Six Months - Die Symphonie deines Herzens von *Fane* (The-Bella-und-Edward-All-Human-Story) ================================================================================ Kapitel 1: Exposition: Carpe Diem - Teil 1 (Bella) -------------------------------------------------- So ihr lieben! Es geht los! ABER: Noch zwei wirklich wichtige Vorworte... Zu den Kapiteln bzw. -namen: Die Struktur der Kapitel ist parallel zu dem letzten Zeilen des Prologs, nämlich der Struktur des ersten Satzes einer Symphonie: Exposition, Durchführung, Reprise, Coda. Analog zum Inhalt. Daher gibt es in der gesamten FF auch nur vier Kapitel (abgesehen von Prolog und Epilog, die aber kurz gehalten sind). Um die Lesefreundlichkeit zu erhalten bzw. zu verbessern werde ich nicht ein komplettes Kapitel, was bei mir so 35-40 Seiten hat, posten, sondern dies in 3-4 Teile aufteilen und an geeigneten Stellen einen "Cut" setzen. Ich denke, dass das in diesem Fall am besten wäre und ihr euch hoffentlich damit arrangieren könnt. Das vielleicht im Hinterkopf behalten, wenn die einzelnen Teile vielleicht nicht so "rund" sein sollten, denn eig. ist das Kapitel ja als Ganzes zu sehen, nur poste ich eben wg. der Menge anders. 1. Teil der Exposition, die Einleitung zu SM: Also... ich hab mir vor dem posten hier lange gedanken gemacht, wie ich den ersten Teil der Exposition ändern bzw. überarbeiten kann, da beim wettbewerb kritisiert wurde, dass es zu undynamisch ist - ich habe kürzungen vorgenommen, aber nicht in gänze... und zwar ist das problem, dass ich bellas lebenswelt und vergangenheit in dtld vor allem in diesem ersten teil darstellen will, weil die details in diesem ersten teil für bellas verhalten hinterher sehr wichtig sein werden. Einige Leser meinten, in diesem kapitelteil wären zu viele infos und zu schleppend von der dynamik her. Andere wiederum meinten, dass es aber für die weiteren teile bzw. kapitel sehr wichtig sei, das alles zu wissen... entscheidet selbst, aber ich möchte an dieser stelle nur sagen, dass das sich diese erklärungsflut nicht durch die kapitel zieht und bella auch in diesem teil noch auf edward trifft ;) lange rede, kurzer sinn, dieser teil soll wirklich eine einleitung sein und keine sorge, ihr bekommt dynamik genug =) Musiktipp: Fink - Nothing Is Ever Finished http://www.youtube.com/watch?v=tlshUrAEXaw Was ich an dem Lied mag, ist, dass es ein bisschen beschaulicher, "eintöniger" und auch wenig "wehmütig" ist. Ich fands passend für einen Abschied und Neubeginn. ----------------------------------------------------------- Bild zum Kapitel: http://img821.imageshack.us/img821/8652/bannerexp2.jpg Meine Mutter seufzte. „Ach Bella…“ „Mum“, sagte ich sanft und strich ihr über den Arm. „Sechs Monate ist eine lange Zeit“, murmelte meine Mutter. „Und Amerika ist so weit weg…“ Ich lächelte milde und sah sie mitfühlend an. Ich konnte verstehen, dass sie sich sorgte und traurig war, dass ich vorübergehend ging, doch ich wusste auf der anderen Seite auch, dass ich ihre Unterstützung hatte. „Ich schau noch mal, ob ich alles habe, ja?“ Ich wartete auf die Reaktion meiner Mutter, doch sie nickte nur nachdenklich, wenn auch mit leicht gehobenen Mundwinkeln und erwiderte nichts weiter. Es war der Vorabend meiner Abreise. Ich würde Deutschland für ein Auslandssemester verlassen. Ich vermutete, dass ich minder aufgeregt war, wie meine Mutter. Natürlich war ich nervös, aber ich freute mich viel zu sehr, als das die Angst in mir hoch kriechen konnte – zumindest bis zu diesem Zeitpunkt. Ich schaute mich in meinem Zimmer um, in dem ich mich in die Mitte stellte und um mich selbst drehte. Es wirkte unbewohnt und leer gefegt. Ich hatte nie viele Sachen besessen. Wenn man viel umzog, lernte man, sein Hab und Gut, auf das Wichtigste zu begrenzen. „Bella? Phil holt was vom Italiener, was möchtest du haben?“, rief meine Mutter aus dem Wohnzimmer. Ich musste schmunzeln. Das tat er nur, bei ganz besonderen Anlässen. „Wie immer!“, rief ich zurück. Sie würde wissen, was ich meinte. Ich mochte Phil. Er war der zweite Mann meiner Mutter und vom Charakter her sehr ruhig. Ich konnte gut mit ihm reden. Er war Maurer, bekam leider nur schwerlich einen Job, sodass er oft seinen Arbeitgeber wechselte und wir ständigen innerhalb von Deutschland gezogen waren. Ich hatte früh gelernt zu verlassen und zurückzulassen. Als dann feststand, dass ich mich an der Realschule für das Abitur qualifiziert hatte, sicherte meine Mutter mir zu, nicht mehr so oft umzuziehen, damit ich während dessen nicht mehrmals das Gymnasium wechseln musste. Das ging ein Halbjahr lang gut, im nächsten zogen wir zwei Mal um – das letzte Mal, dorthin wo wir jetzt auch wohnten, jedoch aus anderen Gründen: Meine Mutter erkrankte an Brustkrebs. Deshalb hatten wir es bis jetzt, vier Jahre lang, geschafft, an einem Ort zu bleiben, damit meine Mutter die Ärzte nicht wechseln musste. Ich schaute mich weiterhin im Zimmer um, doch es lagen kaum noch Dinge darin, die ich hätte mitnehmen können. Daher kam ich zu dem Schluss, dass ich nichts vergessen hatte. Lediglich eine vertrocknete Pflanze auf der Fensterbank und ein paar ältere Kleidungsstücke würde ich zurücklassen. Ich stapfte die Treppen herunter und fand meine Mutter, ein paar Tränen verdrückend, in der Küche. Das tat sie in letzter Zeit häufig und ich konnte es ihr nicht einmal verübeln. „Ach Mom…“, sagte ich leise und nahm sie in den Arm. Sie hatte sich in den letzten Jahren vielen Chemo- und Hormontherapien, Bestrahlungen und Operationen unterzogen und war nun kurz vor der Gesundwerdung – zumindest war die Behandlung bald beendet und bisher sah es gut aus, dass die Krebszellen nicht mehr in ihrem Körper waren. Das hieß aber nicht, dass es ihr gut ging und sie wieder topfit war. „Ich weiß ja, dass das eine große Chance für dich ist“, meine Mutter setzte sich auf einen Stuhl und schluchzte laut, „und ich bin auch sehr stolz auf dich, dass du dieses großartige Stipendium bekommen hast und ich dürfte auch nicht weinen und das tut mir alles leid, so kurz vor deiner Abreise…“ „Mach dir keine Sorgen, Mum, wirklich“, meinte ich zu ihr und umarmte sie von der Seite. Seit sie so schwer an Krebs erkrankt war, hegte ich den Wunsch Medizin zu studieren und weiter an dieser Krankheit zu forschen, die meine Mutter unverschuldet