Die geschriebene Geschichte von HubertOswell (历史文) ================================================================================ Kapitel 5: CHEГ --------------- Eine unendlich weite, ebene Fläche aus absolutem Weiß. Nur wenn man sich eine Weile umsah, konnte man vereinzelte Birken sehen, hier und da auch einen Strauch, der sich unter der Schneelast krümmte. In weiter Ferne standen auch einige einsame Häuser, die sich dicht an dicht zusammendrängten, als wollten sie sich gegenseitig wärmen. Doch für ihn bestand die ganze Welt nur aus dem Weiß des Schnees und dem Weiß des Himmels, an dem die Schneewolken hingen, die immer so wirkten, als würden sie jeden Moment ihre Fracht verlieren wollen. Sonst war da nichts. Früher hatte hatte es sicherlich mehr gegeben, doch hier, inmitten all des Schnees kamen einem alle Erinnerungen, in denen es nicht weiß war, unwirklich vor, als hätte man das nie erlebt. Dabei war es noch gar nicht so lange her, da hatte er mit vielen anderen in einem großen Haus gelebt. Vielleicht war es auch eine Villa gewesen oder gar ein Palast, doch er erinnerte sich nicht mehr daran. Gemessen an seinem langen Leben war die Zeit in dem Haus mit all den anderen auch kaum mehr als ein Wimpernschlag gewesen. Er hatte so lange in dieser Ebene gelebt, die einen Großteil des Jahres unter Schnee verborgen lag, dass er beinahe selbst zu dieser Ebene geworden war. Er kannte jede einzelne Pflanze hier, selbst die, die noch lange in der Erde schlummern würde. Er war alles hier, war eins mit dem allem. Und er erinnerte sich. Er erinnerte sich an jene Winter, in denen hier noch rothaarige Reiter durch den Schnee galoppierten und unter den Hufen der Pferde der Schnee in die Luft geworfen wurde. Es waren viele Winter gewesen in denen das geschah. Er erinnerte sich auch daran, dass es die Menschen immer von neuem über die Berge gezogen hatte. Dass sie dort nach einem besseren Leben gesucht hatten. Und dass kaum einer von ihnen wiedergekehrt war. So, wie auch jene nicht zurückgekommen waren, die mit ihm zusammen in dem großen Haus gelebt hatten. Nur noch der Schnee war geblieben, der Schnee kehrte auch immer wieder. Eine Welt ohne Schnee konnte er sich nicht vorstellen, eine solche Welt gab es nicht. Seit niemand mehr bei ihm war bestand seine Welt nur noch aus Schnee, aus Weiß, makellosem Weiß. Nun, beinahe makellos, vor einigen Jahren war ein dunkler Schatten zurückgekehrt, der jedoch immer nur aus den Augenwinkeln zu beobachten war. Er schien sich weder zu verstecken noch zeigen zu wollen. Er war einfach immer nur kaum da, nur in den Augenwinkeln zu beobachten. Hin und wieder hörte er im Wind Worte, die nicht von ihm gekommen waren und die auch der Wind nicht gesprochen hatte. Sie kamen aus dem Nichts, überquerten die Ebene, zogen an ihm vorbei und verschwanden schließlich wieder im Nichts. Er konnte es sich nicht erklären, wie er sich auch den Schatten nicht erklären konnte oder eine Welt, die nicht aus Weiß mit sehr wenig Schwarz bestand. Also ließ er das Flüstern Flüstern sein und den Schatten Schatten. Er hatte sich nie sonderlich um andere kümmern müssen. Auch, als er mit den vielen anderen zusammen gelebt hatte, hatten alle nur auf ihn gehört und bis sie gegangen waren hatte ihm nie jemand wiedersprochen. Er war so mächtig und gefürchtet wie der Winter gewesen, aus dem seine ganze Welt zu bestehen schien. Heute war er noch immer so mächtig, doch die Welt schien sich nicht mehr so sehr um ihn zu kümmern wie einst, als er sich noch mit einem anderen gestritten hatte und sich alle vor der großen Handgreiflichkeit gefürchtet hatten. Heute hielt er sich noch immer für genauso groß, doch seine ehemaligen Feinde hatten begonnen, als Freund auf ihn zu zu gehen. Er verstand das nicht. Er verstand nichts, was nicht mit Schnee zu tun hatte. Der Winter kannte keine Gefühle, Schnee interessierte sich nicht dafür, was in dem vorging, das er unter sich begrub. Und in all den Jahren war er genauso geworden. Nur manchmal, in den Stunden unter dem klaren, schwarzen Nachthimmel, wenn die Erinnerungen nicht mehr ganz so fremd schienen, fühlte er sich ein kleines bisschen Wehmütig... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)