennen, dass auf dem Feuer ein großer Topf war und in dem Topf, seine Reina stand. Wütend sprang er auf, stürmte auf die Lichtung, auf der der ganze Stamm versammelt war. Die zwei größten Krieger, die Reina auch entführt hatten und im Gegensatz zu den andern eineinhalb Meter großen Goblins, an die zweieinhalb Meter waren, stürzten sich auf ihn. Sie umringten ihn, kreisten, mit ihren Keulen hoch erhoben. Aaron zog eins seiner Schwerter, für solch grobschlächtige Gegner brauchte er keine zweite Waffe. Der größere von beiden, ein ziemlich hässliches Exemplar, selbst für einen Goblin, hob seine Keule grobmotorisch mit beiden Händen über den Kopf. Aaron verstand kaum wie man so sehr seine Deckung vernachlässigen konnte, hob sein Schwert und trennte ihm mit einem einzigen sauberen Hieb den Kopf von den pickeligen Schultern, bevor er den Angriff auch nur zu Ende bedenken konnte. Der Andere ein wenig hübschere, war nun vorsichtiger und hielt seine Waffe beschützend vor sich. Aaron sprang ihm ein Stück entgegen, der Goblin wich zurück. Mit einer eleganten Bewegung, ließ Aaron sein Schwert kreisen, täuschte links an, das Hässliche Ding brachte die Keule grobschlächtig in Position um abzuwehren, aber der geübte ehemalige Elf hatte das kommen sehen, vollführte eine Drehung gegen den Uhrzeigersinn und stieß dem Monstrum sein Schwert von rechts in die Seite, drehte es schnell und zog sich dann zurück. Der Goblin sank sich die Seite haltend zu Boden, bei weitem nicht tot. Aaron hätte gedacht, dass ihm seine Lage klar wäre, doch das Wesen fing plötzlich heiser zu lachen an. Irritiert schaute er sich um und erkannte den Grund. Das Monster dem er den Kopf abgeschlagen hatte, hatte sich regeneriert, das Haupt war nachgewachsen und er sah eine Keule auf sich niedersausen. Natürlich hätte es ihm nicht wirklich wehgetan, das Holz wäre einfach an seiner Haut zerschellt, doch in dem Moment hörte er ein heiseres ängstliches Schreien. Reina hatte den Kampf gerade erst entdeckt und sah ihren Liebsten in großer Gefahr. Seufzend rollte er sich zur Seite, die Keule verfehlte ihn nur um ein paar Zentimeter. Der Goblin wollte noch einmal ausholen, kam aber nicht mehr dazu. Als ihn zwei Feuerbälle von verschiedenen Seiten erwischten begriff er, dass es wohl einfach nicht sein Tag gewesen war. Er stand innerhalb kürzester Zeit lichterloh in Flammen und briet bis seine normalerweise leuchtend rote Haut ein angenehm aussehendes braun erhielt. Sandra und Reina schauten sich an, sie hatten beide den gleichen Gedanken gehabt. Aaron hatte sich mittlerweile dem zuvor verwundeten Goblin zugewandt und musste erkennen, dass auch dieser regeneriert war. „Du vermaledeiter Sohn eines Trolls!“, rief er ihm entgegen. Dem wütenden Getrampel und Schimpfen entnahm er, dass seine Vermutung wohl richtig gewesen war. Nun erst richtig aggressiv kam der Goblin/Troll auf ihn zugerannt. Leichtfüßig ließ Aaron sich fallen und rutschte zwischen den Beinen des Monsters durch, wobei er sein Schwert tief in dessen Kronjuwelen versenkte. Vor Schmerz aufjaulend. Ließ der Goblin seine Keule fallen und presste die Hände auf die Wunde. Aaron zog sein Schwert in der Bewegung mit, machte eine Rolle, als er den Hintern des Monsters passiert hatte und kam hinter ihm elegant auf die Beine. Er konzentrierte sich kurz, leitete Feuermana in sein Schwert und entzündete es. Während das große rote Wesen noch immer mit der Wunde im empfindlichen Bereich beschäftigt war, drehte Aaron sich und stieß ihm die Feuerklinge ohne große Mühe durchs Herz. Wie ein nasser Sack, brach der Goblin zusammen. Er bemerkte noch wie schön es war, dass der Schmerz nachließ und dachte die Heilung hätte eingesetzt. Mit einem dumpfen Laut schlug er auf dem Boden auf, in der Dunkelheit des Todes versunken. Leicht blutbesudelt schaute Aaron zu Reina, wie sie da in diesem Topf stand, wie ein Engel in seinem Schlafanzug mit einer Kartoffel und einem Schälwerkzeug in der Hand. Ihre liebevollen Augen begegneten seinen, so viel Zärtlichkeit lag in diesem Blick. Die restliche Horde nicht beachtend, rannte er zu ihr, hob sie aus dem Topf und schloss sie fest in seine Arme. Er schwor sich, dass niemand sie ihm jemals wieder wegnehmen würde, dass er sie nie wieder allein lassen würde. Zärtlich umklammerte seine eine Hand ihren Rücken und die andere streichelte unentwegt über ihren Kopf, durch ihre Haare. Wie jemand dem fast das Wichtigste auf der Welt genommen wurde, vergrub er sich in ihrem Pony, küsste ihre Stirn, ihre Nase. Nach einer Weile stoppte er und schaute Reina in die Augen, in diese warmen dunklen tiefen Meere. Er spürte wie sie ihn anfunkelten, so viel Sehnsucht, so viel Liebe, dass man es kaum aushielt. Liebevoll strich er eine weiße Strähne aus ihrem Gesicht, stupste mit seiner Nase gegen ihre und hauchte ihr entgegen: „Was machst du nur für Sachen?“ „Hmmmm,…weiß nich“, flüsterte sie leise und reckte sich sanft um seine Nasenspitze zu küssen, „Hauptsächlich den Goblins kochen beibringen, damit sie mich nicht essen müssen.“ Zärtlich reckte sie sich um ihre Lippen auf seine zu legen. Liebevoll erwiderte Aaron den Kuss, zog sie noch enger an sich und versank in ihrem Duft. Erst nach einer Weile erklärte Sandra, die jetzt auch langsam mal was von Reina abhaben wollte: „Das scheint dir ja nicht besonders gut gelungen zu sein, sonst wärst du ja nicht im Topf gelandet.“ Noch etwas benebelt, Aaron hatte gerade erst von ihr abgelassen, damit sie antworten konnte, stammelte sie: „Doch, hab grad die Kartoffeln geschält, war eigentlich nur im Topf, damit das Wasser ein wenig Menschengeschmack annimmt. Hat eine angenehme Badetemperatur…“, als sie fertig war mit erklären reckte sie Aaron erneut die Lippen entgegen in der Hoffnung noch einen Kuss zu bekommen. Sie konnte einfach nicht genug von ihm kriegen. „Badetemperatur?“, fragte Aaron etwas irritiert. „Kartoffeln geschält?“ „Hm, hm…“ „Und was ist mit der Wunde? Im Lager war überall Blut.“ „Ach das, na ja ein Keulenhieb auf den Hinterkopf. Hab nur noch eine kleine Beule, hab selbst rausgefunden wie Heilzauber funktionieren!“ „Owwww, unsere Rei ist ein Naturtalent“, liebevoll ging Sandra zu den Beiden und schlang ihre Arme auch noch um Reina. Diese legt sanft ihren Kopf auf den ihrer großen Schwester und kicherte leise, glücklich. „Hm, ihr solltet euch vielleicht bei den Goblins vorstellen gehen. Die sind eigentlich ganz nett!“ „Rei schau mich bitte mal an!“, erklärte Sandra und untersuchte dann ausführlich Reinas Augen, „Kann es sein das du dich schwindelig fühlst oder so? Das du eine Gehirnerschütterung hast?“ „Nö…mir geht’s gut…Die Goblins waren neben der Entführung eigentlich ganz lieb! Na ja sie haben mich in den Kessel gesteckt und wollten mich kochen, haben dann aber das Feuer nicht anbekommen und sie taten mir irgendwie leid und da…“ „Hast du ihnen deine Hilfe angeboten!“, bemerkte Aaron ungläubig. „Yepp. Na ja, ich hab das Feuer mit einem Zauber entfacht und irgendwie denken sie seit dem das ich eine Schamanin ihrer Totemgötter bin! Tja erst wollten sie mich trotzdem essen, aber dann hab ich sie mit dem traurigen Rehblick angeschaut und dann konnten sie nicht mehr!“ „Das…kann ich ihnen nachempfinden“, erklärte Sandra, „Der Blick ist von dir ist echt zu hart…schon die Vorstellung, brrr. Du würdest selbst das Herz eines Toten zum Schmelzen bringen!“ Reina grinste glücklich und fuhr fort: „Dann hatten sie aber nichts mehr zu essen und schrecklichen Hunger…da dachte ich bring ich ihnen das Kochen bei, dann können sie vegetarisch essen oder Wild und müssen keine Menschen mehr jagen. Damit die Umstellung nicht so schwer fällt, hab ich mich eben nochmal mit in die Suppe gesetzt, damit es wenigstens ein wenig nach Mensch schmeckt!“ „Das…is jetzt ziemlich peinlich…ich dachte du wärst wirklich in Gefahr…wie rechtfertige ich das mit den zweien da?“, fragte Aaron und zeigte auf die gefallenen Goblins. In dem Moment trat der Anführer ein kleiner alter Goblin, der die Sprache der Menschen ein wenig verstand und alles verfolgt hatte zu der Gruppe: „Kein Sorg! Glorak und Glirak Freunde von Totemgott Schamanin angegriffen, dumm! Strafe der Götter gespürt!“ „Ähm tut mir trotzdem Leid“, erklärte Aaron, der so viel Verständnis nicht erwartet hätte, „Es lag ja auch nicht allein an ihnen…wir hätten uns vielleicht wundern sollen, dass Reina Kartoffeln schält!“ „Tot Glorak und Glirak macht nix, jetzt gut Fleisch für Suppe! Nix vegetarisch, Goblin/Troll Suppe auch gut!“ „Na lecker!“ „Wollen bleiben und essen?“ „Auf gar keinen Fall!“, erklärte Sandra deutlich angewidert, „Meine kleine Rei muss langsam mal ins Bett! Das war ein langer Tag, ohne Essen und der Morgen wird wohl kaum besser werden!“ „Nichts da…vergiss es, Rei geht nicht mit dir schlafen! Du kommst doch mit mir oder?“, Aaron grinste Reina, die sich in seinen Armen vergraben hatte, mit ihrem Kopf an seiner Brust lehnte und müde hochschaute verführerisch an, kam ihr näher, küsste sie liebevoll. „Hei! Das ist unfair!“, ärgerte sich Sandra und verpasste ihrem Bruder eine Kopfnuss, „Keine Bestechung, verstanden!“ „Auuu, Rei die is ganz böse zu mir! Willst du wirklich bei so einer im Zelt schlafen? Ich brauch doch jetzt jemanden der mich verarztet…und ganz viele Kuscheleinheiten!“ „Ooooh! Du fährst hier jetzt nicht die Mitleidschiene! Das gibt die rote Karte Freundchen, du bist raus! Rei bleibt bei mir, Rei bleibt bei mir!“, sie führte einen fröhlichen Siegestanz auf. Während Aaron entmutigt den Kopf sinken ließ. Zärtlich hob Reina die Hand, streichelte liebevoll seine Wange, über seine Lippen, seinen Hals hinab. Er durchkämmte mit seiner Nase ihre Haare, hob sie vorsichtig in seine Arme und trug sie, während er sie zärtlich küsste davon. Sandra die vollkommen vertieft in ihren Tanz war, merkte erst viele Minuten später, als sie aufgehört hatte, dass sie mit den Goblins, die sie blöd anstarrten, allein auf der Lichtung war. „Huh wo ist…? Na warte Freundchen wenn ich dich erwische!“ Sie schaute so bitterböse drein, dass die Goblins lieber zusahen aus ihrer Reichweite zu kommen, nur der Anführer blieb neben ihr und fragte interessiert: „Er sie bumsi, bumsi?“ „Wenn er klug ist ja! Er wird nämlich bald nicht mehr dazu in der Lage sein! Frechheit!“, sie rief laut in den Wald hinein, „Freundinnenraub! Entführung! Wo sind die scheiß Helden und Paladine wenn man sie mal braucht…Jungfrau in Nöten!“ Reina war nach kurzer Zeit in seinen Armen eingeschlafen. Es war ein langer anstrengender Tag gewesen und Aaron freute sich auf das gemeinsame Kuscheln. Schneller als ein Mensch den Weg jemals zurückgelegt hätte, befand er sich wieder im Lager. Eine rege Betriebsamkeit herrschte, es schien als wären alle auf den Beinen. Leise und unauffällig schlich er sich zu seinem Zelt und legte Reina vorsichtig in seinen Schlafsack, bevor er zu Faenwyn ging und sich erkundigte: „Was ist los? Wir haben Rei gefunden, weshalb der Aufstand?“ „Huh? Ms. Sanktin gefunden? Sie war weg, ach deshalb sind Ronian und Tagiar verschwunden...nein wir haben hier ein ganz anderes Problem!“ „Und das wäre?“ „Du erinnerst dich das Mrs. Sanktin hochschwanger war? Es sieht so aus, als hätte sie sich den denkbar ungünstigsten Moment für eine Geburt ausgesucht. Da fällt mir ein du hast während deiner Waldläuferausbildung doch auch einen Heilerkurs besucht, du müsstest doch wissen was eine Hebamme in so einem Fall machen würde!“ „Klar weiß ich…warte du willst das ich…? Bist du bescheuert? Ich mach das ganz sicher nicht! Ich habe kein, ich wiederhole KEIN Bedürfnis dieser Frau nahe zu kommen, geschweige denn da hin zu sehen. Das ist ja widerlich, erklär ihrem Mann einfach was zu tun ist, dass kann der auch und der ist immerhin mitschuldig an der Situation. Bäh, Igitt schon die Vorstellung! Das Bild werd ich ewig nicht mehr aus meinem Kopf bekommen...brrrrrr!“ „Na ja eine Anfrage war es wert!“ „Wie kommst du darauf, dass ich das machen würde? Außerdem hast du auch so einen Kurs besucht! Du kannst das genauso gut machen wie ich!“ „Ja, stimmt, aber ich habe genauso wenig Lust darauf wie du, also dachte ich mir, fragen kostet ja nichts!“ „Du tust mir Leid wenn du das wirklich machen musst! Frag doch den Zwerg, der dürfte eh noch blau sein. Er hat den Vorteil, dass er sich morgen nicht mehr daran erinnert!“ „Das wird ihn als Alptraum sein Leben lang begleiten, das kann ich ihm nicht antun!“ „Ach was aber mir oder wie?“ „Nein, es…ist ja nicht so, dass ich dir irgendetwas Schlechtes wünsche. Auch wenn es manchmal so rüberkommen mag. Du warst von uns Beiden immer der Hartgesottenere, der Stabilere und ich dachte mir, du würdest damit wohl besser klarkommen.“ „Nicht besser als irgendwer sonst…glaub mir da schau ich lieber einem Dämon ins Gesicht, den kann ich wenigstens erschlagen, wenn es mir zu viel wird!“ Faenwyn schmunzelte und bemerkte: „Ja ich erinnere mich! Du hattest den beschworenen Dämon wirklich toll unter Kontrolle damals…wir haben tagelang nichts zu essen bekommen, weil er die Küche belagert hat und jedem der dem Raum zu nahe kam, einen Eingeweidelosen Truthahn über den Kopf gestülpt hat!“ „Ach, jetzt übertreibst du aber…es war bloß eine Gans! Außerdem hätte ich ihn besiegen können, wenn ich gewollt hätte…ich wollte nur eben nicht.“ „Und wer von uns geht jetzt? Wir können die Frau in den Wehen ja schlecht allein lassen…“ Als er ausgeredet hatte, schlugen sich Tagiar und Ronian aus dem Gebüsch, Gray, der hechelnd zu Reina im Zelt lief, an ihrer Seite. „Ach Mr. Tagiar“, bemerkte Aaron gut gelaunt, „Ist das Wunder der Geburt nicht etwas wundervolles?“ „Huh? Wie kommen sie jetzt darauf? Ja natürlich ist es das!““ „Na da werden sie sich aber freuen zu hören, dass sie eine einmalige Chance bekommen dabei zu sein…“ „Vergessen sie es, ich leiste Ms. Sanktins Mutter keine Geburtshilfe!“ „Ach Mist hätte ja klappen können…“, Aaron schaute verstohlen zu seinem Zelt und erklärte, „Tja ich geh dann mal schlafen, ist ja auch schon spät und wir müssen Morgen wieder früh raus und so. Gute Nacht!“ „Ja ich…hab noch was wichtiges zu erledigen…“, bemerkte Faenwyn, „Außerdem muss ich den Zwerg ausnüchtern…“ Ronian und Tagiar blieben allein auf der Lichtung und schauten sich etwas hilflos an. „Offiziell haben wir von nichts eine Ahnung!“ „Richtig, wir gehen dann auch mal. Sie hat ja nun wirklich schon genug Kinder geboren, scheint ja das Einzige zu sein was sie gut kann.“ Als er ins Zelt zurückkehrte und sich neben sie legte, schlief Reina immer noch tief und fest. Zärtlich umarmte er ihren Schlafsack und vergrub seine Nase an ihrem Hinterkopf, so viel Aufregung. Aaron schaffte es einfach nicht zur Ruhe zu kommen und in den erfüllenden Schlaf hinüber zu gleiten. Vorsichtig drehte er sie in seinen Armen, beobachtete ihr friedliches ruhendes Gesicht in der Dunkelheit, so lange war es her, dass er das zum letzten Mal getan hatte. Zumindest kam es ihm so vor. Eigentlich nur sechs Tage, was in dieser Zeit nicht alles passiert war. Sein Leben war so viel reicher, erfüllter seid sie da war. Vorher hatte er Jahrhunderte verschlafen, wie in Trance verbracht, ohne Sinn, vollkommen leer. „Wird es immer so bleiben? Wirst du immer so glücklich in meinen Armen sein, auch wenn du weißt was ich bin, mein Geheimnis kennst? Könnte ich dich überhaupt noch gehen lassen, wenn es das Beste für dich wäre? Ja!…ach, wen versuche ich hier zu belügen?“, flüsterte Aaron leise in ihr schlafendes Gesicht, während er zärtlich über Reinas Wange streichelte, „Ich kann dich nicht mehr gehen lassen. Du bist mein Leben! Es tut mir leid, du wirst mich wohl bis in alle Ewigkeit ertragen müssen.“ Sanft lächelte sie im Schlaf, fast als hätte sie verstanden was er da sagte und kuschelte sich enger an ihn. Verträumt spielte er ein wenig mit ihren Haaren, küsste ab und an ihre Stirn und stellte sich vor, wie es wohl wäre sie auf ewig an seiner Seite zu haben. Von wunderschönen Bildern und Fantasien des Glücks geleitet, glitt er in einen sachten Schlaf, als plötzlich jemand die Zeltöffnung aufriss. „Du dachtest wirklich du könntest mir entkommen oder?“, fragte Sandra unwirsch. Als sie erkannte, dass Reina bereits schlief senkte sie ihre Stimme und fuhr ruhiger fort, „Einfach ab zu hauen und mich da allein zu lassen und dazu noch Rei entführen, das ist nun wirklich die Höhe!“ „Tut mir leid! Darf ich sie bitte hier behalten? Ansonsten muss ich mich ganz allein in den Schlaf weinen und zwar so laut, dass du das noch im Nebenzelt hörst!“ „Ech…du kannst so unfair sein! Schlimmer als jedes kleine Kind!“ „Heißt das ja?“ „Ja…wenn es denn sein muss…Oscar meinte eh, dass ich in letzter Zeit zu wenig mit ihm gemacht hab…er freut sich bestimmt über einen schönen Kuschelabend!“ „Ganz sicher! Danke das du mir Rei lässt…ich brauche sie wirklich!“ „Du solltest besser mal ein wenig Abstand von ihr nehmen! Ich muss dir ja sicher nicht sagen, dass sie noch nicht weiß, dass wir…Monster sind. Wenn du so weiter machst wirst du noch richtig abhängig von ihr und wenn sie dann geht…“ „Darüber habe ich auch grad nachgedacht und…die Wahrheit ist…ich bin bereits abhängig! Schrecklich wirklich. Leider Gottes aber eben schrecklich schön!“ Sandra seufzte leise und bemerkte: „Das geht nicht nur dir so, wir haben uns alle schon so sehr an sie gewöhnt…und sie ist nun mal auch einfach ein kuscheliges kleines Menschlein! Hoffen wir also auf das Beste, wenn wir wieder zu Hause sind müssen wir mit Ma und Dad reden, wann und wie wir ihr es sagen.“ „Muss das überhaupt sein? Ich meine was sie nicht weiß…“ „Aaron wenn sie es alleine rausfindet und wir nicht einmal erklären können, dass wir ihr es sagen wollten, was glaubst du wie schnell sie dann weg ist? Reina ist Gott sei dank nicht oberflächlich, es wird sicher ein Schock für sie, aber sie verachtet uns bestimmt nicht deshalb. Je länger wir warten, desto schwerer wird es…und desto wütender wird sie sein, weil wir ihr nicht genug vertraut haben um es zu sagen.“ „Meinst du wirklich, dass sie uns nicht verachtet wenn sie erfährt, dass wir Blutsauger sind? Ich denke das ist schlimmer als das verletzte Vertrauen!“ „Ja und genau deshalb bist du ein Mann! Glaub mir einfach wenn ich dir aus eigener Erfahrung erzähle, dass Mädchen bereit sind vieles zu verzeihen, aber zerstörtes Vertrauen, das ist wirklich übel!“ „Hm und woher solltest du das bitte wissen? So unsensibel wie du bis…“ „Oh na warte“, vorsichtig griff Sandra nach Reina, schob sie aus Aarons Armen und stürzte sich dann mit gefletschten Zähnen auf ihren Bruder. Dieser schrie laut vor Schreck und versuchte dem Angriff auszuweichen indem er sich umdrehte und wegkroch. Allerdings hatte er dabei keinen Erfolg. Sie landete auf seinem Rücken, drückte ihn zu Boden und nahm ihn in den Schwitzkasten. „Soooo, was wolltest du grad sagen Mister Oberschlau? Na hat dir wohl die Sprache verschlagen?“ „Unsensible Kratzbürste!“, presste Aaron grad noch so zwischen den Zähnen hervor, was Sandra dazu bewegte sich noch schwerer zu machen und den Griff noch etwas zu verstärken, „Wenn ich Tipps zu der Gefühlswelt von Mädchen will frag ich lieber Osc…“ „Na warte dir helf ich nochmal bei deinen Beziehungsproblemen! Mach das ab jetzt allein!“ „Das…“, er rang nach Luft, seine Schwester drückte allmählich bedenklich fest zu, „kannst…du Rei doch nicht…an…tun!“ „Da hast du Recht! Aber ich hab ja auch nicht gesagt, dass ich ihr nicht mehr helfe.“ „Tut mir…leid! Wirklich…wie kann…ich es wieder gut…machen?“ „Geh mit mir shoppen!“ „Nie…mals! Lieber sterbe ich!“ „So lange kann ich warten. Ich bin schließlich jünger als du und hab Zeit, notfalls kann ich auch nach helfen, wenn du magst! Wobei das deine Beziehung mit Rei wohl schädigen könnte…is schon ein bisschen schlecht mit kuscheln so zu dritt!“ „Bitte Gnade! Alles nur nicht shoppen!“ „Alles?“ „Ja…bitte lass mich los. Du tust mir weh! Ich krieg doch so schnell blaue Flecke!“ „Du kriegst gar keine blauen Flecke, aber wenn du mir schon alles anbietest…ich will regelmäßigen Kontakt mit Rei, so eine Art geteiltes Sorgerecht, also mindestens einen Tag in der Woche wo wir Mädchensachen machen können und außerdem kommst du mit uns, wenn wir ihr neue Klamotten kaufen gehen. Ich brauch nämlich jemanden der die Taschen trägt!“ „Ok…ok…nur bitte lass mich los!“ Gerade als Sandra von ihm hinunterging, öffnete sich erneut der Zelteingang und Ronians Gesicht schaute hinein. „Du hast die Wette gewonnen, Schatz. Sie tun nichts Unanständiges, nur eine Rauferei unter Geschwistern.“ „Na klar was hatten sie denn gedacht? Mein Bruder macht nie unanständige Dinge! Ich hab ihn gut erzogen!“ „Ja, klasse. Da vertraut man ihnen ein Mal Mr. Strauß und was hat man davon…zwanzig Goldstücke hab ich gesetzt! Das wären über vierzig Biere gewesen!“ „Tut mir Leid“, erklärte Sandra mitfühlend, „Aaron du hast den netten Herrn gehört, los ab mach was Unanständiges!“ „Schwesterchen ich glaube nicht, dass du richtig verstanden hast was er meinte!“ „Wieso was war daran nicht zu verstehen?“, Aaron flüsterte ihr vorsichtig ins Ohr, was Ronian da erwartete. Sandra entgleisten die Gesichtszüge, ihr Kinn fiel hinunter, bösartig starrte sie den Lehrer an: „Was sind sie denn für ein Schwein?“ „Ich bin genau genommen ein Wolf! Außerdem was wäre daran bitte falsch, wenn ein Mann mit seiner Freundin allein in einem Zelt schläft und plötzlich laute, heisere Schreie ertönen, darf man doch bitte annehmen, dass da was nicht jugendfreies abgeht!“ „Was? Ich glaub es hackt! Da hab ich ja wohl auch noch ein Wörtchen mit zu reden! Rei ist das liebste, unschuldigste Mädchen das ich kenne! Ihr erstes Mal sollte wunderschön, romantisch und was ganz besonderes sein und da schlagen sie tatsächlich vor mein Bruder solle sie in diesem ekligen, komisch riechendem Zelt einfach so flachlegen?“ „Finden sie es in Ordnung so darüber zu reden, während Ms. Sanktin neben ihnen schläft?“, fragte Tagiar, der mittlerweile auch den Kopf durch die Zeltöffnung steckte. „Wieso denn nicht? Sie schläft doch tief und fest, dass hört man an ihrem Herzschlag. Sie bekommt ganz sicher nichts mit!“ „Na dann…trotzdem sollten wir jetzt alle vielleicht besser wieder zurück in unsere Zelte gehen!“ „Ach und Mr. Strauß, falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten, das ist schon das zweite Mal, dass Sie die Regeln brechen! Sie haben daher die große Freude die Reisdiät zwei Tage länger zu machen als der Rest.“ „Is mir egal…solange ich meine Rei behalten kann ess ich auch den Rest meines unsterblichen Lebens nur noch Reis. Außerdem ist Reisdiät ok…wobei wie wäre es mit einer Reidiät? Nur noch Rei!“ „Erstens ich dachte Sie wollten sie nicht fressen, zweitens, hätte ich auch gern eine Tagiardiät Mr. Strauß, aber man kann es sich nun mal nicht aussuchen!“ „Als würden sie nicht schon genug miteinander rummachen!“, erklärte Sandra ungehalten, „Man kann wirklich nie in ihr Zelt gehen um was zu fragen oder so, weil man immer Angst haben muss, dass sie nicht jugendfreien Aktivitäten nachgehen!“ „Mann kann das schon! Der kann nämlich mitmachen!“, bemerkte Ronian schnippisch. „Na klasse…als bräuchten wir hier Orgien! Los Abmarsch zurück in ihr Zelt…machen sie da was sie wollen, aber sein sie leise, manche Leute brauchen ihren Schönheitsschlaf!“ „Was denn Sie sind doch so schon schön genug!“, sagte Tagiar um die Wogen etwas zu glätten, „ Ihr Freund auch, also insofern…“ „Schleimen bringt nichts! Außerdem meinte ich Reis Familie. Die sind so schon hässlich aber was glauben sie wie die aussehen, wenn die nicht geschlafen haben oder nicht geschminkt sind? Da kriegt auch der abgehärtetste Krieger einen Herzinfarkt!“ Während Sandra die Beiden rausschmiss, kuschelte sich Aaron wieder an Rei und versuchte ungeachtet des ganzen Chaos noch ein wenig Schlaf zu bekommen. Was nicht alles in einer einzigen Nacht passieren konnte. Ein Lichtstrahl fiel durch die geöffnete Zeltöffnung und weckte Reina. Die Vögel zwitscherten leise an diesem Morgen, der Sturm war vorüber und über ihrem Lager hing der Duft von kochendem Reis. Noch etwas müde, gähnte sie, drehte sich ein wenig und kuschelte sich an Aarons Brust. Er war schon lange wieder wach, Faenwyn hatte ihn einen Großteil der Nacht belagert, da er es nicht mit dem stinkenden, schnarchenden Zwerg, der Aufgrund des übermäßigen Essens, nach dem erhöhten Alkoholgenuss auch noch Blähungen hatte, in einem Zelt ausgehalten hatte. Zärtlich streichelte er über Reinas Haare, küsste liebevoll ihre Stirn. „Huh? Oh tut mir Leid, hab ich dich geweckt?“, fragte sie verschlafen. „Nein, ich bin schon länger auf und gut geschlafen?“ „Wie in den Armen eines Engels und nun wach ich auf und bin auf Wolke sieben!“ „Das ist schön, aber was wenn ich kein Engel sondern ein Teufel wäre?“ „Hm, das glaub ich dir nicht…du bist mein Engel mit den weißen Kuschelflügeln!“ Er seufzte leise, wie sollte er ihr nur beibringen, dass sie es war die irrte. Aaron wollte sich nicht einmal vorstellen wie ihr Lächeln zerbrechen würde, wenn er ihr die Wahrheit sagte, wie sie verschreckt von ihm weichen würde und ihn anschaute wie ein Monster. „Außerdem hast du gar nicht das Talent zum Teufel. Du bist viel zu lieb und zartfühlend!“ „Na wenn du meinst, aber sag später nicht ich hätte dich nicht gewarnt!“ Liebevoll schmiegte Reina sich an seine Seite, legte ihre Hand auf seine Brust und kuschelte ihren Kopf an seine Schulter. „Du hast gar keine Ahnung wie sehr ich das genieße! Ich könnte den ganzen Tag mit dir kuscheln. Wenn es nach mir ginge würde ich dich nie wieder los lassen!“ „Die Vorstellung gefällt mir…die Frage ist nur ob das wirklich dein Wunsch wäre, so gemeinsam aufs Klo gehen, zusammen baden…“ „Seehr witzig!“, sie machte sich ein wenig hoch und stupste liebevoll gegen seine Nase, „Außerdem bin ich sicher nicht die Einzige von uns beiden die damit Probleme hätte. Immerhin krieg ich ja nicht bei jedem bisschen Nasenbluten!“ „Autsch! Das war unter die Gürtellinie!“ „Oh, tut mir leid. Soll ich pusten?“ „U…unter der Gürtellinie?“, allein bei der Vorstellung bekam er Nasenbluten. „Hi, hi…nein ganz sicher nicht!“, vorsichtig pustete sie liebevoll auf seine Nase und tatsächlich stoppte der Blutfluss, „Siehst du? Funktioniert doch einwandfrei!“ „Hm“, er wischte sich mit einem Taschentuch das Blut ab, streichelte dann sanft über Reinas Wange und erklärte, „Meine kleine verkuschelte Wunderheilerin!“ „Yepp, wofür soll ich eigentlich Magie erlernen? Mein Atem hat heilende Wirkung, dass is mal ein Talent!“ „Sicherlich einmalig und wirkt wahrscheinlich auch nur sehr spezifisch, bei mir!“ „Und das ist was zählt! Wen sollte ich denn sonst heilen wollen?“ „Hm, weiß nicht…gibt es denn noch irgendwen wichtiges neben mir?“ Aaron kam ihr näher, streichelte zärtlich über ihre Lippen. Die Zuwendung genießend, schloss Reina liebevoll die Augen, gerade als er ihr näher kam um sie zu küssen, platzte Gray, der die Nacht neben dem zitternden Oscar verbracht hatte ins Zelt, drängte sich zwischen die Beiden und leckte Reina freudig ab. „Ich glaube das soll ja heißen“, erklärte sie, nachdem sie es geschafft hatte, den Wolf von ihrem Gesicht fernzuhalten, „Und den Kuss kann ich jetzt wohl vergessen!“ „Wieso denn? Ich liebe dich, auch wenn du mit Wolfssabber bedeckt bist!“ „Na das muss wahre Liebe sein“, bemerkte Ronian, der zufällig am Zelt vorbeigegangen und das Gespräch gehört hatte, „Sie sollten langsam mal aufstehen und in die Gänge kommen, sonst gibt es kein Frühstück mehr.“ Unglücklich seufzend verließ Aaron das Zelt um Reina Raum zum Umziehen zu geben und setzte sich ans Lagerfeuer. Nach einer Weile kam sie dann auch mit Kiara auf dem Arm hinzu und ließ sich zwischen ihm und Sandra nieder. Gray streckte sich zu ihren Füßen aus und ließ es sich gefallen, dass die kleine Luchsin auf ihm herumtollte, an seinen Ohren kaute und zupfte. „Owww, wie niedlich!“, bemerkte Ronian, der gerade neues Feuerholz brachte. Langsam ging er zu dem Kätzchen und fing dann an sie zu streicheln. Kiara rollte sich auf den Rücken und schnurrte genüsslich, während sie versuchte seine Finger zu fangen. Irgendwann erwischte sie einen, krallte sich in ihm fest und fing an daran herum zu kauen, „Auu…he hör auf, ich bin doch nicht dein Frühstück. Auuuutsch, lass das! Au, au, au, au ,au, böse Katze!“ „Schatz, wie oft habe ich dir schon gesagt du sollst keine niedlichen kleinen Tiere streicheln?“, fragte Tagiar, von seinem Buch aufsehend, vorwurfsvoll, „Die sind am gefährlichsten!“ „Tut…au…mir…aaaah…Leid! Hilf mir, bitte!“, er hatte Tränen in den Augen, „Das Kätzchen ist schlimmer als jeder Piranha! Gleich ist meine Hand weg!“ Tagiar seufzte ergeben, schnappte sich eine Hasenkeule, die als Essen für die Lehrer gedacht war und hielt sie neben Kiara: „Schau mal, Kitty, Kitty, Kitty! Was Onkel Tagiar tolles für dich hat…das schmeckt viel besser als Ronian, viel zarter!“ „Ach was und ich bin nicht zart?“,beleidigt schaute der Werwolf weg. Die Luchsin schaute von der Keule zu dem riesigen Fleischberg und überlegte eine Weile. Los zu lassen bedeutete, dass das große Beutetier entkam, die gebratene Keule roch allerdings wesentlich besser. Fragend blickte sie zu Gray, auf dem sie immer noch lag, schließlich musste sie ja genug für sie beide jagen. Dieser überlegte eine Weile, dass große Tier roch unangenehm und war zudem noch roh, die Keule würde Kiara jedoch alleine verschlingen, ohne dass sie davon satt werden würde. Nach einiger Bedenkzeit teilte er der Luchsdame mit, sie solle noch etwas warten mit der Entscheidung, dann würden sie bestimmt noch ein bisschen mehr Fleisch drauf legen. „Schatz, dass funktioniert nicht!“, Ronian hatte immer noch Tränen in den Augen. Faenwyn, der in dem Moment mit einem von ihm erlegten Hirsch wieder kam, musste bei dem bizarren Anblick so stark lachen, dass es ihn fast von den Füßen gerissen hätte. Die Situation war aber auch zu absurd. Der zwei Meter Hüne hinunter gebeugt, mit seinem Finger im Maul dieses winzigen Kätzchens, dass auf dem Rücken des Wolfes kaum zu sehen war. Vollkommen hilflos, wie ein Hase in der Grube. „Tja tut mir Leid, aber wenn sie darauf nicht reagiert, kann ich wohl nichts mehr für dich tun! Ruhe in Frieden, es war eine schöne Zeit!“ „Was das kannst du doch nicht ernst meinen!“ „Natürlich nicht. Ms. Sanktin haben Sie ein Idee, was wir machen können?“ „Na ja Kia und Gray haben seit vorgestern nichts mehr außer Reis zu fressen bekommen…wenn Sie noch ein wenig mehr Fleisch drauflegen haben Sie vielleicht eine Chance.“ „Ich denke nicht, dass die Tiere eine Ahnung davon haben, dass wir bereit sind hochzugehen, wenn sie abwarten!“ „Da irren Sie sich“, erklärte Aaron lächelnd, während weitere Hilferufe Ronians durch den Wald hallten, „Sie sind unsere magischen Begleiter und keine einfachen Tiere…sie sind weit intelligenter als ein durchschnittlicher Steuerberater!“ Gray jaulte zustimmend und schaute in Richtung des Hirsches. Tagiars Blick folgte ihm, seufzend erklärte er: „In Ordnung, ihr kriegt den Hirsch gut durchgebraten und wir begnügen uns mit dem Hasen, aber bitte lass mir meinen Ronian, der braucht seine Hände noch!“ Der Wolf jaulte erneut zustimmend und brachte die Lüchsin dazu, nicht weiter auf dem Finger rum zu kauen. „Sie lässt immer noch nicht los!“, Ronian war dem Nervenzusammenbruch nahe, „Rette mich doch endlich jemand!“ „Was soll denn das? Wir hatten einen Deal!“, erklärte Tagiar unwirsch. „Wie gesagt, sie sind nicht dumm! Ich schätze zuerst müssen Sie ihren Teil der Abmachung erfüllen und wenn sie das Fressen vor sich haben, werden sie dann loslassen. Vermutlich…“ „Wie vermutlich? Soll das heißen, dass sie uns vielleicht auch bescheißen?“ „Kann durchaus sein…ehrlich gesagt hab ich noch nie so eine Situation gehabt…wir geben ihnen immer genug zu fressen.“ „Na soweit kommt´s noch, dass ich mich von einem Wolf und ´nem Kätzchen hintergehen lasse! Wir verhandeln nicht mit Geiselnehmern!“ „Hiiilfe“, wimmerte Ronian, „Ich will kein Katzenfutter werden!“ Tatsächlich hatte er Glück und Kiara ließ los, als sie ihr und Gray den gebratenen Hirsch auf die andere Seite der Lichtung legten. Glücklich machten sie sich über das zarte saftige Fleisch her, während den Lehrern nichts anderes übrig blieb als unglücklich an ihren winzigen Hasenkeulen zu nagen. „Ich hoff das war dem Köter eine Lehre!“, knurrte der Zwerg missmutig, „Auf so ´ne Killerkatze reinzufallen! Streichel nie die Dinge mit den großen runden Kulleraugen, die haben sie nämlich nur um dich besser an zu locken!“ Ronian, der einen riesigen Verband, welcher den geringfügigen Verletzungen, die durch Kiaras Biss entstanden waren, bei weitem nicht angemessen war, um den Zeigefinger der rechten Hand hatte wimmerte schuldbewusst. „Ach was beschwerst du dich überhaupt?“, fragte Faenwyn ungehalten, „Dich sollte es doch freuen, dass du so wenig zu essen bekommst, dann wirkt wenigstens der Alkohol besser!“ „Stimmt…wenn ich dieses geistige schwarze Loch noch einen Tag ertragen muss, lauf ich solange mit meinem Kopf gegen einen Stein, bis ich ihr Bildungsniveau erreicht hab!“ „Leere Drohungen!“, flüsterte Aaron Reina liebevoll ins Ohr, „Der letzte Zwerg, der das sagte, hat mit seinem Kopf einen vierzig Kilometer langen Tunnel, durch einen Berg geschlagen und als er auf der anderen Seite raus kam, ging es ihm blendend, das erste nach dem er verlangt hat war ein Fass mit Zwergenale und was zu essen!“ Ein missmutiges Schimpfen erklang aus Richtung des Zwerges und ohne sich daran zu stören machte Aaron weiter bis Faenwyn ihn um des Friedens willen unterbrach: „Keine Sorge niemand von uns muss sie länger ertragen! Aufgrund ihrer, wirklich unterirdischen Leistungen hat der Rat befunden, dass sie den Weg zur Schule niemals aus eigener Kraft schaffen könnte und daher wird sie in der nächst gelegenen Stadt, samt ihren Eltern teleportiert. Sobald sie ankommt, werden sie sie in die Magierkrabbelgruppe schicken, in die nur die aussichtslosesten Lehrlinge kommen, da werden ganz viele Leute sehr verständnisvoll versuchen etwas in diesen Schädel rein zu pressen!“ „Die tun mir jetzt schon leid!“, erklärte Sandra mitleidig guckend, „Da könnte man sogar einem Staubsauger mehr beibringen!“ Nach dem, für alle außer Gray und Kiara, kargen Frühstück setzte sich die gesamte Gruppe in Bewegung. Die Sanktins abgesehen von Reina gingen voraus und verursachten einiges an Lärm, während der Rest übellaunig hinterher trottete. Im Gegenteil zum Vortag, schlugen sie diesmal einen geebneten Weg ein. Auf einem breiteren Waldweg, der von dichten Sträuchern und Unterholz gesäumt war und von großen alten Bäumen flankiert wurde, kamen sie deutlich schneller und problemloser voran. Es war ein schöner Spätsommertag, das dichte Blattwerk der Bäume warf einen leichten Schatten, die Sonne stand noch nicht zu hoch, sachtes Vogelgezwitscher erfüllte die Luft und eine leichte Brise umwehte sie. Die Strauß hielten sich ein Stück hinter den Lehrern. Aaron und Sandra hatten Reina und Oscar zwischen sich genommen, während Gray vor ihnen herlief. Die Marschtruppe vor sich betrachtend, bemerkte Aaron: „Faenny tut mir irgendwie leid! Scheint als hätte deine Schwester sich ein neues Opfer gesucht!“ Und tatsächlich scharwenzelte Cindy sehr offensichtlich um den elfischen Lehrer herum, wie ein Raubtier, das seine Beute fixiert hatte. „Solange sie dich nicht anrührt, kann sie mit dem machen was sie will! Wahrscheinlich, hat sie sich nur überlegt, dass sie dich so wütend machen und für sich gewinnen kann! Blöde Kuh!“ „Ooow, ist meine Rei eifersüchtig?“, liebevoll beugte er sich ihr zu und schenkte seiner Liebsten einen Kuss. Cindy die sich genau in dem Moment umsah, brannte vor Wut und warf sich Faenwyn um den Hals. Sie sprang ihn an und weigerte sich von ihm abzulassen, während er panisch und mit sehr angeekeltem Gesicht versuchte, dieses Ding weg zu bekommen. Letzten Endes war es der Zwerg der sich seiner erbarmte. Er stellte sich neben den Elf und lies seinen Blähungen freien Lauf. Was dazu führte, dass das aufdringliche Mädchen zwar in die Flucht geschlagen wurde, Faenwyn mit seiner feinen und empfindlichen Nase aber auch fast erstickt wäre. Aus Angst vor dem Giftgas, fielen Ronian und Tagiar ein Stück zurück, bis sie auf einer Höhe mit den Strauß waren. „Da sag noch mal einer Elfen und Zwerge könnten sich nicht ausstehen. Mr. , nein du darfst den Namen nicht aussprechen…nicht vergessen! Unser zwergischer Kollege ist doch stets bereit einem Elf in Not zu helfen!“, erklärte Ronian gleichmütig. „Schatz das würde ich nicht Hilfe nennen! Das war ein Mordanschlag! Absichtlicher Einsatz von verbotenen Chemiewaffen! Das Gas zieht dir die Haut ab…dafür musst du es noch nicht einmal einatmen! Hätte sich Mr. Tiriel auch denken können, wo er ihm doch heute Morgen verkündet hat, dass er über ein bisschen mehr Körperhygiene seitens des Zwerges sehr erfreut wäre!