so viele wertvolle Jahre ihres Lebens gekostet hatte und immer verfolgen würde. Es war ein tagtäglicher Kampf, dem sie sich stellen musste und immer stellen würde – wenn nicht mehr körperlich, dann mental. Biologie hatte mich schon immer interessiert, doch der konkrete Berufswunsch hatte mich erst mit der Erkrankung meiner Mutter gepackt – so abstrus das klingen mochte. Ich wollte auch keine praktizierende Ärztin werden, sondern forschen, weiterentwickeln und entdecken. Ich wusste, dass ich zum praktizieren nicht geeignet war. Nicht, weil ich es praktisch nicht konnte, sondern wegen meiner Einstellung. Ich hielt jetzt noch, auch wenn es meiner Mutter von mal zu mal besser ging, alles von ihr fern. Ich nahm ihr alles ab und sie immer in Schutz. Das mochte man auch verurteilen können, aber ich wusste, wie körperlich und psychisch labil meine Mutter durch den Krebs und auch schon vorher gewesen war, und konnte es nicht ertragen, sie irgendwelche arbeiten erledigen zu lassen. Das war übertrieben, doch ich war mir sicher, es tat ihr gut. Sie beschwerte sich darüber auch nicht mehr, weil sie wusste, dass ich es nur gut meinte und meist putze, kochte oder wusch sie, wenn ich in der Uni war und es ihr körperlich einigermaßen gut ging. Das konnte ich ihr nicht untersagen. Sie wusste, wie viel sie sich zumuten konnte. Wenn ich jedoch da war, erledigte ich das alles. Als Ärztin würde ich wissen, dass meine Patienten dem harten Alltagsleben in der Regel viel mehr ausgesetzt waren. Meine Erfahrungen waren damit unvereinbar. Das konnte ich nicht. „Es tut mir leid, dass ich dir das alles nie erleichtern konnte. Die Realschule, das Abitur und dann das Studium hier. Ich hätte es dir in so vielen Dingen gerne abgenommen, du musstest immer zurückstecken“, wisperte sie und schnäuzte in ein Taschentuch, das ich ihr gereicht hatte, „und glaub’ mir, wenn ich es irgendwie gekonnt hätte, hätte ich es getan.“ Ich sagte nichts und drückte ihre nasse Wange an meine. Ich wusste genau, was sie meinte. Das waren Themen für die sie sich bei Gelegenheit immer wieder bei mir entschuldigte und es kam von Herzen, denn ändern hatte sie es nie gekonnt. Sie meinte zum einen die Zeit. Zeit hatte sie mir nie viel geben können oder hatte ich mir mit Müh’ und Not welche freischaufeln müssen. Phil war den ganzen Tag über arbeiten, weshalb ich mich um die Wohnung und den Haushalt gekümmert hatte. Einkaufen, Abwasch, alles was dazugehörte. Ich ließ nicht zu, dass meine Mutter das tat, wenn sie mal zu Hause war. Die Therapien setzten ihr immer sehr zu. Natürlich kümmerte ich mich auch um sie. Was blieb war die Zeit, in der Phil zu Hause war und die Abende und Nächte sowie Teile des Wochenendes. Mehr Zeit hatte ich nie für die Schule oder die Uni und diese nutze ich dann auch komplett. Ich war früher sehr gerne ins Kino gegangen oder auch mal schwimmen, aber das ging jetzt nicht mehr. Aus zeitlichen Gründen und dem zweiten großen Thema, weshalb sich meine Mutter immer schlecht fühlte: Geld. Meine Mutter hatte mich vergleichsweise früh bekommen und keine Ausbildung abgeschlossen. Daher jobbte sie bis zu ihrer Krankheit nur etwas und Phil verdiente noch nie gut – wenn er einen Job hatte. Die vielen Umzüge machten es auf der einen Seite nicht einfacher, auf der anderen war das bleiben an einem Ort genauso katastrophal. Seit der Erkrankung waren wir nicht mehr umgezogen und Phil musste viel öfter außerhalb seines Berufsfeldes jobben, um uns über Wasser zu halten. Und das Geld, was wir hatten, gaben wir dann für die Medikamente meiner Mutter aus, die die Krankenkasse nicht bezahlte, da sie „nicht zwingend“ notwendig waren, doch den Heilungsprozess verbessern konnten. Danach kamen die Ausgaben für meine schulische und berufliche Ausbildung. Meiner Mutter waren diese Prioritäten schon immer unangenehm gewesen, weil sie mir gerne eine gute bzw. einfachere Zukunft ermöglicht hätte. Mir hatte das nie etwas ausgemacht. Während des Abiturs hatte ich nebenbei einen Wochenendjob gehabt und jetzt neben dem Studium arbeitete ich auch viel, um mir dieses zu finanzieren. Phil und meine Mum konnte ich damit nicht belasten. Ich war froh, dass sie mir dazu überhaupt die Möglichkeit ließen, denn sie hätten auch verlangen können, dass ich eine Ausbildung begann und auszog. Auch schon damals, als die Entscheidung anstanden hatte, dass ich aufs Gymnasium überwechselte. Wir zogen alle an einem Strang, weil sich jeder von uns bewusst war, dass sonst alles auseinander fiel; die ganze Harmonie zwischen uns. Wir hatten nur uns. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie stolz ich bin, was du alles erreicht hast, obwohl es uns oftmals nicht so gut ergangen ist“, sagte meine Mutter herzzerreißend und strich mir über das Haar, „und, dass du dieses Stipendium bekommen hast…“ „Ich verspreche dir, ich werde dieses Semester sehr viel lernen und alles mitnehmen was ich kann, um es gut zu nutzen. Ich werde keinen Tag unausgefüllt lassen, sei dir dabei sicher.“ Ich küsste ihre Wange. Diese sechs Monate sollten ein Meilenstein in meiner beruflichen Zukunft werden und ich würde alles dafür tun, dass das gelang. Den Erfolg war ich meiner Mutter schuldig. „Vielen Dank und einen angenehmen Flug“, sagte die Frau am Schalter, die mir das Bordticket reichte. Ich ging zu meiner Mum zurück, die mit Phil wartete. Die Augen meiner Mutter waren rot aufgequollen, obwohl sie sich, das wusste ich, sehr zusammen riss. Ich schaute zu Phil auf. „Du passt mir doch gut auf sie auf, nicht wahr?“ Er lächelte. „Natürlich, keine Sorge.“ Er nahm mich in den Arm. „Mach’s gut, Bella und alles Gute dort drüben.“ „Danke“, sagte ich ausatmend und widmete mich dann meiner Mutter. „Bella, bevor ich ‚tschüß’ sage“, ihre Stimme zitterte merklich, „haben Phil und ich noch was für dich.“ Ich zog die Augenbrauen zusammen und beobachtete, wie sie in ihre Tasche griff und mir etwas Quadratisches in die Hand gab – unverpackt. „Wir dachten Geschenkpapier würde jetzt nur stören“, erklärte Phil. Meine Mutter war diesem nicht mächtig. Ich machte große Augen, als ich auf meine Hand blickte. „Eine Digitalkamera?!“, staunte ich, als ich die Verpackung erkannte. „Es ist nur eine ganze einfache. Wir dachten, wenn wir dir schon nicht viel helfen können, dann kannst du damit wenigstens Erinnerungen für dich und für uns einfangen“, redete Phil wieder, hatte einen Arm um meine Mutter gelegt und sie an sich gedrückt. „Gefällt es dir?