Quintessenz von Hyoura ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Das Klingeln der Schulglocke gehört wohl zu den beliebtesten Geräuschen im Repertoire eines Schülers. Egal, wie gut der Unterricht war, Freizeit zu haben und sich nach einer langen Woche entspannen zu können zogen viele doch vor. Das war auch an der Shibusen so, und so war es nicht weiter verwunderlich, dass die Schüler der Halbmondklasse sofort nach dem ersten Klong der Glocke an der Tür waren. ‚Wenn sie doch nur mit ihren anderen Arbeiten auch so eifrig wären…’, dachte Stein, während er die sich drängelnden Meister und Waffen beobachtete, die alle versuchten als erste draußen zu sein. Das laute Geschnatter flaute proportional zu den sich im Raum befindenden Schülern ab, sodass schliesslich nur noch dumpf und aus der Ferne Gelächter und Gerede zu hören waren. Seufzend packte Stein seine Sachen ein. Er hätte nicht gedacht, dass ihr Einfluss auch so weit hier draußen präsent war. In der Tat, ein Grund zur Besorgnis. Nicht zuletzt, weil er dem Verlangen fast nachgegeben hätte. Mit einem Klicken schloss er seine Mappe und wandte sich zum Gehen. Er stockte, als sein Blick ein letztes Mal auf die Ränge von Schulbänken fiel, die eigentlich leergefegt sein sollten. Maka, Soul, Black Star, Tsubaki, Death the Kid, Liz und Patty blickten ihn alle prüfend an. „Eh? Ist irgendwas?“, fragte er leicht überrascht. „Also, für mich nicht, aber Maka wollte unbedingt…“ „Maka-chop!“ Makas berühmt-berüchtigter Schlag sandte Soul gen Boden. „Ich…“ Die Meisterin stockte und schien nicht recht zu wissen, wie sie weiterreden sollte. „Sie hat sich Sorgen um Sie gemacht“, kam es unverblümt von Soul, welcher sich mittlerweile wieder aufgerappelt hatte. „Maka-chop!“ Und schon lag die Sense wieder unten. „Sorgen um mich?“, fragte Stein leicht perplex. „Ja, weil Sie schon die ganze Woche so fertig aussehen… Machen Sie überhaupt Urlaub?“, redete Maka hastig. „Ich finde es ja sehr nett von dir, dass du dich um mich sorgst, aber es geht mir wirklich gut“, sagte Stein und lächelte beruhigend. „Und wieso sind Sie dann eingeschlafen? Das ist doch auch nicht normal!“, argumentierte sie. ‚Wo sie recht hat, da hat sie recht’, dachte Stein. Bevor er zu irgendeiner Ausrede ansetzen konnte, kam Kid, welcher die ganze Zeit nur daneben gestanden hatte, ihm zuvor. „Hat es etwas mit der Mission von Death Scythe zu tun?“ Für einen Moment blickte Stein Kid verwundert an, dann brach er in Gelächter aus. „Was soll daran so komisch sein?“, fragte Kid leicht gereizt, während die anderen um ihn herum nur fragende Blicke wechselten. ‚Papa hatte eine Mission?’, dachte Maka. „Shinigami-sama sollte wirklich aufpassen, wo Informationen nach außen dringen können.“ Stein hatte sich mittlerweile wieder beruhigt. „Also?“, fragte Kid ungeduldig. „Tut mir ja sehr leid, aber das geht euch nichts an“, sagte der Professor, in einem Ton, der keine weiteren Fragen duldete. ‚Gruselig…’, schoss es den Shibusenschülern durch den Kopf. „Ihr solltet nun aber machen, dass ihr hier rauskommt. Oder wollt ihr etwa euren ganzen freien Nachmittag hier verbringen?“, fragte Stein fröhlich und packte seine Sachen zusammen. „Maka, fang!“ Der Basketball traf Maka punktgenau auf der Stirn, prallte ab und kullerte über das Feld, während Maka getroffen zurücktaumelte. „Was sollte das denn?“, fragte sie den Übeltäter sauer, welcher in diesem Falle Black Star war. „Dasselbe könnt ich dich fragen! Du stehst ja da wie hundert Meter Feldweg“, entgegnete der Angesprochene. „Das stimmt, was ist los mit dir, Maka?“, fragte Soul. „Du stehst schon die ganze Zeit vollkommen neben dir!“ Auch Kid, Tsubaki und Patty hatten sich nun dazugesellt und sich zusammen mit Soul und Black Star zu Maka gestellt. Diese wich den Blicken ihrer Freunde aus. „Nichts… es ist nicht so wichtig…“ „Machst du dir Sorgen wegen Stein-hákase, Maka-chan?“, fragte Tsubaki. „Öhm, ja…“ „Ach, der wird schon“, sagte Black Star und klopfte ihr auf die Schulter. „So schnell haut den nichts weg.