“ „Ich glaube er sagte eher so etwas wie ´…und es kann doch nicht so schwer sein sich mal zu waschen der Gestank ist ja nicht auszuhalten! Von den verschiedenen Blähungsintensiven und Geräuschen mal ganz abgesehen…riechen Sie mich etwa in der Gegend herum furzen? Ziehen Sie es gefälligst durch den Darm wieder hoch! Und ich will nie mehr eine illegale Destille in unserem Zelt finden, wenn Sie was zu saufen brauchen kaufen Sie es gefälligst wie jeder andere auch…bei den Gasen die Sie absondern explodiert uns das Ding sonst unterm Hinten weg! ´, aber grob zusammengefasst hast du wohl recht…“ Aaron musste leicht lächeln, Faenwyn hatte sich scheinbar kaum geändert. Immer noch der halsstarrige Elf, der zwar sehr reserviert und höflich, aber auch wirklich sauer und unflätig werden konnte. Erinnerungen stiegen in ihm hoch, wie sie, als sie noch klein gewesen waren immer die Abgesandten der Zwerge oder Menschen geärgert und schikaniert hatten. Er hörte sich noch selbst zu einem besonders arroganten Adeligen sagen: „Nein Sir, hier geht es nicht zum Palast…da hat Sie aber jemand ganz schön verulkt, Sie sind in der absolut falschen Siedlung. Da müssen Sie fürchte ich wieder zurück zum westlichen Waldeingang, dann nach links…lange Zeit geradeaus bis zu einer alten Eiche und von dort aus zweimal links, eine 45° Drehung, dann rechts, links, links, diagonal…“, am Ende war der Mann fünfmal in einer Schleife durch den Wald gerannt ohne jemals bei einer Elfenstadt anzukommen, immer schön gepflegt an ihnen vorbei. Gott hatte sein Vater ihn zusammengebrüllt, als er von dem Scherz erfahren hatte. Bei all den schönen Kindheitserinnerungen bemerkte Aaron gar nicht, dass Reina stehen geblieben war und etwas am Straßenrand interessiert einsammelte. Erst Ronian, der allerdings nicht sah was sie da genau tat weckte ihn mit der Frage: „Ms. Sanktin was machen Sie da?“ „Äh“, sie war zu Tode erschrocken halb aufgesprungen und schaffte es gerade noch einen kleinen Beutel hinter ihrem Rücken zu verstecken, „Gar nichts ich…“, sie schaute sich nach einer Ausrede suchend um und bemerkte, dass Gray hechelnd vor ihr saß, „ Der Wolf musste nur mal und ich habe ihm erklärt, dass er es noch ein wenig aufhalten muss!“ „Was wieso denn das?“, fragte Ronian verdattert, „Wir sind hier im Wald, in der freien Natur…lassen Sie ihn doch!“ „Was? Nein…ieeeh, also wirklich. Man kann doch nicht einfach so in den Wald machen! Stellen Sie sich mal vor sie wären ein armes hilfloses Reh und kämen nichts ahnend, zufällig vorbei. Nichts Böses befürchtend laufen und springen Sie herum und plötzlich *matsch* treten Sie in Wolfskacke! Das kriegen die armen Tiere doch nie wieder unter den Hufen weg…und wenn sie Pech haben, rutschen sie noch darauf aus und fallen rein!“ „Na da bin ich ja froh, dass ich die armen hilflosen Rehe nur esse! Aber vielen Dank jetzt hab ich keinen Appetit mehr!“ „Immer gern…und du“, sie schaute Gray streng an, „Machst auf gar keinen Fall in den Wald! Haltet unsere Wälder sauber…wenn du mal musst, wartest du bitte bis wir eine Menschenstadt erreichen, da kannst du dann!“ „Wo sie recht hat!“, Faenwyn hatte es mittlerweile geschafft, den giftigen Dämpfen zu entkommen und sich in sichere Gefilde mit besserer Luft zu retten, „In einer Menschenstadt ändert das auch nichts mehr! Da stinkt es sowieso überall!“ „Ja ja…wir haben aber auch gar keine Vorurteile nicht wahr?“, bemerkte Aaron, „Mir ist grad aufgefallen, dass wir den Namen des Zwergs gar nicht kennen! Wir können ihn ja schlecht bis zum Ende unserer Schullaufbahn mit Mr. Zwerg anreden!“ „Nein, aber mir fällt da genügend ein“, erklärte der Elf lächelnd, „Mr. Saufkopf; Mr. Stinkt wie eine ganze Brigade Ochsen; Mr. Ich hab meinen Darm nicht im Griff; Mr. Giftgas, Mr. Wäscht sich nie; Mr. …“, er machte noch eine ganze Weile weiter, bis Sandra ihn irgendwann mal unterbrach und unwirsch sagte: „Wir wollten seinen richtigen Namen wissen!“ „Das ist…ähm keine gute Idee…“,bemerkte Tagiar während er sich nervös umschaute, „Wissen Sie…sein Name wurde von der magischen Behörde in den Gefahrenrang 3 eingestuft! Das ist der in dem normalerweise nur Wörter stehen, bei deren Äußerung sofort ein Dämon beschworen wird…tatsächlich hat man aber Glück wenn nur das passiert!“ „Wie meinen Sie das?“, fragte Reina den Kopf schief legend. „Na ja…es ist so…, dass…das ist etwas kompliziert!“ „Ist es nicht!“, bemerkte Ronian beiläufig, „Sogar ihre Schwester würde es raffen! Sein Name ist nicht gut! Er bringt Chaos…das letzte Mal als er sich namentlich vorgestellt hat, schaffte er nur die ersten vier Buchstaben, danach gab es ein gewaltiges Erdbeben, ein Erzdämon erschien und die halbe Schule ist eingestürzt!“ „Oh, okay…dann frage ich besser nicht…aber was ist mit aufschreiben?“ „Genauso schlimm, nicht ganz so gravierende Folgen…zumindest nicht für das Umfeld, aber man selbst ist eine ganze Weile lang verflucht…es fallen einem Dinge auf den Kopf…Treppenstufen verschwinden plötzlich, Bananenschalen fühlen sich magisch von einem angezogen etc.!“ „Wenn wir ehrlich sind, kennen wir seinen Namen auch nicht! Er ist eben einfach der saufende, magische Kampfzwerg! Oder der magische, saufende Furzzwerg…je nachdem wie gut Sie ihn kennen!“ „Faenwyn also wirklich…das sind unsere Schüler, was sollen sie denn denken? Er ist ein hochgeschätzter Kollege und ausgezeichneter Lehrer. Es mag wahr sein, dass er manchmal dazu neigt, das ein oder andere Glas Alkohol zu trinken, aber wer tut das nicht? Schließlich…“, versuchte Tagiar zu erklären, doch der Elf schnitt ihm das Wort ab: „Das ein oder andere Glas? So etwas gibt es bei ihm nicht…der lebt davon, der trinkt höchstens das ein oder andere Fass!“ „Trotzdem müssen wir das nicht vor den Schülern besprechen! Das ist unhöflich!“ „Nein nein. Ist schon ok…, dass stört uns nicht. Wir sprechen ja untereinander auch schlecht von den Lehrern, also warum sollten sie das nicht auch machen?“, erklärte Sandra „Sie sprechen untereinander über ihre Lehrer? Was sagen sie denn da so?“ „Oh…na zum Beispiel haben wir immer gern über meinen ehemaligen Geschichtslehrer gelacht…der ist immer während seinen Unterrichtsstunden eingeschlafen!“ „Ist das nicht schrecklich gefährlich? Die Schüler könnten doch sonst was anstellen?“ „Nicht wirklich, die hat er vorher noch in Narkose geschwatzt! Schrecklich! Gott war ich froh, dass Rei in unsere Klasse gekommen ist…da hatte ich wenigstens jemanden zum reden!“ „Hm…entschuldigen sie bitte meine Neugier, aber ich habe gehört sie hätten wegen Ms. Sanktin die Schule wechseln müssen! Was ist denn vorgefallen?“, fragte Faenwyn neugierig. „Darüber würde ich lieber nicht reden!“, erklärte Reina, schuldbewusst dreinschauend. „Zu Schade!“, schweigend gingen sie weiter, immer noch von den lärmenden Sanktins angeführt. Nach einiger Zeit gesellte sich auch der schlechtgelaunte Zwerg zu der hinteren Gruppe. „Wenn die so weitermachen, findet uns wirklich jeder Bandit, Schläger, Wegelagerer, Ork und was es hier noch so alles gibt!“ Entgegen den Befürchtungen, schien genau an diesem Tag kein einziges hinterhältiges Wesen auf sie zu lauern. So erreichten sie gegen Mittag die letzten Ausläufer des Waldes. Noch kannte Reina nichts in dieser Welt außer dem Wald, als sie nun am Ende des Weges auf einer gepflasterten Straße stoppten, war sie vollkommen überrascht. Sie befanden sich ein wenig erhöht, auf einem Hügel, unter ihnen meilenweit offenes Land. Strahlende smaragdgrüne Wiesen wechselten sich mit einigen vereinzelten Straßen ab und über allem thronte ein majestätisch wirkendes, weit in der Ferne hoch aufragendes Gebirge. Sie konnte sich bei diesem Anblick kaum zurückhalten, das Gras war am Wegesrand hoch gewachsen, vereinzelt gab es Flecke mit wunderschönen weißen Blumen, deren Blätter vom Wind davongetragen wurden, ein angenehmer Duft umspielte ihre Nase. Es war ein Land so voller Schönheit, voller Magie und Reinheit, sie hatte einfach nur das Bedürfnis in dieses grüne sacht wogende Meer zu rennen, einfach nur zu laufen, dem Gefühl von Freiheit zu liebe, einfach nur unbedacht ein Stück davon fliegen, sich an der Schönheit erfreuen. Der Himmel war so klar, so blau, bedeckt mit zahlreichen Schäfchenwolken. Am Fuße des Hügels, der Straße folgend, ging die Graslandschaft langsam in Felder, Weiden über. Vereinzelte Höfe kuschelten sich in vorsichtigem Abstand aneinander, dahinter ragte der Wall einer Stadt auf, eine gewaltige Befestigung. Die Stadtmauern, flankiert von Bogenschützen und beschützt von Wachen, die jeden Reisenden kontrollierten. Mit sehnsüchtigem Blick, wandte sich Reina an Aaron, der in ihren Augen jenes Bedürfnis erkannte, was auch ihn jedes Mal überfiel wenn er in seine ehemalige Heimat zurückkehrte, liebevoll nahm er ihre Hand in seine und zog sie dann fort. Fort von der Gruppe, von ihrer Familie, er rannte, rannte mit ihr durch die weiten grünen Fluten, zerstäubte einige Blumenbüschel, brach durch den weißen Blätterregen, immer noch mit ihrer Hand fest in seiner. Er legte einige Schlenker ein, ließ sich einige Zeit zurückfallen und überholte sie, spielte mit ihr fangen. Wenn Aaron sie erwischte, hob er sie hoch und drehte sich mit ihr, durchwirbelte das Meer, wie in einem Tanz, den die Natur nur für die beiden erdacht hatte. Ließ sie aber stets wieder los damit sie erneut ein Stück von ihm weg konnte. Reina lachte wie sie es noch nie zuvor getan hatte, so befreit, so richtig am Platz hatte sie sich noch nie gefühlt. Sie sah sein strahlendes Gesicht, seine wie Perlmutt in allen Farben schimmernde weiße Haut, das leuchtende dunkle Türkis seiner im Wind wehenden Haare, die leuchtenden roten Augen, die im Kontrast zu den endlosen grünen Weiten und den fliegenden Blütenblättern wie behagliche, warme Feuer brannten. Das zauberhafte Lächeln auf seinem Gesicht, wenn er ihr nah genug kam, wenn er sie in seine Arme schließen konnte, ihren Pulsschlag so nah fühlte, ließ ihr Herz höher schlagen. Es war wie ein Traum, ein Licht in der Endlosigkeit des Nichts für jemanden, der seit Jahrhunderten die Dunkelheit durchwandert, ein Tanz des Lebens, der Reinheit. Durch ihre Liebe bewegt, beteiligten sich auch die Elemente, das Mana wirbelte, folgte ihren Schritten und zeichnete für den der es sehen konnte ein Gemälde, spielte die schönste aller Symphonien, nur für das glückliche, befreite, über die Wiesen tollende Paar. Gebannt von dem Tanz standen ihre Begleiter nur da, Sandra und Oscar hatten Tränen in den Augen, sie hatten die Beiden noch nie so glücklich gesehen, noch nie so vereint, erst unter ihrem Blick, entfaltete das Mana seine wahre Schönheit. Es regte die Pflanzen an, das Gras wurde fast noch grüner, immer mehr Blumen wuchsen, das Sonnenlicht wurde schöner reflektiert, es war als sollte alles neu geboren werden, durch diese Liebe. Ronian und Tagiar, bei weitem nicht so empfänglich für das Mana wie die Beiden Vampire, denen es im Blut steckte, erkannten trotzdem das Wunder, die Unschuld bei diesem rumtollen. Bedächtig nahm Ronian die Hand seiner großen Liebe, schloss ihn in seine Arme und hielt ihn ganz fest an sich, spätestens jetzt war ihm klar, dass diese Beiden für einander bestimmt waren, das Aaron in Reina das gefunden hatte, was er in Tagiar gefunden hatte. Nicht einmal Faenwyn konnte in diesem Moment schlecht gelaunt sein oder mit dem Zwerg streiten, fasziniert schaute er dem Tanz zu, spürte das erwachen der Natur. Selbst der noch leicht verkaterte zwergische Lehrer, vergaß mal einen Moment, dass ihm der Alkohol ausgegangen war und er kaum etwas zu essen bekommen hatte. Nur die Sanktins störten die friedliche Ruhe, die über dem Gebiet lag mit ihren ständigen Beschwerden und Cindys wilden Beschimpfungen und Drohungen Reina gegenüber. Doch die Beiden bekamen davon nichts mit, noch eine Zeit lang wirbelten und lachten sie zusammen, bis Reina nicht mehr konnte und sich erschöpft ins Gras fallen ließ. Liebevoll glitt Aaron neben ihr zu Boden und schloss sie sanft in seine Arme, zusammen schauten sie in den wundervollen weiten blauen Himmel. „Schau mal, die Wolke da sieht aus wie du!“, flüsterte Reina ihm leise ins Ohr. „Hmmm…ziemlich unförmiges Ding…“ „Ja aber genauso weich und kuschelig! Wenn du ganz genau hinschaust, da könnte die Nase sein, die funkelnden Stellen, wo die Sonne durchscheint sind die Augen, das musst du dir weg denken, das da auch, da ist die Stirn, die Wangen, dann da die Ohren…“ „Meine Ohren sehen anders aus!“ „Echt?“ „Yepp!“ „Uuwww, lass sehen, lass sehen!“ „Hi, hi hi…vielleicht heut Abend ok?“ „Versprochen?“ „Hm…zumindest das vielleicht!“ „Oooow, na warte!“, er hatte sich grade wieder aufgesetzt, da stürzte sie sich auf ihn, umschlang seinen Oberkörper und fing an ihn zu kitzeln. „Hi hi hi…Hilfe! Aufhören! Rei lass das…ich explodier noch vor lachen!“, und tatsächlich krümmte er sich unter ihren sanften Fingern zusammen, versuchte sich weg zu wälzen und erkannte, dass sie ihn fest im Griff hatte. „Na…warte!“, keuchte er zwischen zwei Lachsalben hervor, „Das kann ich auch!“ Mit ein paar schnellen Bewegungen hatte er die Oberhand gewonnen und kitzelte nun seinerseits Reina liebevoll. Die Gruppe ging getrennt bis zum Stadttor. Reina und Aaron, die weiter hangabwärts gewesen waren, erreichten die große aus Holz errichtete Barrikade als erste. Vor dem großen hölzernen, mit Eisenbändern verstärkten Tor, standen zwei sehr missmutig dreinschauende Wachen, die sie fragend musterten. Die Art und Weise, wie sie Reina anstarrten gefiel Aaron gar nicht, am liebsten hätte er sie sofort kastriert, doch noch bevor er etwas tun konnte, war auch der Rest der Truppe da. „Was wollen sie hier?“, fragte der ältere, stark vernarbte Wächter abweisend. „Wir sind angehörige der Magieschule Praecantatrix Sapientipotens! Wir bringen hier jährlich neue Rekruten vorbei, das ist der erste Rastplatz und daher erbitten wir um Einlass, um unsere Vorräte aufstocken zu können.“ „Für Gesindel wie euch ist die Stadt geschlossen! Nach den Gesetzen des neuen Lords, dürfen Monster wie ihr unsere Ländereien zum Schutz der Bevölkerung nicht mehr betreten! Es sei denn ihr hättet ein offizielles Schreiben des Lords das es euch erlaubt!“ „Was heißt hier bitte Gesindel?“, sowohl Ronian als auch der Zwerg hatten ihre Waffen gezogen und waren kurz davor dem Typen den Schädel zu spalten, zum Glück konnten Tagiar und Faenwyn sie zurückhalten. „Sind…hier bereits andere von unserer Art vorbeigekommen?“ „Ja wir haben sie abgewiesen, so wie euch! Kann sein, dass sie Unterschlupf bei den Bauern gefunden haben, kann aber auch sein, dass sie so weitergezogen sind…könnte auch sein, dass ich ihnen den Schädel gespalten habe!“ „Das hätten sie bei keinem meiner Kollegen geschafft!“ „Entschuldigung“, bemerkte Aaron. Vorsichtig schaute er Reina an, dann Sandra, diese seufzte und hielt ihrer kleinen Schwester die Ohren zu, „Wir müssen wirklich dringend in die Stadt und wenn ich mich recht erinnere gehört dieses Gebiet doch zu dem Fürstentum Derathan, nicht wahr?“ „Was geht euch das an Magier?“ „Eine Menge, wer ist der neue Lord?“ „Lord Enthan II, regiert dieses Land, seit dem Tod seines Vaters Lord Kiltan IV!“ „Das habe ich mir gedacht, euer Lord wird wirklich böse sein, wenn ihr mich nicht hineinlasst! Überbringt ihm eine Nachricht und fragt selber, falls ihr mir nicht glauben solltet!“ „Pah, als hätte unser Lord Zeit für so etwas unwichtiges!“ „Oh, ich weiß nicht, aber ich glaube er hat auch genug Zeit eure Köpfe auf einem Spieß auf die Mauerzinnen zu stellen, insofern…was habt ihr zu verlieren? Sagt ihm einfach, Aaron Lith´allain Ethalan wäre hier und würde einen Gefallen einfordern…er wird wissen was gemeint ist!“ „Lith´allain…ist das nicht…das …königliche Haus…der Elfen?“ Aaron versicherte sich das Sandra Reinas Blick von ihm lenkte und hob dann seine Haare hoch, sodass die Wächter seine spitzen Ohren sehen konnten. Vor Schreck wurden die Beiden totenbleich, öffneten die Tore und ließen die Gruppe hinein, tatsächlich gaben sie ihnen sogar Geleitschutz bis zum Palast des Fürsten. Während Ronian und Tagiar sich verabschiedeten, um Vorräte kaufen zu gehen und die anderen Magier vor zu warnen, bestaunte Reina das riesige Anwesen. Es war unendlich weitläufig, endlose Gärten, das gigantische Haupthaus, man hätte dort Monate verbringen können, ohne dass man irgendwen getroffen hätte. Überall glitzerte und schillerte es, so viel Pracht, aber auch eben so viel Verderbtheit, die reiche Fassade, sollte nur den tiefschwarzen Kern verdecken, denn so hübsch das Anwesen auch gebaut war, ein Großteil der Leute war entweder besessen von sich selbst oder von Reichtum und Macht. Aaron wusste, dass dies wohl kaum der richtige Ort für seine unschuldige Reina war, er selbst wäre niemals hergekommen, wenn es eine andere Möglichkeit gegeben hätte. „Sandra das könnte eine Weile dauern, warum zeigen du und Oscar Rei nicht ein wenig die Stadt?“ „Huh? Aber ich will bei dir bleiben!“ „Das ist lieb…, aber es wird dir hier schnell langweilig werden, die Leute sind alle so oberflächlich, solche Speichellecker…außerdem muss ich hier noch ein paar Hühnchen rupfen! Ein Ausflug mit Sandra ist bestimmt viel interessanter!“ „Hm…ok! Gibt es in der Stadt irgendwo eine Küche die ich benutzen könnte?“ „Äh keine Ahnung, wofür denn?“, fragte Sandra neugierig und lenkte Reina, Faenwyn und den Zwerg wieder zurück in Richtung Stadt. „Das ist eine Überraschung!“ „Ow, jetzt bin ich neugierig! Raus damit, komm schon, wir sind doch Freundinnen, mir kannst du es doch erzählen!“ „Ja könnte ich, aber dann wäre es ja keine Überraschung mehr. Warts einfach ab.“ „Grrrr, sowas kann ich nicht! Dafür fehlt mir das Talent! Bitte, BITTE! Verrate es mir!“ Im Vergleich zum prunkvollen Anwesen des Fürsts war die Stadt in einem sehr schäbigen und heruntergekommenen Zustand. Die Straßen waren viel zu klein, vollkommen verschmutzt, es drängte sich Haus an Haus, dreckige Fassade an dreckige Fassade, nur unterbrochen von dunklen, engen Seitengassen. Hunderte von Menschen drängten sich aneinander, es war unmöglich der Masse zu entfliehen. Sandra und Reina wurden einfach mitgerissen, hatten keine Chance irgendwo anzuhalten oder in ein Geschäft zu gehen. Irgendwann reichte es der Vampirin, ungehalten drängte sie sich durch die Menge, rempelte etliche Leute an und schlug eine Schneise. Reina folgte ihr unauffällig, noch nie hatte sie eine magische Stadt betreten, da waren so viele verschiedene Wesen, deren Bezeichnung sie noch nicht einmal im Ansatz erfassen konnte. Menschen aus unterschiedlichen Regionen, Elfen, Zwerge, Feen, wenn man genau hinsah auch Kobolde, Gnome, Chimären, verschiedenste Wesen, Meermenschen, magische Tierwesen. Egal wo ihr Blick hinfiel überall gab es etwas Neues zu entdecken, das sie fesselte und faszinierte, bei all den Eindrücken, fiel es ihr denkbar schwer, Sandra nicht aus den Augen zu verlieren. In einem Moment war sie noch genau vor ihr und wenige Sekunden später, Reina hatte sich kurz umgesehen, stand sie alleine in der weiten Menschenmenge. Ängstlich blieb sie stehen, durchforstete das Meer, aber weit und breit war keine Spur von ihrer großen Schwester. Mit einem mulmigen Gefühl drängte sie sich etwas weiter durch das Gewühl, bis sie auf einem riesigen Platz landete, der von Häusern umbaut war. Hier schien der Auslöser für den Tumult zu liegen, die Menschen drängten dort hin, stellten sich in einem großen Kreis auf und begafften irgendetwas. Sich unwohl fühlend holte Reina Aarons Handy hervor und durchforstete es nach Sandras Nummer. Sie hatte sie gerade gefunden und wollte wählen, als ein Schrei, gefolgt von dem Geräusch zerreißenden Metalls, durch die Menschenmenge ging. Die Leute um sie herum gerieten in Panik, fingen an in die entgegengesetzte Richtung davon zu rennen. Reina schaffte es gerade so, trotz all der Wesen die sie anrempelten, nicht umgerannt zu werden, wobei ihr allerdings jemand das Telefon aus der Hand schlug. Es suchend, tauchte sie ab, krabbelte auf dem Boden herum, bis sie es einige Meter vor sich liegen sah. Mühsam kämpfte sie gegen den Strom, doch gerade als sie es erreicht hatte, stieß ein unaufmerksamer Fuß es weg, wodurch es mehrere hunderte Meter geschleudert wurde. Jeder Schritt wurde zu einer Qual, von allen Seiten bedrängt, umgeschubst, getreten, schaffte sie es irgendwie trotzdem langsam vorwärts zu kommen. Bis ein riesiger Mensch, etwa von der Größe Ronians, in die Menge fiel, mehr geschleudert wurde, und alle, inklusive Reina, die direkt vor ihm gestanden hatte, umriss. Sie versuchte sich wieder aufzurappeln, schaffte es aber nicht, der Barbar war direkt auf ihr gelandet und war verdammt schwer. Der plötzliche Schlag hatte ihr alle Luft aus der Lunge gepresst sie konnte nicht atmen, wurde unter dem Gewicht langsam zerdrückt und ein dunkler Schleier begann sich vor ihre Augen zu legen. Langsam verlor sie das Bewusstsein, sollte es so vorbei sein? Sie wollte noch nicht gehen, schon gar nicht jetzt wo einmal alles in ihrem Leben gut verlief, wo sie glücklich war. Mit einem Mal fühlte sie sich leicht, wie eine Feder, sie konnte wieder Luftholen. Ein Mitstreiter des Barbaren, eine Elfin hatte ihn hoch gehievt und in Richtung des Kampfes gestoßen. Besorgt dreinschauend widmete sie sich Reina und fragte mit eigentlich viel zu tiefer Stimme: „Alles in Ordnung? Geht es ihnen gut?“ Sie konnte noch nicht antworten, ihr Geist war immer noch ein wenig vernebelt, zur Antwort nickte sie einfach zaghaft. „Das ist gut, aber sie müssen weg hier, das ist kein Ort für eine Lady. Befindet sich irgendwer in der Nähe, der für sie sorgen könnte, bei dem sie unterkommen können?“ „Nein…ich war…mit meiner Schwester unterwegs…und habe sie aus den Augen verloren.“ „Gibt es denn eine Möglichkeit sie zu kontaktieren?“ „Das Handy“, Reina konnte es von dort aus sehen. Es lag nur wenige hundert Meter vor ihr. Eigentlich gab es keinen Grund es nicht zu holen, die Elfin und einige Krieger die sich mittlerweile zu ihnen gesellt hatten, schienen die Einzigen auf dem Platz zu sein. Den Blick fest auf das Telefon gerichtet, schaute Reina erst hoch, als ein lautes, alles übertönendes Brüllen erklang. Ihr Herz wäre fast stehen geblieben, mitten auf dem unbebauten Gebiet, nur wenige Fuß von ihrem Handy entfernt stand ein riesiger silberner Drache. So groß wie mehrere Häuser übereinander, mit Flügeln hell schillernd wie der Morgentau und Augen so tiefblau wie das Meer. Sein muskulöser Keilförmiger Kopf, zuckte erhaben, auf dem langen Hals, mal hier hin mal dorthin, die Hörner erstrahlten in reinstem weiß ,die Schuppenplatten klirrten leise während die angezogenen Flügel raschelten und der majestätische dornenbesetzte Schwanz nach Opfern suchend, über den Boden fegte. Reina war wie geblendet, sie hatte gedacht, das diese Wesen ausgestorben sein, wenn sie überhaupt je existiert hatten. Niemals hätte sie damit gerechnet einem lebenden Exemplar zu begegnen. Ungeduldig kratzten die krallenbewehrten Klauen über den Stein und hinterließen tiefe Spuren. Der Drache, spannte einige Male seine Flügel halb auf, ganz konnte er sie nicht ausbreiten, dafür war die Umgebung zu eng. Die freie Strecke von Hauswand zu Hauswand reichte bei weitem nicht, mit seinem Körper nahm er fast den ganzen Platz in beschlag. Eigentlich war es ein guter Tag für ihn gewesen. Er hatte sich am Morgen bequem in der aufgehenden Sonne gerekelt, war dann auf Nahrungssuche durch seine Ländereien geflogen. Wer hätte schon ahnen können, dass so ein paar hirnlose Drachenjäger ihn aus der Luft holen und zur Notlandung in dieser stinkenden Stadt zwingen würden. Missmutig verpasste er einem heran rennenden Menschen eins mit seinem Schwanz, sodass er über das nächste Haus hinwegflog und irgendwo Kilometer entfernt aufschlug. Nicht zu fassen wie unterbelichtet diese Leute waren, selbst wenn er sie nah genug an sich heran gelassen hätte, ihre Waffen hatten nicht die geringste Chance durch seinen dichten Schuppenpanzer zu dringen. Wehmütig erinnerte er sich an die guten alten Tage, als Drachentöter noch eine echte Gefahr, wahre Gegner gewesen waren und nicht Kanonenfutter mit dem man Federball spielt. „Gibt es eine andere Möglichkeit als das Handy?“, fragte der als Elfin verkleidete Elf. „Nein…gibt es…“, ihr stockte fast der Atem als der riesige Drache plötzlich in ihre Richtung blickte, als seine Augen ihre trafen. Es war komisch ein Gefühl von Vertrautheit breitete sich in Reina aus, so als würde sie ihn kennen. Dem Drachen ging es nicht anders, gefesselt von ihrem Blick, vergaß er die Situation, wo er war. Er starrte sie einfach nur an, ließ sich von diesen wundervollen tiefen Augen davontragen. Der zuvor gestürzte Barbar, rannte von der Seite auf ihn zu, laut brüllend und mit gezückter Axt. Ihn nur aus den Augenwinkeln wahrnehmend, holte der Drache mit seinem Schwanz aus und wischte ihn einfach so, in einer geschmeidigen Bewegung von den Beinen und in eine Wand. Langsam ging er auf Reina zu und gerade als diese dachte, er würde sie überrennen oder zerquetschen, erstrahlte sein Körper in einem hellen Licht. Die Umrisse veränderten sich, wurden menschlich, das Licht erstarb und ein wenig vor ihr stand ein muskulöser Mann, nur mit einer Hose bekleidet. Etwa 1,85 Meter groß mit langen, wallenden, weißen Haaren, heller Haut und Augen die ihren zum Verwechseln ähnlich sahen. Vorsichtig kam er näher auf sie zu und streckte seine Arme aus. Er wollte sie berühren, sie in den Arm nehmen, er hatte solange nichts von ihr gewusst. So viel Zeit vergeudet, verloren. Doch noch bevor er ihr nah genug kam, hörte er ein Knurren von der Seite und spürte einen Schlag, der ihn von den Beinen holte. Aaron war, nachdem Sandra bescheid gesagt hatte sofort los geeilt um Reina zu suchen. Den Drachen hatte er schon von weitem gesehen und auch die Verwandlung. Niemand kam seiner Rei zu Nahe, schon gar nicht so eine gefährliche Monsterechse. Der Drache war schneller wieder auf den Beinen als es ihm lieb gewesen wäre. Aaron schob den verkleideten Elf zur Seite und stellte sich schützend vor seine Liebste, während der weißhaarige Mensch noch immer näher kam. „Keinen Schritt weiter!“, er knurrte noch einmal um die Drohung zu verstärken, „Bleib wo du bist! Weg von meiner Rei!“ „Erkennst du mich denn nicht?“, der Drache wusste oder spürte wohl besser, dass ihr Beschützer nicht ansprechbar war und wendete sich direkt an sie, „Spürst du nicht wie nah du mir bist, selbst wenn wir uns noch nie gesehen haben? Ich wusste nicht, dass es dich gibt! Ich habe so viele Jahre verloren, kannst du mir verzeihen?“ „Zwischen euch ist nichts! Sie gehört zu mir, verstehst du Echse?“ Er legte schützend einen Arm um sie, presste Reina damit vorsichtig an seinen Rücken, wo sie sich nur allzu bereitwillig ankuschelte. Es war ihr alles etwas zu viel, der Drache brachte sie durcheinander, so vertraut, so behütend und doch so fremd. „Hast du dich nie gefragt, warum du dich so fehl am Platze fühlst unter Menschen? Warum sie dich nicht leiden können? Ich kenne dich, wenn auch noch nicht gut, du hast eine ältere Schwester namens Cindy und deine Mutter heißt Vacca Sanktin, nicht wahr?“ „Woher…wissen sie das? Woher wissen sie etwas über mich“, etwas ängstlich verließ Reina Aarons Schutz, dem das gar nicht gefiel, sie stellte sich aber nicht allzu weit vor ihm hin, sodass er notfalls noch eingreifen konnte. Der Drache in menschlicher Form kam näher und streckte vorsichtig seine Hände nach ihr aus. Sie wehrte sich nicht und versuchte Aaron lautes Knurren zu überhören. Vorsichtig blieb der Drache einen halben Meter vor ihr stehen und nahm ihr Gesicht in seine Hände. Zärtlich streichelte er über ihre Wangen, fuhr über ihre Augenbrauen und legte dann sanft seine Stirn an ihre. „Ich weiß das, weil ich…dein Vater bin.“ Kapitel 10: Der verschollene Vater ---------------------------------- „Ihr was?“, riefen Aaron und der verkleidete Elf beide gleichermaßen schockiert und ungläubig. Reina schob sich von ihm weg, entwand sich seinem Griff und wich zu Aaron zurück. Der weißhaarige Mann wollte ihr folgen sie in den Arm nehmen und beruhigen, doch das konnte sie nicht ertragen. Er hatte mit einem einzigen Satz, mit drei Wörtern alles zerstört, was sie sich ein Leben lang aufgebaut hatte, ihr jeglichen Boden unter den Füßen weggezogen. Fragen über Fragen schossen ihr durch den Kopf. Wer war sie überhaupt? Was war sie überhaupt? Was würde aus ihr und den Strauß werden? Könnte sie in dieser Familie bleiben? Würde sie bei Aaron bleiben können? Ob er sie noch lieben konnte, wenn er wusste , dass sie vielleicht auch ein Monster war? Vor Reinas Augen begann sich alles zu drehen, alles verschwamm. Die Welt um sie herum schien zu rasen, ihren seelischen Zustand nachzubilden. Kraftlos sackte sie zusammen und wurde von Aarons Armen aufgefangen, er war noch da, trotz allem noch bereit sie zu lieben und bei ihr zu sein. Tröstlich schmiegte sie ihren Kopf an seine Brust, vergrub ihr Gesicht in der Dunkelheit seines Mantels. Dort fühlte sie sich wohl, abgeschirmt von der Welt, gab es nur sie und ihn. Ihr Vater konnte die Stärke der Reaktion noch immer nicht verstehen, hilflos suchte er den Kontakt, versuchte es ihr zu erklären, überhaupt zu ihr durch zu dringen. Doch das Einzige was er bekam war ein wütendes Knurren von Aaron. „Lassen sie sie in Ruhe! Weg von meiner Rei!“ „Aber…aber ich bin ihr Vater! Ich wusste doch nicht das es sie gibt und will sie kennenlernen, sie ist doch mein Fleisch und Blut!“, bei diesen Worten erzitterte Reina noch mehr als zuvor und schluchzte leise. „Mag sein, das gibt ihnen aber noch lange nicht das Recht ihr so weh zu tun…merken sie gar nicht, dass sie sie im Moment nicht erträgt?“ „Aber…ich…“ „Ja das ist alles woran sie denken können nicht wahr? An sich und das was sie wollen! Wo waren sie überhaupt die letzten siebzehn Jahre? Wissen sie eigentlich was Reina durchmachen musste? Wie sie gelitten hat in all der Zeit? Wie einsam sie war? Sie haben doch keine Ahnung wie sie ist, was sie gerne Macht, was sie mag, was sie hasst und sie wagen es sich ihren Vater zu nennen?“ „Ich…weiß das ich viel Zeit verloren habe, aber ich kann es doch nicht ungeschehen machen! Jetzt bin ich da und jetzt will ich sie kennenlernen und mich um sie kümmern! Bitte Reina gib mir doch wenigstens eine Chance.“ Sie schmiegte sich noch ein wenig näher an Aaron, am liebsten wäre sie in ihm versunken, hätte einfach aufgehört zu existieren. Reina war vollkommen aufgelöst, sie wollte nicht mit diesem Mann konfrontiert werden, wollte nicht über all das nachdenken. Am liebsten hätte sie die Zeit zurückgedreht, wäre an diesem Morgen noch einmal neben Aaron aufgewacht und hätte sich geweigert ihn jemals wieder los zu lassen. „Rei?“, er streichelte sanft über ihren Kopf, küsste zärtlich ihre Stirn und strich liebevoll ein paar Tränen aus ihrem Gesicht, „Alles ok? Willst du ein Stück gehen? Wir können auch schon mal ins Gasthaus in dem wir uns nachher treffen wollten. Ein wenig Ruhe und ein Ort an dem du die Füße hochlegen kannst, würden dir sicher gut tun.“ Fahrig strich sie sich mit zitternder Hand eine Strähne aus dem Gesicht und nickte schwach. „San und Oscar sind bestimmt mittlerweile auch da. Sie können ja nachkommen, wenn Sie wollen“, er schaute den Drachen an, „Ich weiß nicht ob Sie den Gasthof kennen, er nennt sich ´Zum volltrunkenen Zwerg´. Rei gibt ihnen bestimmt eine Chance, sie muss…sich nur erst ein wenig beruhigen und mal in Ruhe nachdenken können.“ Seine Liebste im Arm ließ Aaron den Drachen zusammen mit dem verdattert dreinschauenden verkleideten Elf auf dem Platz stehen und machte sich auf den Weg. Nachdem sie sich einige Zeit lang durch die dunklen, verdreckten, mit Ratten verseuchten Seitengassen der Stadt geschlagen hatten und mehrmals fast von Banditen überfallen worden waren, erreichten sie endlich eine kleine, im Schatten eines großen Hauses gelegene Taverne. Ein altes, vermodertes Schild, auf dem ein umgefallener Zwerg zu sehen war, markierte den Eingang. Dieses Gasthaus schien schon weit bessere Tage gesehen zu haben, durch die milchigen, verstaubten Scheiben drang kein Lichtstrahl, die Hauswände erschienen in einem schmutzigen graubraun, durch den Dachgiebel heulte eine Böe und über allem lag eine nichts Gutes verheißende, erdrückende Stille. Der Wind heulte durch die verlassenen, dunklen, staubigen Straßen. Wenn Reina jemals einen Ort, ein perfektes Schlupfloch für Meuchelmörder hätte beschreiben müssen, hätte diese Lokalität wohl Modell gestanden. Mit einem Unheil verkündenden Knarzen öffnete sich die Tür als Aaron die Schwelle betrat und machte die Sicht in einen tief dunklen Innenraum frei. „Rei da bist du ja“, Sandra stürmte ihr entgegen und fiel um ihren Hals, noch bevor sie die Taverne richtig betreten hatten, „ Du kannst doch nicht plötzlich einfach weg sein! Ich hatte solche Angst, dass dir irgendwas zugestoßen ist! Dann wär ich doch ganz allein mit all diesen komischen Typen! Mach so was nie wieder, hast du gehört?“ „J…ja, tut mir Leid…“, sie war immer noch ziemlich durcheinander. „Alles in Ordnung?“, Sandra war die Rötung ihres Gesichts aufgefallen, „Hast du etwa geweint? Aaron was hast du ihr wieder angetan? Du unsensibler Trampel…“ „Hei, das ist nicht meine Schuld gewesen, das war wegen…“ „Ich…wir haben gerade meinen Vater getroffen…“ „Was deinen Vater? Wie geht das denn? Die wurden doch gerade wegteleportiert…warte sind sie zurückgekommen? Hat er dir irgendwas angetan? Dem reiß ich die Knochen raus und steck sie dann anschließend falschrum wieder zurück!“ „Nein…nein, das ist nur mein Stiefvater…uns ist mein…richtiger Vater begegnet oder zumindest jemand der sich dafür ausgibt…und…und ich bin ein Monster!“, Reina fing wieder bitterlich an zu weinen. Sandra zog sie enger an sich, streichelte liebevoll über ihren Rücken und ihre Haare. „Shhh, shhh was redest du denn da? Du bist unsere kleine, süße Rei…DU bist kein Monster!“, Reina schluchzte nur noch lauter, „Schau mal wenn du ein Monster wärst müsste Oscar doch vor dir Angst haben und ich glaube du bist so ziemlich das Einzige was er nicht fürchtet. Mal abgesehen von…Wackelpudding! Na siehst du jetzt strahlst du wieder, so soll es sein…wir gehen jetzt erst mal rein, nehmen ein schönes entspannendes Bad, Aaron macht uns einen Limettentee und dann erzählst du mir in Ruhe was passiert ist.“ Reina nickte ruhig und ließ sich von Sandra in den dunklen, warmen Schankraum schieben. Im Innern war die Taverne deutlich einladender, sauberer. Auf dem dunklen Parkettfußboden war nicht ein Staubkorn zu sehen und die Tische die rechts und links vom Eingang standen waren mit Tischdecken und frischen Blumen verziert. Geradeaus befand sich ein alter Tresen, an dem Reservierungen angenommen wurden, links davon an der Wand eine kleine Bühne. Ein geschäftiges Treiben erfüllte den Raum, überall huschten Schankmägde herum, saßen Leute in verschiedensten Roben an den Tischen. Sanft schob Sandra sie vorwärts, an dem Tresen vorbei, die Treppe zu den Zimmern hinauf. Ein langer Gang lag vor ihnen, nichts hatte von außen darauf hingedeutet, dass das Haus so geräumig war. Sie gingen eine Weile und stoppten dann vor einer Zimmertür. „So hier schlafen wir beide. Aaron und Oscar sind nebenan. Badezimmer ist auch gleich integriert, die Tür an der rechten Wand. Brüderchen? Ah da bist du, los Abmarsch in die Küche, du kannst dann in 35 Minuten den Tee servieren und vergiss nicht Kekse mitzubringen oder Kuchen, Törtchen….mh!“ „Aber…was ist mit der Reisdiät?“ „Ach was vergiss die, wer sollte es denn kontrollieren? Mr. Tagiar und Mr. Ronian haben ihr eigenes Zimmer, ein weiches Bett und vor allem ein Schloss zum Abschließen, bei denen dient das Bad ganz sicher nicht dazu sauber zu werden…die sehen wir heute wahrscheinlich nicht wieder!“ „Hm…na gut, aber nur weil es für meine Rei ist…du würdest von mir keine Kekse kriegen! Ich teil mein Essen nicht mit jedem!“ „Du teilst dein Essen mit niemandem du Gier Schlund, …“ „Könnt ihr aufhören zu streiten?“, Reina schaute ängstlich zwischen den Beiden hin und her, „Ich ertrage es nicht wenn ihr euch so angeht, ich weiß nie wann ihr Spaß macht und wann ihr wirklich sauer aufeinander seid.“ „Ooooow, komm her du“, beide fielen ihr um den Hals und knuddelten sie liebevoll, „Wir meinen das nie ernst…wir kennen uns nur eben schon lange und sind Geschwister und so…da neckt man sich auch schon mal gegenseitig...das ist nie böse gemeint!