“ „Ihr… Phil, ich…“, druckste ich herum. Ich wollte nicht, dass sie mir für unsere Verhältnisse so große Geschenke machten. „Ich weiß, was du sagen willst, Bella“, sprach meine Mutter endlich und nahm meine Hände, die immer noch die Kamera hielten. „Nimm es bitte einfach an und freue dich, ja?“ Ihre Stimme wurde zum Schluss hin piepsiger und eine Träne kullerte ihre Wange herab. Ich lächelte breit, doch angesichts unserer finanziellen Lage und Phils auslaufenden Vertrags in drei Monaten, war es gekünstelt. „Bella und noch etwas“, meine Mutter klang nun etwas gefasster, „ich sage dir das mit Absicht erst jetzt, weil es jetzt sowieso schon zu spät für dich ist, abzusagen.“ Sie hob ein wenig die Mundwinkel. Die Lippen zusammengepresst. „Egal, was mit mir ist, wir werden dich benachrichtigen, wie wir das verabredet haben, aber: Du fliegst unter keinen Umständen eher zurück.“ Ich blickte ihr konzentriert in die Augen und versuchte mir eine kluge Strategie zu überlegen, wie ich sie wieder davon abbringen konnte… „Bella“, sagte meine Mutter eindringlich und rüttelte an meinen Händen. „Ich möchte nicht, nicht mal eine Sekunde, dass du dich auf irgendeine Art und Weise schuldig fühlst, dass du gegangen bist – und dann auch nur für ein Semester. Du kommst nicht zurück, wenn hier irgendwas ist“, verdeutlichte sie. Ihre tränennassen Augen starrten mich an. Ich wusste, worauf sie anspielte; nämlich auf unser Gespräch am Ende des ersten Semesters… „Bella? Du hast Post bekommen“, verkündete meine Mutter und reichte mir einen Brief der eindeutig von der Uni war. „Hm“, machte ich irritiert. „Eine Mahnung wegen eines Buches? Eigentlich habe ich keine mehr hier… und die Bescheinigungen für das nächste Semester sind auch vorgestern gekommen“, murmelte ich zu mir selbst, während ich den Brief aufriss. Geneigt ging ich zum Sofa und las die Zeilen. „Und?“, fragte meine Mutter. „Ach“, ich sah lächelnd auf, „eine Mahnung. Habe wohl beim Abgeben vor ein paar Tagen doch ein Buch vergessen. Ich geh mal eben im Zimmer nach dem Buch schauen…“, log ich und stand sogleich, den Brief in die Hosentasche pressend, auf. Ich rauschte um die Ecke ins Zimmer. Meine Mutter rief mir noch etwas hinterher, doch ich hatte die Tür rasch geschlossen und mich dann aufs Bett gesetzt. Ich hatte noch nie ein Buch einer Bibliothek vergessen, das wusste sie eigentlich sehr genau. Ich fand mich relativ überzeugend… Glaubte sie mir? Nahm sie mir das ab? „Bella?“, klopfte sie an. „Sagst du mir bitte die Wahrheit, was in dem Brief stand?“ Tat sie nicht, dachte ich grummelig. Ich öffnete die Tür und reichte ihr den Brief. Ich wusste, dass sie nicht locker lassen würde und ich wollte ehrlich zu ihr sein. „Aber…“, nuschelte sie noch beim Lesen, „das ist doch großartig, findest du nicht?“ „Ja… toll… bestimmt ganz gut“, wog ich mich um eine Antwort. Die Tür fiel ins Schloss. Phil war von seiner Frühschicht heim gekommen. Ab und zu musste er auch am Wochenende arbeiten, wenn es dringende Aufträge waren. „Guten Morgen meine zwei Hübschen, ich habe Brot mitgebracht“, rief er in die Wohnung und man hörte, wie er seine Jacke ablegte und die Schuhe abstreifte. „Wo seit- ach da“, meinte er, als er einen Blick in mein Zimmer geworfen hatte. „Was schaut ihr denn so?“ Er runzelte die Stirn und meine Mutter reichte ihm wortlos den Brief, doch ihre Augen strahlten. Phil überflog den Zettel rasch und schaute zu mir auf. „Herzlichen Glückwunsch! Das ist aber eine Ehre!“, freute er sich. „Ach, da mach ich ja nicht mit.“ Ich zuckte mit den Schultern und machte eine wegwerfende Bewegung. „Bitte?!“, platze meine Mutter hervor. „Natürlich! Das ist doch eine super Chance. Dich hat das doch schon immer interessiert und mit der Sprache hättest du doch auch keine Probleme-“ Ich machte ein ernstes Gesicht, einen Hauch vorwurfsvoll. „Wegen mir? Kommt nicht in Frage Bella!“, widersprach sie, als sie meinen Blick richtig deutete. „Du bist- was steht da“, sie nahm Phil den Brief ab, „unter den zehn ausgewählten Erstsemestern, die in das Programm zur Auswahl aufgenommen werden“, zitierte sie. „Das hört sich doch super an“, fand auch Phil, der meiner Mutter über die Schulter sah. „Bezahlte Auslandssemester. Vollstipendien, Studiengebühren, Wohnmöglichkeit, Kostenübernahme-“ „Ja, das mag ja sein-“, begann ich. „‚Es besteht die Möglichkeit, sich innerhalb des Programms für einzelne Auslandssemester zu bewerben, aber auch für mehrere sowie für komplette Studienabschlüsse in Amerika’“, las meine Mutter vor. „Ich denke wir frühstücken“, versuchte ich mich durchzusetzen, nahm Phil das Brot und meiner Mum den Brief ab und stiefelte in die Küche. Ich zerknitterte den Brief und warf ihn in den Hausmüll. Verstanden sie nicht, dass ich das nicht konnte? Weggehen, wenn meine Mutter krank war? Zu studieren, wenn sich beide dafür krumm legen mussten, dass ich noch zu Hause wohnte und kein eigenes Einkommen hatte, war schon unangenehm, aber dann ganz gehen? Klar, ich würde sie finanziell entlasten, aber wie sollte Phil den Haushalt und die Betreuung meiner Mutter allein bewerkstelligen. Selbst wenn das Auslandsjahr erst ein paar Semester später war. Heute war sie etwas besser drauf, doch morgen stand die nächste Chemotherapie an… Ich konnte meine Mutter nicht allein lassen, wo sie doch den Krebs noch nicht überwunden hatte. Ich glaubte auch nicht, dass ich gehen würde, wenn sie geheilt wäre, war ich felsenfest der Überzeugung, während ich den Tisch deckte. „Mal im ernst“, kam es von meiner Mutter, als sie zu mir in die Küche stieß. „Du bist wegen deinen super Leistungen in dieses Programm aufgenommen worden. Natürlich nimmst du den Platz an und vielleicht klappt es nach den weiteren Verfahren sogar. Das wäre doch toll. Das ist eine super Chance, die wir dir sonst nicht bieten könnten.“ Ihre Stimme wurde zum Ende hin leiser. „Mum, ich will nicht gehen, wenn es dir so schlecht geht“, murmelte ich und setzte mich, mit der Butterdose in der Hand, an den Tisch. Phil stellte sich zu ihr und legte die Hand auf ihre Schulter. Sie seufzte und setzte sich über Eck zu mir, bevor sie meine Hände nahm. „Schatz, aber das ist doch genau der Fehler. Es geht um deine Zukunft und ich möchte, dass du das nutzt-“ „Stell dir mal vor, ich wäre bis zu meinem Abschluss in Amerika? Das kann ich nicht, Mum.