“ „Ja, du hast vermutlich recht…“, sagte Maka seufzend. Tatsächlich aber hatte sie nur die halbe Wahrheit gesagt. Die merkwürdige Stimme wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen. Würde sie es den anderen erzählen, würden sie sicher nur meinen, sie hätte sich das eingebildet. Ihr Blick ging zu Black Star, welcher laut posaunte, dass sein Team ja nun in Führung lag. Auch wenn sie mittlerweile die Regeln kannte, fehlte ihr einfach die Übung, sodass ihre Mannschaft meistens verlor. Maka überlegte, ob Black Star vielleicht auch diese Stimme gehört haben könnte. Allerdings war an ihm keine Reaktion auszumachen gewesen. Ihr Blick wanderte weiter zu Kid, welcher einfach nur, die Hände lässig in den Hosentaschen vergraben, da stand. Symmetrisch gerade, verstand sich. Als sie ihn fragend angeblickt hatten, nachdem sie aus dem Raum gegangen waren, hatte Kid stumm den Kopf geschüttelt. Und irgendwie hatte sogar Black Star, welcher sonst so gar nicht für die Empfindungen anderer Leute sensibel war, hatte gemerkt, dass Shinigamis Sohn keine Fragen beantworten wollte. Irgendwie hatten ihn der Kampf mit dem Kishin und vor allem mit Mifune reifen lassen. „Können wir jetzt weiterspielen?“, fragte Soul. „Black Star, Kid und Tsubaki führen mit 15 Punkten… Wir müssen uns ranhalten Maka, dass wir das aufholen.“ Freundschaftlich knuffte er seine Meisterin. „Oder willst du etwa schon wieder verlieren?“ „Äh, nein, natürlich nicht“, sagte Maka und lächelte. „Dann halt dich ran!“ Stirnrunzelnd betrachtete Stein die Phiole mit der dunkelblau schimmernden Flüssigkeit, die sicher verschlossen in dem glasigen Container ruhte. Zwar hatte er jetzt die Sicherheitsbarrieren und Bannsprüche erhöht, sodass der Inhalt keine Gefahr mehr darstellen sollte, und doch löste der Anblick bei ihm ein mulmiges Gefühl aus. Er schüttelte den Kopf um die Müdigkeit zu vertreiben. Wieso ausgerechnet jetzt? Hatten sie darauf gewartet? Wollten sie nun den Moment nutzen, in dem Shibusen und Death City noch vom Angriff des Kishins geschwächt waren? Der Kampf im den Dämonengott hatte viele gute Meister und Waffen das Leben gekostet. Auch die Schäden, die an der Stadt und Shibusen selbst entstanden waren, waren schwerwiegend, obwohl der Wiederaufbau bereits im vollen Gange war. ‚Du steigerst dich da wieder irgendwo rein! Es gibt keinerlei Beweise, dass da noch jemand seine Finger im Spiel hat, Franken!“, dachte er, und versuchte, die dunklen Gedanken zu verscheuchen. Er seufzte, und machte sich daran, dass Chaos aus Notizen und alter Schriftstücke wegzuräumen. Sein Blick blieb an der Uhr über einem Regal voller Bücher hängen, welche wohl eine der wenigen ‚normalen’ Gegenständen in dem doch eher einem Labor ähnelnden Raum war. Einem mehrfach in die luftgesprengten und wieder zusammengeflickten Labor, dessen Wände über und über mit Zetteln versehen waren, und wo in jeder Ecke, Nische oder allgemein auf jeder freien Fläche wissenschaftliche Geräte standen, beziehungsweise lagen. Aber die Uhr hielt sich tapfer über dem Meer des scheinbaren Chaos. Oder Platzmangels, je nach Betrachtungsweise. Zudem bewegten sich ihre Zeiger unbeirrt auf die Fünf zu. Für einen kurzen Moment überlegte Stein, ob es fünf Uhr morgen oder fünf Uhr nachmittags war. Als er aber sein Spiegelbild mit den großen Augenringen, die schon unter dem Rand seiner Brille hervorlugten, auf dem dunklen Monitor des Computers sah, schätzte er, dass es wohl eher fünf Uhr morgens war. Erst jetzt, nachdem er nicht mehr am Arbeiten war, schien sein Körper die Müdigkeit zu bemerken. Die ohnehin schweren Augenlider schienen ihr Gewicht noch einmal zu verdoppeln. ‚Ich sollte wohl zusehen, dass ich eine Mütze Schlaf bekomme, bevor ich zur Shibusen gehe…’, dachte Stein. Doch der Gedanke zu schlafen erschien ihm nach seinem gestrigen Traum nicht ganz so erholsam, wie er eigentlich sein sollte, nachdem er den ganzen Nachmittag, Abend und Nacht durchgearbeitet hatte. ‚So ein Quatsch. Fehlt nur noch, dass du Angst vor deinem Essen kriegst. Das kommt davon, wenn man so wenig schläft. Selbst Schuld.’ Mit diesen sich anspornenden Sätzen machte Stein sich auf den Weg Richtung Schlafzimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)