“ „Richtig, natürlich bekommt Sandra von mir Kekse…ich trag sie ihr nur nicht hinterher!“ „Fängst du schon wieder an?“ Reina seufzte und ließ sie sich über ihren Kopf bekriegen und anfauchen, als sie allerdings anfingen, hinter ihrem Rücken ein Armdrücken zu veranstalten, lenkte sie das Thema lieber auf etwas anderes: „Na ja wenn du eh schon Kekse machst, ich hab da noch was“, sie holte den Beutel hervor, den sie an diesem Vormittag im Wald vor den Lehrern versteckt hatte und öffnete ihn. Sandra und Aaron schauten beide interessiert hinein, wobei sie sich die Köpfe aneinander stießen. „Autsch! Pass doch auf!“ „Pass du doch auf! Was ist denn nun da drin? Hmmm, Himbeeren? Wo hast du die denn her?“ „Die hab ich im Wald gefunden. Ich hoffe Gray nimmt mir nicht übel, dass ich ihn benutzt habe um mich heraus zu reden. Na ja und ich dacht mir, wenn ich eine Küche finde, könnte ich daraus Marmelade oder irgendein Dessert machen…ich weiß ja, dass ihr Süßes liebt…die Diät muss schrecklich für euch sein.“ „Ach Reilein…“, flötete Sandra liebevoll, „So süß! Gib sie Aaron, der macht bestimmt etwas Schönes daraus und wir gehen jetzt baden. Am besten nehmen wir Kia und Gray mit, die sind auch schon lange nicht mehr sauber geworden.“ Ein lautes Fauchen ertönte und die kleine Lüchsin, die auf einem der links an der Wand stehenden Betten gelegen hatte, sprang entrüstet zu Boden. Mit schnellen, federnden Schritten entkam sie Sandras Händen und flüchtete sich zu Aaron, welcher sie liebevoll hochhob und streichelte. „Na? Du kommst mit mir richtig? Jaaaa, wer ist ein süßes Kätzchen, wer ist ein süßes, sauberes Kätzchen? Wir finden bestimmt ein paar Fleischstücke für dich. Von wegen du brauchst ein Bad, du riechst doch wunderbar…und putzen tust du dich auch selbst!“ Mit Kiara auf dem Arm und dem Beutel in der Hand verschwand er, während Sandra Reina in Richtung Bad schob und dann Gray, der fliehen wollte und versucht hatte sich unbemerkt davon zu stehlen, hinterher trug. Als sie wenig später bis zum Hals in dem warmen entspannenden Wasser versank konnte Reina sich zum ersten Mal seit dem Zusammentreffen mit ihrem Vater wirklich beruhigen. Sandra, die mit in der großen, dampfenden Wanne, eher ein Swimmingpool, saß fragte sanft: „Siehst du, ein Bad macht alles besser…soll ich dich massieren? Dir den Rücken waschen?“ „Nein danke…ich…danke, dass du für mich da bist!“ „Huh? Was sollte ich denn sonst machen? Du bist meine kleine niedliche Schwester, meine beste Freundin…was hat dich eigentlich so aufgeregt?“ „Mein…Vater…“, es schien ihr immer noch befremdlich die Wörter auszusprechen, „Er ist…ein…ein…“ Bevor sie aussprechen konnte klopfte es an der Tür und ein Dienstmädchen der Taverne betrat demütig den Raum. „Entschuldigen sie bitte, hier ist ihr Tee und ein wenig Gebäck. Meister Norul bestand darauf, dass ich ihn ausliefere, er meinte Meister Strauß sei verhindert.“ „Meister?“, Reina schaute fragend zu ihrer großen Schwester. „Das erklär ich dir gleich ja?“ „Haben die Damen noch irgendwelche Wünsche? Werde ich noch benötigt? Vielleicht wünschen sie ja etwas anderes zu trink…“ „Nein!“, unterbrach Sandra sie scharf, „Danke, sagt unserem Onkel, dass wir seine Gastfreundschaft sehr zu schätzen wissen!“ Unauffällig wie sie gekommen war verließ sie den Raum auch wieder. „Meister? Onkel?“, fragte Reina erneut. „Na ja wir sind hier in so einer Art Gilde…und mein Onkel Jack, du kennst ihn, ist der Gildenmeister…irgendwie…“ „Was für eine Art Gilde?“ „Och hier treibt sich alles Mögliche rum…Söldner, Banditen, Meuchelmörder, Rebellen. Das ist so eine Art Robin Hood Organisation…wenn man mal davon absieht, dass der sich regelmäßig gewaschen hat, um die unschuldigen Ladys rum zu kriegen, na ja und er hatte ein deutlich einfacher zu kontrollierendes Temperament, aber ansonsten…“ „Ähm…wir sind also in einem Meuchelmördertreff?“ „Ooow, hör ich da Verurteilung raus? Wo hast du dir das denn angewöhnt?“ „Na ja…ich fühl mich plötzlich nur nicht mehr sonderlich wohl…“ „Mach dir keine Sorgen, die sind alle so wie Jack. Die bellen, beißen aber nicht. Das sind eben unsere kleinen Jungs, die sind noch nicht aus der Pubertät, Rebellionsphase raus.“ „Hm, na wenn du das sagst…“ „Also, willst du einen Keks? Tee? Was wolltest du vorhin über deinen Vater sagen?“ „Er ist ein…oh Tee, hmm, wirklich lecker…“ „Rei, wechsle nicht das Thema!“ „Also gut er ist…ein…Drache!“ Vor Schreck verschluckte sich Sandra an ihrem Tee und erst nach einiger Zeit, als sie mit dem Ersticken fertig war, keuchte sie, „Ein was?“ „Ein Drache…du weißt schon die großen echsenartigen Wesen, Reiszähne so groß wie Menschen, riesige Flügel, gigantische Klauen, feuerspuckend…“ „Ja ja ich weiß was ein Drache ist! Aber wie meinst du das mit dein Vater? Wie soll ich mir die Zeugung bitte vorstellen? Bääh, nein warte das will ich gar nicht wissen! Wie konnte ein Drache nur auf die Alte reinfallen…also nichts gegen deine Mutter...“ „Schon ok…ich frag mich das auch. Vor allem was macht das aus mir…bin ich jetzt zur Hälfte Drache? Hat das irgendwelche Auswirkungen? Stimmt mit mir vielleicht irgendetwas nicht?“ „Ach was…Ma hat dich doch damals durch gecheckt…wenn irgendwas nicht in Ordnung gewesen wäre, wüsstest du das mittlerweile! Aber das mit der Halbdrachensache weiß ich nicht, da kann dir wohl nur dein Vater Auskunft geben.“ „Hm…wenn ich ihn jemals wiedersehen sollte…ich glaub ich hab ihm vorhin ziemlich deutlich gezeigt, dass ich dies nicht will…wobei…eigentlich schon ich war nur so geschockt! Aber ist das denn ok? Ich meine, es ist nicht gerade fair euch gegenüber…“ „Was? Was sollten wir denn damit zu tun haben? Rei er ist dein Vater, wenn es dich glücklich macht ihn zu sehen, sind wir auch glücklich!“ „Wirklich? Ich habe mich mein Leben lang gefragt woher ich komme…wer mein Vater war, warum er nicht für mich da war…bis ich euch getroffen habe. Ihr habt mich aufgenommen, behütet und gestärkt…ich hatte eigentlich mit meiner Familie abgeschlossen und es ist nicht fair, dass er jetzt plötzlich auftaucht und einen Platz belegt, den Andere sich hart erarbeitet haben.“ „Ach Rei…“, Sandra war ganz gerührt, „Nimm dir das nicht zu sehr zu Herzen! Er ist immerhin dein Vater…zumindest dein Erzeuger…du kannst bestimmt viel von ihm lernen. Außerdem belegt er unsere Plätze doch nicht…du fühlst für uns doch noch dasselbe wie früher oder?“ „Ja… aber trotzdem. Wenn er kein Drache wäre und mich das nicht betreffen würde, glaub ich würde ich kein Wort mit ihm reden!“ „Hi, hi hi. Ich wusste gar nicht, dass du auch hartherzig tun kannst! Da kommen ja ganz neue Seiten an dir zu Tage, aber dagegen haben wir ein Gegenmittel!“ Fragend schaute Reina ihre Schwester an, welche Anlauf nahm um sie mit großem Schwung Nass zu spritzen, mit unter Wasser zu ziehen und zu umarmen. Als sie wieder auftauchten, erklang Sandras glockenhelles Lachen, verspielt flötete sie: „Endloskuscheln! Dich lass ich nicht wieder gehen!“ Aaron der gerade vom Baden mit Oscar zurückgekommen war, ließ sich an dem reservierten Tisch neben seinem Onkel, Faenwyn und dem zwergischen Lehrer fallen. „Na Onkelchen, findest du nicht auch, dass es Zeit wird, dass du auch mal wieder ein Bad nimmst? Wie lange ist es her? Ein Jahrzehnt, zwei?“ „Was redest du da? Ich wasche mich doch regelmäßig!“ Ungläubig musterte Faenwyn den ziemlich verwahrlosten und versifft aussehenden Vampir. „Hm hm…wie oft denn? Einmal im Jahr?“ „Nö einmal im Jahrhundert! Na ja es sei denn ich habe gegen irgendetwas gekämpft das einen wirklich einsaut…die Riesenschnecken im Garten zum Beispiel…schrecklich der ganze Schleim…aber gebraten sind die wirklich gut!“ „Ech…reizend…ich muss das echt mal mit Großvater besprechen…vielleicht hilft er uns bei einem Hinterhalt und wenn wir dich dann haben, dann geht’s ab in die Waschmaschine!“ „Freundchen an deiner Stelle wäre ich vorsichtig wem ich drohe! Ich kenne deine Schwachstelle! Wenn du nicht lieb zu mir bist geh ich bei Reina petzen!“ „Sie kennt dich doch kaum, auf dein Wort wird sie nichts geben! Selbst wenn, im Zweifelsfall hält sie zu mir!“ „Hm…da magst du recht haben…aber ich habe immer noch meine gesamte Gilde! Hunderte Männer, Krieger…“ „Und was wollen die tun? Mich mit ihrem Gestank umhauen?“ „He! Das ist unfair! Du weißt ganz genau, dass ich sehr auf Körperhygiene achte…zumindest bei meinen Jungs…die werden sogar zum Duftbad gezwungen, damit sie immer schön nach Lavendel riechen!“ „Ah und ich hatte mich schon über den Geruch hier gewundert!“, erklärte Faenwyn. „Klasse…du lässt sie doch nur waschen, damit dein Gestank übertüncht wird!“ „Was? Na warte! Du magst der Sohn meines Bruders sein, aber irgendwann reicht es auch mal. Zieh deine Schwerter und wiederhol das! Dann kämpfen wir wie Männer…so wie früher!“ Aaron der sah wie Reina und Sandra die Treppe hinunterkamen schüttelte nur ablehnend und abgelenkt den Kopf. „Bah! Typisch sobald Frauen kommen ist der ganze Spaß vorbei! Schrecklich wie sie ihn an der Leine haben!“ „Tja Ansichtssache, ich krieg schließlich auch was dafür wenn ich mich gut benehme! Im Gegensatz zu dir unbelehrbarem Schürzenjäger, ein Wunder das mein Dad nicht versucht hat dich zu verkuppeln!“ „Hat er als wir noch jünger waren, aber nach ein paar Jahrtausenden hat er es aufgegeben!“ „Hei, na geht’s dir wieder besser?“, die Beiden waren gerade am Tisch angekommen und Aaron zog Reina liebevoll auf seinen Schoß. „Hallo Reina!“, begrüßte Jack sie höflich und wandte sich dann an seinen Neffen, „So viel zu ihr seid nur befreundet! Wie war das mit dem platonisch? Also wirklich, den Geburtstag deines Vaters zum Flirten aus zu nutzen, du solltest dich was schämen! Freud mich dich wieder zu sehen Kleine…hat er immer noch das Problem mit dem Nasenbluten?“ „Äh…freut mich auch sie wieder zu sehen…ähm…“ „Hör auf meine Rei zu schikanieren! Du Schummler! Das Igelattentat ist noch lange nicht vergessen!“ „Ei, damit hatte ich nichts zu tun, das war ganz allein Beckets Idee!“ „Na klar…als ob ich dir das abnehmen würde. Für wie blöd hältst du mich eigentlich?“ „Das beantworte ich jetzt lieber nicht…“ Noch bevor die Situation in einer heillosen Schlägerei ausartete, fasste sich Reina plötzlich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Bauch. „Gott, Rei ist alles in Ordnung? Was fehlt dir?“, alle Augen waren ängstlich auf sie gerichtet. Sowohl die Strauß als auch ihre Lehrer machten sich unglaubliche Sorgen. Äußerlich war nichts zu erkennen, keine Wunde. „Reina?“, Aaron, auf dessen Schoß sie noch immer saß, umklammerte sie panisch, „Was hast du? Bitte, rede doch mit mir…“ Gerade als sie zu einer Erklärung ansetzen wollte, ertönte ein lautes, kläglich klingendes Knurren. Kraftlos sackte sie an seine Schulter, lehnte ihren Kopf liebevoll an seinen Hals, vergrub sich in den langen türkisenen Haaren und flüsterte ein einziges Wort an sein Ohr: „HUNGER!“ Aaron konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Zärtlich streichelte er über ihre Haare, liebkoste ihr Gesicht. „Tut mir Leid, das hatte ich ganz vergessen. Du hast ja seit heute Morgen nichts mehr gegessen. Ich hab schon bestellt, der Reis müsste bald fertig sein…allerdings wäre es unhöflich anzufangen bevor alle da sind…also wer holt Mr. Ronian und Mr. Tagiar? Ich kann nicht…schließlich ist Rei zu schwach alleine zu sitzen!“ „Ich kann sie auf den Schoß nehmen!“, bot Sandra an. „Vergiss es…meins!“ „Hatten wir uns nicht auf unseres geeinigt?“ „Hm, ja aber so kann ich sie nicht alleine lassen. Wenn ich sie aus den Armen gebe zerfließt sie hier auf dem Stuhl! Es muss jemand anderes die Beiden stören…“ „Also ich mach das nicht!“, erklärte Oscar, der mit einigen riesigen Töpfen aus der Küche kam. Allein bei dem Geruch des Inhalts lief Reina das Wasser im Mund zusammen. Mit hungrigem Blick, verfolgten ihre Augen Oscar, „Ich will das nicht schon wieder machen müssen! Die nehmen mir das sicherlich übel! Diesmal haben sie wahrscheinlich eh abgeschloss...“, ihm war Reinas Blick aufgefallen, „Rei warum schaust du mich so an? Mit diesen großen Augen…und diesem hungrigen Blick...du…du machst mir Angst!“ „Weil ich Hunger hab…großen Hunger…seeeeehr großen Hunger!“ „Aaaaaaaaaaah!“, panisch ließ er die Töpfe fallen, welche Sandra zum Glück auffing und kroch unter den nächsten Tisch. Sehr zur Verwunderung der Söldner die daran saßen und nichts ahnend ihre Biere genossen. „Hier Rei“, sie füllte eine Schüssel bis zum Bersten mit Reis und gab sie dann der Kleinen, „ Fang einfach an…macht nichts, dass es unhöflich ist. Wenn sie nicht rechtzeitig zum Essen da sind müssen sie eben die Reste nehmen.“ „Daaanke!“, Reina kaute noch nicht einmal. Sie schlang den Berg Reis einfach innerhalb von Sekunden hinunter und ließ dann ihre Schüssel nachfüllen. Solch einen Bärenhunger, hatte sie ihr ganzes Leben lang noch nicht gehabt. „Rei?“, fragte Aaron vorsichtig, während Sandra zu den verdutzten Söldnern ging und Oscar unter dem Tisch vorzog trotz seiner heftigen Gegenwehr, wodurch ein Großteil des Parketts zerkratzte, „Alles in Ordnung? Hast du so großen Hunger? Denkst du nicht das du kauen solltest…du bekommst noch Verdauungsbeschwerden oder Magenschmerzen wenn du so schlingst.“ Ein unentzifferbares Murmeln folgte als Antwort, sie machte sich nicht einmal die Mühe den Kopf aus den Untiefen ihrer Schüssel zu nehmen, geschweige denn kurz mit dem Essen auf zu hören. Sorgenvoll betrachtete Aaron seine Liebste und bereitet schon mal die nächste Portion vor. Nach einiger Zeit kamen Ronian und Tagiar hinunter und setzten sich zu dem Rest der Gruppe. Es war bereits spät geworden, der Schankraum war noch düsterer und das einzige Licht stammte von Kerzen, die auf den Tischen verteilt vor sich hin flackerten. „Hach ist es nicht schön wieder ein richtiges Bett zu haben? Gott ich hab einen Bärenhunger, wo ist das Abendbrot?“ Alle Blicke richteten sich auf Reina, die an Aaron gekuschelt eingeschlafen war, nachdem sie die riesigen Reistöpfe fast alleine leer gegessen hatte. „Das frag ich mich auch“, bemerkte der Zwerg, „Wo hat die das alles hingesteckt? Wenn wir den Reis aufgeschichtet hätten, wär der Haufen fünfmal so groß gewesen wie sie!“ „Was?“, Ronian schaute auf die leeren, überdimensional großen Gefäße, die neben dem Tisch standen und in denen nicht einmal mehr Rückstände waren. Er überlegt kurz, ging dann zu Aaron, nahm seine Hand und schüttelte sie kräftig, „Dann schätze ich darf man ihnen gratulieren. Gut gemacht Kleiner…wann hast du sie denn nun angerührt? Wie war´s? Willst du darüber reden? Ich kenn übrigens eine ausgezeichnete Kinderkrippe in der Nähe der Schule, soll ich da ein gutes Wort für euch einlegen?“ „Äh, was? Ich glaube ich komme nicht ganz mit.“ „Was mein Schatz damit sagen möchte ist, dass wir uns sehr für sie freuen…auch wenn es bestimmt Ärger gibt, dass es während dieser Reise passiert ist, aber das Regeln wir schon“, bemerkte Tagiar lächelnd, „Allerdings kommen da anstrengende Zeiten auf sie zu. Die Stimmungsschwankungen, die Fressattacken…die Hormone und dann natürlich der Schlafentzug, aber trotzdem! Es muss doch eine große Freude für sie sein ein neues Leben mitgeschaffen zu haben.“ „Was?“, Aaron begriff immer noch nicht, bis Sandra ihm durch leises Zuflüstern auf die Sprünge half, „Was?“, rief er knallrot werdend, „Sind sie jetzt total durchgeknallt? Geht es ihnen noch gut? Sie ist ganz sicher nicht…ich würde niemals...schon gar nicht wenn die Gefahr besteht, dass daraus…sind sie total übergeschnappt?“ Die Beiden schauten sich verdutzt an, bevor Ronian fragte: „Oh, dann haben sie immer noch nicht? Sind sie sicher, dass sie nicht vielleicht von jemand anderem…?“, ein lautes Knurren unterbrach ihn, „Ok…ok, ganz ruhig. Halten sie ihr Blut kühl…geht ja auch kaum…sie lassen sich ja keine drei Sekunden aus den Augen…, aber warum hat sie dann solch eine Fressattacke gehabt? Normalerweise isst sie doch nur ganz wenig…warum sollte sie plötzlich so viel runterschlingen?“ „Das kann ich ihnen vielleicht erklären“, ertönte eine Stimme vom Eingang. In der Tür stand ein Mann groß, strahlend weiße Haare, tiefblaue Augen, Reinas Vater und neben ihm, der verkleidete Elf, den Aaron an diesem Nachmittag nicht einmal registriert hatte, „Wenn sie mich lassen…“ Sandra und Oscar knurrten automatisch, sie spürten die Gefahr, die von ihm ausging. Aaron zog seine Reina noch etwas fester an sich, hüllte sie in seinen Mantel und streichelte sie sacht. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, dass dieser Mann wieder aufgetaucht war, aber er verstand, dass es für Reina wichtig war ihn kennenzulernen, etwas über sich selbst zu erfahren. Mit missbilligendem Blick, zeigte er auf einen noch freien Stuhl. „Dort können sie Platz nehmen, wenn sie wollen…und jetzt sagen sie uns was mit Rei los ist!“ „Vielleicht…sollten sie sie wecken…es betrifft sie schließlich.“ „Wir wecken unsere Rei nicht!“, erklärte Sandra missmutig. Sie hatte mittlerweile anhand der Augen begriffen, wer dieser Typ war, „Wenn sie schläft, schläft sie…schlafen ist gesund!“ „Sie nennen sie immer Rei…heißt sie wirklich so? Was haben sie überhaupt mit ihr zu schaffen? Was ist das hier für eine komische Reisegruppe?“ „He, wen nennen sie hier bitte komisch?“, fragte Ronian beleidigt, „Wer sind sie überhaupt? Der typische weißhaarige, uralte, alles besserwissende Magier, der uns für irgendeine Mission anheuert die dann in einer endlosen epischen Quest ausartet? Wir sind nicht komisch…wir sind nur…etwas speziell!“ „Ääääh….ja…speziell. Egal, trotzdem sind sie so etwas wie ihre Beschützer? Man sieht nicht alle Tage Vampire im Dienste eines…nun wollen wir mal sagen…Menschen.“ „Wir sind nicht ihre Diener!“, erklärte Sandra beleidigt, „Wir sind ihre Geschwister!“ „Ihre WAS? Gott womit hat sich Vacca da nur eingelassen? Warten sie das heißt sie hat…mittlerweile… … … … FÜNF Kinder?“ „Wow haben sie gerade wirklich so lange gebraucht um das nach zu rechnen?“, fragte Tagiar, „Na ja ich schätze Glückwünsche sind angebracht…sie sind auf dem Bildungslevel eines Erstklässlers angekommen.“ „Nein…sie hat mittlerweile dreizehn Kinder“, bemerkte Aaron unbeeindruckt, „Aber wir gehören nicht wirklich dazu…Rei…Reina gehört mittlerweile eher zu unserer Familie.“ „DREI…ZEHN?“ „Ja das sind drei Finger mehr als sie an beiden Händen haben. Also zehn Finger plus drei Zehen!“, erklärte Ronian nachsichtig. „Gott…was ist nur alles passiert seit ich gegangen bin? Dreizehn Kinder…dreizehn…wo ist sie? Wissen sie das…ich meine wenn meine Tochter hier ist, müssten sie doch auch in der Nähe sein.“ „Ihre was?“, Ronian und Tagiar klappte der Unterkiefer hinunter, Faenwyn fiel fast vom Stuhl und der Zwerg biss statt in sein Brötchen in den Teller. „Die sind nicht mehr hier. Schämen sie sich eigentlich nicht? Sie wissen nichts von ihrer eigenen Tochter. Nicht einmal ihren vollen Namen.“ Reina streckte sich ein wenig, kuschelte sich noch etwas näher an Aaron und öffnete langsam die Augen. „Owww, hab ich dich geweckt? Tut mir Leid! Willst du hoch gehen, ins warme weiche Bettchen?“ „Nein ich bin gar nicht…“, sie hatte ihren Vater, ihr gegenüber am Tisch entdeckt. „Hallo“, er war vollkommen verunsichert, aber auch unglaublich hingerissen von seiner Tochter. Was sollte er sagen, es gab so viel zu fragen, würde sie wieder wegrennen? „…“ „Ich, bin hier, weil ich…na ja…dich kennenlernen will und dein Beschützer/ Bruder was auch immer gesagt hat ich solle herkommen.“ „Bruder?“, sie schaute Aaron fragend an, „Was hast du ihm denn erzählt? Meint er Oscar?“ „Nein ich schätze er meint mich…aber ich bin nicht Schuld daran. Sandra hat ihn hinters Licht geführt…ich hab sie nur nicht berichtigt…“ „Wie hinters Licht geführt? Was geht hier eigentlich ab?“ „Schämst du dich für mich?“, fragte Reina beleidigt. „Was nein! Ich…es kommt ja nicht alle Tage vor, dass man den Vater seiner Freundin trifft. Da kann man ihn doch erst mal abtasten bevor man es ihm an den Kopf kann knallt, außerdem hat er nicht gefragt!“ „Freundin?“, ihr Vater schaute fragend hin und her, „So wie Kindergartenfreundin? Platonische Freundin?“ Die beiden schauten sich an, erröteten leicht. Keiner wollte es ihm erklären. Nach einer langen unangenehmen Pause, rang sich Aaron dann dazu durch, zu beschreiben: „Ähm nein! Ich habe mit Rei eine Beziehung, wie sie sie mit ihrer Mutter gehabt haben…zumindest irgendwie!“ „Infame Lüge!“, erklärte Ronian, „Der putzige Kleine ist noch Jungfrau, der macht nichts mit Niemandem. Noch nicht mal mit sich selbst!“ „Können sie sich mal raushalten? Das muss übrigens auch nicht jeder wissen! Wie wäre es mal mit Zurückhaltung? Also ich bin mit Reina zusammen! Wir sind ein Paar! Wir sind glücklich und ich habe nicht vor sie je wieder her zu geben! Waren das genug Informationen?“ „Sie sind also so etwas wie mein…Schwiegersohn?“ „Warum interessierst du dich plötzlich dafür?“, fragte Reina verletzt, „Ich war dir 17, fast 18 Jahre lang egal!“ „Nein…warst du nicht! Ich…ich habe ja vorhin versucht dir zu erzählen, dass ich nicht wusste, dass es dich gibt!“, er seufzte leise, „Bitte gib mir die Chance mich zu erklären.“ „Ich weiß nicht ob ich das wirklich will oder ob es mich überhaupt interessiert. Ich habe mittlerweile eine wundervolle Familie gefunden, zwei super Geschwister, einen wundervollen Freund und zwei liebevolle Eltern. Eigentlich will ich nur wissen was ich bin, wer ich wirklich bin…“ „Wer du bist? Äh ich glaube nicht, dass ich dir da weiterhelfen kann…“ „Hm, aber du bist mein Vater…du hast mich gezeugt. Du musst doch wissen, wieviel ich von deinen Genen abbekommen habe.“ „Wenn ich ehrlich sein soll…du hast meine Haare, immerhin zum Teil und meine Augen…aber ansonsten kommst du eher nach deiner Großmutter…die Ähnlichkeit ist verblüffend“, sein Blick wurde unglaublich weich, „Was macht sie eigentlich so? Wir haben uns immer gut verstanden, aber sie hat vor einigen Jahren den Kontakt abgebrochen.“ „Sie ist vor sechs Jahren gestorben.“ „Oh, tut mir leid. Das wusste ich nicht.“ „Schon in Ordnung…erzähl was du mir erzählen wolltest.“ „Hm…wo fange ich da an? Nun ich war, wie du dir wohl denken kannst vor etwa 18-19 Jahren mit deiner Mutter zusammen. Wir kannten uns schon seit dem Kindergarten und ich liebte sie seit ich mich erinnern kann…“, er schwelgte einige Zeit in Erinnerungen, während Aaron würgende Geräusche von sich gab, „Hm, das mag euch komisch erscheinen, aber eigentlich war sie eine ganz Liebe…zumindest innerlich…sie konnte es nur nie wirklich zeigen…“ „Ah verstehe“, bemerkte Ronian beiläufig, „Sie sind eher der masochistische Typ, nicht wahr? Sich nach Frauen zu sehnen die einem mit einem Lächeln einen Schlag verpassen, scheint immer mehr Trend zu werden.“ „Nein, so ist sie nicht…war sie nicht. Sie ist nur missverstanden…sehr sogar. Sie war eigentlich immer sehr sensibel.“ „Klingt nicht nach meiner Mutter!“ „Hm…vielleicht ist sie jetzt anders, vielleicht ist sie noch verbitterter als ich sie in Erinnerung hatte. Wer weiß das schon? Vielleicht hat mich die Liebe auch blind gemacht…ich weiß es nicht. Jedenfalls hat sie anfangs immer versucht es ihrer Mutter recht zu machen…aber sie hatte nie eine Chance, nie das was es brauchte. Deine Großmutter war eine herausragende Magierin, eine die ihresgleichen sucht…tja was soll man sagen, solch ein Talent überspringt häufig Generationen…deine Mutter hatte es jedenfalls nicht. Ich erinnere mich, dass deine Großmutter sie von klein auf trainiert und gefördert hat, doch ihr Potential war bald ausgeschöpft und ihre Mutter schnell unzufrieden mit ihr. Sie hat eigentlich ihr Leben lang, ihre Jugend und Kindheit nichts anderes versucht als den Erwartungen gerecht zu werden und irgendwann reichte es…sie begriff, dass es nicht funktionieren würde, hat angefangen zu rebellieren. Sich gegen alles zu stellen was ihrer Mutter wichtig war, gegen Wertvorstellungen, gegen die allgemeinen Sittenbegriffe, gegen Magie, gegen das Lernen und die Schule…sie hat sich mit verschiedensten Männern rumgetrieben, Typen die ich nicht kannte und auch nicht kennen wollte und doch hat sie mich nie gehen lassen. Sie wusste, dass ich sie liebe und sie wusste was ich war…ich weiß nicht warum, vielleicht dachte sie ich könnte nützlich sein, vielleicht brauchte sie mich auch als Freund“, er seufzte leise, die Erinnerung schmerzte ihn sehr, „Sie wurde dann sehr schnell schwanger…von einem anderen Mann und selbst da habe ich sie noch unterstützt, genauso wie ihre Mutter…ich war da für sie, als Freund…war da als das Kind geboren wurde. Ich habe mich sogar die ersten Monate um es gekümmert, damit sie sich ausruhen konnte. Das Baby war deine große Schwester Cindy. Ich…wir sind uns in dieser Zeit näher gekommen als jemals zuvor, einige Zeit hatte ich die Hoffnung es könnte mehr werden, aber das sollte wohl nicht sein. Als Cindy ein paar Monate alt war und eure Großmutter merkte, dass auch sie keinerlei magische Begabung besaß, zog sie sich wieder zurück und es kehrte alles zum Alten zurück. Deine Mutter kam wieder mit Cindys Vater zusammen und neben etlichen Seitensprüngen, hielt diese Beziehung auch eine Weile. Nur erreichte sie damit nicht ihr Ziel…deine Großmutter scherte es nicht mehr. Ich weiß nicht was genau der Auslöser war, aber irgendwie muss sie mitbekommen haben, dass ihre Mutter mich sehr mochte. Sie hat mich immer getröstet wenn deine Mutter mir das Herz zerschmettert hatte. Ich war wohl wie ein Sohn für sie. Sie hatte mich als Ei gefunden und ausgebrütet…ich bin daher bei ihr aufgewachsen. Tja jedenfalls ging die Beziehung früher oder später in die Brüche und zum ersten Mal nahm deine Mutter mich wahr, nicht als Freund, sondern als Mann…als Geliebten. Es war die schönste Zeit meines Lebens“, erneut ertönten laute Würggeräusche aus Aarons Richtung. Wobei er nicht der Einzige war, dem das Essen wieder hoch kam, die anderen sahen so Aschfahl und angewidert aus, dass es ein Wunder war, das sich niemand übergab, „Doch es sollte nicht so lange andauern wie ich mir das erhofft hatte…sie hat mich verlassen nach nur ein paar Monaten… Cindy muss etwas älter gewesen sein als ein Jahr…es hat mich zerrissen…mir hat im Leben noch nie etwas so weh getan…ich war nur ein Spielzeug für sie, ein Gegenstand den sie zerstören konnte um ihrer Mutter weh zu tun. Ich…musste mit ihr in einem Haus leben, sie jeden Tag sehen, wurde ständig an die paar Monate im Sonnenschein erinnert die mir vergönnt waren. Irgendwann konnte ich nicht mehr…ständig in ihrer Nähe, mit anzusehen wie sie mit anderen Typen am Küchentisch rumgemacht hat, sie nachts zu hören. Es ging nicht, ich bin einfach losgezogen, habe alle Zelte abgebrochen um nach meinen Wurzeln zu suchen, den Kopf frei zu bekommen. Deine Großmutter hat mich ziehen lassen, auch wenn es sie sehr geschmerzt hat. Weder sie noch ich wussten, dass deine Mutter schwanger war…wobei deine Großmutter es mir auch nicht erzählt hat, als sie es erfuhr. Wahrscheinlich weil sie erst sicher sein wollte, dass es auch mein Kind ist…na ja und wenn ich zurück rechne musst du in einer Zeit geboren sein, als ich den Kontakt komplett abgebrochen hatte. Als ich dann wieder Briefe schickte waren gut fünf Jahre vergangen, vielleicht dachte sie, dass ich es besser nicht wüsste, vielleicht hattest du da auch schon einen Vater und sie wollte die Beziehung nicht zerbrechen…ich weiß es nicht und sie wird es auch nicht mehr aufklären können. Jedenfalls habe ich seit dem so vor mich hin gelebt…mal hier, mal dort ein paar Menschen schikaniert…tja und dann hat mich irgend so ein Trottel“, er schaute auf den verkleideten Elf neben sich, „Aus dem Himmel gelockt und versucht mich umzubringen. Nutzlose Drachentöter! Jedenfalls hätte ich fast einen Herzinfarkt bekommen als ich dich plötzlich gesehen habe…ich dachte deine Großmutter stünde da, bis ich bemerkt habe wer du wirklich bist…und das war so ziemlich meine Geschichte…“ „Gott wie rührend!“, Tagiar schnäuzte sich geräuschvoll in ein Taschentuch, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schniefte noch ein wenig, „ Von der einzigen wahren Liebe betrogen und hintergangen, eine Ewigkeit einsam und dann das eigene Kind wiedertreffen…waaah, wie tragisch!“ „Schatz, Schatz ist ja gut…alles in Ordnung…so ist das böse Leben nun mal manchmal. Alles wird wieder gut…shhh, shhhh. Es ist doch jetzt alles schön, nicht wahr Ms. Sanktin? Sie hatten doch bestimmt ein gutes Leben bis jetzt, nette führsorgliche Eltern…“ „Ich weiß nicht ob wir über die gleichen Leute sprechen. Sie kennen meine sogenannte Familie, machen sie sich selbst ein Bild.“ Tagiar fing noch lauter zu weinen und zu schluchzen an, während Ronian händeringend versuchte ihn zu beruhigen. Letztlich hatte er Glück, dass Kiara und Gray gerade die Treppe herunterkamen. Er schnappte sich das kleine Kätzchen und trocknete mit ihm Tagiars Tränen. „Schau mal Schatz, süßes schnuffiges Tierbaby…kuschel, wuschel weich…“ „Oooow, wie niedlich und die süßen großen Augen…komm mal her du…na komm…komm zu Onkel Tagiar schmusen!“, Kiara der das Ganze betatscht werden gar nicht gefiel, entwand sich Ronians Griff, sprang zu Boden und lief zu Reina in Sicherheit. Was Tagiar dazu brachte noch mehr zu weinen. „So…gemein…niemand…hat mich …lieb! Nicht mal Tierbabys…wollen mit mir…kuscheln!“ Ronian stand hilflos daneben, nahm seinen Liebsten in den Arm und versuchte ihn zu trösten. Gray konnte sich das Trauerspiel nicht länger mit anschauen. Sacht schob er seine Schnauze zwischen die Beiden und schmiegte seinen Kopf an die Chimäre. „Oh? Magst du kuscheln Mr. Wolf?“ Als Antwort ertönte ein zustimmendes Jaulen. „Wirklich?“, glücklich sank Tagiar auf die Knie, legte die Arme um den Blutwolf und vergrub sich tief in dessen Pelz. „Ähm…sind die Beiden etwas…na ja…?“, versuchte Reinas Vater zu formulieren. „Ja, sie sind etwas nun…speziell…eher…sehr speziell…“, erklärte Faenwyn. „Sie sind absolut durchgeknallt“, formulierte der Zwerg den gleichen Gedanken etwas politisch unkorrekter. „Und deshalb so sympathisch!“, fügte Aaron hinzu. „Also bin ich ein… … zumindest zur Hälfte?“ „Nein oder ja das kommt auf die Definition an. Du hast zur Hälfte meinen und zur Hälfte den Gensatz deiner Mutter, aber es gibt nicht so etwas wie einen halben Menschen. Du bist sowohl als auch, du bist ein Mensch und gleichzeitig ein…“, er schaute sich fragend um, nicht sicher ob die Lehrer das hören sollten. „Schon in Ordnung ich verstehe wenn ich unerwünscht bin“, erklärte Faenwyn und ging auf den verkleideten Elfen zu, „Wenn sie mir gestatten würden meine Liebe, ich habe sie schon ins Auge gefasst, als sie zur Tür hineintraten. Ihre Schönheit strahlt einem ja geradezu entgegen. Wollen wir uns an einen anderen Tisch begeben um ein wenig freier zu reden?“ „Äääh, klar wenn sie das wirklich wollen warum nicht!“ „Ich geh dann auch mal. War ein langer Tag…“, verabschiedete sich der Zwerg. Ronian und Tagiar hatten sich bereits mit Gray an einen anderen Tisch gesetzt, um ungestört kuscheln zu können. „Ich glaube das verstehe ich nicht…“ „Das geht nicht nur dir so…was ist nun mit meiner Rei?“ Der Drache seufzte etwas angestrengt: „Um es kurz zu fassen und stark zu vereinfachen, Reina du bist wie ich schon gesagt habe, sowohl Mensch als auch Drache. Du hast dein anderes Ich nur noch nicht gebraucht. Eigentlich müsste dir doch aufgefallen sein, dass du magische Kräfte besitzt die weit über das Normale hinausgehen. Wobei es immer so eine Sache ist…meistens treten diese Fähigkeiten erst durch ein bestimmtes Ereignis auf. Man muss erst zu diesem Erbe erwachen…“ „Ähm und was ist dieses Ereignis?“ „Oh, das ist sehr unterschiedlich…jeder hat einen anderen Grund. Ich zum Beispiel bin schon so geschlüpft. Andere mussten sich Situationen stellen, die so gefährlich waren, dass sie nur im ´wachen´ Zustand überleben konnten…“ „Könnte so ein Auslöser…Wut sein? Große, sehr große Wut?“ „Ja. Zumindest ist es denkbar. Wieso fragst du? Bist du schon erwacht?“ „Na ja…ich habe vor ein paar Tagen einen…wollen wir es Ausraster nennen…gehabt und dabei meine alte Schule pulverisiert…und danach…nun war ich wesentlich mächtiger als vorher…“ „Was? Schon vor ein paar Tagen? Ich dachte du wärst erst heute erwacht, als du mich gesehen hast…wie lange ist es her…möglichst genau? Das ist sehr wichtig!“ „Ähm…äh etwa viereinhalb Tage? Mit geringen Abweichungen…“ „Ein Wunder das die Verwandlung noch nicht eingesetzt hat…normalerweise…aber was ist an uns schon normal…“, völlig versunken in Spekulationen verschwand er einen Moment in einer Traumwelt. „Was für eine Verwandlung? Kannst du mich bitte mal aufklären?“ „Nun wie ich schon sagte…bist du wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt zu deinen Kräften erwacht…zu deinem Erbe. Das bedeutet nichts weiter als, dass das Drachenblut in dir durchkommt…, dass du bereit bist deinen anderen Körper anzunehmen.“ „Anderen Körper annehmen?“ „Ja…du hast bis jetzt einen Körper, den menschlichen und nun wo das Drachenblut aktiv ist werden aus diesem weitere entspringen…Drachenkörper…mit anderen Worten, du wirst dich verwandeln. Vielleicht einmal, vielleicht zweimal ich weiß es nicht…das ist ebenfalls bei jedem anders…ich selbst habe fünf verschiedene Formen zur Verfügung. Je nach Situation und Talenten wähle ich dann welchen ich gerade brauche. Wobei der erste Körper immer ein ganz besonderer ist, er ist deine ursprüngliche Form, die natürlichste Variante…die Anderen entwickeln sich mit dem Alter, mit Eindrücken…Erlebnissen. So wie auch deine Seele sich über Jahre und Jahrhunderte entwickelt!“ „Warte, nur um es klar zu stellen…du willst mir weißmachen, dass ich mich in einen Drachen verwandeln werde? Also ernsthaft, da…dass muss ein Scherz sein! Das kannst du nicht ernst meinen…kein normaler Mensch würde dir das glauben! Das…bitte sag mir, dass das ein Witz war…ein grausamer, herzloser Witz!“ „Tut mir Leid Kleines! Ich wünschte fast es wäre so…aber es ist die Wahrheit. Es wird passieren, ob du willst oder nicht…und es wird bald soweit sein!“ „Was…nein…das…das ist…absoluter Schwachsinn! Aaron, sag doch bitte auch etwas dazu! Du kannst ihm das doch nicht glauben oder?“ „Nun…ich sehe keinen Grund warum er lügen sollte. Außerdem würde das deinen aufkommenden Heißhunger erklären…ein Körper braucht viel Energie für eine Verwandlung, besonders wenn sie darauf ausgerichtet ist, etwas so großes wie einen Drachen zu schaffen. Du isst so zu sagen jetzt schon für den Drachenmagen…das erklärt wieso du diesen Berg Reis verschlungen hast…“ „Aber…aber…ich kann kein…ich will mich nicht…ich…ich…“, Reina war vollkommen verzweifelt, ihre schlimmsten Befürchtungen schienen sich bewahrheitet zu haben. Tapfer biss sie sich auf die Lippe und unterdrückte ihre Tränen. Aaron spürte, dass es ihr nicht gut ging und nahm sie zärtlich noch ein wenig fester in die Arme, hielt sie, spendete ihr Trost. „Es ist alles in Ordnung. Hab keine Angst wir sind hier! Wir passen alle auf dich auf! Dir wird nichts geschehen, das verspreche ich! Alles wird kommen, wie es kommen soll und wenn du dich verwandelst werden wir für dich da sein und dir so gut es geht helfen, dich beschützen.“ „Richtig, du bist doch meine kleine Schwester! Wir lassen dich nicht im Stich!“ „Schließlich gehörst du doch zur Familie, dass solltest du niemals vergessen! Und für meine Familie überwinde ich sogar meine Phobien!“ „Aber…aber…es wird nie wieder so sein wie früher! Wie soll ich denn noch Teil eurer Familie sein, wenn ich die ganze Zeit als was weiß ich wie großer Drache über dem Haus rumflattere?“ „Hm? Ich glaube da hast du was missverstanden! Du wirst dich zwar in einen Drachen verwandeln, aber das heißt doch nicht, dass du für immer in der Form bleiben musst! Das ist dein zweiter Körper, deine zweite wahre Form…die erste verschwindet nicht einfach so…nachdem du dich einmal komplett verwandelt hast, kannst du zwischen den Formen frei wählen.“ Reina schniefte noch ein wenig, beruhigte sich aber aufgrund dieser Nachricht und den Kuscheleinheiten der Strauß sehr schnell. „Was nicht heißt, dass du bei diesen Leuten bleiben kannst.“ „Was? Aber…wenn ich die Form wechseln kann, dann…warum sollte ich dann nicht…“ Aaron knurrte drohend, da er die Gedanken ihres Vaters nur allzu deutlich gehört hatte: „Vergessen sie es! Rei gehört zu uns! Zu mir!