“ Warum verstand sie mich nicht? Ich würde in dem Fall gerne für sie zurückstecken, denn wie sollte ich mich drüben auf das Studium konzentrieren, wenn ich wusste, dass Phil den ganzen Tag arbeiten musste und meine Mutter hier allein hockte und es ihr schlecht ging? „Aber das wäre doch optimal für dich. Du hättest mit der Sprache keine Probleme und die Forschung drüben ist doch gut oder nicht? Hast du nicht mal erwähnt, dass-“ „Ja, ja, das ist sie“, unterbrach ich meine Mutter niedergeschlagen. Wie konnte ich ihr das begreiflich machen? Das war keine Option für mich, weil ich mich immer schlecht fühlen würde. Sie stand auf und holte den Brief aus dem Müll, strich ihn glatt und setzte sich wieder zu mir. „Hier steht doch…“, begann sie grübelnd und fuhr mit dem Finger die Zeilen entlang. „Hier steht, dass du auch nur ein Semester machen könntest, im fünften Semester. Bella, bis dahin wird es mir wieder besser gehen. Bitte, tue mir den Gefallen und melde dich dort an. Im Moment ist es sehr schwierig und ich danke dir sehr, wie viel du für mich, für uns, tust, aber du musst auch mal an dich denken und ich bestehe darauf, dass du dich wenigstens für dieses fünfte Semester anmeldest und es versuchst.“ Sie sah mich strikt an, als ließe sie keine Widerworte zu. Ich senkte den Blick und atmete tief ein und aus. Der Gedanke an ein paar Wochen Studium in Amerika hellte sich in meiner Brust auf – doch das beißende Gefühl im Magen verstärkte sich zusehends. „Ich…“ „Du solltest das tun, Bella“, fand Phil. „Du hast so viel Talent – und es verdient. Melde dich wenigstens an und mach dieses Bewerbungsverfahren.“ Ich schaute mit verzerrtem Blick zu Phil auf, dann zu meiner Mutter. Warum macht ihr mir Hoffnungen, die ich nicht haben will?, war in meinem Gesicht zu lesen. „Unter einer Bedingung.“ Ich wartete ab, doch keine Regung verzeichnete sich in den Gesichtern der beiden. „Falls es wirklich so weit kommt, dass ich im fünften Semester in Amerika studiere, möchte ich, dass ihr mich bei allem informiert, was hier passiert. Wenn es dir schlechter geht oder was auch immer.“ Ich blickte meine Mutter bedeutungsvoll an. „Und“, setzte ich hinzu, „wenn irgendetwas mit dir ist und ihre Hilfe benötigt, hält mich kein Studium der Welt mehr dort und ich werde zurückfliegen.“ Die beiden sahen sich an und schließlich nickte meine Mutter. Ich tat es ihr gleich. „Das ist unfair. Das war meine Bedingung und ihr habt mir zugesagt“, erwiderte ich grimmig. „Warum sagt ihr mir das jetzt?“ „Ich möchte es dir nicht per SMS schicken. Dann nimmst du mich sowieso nicht ernst. Wenn wir merken, dass du doch dazu neigst zurück zu fliegen, dann informieren wir dich auch nicht mehr oder lügen“, sagte Mutter mit einer künstlich harten Stimme, die sie sonst nicht besaß. Auch solche Manöver passten gar nicht zu ihr. „Nein! So war das nicht vereinbart!“, meinte ich entrüstet. „Dann fliege ich nicht.“ Ich verschränkte stur die Arme, wissend, dass wir drei alle wussten, dass das gar nicht zur Debatte stand. Ich würde fliegen. Es war alles geregelt und es gab jetzt kein zurück mehr. Meine Mutter griff in ihre Handtasche und reichte mir einen Brief. „Hier, steck’ ihn ein. Lies ihn bitte erst im Flugzeug. Er ist nicht von uns“, sagte sie knapp und beendete damit das Thema von gerade. Ich steckte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen weg. „Auf Wiedersehen, Bella“, sagte meine Mutter und schloss mich mit weiteren Tränen in den Augen in die Arme. Ich schaute sie strafend an, wärmte die Diskussion von eben nicht wieder auf, denn insgeheim hofften wir alle, dass in den nächsten sechs Monaten nichts geschah… Sobald ich an meinem Platz saß, mich angeschnallt, die Jacke verstaut und das Handgepäck zwischen die Füße gelegt hatte, kramte ich den Zettel meiner Mutter neugierig raus. Ich konnte es gar nicht abwarten ihn zu lesen. Der Umschlag war komplett weiß und offenbarte mir nichts. Ich achtete nicht auf das, was um mich herum passierte und stutzte zuerst, als ich den Briefkopf sah. Polizeiwache Forks. Liebe Bella! Ich gratuliere dir sehr herzlich zu dem Stipendium für das Auslandssemester. Deine Mutter hat mich informiert und ich freue mich sehr und bin sehr stolz auf dich. Wie du weißt, lebe ich noch in Forks, auch noch in dem gleichen Haus von damals und würde mich sehr freuen, wenn du dich in dem halben Jahr mal bei mir meldest. Bei der Gelegenheit möchte ich dich sehr gerne wieder sehen. Wenn du Hilfe brauchst, Seattle ist ja nicht weit weg, sag mir Bescheid. Ich hoffe, dass du gut in Amerika zurechtkommst und das Jahr nutzen kannst. Dein Vater Erstaunt zog ich die Augenbrauen hoch. Ein ungewöhnlicher Brief. So… es passte nicht zu meinem Vater. Obwohl, überlegte ich, ich hatte ihn so lange nicht mehr gesehen, dass ich das vielleicht gar nicht mehr beurteilen konnte. Ich hatte bis zu meinem neunten Lebensjahr bei meinem Dad gewohnt und sprach daher auch fließend Englisch, jedoch genauso gut Deutsch, da meine Mutter beides mit mir gesprochen hatte. An einem, wie üblich für Forks, verregneten Tag, trennten sich meine Eltern und ließen sich dann auch scheiden. Meine Mutter hatte neun Jahre ausgeharrt, wie sie mir später erzählte und versucht sich einzugestehen, dass dies nicht das Leben gewesen war, was sie führen wollte. Sie fühlte sich immer noch schuldig mir gegenüber, weil es uns danach nicht gut ergangen war. Meinen Dad hatte ich seit der Trennung meiner Eltern zweimal gesehen. Der Flug war zu teuer, als dass wir oder Charlie es öfter hätten finanzieren konnten. Hinzu kam, dass ich seit der Krebsdiagnose meiner Mutter, nicht mehr fort wollte. Das hatte ich meinem Vater nie so direkt gesagt, aber ich vermutete, dass er es ahnte. Ich hatte ihn ab und an angerufen und zu Weihnachten, meinem Geburtstag und anderen Festen schickte er mir immer eine Karte und meist eine Geschenk. Ich mochte ihn, auch wenn wir nicht mehr viel Kontakt hatten oder haben konnten. Auch meine Mutter verstand sich noch mit ihm. Beide hatten keinen Rosenkrieg ausgetragen oder etwas in der Art. Mein Vater war zwar nicht begeistert gewesen, doch letztendlich war es eher im Einvernehmen geschehen. Er war eher von der ruhigen Sorte und hätte meine Mutter, allein schon wegen mir, niemals eine Szene gemacht. Der Brief verschwand in meiner Tasche. Ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt ihn in Forks zu besuchen, genau genommen hatte ich es ernsthaft vor gehabt, aber, dass er das von sich aus anbot, ließ mich lächeln. Hauchzart begann das Kribbeln in meinem Körper und streute sich in all meine Glieder. Freude machte sich in mir breit, die ich zuvor nicht in dem Ausmaß hatte empfinden können. Denn jetzt konnte ich nichts mehr ändern. Die Maschine rollte schon und mit ihr ein Teil meines Gewissens fort. Es konnte nicht mehr in der Form aufkommen wie vorher, weil jetzt alles seinen Weg ging und alles beschlossen war. Ich durfte mich freuen. In mich hineingrinsend, sah ich rechts aus dem Fenster, wie das Flugzeug sich vom Erdboden entfernte. Das würden meine sechs Monate werden und ich würde jeden Augenblick ausfüllen, um der Zeit gerecht zu werden, in der ich meine Mutter nicht sah. Das Flugzeug stieß sanft durch die Wolkenbank. Ich nahm meine beiden Koffer vom Gepäckband und stiefelte weiter in die Ankunftshalle. Kurz schloss ich die Augen und atmete tief die Luft ein, die kühl von den Türen hereinwehte. Es war Anfang September, in zwei Woche begannen meine Seminare, und das Wetter hielt sich auf milde 10 Grad. Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke höher zum Kinn und sah mich um. Ein Taxi würde mich abholen und zu meiner Bleibe für die nächsten Monate bringen. „Miss Swan? Richtig?“, erklang die herrliche englische Sprache, die ich so liebte und durch meine ersten Lebensjahre beherrschte. „Ja“, nickte ich dem Mann zu, der ein Schild für mich hoch hielt. Ich ging ihm hinterher und beobachtete die Gegend rund um Seattle mit wachsender Neugier. Eine Zeit lang mein neues zu Hause… Piep, erklang mein Handy. Ich kramte es aus der Vordertasche meines Rucksacks heraus und las die SMS von meinem Dad: Willkommen in Amerika. Mehr stand dort nicht. Ich lächelte wieder. Dass er daran gedacht hatte… Zunächst machten wir Halt bei der Universität, genau genommen an dem Verwaltungsgebäude, wo ich weitere Unterlagen und meinen Schlüssel für die Wohnung bekam. Mit einem großen braunen Umschlag bepackt, den Schlüssel in der Hosentasche, ging ich zu dem Taxi zurück. Nur wenige Minuten weiter kamen wir an einem großen hellen Haus an, von welchen ich schon viele hier in der Umgebung gesehen hatte. Suchend betrat ich das Gebäude. Untergebracht war ich in einem der Studentenwohnheime auf dem Campus der Universität. Es war nicht luxuriös, doch ich mochte mich absolut nicht beklagen. Ich schloss die Wohnung auf, welche befand sich im ersten Stock. Wow, dachte ich prompt, so ein großes Zimmer, geschweige denn eine kleine eigene Wohnung, hatte ich nie besessen. Ich machte die Tür hinter mir zu und ließ den Blick schweifen. Spärlich eingerichtet aber groß, zumindest gemessen an dem, was ich gewohnt war. Ich erkannte ein Bett rechts hinten in der Ecke des quadratischen Raumes mit einem Nachttischchen. Am Fußende begannen zwei bodentiefe Fenster, ehe die kleine Küche an der gegenüberliegenden Wand stand. Herd, Ofen, kleiner Kühlschrank, eine Anrichte, fertig. Daneben war ein Kleiderschrank hingestellt worden und so endete die Wandseite auch schon fast. In der Ecke war ein kleines hockerartiges Möbelstück, auf dem ein Fernseher stand. Rechts, neben dem Nachttisch waren zwei leere Regale. Mitten im Raum stand ein größerer Tisch, der gleichzeitig als Schreib- und Esstisch zu dienen schien. Direkt am Eingang links war noch ein Bad mit Dusche und Toilette; rechts eine Abstellkammer. Als ich alles besichtigt hatte, allzu viel war es ja nicht, stellte ich als allererstes den Fernseher unten in die Abstellkammer. Den würde ich nicht brauchen. Da hatte ich keine Zeit für, schließlich wollte ich hier etwas lernen und keine amerikanischen Late-Night-Shows studieren. Ich schloss die Kammertür, stemmte die Hände rechts und links in die Hüften und atmete zufrieden aus, als ich mir die Wohnung anschaute. Es war nichts besonderes, doch ich fand es toll. Ich verbrachte die nächsten Tage damit, die Wohnung herzurichten, meine Sachen auszupacken, einzuräumen und die Gegend mit meiner neuen Digitalkamera etwas zu erkunden. Vor allem aber musste ich Kleidung kaufen. Ich hatte mein Geld in Deutschland gespart und meine alten Hosen etc. angezogen, weil man mir sagte, dass ich so etwas in Amerika billiger bekam. Dafür hatte ich dann viel mehr Bücher und Uni-Materialien aus Deutschland mitgenommen, dessen Stoff ich jetzt in der freien Woche wiederholte, wenigstens teilweise. Das Wohnheim füllte sich nach und nach immer mehr. Die Studenten kamen von ihren Eltern wieder, von ihren Jobs oder aus dem Urlaub. Mit ein paar Leuten hatte ich ein oder zwei Worte gewechselt, aber niemand war dabei, der, wie ich, im fünften Semester Medizin studierte. Ich hatte auch in Deutschland angerufen und bei meinem Vater in Forks. Alles war ruhig und unbedenklich und ich arbeitete mich nach und nach durch den braunen Umschlag. In einem weiteren, kleineren Umschlag, darin waren Jobangebote. Ich würde dieses Semester nicht arbeiten. Ich bekam einen kleinen Betrag für die Lebenshaltungskosten vom Stipendium und damit würde ich auskommen. Ich war kein verschwenderischer Mensch und so konnte ich einmal nur studieren, ohne Jobs, ohne alles. Lagepläne, Modulbücher, Stundenplanvorschläge… das alles erschlug mich, doch schaffte es nicht, mir das Lächeln von den Lippen zu zaubern. Ich war überrascht von mir selbst, wie entspannt ich eigentlich war. Ich war in Amerika! Doch so sehr, wie ich es erwartet hätte, überwältigte es mich nicht. Vielleicht lag es daran, dass ich nicht das erste Mal hier war und es einfach war, als wäre ich seit meinen ersten neun Lebensjahren nie weg gewesen… Hey Mum. Wie geht es dir? Ich habe mich in der Woche vor dem Semester gut eingelebt und jetzt starte ich in die erste Vorlesungswoche. Ich bin absolut gespannt, weil ich direkt heute Morgen meine Laborübung habe. Ich bin froh, dass ich die von der biologischen Fakultät zusätzlich nehmen durfte und alles geklappt hat. Kuss, vermisse dich, Bella Mist, mist, mist, fluchte ich innerlich und versuchte mir meine Panik nicht anmerken zu lassen. Ich war alle Räume in der letzten Woche abgegangen und hatte Skizzen angefertigt, damit ich nicht zu spät kam – wie es das Schicksal so wollte, wurde mein erstes Seminar in Amerika morgens räumlich verlegt. Ich rannte mit der Karte durch die Gänge und war schon fünf Minuten zu spät, obwohl ich extra früh da gewesen war. Ich verglich das Schild neben der Tür mit dem auf meinem Lageplan: Übereinstimmung! Ich klopfte. „Entschuldigen Sie, ich habe den Raum-“, begann ich, doch der Dozent, der an der Tafel schrieb, wimmelte mich ab, während mich alle anderen Studenten anstarrten: „Setzen Sie sich.