“ „Nein, Reina gehört zu Wesen ihrer Art. Ein Drache kann ohne Training sehr gefährlich werden. Es dauert Jahre wenn nicht Jahrhunderte bis er alle Fähigkeiten komplett unter Kontrolle hat, noch dazu kommt, dass das Wissen unseres Volkes, die Erinnerungen aller Vorherigen, früher oder später, in jedem Jungen wach wird. Lernt es nicht, es richtig aufzunehmen, es zu akzeptieren und dosiert zu sich zu nehmen…führt das häufig zu sofortigem Wahn. Ich denke sie alle können sich vorstellen, dass ein rasender Drache, nur allzu schnell vor der Flinte eines noch so untalentierten Jägers landet, allerdings erst nachdem er die halbe Welt verbrannt hat! Außerdem ist die erste Verwandlung nicht so einfach wie sie klingt, viele Drachen sterben dabei. Dieses Risiko könnte minimiert werden, wenn andere bei ihr sind…Drachen mit Erfahrung in solchen Dingen! Wir leben in der Regel sehr abgeschlossen und pflegen unsere Brut sorgfältig darauf vorzubereiten. Ein einzelner Drache fern ab von Artgenossen, weit entfernt von jeglicher Hilfe hat kaum eine Chance das zu überleben! Bitte, ich habe meine Tochter gerade erst wiedergefunden, ich will sie nicht wegen Unachtsamkeit verlieren! Wenn ihr sie wirklich liebt, dann gebt sie frei! Schickt sie mit mir fort…zurück übers Gebirge, in Gefilde die uns gehören…es muss ja kein Abschied für immer sein, nur ein Auf Wiedersehn bis sie alles überstanden hat. Ein-, Zweijahrhunderte, was bedeuten sie euch schon…ihr könnt warten!“ „Was?“, Reina verstand die letzte Äußerung absolut nicht. Aber da ihr Vater es ansprach, kam eine neue Sorge in ihren Kopf. Sie war ein Drache, sie würde sehr, sehr alt werden, aber was war mit den Menschen die sie liebte, was war mit den Strauß…wie viel Zeit würde ihr mit ihnen noch bleiben? Wenn sie ging, verlor sie sie, für immer. Was bedeutete schon die Ewigkeit, wenn alles was sie liebte tot war? „Wir…“, die drei schauten einander hilflos an. Keiner wollte riskieren, dass Reina starb, aber sie konnten sie auch nicht einfach so ziehen lassen, noch dazu wo sie nichts von ihren wahren Identitäten wusste. Es gab einen Weg, sie zu retten, selbst wenn die Verwandlung schief gehen sollte. Die Frage war ob ihr Vater es noch rechtzeitig bis zu ihnen schaffte…und wie sich der Fluch mit Drachenblut vertrug. In keinem der Milliarden Bücher der Tremere oder in den Aufzeichnungen eines anderen Clans, war jemals der Versuch einer solchen Verwandlung dokumentiert worden. Kein Wunder wenn man bedenkt, dass Drachen in der Regel eher selten in Menschengestalt auftreten und noch dazu die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich so in einen Vampir verlieben und dieser die Gefühle erwidert, bei einer Zahl kleiner eines Yoktos hoch minus vierunddreißig liegt, „Das steht uns nicht zu…es ist Reinas Entscheidung!“ „Bitte…komm mit mir. Riskier dein Leben nicht unnötig! Bitte…“ „Ich…ich muss…darüber nachdenken. Es ist spät und ich bin ziemlich fertig…das war heute alles ein bisschen viel. Lass mich eine Nacht darüber schlafen…“ „Du verstehst nicht, wir haben keine Zeit zu verlieren! Der Weg ist weit und deine Verwandlung hat bereits eingesetzt…, jede Sekunde ist wertvoll!“ „Du hast selbst gesagt, dass sich die Verwandlung bei mir unnatürlich in die Länge zieht, dass ich es schon längst hinter mir haben sollte! Eine Nacht mehr oder weniger wird kaum einen Unterschied machen und falls doch…, dann sollte es ebenso sein. Niemand garantiert mir, dass ich die Verwandlung überlebe wenn ich mit dir komme und niemand kann beweisen, dass ich sterben werde, wenn ich es nicht tue! Wir reden hier von Wahrscheinlichkeiten! Ich habe keine Ahnung wie es wäre wenn ich mit dir komme, wie es unter Drachen ist…aber ich weiß, dass ich die wichtigsten Menschen in meinem Leben verlieren würde, was schlimmer ist als der Tod! Es ist eine Entscheidung, die allein ich treffen muss und mit der vor allem ich klarkommen muss! Also lass mir bitte die Zeit…das ist alles worum ich dich bitte…als Vater…“ „Reina…also gut…tu was du tun musst.“ „Danke“, mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn, stand Reina von Aarons Schoß auf und ging, mit Sandra die sie begleitete und Kiara im Arm, auf ihr Zimmer. Ängstlich schauten ihr die am Tisch zurückbleibenden Männer hinterher. Nachdem die Beiden weg waren, zerstreute sich der Rest der Gruppe. Aaron und Oscar folgten den Mädchen nach oben, während sich Reinas Vater zu Ronian und Tagiar gesellte. „Alles…in Ordnung?“ „Ja…“, Tagiar schniefte noch ein wenig, „Nur Mr. Wolf ist weg…er war plötzlich einfach verschwunden…ich versteh gar nicht warum er gehen sollte! Er hatte es doch gut hier bei uns!“ „Na ja…vielleicht weil du ihm angedroht hast ihn mit zum Waschen zu nehmen, um seine katastrophalen Fellprobleme anzugehen…neue Frisur und andere Färbung und so…“ „Aber das ist doch kein Grund! Er ist so lieb und die Farbe seines Pelzes lässt eher ein Monster vermuten…dagegen muss man doch was tun. Ich meine Schwarz ist zwar modisch und so, aber ihm würden Pink, Türkis, Lila oder Rosa doch viel besser stehen. Außerdem ist sein Fell viel zu lang! Er braucht einen ordentlichen Haarschnitt, ein paar Schleifen wären auch nicht schlecht und…“, während Tagiar weiter über Grays modische Verwandlung philosophierte, wandte sich Reinas Vater an Ronian: „Ist der immer so?“ „Ja mein Schatz will immer nur das Beste für alle.“ „Das meinte ich nicht…ist dieses Benehmen normal? Also ich kenne ja Leute wie sie nicht sonderlich gut und so…komme nicht oft aus den Bergen hinaus, daher wollte ich mich nur mal schlau machen.“ „Leute wie wir? Ich hoffe für sie, dass sie damit Werwölfe und Chimären meinen!“ „Äääh…na ja ich meinte eigentlich Magier…“ „Ach so na dann is ja gut. Nein Magier benehmen sich in der Regel anders. Falls sie es noch nicht bemerkt haben sollten, wir sind die Freak Gruppe…von uns ist keiner normal.“ „Hm…wo du das gerade erwähnst…sie haben vorhin so etwas komisches erzählt, das mich stutzig gemacht hat“, bemerkte Tagiar, der sich mittlerweile wieder beruhigt hatte, „Sie sagten etwas von wegen Reinas Großmutter hätte sie als Ei gefunden und ausgebrütet und außerdem, dass Drachentöter sie gejagt hätten…was genau meinten sie damit?“ „Nun…genau genommen das was ich gesagt habe. Meine Art schlüpft nun mal meistens aus Eiern.“ „Ihre Art?“ „Ich dachte sie hätten es mittlerweile selbst herausgefunden“, er seufzte angestrengt, „Ich bin ein Drache.“ „Ein was?“ „Muss ich das wirklich nochmal wiederholen?“ „D…Drache? Warten sie sagten sie nicht sie wären Reinas Vater?“, fragte Ronian verwirrt, „Wie haben sie…? Ieeeeeh! Das hat ihre Mutter überlebt? Was muss das denn für ein kranker Zeugungsakt gewesen sein?“ „Hä? Was denken sie sich da aus? Ich hab mit ihrer Mutter ganz normal geschlafen, natürlich in menschlicher Form! Was ist daran bitte eklig? Sie werden ja wohl auch mit Frauen schlafen oder?“ „Iiiieh! Nein! Niemals! Mit Frauen, wir? Ech wie eklig!“ „Und was war das nun für eine Geschichte mit den Drachentötern?“ „Tja ich flieg so glücklich nichts ahnend vor mich hin und plötzlich hör ich markerschütternde Hilfeschreie. Schaue runter und sehe eine junge Elfin mitten auf einem Marktplatz stehen…da ich ja Kavalier bin lande ich um zu fragen ob sie irgendwelche Probleme hat und ob ich ihr helfen kann und was muss ich da sehen? Es war gar keine unschuldige Jungfrau in Nöten sondern ein verkleideter Typ!“ Ronian und Tagiar konnten sich das Lachen kaum verkneifen. „Also sind sie auf den ältesten Trick der Welt reingefallen? Hach nein wie gut zu hören, dass das nicht nur Menschen passiert…war es denn wenigstens eine hübsche männliche Jungfrau?“ „Hm…hübsch ist ja relativ…, zumindest scheint er dem Schönheitsideal ihres Kollegen zu entsprechen. So angetan wie er sich mit ihm unterhält…“ „Unseres…Kollegen?“, die beiden drehten sich um, damit sie den Blick des Drachen verfolgen konnten, „Sie meinen Mr. Tiriel…warten sie wollen sie sagen, dass das gar keine Frau ist?“ Ronian brach augenblicklich in heiseres Gelächter aus, während Tagiar eher besorgt dreinschaute: „Schatz das ist nicht komisch…irgendwer sollte ihn mal aufklären, ansonsten nimmt er den wirklich noch mit hoch aufs Zimmer…“ „He he he. Das hoffe ich doch! Das werde ich ihm den Rest seines Lebens vorhalten können, hach nein…herrlich!“ „Hm von mir aus soll der mit ihm machen was er will! Eine männliche Jungfrau weniger die arg- und wehrlose Drachen täuschen kann!“ „Ooow…haben sie Vorurteile gegenüber männlichen Jungfrauen? Wie unhöflich ob es nun eine junge Frau oder ein junger Mann in Nöten gewesen wäre, sollte ihnen doch eigentlich egal sein!“ „Wäre es auch! Aber ich habe nun mal was gegen Leute die mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einfach so aus der Luft locken um mich umzubringen!“ Reina hatte sich sobald sie ihr Zimmer erreicht hatte, auf ihr Bett geworfen und war tief unter die Decke gekrochen. Hilflos setzte sich Sandra neben sie und schwieg eine Weile. „San…“ „Hm hm? Alles ok?“ „Ja…kannst…kannst du mich vielleicht in den Arm nehmen?“ „Klar…komm her.“ „Danke.“ „Weißt du ich könnte verstehen, wenn du die Nacht heute lieber mit Aaron verbringen wolltest…wo es eure letzte für eine Weile sein könnte…“ „Ich…ich will lieber hier bleiben…ich kann ihm so nicht unter die Augen treten.“ „Ach Rei…du bist kein Monster! Das Thema hatten wir doch vorhin schon mal. Außerdem musst du Aaron doch wenigstens die Chance geben sich von dir zu verabschieden!“ „Aber…ich will nicht gehen…ich will bei euch bleiben! Selbst wenn es mich mein Leben kostet…selbst wenn es mich meine Seele kosten sollte!“ Sandra kam nicht umher daran zu denken, dass dies wahrscheinlich genau der Preis sein würde, den sie dafür zahlen musste. „Dann solltest du umso mehr zu Aaron gehen und ihn von dem Stress erlösen, den er grade hat, weil er fürchtet dich zu verlieren.“ „Ich…kann einfach nicht. Er…ist das Beste was mir je passiert ist…ihr alle seit das Beste was mir je passiert ist und nur weil ich in eine komplett verdrehte, verkorkste und mutierte Familie hineingeboren wurde müsst ihr jetzt alle leiden!“ „Was redest du denn da?“, erklang eine sanfte, zärtliche Stimme aus Richtung der Tür. Aaron und Oscar hatten gerade das Zimmer betreten, „Rei ich liebe dich! Wir alle lieben dich und keiner von uns leidet unter dir!“ Die Brüder gingen ebenfalls zum Bett und setzten sich neben Sandra, die Reina noch immer ganz fest im Arm hielt. „Wir sind da, egal was kommt…wie immer du dich auch entscheidest…und wenn wir mit zu den Drachen kommen!“ „Da…das würdet ihr tun?“ „Klar…wir sind auch wegen dir in diese Welt gezogen, warum sollten wir dir dann nicht auch dahin folgen? So ein paar Monsterechsen können uns doch nichts anhaben und wenn sie uns dumm kommen sollten, setzen wir einfach die mächtigste Wunderwaffe von allen ein!“ „Und die wäre?“ „Wenn man den ganzen Vampirfilmen Glauben schenken darf…Knoblauch!“ „Klasse! Wir verschrecken die Drachen mit unserem unendlich starken Mundgeruch…toller Plan!“ Trotz der ernsten Situation konnte Reina nicht anders als in das fröhliche Gelächter ihrer Geschwister mit einzustimmen. Wenigstens für eine Weile war die Entscheidung die vor ihr lag vergessen. „Warte mal kurz Liebling“, bemerkte Tagiar, der mittlerweile mit Ronian auf ihr gemeinsames Zimmer zurückgekehrt war und nun einige Momente ungestörter Zweisamkeit genoss. Ronian seufzte geräuschvoll und bedeckte seine Blöße mit der Bettdecke: „Was ist? Es kommt doch hoffentlich nicht gleich wieder jemand rein oder? Wir haben das Öl doch noch gar nicht ausprobiert…, die Schokoladensoße auch nicht und es wäre tragisch wenn die Handschellen nicht zum Einsatz kämen!“ „Hm…hörst du das? Scheint von drüben zu kommen…ist da nicht Mr. Tiriels Zimmer?“ „Lass mal hören“, er drückte sein Ohr gegen die Wand. Eine Weile lang war es still, dann erklang das Geräusch eines über den Fußboden schleifenden Körpers, der auf dem Bett abgelegt wurde, gefolgt von einem heiseren Stöhnen, „Der hat den Typ wirklich mit aufs Zimmer genommen…Schatz hol das Aufnahmegerät!“ „Darling…das kannst du doch nicht mach…“, ein weiteres Stöhnen ertönte, dieses Mal so laut, dass das Lauschen unnötig war, es drang auch so durch die Wand, „Andererseits…er glaubt uns das wahrscheinlich nicht wenn wir keine Aufzeichnung machen und wenn er schon so laut ist, ist es ja praktisch eh halb öffentlich.“ „Ach ich liebe es wie du meine sadistischen, fiesen Ideen rechtfertigst.“ „Tja dafür bin ich hier!“ Gerade als sie sich küssten, tönte ein heiserer lustvoller Schrei durch die Wand, gefolgt von einem erschreckten Aufschrei. „W…warte du bist gar keine Frau?“, Faenwyn klang bereits, stark angeheitert und kaum noch bei Sinnen. Ronian und Tagiar konnten sich das Lachen nicht länger verkneifen, während es aus dem Nebenzimmer hallte: „Oooow, das hast du aber toll rausbekommen. Aber keine Angst, ich tu dir schon nichts. Lehn dich einfach zurück, schließ die Augen und genieß es…“ „Ich kann es nicht fassen, dass das wirklich passiert…Tagiar kneif mich bitte!“ „Oh, mir fallen da ganz andere Sachen ein, die ich mit dir tun möchte!“ „Wirklich? Na dann überrasch mich mal!“, wenige Sekunden später unterschieden sich die Geräusch Kulissen, der beiden Zimmer nicht länger. Sandra hatte entschieden, dass Reina mit in Aarons Zimmer schlafen sollte. Nachdem sie sich noch einmal geduscht und einen Schlafanzug angezogen hatte, war sie in das warme weiche Bett gekrochen, hatte die Decke bis unters Kinn gezogen und wartete im flackernden Licht einer auf dem Nachttisch stehenden Kerze. Nervös zuppelte sie an ihren Sachen herum, versuchte ihre Haare gleichmäßig auf dem Kopfkissen auszubreiten und rutschte von einer Seite auf die Andere. Natürlich hatte sie schon mal mit Aaron in einem Bett geschlafen, aber so, darauf wartend, dass er endlich zu ihr kam, sich mit unter die Decke legte und sie ganz eng an sich zog, war es etwas ganz anderes. Ihr Puls war auf hundertachtzig und sie hatte keine Ahnung wie sie so überhaupt zur Ruhe kommen sollte. Leise seufzte sie, legte ihre Frisur noch einmal richtig, war damit unzufrieden, verstrubelte ihre Haare wieder. Irgendwie hatte der Moment etwas feierliches, vielleicht hätte sie Sandra fragen sollen ob sie sie vorher schminkte, frisierte oder ihr einen anderen Schlafanzug gab, der deutlich enger anlag. Über all die Aufregung, bemerkte sie nicht einmal, dass die Geräusche der Dusche längst verstummt waren. Aaron lehnte ganz entspannt im Türrahmen, nur mit einer Schlafanzughose bekleidet. Ein sanftes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er Reina auf dem Bett beobachtete. Leise ohne das man seine Schritte hätte hören können, schlich er sich hinter das Bett, legte seine Arme um sie und ließ seine Lippen an ihrem Hals entlang gleiten. Reina erschrak sich fast zu Tode, spürte wie das Adrenalin in ihrem Körper stieg, die Erregung unter ihrer Haut. Fest biss sie sich auf die Lippen um ein Stöhnen zu unterdrücken. „Du bist so wunderschön!“ „Du meinst obwohl ich eine grauenvolle Monsterechse bin?“ „Hm hm! Ich steh auf grauenvolle Monsterechsen. Besonders wenn sie so wundervoll riechen.“ „Äh…danke…schätze ich“, ihr fiel erst in diesem Moment auf, dass er kein Oberteil an hatte. Darauf war sie nicht vorbereitet. Reina spürte wie das Blut in ihre Wangen stieg. Aaron kicherte sanft und ließ seine Lippen sanft über ihre Wangen gleiten. Vorsichtig hob er sie hoch, setzte sich hinter sie aufs Bett und zog Reina auf seinen Schoß. Liebevoll knabberte er an ihrem Ohr. Es fiel ihm sehr schwer sich zu beherrschen, seiner Lust nicht vielleicht doch kurz nach zu geben. Würde sie einen kleinen Kratzer am Ohr überhaupt bemerken? Während er noch mit dem Gedanken spielte, spürte Aaron wie Reina sich sanft zu ihm umdrehte, zärtlich sein Gesicht in ihre Hände nahm, ihre Stirn an seine legte und ihm verträumt: „Ich liebe dich!“, entgegen säuselte. Nun war es an ihm heiser zu seufzen, wie konnte er auch nur daran denken, solch ein wundervolles Wesen zu verletzen? Es war definitiv Zeit mal wieder Jagen zu gehen. Liebevoll umarmte sie ihn, kuschelte sich enger an seine nackte Brust und fragte: „Magst du vor dem schlafen gehen noch schmusen?“ „Wie kannst du mich nur so was fragen? Wann möchte ich denn mal nicht schmusen? Ich würde den ganzen Tag am liebsten nichts anderes machen! Aber wo wir gerade dabei sind…ich muss da was mit dir besprechen!“ Reina schaute interessiert und als sie seinen ernsten Blick sah, rutschte sie unbehaglich von Aarons Schoß. „Oh…ok…hab ich was angestellt?“ „Was? Du ? Nein…nein wirklich nicht. Es ist nur, wie soll ich dir das erklären? Also Rei ich bin ein Mann…“ „Ja, das ist mir aufgefallen…ist auch schwer zu übersehen! Nur falls du es wissen willst…ich bin eine Frau!“ „Seeehr lustig! Du kannst mir glauben, dass mir das bewusst ist! Bei einem Mann würde ich wohl kaum Nasenbluten bekommen. Aber so meinte ich das nicht. Ich bin ein Mann und ich habe…Bedürfnisse…“ „Aha…“, etwas zögerlich setzte sie noch hinzu, „Wie kann ich dir da jetzt weiter helfen?“ „Die Frage ist übel…da würde mir so vieles einfallen…“ „Wie zum Beispiel?“ „Hm…tja…ich fürchte wenn ich das sage muss ich dir die Ohren zuhalten…womit die Sache ziemlich sinnlos wäre…aber zurück zu meiner eigentlichen Bitte. Wo deine Verwandlung jetzt ins Haus steht und so…schätze ich mal, dass wir in nächster Zeit nicht viele gemeinsame ungestörte Momente haben werden und daher…na ja…wollte ich dich fragen ob wir die Nacht heute nicht dazu nutzen könnten…uns näher zu kommen…seeeeehr viel näher?“ „Ähm…“, Reina war schon bei der ersten Frage knallrot angelaufen. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Sie bemühte sich ihre rasenden Gedanken zu zähmen, ihr Gehirn wieder zum Funktionieren zu zwingen, trotz allem blieb ihr nur eine Antwort, „Äh…“ „Es tut mir Leid! Ich weiß das ich damit jetzt wirklich überfahre und so…es ist ja auch normalerweise auch nicht meine Art irgendwas so zu überstürzen, aber es würde mir wirklich viel bedeuten.“ Reinas Ansicht nach, war überfahren nicht so ganz das richtige Wort. Erschlagen und danach mit einer Dampfwalze platt planieren, traf es da eher. „Ich…wenn…es dir…so viel bedeutet, ok“, darauf war sie wirklich nicht vorbereitet gewesen, die Worte waren einfach so aus ihr hinausgesprudelt. Es kostete sie selbst einige Minuten um zu begreifen, dass sie das wirklich gerade gesagt hatte. Aaron spürte ihre Verwirrung und seufzte leise. „Nein! Nicht so…nicht wenn du das nicht wirklich willst!“ „Ich“, noch bevor Reina etwas entgegnen konnte rutschte er ganz eng an sie und legte liebevoll seinen Zeigefinger auf ihre Lippen. „Es ist in Ordnung. Es wäre nur schön gewesen, dir so nah sein zu dürfen.“ „Tut mir Leid…ich hätte nur gerne noch etwas Zeit. Es ist nicht so, dass ich nur nicht mit dir…ich liebe dich! Wenn ich das jemals mit einem Mann mache, dann mit dir. Du bist meine große Liebe, mein fester Freund. Du gibst mir so viel Sicherheit, Zärtlichkeit und Geborgenheit…bei dir fühle ich mich wohl wie bei keinem anderen. Ich bin…nur einfach noch nicht bereit dafür.“ „Rei“, er war tief gerührt. Wie sie es nur immer wieder schaffte, seinem kalten toten Herzen Gefühle zu entlocken, „Es ist wirklich in Ordnung. Sicherlich wäre es schön gewesen, auch mal mit unter der Decke zu schlafen und dich beim Kuscheln richtig umarmen zu können, aber wenn dir das zu nah ist, ist das ok. Dann kuscheln wir wie immer. Ich muss dich nur noch einwickeln!“ „Ja das ist bess…warte was hast du gerade gesagt?“ „Keine Ahnung der Satz war ziemlich lang und ehrlich gesagt lenkst du mich extrem ab…es ist schon ganz schön lange her das ich meinen letzten Kuss bekommen habe…“ „Wie du wolltest mit mir kuscheln?“ „Darüber haben wir doch gerade eben geredet oder? Und du sagtest du bräuchtest Zeit und so…ich…“ „Warte wir haben darüber geredet, dass wir zusammen in einem Bett schlafen, unter einer Zudecke“, Aaron nickte zustimmend, „ Und?“ „Und was? Rei manchmal bist du komisc…“, noch bevor er ausreden konnte hatte sie sich das Kopfkissen geschnappt und ihm über den Kopf gehauen, „ Au…he, womit hab ich das denn verdient?“ „Was sollte denn bitte der Quatsch von wegen uns seehr viel näher kommen?“, wütend schlug sie mit dem Kissen gegen seine Seite. Aaron spürte es kaum, sie hätte auch mit einer Feder dagegen stupsen können. Er wunderte sich nur, warum sie so wütend war, „Macht es dir Spaß mir so einen Schock zu verpassen…ich dachte wirklich…hast du eine Ahnung was mein Herz für einen Aussetzer gehabt hat? Ich…nicht zu fassen und ich hatte noch ein schlechtes Gewissen…“ Vorsichtig nahm er ihr das Kissen ab und schloss sie in seine Arme. „Rei…tut mir Leid…ist wirklich alles in Ordnung…mit Herz-Rhythmus Störungen muss man vorsichtig sein…brauchst du einen Arzt?“ „Nein verdammt! Ich will eine Antwort!“ „Worauf?“ „Was das seehr viel näher kommen sollte! Quälst du mich gerne?“ „Was? Nein natürlich nicht! Habe ich dir wehgetan? Tut mir Leid…ich wollte doch nur mit dir in einem Bett schlafen…so richtig ohne zwanzig bis dreißig Zentimeter Stoff dazwischen…ein halber Meter ist doch viel näher…oder?“ „Ja…“, Reina seufzte laut und versuchte sich zu beruhigen, „Irgendwie schon…aber…ach vergiss es…vergiss einfach das ich überhaupt etwas gesagt habe! Ha ha und ich dachte du meintest…oh Mann! Ich bin knülle! Das war verdammt nochmal zu viel Aufregung für einen Abend.“ „Hm ok…dann las dich jetzt einwickeln und in den Schlaf kuscheln!“ „Aaron, dir ist schon klar, dass du mit unter die Decke darfst oder?“ „Ach das sagst du doch jetzt nur so. Du willst mich nur auf die Probe stellen, ob ich mich auch wirklich beherrschen kann. Nein, nein auf den Trick fall ich nicht rein!“ „Na wie du meinst…ich sagte zwar, dass ich dich missverstanden hatte und dachte das du über etwas anderes sprichst, aber wenn du nicht willst…ist es eben dein Schaden!“, mit diesen Worten legte sie sich hin, zog die Decke über ihre Schultern und schloss die Augen. „Wie du dachtest ich würde über etwas anderes reden? Worüber sollte ich denn sonst reden?“, keine Antwort, Reina tat so als wäre sie bereits eingeschlafen. „Rei? Ach komm schon, so schnell schläfst du nicht ein! Ich weiß, dass du noch wach bist! Bitte rede mit mir…ansonsten…muss ich zum äußersten Mittel greifen!“ Die Stille dauerte an, nur durchbrochen von Aarons leisem Seufzen: „In Ordnung, du wolltest es so! Kitzelangriff!“ Reina wäre vor Schreck fast aus dem Bett gesprungen, als seine Hände begannen ihre Seite zu malträtieren. Schon nach kurzer Zeit hatte sie vor Lachen Tränen in den Augen, dank ihrer heftigen Gegenwehr erging es Aaron aber auch nicht viel besser. Eine Weile lang kämpften sie, zerwühlten das Bett und schmissen sich die Kissen um die Ohren. Erst als Reina keine Kraft mehr hatte, auf dem Bett zusammen sank und sich ergab, war Aaron bereit auf seine Antwort zu verzichten. Allerdings nahm er sich vor, am nächsten Morgen Sandra zu fragen, was seine Liebste wohl gedacht haben mochte. Zärtlich deckte er sie zu und küsste vorsichtig ihre Stirn. „Ich liebe dich!“ „Ich weiß Rei…ich weiß…“ „Gibst du mir noch einen gute Nacht Kuss?“ „Nach dem Kissenanschlag…na das weiß ich nicht…“, spielerisch beobachtete er sie aus den Augenwinkeln. „Hm…ok, dann nicht! Ich kann warten!“, liebevoll streckte sie ihm die Zunge raus, ohne sich die Mühe zu machen, den Kopf aus den Kissen zu heben. Aaron seufzte leise, beugte sich zu ihr herab und küsste sie zart. „Und das kannst du bei weitem besser als ich!“ „Hm hm…du hast das Nachsehen mit deinen ungemein männlichen Bedürfnissen!“ „Fängst du schon wieder Streit an?“ „Nö…dafür bin ich viel zu fertig…ich ärger dich nur noch ein wenig. Das ist jetzt meine letzte Chance! Ich kann dir nicht lange böse sein…“ „Hm, gut zu wissen…“, er legte sich vorsichtig neben sie aufs Bett, schlang seinen Arm um ihre Taille und zog sie samt Decke in eine warme, liebevolle Umarmung. So sanft geborgen dauerte es nicht lange bis Reina tief im Reich der Träume versunken war. Kapitel 11: Kleiner Drache, großer Stress ----------------------------------------- Einige Zeit nach Mitternacht rappelte sich Aaron schweren Herzens auf, küsste seine Liebste zum Abschied auf die Stirn und machte sich auf den Weg ins Zimmer seiner Geschwister. Es wurde Zeit für die Jagd. Er würde nur Oscar mitnehmen, Sandra musste zurückbleiben, falls irgendetwas mit Reina sein sollte. Wie jedes Mal würden sie aufbrechen, in der Nacht mit den Schatten verschmelzen, über die Dächer der Stadt springen auf dem Weg in den nächstgelegenen Wald, um die Gier, das Raubtier in ihnen zu befriedigen. Kurz nachdem er gegangen war begann Reina sich im Schlaf unruhig hin und her zu wälzen. Alpträume verfolgten sie. Sie fiel und fiel, in tiefer Dunkelheit ganz allein und doch nicht. Da waren Stimmen, die riefen, schrien, auf sie ein redeten in einer Sprache die ihr unbekannt war. Es war nichts da an dem sie sich hätte festhalten können, sie versuchte zu rufen, aber kein laut ertönte. Alle Geräusche wurden von dieser Dunkelheit verschlungen, erstickt. Reina spürte wie sie sich um sie legte, sie verschluckte, ihr die Luft aus den Lungen riss, begann ihren Körper zu erdrücken. Keine haltenden Arme beschützten sie, nur dichte Finsternis und ein plötzlicher Schmerz. Ihr Körper schien diese Atmosphäre auf zu saugen, die Kälte durchdrang sie, von Einsamkeit umhüllt begann sie zu schneiden wie Feuer. Es schien sie zu zerreißen, verbrennen, zu ätzen wie Säure. Reina fiel und fiel, halb wahnsinnig vor Schmerz, halb panisch, solange bis sie wieder etwas sah, direkt unter ihr ragten riesige messerscharfe, dunkle Felsspitzen auf. Gerade als sie aufschlug, als sie spürte wie ihr Körper in Fetzen gerissen, durch den kalten harten Stein zertrümmert wurde, schreckte sie schweißüberströmt auf. Doch die Schmerzen hatten kaum nachgelassen. Ihr Körper schien zu brennen, sie fror schrecklich, ihre Gelenke fühlten sich an, als hätte jemand tausende Nadeln in sie hinein gerammt, ganz ähnlich wie ihre Knochen, die zerschmettert schienen. Am Schlimmsten war jedoch ihr Rücken, sie hatte kaum noch ein Gefühl darin, so taub vor Schmerz war er. Reina wollte aufstehen, wollte sich bewegen, doch jede Bewegung war eine Qual, verbrauchte so viel Kraft, dass sie fast ohnmächtig geworden wäre. Leise, gequält wimmerte sie Aarons Namen, suchte ihn in der Dunkelheit, konnte ihn aber nicht finden. Heiße Tränen rannen über ihre Wangen, schwach hob sie ihre zitternde, der Bewegung wiederstrebende Hand, und versuchte gegen die Wand zu klopfen. Sandra war im Nebenzimmer, würde sie die Hilfegesuche hören? Sie wurde immer schwächer, ihr Arm sank zurück aufs Bett. Die Gnade der Ohnmacht wurde ihr allerdings nicht zuteil, ohne Kontrolle über ihren Körper lag sie da, wie gelähmt. Das Einzige was Reina wahrnahm waren die unbeschreiblichen Schmerzen, die brennende Flamme die drohte sie von innen heraus zu verbrennen. Sie saßen auf den Ästen der höchsten Bäume, umgeben von tiefster Dunkelheit und umfangen von den Geräuschen der nachtaktiven Tiere. Keiner von ihnen Sprach ein Wort und es war auch nicht notwendig, der Wind hatte eine Fährte an ihre Nasen getragen und nun warteten die Brüder. Wenige Meter entfernt, weit unter ihnen graste friedlich eine Horde Tang-gnus. Ein seltener Anblick, denn diese dem Gnu ähnlichen, nur etwas kleineren, Tiere, lebten in der Regel unter Wasser. Es war ungewöhnlich, dass sie an Land kamen, denn mit ihren sperrigen, großen, verzwirbelten Geweihen blieben sie nur allzu leicht zwischen Bäumen oder an Sträuchern hängen und waren dem Tode geweiht. Denn obwohl sie Lungen und Kiemen hatten, somit auch an Land atmen konnten, war ihr Gewebe nicht in der Lage aus der Atmosphäre genug Sauerstoff zu gewinnen, um die Organe ausreichend zu versorgen. Einige Zeit hielten sie es aus, wurden aber kontinuierlich schwächer, daher verließen sie ihr nasses Reich nur im Notfall. Entweder wenn ihre Seen bejagt, verschmutzt oder ihre Seetangvorkommen geplündert wurden. Aber es war Aaron eins…sie hatten definitiv Glück gehabt. In der Dunkelheit waren sie im Vorteil, es würde eine kurze Jagd werden. Ein kurzes Aufscheuchen und genug Gnus würden sich zwischen den Bäumen verfangen, dann mussten sie sie nur noch anzapfen und ihren Hunger stillen. Die Tiere hatten keine Ahnung was da auf sie zukam, zwei Silhouetten lösten sich aus dem Geäst und schwebten zu Boden, noch bevor die Gnus fliehen, losrennen konnten, war bereits das erste von ihnen erlegt. Die anderen rochen das Blut, das aus ihrer Mitte kam, sahen die blitzenden Eckzähne, die sich im Fleisch ihres Herdentieres vergruben, die leuchtenden roten Augen, die wie Schwerter durch die Dunkelheit schnitten. Panik brach aus, alle rannten los ohne Sinn und Verstand durch den dunklen Wald voller Stolperfallen und Baumwurzeln, doch es war hoffnungslos. Aaron ließ das erste Gnu fallen, mit einem lauten Geräusch schlug der schwere tote Körper am Boden auf. Oscar setzte bereits einem anderen Tier, welches ihnen am nächsten gestanden hatte, nach. Die dünnen Beine, konnten den massigen Körper nicht schnell genug davon tragen. Mit einem einzigen gezielten Sprung war der Vampir auf dessen Rücken, schlug seine Eckzähne in den Nacken des Tieres und hielt sich fest. Aaron sah sich nach einem anderen Opfer um, noch war kein Gnu stecken geblieben. Diese Jagd sollte also kein vorzeitiges Ende nehmen und das gefiel ihm, wie langweilig war es doch sie einfach nur abzusammeln, absolut nicht vergleichbar mit dem Genuss einer gepflegten Hatz. Das Gefühl wenn ihr Herzschlag stieg, der Geruch des Angstschweißes, der Moment wenn seine Zähne durch das weiche Fleisch stießen und er das warme, kraftvolle Lebenselixier schmecken konnte. Langsam leckte er den letzten Rest Blut aus seinem Mundwinkel und fixierte das nächste Ziel, bevor er erneut in die Tiefen der Schatten abtauchte. Es sollte eine lange Nacht werden und noch stundenlang würden die Rufe verängstigter Tang-gnus durch die Nacht hallen. Eine Person ragte über ihr auf, noch von der Ohnmacht verwirrt konnte Reina sie nicht erkennen, keine Umrisse ausmachen, keine Farben wahrnehmen, in der Dunkelheit die nur von einer einzelnen flackernden Kerze erleuchtet wurde. Schwach versuchte sie ihre Augen offen zu halten, doch selbst die schienen unbeschreiblich zu schmerzen. Irgendwer sprach etwas, aber es verschwamm auf dem Weg an ihr Ohr, bevor sie es fassen konnte, zu einer sinnlosen Abfolge von verzerrten Noten. Sorgenvoll beugte sich Mrs. Strauß über sie. „Gut, dass du mich angerufen hast San! Das sieht gar nicht gut aus, ihr Puls ist viel zu tief, ihre Pupillen reagieren kaum noch…und sie scheint starke Schmerzen zu haben. Hol mir bitte das Betäubungsmittel, das ich mitgebracht habe.“ „Weißt du schon was sie hat? Ich konnte keine Wunde finden…kein Blut riechen, vielleicht…hat die Verwandlung eingesetzt…wir sollten mit ihrem Vater reden, der müsste eine Ahnung haben.“ „Dann geh bitte und beeil dich…ich habe keine Ahnung wie ich ihr helfen kann. Momentan sieht es schlecht aus. Hoffentlich hält sie durch bis Max hier ist.“ Während Sandra durch die Tür, die Treppe hinunter eilte um Reinas Vater zu holen, erwachte diese kurz aus ihrem Delirium. Sanft, beruhigend streichelte Mrs. Strauß ihr die weißen Strähnen aus dem Gesicht und fragte: „ Hallo Rei, ich bin´s…keine Sorge es kommt alles wieder in Ordnung. Du musst uns allerdings helfen…wir haben keine Ahnung was dir fehlt. Kannst du sprechen? Wo genau tut es weh?“ Schwach keuchte sie zwischen ihren Lippen hervor: „…Rücken…es brennt…“ „Was? Trotz der Schmerzmittel? Das ist nicht gut, lass mich das mal ansehen.“ Vorsichtig drehte Ane Reina auf den Bauch und entblößte ihren Rücken. Was sie da sah, erschreckte sie fast zu Tode, am liebsten hätte sie das Zimmer verlassen um diesem grauenvollen Anblick zu entkommen. Die gesamte Fläche war violettfarben und durchzogen von dunklen pochenden Adern. Einzelne Federn versuchten durch die dünne, fast wie Pergament erscheinende Haut zu stoßen und unterhalb des rechten Schulterblattes ragte das Stück eines neuen Knochens hervor. Langsam ließ sie ihre Fingerkuppen hinübergleiten. Das blanke, golden schimmernde Ende eines Flügels war unbeschreiblich warm und samten. Ein leises klägliches Wimmern ertönte, so armselig und schmerzgeplagt, durch die Dunkelheit, das Mrs. Strauß zusammenzuckte. Vorsichtig holte sie einige Heilsalben, Desinfektionssprays, Verbände und ihr Skalpell aus der Tasche und machte sich daran, den Rest der Flügel, soweit sie sich gebildet hatten freizulegen. Der Anblick und vor allem der Geruch der sich Sandra bot als sie mit Reinas Vater zurückkam, ließ sie fast das Gleichgewicht verlieren. Ihre kleine Schwester lag noch immer schwach auf dem mittlerweile blutüberströmten Bett, ihre Mutter, mit dem Skalpell tief in Reinas Rücken versunken kniete über ihr und schnitt wie besessen durch das Fleisch. „Ma…um Himmels willen! Hör auf! Oh Gott…dieser Geruch…“, Sandra spürte wie das Tier in ihr erwachte, wie es ihren Verstand, ihren Geist bekämpfte, versuchte die Oberhand zu gewinnen. Sie hatte nie bedacht, dass Reinas Blut solche Gefühle in ihr auslösen könnte, dass es ohne die dämpfende Haut, noch so viel stärker riechen, locken würde. Es kostete sie alle geistige Kraft die sie aufbringen konnte um sich umzudrehen und auch nur einen Zentimeter zurück zu gehen. Das Wesen in ihr, dieses nach Blut lechzende wilde Ungeheuer, schrie vor Zorn, knurrte und trat um sich. Es wollte solch hervorragendes Blut nicht hergeben, nicht verschwendet auf dem Boden oder in diesem unwichtigen schwachen, auf dem Bett liegenden Wesen lassen. Es wollte trinken, stärker werden, die Befriedigung die nur solch machtvolles Blut geben konnte fühlen, egal was es dafür tun musste, egal wie die Seele seines Wirtes sich danach fühlen würde. Vor Schwäche zitternd konnte Sandra nur noch schnell zischen, „Ich muss hier raus!“, bevor sie wie ein Blitz durch die Tür des Zimmers hinaus, die Treppe hinunter, durch ein Fenster im Erdgeschoss auf die Straße und in Richtung des nahegelegenen Waldes schoss. Ängstlich und nur ganz langsam, wagte Reinas Vater sich dem Bett, seiner Tochter und der Vampirin zu nähern. Vorsichtig, Schritt für Schritt legte er den Weg zurück, blieb in respektvollem Abstand stehen und beobachtete die Operation. „Wird sie…durchkommen?“ Mrs. Strauß würdigte ihn keines Blickes, antwortete nicht. Sie hatte genauso wie Sandra, auch wenn sie weit älter, erfahrener und beherrschter war, mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen und musste währenddessen noch darauf achten Reina nicht mehr zu verletzen als es unbedingt nötig war, nur das Fleisch zu durchtrennen, dass die sich bildenden Flügeln behinderte und keine wichtigen Adern zu zerstören. Es waren bereits Minuten vergangen ohne das sie geatmet, geblinzelt oder innegehalten hätte, dies schien ihr der einzige Weg zu sein, diese Tortur möglichst schnell zu beenden, sowohl für sie als auch für Reina. Noch weitere Minuten, Stunden des Schweigens, der unablässigen Arbeit folgten, bis langsam die ersten Sonnenstrahlen auf die fernen Tore der Stadt trafen und ein neuer Tag anbrach. Erst nachdem der kleine Raum schon lange vom Licht durchflutet war, löste sie sich endlich von ihrer stummen Arbeit, legte das Skalpell weg und begann die Wunde, die sich mittlerweile über Reinas kompletten Rücken erstreckte, zu reinigen und zu verbinden, wenn auch nur ganz lose, damit die Flügel, deren Knochen immer noch im Aufbau begriffen waren, genug Platz hatten sich zu entfalten. Als sie fertig war trat sie aufseufzend einen Schritt zurück, bis sie eine leise schwache, brüchige Stimme hörte, die ihr fast das Herz zerbrach. „Mrs. ...Ma?“ Vorsichtig setzte sich Mrs. Strauß auf die Bettkante und nahm liebevoll Reinas schwache leblos daliegende Hand. „Tut mir Leid! Ich weiß das muss trotz der Schmerzmittel sehr wehgetan haben...“ Reina versuchte mit dem Kopf zu schütteln, aber dazu reichten ihre Kräfte nicht mehr. Langsam und schwerfällig neigte sie ihn erst nach rechts und dann nach links, jeweils nur so wenig, dass wirklich nur die Vampirin mit ihren scharfen Augen es sehen konnte. „Hab keine Angst…alles wird wieder gut…versuch ein wenig zu schlafen, wenn du aufwachst ist vielleicht schon alles vorbei.“ „Ich…kannst… …du…mich… …“, weiter kam Reina nicht mehr. Ihre letzten Kräfte schwanden und die willkommene Dunkelheit einer tiefen Ohnmacht verschlang sie, jedoch nicht bevor die warmen, vorsichtigen, sanften Arme einer liebenden Mutter sie umfingen und versprachen, alles Unheil von ihr fern zu halten. „Sie…muss sie wirklich sehr lieben“, war alles was der immer noch weit vom Bett entfernt stehende Drache sagen konnte, als ihm klar wurde, dass er seine Tochter bereits verloren hatte, bevor er sie fand. Niemals würde sie sich für ein Leben unter ihresgleichen, zusammen mit ihm entscheiden. Sie hatte bereits eine Familie, Wesen an denen ihr Herz so sehr hang. „So sehr, wie wir sie…so sehr wie wir sie…“, war alles was Mrs. Strauß ihm antwortete. Es war noch Nacht gewesen, als Sandra den Wald und ihre Brüder, welche die restlichen Tang-gnus jagten, erreicht hatte. Gerade schlichen sie um einige verwirrt und panisch dreinblickende Tiere als ihre Schwester durch die Bäume brach und ihre Mahlzeit aufscheuchte. Wütend knurrte ihr Aaron entgegen, in der tiefen Dunkelheit waren sie zwar im Vorteil, aber die Gnus befanden sich in der Nähe eines Tümpels und sobald sie das Wasser rochen, würden sie darin außer Reichweite verschwinden. Noch bevor er sie anschnauzen, beschimpfen oder fragen konnte was los war, fühlte er, dass etwas nicht stimmte. Sandra zitterte unkontrolliert und knurrte bestialisch. Irgendetwas schien sie über die Grenze des menschlichen getragen zu haben, schien das Tier in ihr entfesselt und zur Raserei gebracht zu haben. Vorsichtig, langsam schlich er sich hinter Oscar, welchen sie selbst während ihres momentanen Zustands nicht anfallen würde und versuchte beruhigend auf sie einzureden. Es kostete sie Stunden bis Sandra wieder einigermaßen ansprechbar war und selbst dann blieb ein animalisches Glimmen in ihren blattgrünen Augen. „Was ist denn los? Ist irgendwas passiert? Was ist denn in dich gefahren?“, fragte Oscar besorgt. Während Sandra in ihrem noch leicht tierischen Verstand nach Antworten suchte und probierte die menschliche Sprache wiederzufinden, nahm Aaron eine Fährte auf. Ein Geruch, der noch an seiner Schwester klebte, nicht wie etwas mit dem man in Berührung gekommen war, mehr wie ein Duft, der durch eine hektische Bewegung mitgerissen worden war. Etwas starkes und doch sanftes, ein unglaubliches Locken und doch ein Tabu, irgendwie bekannt…sehr bekannt…zu bekannt. Als sein Gehirn es schaffte zu begreifen was es mit dem Geruch auf sich hatte, wäre er beinahe in Ohnmacht gefallen. Wütend stellte er sich vor seine noch verwirrte Schwester, packte sie grob an den Schultern und schüttelte sie kräftig. „Was zur Hölle ist passiert? Was ist mit Rei? Rede! Mach schon!“ „R…e…i“, eine Weile kreisten Sandras Gedanken um den ihr bekannten Namen, der plötzlich wie vernebelt schien. Irgendetwas war da, nagte vorsichtig am Rand ihres spärlichen Bewusstseins, als wäre etwas für sie unheimlich wichtiges zur Sprache gekommen, aber was war es nur? Es viel ihr so schwer sich zu erinnern, sich zu konzentrieren, „ Rei…R…e…i…“ „Ja verdammt nochmal Rei! Reina! Deine beste Freundin…deine Schwester komm schon, reiß dich zusammen!“ „Aaron hör auf! Das hilft ihr auch nicht, du machst sie nur wieder wild!“, als Antwort kam ein böses Knurren von seinem Bruder, „Komm lass uns zurück gehen. Es hilft nichts sie zu fragen und egal was mit Rei ist wir können ihr von hier aus nicht helfen.“ „Aber…aber…du hast recht…es ist nur…was hab ich mir nur dabei gedacht sie einfach so allein zu lassen? Ich hätte nicht gehen dürfen…ich hätte bei ihr sein müssen, auf sie aufpassen sollen…“ „Mach dir keine Vorwürfe, das hilft ihr auch nicht! Lass uns aufbrechen. In ein paar Minuten sind wir wieder in der Gilde und dann bekommst du Gewissheit was los ist.“ Als sie wenig später durch die Tür der kleinen Taverne in die Dunkelheit des Schankraums traten, sahen sie ihren Vater angespannt an einem Tisch sitzen, gegenüber des Drachens. Aaron stürmte ohne zu grüßen an ihm vorbei und wollte gerade die Treppe hinaufsprinten, als sich ihm eine große ungewaschene Gestalt in den Weg stellte. „Junge…da solltest du besser nicht hoch gehen.“ „Lass…mich…vorbei!“, knurrte er aggressiv. „Aaron!“, sein Vater hatte die Stimme kaum erhoben und doch tönte sein leiser bedachter Satz wie Donner durch sie Stille, „Beruhige dich…Reina geht es gut! Nun zumindest den Umständen entsprechend, aber auf jeden Fall ist sie nicht mehr in Lebensgefahr.“ „Aber…ich kann ihr Blut von hier unten riechen…viel…Blut…“ „Ma ist bei ihr und versorgt die Wunde. Die Verwandlung hat eingesetzt, ihre Flügel beginnen sich zu bilden und das ist bei weitem nicht das Schlimmste was ihr zustoßen wird.“ „Ich muss zu ihr, sofort! Geh aus dem Weg Alter!“ „AARON! Beruhig dich, du kannst ihr nicht helfen. Es wird unausweichlich geschehen, egal ob du dabei bist oder nicht. Kannst du dir nicht vorstellen, dass sie nicht möchte das du siehst wie sie sich verwandelt, dass sie dich lieber nicht dabei haben möchte?“ „Aber…aber…“ „Wenn du dich verwandeln würdest, wenn deine Knochen brechen würden um sich verschieben zu können, dein Fleisch sich neu formen würde und du nur noch eine klumpige Masse aus Blut und reißenden Sehnen wärst, würdest du da wollen, dass Rei an deiner Seite sitzt und dich beobachten muss? Deinen Schmerz mitfühlt? Mit dir leidet?“ „Nein…“ „Siehst du…, kümmere dich um Sandra. Die braucht im Moment deine Hilfe, das lenkt dich auch mit Sicherheit ab.“ Aaron knurrte leise, ungehalten, folgte aber den Worten seines Vaters und verließ die Treppe. Sobald der neue Tag anbrach, war Sandra wieder sie selbst und obwohl ihr Vater auch sie aufhalten wollte, ließ sie es sich nicht nehmen hoch zu ihrer Mutter zu gehen um zu helfen. Aaron, der ihr gefolgt war, wurde jedoch, noch bevor er einen Blick auf Reina erhaschen konnte des Stockwerks verwiesen und musste übellaunig am Fuße der Treppe platznehmen. Wo er sitzen blieb bis erst Faenwyn und wenig später auch Ronian und Tagiar hinunterkamen und ihn verscheuchten. Langsam, ziemlich verkatert setzte Faenwyn sich an einen der Tische, stützte das Kinn auf seine Hände und versuchte nach zu denken, was ihm nicht wirklich gelang, da die beiden anderen Lehrer ihn immer noch verfolgten. „Na…haben wir Kopfschmerzen?“, fragte Ronian mit einem breiten Grinsen im Gesicht und etwas, das wie ein Tonbandgerät aussah, in der Hand, „Gestern zu viel getrunken? Oder irgendwas anderes getan, dass ihr Bewusstsein lieber verdrängen würde?“ „Was? Oh…nicht so laut...Gott hab ich ´nen Schädel.“ Die beiden setzten sich zu ihm an den Tisch und als Ronian erneut begann zu fragen, konnte Tagiar sich das heisere Lachen nicht länger verkneifen, „Hatten sie eine angenehme Nacht…haben sie zufällig…gut geschlafen?“ „Keine Ahnung…warum interessiert sie das? Ich hab nicht einmal mehr eine Ahnung wie ich auf mein Zimmer gekommen bin…nur noch an diese reißende Elfin…was ist eigentlich aus ihr geworden?“ Tagiar lachte noch lauter auf, die Situation war aber auch wirklich zu herrlich. Er spürte wie Tränen durch sein Fell und seine Wangen hinunterliefen und musste ein Taschentuch aus seinem Umhang heraussuchen, während Ronian weitermachte: „Na ja die Elf ´in´ schien sagen wir mal viel Spaß zu haben. Zu schade das sie sich an nichts erinnern, klang als wäre es die beste Nacht ihres Lebens gewesen…“ „Was?“, Faenwyns Verstand war noch immer leicht vernebelt. Bedröppelt dreinschauend versuchte er zu erfassen was sein Kollege da gerade gesagt hatte, „Sie meinen…ich habe diese Fremde mit aufs…Zimmer genommen?“, er lief knallrot an und musterte peinlich berührt seine Fingerspitzen. „Na ja genau genommen hat sie sie hoch getragen…aber über solche Kleinigkeiten wollen wir uns nicht streiten“, noch bevor Ronian weitersprechen konnte erklang ein weiteres heiseres Lachen von Tagiar. Besorgt schaute der Werwolf sich nach seinem Liebsten um und sah, dass dieser sonst ganz Kontrollierte, vor halb unterdrücktem Lachen zitterte und versuchte die Tränen einzudämmen. Vorsichtig zog er seinen Freund zu sich und hielt ihn fest, da dieser sonst auf dem Stuhl zusammengebrochen wäre. „Sie hatten das Zimmer neben meinem oder?“, er wartete auf Ronians bestätigendes Nicken, „Was genau ist da abgelaufen…also was ist passiert oder ist etwas passiert?“ „Sie erinnern sich wirklich nicht oder? Und zugehört haben sie mir auch nicht hm? Armer Elf…armer, armer, armer Elf…, aber Sie wissen ja was man sagt. Wenn der Mann sich nicht mehr an die Nacht erinnern kann, muss es wirklich gut gewesen sein.“ „Das kann nicht sein…sie müssen sich verhört haben…ich bin nicht so einer…ich würde so etwas niemals einfach so machen…schon gar nicht mit einer Fremden…“ „Oh Gott sie klingen fast so schlimm wie Mr. Strauß…“, Aarons Vater schaute fragend zu dem Tisch hinüber, da er seinen Namen gehört hatte, „Nicht sie ihr Sohn…“, die Neugier erstarb so schnell wie sie aufgekommen war. „Kaum ein Wunder…wir waren mal Brüder, also bevor…“ „Bevor ich zu einem Monster wurde, sag ruhig, was du meinst!“, knurrte Aaron, der nur beiläufig zugehört hatte, aggressiv aus einer Ecke und setzte noch hinzu, „Aber immerhin hat das Monster eine feste Freundin und wacht nicht morgens neben irgendeiner unbekannten Alten auf!“ „Das kommt noch dazu…ich bin neben niemandem aufgewacht, wo ist sie hin? Hab ich irgendwas falsch gemacht? War ich…so schlecht?“ Zwischen zwei Lachanfällen schaffte Tagiar es irgendwie einzuwerfen: „Oh ja…die Ähnlichkeit zwischen ihnen und ihrem Bruder ist wirklich nicht zu leugnen…hach nein“, er schnäuzte sich geräuschvoll und fügte noch hinzu, „Und was die Frage angeht…so schlecht können sie nicht gewesen sein…die Dame hatte definitiv ihren Spaß, also sie sind in der Hälfte der Nacht etwa eingeschlafen oder waren erst da richtig ohnmächtig, keine Ahnung und selbst das hat sie nicht gestört…von daher.“ „Ich kann es trotzdem nicht glauben, das klingt alles nicht nach mir“, erklärte Faenwyn mittlerweile entschlossen. „Wir haben uns schon gedacht, dass sie uns nicht glauben würden“, erklärte Ronian mit einem genussvollen Lächeln. Er hatte so lange darauf gewartet das Tonband einsetzen zu können, „Und daher dachten wir uns, wir sollten es für die Ewigkeit festhalten. Hach ich bin so stolz auf sie…, dass ist vergleichbar mit dem Moment wenn das eigene Kind seine ersten Schritte macht. Band ab!“ Nur wenige Sekunden später, erfüllten die gleichen lustvollen Geräusche, die am Abend vorher durch die Zimmerwand gedrungen waren, den Schankraum und Faenwyn konnte nicht anders als perplex und ungläubig, auf das still liegende Tonband zu starren. „Da…ist keine Frauenstimme“, stellte er schockiert fest. „Oh warten sie, so was Ähnliches haben sie gestern Abend auch festgestellt. Das war ganz am Anfang der Aufzeichnung, soll ich zurückspulen? Tut mir Leid, ich hatte zu meiner Lieblingsstelle vorgespult…wenn sie alles hören wollen ist das aber auch kein Problem, vielleicht bringt das ja ihre Erinnerung zurück…“ „Das…darf niemals jemand erfahren! Vernichten sie das Band! Auf der Stelle!“ „Oooow, das wäre nun wirklich Verschwendung…sie sind so putzig, war das ihr erstes Mal mit einem Mann? So niedlich…wie ein tapsiger, betrunkener Hundewelpe…“ „Faenny du hast eines vergessen“, erklärte Aaron fies guckend aus der Ecke, „Ich weiß es jetzt…und ich kann wirklich eine Tratsch Tante sein. Sei also in Zukunft besser nett zu mir…Mr. Ronian sie können mir nicht zufällig eine Kopie von dem Band machen oder?“ „Hm keine Ahnung ob man das mit dem Ding machen kann…hab ich noch nie ausprobiert…ich hab aber auch noch nie etwas so unterhaltsames aufgenommen…yeay gleich kommt meine zweitliebste Stelle…“ „Aaron hör auf deinen Lehrer zu bedrohen!“, bemerkte sein Vater ernst, „Komm wir gehen zu deiner Mutter, die ist mittlerweile in ihrem Zimmer und unterhält sich mit Reinas Vater über die Zeit nach der Verwandlung. Es gibt noch so vieles das wir lernen müssen.“ „Ok…“, murrte dieser unwillig, „Kann ich dann endlich mal zu meiner Rei?“ „Nein! Ich dachte wir hätten das geklärt…muss ich es dir nochmal erklären?“ „Schon gut, schon gut…ich komm ja…“ „Vernichten sie dieses Band!“, hörte Aaron Faenwyn hinter ihm verlangen, während er den Raum verließ. „Ach was…das bringen wir nicht übers Herz. Könnten sie das denn? Sie hatten in der Nacht so viel Spaß und erinnern sich nicht einmal mehr daran, sind sie nicht wenigstens ein wenig neugierig was ihnen ansonsten fehlt?“ „Mir fehlt nichts! Ich bin nur normalerweise beherrscht und nicht betrunken!“ „Oh…vielleicht hilft das auch Mr. Strauß bei seinem Problem“, bemerkte Tagiar. „Hm, ne Überlegung wäre es Wert…, aber zurück zu dem Band. Wissen sie was, ich behalte es als Andenken, schwöre aber es niemals als Druckmittel gegen sie zu verwenden. Sie werden es nie wieder zu Gesicht oder an die Ohren bekommen. Falls sie doch daran interessiert sind, ihre Erlebnisse der letzten Nacht, sagen wir mal auf zu frischen…in unserem Schlafzimmer sind sie jederzeit willkommen. Wir versprechen auch gaaaanz lieb zu ihnen zu sein und wir würden unsere all abendlichen Schmuseeinheiten noch etwas vor verlegen, damit sie nicht wieder zu betrunken sind, sich zu erinnern…“ Zitternd erhob sich Faenwyn von seinem Stuhl und beschloss, dass es klüger wäre sich einen Tisch zu suchen, der sehr weit entfernt von den beiden lag. Tagiar seufzte leise: „Ich schätze das heißt nein…wie schade…er sieht eigentlich ganz hübsch aus…“ Als Aaron und sein Vater sich zu Oscar, Ane und Reinas Vater gesellten waren diese tief in einem Gespräch versunken. „Ich muss bald wieder aufbrechen“, erklärte der Drache, „Ich hatte mich eigentlich nur für ein, zwei Tage zum Jagen abgemeldet. Aber auf jeden Fall bleibe ich noch bis die Kleine sich verwandelt hat. Danach kann ich ihnen nicht mehr helfen, deshalb lasse ich das hier.“ Er legte ein dickes, schweres Buch auf den Tisch. „Was ist das?“, fragte Aaron ungehalten. Es war wirklich schwer zu übersehen, dass er lieber bei Reina wäre. „Ein Grimoire, mehr oder weniger. Es ist so eine Art Leitfaden…wie ziehe ich erfolgreich kleine Drachen auf, von den Ältesten entwickelt und seit Generationen für neu ankommende Drachen kopiert. Das ist meine Sicherheitskopie, sie können sie behalten, aber nur wenn sie das Buch an Reina weitergeben. Es enthält neben den Tricks im Umgang mit Babys all das Wissen, das die Drachen über Jahrhunderte angesammelt haben, mehr oder weniger…es wird ihr sicher sehr helfen. Sobald sie wieder sie selbst ist…“ „Was soll das heißen?“, fragte Aaron angesäuert, „Denken sie nur weil sie sich in einen Drachen verwandelt ist sie plötzlich jemand anderes? Sie ist und bleibt meine Rei!“ „Nun es ist ihre erste Verwandlung...und sie wird ein sehr junger Drache sein. In einem so frühen Stadium sind Babys kontrolliert von ihren Instinkten, ihren Bedürfnissen. Sie wird also keinen von euch wieder erkennen…das kommt frühestens wenn sie sich danach irgendwann freiwillig verwandelt und ein etwa einjähriger Drache ist…was nicht heißt, dass das ein Jahr dauert.“ „Aber…wird sie sich danach noch an uns erinnern? Oder vergisst sie uns einfach so?“ „Warum sollte sie das tun? Nein sobald sie sich genug unter Kontrolle hat ihren anderen Körper wieder einzunehmen, ist sie die Selbe die sie vorher war…“ „Und wie lange dauert die kleiner Drache Phase so durchschnittlich?“, fragte Mrs. Strauß besorgt, „Das Schuljahr beginnt bald und ich glaube nicht, dass Babydrachen am Unterricht teilnehmen dürfen.“ „Das ist Personenabhängig…der eine braucht ein paar Monate, der nächste ein paar Jahre, manche verwandeln sich erst wieder zurück wenn sie als Drache ausgewachsen sind und wieder andere sind in ein paar Tagen wieder in menschlicher Form.“ „Na klasse…war ja klar…wenn ich mich verliebe muss ja alles schief gehen. Da find ich mal ein Mädchen, dass ich über alles liebe und was ist…ach keine Panik, sie erkennt dich jetzt vielleicht ein paar Jahre nicht mehr, aber ansonsten ist alles gut.“ „Na wir wollen mal nicht den Teufel an die Wand malen“, versuchte seine Mutter ihn zu beruhigen, „Es wird schon alles gut gehen, mach dir keine Sorgen. Spätestens wenn die Sehnsucht nach dir, in dem menschlichen Teil in ihr, zu stark wird, wird sie sich schon zurückverwandeln…“ „Hoffentlich“, seufzte er verletzt, „Ich halte doch kaum zehn Minuten ohne ihr herzerwärmendes Lächeln aus. Wie sollte ich denn mehrere Jahre ohne sie ertragen?“ „Ähm wenn ich ihnen einen Hinweis geben dürfte…“ „Nein ich werde nicht über die erst beste Person herfallen um mein Verlangen zu stillen!“ „Was? Wie kommen sie denn darauf? Was sind sie denn bitte für ein Schwein? Wenn sie nur wegen so etwas mit meiner Tochter zusammen sind, dann reiße ich sie in Stücke…sie…“ Leise seufzte Aaron und fügte dann hinzu: „Tut mir Leid, ich bin ein wenig Ronian und Tagiar geschädigt…die anderen Lehrer da unten. Sie sind lieb und nett, aber ihre Art und Weise färbt irgendwie ab…und man neigt dazu sich nach einiger Zeit nur noch zu verteidigen, weil man nicht bereit ist einfach so über seine Freundin her zu fallen…“ „Ähä…“, Reinas Vater schaute ihn noch immer etwas misstrauisch an, bis Oscar ruhig bemerkte, „ Machen sie sich keine Sorgen, Rei hat ein gutes Gespür für Wesen die es ernst mit ihr meinen. Sie wäre niemals mit Aaron zusammen, wenn er sie zu irgendwas drängen würde. Außerdem ist mein Bruder wahrscheinlich das verklemmteste Wesen unter der Sonne.“ „Worauf wollten sie uns Hinweisen?“, fragte Mrs. Strauß um die Wogen zu glätten, bevor Aaron etwas erwidern konnte. „Das hab ich vor Aufregung vergessen…ach ja…ganz wichtig ist bei kleinen Drachen die Ernährung…sie dürfen sie auf keinen Fall überfüttern und sie muss ganz genau abgewogene Mengen an Eisen, Vitaminen etc. bekommen, damit sie sich ideal entwickeln kann. Wichtig wäre auch, dass sie zumindest in der ersten Zeit mit ihren Möbeln aufpassen und sie immer im Auge behalten, die Kleinen knabbern so gern an allem rum was sie finden. Hm…sie sollten viel mit ihr spielen, aber passen sie auf die Zähne auf und wenn sie ein Bäuerchen macht, sollten sie lieber feuerfeste Wäsche anhaben…ja ansonsten halten sie sie von Drachenjägern und komischen, alten, streberisch veranlagten Magiern fern…“ „Hast du gehört Dad, du darfst nicht in ihre Nähe!“, erklärte Aaron, „Na ja wir können dich sicher in den Keller umquartieren…Ma hast du noch das ´Wir müssen draußen bleiben Schild´ mit Dads Gesicht drauf?“ „Es gibt natürlich noch vieles mehr zu beachten“, seufzte der Drache, „Aber es steht alles in dem Buch… sie sollten die Zeit nutzen, die sie für die Verwandlung braucht und es auswendig lernen. Sobald der kleine Drache erst einmal da ist werden sie keine ruhige Minute mehr haben…ich spreche da aus Erfahrung…“ Während Aaron immer ungeduldiger den Moment erwartete, an dem er seine Liebste wieder in den Arm nehmen, zumindest aber wieder im selben Raum wie sie sein durfte, verging Stunde um Stunde, Tag um Tag. Es schien ihm als wären die vergangenen tausend Jahre, nur ein Sandkorn gewesen, hinfort getragen durch den Wind des Schicksal, nur ein winziger Abschnitt seines Lebens, im Vergleich zu dieser Pein, diesen zähen Sekunden des Bangens, den nicht vergehen wollenden Minuten. Bereits drei Tage saß er nun vor Reinas Zimmer und kratzte Mitleid erregend an der Tür. Trotz seiner Hartnäckigkeit ließen weder Sandra, noch seine Mutter, die Reina nicht mehr von der Seite gewichen waren, ihn ein. Das Einzige was ihm zu tun blieb, war das Grimoire wieder und wieder durchzulesen, nicht das er wirklich in der Lage war, die Daten zu erfassen und zu begreifen, solange er sich solche Sorgen machte. Sich an dem Buch festzuhalten und immer und immer wieder die vertrauten Zeilen zu lesen, gab ihn ein wenig Sicherheit, in der Monotonie, der ewigen Wiederholung lag etwas ungemein tröstliches. So versunken war er in die Lektüre, welche sich mit verschiedenen fiep-Laute und ihrer Bedeutung befasste, dass er kaum bemerkte, wie seine Schwester und seine Mutter die Tür, an der er lehnte öffneten und an ihm vorbeirauschten. „He…alles ok?“, fragte Sandra ihn, als keine Antwort kam schob sie ihre Hand zwischen seine Augen und die Buchseiten und wedelte ein wenig hin und her, „Haaalllo…kannst du mich hören? Wir bräuchten dann jetzt mal das Buch…“ „Was? Wofür ?“, blinzelnd und leicht verwirrt schaute er langsam auf. „Och nur so…ich dachte mir eine hübsche Lektüre, dazu ein paar Kekse und Tee…na wozu wohl du Scherzkeks?“ „Kann ich jetzt…“ „Nein“, ertönte die Stimme seiner Mutter scharf. Sie stand mit verschränkten Armen, blutbefleckt und einem leicht glasigen Blick neben Sandra in der Zimmertür. Man sah ihr an, dass die vergangenen Tage sie viel Kraft und Zurückhaltung gekostet hatten, „Wir gehen jetzt kurz runter um etwas zu Essen zu holen und das Buch zu studieren. Entweder kommst du mit oder du bleibst hier sitzen, aber du wirst keinen Fuß in dieses Zimmer setzen!“ „Ich bleibe! Welchen Tag haben wir überhaupt?“ „Es ist Dienstag der 30. September, aber eher Abend als Tag“, erklärte Sandra die viel ungehaltener als sonst und bei weitem nicht fröhlich aussah. Auch ihr schienen die Tage schwer zugesetzt zu haben, „Und bleib weg von dem Zimmer! Rei ist zwar aus dem Gröbsten raus, aber wer weiß ob da nicht noch ein Schub kommt oder so etwas…außerdem schläft sie grade. Das erste Mal seit Tagen…du würdest sie nur wieder hoch scheuchen.“ „Ja ja…ich habe es ja verstanden…ganz ruhig. Man seid ihr überreizt…“ „Ist ja wohl bitte auch kein Wunder!“ „Nein, nein ist es nicht…geht ruhig, nehmt das Buch mit, setzt euch einfach irgendwohin und entspannt euch…ich bin brav…ich verspreche es…“, was die beiden, beruhigt gehenden Frauen nicht mehr sahen, war das er die Finger hinter dem Rücken kreuzte. Sobald sie außer Seh- und Hörreichweite waren bemerkte er leise, „Aber wenn ich ganz leise und vorsichtig bin, wenn ich rein gehe und Rei nicht aufwecke, mache ich ja auch nichts falsches…ihr kennt doch das elfte Gebot…du sollst dich nicht erwischen lassen…“ Kurz hielt er inne, bevor er die Türschwelle überschritt, zog sich seine Schuhe aus und schlich auf Zehenspitzen weiter. Das Zimmer sah erstaunlicherweise genauso aus wie in der Nacht als er Reina schlafend auf dem Bett zurückgelassen hatte, das halb offene Fenster, die leicht im Wind wehenden Vorhänge, das Licht des Mondes, welches den Fußboden erhellte und bis zu dem weißen, sauberen Laken reichte. Etwas, das auf der Bettdecke lag, spiegelte leicht, blendete ihn. Das gleißend bläulich weiße Mondlicht traf auf glänzende goldene Schuppen, wurde auf ihnen gebrochen und erzeugte ein wunderschönes Farbenspiel. Leise, absolut geräuschlos ging Aaron zu dem Bett, obwohl er wusste in was sich Reina verwandeln sollte, war er auf diesen Anblick nicht vorbereitet. Er hatte nie wirklich realisiert, dass er nicht seine Geliebte, den zarten, zerbrechlichen Menschen wiedersehen würde. Ungläubig starte er auf das Bild das sich ihm bot, da lag ein kleines, niedliches Drachenbaby von etwa 40 cm Länge und 20 cm Höhe, auf seinem Schlafanzug zusammengerollt, selig und tief schlafend. Bedächtig setzte sich Aaron auf die Bettkante neben es, betrachtete die feinen goldenen Schuppen, die winzigen Hörner auf dem Kopf, oberhalb der Schwimmhaut ähnlichen Gebilde an ihren Wangen. Sanft streichelte er über die zarten Federflügel, die eng am Körper an lagen und als Wärmespeicher dienten, hinab zu dem langen Schwanz, der ähnlich wie der Nacken eine Art goldene Mähne aufwies. Dieser kleine schlafende Drache war wohl das Niedlichste, dass ihm jemals begegnet war, mal abgesehen von Reina als Mensch. In dieses sanfte Gesicht schauend konnte er einfach nicht anders als sie weiter zu streicheln. Sie spürte etwas, das vorsichtig über ihren Rücken strich, über ihre Flügel und alle Instinkte schrien in ihr, sie müsse aufwachen, müsse wegrennen, bis sie ihre Mama gefunden hatte, die sie beschützen würde. Vorsichtig versuchte sie ihre Beine zu bewegen und sie gehorchten ihr, sie spürte wie sie noch leicht vernebelt aufsprang, sich mächtig schüttelte, wobei ihr Schwanz sich in dem weiten Schlafanzug verfing, während ihre Flügel sich in der nahe gelegenen Decke verfranzten, sodass sie stolperte und in einem Meer von Stoff versank. Panik übermannte den kleinen Drachen, hektisch versuchte sie frei zu kommen, doch je mehr Reina strampelte, desto tiefer sank sie ein. Ängstlich wie sie war konnte sie das nicht erkennen und wirbelte weiter herum, schlug mit den Flügeln, kratzte mit den winzigen Krallen über die Decke und sandte ein herzzerreißendes Quietschen durch die Nacht. In der Dunkelheit und von Gefahr umgeben suchte sie ihre Mama, rief und hoffte, dass sie bald kommen würde. Aaron konnte das nicht länger mit ansehen, vorsichtig zog er den kleinen Stoffball auf seinen Schoß und begann umsichtig sie aus zu wickeln. Nach einiger Zeit hatte er zumindest ihren Kopf und ein Stück des langen Schuppigen Halses befreit, sodass er in diese leicht geschlossenen, wunderschönen blauen Augen sehen konnte. Falls er jemals daran gezweifelt hätte, dass es wirklich seine Reina war, die er da hoch hielt, war das nun alles vergangen. Vorsichtig flüsterte er der kleinen Drachin zu: „Hab keine Angst! Ich bins…Aaron…ich passe immer auf dich auf. Dir wird nichts geschehen…halt nur noch kurz still, dann habe ich dich befreit!“ Fast als würde sie ihn verstehen, hielt Reina in ihren sinnlosen Fluchtversuchen inne, blinzelte kurz, leckte sich vorsichtig mit der Zunge über die Nüstern und fiepte glücklich. „Ja gut so….schön still halten, so den Flügel…und noch den anderen…alles ok soweit? Hoffentlich hat der Stoff nichts abgeklemmt“, fröhlich sich wieder bewegen zu können flatterte der kleine Drache ein wenig, fächelte mit ihren Flügeln Luft in Aarons Richtung und stupste mit ihrer Schnauze gegen seine Nase. „He…hör auf…hi hi hi…Gott bist du putzig! So die Pfötchen sind auch wieder frei…Vorsicht, nicht erschrecken ich setze dich gleich ab“, sanft ließ er Reina auf seinen Schoß gleiten. Wo sie ihre neu gewonnene Freiheit dazu nutzte ein paar Kreise zu drehen, sich dann glücklich hin zu legen und anzukuscheln, während er noch versuchte, ihren Schwanz aus dem Stoffgefängnis zu wurschteln. Als er es endlich geschafft hatte, war sie schon fast wieder eingeschlafen, wenn er nicht noch einmal über ihren Rücken gestreichelt hätte, wäre ihr die Gelegenheit entgangen sich zu bedanken. Liebevoll stellte die kleine Drachin ihre Hinterpfoten auf Aarons Oberschenkel, kletterte mit ihren Vorderpfoten an seinem Pullover hoch bis sie ausgestreckt da stand, reckte ihren Kopf, so in die Höhe, dass sie ihm die Wange ablecken konnte und quietschte danach ein freudiges Dankeschön. „Ach was…war doch nichts weiter… tut mir wirklich leid, dass ich dich davor so erschreckt habe!“ Glücklich setzte sie sich wieder auf seinen Schoß, wedelte mit ihrem im Mondlicht glitzernden Schwanz freudig und schaute ihn erwartend an. „Ähm…ist irgendwas? Warst du nicht gerade noch tot müde?“, er würde erst noch lernen müssen, dass Reina in der Form sehr schnell wieder putz munter und energiegeladen sein konnte. Fröhlich schüttelte sie sich ein wenig, flatterte etwas mit den Flügeln und stieß dann einen Laut aus, der Aaron durch Mark und Bein ging. Einen Laut der eine Eindeutige und nur die eine Bedeutung hatte…´Mama´. „Nein…nein, das hast du falsch verstanden…ich bin nicht deine Mama! Ich bin ein Mann…ich kann gar nicht deine Mama sein!“ Fragend schaute die kleine Drachin ihn an und ließ wieder den Ruf ertönen: „Mwähää! Mwähää!“ „Nein, nein, nein nein!“, vehement schüttelte Aaron den Kopf und bemerkte, „Ich bin…dein Freund. Na gut solange du ein Drache bist vielleicht auch ein Onkel oder so etwas…aber sicher nicht deine Mama!“ Traurig ließ Reina ihren Kopf und ihre Flügel hängen, jammerte leise und rief noch einmal leise, fragend: „Mwähää?“ „Na gut…“, er seufzte leise, „Wenn du mir versprichst dann wieder glücklich zu sein…bin ich deine Mama.“ Zufrieden quäkend sprang sie ein wenig, traf ihn mit voller Wucht am Oberkörper, sodass er ins Bett geschleudert wurde, tapste eine Weile auf seiner Brust herum, bis sie einen Punkt gefunden hatte den sie für weich genug hielt, rollte sich zusammen, schmiegte ihren kleinen pfeilförmigen Kopf unter sein Kinn, gähnte noch kurz und schlief dann friedlich ein. „Na klasse…ab und zu sollte man doch auf seine Eltern hören. Wo habe ich mich da nur wieder rein geritten…jetzt bin ich auch noch Mama. Super, typischer Fall von unbefleckter Empfängnis!“ Den gesamten Rest der Nacht, fürchtete Aaron, dass die beiden Frauen zurückkommen würden und ihm eine riesige Strafpredigt blühte. Doch das war nicht der Fall, während er unruhig da lag, seine Augen panisch hin und her huschten und nur ab und zu an dem friedlich schlafenden Drachen hängen blieben, hatten Sandra und Mrs. Strauß es sich im Schankraum bequem gemacht und lasen entspannt in dem Grimoire. Es kostete ihn viel Zeit sich zu beruhigen und einzuschlafen, erst als die Sonne bereits wieder aufging und die Nacht zum Tag wurde, fielen langsam seine Augenlieder zu. Als sie bemerkten, dass es bereits Morgen war, schreckten die beiden Frauen aus ihrer Unterhaltung auf. „Oh Gott…schon so spät…herrje, hoffentlich zerlegt der kleine Drache nicht das Zimmer. Sie muss schrecklich hungrig sein, immerhin hat sei seit Tagen nichts mehr gegessen“, bemerkte Mrs. Strauß sorgenvoll. „Hm…ich mache mir eher Sorgen um Aaron. Vielleicht sollten wir ihn jetzt langsam mal mit rein lassen…das ewige vor dem Zimmer warten macht ihn noch ganz wuschig.“ „Gut…dann geh du hoch und gebe ihm die Erlaubnis. Ich mach mit Oscar währenddessen ein wenig Brei zurecht.“ „Ok“, mittlerweile, da der Geruch des Blutes verflogen war, wieder fröhlich, sprang Sandra die Stufen der Treppe hinauf, überquerte den Flur und wunderte sich, dass die Zimmertür offen stand. Als sie hinein lugte wusste sie nicht ob sie wütend sein sollte, weil Aaron sein Versprechen gebrochen hatte und auf dem Bett lag oder ob sie laut auflachen sollte. Die kleine Drachin, der wohl langweilig gewesen war, sprang auf seinem Brustkorb unablässig auf und ab, freute sich darüber wie wundervoll das Bett federte und quietschte glücklich. Ein wenig wedelte sie mit ihren kleinen fedrig, wuscheligen Flügeln, schlug mit ihrem Schwänzlein durch die Luft und genoss das kostenlose Trampolin. Liebevoll schlich Sandra sich an und fing sie mitten im Flug. Reina erschrak sich fast zu Tode, erneut bekam sie Panik, fing an sich zu winden, zu drehen und schrie nach ihrer Mama. „He…hör doch auf! Wenn du so zappelst kann ich dich nicht halten…Rei...stopp lass…“, irgendwie schaffte die kleine Drachin es Sandras Griff zu entkommen, ließ sich auf Aaron fallen, wich den erneut nach ihr greifenden Händen aus, stupste den Schlafenden hart in die Seite und als er hoch schreckte, flüchtete sie schnell hinter seinen Rücken. „Was…zur…“, er war noch im Halbschlaf und total desorientiert, als er seine Schwester vor sich erkannte, „Ohhh…hi San…wie geht’s so?“ „Das sollte wohl eher ich fragen, oder?“, knurrte sie ihm entgegen, „Hast du gut geschlafen, in dem Zimmer das du versprochen hattest nicht zu betreten?“ „Tut mir Leid…wirklich…aber ich konnte einfach nicht anders. Ich wollte ja eigentlich auch nur ganz kurz gucken…aber dann ist sie aufgewacht und na ja…da konnte ich nicht einfach wieder gehen. Sie ist so süß! Nicht wahr meine Kleine?“, liebevoll streckte er eine Hand an seiner Seite aus. So verängstigt die kleine Drachin auch war, die Pfote ihrer Mama konnte sie nicht ignorieren. Vorsichtig tapste sie hinter dem Rücken hervor und schob sich sicherheitshalber in den Raum zwischen Aarons Hand und seinem Körper. Erst dann schaute sie sich unsicher um, ob das große auf dem Kopf goldene Ding wohl mit ihr verwandt war? Fragend blickte sie wieder zurück zu ihrer Mama und stieß ein leises, neugieriges Fiepen ertönen. „Hm? Das da ist deine Tante Sandra…die ist ganz lieb…und wird deine Mama hoffentlich nicht braten, weil sie ihr Versprechen gebrochen hat.“ „Ihre Mama? Wo?“ „Äh…ja das ist so eine Sache…hm, das muss ich wahrscheinlich erklären“, noch bevor er weitersprechen konnte, krabbelte das Drachenbaby unter seinem Arm hervor, kletterte auf seinen Schoß, rollte sich zufrieden ein und ließ leise den Ruf, „Mwähää“, ertönen. Ungläubig schaute Sandra erst auf die kleine Drachin, dann auf ihren Bruder und wieder zurück auf Reina, die jetzt wo die vermeintliche Gefahr vorbei war, wieder Aarons volle Aufmerksamkeit einforderte und nicht aufhörte an seinen Fingern herum zu knabbern, bis er anfing sie liebevoll zu streicheln. „Na da hast du dir was eingebrockt!“, bemerkte Sandra zwischen zwei Lachsalven, „Oh man…solche Dinge passieren wirklich nur dir!“ „Au…ich glaube sie hat Hunger“, erklärte er, nachdem Reina ihm etwas zu fest in den Finger gebissen hatte. „Ma ist schon dabei ihr Essen zu machen…dauert aber sicher noch eine Weile…, vielleicht solltest du in der Zeit baden gehen. Dir könnte eine Dusche nicht schaden, du riechst immer noch nach Tang-gnu und in dem Grimoire hab ich gelesen, dass kleine Drachen Wasser lieben.“ „Hm…stimmt das? Magst du Wasser?“, fragte Aaron die Kleine. Reina schaute nur ziemlich misstrauisch zwischen den beiden hin und her, sie hatte nicht das Gefühl, dass was immer ihre Tante und Mama da ausheckten, ein großer Spaß für sie werden würde. Wenig später dampfte in dem kleinen Badezimmer, das an den Raum angrenzte, eine Wanne voll mit warmem Wasser. Vorsichtig hob Aaron, der nur ein Handtuch um seinen Körper gebunden hatte die kleine Drachin hoch und trug sie zum Wannenrand, damit sie mit ihren kleinen Krallen, nicht in dem dichten Teppich hängen blieb, der den Boden bedeckte. Während er noch einmal den Raum verließ, um Seife und sein Lieblingsentchen zu holen, schaute Reina misstrauisch auf die leicht schaumbedeckte, spiegelnde Wasseroberfläche. Was war das für ein Zeug? Es hatte so eine komische Konsistenz, so flüssig, ganz ohne Wiederstand. Kraftvoll stupste sie mit ihrer Schnauze auf die Wasseroberfläche, brach hindurch und wäre beinahe vornüber in die Brühe hinein gefallen, weil sie zu viel Schwung gehabt hatte. Glücklicherweise bekam sie mit ihrem Schanz einen Handtuchhalter zu greifen und hielt sich daran fest. Unglücklich musste sie feststellen, dass das Zeug nicht nur eklig aussah, sondern auch so schmeckte, irgendwie unbekannt, trocken, beißend und seifig. Angewidert wendete sie sich ab, sprang geschickt auf den Boden und lief in Richtung der Toilette. Blöderweise übersah sie einen Seifenfleck am Boden, trat mit voller Wucht hinein rutschte aus und schlitterte auf ihren glatten Schuppen durchs halbe Badezimmer. Ein leichter Aufprall stoppte den kleinen Drachenkörper, irritiert und noch ganz schwindelig von den vielen Drehungen, versuchte die kleine Drachin hoch zu schauen, schaffte es aber nicht. Irgendwie drehte sich alles und der Fußboden kam näher und näher, während irgendetwas Weiches auf sie hinunter fiel. Als Aaron wenig später wieder zurück kam erschrak er sich fast zu Tode. Die kleine Drachin lag, alle viere von sich gestreckt auf dem Boden, vor dem Handtuchregal. Das Badezimmer sah aus als hätte ein Kampf stattgefunden, die Teppiche waren verrutscht, lagen kreuz und quer in der Gegend rum und die Hälfte aller Handtücher war aus dem Schrank gefallen und bedeckten Reina. Besorgt ließ er das Badezeug fallen, rannte er zu ihr, hob sie hoch und hörte ein leises Fiepsen. „Um Himmels Willen…Rei? Ist alles ok? Hast du dir was getan?“, das keine Antwort kam, beunruhigte ihn nur noch mehr. Ohne daran zu denken, dass er so gut wie nackt war, schnappte er sich ein Handtuch, wickelte den Drachen vorsichtig darin ein und rannte aus dem Zimmer, hinunter in den Schankraum. Zitternd vor Anspannung blieb er vor dem Tisch seiner Eltern, an dem auch Ronian und Tagiar saßen, stehen und konnte nicht mehr von sich geben als ein leises heiseres Wimmern. „Aaron um Himmelswillen ist irgendwas passiert?“, sein Vater war sofort hoch alarmiert. „Rei…“, er brauchte ein paar Momente um sich zu fassen, „Ich war wirklich nur ganz kurz weg um was zu holen und als ich wieder kam lag sie ganz teilnahmslos am Boden!“, vorsichtig legte er das kleine zitternde Bündel auf den Tisch. „Ihre Freundin hat sich verletzt und sie lassen sie einfach so alleine oben herumliegen? Nachdem wir tagelang gewartet haben, dass sie sich von dieser schweren Grippe erholt? Das hätte ich nicht von ihnen erwartet Mr. Strauß! Das ist so herzlos!“, erklärte Tagiar schockiert. Als Mrs. Strauß sich des kleinen Bündels annahm, es vorsichtig auswickelte und sanft begann das Drachenjunge zu untersuchen, wäre er fast in Ohnmacht gefallen vor Schreck, „Was zur? Wo haben sie denn das Drachenbaby aufgegabelt?“ Schuldbewusst sahen die Strauß einander an. Sie hatten die anderen Lehrer tatsächlich im Unklaren über Reinas Verwandlung gelassen. Aaron hatte für so etwas keine Zeit, ängstlich starrte er auf den kleinen Drachen, dessen Brustkorb sich nur noch langsam hob und senkte. Sie durfte nicht sterben, nicht so…nicht nachdem sie all das zusammen durchgestanden hatten. Nach einer Weile zeigte sich ein breites Lächeln auf Mrs. Straß Gesicht und sie erklärte, „Mach dir keine Sorgen, sie schläft tief und fest, weiter nichts.