“ Ich holte Luft, um noch etwas nachzufragen, besann mich aber, angesichts der sowieso schon peinlichen Lage, eines besseren und ließ den Blick zu einem freien Platz an den Labortischen schweifen. Im zweiten Gang ganz hinten schien noch einer – der einzige – frei zu sein. Ich bahnte mir durch die vielen Taschen und Füße und dazugehörenden Beine ungelenkig den Weg zu dem freien Platz. Während dessen erkannte ich Namensschilder auf den Tischen – auf dem freien war jedoch keiner. Ich setzte mich trotzdem dorthin und kramte sofort in meiner Tasche nach Zettel und Stift. „Isabella Swan“, murmelte mein einziger Sitznachbar, ich saß ganz am Ende, vor sich her. Als ich aufblickte, erkannte ich ein Papier in seinen Händen. Es zeigten sich mir tief grüne Augen in einem formvollendeten, aber leicht markantem Gesicht. Solch eine satte Farbe, doch keineswegs künstlich wirkend. Seine Hautfarbe war von einem karamellfarbenen Ton, aber so weich fließend, wie Milch. Die Mundwinkel waren einen Hauch gehoben, aber es wirkte nicht allzu freundlich. Es war eher ein… abschätziges Lächeln, grübelte ich. „J-“, brachte ich hervor und räusperte mich. „Ja?“ „Ich schätze mal, das bist du.“ Er hielt das Schild mit meinem Namen in der Hand hoch und stellte es vor mich. Seine Stimme klang warm, aber der raue Unterton machte sie unglaublich ausdrucksvoll. „Edward, hallo“, grüßte er und hielt mir die Hand hin. Sein Unterton wechselte in… gleichgültig? Es klang merkwürdig. Perplex schüttelte ich sie. „Hi.“ Dann nahm er keine Notiz mehr an mir und widmete sich der Tafel. Ich tat selbiges. Komischer Name und komischer Typ, dachte ich kurz, bis ich endlich mit den Aufzeichnungen anfing. „Mit Ihrem neuen Laborpartner neben sich werden Sie dieses Semester die Versuche zusammen durchführen und auswerten-“ Mein Blick glitt verstohlen nach rechts. Er war mein Laborpartner? Ich seufzte innerlich, wusste aber nicht mal, woher das rührte. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, aber definieren konnte ich nichts. Ich krakelte rasch weiter auf dem Zettel, während der Dozent den Rahmen unseres Seminars erklärte. Edward schrieb nichts auf und sein Buch war ebenfalls verschlossen. Sein Blick wirkte von der Seite her gelangweilt. Ich schaute mich kurz unauffällig um, um die Situation etwas zu analysieren. Ich war in Amerika, in einem Biologieseminar, und fühlte mich in diese ganze Situation plötzlich wie reingeworfen, doch ich bemerkte, dass ich mich sofort wohl fühlte und mir nicht fremd vorkam. Ich war in meinem Element. Nach einem plötzlichen Klopfen trat ein blonder Mann ein. Ich machte große Augen, denn ich kannte diese Mann… ich war mir sicher, dass ich dieses Gesicht schon mal gesehen hatte; auf dem Rücken eines Buches… mehrerer Bücher… „Entschuldigen Sie, Mr. John, ich muss Ihnen eben meinen Sohn entwenden. Wäre das möglich?“, fragte er und blickte freudig in meine Richtung. Ich spürte wie mir Hitze durch den Körper schoss, vor Überraschung. „Ja, natürlich, kein Problem. Die Einführung kennt Ihr Sohn ja schon“, meinte Mr. John zugestehend. Unerwartet kramte Edward neben mir seine Sachen zusammen. Ich beobachtete ihn mit leicht gerunzelter Stirn. Hatte er nicht in meine Richtung gesehen, sondern in- „Wie unhöflich mich nicht vorzustellen“, fand der gerade eingetretene Mann und richtete sich an uns Studierende. „Carlisle Cullen, Leiter des Uniklinikums und Dozent an dieser Universität in der medizinischen Fakultät.“ Er lächelte herzlich in die Runde. Cullen? Carlisle Cullen?! Und Edward war sein Sohn?! „Und Mr. Cullen ist Teilhaber dieser Universität und Forschungsleiter. Er hat zahlreiche Preise und Sonderauszeichnung für die Forschung in den verschiedensten Gebieten der Medizin erlangt“, pries Mr. John ihn wie einen Hauptgewinn an. Mr. Cullen senkte lächelnd den Blick. Er wollte das alles eigentlich nicht proklamieren, schoss es mir durch den Kopf. Edward war mittlerweile, ich hatte es gar nicht wirklich realisiert, aufgestanden und durch die Reihe zu ihm geeilt. Perplex starrte ich ihm und seinem Vater nach. Ich kannte Mr. Cullen deshalb, weil ich viele Bücher von ihm besaß und dasselbe Lächeln und dieselben klaren blauen Augen viele Buchumschläge bzw. Buchrücken zierten. Er wirkte sehr nett und gelassen. „Miss Swan?“ Ich zuckte aus meinen Gedankengängen zusammen. „Sie müssen dann heute allein beginnen oder sich einer anderen Zweiergruppe anschließen, wenn Sie Fragen oder Probleme haben“, teilte mir der Dozent mit und widmete sich, nach einem kurzen bejahen meinerseits, wieder seiner Tafel, ehe er eine Reihe Zettel und Skripte austeilte und bei mir zuletzt stehen blieb. „Entschuldigen Sie, Miss“, wisperte er, während die anderen mit dem Lesen begannen. „Ich habe sie noch gar nicht in den USA willkommen geheißen. Man sagte mir Sie wären die Stipendiatin aus Deutschland für Medizin, die aber auch Biologiekurse belegt?“, fragte er, nun um einiges freundlicher als zuvor, nach. „Ja, das ist richtig“, lächelte ich. „Vielen Dank.“ „Ich hoffe Sie leben sich hier gut ein, wir sind auf Ihre Arbeiten hier außerordentlich gespannt. „Ach und“, er gab mir die gleichen Zettel in der zweiten Ausführung, „würden Sie diese Mr. Cullen geben?