“ „Was? Aber…aber…sie hat so elend gefiepst…als würde ihr etwas wehtun und…und…“ „Na ja ich habe in dem Grimoire gelesen, dass gerade kleine Drachen sich bei einer bestimmten Temperatur und Luftfeuchtigkeit so wohl fühlen, dass sie auf der Stelle tief und fest einschlafen…wahrscheinlich hast du sie aus einem schönen Traum geweckt…daher der Klagelaut.“ „Gott sei Dank…und ich dachte schon“, vor Erleichterung seufzend ließ sich Aaron auf einen Stuhl fallen und zog Reina eng an seine Brust um sie im Schlaf zu wärmen. Glücklich strampelte die kleine Drachin etwas und peitschte mit dem Schwanz mal hierhin, mal dorthin. „Owww wie niedlich…“, bemerkte Ronian gerührt, „Darf ich sie mal streicheln?“ „Schatz, erinnere dich daran was mit der Katze passiert ist!“, bemerkte Tagiar streng. „Aber…aber…es ist so klein und süß und auch bestimmt gaaanz weich…und außerdem ist es keine Katze!“ „Nein stimmt sondern ein Drache, die Zähne sind bei weitem schärfer und es ist seeehr viel gefräßiger!“ „Och Menno! Nie lässt du mich die kleinen, unschuldigen Tierchen mit den großen runden Augen streicheln! Das ist so unfair!“ „Oh Schatz tut mir Leid, aber das ist nur zu deinem Besten. Weißt du ich mag deine Hände und hab auch noch unglaublich viel Verwendung für sie! Wenn du etwas streicheln willst musst du nur Bescheid sagen, dann gehen wir hoch in unser Zimmer…“ „Hm…wirklich?“, bevor die Beiden weiter machen konnten unterbrach Mr. Strauß das Gespräch, „Aaron…du solltest vielleicht besser hoch gehen und dir was anziehen…Reina kannst du hier lassen, Oscar hat das Essen bestimmt gleich fertig gestellt.“ „Reina?“, schrien der Werwolf und die Chimäre zeitgleich, während sie ungläubig auf das kleine schlafende Drachenbaby starrten. Unwillig und ohne die Beiden einer Antwort zu würdigen, schaute er seinen Vater an. Aaron hatte keine Lust seine Kleine allein hier zu lassen, was war denn wenn sie aufwachte und er nicht da war? Sie war doch noch ein Baby und brauchte ihre Mama. Andererseits hatte sein Vater natürlich Recht, das Handtuch war keine angemessene Bekleidung, unglücklich stand er auf und verschwand in Windeseile, nur um wenige Sekunden später wieder komplett angezogen und gewaschen auf dem gleichen Stuhl Platz zu nehmen. Im selben Moment kam Oscar mit einer kleinen Schüssel Brei zur Tür herein. Der Geruch breitete sich schnell im ganzen Raum aus und erreichte auch die Nase der kleinen Drachin. Für einen Moment schien es, als würden ihre Nüstern vibrieren, so schnell sog sie die Luft mit dem Nahrungsduft ein. Flinker als irgendwer es sehen konnte, war sie auf den Beinen, schüttelte die noch etwas müden Glieder und tapste erwartungsvoll zum Rand des Tisches, wo sie sehnsüchtig auf Oscar wartete. „Ooow…da hat aber jemand Hunger“, bemerkte Sandra die gerade hinter Oscar aus der Küche kam. Fröhlich quäkte der kleine Drache zustimmend. „Hier…schau mal…das ist gaaaanz gesund!“, erklärte Oscar während er ihr die Schüssel vor die Schnauze stellte. Interessiert schnupperte die kleine Drachin an dem eintönig graufarbenen, matschigen Zeug. Es roch eigentlich ganz gut, also versenkte sie gierig ihre Schnauze darin und nahm einen riesigen Batzen auf einmal ins Maul. Erst als er auf ihrer Zunge lag, bemerkte sie den widerlichen, mineralischen Geschmack und spuckte ihn auf der Stelle wieder aus. Angeekelt schnaubte sie, schüttelte ihren Kopf, leckte am Tisch und knabberte vehement an der Schüssel nur um diesen Geschmack von der Zunge zu bekommen. „Ich glaube sie steht nicht so auf gesund!“, erklärte Ronian kopfschüttelnd, „Was haben sie da denn reingemischt muss ja grauenvoll sein…“ „Aber…ich hab es ganz genau nach der Anleitung gemacht die in dem Buch da stand!“, bemerkte Oscar verletzt, „Da ist alles drin was ein kleiner Drache zum erwachsenwerden braucht…der Brei ist aus Haferflocken von denen wir ganz genau den Nährwertgehalt kennen und dann haben wir es noch mit verschiedenen Pulvern ergänzt…“ „Pulvern?“, fragte Aaron mit hochgezogener Augenbraue. „Na ja Vitaminpasten und Magnesium-, Calcium-, Phosphortabletten etc.“ „Ach was wenn es gesund ist kann es kaum so schlimm sein!“, erklärte Tagiar, nahm den Löffel, der zuvor in seinem morgendlichen Früchtetee gesteckt hatte und kostete vorsichtig. Es dauerte keine zwei Sekunden, dass er zusammenzuckte und wie von einer Dampfwalze gerammt um fiel. Ronian beugte sich besorgt über ihn, rüttelte an seiner Schulter, sagte seinen Namen, brachte ihn in eine stabile Seitenlage und versuchte alles damit er wieder aufwachte, ohne Erfolg. Mit einem leidenden Blick trippelte die kleine Drachin zurück zu Aaron und ließ diesmal ein wirklich mitleiderregendes Quietschen hören. Er verstand, sie hatte schrecklichen Hunger. „Ich bitte euch, so ein Zeug fressen Drachen in freier Wildbahn auch nicht und die werden auch groß und stark! Können wir ihr nicht einfach ein großes saftiges Steak geben oder so etwas?“, ein zustimmendes Fiepen erklang im Hintergrund während Mrs. Strauß ansetzte zu erklären, Die Drachen in freier Wildbahn haben aber auch ganz spezielles Fleisch das sie für ihre Jungen züchten, spezielle Rinder aus den Hochebenen. Die enthalten alle wichtigen Nährstoffe, Aminosäuren und Vitamine. Leider kommen wir nicht an solches Fleisch heran und irgendwelches zu nehmen und es nach zu bearbeiten ist einfach zu unsicher…bis wir genau bestimmt haben wie viel Mikrogramm Phosphor das Fleischstück nun enthält ist es längst vergammelt oder aber wir verbrauchen alles um die idealen Analyseergebnisse zu bekommen. Der vom Experimentator verursachte Fehler ist einfach viel zu groß, daher nehmen wir lieber die Haferflocken die uns Reis Vater dagelassen hat. Die sind kontrolliert angebaut und wir wissen genau wie viel wovon enthalten ist und was wir noch hinzufügen müssen…“ „Aber es schmeckt ihr nicht…sie wird uns noch verhungern wenn wir ihr nichts anderes vorsetzen! Dann soll sie sich lieber nicht ideal entwickeln…immerhin lebt sie dann noch!“ „Ach was…wenn der Hunger zu groß wird frisst sie das schon!“ Angeekelt schüttelte sich die kleine Drachin, keine Macht der Welt würde sie dazu kriegen das Zeug zu fressen. Ane war allerdings weiterhin fest davon überzeugt, dass man nur hartnäckig bleiben musste, nahm einen Löffel mit Brei und hielt ihn Reina vor das Mäulchen. „Na komm schon…einen für Mama…nein? Dann vielleicht für Papa…auch nicht? Wie wäre es mit Aaron? Sandra? Oscar? Sonst irgendwem?“ „He…ich hab da eine Idee…“, erklärte Sandra, „Bei Tieren ist es doch so, dass die Jungen von ihrer Mutter gezeigt bekommen, was essbar ist und was nicht…wenn Aaron das also isst und so tut als würde es gut schmecken…“ „Gute Idee!“, erklärte Oscar breit grinsend und stellte die Schüssel mit Brei vor ihn, „Komm schon, du willst doch nicht das unsere Rei verhungert oder? Runter damit und das du ja das Lob nicht vergisst ich habe mir so viel Mühe gegeben!“ Unsicher schaute Aaron zu Tagiar, der noch immer bewusstlos neben dem Stuhl lag und nur ab und zu leicht zuckte, dann fiel sein Blick auf die kleine Drachin vor ihm, die ihn mit ihren großen runden, blauen Augen anschaute, sich hungrig neben der Schüssel fallen ließ und weiter beobachtete. Ein leises Seufzen entfuhr ihm, langsam hob er eine Hand und stocherte mit seinem Zeigefinger im Brei herum. „Schau mal Rei…mjam mjam…das ist ganz lecker! Wirklich! Wenn du nicht bald frisst ess ich dir noch alles weg!“, fragend schaute sie ihn an, peitschte ein wenig mit dem Schwanz. Ihre Mama verhielt sich irgendwie komisch. Warum manschte sie in diesem komischen, weichen, ungenießbaren Zeug rum? „Das funktioniert nicht!“, jammerte Aaron kläglich, allerdings ohne Erfolg. „Kein Wunder!“, bemerkte Sandra genervt, „Rei ist ein Drachenbaby… und nicht blöd…glaubst du wirklich sie glaubt von so einem bisschen Gestochere das du das da wirklich gern frisst? Los ab mit dem Kopf in die Schüssel…und runter mit dem Zeug…und ich will hören das es dir schmeckt!“, mit einigem Schwung erwischte ihr Schlag Aarons Hinterkopf und stuckte sein komplettes Gesicht in den Brei. Langsam, angewidert, hob er sein beschmiertes Gesicht und wischte sich die Augen frei. Wütend schaute er in Sandras Richtung und wollte gerade anfangen sie zu beschimpfen, als er die samtenen Pfötchen der kleinen Drachin an seiner Brust und ihre zarte Zunge über sein Gesicht lecken spürte. Verblüfft schaute er auf Reina und wunderte sich, plötzlich schien ihr das Zeug doch zu schmecken. In Wahrheit fand sie den Brei immer noch schrecklich, aber als sie gesehen hatte wie gierig sich ihre Mama darauf stürzte, hatte es in ihrem kleinen Gehirn angefangen zu rattern. Wenn so eine große starke Drachin das Fressen derartig verschlang, derartig die Kontrolle verlor musste es ja etwas wirklich Wertvolles, Besonderes sein und egal wie widerlich es schmeckte, so hungrig wie sie war, war sie nicht wirklich wählerisch. Vorsichtig leckte sie das Gesicht ihrer Mama sauber und als sie damit fertig war, wandte sie sich noch einmal der Schüssel zu. Zögerlich schnupperte Reina daran, der Brei war immer noch alles andere als essbar, auf Aarons Gesicht hatte er ja wenigstens etwas angenehmer geschmeckt, etwas den metallischen Geschmack verloren, was man von dem Zeug nicht sagen konnte. Mit weit abgespreizten Flügen und sich nach jedem Bissen schüttelnd, schluckte die Drachin Happen um Happen runter, solange bis nichts mehr übrig war. „Na bitte!“, erklärte Sandra glücklich strahlend, „Siehst du wie schön sie aufgegessen hat? Ich sag doch man muss sie nur motivieren.“ „Gut, wo sie jetzt etwas im Magen hat, sollten wir langsam aufbrechen“, bemerkte Mr. Strauß, „Mit einem kleinen Drachen wäre es besser schnell wieder nach Hause zu kommen. Wenn wir uns beeilen schaffen wir es heute noch zur nächsten Stadt von der aus wir teleportieren können…“ „Teleportieren?“, fragte Aaron besorgt, „Ist das nicht zu gefährlich für die Kleine? Ich meine die Zaubersphären sind für Menschen entwickelt, nicht für Drachen…“ „Keine Sorge wir hatten drei Tage Zeit uns etwas aus zu denken, außerdem sind wir, falls du dich erinnerst, auch keine Menschen und bei uns funktionieren sie auch…insofern…“ „Hm…aber nur weil ich gern wieder in meinem eigenen Bett schlafen möchte…und weil Rei ein größeres Badezimmer braucht. Nicht wahr mein süßes schuppiges Putzelchen?“ Ein glückliches Quäken ertönte, während die Drachin energiegeladen über den Tisch hopste und die verschiedenen Leute beschnüffelte. „Oooow!“, machte Ronian gerührt als die Kleine interessiert vor ihm stand, sich schnell im Kreis drehte und versuchte ihren eignen Schwanz zu fangen, „Du bist ja so putzig! Darf ich sie streicheln? Bitttte!“ „Hm…na ja ok…aber seien sie vorsichtig. Sie schmecken sicherlich besser als der Brei“, erklärte Aaron. Sanft streckte Ronian seine Hand nach Reina aus, fuhr mit den Fingerspitzen sanft über die noch leicht weichen Schuppen ihres Kopfes und schaute sie verträumt an. Verwundert hielt sie in ihrer Jagd inne, schaute auf und schnupperte eine Weile. Reina war sich nicht ganz sicher was sie von dem großen, irgendwie nach Pelztier riechenden Ding halten sollte. Es sah ganz anders aus als ihre Mami und der Rest der Familie, viel dunkler…fleischfarbener, aber irgendwie hatte sie nicht das Gefühl das es sie bedrohte. Nach einer Weile lösten sich die Finger von ihrem Schnäuzchen und wedelten rhythmisch vor ihren Augen herum. „Ooow…ja das sind meine Finger…ja…ach Gottchen schaut mal wie süß sie verfolgt mich. Na ist das interessant…ja? Wer ist ein neugieriger kleiner Drache…“, er hatte in einer Sache Recht. Tatsächlich fand die kleine Drachin diese sich bewegenden komischen fleischigen Dinger sehr interessant. Langsam legte sie sich flach auf den Tisch, sodass ihr schuppiger Bauch leise über das Holz kratzte, als sie die Beine anzog und einen mächtigen Sprung nach vorne machte. Geschickt fing sie Ronians Finger, schlug die Krallen in die Tischplatte neben ihnen und fing an, an ihrer Beute herum zu knabbern. Durch die Bewegung und den Anblick der Drachenzähne erschreckt schrie der Werwolf laut, panisch auf, diese Situation erinnerte ihn einfach zu sehr an die Stunden, die er in Kiaras Gefangenschaft verbracht hatte. Nur war das kleine schuppige Bündel bei weitem schreckhafter als die Luchsdame. Durch den monströsen Schreckenslaut in Panik versetzt sprang sie weg von den Fingern, stieß ihrerseits einen panischen Hilfeschrei aus und flatterte mit den Flügeln. Dadurch aus der Balance gebracht landete sie ungelenk, stolperte, schlug ein paar Purzelbäume und wäre mit Sicherheit vom Tisch gekugelt, hätte Aaron sie nicht aufgefangen und fest in seine Arme genommen. Da lag sie eine Weile benommen auf dem Rücken und fühlte die sanfte Klaue ihrer Mama über ihre Bauchschuppen streicheln. Von der Rollerei leicht benommen und mit ekligem Brei vollgestopft, entschloss sich die träge kleine Drachin die Situation, dass sie eh schon lag gleich dazu zu nutzen ein ausgiebiges Nickerchen zu machen. Mit einem herzerweichenden Gähnen, bei dem sie die süßen Reihen kleiner spitzer Drachenzähne zeigte, schmiegte sie sich an ihre Mama, schlängelte ihren Schwanz um sich und schlief tief und fest ein. Aus dem ausgiebigen Nickerchen wurde mehr und mehr ein wirklich lang andauernder Verdauungsschlaf, sodass die Kleine erst aufwachte, als die Strauß schon lange wieder da heim waren und ganz entspannt auf der Veranda mit Blick auf einen See, der dem Ursprünglichen sehr ähnelte, saßen. Noch leicht benommen rappelte sie sich vom Sofa auf und schaute sich erschreckt in der komplett veränderten und ganz anders riechenden Umgebung um. Vor allem fragte sie sich was wohl unter diesem erhöhten flauschigen Sitzbett sein mochte. Neugierig ließ sie sich von der Kante zu Boden gleiten, schob ihre Schnauze zuerst in die Finsternis und als kein Duft von Gefahr da war, kroch sie ganz hinunter. Während sie den Fußboden und all die neuen dunklen Höhlen erkundete, kam Aaron zurück ins Wohnzimmer, wo er seine Drachin für eine kleine Weile zurück gelassen hatte. Panisch schaute er sich um, rief ihren Namen bekam aber einfach keine Antwort, da Reina so mit Erkunden beschäftigt war, dass sie ihn nicht hörte. „Rei? Wo bist du? Rei…oh Gott hoffentlich hat niemand die Türen offen gelassen! Rei?“, plötzlich ertönte ein leises Kratzen von unterhalb der Couch, tatsächlich war da eine engere Passage gewesen, durch die die Drachin sich hindurchgequetscht hatte. Vorsichtig schlich sich Aaron an, ließ sich ruckartig auf die Knie fallen, griff unter das Sofa und zog, „Ha! Hab ich dich du…Kia? Was machst du denn da drunter?“ „Brüderchen?“, fragte Sandra die gerade das Zimmer betreten hatte, „Äh…warum hältst du Kiara am Schwanz in der Luft?“ „Ich…Rei ist ausgebückst und ich dachte sie na ja unter die Couch gekrabbelt…war aber nur Kia? Aber wo ist dann meine Kleine?“ „Keine Ahnung…komm wir gehen sie suchen!“, während die Beiden rufend durch das gesamte untere Stockwerk des Hauses rannten, kam die kleine Drachin unter dem anderen Sofa vor, schüttelte sich den Staub von den Schuppen und huschte die Treppe hinauf. Das hier war also der Hort ihrer Mama? Na ja ein wenig staubig waren die großen Höhlen unter den komischen federnden Schlafplätzen ja schon, ständig flogen ihr die Flocken in die Nüstern, sodass sie Niesen musste und kleine Flammen den Boden versenkten, aber ansonsten war alles schrecklich spannend, wenn auch die ganzen angehäuften Berge von Schätzen, Edelsteinen und die zu erwartenden Überreste unglücklicher Jungfrauen fehlten bot das große Haus der kleinen Erkunderin genug Beschäftigung für die nächsten Stunden. Nach einer Weile jedoch wurde ihr langweilig, die wirklich interessanten großen Kammern der gigantischen Höhle waren durch komische hölzerne Dinge versperrt, so dass sie für sie nicht betretbar waren und die Räume deren Eingang einen Spalt breit geöffnet war boten ihr immer den gleichen Anblick. Es machte ihr zwar wirklich Spaß auf den Schlafplätzen herum zu springen und erste flatternde Flugversuche in Richtung Boden zu unternehmen, aber nach einigen Stunden, gerade als sie die rufende Stimme ihrer Mama und der Tante hörte, huschte sie über den Flur, versteckte sich unter einer Kommode, bis die Beiden vorbei waren und lief in Richtung der großen Treppe um den unteren Teil ihres neuen Reiches weiter zu erkunden. Im sicheren Hort konnte sie ihrer Meinung nach auch ruhig etwas alleine stöbern, ohne dass ihre Mama die ganze Zeit aufpassen musste. Als sie die letzte Stufe geschafft hatte schaute sie sich nachdenklich um…sollte sie nach rechts gehen, zu dem Ort von dem wundervolle Gerüche ausgingen oder nach links wieder zwischen den Sofas durch und schauen ob das hölzerne Ding sich verschieben ließ? Nach einigen Minuten angestrengter Überlegung und nachdem ihr Magen einige Male laut geknurrt hatte entschied sie sich dafür dem Geruch zu folgen. Vorsichtig schlüpfte sie durch einen Spalt und stand in der großen momentan von Oscar und Ane benutzten Küche. Geschickt lief sie leise quer durch den Raum und versteckte sich unbemerkt unter den Tisch. „Ma ich bin mit dem Gemüse fertig. Du müsstest dann mal mit dem Fleisch anfangen…“ „Warte gleich, ich muss nur noch die Torte fertig machen. Da werden sich die Anderen aber freuen, so etwas süßes hatten wir schon lange nicht mehr zum Nachtisch…“ „Schade das Rei nicht sie selbst ist…wo ich grad von ihr spreche…hast du den Brei schon gemsicht?“ „Was? Nein…oh verdammt hatte ich vergessen, kannst du das noch schnell machen? Ich fang dann mit dem Fleisch an….jetzt müssen wir uns aber wirklich beeilen…“, bei all der Eile war es unvermeidbar, dass einige Stücke des Fleischs von der Arbeitsfläche rutschten und auf den Boden fielen. Darauf hatte Reina gewartet, schnell wie ein Blitz schoss sie unter dem Tisch vor, versenkte die Zähne in ihrer Beute und zog sie zurück in ihr Versteck um sie genüsslich zu zerlegen. Als sie fertig war, schnappte sie sich das zweite, dritte Stück und sie hätte sich auch das Vierte noch geholt, wenn nicht genau in diesem Moment ein großer rot-, schwarzfarbener Wolf das Zimmer betreten hätte und es ihr vor der Schnauze weggefressen hätte. Als Ane zu Boden schaute, schaffte sie es gerade noch so, aus ihrem Blickfeld zu kommen und hörte ein tadelndes: „Gray! AUS! Wie oft hab ich dir schon gesagt du sollst das Fleisch das zu Boden fällt nicht fressen! Das war ein halbes Hähnchen, wie hast du das überhaupt so schnell verschlungen? Na warte Freundchen wer nicht hören kann…heute gibt es für dich kein Fressen mehr!“ Leise, sich keiner Schuld bewusst, jaulte Gray bettelnd, setzte den traurigen Hundeblick auf und scharwenzelte Entschuldigend um Mrs. Strauß herum. „Keine Chance! Es gibt nichts mehr! Los ab…verschwinde aus der Küche!“ Mit hängenden Ohren und Schwanz schleppte sich der Wolf aus dem Raum, drehte sich auf der Schwelle nochmal um, um zu schauen ob sie es sich nicht doch anders überlegte, winselte noch einmal und trottete von dannen. So etwas gemeines, die kleinen Tierchen durften wirklich alles, sogar vom Boden fressen und wenn er das machte wurde er sofort bestraft. Er fühlte sich schrecklich ungeliebt und abgelehnt, aber wenigstens wusste er wo er Trost finden würde. Die Plüschwölfin im Zimmer seines Herren hatte immer ein offenes Ohr für ihn und war auch stets für Schmusereien zu haben. Kurz nachdem der Wolf weg war, stürzten Aaron und Sandra halb panisch in die Küche. „Leute…Rei ist weg!“ „Wie Rei ist weg…wie weit kann ein kleiner Drache denn bitte gekommen sein?“ „Keine Ahnung die Türen waren zu und hier drin haben wir alles abgesucht, bleibt nur noch der Keller. Aber der ist so riesig, das schaffen wir nicht allein. Oh Gott meine arme Kleine…ich darf mir gar nicht vorstellen, wie sie allein irgendwo im Dunkeln sitzt und Angst hat…“ Oscar und seine Mutter schauten sich an, zuckten mit den Schultern und ließen alles stehen und liegen um den Anderen bei der Suche zu helfen. Sobald sie das Zimmer verlassen und die Tür geschlossen hatten, schaute Reina sich interessiert um. Vorsichtig, fast ängstlich das die Leute zurück kommen könnten schlich sie zu der Stelle zurück an der zuvor das Fleisch gelegen hatte. Traurig schnupperte sie über die Fliesen, so gerne hätte sie noch mehr davon gefressen anstatt dieses widerliche graue Zeug runter zu schlingen. Zu ihrem Glück war die Geruchsspur noch frisch und sie machte die Quelle oberhalb auf der Arbeitsfläche aus. Geschickt krallte sie sich in dem Holz fest, kletterte hinauf, schwang sich mit einem Flügelschlag elegant über die Kante und landete direkt vor einem riesigen Hähnchen. Gierig leckte sie sich über die Schnauze, ihre Augen wurden größer und größer, ihre Nüstern fingen aufgrund all der Vorfreude zu qualmen an und ohne auch nur eine Sekunde zu verschwenden stürzte sie sich, mit einem angriffslustigen Quäken auf das gegrillte Federvieh. Innerhalb weniger Minuten war es fein säuberlich bis auf die Knochen abgenagt, wurde für die kleine Drachin uninteressant und einfach links liegen gelassen. Dafür erregten die elektrischen Herdplatten, die Ane versehentlich angelassen hatte, ihre Aufmerksamkeit. Neugierig legte sie erst ihren Schwanz darauf ab und als sie bemerkte wie wundervoll, lauschig warm sie waren, krabbelte sie mit dem ganzen Körper hinauf. Nach dem reichhaltigen Futter gönnte sie sich ein paar Minuten zum Verdauen und döste etwas weg. Als sie nach gut einer halben Stunde wieder wach wurde, fiel ihr direkt die am Fenster stehende mehrstöckige Torte auf. Was war das für ein komisches grünes Ding, mit diesen ulkigen roten Stücken am Rand, fragte sie sich. Es schien nicht aus einem der Materialien zu sein, die sie bis jetzt kennengelernt hatte. Neugierig ging sie ganz nah heran, stupste mit der Schnauze hinein und spürte wie die Creme nachgab. Komisch, ob das wohl irgendeine Art Höhleneingang war, den man nur mit genug Nachdruck wegschieben musste. Einige Sekunden hielt sie inne, die warmen Steinplatten gefielen ihr sehr und sie hätte auch gerne noch etwas gedöst, aber dann würde ihr womöglich einer der interessantesten Orte der ganzen Höhle entgehen und das konnte sie einfach nicht verantworten. Kraftvoll bahnte sie sich ihren Weg durch das weiche, matschige Zeug. Schritt für Schritt viel ihr schwerer, wurde der Wiederstand größer. Mittlerweile steckte sie bis zum Flügelansatz in der weichen Masse, ihre Schnauze war noch nicht hindurchgedrungen, aber sie fühlte wie der Wiederstand am Kopf schwächer wurde. Mit einem einzigen, kraftvollen Sprung, stieß sie mit ihrem schlanken keilförmigen Schädel durch die Torte, ihre Flügel versanken und sie spürte wie der Druck sich verlagerte. Plötzlich brach ihr Tunnel, der nicht für den ganzen Körper gedacht war, zusammen und verschüttete ihren Rückweg, sodass sie in dem komischen Zeug feststeckte. Ängstlich fing sie an nach ihrer Mama zu schreien, versuchte sich heraus zu winden, kratzte und biss um sich herum, doch keine Chance, die Creme bewegte sich keinen Millimeter. Plötzlich schien ihr der Hort doch nicht mehr so sicher und sie wäre sehr dankbar gewesen, wenn ihre Familie da gewesen wäre und aufgepasst hätte. Nachdem sie eine Weile lang Zeter und mordio geschrien hatte, und verschiedenste Befreiungspläne fehlgeschlagen waren, ließ sie entmutigt das Köpfchen hängen, schlug ungehalten mit dem Schwanz auf den Tisch dahinter ein und wartete. Irgendwann musste ja mal jemand kommen. Durch die rhythmischen Schläge rutschte unglücklicherweise noch ein Stück der Torte hinab und direkt auf ihr kleines Köpfchen und erst als ein riesiger Brocken in ihr geöffnetes Mäulchen fiel, bemerkte sie, dass man das komische weiche Zeug doch tatsächlich essen konnte. In der Tat war es gar nicht schlecht, also begann sie sich langsam selbst frei zu futtern. Happen um Happen landete in ihrem kleinen Magen, langsam kamen ihre Vorderpfötchen frei, danach musste der Teil der Torte, welcher über ihr lag dran glauben. Plötzlich verschluckte sie irgendetwas das nicht cremig sondern hart war. Erschreckt fing sie an zu Keuchen und zu Husten, fast wäre sie daran erstickt, aber glücklicherweise schaffte sie es gerade noch rechtzeitig das Ding auszuspucken. Wütend starrte sie auf die dämliche Frucht, die ihr quer im Hals stecken geblieben war, eins von den komischen roten Dingern…wer tat denn so etwas Gefährliches auf essbare Sachen drauf? Wirklich sie würde später unbedingt ein ernstes Wörtchen mit ihrer Mama reden müssen…so welche Killerfrüchte gehörten verbrannt und weggesperrt! Nach diesem unglücklichen Zwischenfall machte sie sich weiter daran, sich zu befreien. Fast eine Stunde lang futterte sie Kuchenhappen um Kuchenhappen, bis sie sich endlich wieder frei bewegen konnte. Müde und vollgestopft schaffte sie es nicht einmal mehr sich komplett zu säubern. Mit letzter Kraft schnappte sie sich das Tablett auf dem die Torte gestanden hatte, zog es auf die elektrischen Herdplatten, legte sich darauf, kugelte sich zusammen und schlief seelenruhig tief und fest ein. Ein zusätzliches Verdauungsschläfchen konnte schließlich nie schaden… Wenig später kamen die vollkommen aufgelösten Strauß zurück in die Küche, nur um die kleine Drachin schlafend in den, über dem Herdfeuer geschmolzenen, Überresten der Torte vor zu finden. Sie war von oben bis unten mit minzgrüner Creme vollgeschmiert und kaute in Träumen von großen saftigen Steaks versunken ruhig auf ihrer Schwanzspitze herum. „Oooow…“, machte Aaron laut. Er hatte sich eigentlich vorgenommen, Reina aus zu schimpfen sobald er sie fand. Es war auch wirklich absolut unvernünftig von der Kleinen gewesen, einfach so alleine auf Entdeckungstour zu gehen, doch als er sie so sah, brachte er es nicht mehr übers Herz. Nicht einmal wecken hätte er sie können. „Oh man!“, beschwerte sich Sandra traurig dreinblickend, „Ich hatte mich doch schon so auf die Torte gefreut! Wie unfair…“ „Keine Sorge San“, bemerkte ihre Mutter tröstend, „Ich habe noch Reste von der Creme im Kühlschrank, die kannst du heut zum Nachtisch haben. Oscar? Den Brei kannst du streichen, ich glaube Rei hat sich so schon genug überfressen…“ „Hm…sag mal hattest du das Grillhuhn nicht auf der Arbeitsfläche stehen lassen?“ „Klar, wieso fragst…“, noch bevor sie den Satz beenden konnte, glitt ihr Blick über die blank genagten Knochen, des unglücklichen Federtieres. Mit weit aufgerissenen, ungläubigen Augen starrte sie die kleine Drachin an, welche in dem Moment ihren Schwanz losließ und im Schlaf so stark aufstieß, dass es sie einen halben Meter in die Luft katapultierte. Mit einem lauten scheppern landete Renai wieder auf dem Tablett, hob schlaftrunken ihr Köpfchen und machte ein Bäuerchen, bei dem eine gigantische Stichflamme aus ihrem Mäulchen schoss. „Oooowwww…hat mein kleiner Liebling zu viel gefressen?“, fragte Aaron liebevoll, während er das Drachenbaby auf den Arm nahm und zärtlich ihren Rücken massierte, „Und wir sind ganz schmutzig…na da müssen wir uns aber waschen gehen. Hm…danach geht’s dann ab ins Bettchen…es war ein langer Tag du musst müde sein…“ „Äh Aaron…sie hat so ziemlich den ganzen Tag geschlafen“, bemerkte sein Vater tadelnd, „Sie ist wahrscheinlich putz munter!“ Ein leichtes Gähnen gefolgt von einem zweiten Bäuerchen wiedersprach seiner Theorie, weshalb Aaron sofort nach oben ging um das Badewasser ein zu lassen und die kleine Drachin in Sandras Armen ließ, wo sie sich glücklich einrollte um noch ein paar Augenblicke zu dösen. Wenig später trug sie Reina hinauf in den zweiten Stock, betrat das Badezimmer und ging zu ihrem noch vollkommen bekleideten Bruder an den Beckenrand. „So hier ist unser kleines schuppiges Schätzchen…probieren wir das mit dem Bad also nochmal!“ Liebevoll übergab sie die Drachin an Aaron, welcher sich mit ihr auf dem Schoß vorsichtig hinkniete, sodass sie das Wasser genauer betrachten konnte. „Schau mal, dass ist Wasser, das ist ganz toll warm und entspannend. Hat etwa 85° so wie kleine Drachen das mögen!“ Zweifelnd schaute Reina auf das durchsichtige Zeug vor ihr. Irgendwo erinnerte sie sich hatte sie so etwas schonmal gesehen und sie hatte es nicht sonderlich gemocht, es hatte grausig geschmeckt. Angewidert quäkend schüttelte sie sich und wich auf Aarons Schoß zurück. „Was ist denn? In dem Grimoire stand du magst das…willst du nicht wenigstens mal rein springen? Nicht mal mit dem Schwanz reintippen?“ „Tja dann halt wieder die Mama macht es vor Technik!“, erklärte Sandra, wich ein Stück zurück um Anlauf zu nehmen und Aaron zu schupsen. Jedoch hatte sie mit diesem Hinterhalt diesmal keinen Erfolg. Vorgewarnt drehte er sich im letzten Moment zur Seite, sodass sie nicht mehr stoppen konnte und kopfüber selbst in die poolartige Badewanne fiel. Er sah die Welle noch auf sich zu kommen, war aber zu perplex um auszuweichen, due kleine Drachin hingegen, sprang geistesgegenwärtig von seinem Schoß und brachte sich in die trockene Sicherheit am anderen Ende der Wanne. Nass bis auf die Knochen und mit tropfenden Haaren, hockte Aaron vor der Wanne, mit einem Gesichtsausdruck, der einem begossenen Pudel wohl am nächsten kam. Vor Lachen quietschte Reina laut, flatterte glücklich mit den Flügeln und machte ein paar Rollen um den Wasserstrahlen aus zu weichen, die Sandra nach ihr spritzte. „Na toll…dabei wollte ich heute gar nicht nochmal baden…verdammt!“ „Wem sagst du das? Los, du spritzt die Seite voll und ich nehme die hier…irgendwer wird sie schon erwischen!“ Tatsächlich entbrannte ein Kampf in dem Badezimmer, der über Stunden andauerte. Immer wenn Sandra und Aaron dachten, sie hätten die kleine Drachin in eine Ecke getrieben und könnten sie nun endlich für das neue Element begeistern, schaffte sie es irgendwie sich zu befreien, was meistens damit endete, dass sie einander nass spritzten, während Reina absolut trocken davon kam. Nach einer schieren Ewigkeit, bekam Aaron sie zu fassen, hob sie hoch und zog sie in Richtung Wanne. Reina die wusste, dass ihr das nicht gefallen würde, kratzte, fauchte und spie kleine Flammen, flatterte stark mit den Flügeln, wehrte sich mit aller Kraft, sodass sie massenweise Wasser in Aarons Richtung fächelte. Dieser ließ relativ schnell von ihr ab, setzte sie vorsichtig auf den Wannenrand und seufzte resignierend. „Ok wenn du nicht baden willst dann nicht…, aber lass mich wenigstens die ganze Creme wegwaschen…so kannst du nicht mit ins Bett“, eine Weile schaute die kleine Drachin ihn fragend an, dacht nach und gab schließlich ein zustimmendes Fiepen von sich. Als Mrs. Strauß spät in dieser Nacht in Aarons Zimmer ging, weil sie sich wunderte, dass ihre Kinder nicht wieder hinunter gekommen waren, bot sich ihr ein unglaublich rührender Anblick. Sandra schien nach dem Kampf ums Waschen so fertig gewesen zu sein, dass sie es gerade noch so zum Sofa geschafft hatte und dort nun tief und fest schlief, während Aaron völlig erschöpft, leise schnarchend auf seinem Bett lag. Die kleine Drachin hatte es sich unter seinem Pullover, auf seiner Brust bequem gemacht, sich der Länge nach ausgestreckt und ihren Kopf eng an seinen Halsansatz gekuschelt. Bei jedem Schnarcher von ihm, atmete sie leicht aus, wobei winzige Funken aus ihren Nüstern sprühten, die allerdings erloschen, bevor sie Aaron trafen. Leise, ohne einen einzigen Laut von sich zu geben, damit sie sie nicht aufweckte, schloss Ane die Tür und kehrte zu den beiden verbleibenden Strauß ins Wohnzimmer zurück. Kapitel 12: Die Verhandlung --------------------------- Als die Sonne sacht über dem See aufging, ihre warmen Strahlen den kleinen Hügel hinauf durch die gläsernen Terrassentüren von Aarons Zimmer schickte, war es die kleine Drachin die als Erste erwachte. Müde blinzelnd hob sie ihren schweren schuppigen Kopf, schüttelte sich ein wenig und legte sich noch eine Weile auf die Seite. Nach einigen Minuten jedoch, krabbelte sie unter dem Pullover ihrer Mama hervor, machte sich durch die dunkle Höhle unter der Bettdecke auf den Weg, glitt als sie die Klippe erreicht hatte hinunter auf den Fußboden und trippelte ein wenig durch den Raum. Es erschien ihr alles so interessant, große aufragende Möbel, die lustigen Lichtstreifen die sich auf dem Boden bewegten und dann die herrliche Aussicht. Mit dem Gefühl die frische Luft praktisch schon zu riechen rannte sie freudig quietschend auf die Glasscheibe der Terrassentür zu. Erst als es schon zu spät war bemerkte Reina, dass der Weg nicht frei war. Erschreckt versuchte sie zu stoppen, flatterte panisch mit den Flügeln um an zu halten, doch ohne Erfolg. Mit einem lauten Klatschen schlug sie gegen die Tür, glitt benommen daran hinunter und rollte sich verwirrt zusammen. Sandra, die durch das laute Geräusch brutal aus ihren Träumen gerissen wurde, schreckte vom Sofa hoch und schaute sich irritiert um. Als sie den kleinen goldenen schuppigen Haufen vor der Tür sah lief sie sofort zu der Drachin und nahm sie liebevoll auf ihre Arme. „Ow…bist du wieder auf Erkundungstour gegangen? Ach Schätzchen, wie oft haben wir dir schon gesagt, du sollst dich nicht einfach so davon schleichen? Da passieren nämlich genau solche Sachen…was hättest du denn gemacht, wenn du dich jetzt ernsthaft verletzt hättest?“ Reina lies ein leises reumütiges Schnurren erklingen und flatterte etwas mit ihren Flügeln. „Na siehst du! Komm wir gehen Mama wecken ja? Der hat wirklich genug geschlafen…“, während sie hinüber zu Aarons Bett schlenderte bemerkte sie nebenbei, „Sag mal…kann es sein das du ganz schön zugenommen hast? Man…so schwer warst du gestern doch noch nicht!“ Beleidigt schaute die etwas gewachsene Drachin hoch und schnaubte verletzt, wobei kleine Stichflammen aus ihren Nüstern schossen, die Sandra fast die Kleidung verbrannten. „Wow…war doch nicht böse gemeint…keine Panik…kein Grund wütend zu werden! So schau mal…da ist deine Mami…und sie schläft mit offenem Mund…und präsentiert ihre Eckzähne…oh oh, das sollte sie besser nicht machen wenn du wieder ein Mensch bist, nicht wahr?“ Glücklich fiepend sprang Reina von Sandras Armen und landete geschickt neben Aaron auf dem Bett, der sich in dem Moment auf die Seite drehte, seinen Arm um das Kopfkissen schlang und mit einem wirklich breiten Grinsen, im Schlaf leise flüsterte: „ He Rei… hmmmm…das ist schön…mach weiter…nein, nein du machst das gut, ehrlich, ganz sanft…“ „Oh…das ist so eine Art Traum nicht wahr?“, fragte sie den kleinen Drachen anschauend, „Na da wollen wir ihn lieber nicht stören...“ „Du kannst wirklich gut damit umgehen…wo hast du das nur gelernt? Na ja egal…kämmst du mich jetzt immer morgens?“ „Was zum? Aaron…hallo? Aufwachen, komm schon du träumst!“ „Huh…San…was machst du denn hier?“ „Was wohl…dich wecken! Was träumst du da eigentlich für einen Mist?“ „Häh?“, er war immer noch etwas verschlafen und bekam nicht wirklich mit wovon Sandra sprach. „Nichts häh! Du träumst davon das Reina dir die Haare kämmt? Was ist das denn für ein Schwachsinn?“ „Och man…warum hast du mich geweckt? Gerade als es so schön war…“ „Schön? Was hat sie denn gemacht? Dir Zöpfchen geflochten?“ „Nein…das wär ja schwachsinnig…dafür sind meine Haare gar nicht geeignet…außerdem stehen die mir nicht sonderlich…“ „Ach…was du nicht sagst! Dann kannst du dich ja freuen, dass du noch aufgewacht bist…vielleicht wäre es sonst ein Albtraum geworden!“ „Nö das glaube ich eher nicht…zumindest nicht bei den Sachen die sie anhatte…“ „Ach? Was denn? Eine Robe? Pelzmantel? Yetifell? Oder vielleicht doch ein ganzer Vorhang?“ „Nein…so viel Stoff war es definitiv nicht…“, er seufzte sehnsüchtig bei der Erinnerung, schaute dann auf den kleinen Drachen, der sich freudig an seinem Arm hochmachte und ihn schwanzwedelnd begrüßte, „Ooow…magst du nicht nochmal kurz mit Tante Sandra raus gehen? Nicht das ich dich nicht gern hätte oder so, aber Mama will noch ein wenig schlafen und weiter von der halb nackten, menschlichen Reina träumen, ja?“ „Ah, also war es doch so ein Traum!“, erklärte Sandra. Weiterhin freudig mit dem Schwanz wedelnd quietschte die Drachin glücklich zustimmend. Die beiden Strauß waren sich sicher, dass sie Ausnahmsweise nicht verstanden hatte was gerade gesprochen worden war. Tatsächlich hielt sie einen Moment inne und wunderte sich, ihre Mama hatte komische Wörter benutzt… Rei war doch sie, aber was war bitte dieses Menschen-Ding und noch wichtiger was sollte wohl halb nackt bedeuten? , „Na da bin ich ja beruhigt!“ „Hmhm…toll…und jetzt raus! Wirklich eine Frechheit…es hätte so schön werden können. Augen zu…entspannen…auf die Situation konzentrieren und…“, wenige Sekunden später war er bereits wieder tief im Reich der Träume. Kopfschüttelnd nahm Sandra die kleine Drachin auf den Arm und verließ der Aufforderung folgend den Raum, immerhin war es Frühstückszeit und Reina mit Sicherheit hungrig. Erst gegen Mittag kam Aaron die Treppe zum Eingangsbereich hinunter und sah wie Oscar glücklich mit der kleinen Drachin spielte. Er lag auf dem Boden und ließ hingebungsvoll immer wieder einen Geräusche machenden Gummiball von seiner einen zu seiner anderen Hand kugeln. Vom Jagdfiber gepackt wetzte Reina hin und her, dem quietschenden Ding folgend, mit der Hoffnung es zu erwischen. Dummerweise war Oscar immer einen Zacken schneller, sodass sie keine Chance hatte das Spielzeug zu erwischen und zu zerkauen. „Na wie geht’s meiner Kleinen?“, fragte Aaron, als er den Fuß der Treppe erreicht hatte um Reina zu sich zu locken. Unglücklicherweise lenkte er damit nur Oscar ab, die kleine Drachin war zu vertieft in ihre Jagd gewesen um ihn zu hören und als das quietschende Tierdings plötzlich ein paar Sekunden zu lange an einer Stelle blieb stürzte sie sich mit einem angriffslustigen Fiepen und wedelndem Schwanz auf es. „Au…ah…verdammt…Rei lass meine Hand los, das ist nicht der Ball….bitte…ich bin nicht dein Mittagessen! Aaron mach doch was!“ „Och…solange es ihr schmeckt...wir finden schon einen neuen Mann für Sandra…“, bemerkte er spaßeshalber, aber als Oscar anfing wirklich jämmerlich zu winseln ging er zu den beiden hinüber, nahm den Quietschball und lockte Reina von seinem Bruder weg. Glücklich schnappte sie sich das Ding, das ihre Mama ihr hinhielt, sprang auf deren Schoß, rollte sich auf den Rücken und begann ihre Beute zu beknabbern. „Ooooww…wer ist der niedlichste kleine Drache?“, fröhlich Biss die Kleine auf den Ball, der mit einem lauten Quietschen nachgab, „Ja…genau…das hast du gut erkannt!“ „Aaron, nimm ihr den Ball weg bevor…“, rief Sandra, die gerade den Raum betreten hatte besorgt. Doch es war bereits zu spät, die Gummihülle des Spielzeugs gab den kleinen spitzen Drachenzähnen nach und mit einem lauten Knall, zerplatzte der Ball im Drachenmaul. Durch den plötzlichen Misslaut fast zu Tode erschreckt ließ Reina reflexartig eine große Stichflamme aus ihrem Maul schießen, die die Überreste des unglücklichen Spielzeugs einäscherte. Aaron der damit nicht gerechnet hatte, schaffte es im letzten Moment auszuweichen, büßte aber ein paar Millimeter seines eh zu lang gewordenen Ponys ein. „Genau deshalb! Das war heut schon der dritte…“, seufzte sie leise. Die kleine Drachin schaute traurig auf die Aschenreste, kratzte mit ihren Krallen hindurch und ahmte betrübt, fragend das Quietschgeräusch des Balles nach. Es zerbrach ihrer Mama fast das Herz, als sie sich umdrehte, mit wässrigen, großen runden Augen, hängendem Köpfchen und Flügelchen zu ihr aufschaute. Erneut machte Reina ein quietschendes Geräusch, was war nur mit ihrem himmelblauen, leicht stacheligen Freund passiert, der immer so glücklich vor ihr davon gelaufen war? In ihrem Kopf formten sich Bilder, quietschend hatte er sie fröhlich eingeladen ihm zu folgen, war engelsgleich über den Boden geschwebt. Leise jammernd ließ sich die kleine Drachin vor der Asche auf dem Boden nieder und stupste ein wenig darin herum, in der Hoffnung er würde sich wieder zusammensetzen. „Das kann man ja wirklich nicht mit ansehen!“, Oscar, den der Anblick wirklich fertig machte sprang auf, lief zu Reina hinüber und stellte das Spielzeug mit Magie wieder her. Glücklich stürzte sich die Drachin auf es, kugelte mit ihm umher, blieb auf dem Rücken liegen und warf es hoch, nur um den Ball Sekunden später wieder aufzufangen. Als sie die erste Freude des Wiedersehens hinter sich hatte, griff sie ihn mit dem Schwanz, ging zu Oscar und schaute ihn mit großen, bewundernden Augen an. Der große Onkel war ab jetzt ihr Held! „Ooow…wie niedlich! Hast du Hunger, Kleines?“, fragte Sandra, die sich neben Reina gestellt hatte. Ein lautes Fiepen folgte umgehend als Antwort, „Na das hat sich Tante Sandra doch gedacht. Also los Aaron, ab nach oben und hol deine Badehose!“ „Was? Wieso das denn? Sollten wir Rei nicht besser was zu Fressen geben, anstatt baden zu gehen?“ „Tja wir machen beides gleichzeitig! Unser kleiner wasserscheuer Drachenschatz hier, sollte endlich mal das kühle Nass mögen lernen…daher gibt es heute nur selbst gefischtes zum Mittag!“ Ein zweifelnder Ausdruck trat auf das Gesicht der kleinen Drachin, was da geredet wurde, gefiel ihr ganz und gar nicht. Wenn ihre Verwandten dachten sie könnten sie in diese eklige Suppe reinkriegen würde das nicht hinhauen, nicht einmal mit Fressen. Fest umklammerte sie ihren heißgeliebten Quietscheball und versuchte an ihnen vorbei den Raum zu verlassen, doch noch bevor sie entkommen konnte, hatte ihre Mama sie schon in ihre Arme geschlossen und sich unter enormem Geschimpfe auf den Weg zur Veranda gemacht. Wenig später stand Reina mit Aaron auf dem Steg, der von Weiden gesäumt war und schaute misstrauisch auf das silbrig bläuliche Seewasser. „Na komm mein Schatz, dass Wasser tut dir doch nichts! Das ist nur ein bisschen nass und vielleicht etwas kalt…“, er ließ vorsichtig erst einen Fuß und dann den Rest seines Körpers hineinsinken, „Gut…es ist wirklich kalt!“ Ein stark wiederstrebendes Quietschen kam von der kleinen Drachin, sie wollte da wirklich nicht hinein. Zärtlich griff Aaron nach ihr und zog sie in seine Arme, penibel darauf bedacht, dass sie nicht nass wurde. „He…wird das bei euch beiden mal was?“, fragte Sandra, die mit Oscar zusammen bereits weit vor geschwommen war, ungeduldig, „Wir essen die ganzen Fische sonst allein auf!“ Fragend fiepte Reina leise und ihre Mama begann schnell zu erklären, „Fische sind Tiere die im Wasser leben, die schmecken so ähnlich wie Fleisch…also irgendwie. Du wirst sie ganz bestimmt mögen, wenn du denn schnell genug bist, einen zu fangen! Da glaub ich aber noch nicht wirklich dran…“ Beleidigt schaute die kleine Drachin ihn an, blies ein paar Funken aus ihren Nüstern und sprang wagemutig ins kalte Nass. Als der erste Temperaturschock vorüber war und Reina vorsichtig ein paar Schlucke Seewasser genommen hatte, bewerte sie das Gewässer erstmal als akzeptabel. Zaghaft flatterte sie ein wenig mit den Federflügeln, wobei ein hübscher goldener Schimmer das Wasser durchzog und paddelte etwas mit ihrem Schwanz. Erst tapsig dann immer sicherer bewegte sich der kleine Drache vorwärts, schwamm Aaron geschickt voraus, tauchte hin und wieder unter und suchte den Seetang am Grund ab. Wo war jetzt das versprochene hier lebende Fressen? Ihrer Mama würde sie schon zeigen, wer hier nicht schnell genug war! Tatsächlich waren Aarons Bewegungen im Vergleich zu den ihren sehr langsam, ohne auf seine vampirischen Fähigkeiten zurückzugreifen hätte er wohl keine Chance gehabt der kleinen, blitzartig durch das Wasser schießenden Drachin, auf den Fersen zu bleiben. Interessiert schwamm sie mal hierhin, mal dorthin, zwischen Aaron und Sandra hin und her, sprang bis zu zwei Meter über die Wasseroberfläche, nur um Sekunden später mit einem lauten Platschen und einer großen Fontäne wieder einzutauchen. Trotzdem wollte und wollte ihr Mittagessen einfach nicht auftauchen, immer wieder entdeckte sie kleine silbern und bunt glänzende Schwärme von irgendwelchen Tieren, aber nichts was auch nur ansatzweise so aussah wie das Fleisch, das sie am vorhergehenden Abend stibitzt hatte. „Na bitte, ich sag doch in dem Grimoire steht, dass kleine Drachen Wasser mögen“, erklärte Sandra glücklich. „Hm…schon, aber sie hat bis jetzt noch nicht einen einzigen Fisch gefangen. Wenn das so weitergeht, wird sie nichts zum Mittagessen haben.“ „Äh…ich will euch ja nicht unterbrechen“, bemerkte Oscar vorsichtig, „Aber woher sollte sie wissen, wie die Dinger aussehen? Am besten wäre es, wenn du ihr einfach mal einen jagen würdest Aaron!“ „Bäh…ich mag das Zeug aber nicht! Zumindest nicht roh…und unentschuppt und lebendig…“, ruhig glitt sein Blick zu der kleinen Drachin, die mit fragenden, fast wässrigen Äugelein zu ihnen zurückgeschwommen kam. Leicht deprimiert, von der erfolglosen Jagd, kuschelte sie sich ganz eng an ihre Mama, schob sich vorsichtig unter seinen Arm, um etwas festen Halt zu haben und quengelte leise, „Also gut…komm Rei, ich fange dir jetzt was leckeres ja?“ Als ihre Mama mit ganz neuem Elan untertauchte, schöpfte auch die kleine Drachin wieder etwas Hoffnung und folgte ihr. Geschickt ließ sich Aaron auf den Grund sinken, versteckte sich zwischen einigen großen Felsen und dem ausladenden Seetang und wartete geduldig. Langsam, auf Reina wartend, schlich er sich Meter für Meter, auf dem Grund robbend an den nächsten Fischschwarm heran. Sie waren etliche Meter unter der Oberfläche, in einer Tiefe in der kaum noch ein Sonnenstrahl die Gegend erhellte und doch war es für ihn kein Problem, die leicht silbrig reflektierenden Schuppen der Fische aus zu machen. Als die nächstgelegene Gruppe sich den Beiden Jägern näherte, stieß sich Aaron vom Boden ab, schoss torpedogleich aus seinem Versteck empor und mitten in den Schwarm hinein. Panisch stoben die Tiere auseinander, rasten sie in alle Richtungen davon, doch ohne Erfolg, denn zwei waren den unerbittlichen Vampir- und Drachenzähnen bereits zum Opfer gefallen. Stolz tauchte die kleine Drachin an der Seite ihrer Mama wieder auf, den zappelnden Fisch fest im Maul haltend. „Ooow…wie süß!“, bemerkte Sandra, die sofort die paar Meter zu dem Paar zurücklegte, „Hat unsere Kleine ihre erste Beute gemacht? Ja? Uh, wir sind alle so stolz auf dich! Und was du für einen großen Fisch erbeutet hast! Dagegen ist deiner echt winzig Aaron…du hättest dir echt mehr Mühe geben können, wir hätten wirklich mehr von dir erwartet! Der ist ja extrem armselig…ist wirklich kaum ein Fischlein!“ Beleidigt biss Aaron ein wenig auf der immer noch zwischen seinen Zähnen zappelnden Beute herum und schaute böse, während die Drachin sich stolz, es ihrer Mama gezeigt zu haben alleine auf den Weg zum Ufer machte, um das erbeutete Tier abzulegen. Als sie an dem Steg ankam, hob ihr Großvater sie zärtlich hinauf ins Trockene, wickelte sie liebevoll in ein warmes Handtuch ein und trug sie zu seiner Frau, die es nach viel gutem zureden schaffte ihr den Fisch ab zu nehmen, um ihn nach dem Ausnehmen auf den aufgebauten Grill zu legen. Während Mr. Strauß die Kleine hingebungsvoll mit ihrem heiß geliebten Quietscheball beschäftigte, jagten die drei Geschwister, schneller als sie es mit Drachenbaby geschafft hätten einen ganzen Haufen Tiere zum Mittagessen und verließen dann eilig das eisige Wasser. „Gott…kalt!“, klapperte Oscar leise mit den Zähnen. Liebevoll holte Sandra eine warme Kuscheldecke und schmuste sich, sobald sie auf der Wiese Platz genommen hatten, eng an ihn. Aaron der das Ganze neidisch verfolgen musste, nahm die kleine Drachin, die glücklich fiepend zu ihm getrappelt kam, tief seufzend, betrübt in den Arm und bemerkte, „Man du bist tot Oscar, wenn dir kalt war, hättest du nur deine Temperatur runterregeln müssen…oder rauf…je nach Vorliebe.“ „Aaron…du bist gemein! I…i…ch hab halt nicht da…r…r….ran gedacht okay? Schließlich bin ich noch nicht so alt und kann das mit der Temperaturänderung noch nicht lange…“ „Nimm es ihm nicht allzu übel“, erklärte Sandra ausnahmsweise mal nachsichtig, obwohl ihr Liebster gerade beleidigt worden war, „Er hat Reina seit fünf Tagen nicht mehr gesehen und keiner von uns weiß wann sie wieder ein Mensch sein wird. Nicht das wir den Drachen nicht auch lieb hätten, aber überleg mal wie du dich fühlen würdest, wenn ich einfach plötzlich weg wäre…“ „Wahrscheinlich ziemlich verloren, tieftraurig und einsam…ooooh…verstehe…“ „Tut mir Leid…ich meinte es nicht wirklich so!“, erklärte Aaron seine harschen Worte wirklich bereuend, „Es ist nur…sie fehlt mir so…“ „Essen ist fertig!“, rief Mrs. Strauß fröhlich, nach einigen Minuten und brachte einen Teller zu der Gruppe, „Schau mal Rei…das ist ganz leckerer Fisch! Die Restlichen brauchen noch etwas…aber ihr könnt langsam schon einmal zur Veranda hochkommen.“ Während seine Geschwister sofort folgten, blieb Aaron noch etwas am Ufer sitzen und beobachtete seine Kleine wie sie misstrauisch das Ding auf dem Teller betrachtete. Das sah aber nicht aus wie Fleisch, dachte Reina sich. Nicht einmal annähernd wie das große Ding das am Tag vorher neben den warmen kuscheligen Steinen gestanden hatte und es roch auch vollkommen anders. Fragend stupste sie etwas dagegen, ließ ihre Krallen über die Oberfläche gleiten und nahm dann den ersten vorsichtigen Happen. „Und, schmeckt es?“ Ein leises Quäken gefolgt von Flügelschlagen und Kopfschütteln kam als Antwort. Es war nicht unbedingt das Beste was sie jemals gefressen hatte, um genau zu sein war das Fleisch bei weitem schmackhafter gewesen, aber immerhin nicht so übel wie der eklige Brei. Unzufrieden knabberte sie an ihrer Beute herum, fraß hin und wieder ein Stück, ließ dann aber doch den halben Fisch auf dem Teller liegen. Da kuschelte sie sich doch lieber, mit halb leerem Magen, friedlich an ihre Mama, ließ sich etwas kraulen und streicheln, während Aaron mit ihr in den Armen zur Veranda ging. „Ich fürchte sie mag keinen Fisch!“, erklärte er unglücklich. „Oh…aber du weißt gar nicht was dir entgeht!“, bemerkte Mr. Strauß schulmeisterhaft, „Das ist unglaublich gesund…viele essentielle Fettsäuren, Eiweiß, Vitamine, Mineralien…“ Mit einem lauten energischen Fiepen unterbrach Reina ihn leicht angesäuert. Was brachte es ihr, wenn das Zeug gesund war, aber nicht schmeckte? Das war nichts zum Essen! Fangen ok…das machte wenigstens Spaß…aber fressen sollte man lieber Dinge die auch wirklich lecker waren. Schließlich lebte man nicht ewig, na ja sie schon, aber trotzdem. „Na toll…und was machen wir jetzt? Bis der Brei fertig ist, ist sie uns doch verhungert!“, bemerkte Oscar sorgenvoll. „Tja…ich habe noch ein paar Grillwürstchen im Kühlschrank, vielleicht mag sie die ja“, ein glückliches Fiepen ertönte von der kleinen Drachin. Sie hatte zwar keine Ahnung was Würstchen waren und auch nicht wieso sie Grill hießen, aber sie glaubte ihre Verwandten hatten endlich verstanden, was sie gerne fraß und was nicht. Während die Würstchen fröhlich auf dem Grill brutzelten, genossen die Strauß ihre erbeuteten Fische. Nachdem dann auch die Drachin ihr Fressen bekommen hatte und glücklich zusammengerollt auf Aarons Schoß lag, nutzten alle die stillen Momente um etwas in sich zu gehen, eine gute Tasse Tee zu genießen oder sich zusammengekuschelt in ein Buch zu vertiefen. Es war ein angenehmer Nachmittag und obwohl es bereits Spätherbst war, strich ihnen eine milde, leicht warme Brise um die Ohren, umwehte die leicht grünlichen Marmorsäulen der Veranda. Noch waren die Blätter der Bäume unverändert, kein Anzeichen von gelb oder rot zu sehen, die Vögel zwitscherten glücklich und die warmen Strahlen der Sonne überfluteten die leuchtend grünen Wasserlilien, die in Töpfen auf der Terrasse standen. Es war wunderlich, überlegte Aaron, während sein Geist langsam davon driftete, wie die Welt um sie herum mit Leben erfüllt war. Er kam sich so fehl am Platz vor, so kalt, so tot, so alt und gefühllos. An Tagen wie diesen war er zu nachdenklich, wurde fast wehmütig, wie sehr wünschte er sich doch, dass es endlich Winter wäre, dass die Tiere endlich verstummten, die Pflanzen ihre Pracht abwarfen und die Sonne nur noch kalt scheinen würde. Ach wie er die Wintersonne liebte, ihr dumpfes Licht so leblos, so trist. Nur in diesen wenigen Monaten fühlte er sich wirklich dazugehörig, wirklich wie ein Teil dieser Welt, wenn wieder die Zeit kam, in der es fast ständig dunkel war. Die Zeit in der, der Tod regierte, in der man sich ängstlich zitternd vor dem Kamin zusammenkuschelte, die Dunkelheit und ihre Gefahren fürchtend. Wie konnte die Welt nur so lebendig sein? So voller Leben, wenn doch der drohende Schatten des Todes über ihr lag. Wie konnte alles so bunt und prächtig sein, in Anbetracht des kalten eisigen Winters der kam? Er hasste es so sehr…wie konnten die Tiere, die wussten was kam, so aktiv sein, so zutraulich zu ihm, wo doch gerade er das Ende selbst war, der Jäger! Die Pflanzen ließen ihre Blätter im warmen Wind wehen, zeigten ihre Pracht, als wollten sie ihn verhöhnen…als wüssten sie, dass er nichts mehr hasste als diese Lebendigkeit. Ein leises Seufzen schlich sich über seine Lippen, nach dem Winter würde wieder der Frühling folgen, neues Leben. Schon bei dem Gedanken stieß es ihm bitter auf. All diese widerliche Betriebsamkeit, all das erinnerte ihn an die Zeit, als er noch ein Teil der Welt gewesen war, als sein eigenes Herz noch warm und kräftig in seiner Brust schlug. Es schmerzte ihn sehr an die schönen Zeiten zurück zu denken, daran wie er vor fast einem Jahrtausend, durch die weiten, fast endlosen Wälder seiner Heimat gewandert war. Wälder die eine der größten elfischen Städte, Loranthialie behütend umgaben. Damals vor langer Zeit hatte Aaron die Lebendigkeit dieser Wälder geliebt, die unbezähmbare Schönheit, die Zutraulichkeit der Wildtiere. Stundenlang hatte er sich durch die unnatürlich grüne Wildnis geschlagen, war manchmal wochenlang nicht nach Hause gekommen, hatte sein Essen selbst gejagt, sich in kleinen Bächen und Seen gewaschen und sein, noch sehr junges, Leben in vollen Zügen genossen, sehr zum Missfallen seiner Eltern. Die Ironie dieser Erinnerung schmerzte ihn sehr. So viel Zeit war vergangen, seit er dort gewesen war, so viel Zeit in der er nur selten ein wirklich festes zu Hause gehabt hatte. In den ersten Jahrhunderten, nach seiner Verwandlung war er mit seinem Vater gereist, nur die beiden Vampire, quer durch die Welt und doch hatte ihn stets die Sehnsucht überfallen, das Heimweh, die Erinnerungen an seine Heimatsstadt. An die weiten mit magischen Sträuchern und Blumen aller Farben gesäumten Alleen, an die prachtvollen kristallenen Bäume, die ihnen als Häuser dienten. Wie wundervoll Loranthialie bei Nacht gewesen war, ein unbeschreibbares Farbenspiel, so voller Leben und Musik, die sanft summenden Leuchtkäfer, die friedlich über den Beeten schwebten, die hell leuchtenden Sterne, die Symphonien der Künstler, die Tag und Nacht ihre Lieder und Gedichte vortrugen. Doch am stärksten war in seinen Gedanken stets der alles überragende Palast, die samtenen Banner, so leicht wie Federn, die mit den Windböen spielten, die runden natürlichen Formen in denen sich die magischen Türme und Mauern, aus weißem Stein emporzogen, die riesigen, dunklen Ebenholztore, voller feiner Schnitzereien. Aaron konnte diese Erinnerungen nicht genießen, was für ihn Balsam der Seele hätte sein sollen, quälte ihn nun, die Gedanken an ein vergangenes Leben, an ein glückliches Leben und an das was er verloren hatte. Ironisch, dachte er sich betrübt, wie die Erinnerung sich mit der Zeit verfälscht. Nun, fast tausend Jahre später, an einem warmen, eigentlich glücklichen Tag, erschien ihm seine Vergangenheit in den schillerndsten Farben, doch so musste er sich gewaltsam wachrütteln, so war es nicht gewesen, so war es nie gewesen. Natürlich war Loranthialie wunderschön und magisch, doch hinter der Fassade, war er einsam gewesen, schrecklich einsam und unglücklich. Tatsächlich hatte er einen Großteil seiner Zeit in der Wildnis verbracht und das hatte einen guten Grund, seine Eltern. Schmerzhaft sah Aaron wie schon so oft zuvor ein, dass er nie gerne nach Hause gekommen war, dass er nie gern in der Stadt gewesen war. Er hatte es in Wahrheit gehasst und als dann der Krieg ausgebrochen war, war das seine Chance gewesen sich zu beweisen, einen Grund zu finden zu seinen stolzen Eltern zurück zu kehren, doch stattdessen hatte er versagt, wäre Mr. Strauß nicht da gewesen, so könnte er an diesem Tag nicht mehr hier sitzen. Für ein paar Sekunden schoss ihm etwas durch den Kopf, vielleicht wäre es besser gewesen an dem Tag zu sterben, hätte er sich anders entschieden, müsste er all das nicht ertragen. Seinem Vater, der ihn schon seit einiger Zeit prüfend beobachtete, fiel die leicht denkende, grübelnde Bewegung in Aarons Gesicht auf. Er kannte diesen Blick, wusste was in dem Kopf seines geliebten Sohnes vorging. „Reina…ist bereits zu lange fort…“, bemerkte er leise, bedächtig, wie als Antwort auf Aarons stumme Fragen. Dieser schrak aus seiner Grübelei hoch und verstand den Hinweis. Er warf einen dankbaren Blick zu seinem Vater, natürlich…Reina. Es gab etwas Gutes an seiner Entscheidung, etwas das er für nichts auf der Welt jemals wieder hergeben würde. Eine Person, die ihn lebendig machte, die ihn vergessen ließ, was er war und wie unpassend er in dieser lebendigen Welt da stand. Immerhin liebte sie ihn so wie er war, sowohl das was von seinem früheren zurückhaltenden, vernünftigen, romantischen, elfischen Ich noch übrig war, als auch sein vampirisches eher triebgesteuertes, verunsichertes, zurückhaltendes und leicht depressives Ich. Glücklich lächelnd schaute er auf seinen Schoß, zog die kleine tief schlafende Drachin eng an seine Brust, wobei diese aufwachte und verschlafen umherlinste. Es hätte danach noch ein wunderschöner Tag werden können, wäre wenig später nicht lautstark die Türklingel losgegangen. Während die Strauß noch rätselten, wer da wohl sein könnte, schließlich waren sie erst vor wenigen Tagen hier her gezogen und noch wichtiger, wer aufstehen und die Tür öffnen musste, hörten sie bereits die schrille unangenehme Stimme von Reinas Mutter. „Sie öffnen jetzt auf der Stelle die Tür! Sofort! Sie Monster geben sie uns unsere Tochter zurück!“ „Och nö, nicht die Deppen schon wieder!“, erklärte Sandra gereizt, „Die sind wie Kakerlaken, man wird sie einfach nicht los! Ist hier irgendwo ein Nest oder so?“ „Sandra!“, tadelte ihre Mutter, „Sei doch bitte nicht so unhöflich, das sind unsere Gäste…gut ungeladene…aber trotzdem! Ein bisschen mehr Höflichkeit!“ „DAS sind die Leute, die Reina über Jahre verprügelt haben!“, erinnerte ihre Tochter sie trocken. „Lass sie stehen! Liebling, setz dich wieder hin. Niemand geht hier zur Tür!“ Leider hatten die Sanktins weder den nötigen Anstand, noch das nötige Taktgefühl und schon gar kein Gewissen das ihnen gesagt hätte, dass es unhöflich und illegal war einfach fremde Grundstücke zu betreten. Also fackelten sie nicht lange, umrundeten das Haus, wobei sie sich gegen einen aggressiven Wachhund (Gray) und eine mittlerweile nicht mehr so kleine Killerkatze (Kiara) zur Wehr setzen mussten. Hätten sie nicht zwei gefährlich aussehende Gestalten der Behörde dabei gehabt, hätte ihre letzte Reise sie wohl in die Fressnäpfe der Beiden geführt. So aber wichen die magischen Begleiter unter lauten Drohgebärden zurück und ließen sie passieren. Sobald sie die Ecke passiert und die Veranda im Blickfeld hatten, rannte Cindy mit ausgebreiteten Armen auf Aaron zu. „Hi Süß…“ „HALT die Klappe!!!“, knurrte er ihr entgegen, „Ich habe heute wirklich keinen Nerv für das sinnlose Gelaber der Stadtmatratze…“ Ein leises Fauchen ertönte von seinem Schoß, die kleine Drachin stimmte ihm voll und ganz zu, auch sie konnte die komisch staubende Alte nicht ausstehen und wollte das sie und ihre eklig stinkenden Verwandten möglichst schnell los werden. „Nun nun…“, bemerkte eine der in schwarze Roben gekleideten Personen, „Wir wollen doch höflich bleiben nicht wahr? Der Grund unseres hier seins ist Mrs. Sanktin!“ „Mrs?“, fragte Aaron, dem der Hohn nur so aus der Stimme troff, „Mrs. Sanktin steht neben ihnen und braucht ganz sicher nichts von uns! Falls sie Ms. Sanktin, also meine Rei meinen, sollten sie wissen, dass sie wenn, Mrs. Strauß wird!“ „Die dritte!“, fügte Sandra noch hinzu. „Was? Was tun sie meiner Tochter an oder was haben sie vor ihr an zu tun?“ „Ich tue Reina gar nichts an! Ich liebe und beschütze sie, mit meinem Leben…oder Existenz, falls ihnen die Formulierung lieber sein sollte und ich mache nichts mit ihr, was sie nicht möchte!“ „Nun nichts desto trotz sind wir hier in rechtlicher Vertretung ihrer Eltern, die ebenfalls anwesend sind. Die Strauß wollen ihre Tochter sofort mit nach Hause nehmen und da sie das Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht haben, müssen sie ihren Wünschen Folge leisten. Sollten sie das nicht tun…nun ja…“ „Nun ja was?“, Mr. Strauß Augen hatten sich gefährlich verengt. Er mochte es gar nicht wenn Jemand ihm oder seiner Familie drohte. „Sollten sie dem nicht Folge leisten, werden wir rechtliche Schritte gegen sie einleiten…genau genommen läuft das Verfahren bereits…sie können es natürlich einfach und unkompliziert beenden! Geben sie uns einfach Reina!“ „Aber sie will nicht zurück zu dehnen!“, erklärte Oscar aufgebracht, „Sie ist glücklich bei uns! Sie will hier bleiben!“ „Das würden wir gerne von ihr hören…sofern sie noch am Leben ist…“ „Ich fürchte das wird nicht möglich sein“, erklärte Aaron streng. „Ach was…haben sie doch mal ein paar Liter Blut probiert?“ „Nein...nein…sie muss sich nur von der letzten Nacht mit mir erholen…falls sie verstehen was ich meine“ Nach dem Kommentar starrten ihn erstmal alle eine Weile ziemlich fassungslos an, außer Cindy die wütend auf das Gras zu ihren Füßen eintrat. Aaron der das Gefühl hatte, dass sie ihn gewaltig missverstanden hatten bemerkte: „Ich hab letzte Nacht so schrecklich unruhig geschlafen und sie ständig geweckt….tut mir so Leid Kleines!“ „Ach dann ist sie also doch hier? Wir verlangen sie auf der Stelle zu sprechen!“ „Und wir haben ihnen schonmal gesagt, dass Reina im Moment unpässlich ist!“ „Aber wir glauben ihnen nicht! Sie wollen sie bloß kontrollieren und zu einem Monster machen, so wie sie welche sind!“ „Wollen wir nicht!“, knurrte Aaron ungehalten, „Also gut sie wollen mit ihr sprechen, hier ist sie!“ Wütend hob er die kleine Drachin von seinem Schoß und setzte sie auf den Tisch. Reina interessierte sich mittlerweile nicht einmal mehr für die Fremden, sie stanken und waren langweilig. Aber die Tasse die vor ihrer Tante stand roch lecker. Neugierig trappelte sie über den Tisch, flatterte ein wenig mit den Flügeln und Quietschte glücklich. „Oww…magst du Tee? Na komm hier…ist ganz lecker…schmeckt nach Limette…oh richtig du hast wahrscheinlich keine Ahnung was das ist. Ähm das ist irgendwie etwas süß und etwas sauer und…ach probiere es einfach…“ Neugierig stupste die Drachin ihr Schnäuzchen in die unbekannte leicht rötliche Flüssigkeit, zog es wieder hinaus und leckte sich mit der Zunge über die Nüstern. Das Zeug war wirklich lecker. Glücklich stützte sie ihre Pfötchen auf den Rand der Teetasse und fing gierig an zu schlabbern. „Scheint zu schmecken“, bemerkte Oscar glücklich lächelnd, „Vielleicht sollten wir den unter den Brei rühren…“ „Das…soll Ms. Sanktin sein? Wollen sie uns verarschen?“ „Nein wieso? Reina komm mal zu Mama“, sofort unterbrach sie ihr schlemmen, rannte zu Aaron und sprang ihn glücklich an. Liebevoll fing er den Drachen hob ihn hoch, hielt sie mit den Bauchschuppen zu den Beamten und sagte triumphierend, „Sehen sie, sie hat die gleichen Augen, die selbe süße Nase, die Gesichtspartie…“ „Das…Ding…sieht ganz und gar nicht aus wie…“ „Sie ist kein Ding!“, knurrte Sandra wütend, nahm die kleine Drachin ihrem Bruder ab und verschwand im Haus. Nach wenigen Minuten kam sie wieder auf die Veranda und hielt Reina den Leuten vor die Nase. „Sehen sie! Sie ist Reina!“ Zweifelnd schauten die Beamten auf die kleine Drachin die vor ihnen in der Luft baumelte und nun einen schwarzen Strampelanzug mit zusätzlichen Löchern für die Flügel und ihren Schwanz trug, an dem ein langer schwarzer Mantel befestigt war. Außerdem hatte Sandra ihr einen typischen, klischeehaften schwarzen Spitzhut aufgesetzt, dessen Spitze momentan als Kauspielzeug diente. „Äh ja…sicher…und wie erklären sie sich, das sie von einem normalen…eher weniger hübschen Menschen in ein Monster mutiert ist?“ Aaron wäre am liebsten aufgesprungen und hätte dem Idioten sämtliche Knochen im Leib gebrochen, doch die kleine Drachin kam ihm zuvor. Es war wirklich dumm gewesen zu glauben, sie würde ihn nicht verstehen. Wütend ließ sie ein paar Rauchwolken aus ihren Nüstern treten. Der Typ hatte sie als Monster bezeichnet…und noch dazu hässlich genannt? Wie konnte er es wagen? Zwar hatte die kleine Drachin keine Ahnung was diese Wörter bedeuteten, doch die Art und Weise wie sie benutzt worden waren, war klar beleidigend gemeint gewesen! Es reichte ihr nun wirklich, diese blöden stinkenden Dinger, die so ganz anders waren als ihre Familie sollten gefälligst verschwinden! Pfiffig wie sie war, nutzte sie die Auswirkungen, des gerade verschlungenen Fressens und des Tees und erzeugte ein feuriges Bäuerchen, dass die gesamte Gruppe in ein Flammenmeer tauchte. Wären die Beamten nicht mächtige Magier gewesen, wären sie allesamt verkohlt. Doch selbst mit ihrer Magie waren sie kaum in der Lage, das Drachenfeuer abzuwehren, sodass ihre Kleidungsstücke und Haare hier und da Feuer fingen. Die Strauß, so diplomatisch sie seien wollten, konnten einfach nicht anders als bei diesem Anblick laut los zu lachen. Sandra übergab die Kleine Aaron, der sie liebevoll an seine Brust zog, sie auf den Rücken legte und ihr zärtlich das Bäuchlein kraulte. „Oooow…hat meine Kleine ein Bäuerchen gemacht? Und was für eine tolle große Flamme das war. Man da bist du ja schon gaaaaanz erwachsen, so wundervoll! Kannst du das nochmal machen?“ Während die Gruppe noch mit den Löscharbeiten beschäftigt war, erklärte Mr. Strauß: „Wir werden ihnen Reina nicht einfach so überlassen…sie ist Teil unserer Familie…wir lieben sie! Sie haben sie Jahrelang misshandelt, geschlagen, sie als Putzfrau und Babysitter missbraucht! Kein Gericht der Welt würde sie ihnen zusprechen! Sie sagen die Verhandlung läuft bereits? Gut in Ordnung, nehmen sie und mit dorthin, wir werden dem Richter unseren Standpunkt erklären und dann wollen wir doch einmal sehen wer danach das Sorgerecht hat! Wir kämpfen um unsere Reina!“ „Na gut…wenn es das ist was sie wollen! Sie können ihren Krieg haben! Aber ich warne sie gleich vor, kein Richter der Welt würde das Kind bei Monstern wie ihnen lassen!“ „Das wollen wir doch erst einmal abwarten…Aaron du bleibst hier und passt auf den kleinen Drachen auf! Wir rufen an wenn wir euch brauchen!“ „Ok…oh…das war noch ein Großer…das hast du toll gemacht Rei…lass nur alles raus!“, erneut war die Stichflamme in Richtung der Sanktins gegangen, hatte sie aber leider um ein Haar verfehlt, allerdings war wenigstens Cindy, die etwas Abseits stand, voll erwischt worden. Sobald seine Familie das Haus verlassen hatte, spürte Aaron, wie die düsteren Gedanken langsam aber sicher zurückkehrten. Das letzte was er an solch einem Tag brauchte war auch noch allein zu sein, aber wenigstens lenkte ihn die kleine Drachin pflichtbewusst ab. Den gesamten restlichen Nachmittag und Abend spielte er mit ihr Ball, machte ihr etwas zu essen, einen Tee und ließ ihnen ein schönes heißes Bad ein. Ohne die eklig stinkenden Zusätze, freute sich Reina sehr über die Gelegenheit noch etwas schwimmen zu können, auch wenn dieses komische, quaderförmige im Boden eingelassene Becken ganz anders war als der interessante See und irgendwie fehlten auch die fangbaren Notfallmahlzeiten. Trotzdem paddelte sie glücklich umher, flatterte lebhaft mit den Flügeln und spritzte ihre Mama nass. „Rei…komm mal her kleines…na komm…“, liebevoll hob er sie vor seinem Gesicht hoch, sodass ihre Augen auf einer Höhe mit seinen waren, „ Hör mal…du weißt ja das ich dich ganz doll lieb habe oder?“ Ein freudiges, bestätigendes Quäken folgte als Antwort. „Das ist schön und ich bitte dich das was ich jetzt sage nicht falsch zu verstehen! Ich wünschte du würdest dich endlich zurück verwandeln, bitte! Es ist nicht so das du mir auf die Nerven gehst oder lästig bist…die menschliche Reina fehlt mir einfach schrecklich! Bitte wenn du irgendwo da drin bist Rei, wenn du mich hören kannst…ich brauche dich…im Moment mehr als alles andere, mehr als jemals zuvor! Bitte komm zurück!“ Nach diesem Ausbruch war die Stimmung wirklich gedrückt. Keiner der Beiden hatte noch Lust ein wenig zu spielen, zu planschen oder danach einen Mitternachtssnack zu sich zu nehmen. Angestrengt, mit seinen depressiven Gedanken und Erinnerungen beschäftigt, fiel Aaron sobald er zurück in seinem Zimmer war auf der Stelle wie Tot ins Bett und schlief tief und fest ein. Zum ersten Mal, wollte die kleine Drachin nicht mit ihrer Mami kuscheln, irgendwie hatte sie das Gefühl, dass diese unglaublich überarbeitet war, na ja sie war ja auch wirklich nicht das einfachste Drachenbaby, vielleicht wurde es nun Zeit auf eigenen Beinchen zu stehen und sich einen eigenen Hort zu suchen. Traurig ließ sie ihr Köpfchen hängen, lief noch ein letztes Mal zu dem ihr vertrauten Bett, schmiegte ihren Kopf kurz an Aarons herab hängende Hand und fiepte ein leises, wehmütiges Lebewohl. Langsam trappelte sie zur Tür, blickte noch einmal sehnsüchtig zurück und überquerte dann eilig die Schwelle, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Es war kurz nach Mitternacht als sich die Tür zu Aarons Zimmer mit einem leisen Quietschen öffnete. Die Dunkelheit der Nacht verdeckte den Eindringling, der langsam auf Zehenspitzen zum Bett schlich, ohne ein verräterisches Geräusch zu machen. Sacht wurden die schweren Satinvorhänge zur Seite geschoben, sodass Aaron zum Vorschein kam. „Nicht zu glauben…selbst wenn ich weg bin schläft er nicht unter der Bettdecke! Herrje…das muss doch kalt sein!“, zärtlich setzte Reina sich auf die Bettkante und streichelte über den Kopf ihres Liebsten. Er reagierte sofort, lächelte glücklich im Schlaf und drehte sich suchend nach ihr um. Vorsichtig krabbelte sie zu ihm ins Bett und kuschelte sich sanft an seinen Rücken. Liebevoll strich sie einige seiner Haare beiseite und küsste begehrend seinen Nacken. Ein leises genussvolles: „Hmmm“, ertönte. Erneut drehte sich Aaron im Schlaf herum, während Reina vorsichtig ihre Arme um ihn schlang. Ruhig zog sie sich enger an ihn, krallte ihre Finger in den Bruststoff seines Schlafanzuges, schmiegte ihren Kopf sehnsuchtsvoll unter sein Kinn. Wie lange war es her seit sie gegangen war? Was hatte sie alles verpasst? Waren es Monate gewesen, Jahre? Noch nie hatte sie solch eine starke Sehnsucht nach ihm gespürt, es war als wäre sie eine Ewigkeit fort gewesen. Schmerzlich ließ sie etwas von ihm ab, sie wollte ihn nicht wecken, blickte aber im selben Moment sehnsuchtsvoll in sein engelhaftes Gesicht. Zärtlich strich sie über seine Schläfe, über seine weichen Augenbrauen, seine sanften weißen Wangen hinab zu seinen Lippen. Sich selbst zügelnd zog sie zögerlich, wiederstrebend ihre Hand zurück. Wie sehr sehnte sie sich nach seinem Kuss, nach seiner Zärtlichkeit, dass er sie einfach nur eng in den Arm nahm und nie wieder los ließ. Die Sekunden vergingen, die Minuten und ihr Bedürfnis, nach seiner Nähe steigerte sich ins Unermessliche, solange bis sie es nicht mehr aushielt. Liebevoll legte sie ihre Hände an seine Wangen zog sich eng an sein Gesicht heran und küsste ihn begehrend, leidenschaftlich. Sie konnte einfach nicht genug von ihm bekommen, von seinen weichen, zarten Lippen, als wäre sie eine Süchtige auf Entzug und er ihre Droge. Während Reina noch immer nicht von ihm abließ, stahl sich ein irritierter Ausdruck auf Aarons Gesicht. Konnte das wirklich war sein? Träumte er nur? Aber wenn es nicht echt war, warum fühlte es sich dann so real an? Vorsichtig schielte er unter seinem Augenlied hervor und was er sah trieb ihm die Tränen in die Augen. Es war tatsächlich seine Reina. Feurig erwiderte er ihren Kuss, spielte erregt mit ihren samtigen, weichen Lippen. Gierig sog er ihren Duft ein, schmeckte sie, spürte sie, zog sie eng in seine Arme und ließ seinen Händen freien Lauf beim Erkunden ihres Körpers. Als sie sich von ihrem ersten Schreck, dass Aaron so viel wilder war als vor ihrer Verwandlung, erholt hatte stimmte sie bereitwillig mit ein. Erregt presste sie sich an seine Brust, ließ zu das er sie zärtlich auf den Rücken drehte, fühlte wie er sich mit dem ganzen Körper über sie lehnte, wie seine warme Hand begehrend ihre Seite hinunter strich, sich langsam unter ihr Oberteil schlich, über ihre nackte Haut streichelte. Es war als würde sich eine Flamme in ihrem Körper ausbreiten, ihr wurde heißer und heißer, fast schien es, als würde sie von innen heraus verbrennen. Erregt krallte sie sich an Aarons Rücken fest, spürte wie ihre Fingernägel über seine Haut kratzten und seufzte heiser, als seine Lippen einen Moment von ihr abließen um sich weiter mit ihrem Hals zu beschäftigen. Vorsichtig glitt seine Hand, die einige Zeit an ihrer Taille geruht hatte weiter hinunter über ihre Hüfte zu ihrem Oberschenkel, wo seine Finger sanft anfingen sie zu streicheln. Nach einiger Zeit zog Aaron ihr Bein begehrend zu sich, sodass ihr angewinkeltes Knie über der Seite seiner Hüfte ruhte. Das war etwas zu viel gewesen. Reina spürte wie die Erregung übermächtig wurde, wie sie das Gefühl hatte zu explodieren, als wären seine begehrenden Lippen auf ihrem Körper Öl das das Feuer in ihr nährte. Langsam wurde ihr schwarz vor Augen und wie sehr sie sich auch gegen die Ohnmacht wehrte, letzten Endes, war die Dunkelheit in der ihr Geist versank doch stärker. Das Letzte was sie hörte war ein leises, gefragt gehauchtes: „Rei?