“ Nachdem ich genickt hatte, ging er davon. Merkwürdig irritiert verließ ich das Seminar. Jetzt musste ich erst mal diesen Cullen-Sprössling finden, damit er seine Sachen bekam. Doch wo sollte ich nach ihn suchen? Wo waren die Biologiestudenten zu der Zeit? Ich sah in ein paar Gängen und größeren Vorlesungsräumen, in denen er sich vielleicht gleich aufhalten könnte, nach. Da ich jedoch nur wenig Zeit hatte, bis das nächste Seminar begann, fand ich ihn nicht. Das zweite Seminar verlief gut, weniger aufregend wie das erste. Der Dozent begrüßte mich offiziell vor den anderen Seminarteilnehmern und schien sehr nett. Es wirkte fast, als bekäme ich einen Bonus, weil ich eine Austauschstudentin war… Ich grübelte abseits von den Themen, die ich schon kannte und gerade am Pult referiert wurden, darüber, ob ich Edward auf eine bestimmte Sache ansprechen sollte… Wenn ich ehrlich war, machte es mir „Sorgen“, dass er der Sohn von Carlisle Cullen war. Ich nahm mir vor, ihn in der Mittagspause in der Mensa zu suchen – und zu finden. Ich schnappte mir ein Brötchen aus der Cafeteria und sah mich um, doch das „finden“ erwies sich als nicht so einfach. Ich lief in das erste Stockwerk, wo noch weitere Sitzplätze der Mensa waren. Viele, sehr viele Gesichter schauten mich an, nicht jedoch Edwards, ärgerte ich mich. Gerade wollte ich die Treppen wieder heruntergehen, als ich im vorbeigehen ein Plakat bemerkte, welches gerade an die Wand geklebt wurde. Zwei Wörter hatten mich stehen bleiben lassen: Edward Cullen. Ich blickte auf zu dem Titel: Klassisches Konzert der Symphonien. Darüber in klein: Die Musikfakultät präsentiert. Ab der Hälfte, unterhalb dessen, waren Namen aufgelistet – auch Edwards. Und das nicht klein, im Gegenteil: Vergrößert und Gelb auf dem dunklen Hintergrund, der orange umrahmt war, hervorstechend. Musikfakultät??, schoss es mir durch den Kopf. Ich bemerkte, wie rechts neben mir, ein paar Treppenstufen weiter unterhalb, ein Mädchen ein weiteres Plakat an die Wand pappte. „Ähm, entschuldige“, sprach ich sie an und sie reagierte auch. „Kennst du den?“ Ich zeigte auf seinen Namen. Sie zog die Augenbrauen hoch und ihr Gesichtsausdruck war etwas angewidert. „Machst wohl Witze, oder?“ Sie schnaubte, warf das lange braune Haar über die Schulter und ging weiter. „He, warte-“ Das Mädchen drehte sich noch mal, zusehends missmutig, zu mir um. „Bist’ wohl nicht von hier, wie?“ „Nein, ähm, tut mir leid, also kennst du ihn?“, fragte ich noch mal nach. „Klar.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Natürlich, jeder kennt ihn hier. Entweder durch seinen Vater oder die Musiksache-“ „Studiert er hier Medizin?“, unterbrach ich sie etwas unhöflich, doch ich bemerkte ihre Unruhe, dass sie eigentlich weitermachen wollte, und sprach sie einfach direkt darauf an. „Nein, wie kommst du denn darauf?“ Sie blickte mich entgeistert an. „Er ist ein großartiger Pianist und schnippelt keine Menschen auf.“ Sie hielt ihre Materialien entschuldigend hoch, obwohl sie auch genervt wirkte, und verabschiedete sich. Ich ging die Treppen wieder hinab. Diese Information bestätigte nur meinen Eindruck von ihm. Ich schüttelte zu mir selbst den Kopf. Mein erster Tag und so ein Durcheinander und Desaster. Möglicherweise hatte ich den desinteressiertesten Kursteilnehmer als Laborpartner abgekriegt. Ich verzerrte innerlich das Gesicht. Wie sollte ich das vor mir selbst rechtfertigen – und vor meiner zu Hause sitzenden Mutter – wenn ich in diesem mir so wichtigem Kurs versagte? Ich musste ihn suchen, nein finden. Ich ging weiter die Gänge auf und ab, ohne Erfolg, bis ich an einer großen Tür vorbei kam, dessen Flügeltüren weit in den ausgestorbenen Gang geöffnet waren. Einen Augenblick nicht an meinen Laborpartner denkend, spähte ich hinein. Es war eine Art Aula oder Saal. In jedem Fall fiel der Raum mit stufenweise angelegten Sitzplätzen in einem dunkleren Holz ab, bis zu einer Bühne auf der bislang noch nichts stand – abgesehen von einer Gruppe Studenten mit Plakaten und Blättern um sie herum. „Edward“, murmelte ich zu mir selbst. Auch ihn erkannte ich dort unten. Er redete gerade mit jemandem, vermutlich mit einem Dozent der Musik. Entschlossen ihn zur Rede zu stellen, stiefelte ich die Treppen sorgsam hinab. Ich wartete etwas abseits und nachdem Edward sich aus den Fängen des Dozenten gelöst hatte, schritt ich auf ihn zu. „Hey“, begann ich, als er mich erkannte und hielt ihm die Zettel hin. „Die soll ich dir von Mr. John geben.“ „Ah gut, danke“, meinte er, nahm sie unwirsch und wollte sich weg drehen. „Warte kurz“, bat ich. Er wandte sich wieder um. Sein Gesicht erschien mir weniger einladend. „Ähm, ich- also, du studierst Musik, nicht wahr?“ Ich ließ den Blick kurz schweifen. „Ja, und?“, fragte er kalt. „Hör zu…“ Wie sollte ich ihm das sagen, ohne, dass es arrogant klang?, fragte ich ich gedanklich dazwischen. „Ich weiß nicht, warum du den Laborkurs belegst und ob dir das Seminar überhaupt wichtig ist, aber-“ „Keine Sorge, ich nehme es ernst“, entgegnete er tonlos. „Ähm, ja, gut, ich will halt nur damit sagen, dass mir das Seminar unglaublich wichtig ist und auch für meine Zukunft-“ Ich brach ab, als Edward geräuschvoll schnaubte und die Augen theatralisch verdrehte. „Hör mal, Isabella-“ „Bella“, unterbrach ich ihn direkt. „Wie auch immer“, meinte er. „Du studierst doch Medizin, also auch keine Biologie, oder??“ „Ja- Nein-“, wand ich ein, „aber es ist nahe liegender als Musik und deshalb wollte ich dich einfach bitten-“ Er hörte gar nicht zu. „Ich bekomme komischerweise immer die selbstgefälligen, ausländischen Überflieger ab. Klingelt’s? Die Dozenten denken nämlich merkwürdigerweise immer, dass ich einen würdigen Gegenpart brauche und rate warum?“ Sein Tonfall wurde immer vorwurfsvoller und bissiger. „Weil ich einiges drauf habe und nicht zuletzt vieles schon kenne, was dort gemacht wird. Ich belege jedes Semester zum Spaß verschiedene Kurse in Biologie. Mal theoretisch, mal praktisch. Immer andere. Also tue mir einen Gefallen und mach dir um mich keine Sorgen. Ich belege den Kurs nicht, um einmal Arzt zu werden und bloß geregeltes, hohes Einkommen, einen angenehmen Status und einen sicheren Job zu haben. Nein, ob du es glaubst oder nicht, ich habe Interesse daran.“ „Ja, ich meine- ja, ich auch-“, stotterte ich perplex von seinen harten Worten. „Dann sind wir uns ja einig.