“ Samtenes Fell kitzelte sein Gesicht als Aaron am nächsten Morgen langsam aus seinen Träumen erwachte. Verwirrt blinzelte er verschlafen und erkannte Kiara die unter seinem Arm lag und leise schnurrend ein Nickerchen machte. „Kia? Verdammt…doch ein Traum!“, mit einem leisen Seufzen drehte er sich herum und vergrub seinen Kopf deprimiert im Kopfkissen, dass wenigstens noch ein wenig nach Reina roch. Tief verzweifelt versuchte er wieder ein zu schlafen, wieder in seinen Traum zurück zu finden, bis er hörte wie sich die Tür kaum hörbar öffnete. Vorsichtige Schritte ertönten, gefolgt von dem Geräusch der Räder eines Speisewagens. War es doch kein Traum gewesen? Ein leises, hingerissenes: „Ooow“, ertönte. „Und was mache ich jetzt? Wecke ich ihn oder lasse ich ihn schlafen? Er sieht so süß aus …so friedlich…wie ein unschuldiger Engel. Kia…na komm, du kannst jetzt wieder zu Gray gehen…danke, dass du meinen Platz eingenommen hast. Wenn ich ihn schlafen lasse wird das Essen kalt, wenn nicht reiße ich ihn aus seinen Träumen…ach verdammt…“ „Darf ich es mir aussuchen?“, fragte Aaron verführerisch lächelnd, während er sich zu ihr drehte, „Ich möchte geweckt werden…gaaanz liebevoll…am besten indem wir da weitermachen wo du gestern Nacht ohnmächtig geworden bist…“ „Hm…in Ordnung“, langsam ging Reina zurück zum Bett, setzte sich geschmeidig auf die Kante und beugte sich zu Aaron hinüber. Liebevoll glitt ihre Hand über seine Wange, streichelten an seiner Brust hinab, bis sie einen Moment irritiert inne hielt, „Hast du was an deinen Haaren verändert?“ „Hmmmm…was? Äh nein wieso…kannst du weiter machen?“ „Wirklich nicht? Ich könnte schwören dein Pony hätte anders ausgesehen…hast du ihn abgeschnitten?“ „Öh…na ja man kann es wohl schneiden nennen…“ „Wieso hast du das denn gemacht? Ich liebe deine Haare…sie passen einfach so herrlich zu dir. Äh…also versteh das jetzt nicht falsch, ich mag dich natürlich auch wenn du deine Frisur änderst, wenn du das willst…du siehst natürlich immer noch umwerfend aus, aber…“, weiter kam sie nicht mehr, da Aaron sich zu ihr gebeugt hatte und sie durch einen leidenschaftlichen Kuss zum Schweigen brachte. „Ich weiß wie du es meintest…lass uns da weitermachen wo wir gestern Nacht aufgehört haben, ja?“ „Hm...und was…wird…mit…mi…Essen?“, es kostete sie viel Kraft trotz seiner verführerischen, erregenden Küsse weiter zu sprechen, doch sie schaffte es irgendwie, „Das wird noch kalt…“ „Macht nichts…kommst du wieder mit unter die Decke? Biiittttte!“ „Also gut, aber lass mich das Frühstück wenigstens mitnehmen“, ein leises Stöhnen schlich sich über ihre Lippen, als Aarons Hände zärtlich über ihren Rücken glitten, sie begehrend streichelten. Irgendwie schaffte sie es trotz ihres stark zitternden Körpers einige Tabletts mit ins Bett zu tragen und abzustellen, bevor er sie eng an sich und unter die Decke zog. Liebevoll schlang er seinen Arm um Reina, die auf dem Rücken tief im Kissen versunken lag und beugte sich zärtlich über sie um noch einen Kuss zu ergattern. „Hmm“, ein leises Seufzen schlich sich über ihre Lippen als Aaron zu ihrem Hals hinab sank, „Ok vergiss das Frühstück…“ „Was gibt es denn?“, interessiert schaute er sich die Teller auf der Decke neben ihr an. Reina konnte nicht anders als entnervt zu stöhnen. Er hatte wirklich im ungünstigsten Moment aufgehört, wobei in der Situation eh jeder Zeitpunkt der falsche gewesen wäre. „Nich aufhören!“ „Hm? Lecker…Rührei, Spiegelei, Bauernfrühstück…Eierkuchen, Waffeln! Du hast ja wirklich an alles gedacht…“ Ein frustriertes Seufzen drang über ihre Lippen, während er freudig begann das Essen zu verschlingen, das war so ungerecht! Natürlich hatte sie ihm mit dem Frühstück eine Freude machen wollen, aber hätte Reina gewusst, dass sie dann abgemeldet war, hätte sie es sich zweimal überlegt, extra früh aufzustehen um zu kochen. „Rei? Alles ok?“ „Hm…ja geht schon…“, unglücklich drehte sie sich von ihm weg und rollte sich deprimiert zusammen. „Sicher? ...Du siehst aber gar nicht so aus als wäre alles ok…“, vorsichtig schob er das Essen beiseite, schmiegte sich an ihren Rücken und nahm sie zärtlich in den Arm, „Ich bin so froh, dass du wieder da bist…ich hab dich so vermisst…“ „Mich oder meine Kochkünste?“ Liebevoll schob er ihre Haare beiseite und küsste begehrend ihren Nacken, „Was denkst du? Ich dachte gestern Nacht beantwortet die Frage klar und deutlich…“ Reina spürte wie sein warmer Atem zart über ihre Haut strich, fühlte wie sein Geruch sie einhüllte, wie seine Hand zärtlich über ihren Arm glitt, bevor sie sie fest an seinen Körper zog. „Mir ist nichts so wichtig wie du!“, hauchte er zärtlich in ihr Ohr, „Und wenn du willst können wir bis ans Ende der Ewigkeit kuscheln, aber ich dachte mir wo du dir die Mühe gemacht hast, extra für mich zu kochen, wäre es unhöflich das gute Essen verkommen zu lassen.“ „Schon gut…du musst dich nicht rechtfertigen…ich hab…ach ich weiß auch nicht…überreagiert oder so. Ich freu mich doch wenn es dir schmeckt…es ist nur…schrecklich frustrierend! Da bin ich keine Ahnung wie lange weg…komme wieder und du bist plötzlich so anders...dann na ja beschwörst du solche Gefühle in mir herauf und wendest dich einfach ab“, ein leises Seufzen folgte ihrer Erklärung, während sie sich umdrehte und an seine Brust kuschelte. „Ich bin…anders?“ „Ja…so viel…begehrender, leidenschaftlicher…so warst du vorher nicht, allein die Art wie du mich jetzt küsst ist so…“, ein sehnsüchtiger Ausdruck, der mehr sagte als tausend Worte, trat auf ihr Gesicht. Aaron konnte sich das Kichern bei diesem Anblick kaum verkneifen: „Da ist jemand süchtig…“ „Hm hm…ja es ist schrecklich…ich leide schon unter Entzugserscheinungen. Willst du nicht was dagegen unternehmen?“ „Oh…ich weiß nicht…vielleicht…vielleicht aber auch nicht…Sucht ist etwas Schlimmes weißt du? Sie führt meistens zum Tod und das will ich dir nicht antun!“ „Solange ich immer bei dir bleiben kann ist das ok…mehr will ich gar nicht! Ich möchte mich nur auf ewig in deine warmen Arme kuscheln und nie wieder aufstehen…“ „Wäre ein Entzug wirklich so schlimm?“, ein resigniertes Seufzen drang über seine Lippen. Noch direkter konnte sie sich ihm nun wirklich nicht anbieten, warum zog sie sich nicht gleich vor ihm aus, bat ihn ihr Blut zu trinken und es zu genießen? Wie konnte ein einziger, liebenswerter, zerbrechlicher Mensch all das was er sich in den Jahren angeeignet hatte, all die Zurückhaltung, die Selbstkontrolle, seine Werte und Moralvorstellungen mit einer einzigen kleinen Aussage, einem einzigen Lächeln, einem Augenzwinkern, mit einem einzigen Sehnsüchtigen Blick zum Wanken bringen? Seinen Verstand vollkommen über den Haufen werfen? „Was willst du damit sagen?“, die Stimmung war innerhalb von Sekunden gekippt. Energisch hatte sich Reina von ihm weggedrückt und schaute mit einem tief verletzen und wütenden Blick in Aarons verwirrte rote Augen, „Ma…machst du gerade mit mir Schluss? Nach all dem was passiert ist? Bedeute ich dir denn nichts mehr? Has…hast du es überhaupt jemals ernst mit mir gemeint?“ „Was? Was redest du denn da? Wie kommst du auf so einen Quatsch?“ „Wie, wie ich auf so etwas komme? Wir sind am kuscheln…ich sage dir, dass ich für immer bei dir bleiben möchte und du kommst mir mit Entzug! Viel deutlicher kannst du mir kaum sagen, dass du genug von mir hast und Abstand willst!“ „Rei…nein…“, er seufzte schmerzlich. Wie kompliziert doch alles werden konnte, nur weil sie nicht wusste was er war, „Ich liebe dich! Mehr als alles andere….und es gibt nicht eine Sekunde die ich nicht mit dir verbringen möchte! Es ist nur alles etwas kompliziert und ich kann es dir im Moment nicht erklären, aber du kannst mir glauben, dass ich mir nichts mehr wünsche als für immer bei dir zu sein. Das Problem ist einfach das es einen riesigen Unterschied gibt, zwischen dem was ich möchte und was gut für dich wäre.“ „Dir ist klar, dass ich gerade nicht ein Wort verstanden habe oder?“ „Ja…ich weiß…trotzdem, glaub mir bitte es ist mir mehr als ernst mit dir und ich habe keine Sekunde auch nur daran gedacht mich zu trennen…du bist doch mein Leben. Ich kann doch gar nicht mehr ohne dich sein!“ „Wirklich?“, sehnsüchtig kuschelte sie sich wieder an ihn und schaute ihn mit riesigen runden Rehaugen an. Wie sollte er dem wiederstehen? Resignierend verdrehte er die Augen, lächelte nickend und küsste sie zur Antwort liebevoll. „Beantwortet das die Frage?“ „Hm…weiß nicht…ich denke das müsste ich nochmal nachprüfen…vielleicht auch den ganzen Vormittag…“ „Ah, das klingt wundervoll…aber was wird dann aus dem Frühstück?“ „Na gut…dann prüfe ich und esse nebenbei…ich bin schließlich eine Frau und multitaskingfähig!“ „Und was mache ich armer Tropf?“ „Hm…du lässt mich prüfen und ich füttere dich nebenbei“, ein neckendes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. So hatte er sie noch nie gesehen und irgendwie, reizte es ihn. „Na dann...klingt nach einem wundervollen Vormittag. Hauptsache es klingelt jetzt nicht wieder irgendein dummes Telef…“, genau in diesem Moment ertönte ein schrilles Schellen von dem Gerät im Flur, „Ach verdammt! Wenn man vom Teufel spricht…warte hier…nicht bewegen! Bin gleich wieder da!“ „Kein Problem…aber mach nicht zu lange…sonst werden die Waffeln ungenießbar!“ Reina hörte durch die Tür hindurch wie Aaron abnahm und den Anrufer mit einem entnervten, unfreundlichen, „Wer stört?“, begrüßte. Dicht gefolgt von einem tief enttäuschten Seufzen, setzte er noch hinzu, „Ja in Ordnung...wir fahren gleich los!“ „Das war es dann mit dem gemütlichen Frühstück!“, enttäuscht rappelte sie sich von dem bequemen kuscheligen, warmen Bett hoch und begann die Teller aufzusammeln und auf den Speisewagen zu stellen. Während der Autofahrt, die sie die Hauptstraße entlang an weiten Wäldern und Feldern vorbei führte, erklärte Aaron ihr die Situation und als sie wenig später die ersten Ausläufer einer weiten, mit altmodischen Häusern bestückten Stadt erreichten, konnte sich Reina das ängstliche Zittern kaum mehr verkneifen. Natürlich versuchte sie ihren Körper zu beherrschen, weil ihr klar war, dass Aaron sich große Sorgen um sie machte, aber ganz wollte es ihr einfach nicht gelingen, die Aussicht zu den Leuten zurück zu kehren, die sich ihre Familie schimpften war einfach zu viel. Gerade in dem Moment, in dem sie glücklich gewesen war, gerade als sie sich zum ersten Mal wirklich sicher und geborgen gefühlt hatte mussten diese Leute wieder auftauchen, würde sie sie denn niemals los werden? Würden sie sie bis ans Ende ihres Lebens verfolgen? Wer um alles in der Welt hasste sie so sehr, dass ihr solch ein Schicksal zu Teil wurde? Was hatte sie schreckliches getan? Ein leises, besorgtes: „Wir sind da“, ertönte von dem Fahrersitz neben ihr. In ihre Gedanken vertieft hatte sie nicht bemerkt wie sei in die Tiefgarage des Gerichtsgebäudes hineingefahren waren und auch nicht wie Aaron den Motor ausgeschaltet hatte. „Hör mal Rei…ich kann verstehen wenn du das nicht möchtest…du musst nicht mitkommen! Es weiß ja niemand, dass du dich zurückverwandelt hast…ich sage einfach das du noch in Drachenform wärst und ich dich zu Hause bei Kia und Gray gelassen hätte.“ „Nein“, energisch schüttelte sie ihren Kopf, „Das ist auch keine Lösung! Ich will bei euch bleiben und wenn ich das den Leuten nicht deutlich sage, denke ich nicht, dass wir eine Chance haben den Prozess zu gewinnen…außerdem werden sie mich früher oder später doch befragen…irgendwann muss ich ja auch mal in die Schule gehen und so…spätestens dann werden sie erfahren, dass ich wieder ein Mensch bin.“ Sie ließen sich viel Zeit mit dem Aussteigen und dem weiten Weg, die Treppen hinauf und quer durch das Gebäude, wohl wissend, dass es vielleicht ihre letzten gemeinsamen Minuten sein könnten, zu mindestens für die nächsten paar Jahre. Als sie dann endlich angekommen waren, wurden sie von einer mürrisch aussehenden Person aufgefordert auf einer der unbequem aussehenden Bänke Platz zu nehmen und darauf zu warten, dass sie aufgerufen wurden. Mit einem leisen unzufriedenen Seufzen ließ sich Reina fallen, während Aaron seinen Kopf auf ihren Schoß legte und sich der Länge nach auf dem holzigen Marterinstrument ausstreckte. Liebevoll streichelte sie über seinen Kopf und strich einige Strähnen zur Seite. „Rei?“ „Hm…“ „Egal was hier raus kommt…und egal was sie beschließen, ich will dass du weißt, dass ich immer an deiner Seite sein werde! Solange du mich haben willst!“ „Wirklich?“ „Ja…bis ans Ende der Ewigkeit!“ Während Reina anfing das mitgebrachte Essen auszupacken und Aaron, der nach wie vor genüsslich auf ihrem Schoß ruhte zu füttern, fuhr die Richterin im entsprechenden Saal mit der Verhandlung fort, nachdem sie einige Zeit hatte warten müssen, weil sich zwei der zu Befragenden erheblich verspätet hatten und gerade bevor das Paar angekommen war, den Raum betreten hatten. „Also Mr. Ronian, sie sind heute hier in um uns in der Sache Sanktin gegen Strauß wichtige Informationen zu übermitteln. Hierbei geht es um den Verbleib von Ms. Reina Sanktin, nachdem wir die beiden Parteien bereits angehört haben und uns einen Überblick über die Kindeswohlgefährdenden Zustände auf beiden Seiten machen konnten, bitten wir nun sie als Lehrer ihre Erfahrung mit den beiden Familien kund zu tun und mit zu teilen ,was ihrer Meinung nach das Beste für Reina wäre!“ „Hm…ok…ich denke es wäre das Beste für Ms. Sanktin wenn sie bei den Strauß bleibt…ich meine sie scheint sich in deren Umgebung sehr wohl zu fühlen…besonders in Aarons…wenn sie verstehen…“, die Richterin schaute ihn nur ziemlich unverständig an, also setzte er seufzend hinzu, „Sie ist schließlich mit Aaron zusammen…sie können sie doch nicht einfach von ihrem Schatz wegreißen…wenn ich mir vorstelle mir würde jemand meinen süßen, flauschigen Tagi wegnehmen….GRAUENVOLL!!!!“ „Äh ja…o…k…, aber die Strauß sind nach wie vor Vampire! Wie könnte man das Wohl eines Menschen mehr gefährden? Noch dazu kommt, wenn sie mit Mr. Strauß zusammen ist, ist ihr Tot ja praktisch vorprogrammiert!“ Tagiar gab ein belustigtes Glucksen von sich und bemerkte von der Bank aus, „Man merkt, dass sie den Kleinen nicht kennen! Sie können mir eines glauben, Reina wird wohl nirgendwo sicherer sein, als in Aarons Schoß.“ „Pfff…das würde voraussetzen, dass er sie überhaupt auf den Schoß nehmen würde!“, erklärte Ronian kopfschüttelnd, „Sie können meinem Schatzi da schon glauben. Ich meine ernsthaft, der Typ hat tausend Jahre lang keine Frau angerührt…und leider Gottes auch keinen Mann und es lag nicht daran, dass ihn keiner wollte…er sieht ja eigentlich ganz gut aus…zumindest ohne Oberteil, aber er ist so verklemmt! Noch keuscher als er kann man gar nicht sein…wer sich so kontrollieren kann fällt auch keine Menschen aufgrund ihres Blutes an…er gibt Reina ja noch nicht mal Zungenküsse…und um es nochmal zu verdeutlichen…er saß tausend Jahre lang auf dem Trockenen! Können sie sich das vorstellen? Tausend Jahre? Ich würde das mit Tagi nicht mal fünf Stunden lang aushalten, geschweige denn einen ganzen Tag! Nochmal: Tausend Jahre!!!!!“ „Ja danke ich habe verstanden…“ „Das denke ich weniger…ich meine sie sind ja kein Mann…sie haben ja nicht so einen Trieb…“ „Äh ja…danke…können wir jetzt bitte zum nächsten…“, der Richterin wurde das Thema zusehends unangenehmer, nicht das Ronian das gestört hätte. „Tausend Jahre und das auch noch ohne sich selbst Erleichterung verschaffen zu können. Gott was muss der arme Junge gelitten haben und was für ein Vater lässt das zu? Wir mussten ihn erstmal einigermaßen aufklären…ich meine als Vater berät man seinen Jungen doch ab einem gewissen Alter. Verschafft ihm Zeitschriften…Filme…Puppen etc…sie verstehen schon…“ „Ja…und ich wünschte wirklich ich würde es nicht tun…“ „Nebenbei…“, wagte Mr. Strauß sich einzumischen, „Wäre ich ihnen dankbar wenn sie nicht mir die Schuld in die Schuhe schieben würden! Es ist ja nicht so als hätte ich es nicht versucht…Jahrhundertelang habe ich mich bemüht…hab ihm Mädchen gesucht noch und nöcher und immer gesagt, er solle es doch wenigstens versuchen…aber er wollt eben einfach nicht. Er ist einfach anders gestrickt als sie…er hat auf die Eine, die Richtige gewartet!“ Die Richterin schaute in dem Moment ganz berührt drein, irgendwie fiel ihr die Entscheidung gegen die Strauß von Sekunde zu Sekunde schwerer, obwohl ihr Gehirn ihr sagte, dass es das einzig Richtige wäre. Allerdings konnte sie nur so lange nachdenken bis Ronian sich wieder einmischte und stolz erklärte: „Das hab ich doch auch…also nicht auf die Eine…sondern auf meinen wuscheligen Einen, aber als ich ihn dann gefunden hatte ging wenigstens gleich richtig die Post ab. Da mussten mehrere Betten dran glauben!“ „Oh ja…daran erinnere ich mich immer wieder gerne…und dann erst unsere erste Vollmondnacht, „ein verträumter Blick trat auf sein Gesicht, während er begehrend seufzte, „Apro pro…ist eigentlich bald mal wieder Vollmond? Es wird doch sicher langsam wieder mal Zeit! …Na ja, nichts desto trotz, wir sind immer gerne bereit ihm weiterhin zu helfen! Sie müssen wissen Frau Vorsitzende er hat wirklich etwas von einem tapsigen, kleinen Hundebaby…er ist so putzig…so unbeholfen…wie eine Schildkröte die man auf den Rücken legt!“ „Äh ja…nur mal eine Frage…wenn Vollmond ist…nun ich nehme an sie bleiben nicht in ihrem Haus oder?“ „Wieso fragen sie?“, Ronian war in der Tat komplett verdutzt, dass Jemand so etwas noch fragen musste „Ich meine natürlich nicht! Es gibt doch nichts Besseres als sich an der gesunden, frischen Luft körperlich zu betätigen…bis zur totalen Erschöpfung. Hach so schöne Erinnerungen…und man gönnt sich ja sonst nichts…und ein bisschen mehr Nervenkitzel als sonst sollte in solch einer wichtigen und seltenen Nacht schon dabei sein! Meist fangen wir in irgendeinem Wald an…jagen einander ein wenig und gehen dann auf die Straßen oder in die Vorgärten von kleineren Häusern…die Gefahr entdeckt zu werden macht das Ganze noch pikanter!“ „Okay…“, vorsichtig lehnte sie sich zu ihrem Assistenten hinunter und diktierte leise, „Streichen sie sämtliche meiner Termine in der nächsten Vollmondnacht…ich glaube ich möchte mein Haus an dem Abend nicht mehr verlassen. Genau genommen…ich denke ich nehme wohl besser einen Urlaubstag und verreise…“ „Oh…verreisen wär auch mal wieder toll nicht war Roni Schatz?“, fragte Tagiar glücklich grinsend, „ So ein schönes Ferienresort oder so…das hat dann noch den Hauch des Unanständigen, in einer fremden Umgebung…wo wollen sie denn dann hin Frau Vorsitzende? Vielleicht wäre das auch ein guter Urlaubsort für uns!“ „Ähhh…“, sie wusste nicht so Recht, wie sie da nun wieder hinaus kommen sollte. Wahrscheinlich hätte die Richterin wirklich mit dem triebgesteuerten Paar verreisen müssen, hätte nicht Mr. Strauß zu bedenken gegeben: „Entschuldigen sie bitte…so interessant ihr Intimleben und das meines Sohnes auch seien mögen, es geht hier doch um Reina und wir sollten vielleicht wieder zur Verhandlung zurückkommen!“ „Äh ja…danke…gutes Stichwort…“, noch bevor sie sich wieder fangen und auch nur ansatzweise ihre Fassung oder den Faden wiederfinden konnte, bemerkte Tagiar noch, „Sollten sie die Strauß am Ende für zu gefährlich erachten, können sie Reina auch gerne zu uns geben…wir würden sie sofort aufnehmen…also nur für den Notfall…“ „Entschuldigen sie…aber bei zwei so…Triebgesteuerten…das Wort ist eigentlich noch eine starke Untertreibung, fürchte ich kann ich kein heranwachsendes Mädchen lassen…wenn sie sich das am Ende von ihnen abschaut…oder sie sie zu irgendwas animieren…würde ich meinen Beruf verlieren und in arge Schwierigkeiten kommen!“ „Schatz…ich meine ich hab nichts gegen Reina…aber um ehrlich zu sein…sie hängt so sehr an Aaron…das muss ja einen Grund haben. Ich glaube nicht dass sie so recht zu unserem Lebensstil passt“, bemerkte Ronian nachdenklich, „ Weißt du sie scheint ja eher auf so verklemmte Typen zu stehen…insofern. Außerdem müssten wir dann erstmal unser Haus Kindergerecht umräumen…und ich hab keine Lust ständig unsere Spielzeuge verstecken zu müssen…geschweige denn mich an einen neuen Platz für die du weißt schon…wollen wir es Zeitschriften und Filme nennen, zu gewöhnen. Natürlich müssten dann auch die ganzen unverzichtbaren Sachen aus dem Kühlschrank und den Schubladen verschwinden…und wo willst du sie überhaupt noch einquartieren? Oh Gottt! Du wirst doch nicht unser Spielzimmer um dekorieren wollen? Das kannst du mir nicht antun! Außerdem können wir dann unsere…gebrauchten Geräte nicht mehr einfach in die Spülmaschine stellen, sondern müssen sie mit Hand waschen…und was wenn sie mal die letzten Batterien aufbraucht oder uns die Sahne, Eiscreme oder Schokosoße wegfuttert? Und das größte Problem…sie ist ein Mädchen! Wir könnten nicht mehr einfach nackt durch unsere eigene Wohnung laufen, wenn wir keinen Bock haben uns an zu ziehen…oder es sich zwischendurch einfach nicht lohnt, mehr als ein Handtuch umzubinden…das kannst du mir jetzt echt nicht antun! Es reicht schon, dass ich heute hierher kommen musste und damit unglaublich viel Zeit vertrödele die wir im Bett verbringen könnten oder wo anders! In meiner eigenen Bude will ich einfach richtig natürlich sein dürfen…außerdem wird das lästig…sich ständig aus und wieder anzuziehen…ich meine wenn wir jedes Mal die Kleidung wechseln würden wenn wir es tun…da mach ich ja den ganzen Tag nichts anderes mehr…und so schöne Sachen wie überraschend mal die Vibration der Waschmaschine ausnutzen oder so geht dann auch nicht mehr…oder…“ „Es reicht jetzt wirklich! Ich glaub mittlerweile haben wir hier alle verstanden, dass das eine enorme Einschränkung für sie wäre!“, erklärte die Richterin entnervt. Das versprach ja noch eine anstrengende Verhandlung zu werden, „ Das Gericht…genau genommen ich brauche jetzt erst einmal eine Pause…wir unterbrechen für zehn Minuten! Wo sind meine Beruhigungsmittel?“ Beunruhigt begaben sich die Strauß auf den Gang und gingen zu Aaron und Reina, wo sie erkennen mussten, dass sich ihr Sohn, nicht für sie erheben würde. Entspannt lag er in den Armen seiner Liebsten. Ließ sich genüsslich füttern, sich streicheln und machte sich ab und an hoch um sich einen langen, liebevollen Kuss ab zu holen. „Aaron…hast du Durst?“ „Hm…ja und ich weiß auch wonach“, ein schelmisches Lächeln trat auf sein Gesicht. „Oh Gott könntet ihr beide euch bitte mal zusammenreißen?“, fragte Sandra gereizt, „Also was machen wir jetzt? Ich glaube nicht, dass der Auftritt von Mr. Ronian die Richterin wirklich davon überzeugt hat, dass wir gut für Rei sind…“ „Wirklich? Ich hab extra Kakao in der Thermosflasche mitgenommen…sind auch Marshmallows drin, magst du welchen?“ „Jaaaa…oh…au…verdammt heiß, heiß, heiß…ah…aber so lecker…hast du dazu noch Sahne?“ „Sahne? Zu Kakao? Der ist doch nun wirklich süß genug…“ „Dann vielleicht Milchschaum?“ „Äh nein…aber beim nächsten Mal mach ich dir welchen…aber ich hab ein paar Schokoflocken…die könnte ich drüberstreuen…“ „Au ja…und über mich darfst du auch welche streuen…aber nur wenn du sie auch wieder weg küsst!“ „Es bleibt uns nur noch eines…es liegt an Reina…sie wird da drinnen sicher gefragt werden wo sie bleiben will…und wenn sie in ihrer Meinung eindeutig ist, können wir nur hoffen, dass sie ihren Wünschen Folge leisten…“ „Hm weißt du was noch lecker zu dem braunen Nektar wäre? Zimt!“ „Hm…hab ich leider nicht dabei…tut mir Leid! Sobald wir wieder zu Hause sind ok?“ „Hört ihr Beide uns eigentlich zu?“, fragte Oscar besorgt, „Ich meine wir reden hier über Dinge die euch auch betreffen, genau genommen besonders euch!“ „Oh! Mist! Kein Zimt…kein Schaum, keine Sahne…“, er seufzte traurig, „Aber ist trotzdem lecker…und selbst wenn er das nicht wäre…solange du da bist bin ich glücklich“, ein scheues Lächeln trat auf sein Gesicht. „Vergiss sie…die sind weg! Da könntest du auch gegen eine Wand reden.“ „Tja mit Schaum kann ich nicht dienen, aber ich habe noch einige Orangen dabei…wo ist denn mein Körbchen?“ „Orangen? Wo? Oh ich liebe Orangen!“ „Keine Kunst!“, erklärte Sandra, „Er liebt alles was man essen kann…und Nudeln besonders…Rei was auch immer du ihm kochst, niemals Nudeln…tu es nicht! Das wäre der Weltuntergang!“ „Und du darfst ihn nicht überfüttern!“, bemerkte Mrs. Strauß warnend. Nach einiger Zeit des Kramens brachte Reina einige Früchte ans Tageslicht, die ihr von Aaron gierig aus der Hand gerissen wurden. Vorsichtig schlitzte er die Schale mit seinem Eckzahn auf und begann eine Orange zu schälen. Als er damit fertig war, pflückte er die einzelnen Stücken auseinander, schlitzte an der kleineren halbmondförmigen Seite noch einmal die diesmal zarte Haut auf und saugte das Innenleben heraus. „Bäh! Aaron was machst du denn da? Das ist ja widerlich!“ „Hm? Was? Ich mag die Haut nicht, also esse ich sie nicht mit…gut man saut sich damit enorm ein…aber was soll es, hier ist ja sicherlich irgendwo eine Toilette!“ „Äh…ja sicher…tust du mir einen Gefallen?“ „Jeden!“ „Setzt du dich mal kurz richtig hin? Nicht das ich dich nicht gern auf dem Schoß hätte…aber meine Beine sind eingeschlafen…und du bekleckerst mich mit Orangenfitzeln…“ „Hm…´kay!“, sein Gesicht war das eines glücklichen Kleinkindes als er sich fröhlich von ihrem Schoß erhob und lächelnd seine Frucht weiter verstümmelte. Sobald Reina ihre Füße wieder spürte ertönte eine Lautsprecherdurchsage, die die Strauß dazu veranlasste wieder zurück in den Verhandlungssaal zu gehen. „Die Verhandlung geht weiter, als nächstes bitte Ms. Reina Sanktin!“ „Oh man...kannst du nicht noch bleiben Rei?“ „Ich wurde aufgerufen…“ „Aber ich will dich bei mir behalten! Ich will kuscheln! Am liebsten wieder zu Hause im Bett! Wir konnten gar nicht weitermachen wo wir gestern Nacht aufgehört haben!“ „Ach Schatz…huch…hab ich dich wirklich grad so genannt? Hi hi…das klingt irgendwie als wären wir verheiratet. Also ich komm gaaaanz schnell wieder…hier hast du noch eine Orange!“, liebevoll umarmte sie ihn nochmal und küsste zärtlich seine Wange, während er die nächste Frucht aufknabberte. Gerade als sie den Saal betrat, kamen Ronian und Tagiar hinaus. Die Blicke beider vielen unglücklicherweise als erstes auf das Orangenmassaker. „IIIIIIeeeeeeh!“, bemerkte Tagiar, dem sich bei dem Anblick die Fußnägel aufrollten. Ronian hingegen blieb von dem Anblick gefesselt eine Weile stehen, bis er erklärte: „Darling ich weiß das ist krank, aber irgendwie macht mich das Ausgesauge an…“ „Bääh! Roni…das ist abartig! Widerlich!“ „Tut mir Leid ich weiß, aber es ist schon wieder zwei Stunden her seit wir…uns körperlich betätigt haben…da macht mich so ziemlich alles an!“ „Oh…richtig…wir vernachlässigen ja ganz unseren Ferienzeitplan! Na komm…unser Auto steht unten in der Garage. Ich hab ja immer gesagt, dass die extra große Rückbank sich mal auszahlen wird!“ „Ich glaub ich halte es bis dahin nicht mehr aus!“ „Dann müssen wir uns eben beeilen!“ Nach einiger Zeit, die Aaron mit seinem Essen beschäftigt auf dem Gang verbracht hatte, entschloss er sich kurz die Toilette auf zu suchen. Als er dann endlich das halbe Gebäude durchquert hatte und die Tür öffnen wollte, schlug sie von innen Jemand auf. Jemand der ihm erschreckend bekannt vorkam. Eine große Person mit scharlachroten Haaren und tief schwarzen Augen. Zuerst hoffte er noch unerkannt davon zu kommen, doch zu spät. Der gegenüberstehende Mann schaute auf und bekam fast einen Herzinfarkt. „Sie? Was zur Hölle machen sie denn hier?“ „Sie sollten die Hölle da rauslassen Mr. Teufel!“ „Mein Name ist Nathaniel verdammt nochmal! Mr. Teufel, Mr. Teufel…hallo Mr. Blutsauger! Wie gefällt ihnen das, sie tausendjährige Jungfrau? Sie verklemmte, spießige Fledermaus?“ „Nun nun…gaaanz ruhig…wir haben uns schließlich zweihundert Jahre nicht mehr gesehen! Wie ist es ihnen ergangen? Was machen sie überhaupt hier? Haben sie schon wieder irgendwen umgebracht?“ „Pah…das waren die besten zweihundert Jahre meines Lebens...kein nervender, quängeliger, depressiver Vampir mehr! Und ja ich hab viele Leute umgebracht…ich bin verdammt nochmal ein Teufel! TEUFEL! Es ist meine Aufgabe Verträge zu schließen und den Personen ihre Seelen zu nehmen…Gott und die Menschheit ist einfach nicht mehr was sie war…früher…da war alles besser. Vertrag erfüllt und die Leute sind freiwillig mitgekommen…jetzt akzeptieren sie ihr Schicksal plötzlich nicht mehr und ich muss wegen der Seele jedes kleinen heulenden Weicheis klagen! Das ist zum Kotzen…und macht einfach so viel Arbeit…wo ich doch so beschäftigt bin. Wer soll denn Unheil und Frevel verbreiten wenn ich weg bin…und die Unschuldigen verführen und meine Schüler quälen sich auch nicht von allein…“ „Äh ja schon gut ich kann es mir ausmalen…sagen sie sind immer noch Lehrer an der magischen Schule?“ „Ja warum fragen…nein…oh nein! Das kann nicht ihr ernst sein! Sie haben doch erst vor zweihundert Jahren einen Abschluss gemacht, was zur Hölle wollen sie denn schon wieder dort?“ „Oooh…ich hatte Sehnsucht nach ihnen“, einen Moment erfreute er sich an dem schockierten Gesicht des Teufels, der versuchte zu verarbeiten, dass er diesen schrecklichen, nerv tötenden Schüler bald wieder an der Backe hatte, „ War nur ein Witz! Wir sind wegen meiner Freundin hergezogen…die besucht ihre Schule und wir hängen uns einfach mit dran! Machen wir den Abschluss halt nochmal, ich meine die anderen magischen Schulen hatten wir auch allmählich alle wieder durch. Wir wären also so oder so hergekommen…“ „Freundin? Sie? Das wollen sie mir jetzt nicht ernsthaft weiß machen? Mit ihnen hält es doch wirklich niemand aus…sie sind ein verheultes, kleines Kind…eine Mischung aus extrem verklemmten Elf und viel zu zahmem Vampir! Auf so etwas kann keine Frau stehen! Frauen wollen die Gefahr, den Hauch von etwas verbotenem!“ Währenddessen hatte Reina ihre Aussage gemacht und die Richterin setzte zu ihrem Urteil an. „Nun Ms. Sanktin sie haben uns wirklich eindringlich geschildert, dass sie nicht zurück wollen. Das Problem ist, so sehr ich ihnen ihr Glück auch gönne, als Richterin ist es mir unmöglich ein Urteil zu fällen, dass es ihnen erlaubt dort zu leben! Das verstößt einfach gegen alle Gesetze…“ „Aber…aber…ich…sie können mich doch nicht zurück zu dehnen“, sie zeigte mit ausgestrecktem Finger und angeekeltem Gesicht auf den Rest der Sanktins, „schicken! Das überlebe ich nicht!“ Ihre Mutter die eingesehen hatte, dass so unangenehm sie Reina auch fand, das Leben ohne sie viel anstrengender war, vor allem wenn man sich um ein Neugeborenes, elf große Kinder, einen Mann und den Haushalt kümmern musste, versuchte alibihaft so freundlich und zuckersüß es nur ging zu flöten: „Aber Reina mein kleiner Sonnenschein, wir sind doch eine Familie! Deine Geschwister vermissen dich ganz schrecklich und Mama und Papa auch! Komm doch bitte zurück! Wir können natürlich verstehen, dass du gerne bei deinem Freund bleiben möchtest, aber eine Missbrauchsgeschichte zu erfinden ist doch keine Lösung!“ „Mein Vater ist eine etliche Meter große silbrige Monsterechse…genau genommen ein Drache und die Missbrauchsgeschichte habe ich mir alles andere als ausgedacht! Ihr vermisst mich doch nur als kostenlose Putzfrau, Koch und Babysitter…aber ich kann so nicht mehr leben…ich ertrage es nicht mehr! Siebzehn Jahre lang habe ich mir von euch alles gefallen lassen, hab auf mir herum trampeln lassen und es als normal angenommen…, aber dazu bin ich nicht länger bereit! Die Strauß haben mir gezeigt was es heißt eine Familie zu haben, geliebt zu werden und das gebe ich für nichts auf der Welt wieder auf!“ „Ms. Sanktin ich verstehe ihren Standpunkt ja…aber verstehen sie auch meinen. Wir können uns nicht sicher sein, welche der Parteien hier lügt und sie gehören nun einmal zu ihrer Familie…zu ihrer menschlichen Familie!“ „Was die Strauß wären!“ „Nein! Sie kehren zurück zu den Sanktins und wir werden mit allen Mitteln versuchen sie zu ihrem eigenen Wohle wieder in die Familie einzugliedern! Da wir uns aber nicht ganz sicher sind, ob an den Missbrauchsanschuldigungen nicht vielleicht doch etwas dran ist, stellen wir der Familie eine Aufsichts- und Hilfsperson vom Jugendamt zur Seite, die mit ihnen allen unter einem Dach wohnen wird und ihnen beratend zur Seite steht, um ein artgerechtes Leben zu ermöglichen!“ Allen fiel dazu nur ein Wort ein, sowohl den zutiefst geschockten Strauß, die zwar erwartet hatten, das es schlecht um ihre Gewinnchancen stand, jedoch nicht so schlecht, als auch die Sanktins die begriffen, dass sie ihr Leben nie wieder so einfach würden führen können wie vor Reinas weg Gang, als auch Reina selbst, der fast die Sinne schwanden, bei dem Gedanken daran zurück zu müssen, die Erinnerungen waren noch verdammt frisch, besonders die an die blutigen Tierinnereien in ihrem Bett, „Was?“ „Also wirklich da sagt man wie bitte? Nicht waaaaas? Außerdem denke ich mich klar ausgedrückt zu haben. Normalerweise würden wir in solch einem Fall den Kontakt zwischen ihnen und den Strauß komplett verbieten, aber da ich sehe das sie sich bereits sehr an sie gewöhnt und sie extrem ins Herz geschlossen haben, mache ich hier eine Ausnahme. Schließlich ist das ein Prozess der das Kindeswohl fördern soll und nicht verringern. Sie bekommen drei Tage in der Woche an denen sie komplett bei den Strauß sein dürfen und drei Tage an denen sie komplett bei den Sanktins sein müssen, plus einen Besuchstag bei den Strauß. An dem dürfen sie zumindest am Nachmittag, nach der Schule da sein, schlafen aber bei sich zu Hause!“ „Äh“, Reina ging nur eins durch den Kopf, besser als nichts, „Kann ich mir die Tage selber aussuchen?“ „Oh…ähm eigentlich hatten wir das mit der Jugendhilfe geplant…so resozialisierungsfördernd!“ „Aber ich weiß nicht ob ich mich überhaupt daran halten möchte…schlimmsten Falls kann ich immer noch zu meinem Vater ziehen, wenn mir das Endergebnis nicht gefällt!“ Eine ziemlich leere Drohung, sie hätte die Strauß niemals freiwillig verlassen, doch die Richterin durschaute den Bluff nicht und ließ sich auf eine Diskussion ein. „Auch ihr Vater ist dem Gesetz nicht überlegen!“ „Ähm…haben sie vorhin zugehört bei der Bemerkung…DRACHE…glauben sie wirklich das ihn die Gesetze großartig interessieren…ich meine wer von ihnen wollte ihn schon zwingen? Nebenbei hat mein Vater auch einen Teil des Aufenthaltsrechts, das heißt sie müssten den Prozess mit den neuen Fakten und der neuen Partei nochmal von vorne führen…und nebenbei mein Vater kennt Mr. Ronian und Mr. Tagiar…die müssten sie dann auch nochmal vernehmen…“, sie hatte mit einem harten Schlag unter die Gürtellinie den wunden Punkt der Richterin getroffen und Mr. Strauß konnte nicht anders als zu bewundern, wie viel von einem Tremer doch in ihr steckte. „Ok ok…suchen sie sich die Tage aus!“ „Ich möchte Freitag, Samstag und Sonntag bei den Strauß sein und am Mittwoch den Besuchstag haben!“ „Was aber…das ist das gesamte Wochenende…die perfekte Zeit um was mit der Familie zu unternehmen!“ „Genau deshalb!“ „Aber…“ „Vielleicht sollten wir Mr. Ronian und Mr. Tagiar fragen was sie davon halten…“ „Nein, nein ist ja schon in Ordnung…gut…bitte sie kriegen die Tage die sie wollen!“ „Danke!“ „Aber die Regelung gilt erst ab nächster Woche! Heute dürfen sie nochmal mit zu den Strauß und den morgigen Tag dürfen sie auch noch bei ihnen verbringen, aber am Sonntag geht es zurück! Sie müssen sich schließlich schon mal einleben!“ Nach dem Prozess war der komplette Tag gelaufen. Reina war vollkommen verängstigt und erschöpft, schlief noch auf der Heimfahrt ein und wurde schließlich von Aaron in ihr gemeinsames Bett gebracht. Für ihn war jedoch nicht an schlafen zu denken. Er wusste nicht so recht ob er die Sanktins rechtzeitig eliminieren oder die Richterin so lange heimsuchen sollte, bis das Urteil revidiert wurde. Nach reiflicher Überlegung, war keine Möglichkeit so recht annehmbar und führte zu nur noch größeren Problemen, also begnügte er sich damit nach unten in den Eingangsbereich zu gehen, sich mit Gray ans Feuer zu setzen und die ganze Nacht stumpf die Flammen zu beobachten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)