“ Er wandte sich endgültig um und widmete sich mit den anderen Studenten wieder den Aushängen. Hatte ich mich gefragt, ob ich arrogant wirkte? Idiot, fauchte ich innerlich. Wie er mich angesehen hatte, als er mich heute Morgen grüßt hatte… da wirkte sein halbes Lächeln schon irgendwie falsch, stellte ich im Nachhinein fest – oder ich wollte das jetzt zumindest so sehen. Er konnte scheinbar auch anders. Schade nur, dass ich keine Vorlesung bei seinem Vater hatte, mich würde interessieren, wie er so war… heute früh wirkte er nett und gelassen und seine Bücher sind auch genial. Wie konnte sein Sohn nur so herablassend sein? Ja, meine Frage war vielleicht auch nicht gerade vorwurfsfrei gewesen, aber… Ich schüttelte den Kopf. Der Typ war mir egal – solange er bei der Sache war und sich anstrengte, und das, so sagte er, wollte er tun, hatte ich kein Problem mit ihm. Dumm nur, dass ich mit ihm den Hauptkurs in Biologie hatte und der war dreimal die Woche. Ich hatte noch ein theoretisches Biologie-Seminar als Begleitung der Praxisstunden und da würde er mit Sicherheit auch drin sitzen – außer der feine Herr wusste das nicht alles schon… Ich ging zu meinem nächsten Seminar, die Mittagspause neigte sich dem Ende. Hallo Bella! Jetzt ist dein Tag dort drüben bestimmt schon fast zu Ende… ich hoffe, dass es dir gut geht und du die Zeit dort nutzen und genießen kannst. Ich würde es mir so sehr wünschen. Zu Hause ist alles in Ordnung und wie immer. Kuss, ich hab dich lieb, deine Mum. Ich lächelte, als ich ihre SMS sah und ich auf den Bus wartete. Nur noch wenige Wochen, dann war die Behandlung Gott sei Dank vorüber und wir hofften alle, dass es dann alles ein Ende hatte und meine Mutter ihr Leben wieder beginnen konnte. Vier Jahre lang hatte sie die Torturen aussetzen müssen. Da der Krebs bei ihr erst spät, aber nicht zu spät entdeckt wurde, hatte die Streuung bereits eingesetzt und weitere Teile ihres Körpers befallen – das hieß eine langwierigere, heftigere Behandlung, als es sonst der Fall war. Doch sie hatte immer Lebenswillen gehabt, das rechnete ich ihr hoch an. Ich blickte auf, als ich einen Bus anrollen hörte. Leider nicht meiner. „Na endlich“, grummelte das Mädchen einen Meter neben mir zu ihrer Freundin, die gerade auf den Bus zusteuerten. „Eine halbe Stunde okay, aber über eine Stunde warten?“ Das Mädchen hinter ihr zuckte genervt, ob von ihrer Freundin oder dem Warten konnte ich nicht ausmachen, mit den Schultern. Über eine Stunde?, hämmerte es in meinem Kopf. Mir war in den letzten Wochen schon aufgefallen, dass die Busse nicht pünktlich waren, bzw. es allgemein mit Zeiten nicht so genau nahmen, aber dabei handelte es sich meist um fünfzehn oder zwanzig Minuten. Eine halbe Stunde? Eine Stunde? Oder gar länger? Ich sah in Fahrtrichtung des nun abfahrenden Busses und überlegte. Wie lange würde ich laufen? Die Straße verlief leicht bergauf und die Sonne schien vom Himmel, allerdings nur matt und kaum wärmend. Eine gute Viertelstunde vielleicht?, schätze ich. Eher eine knappe halbe, revidierte ich innerlich. „Ich hasse das“, hörte ich rechts hinter mir jemanden sagen. „Sobald die Studenten hier wieder begonnen haben, kommen die Busse noch unregelmäßiger als sonst. Ich dachte, das wären so reiche Stammhalter? Haben die keine Autos?“ Der Junge, zweifelsohne Schüler, kickte einen Stein nachträglich vom Bürgersteig auf die Straße. Heute Morgen hatte ich eine halbe Stunde gewartet, aber da ich sowieso sehr früh dran war, war das kein Problem. Allerdings war ich davon ausgegangen, dass das eine Ausnahme war… Ich schaute mir wieder den Weg zu meiner Wohnung an. Weit war es nicht, nicht wirklich. Einfach die Straße entlang, bis das Haus an eben dieser erschien. Es hielt fit und ich war sicher in immer zur selben Zeit zu Hause. So viel Zeit mit warten konnte ich nicht vergeuden. Die Unterlagen, die wir allein heute bekommen hatten, waren massig. Klar, es war Semesterbeginn, aber das würden nicht die einzigen bleiben und die Hausarbeiten, Referate und Übungen kamen ja noch dazu. Ich fasste mir ein Herz und lief los. Da ich noch keine Tonaufnahmen der Vorlesungen hatte, nahm ich mir beim Laufen ein Skript aus der Tasche und begann mit dem Lesen. So konnte ich die Zeit noch nutzen und war eher zu Hause, um sie dann richtig auszufüllen. Fünfundzwanzig Minuten dauerte der Weg, ich war aber überzeugt, dass ich nächstes Mal schneller war bzw. nicht mehr so abgelenkt von einem Skript sein würde. Ich begann mit dem Sortieren meiner Unterlagen, während mein kleiner, unendlich langsamer Laptop mit dem Hochfahren begann – um letzteres war ich aber nicht so sehr traurig. Dadurch widerstand ich Ablenkungen, wie fernsehen oder PC-Spielen. Nebenbei aß ich hier und da etwas. Mein Handy vibrierte auf dem Bett. Sekunden, nach dem ich es dort hingelegt hatte. Ich sah die Nummer von zu Hause in Deutschland aufblinken. Seufzend langte ich danach und sagte, kaum, dass die Stimme meiner Mutter erklang: „Wir hatten doch verabredet, dass ich dich von hier aus der Telefonzelle-“ „Ach Bella, Schatz“, sie atmete tief durch, „ich wollte einfach nur mal deine Stimme hören, nachdem heute dein erster Tag war. Ging es dir gut? Kommst du mit allen zurecht?“ „Mum“, begann ich beschwichtigend. „Es war, wie du sagst, erst mein erster Tag und damit sehr unspektakulär, aber ich kann nicht verschweigen, dass ich mich nicht sehr auf das Semester freue. Die Leute hier habe ich noch nicht so wirklich kennen gelernt“, tischte ich ihr Lügen auf – zumindest Halbwahrheiten. Edward rauschte mir sofort durch den Kopf. Den hatte ich schon kennen gelernt, zu Genüge. Aber der würde mich noch kennen lernen! „Bella? Sind die nicht gut?“, fragte meine Mutter nach, während ich ganz in Gedanken war. „Wer?“ Ich runzelte die Stirn. „Die Dozenten“, klärte sie mich auf. Ihre Stimme klang irritiert. „Ach- die, die sind toll. Die von heute zumindest“, nuschelte ich und war nicht wirklich bei der Sache. Ich ärgerte mich noch über Edwards ungehobelten Umgang mit mir. Was bildete der sich eigentlich ein? Und noch dazu sah ich ihn morgen früh wahrscheinlich wieder… sehr wahrscheinlich… wenn er nicht von einem Kometen getroffen wurde… „Alles in Ordnung bei dir? Geht’s dir nicht gut? Bist du krank?“, fragte sie wie ein Wasserfall. „Nein, nein- sicher, hier ist es toll. Und wie geht’s dir? Fühlst du dich gut?“, schwenkte ich über. „Ähm, ja. Die Nachwirkungen sind vorbei und die nächste Behandlungseinheit kommt übermorgen.“ Sie seufzte matt. „Aber bald ist es ja hoffentlich vorbei…“ „Ja, hoffentlich“, nuschelte ich. „So Schatz, du hast bestimmt zu tun. Ich hab dich lieb. Viel Erfolg und bis die Tage.“, wünschte meine Mutter und legte, nach meinen Grüßen an Phil, auf. Ich blieb einen Moment stehen, ließ alles sacken, machte meine Gedanken frei von dem Tag und wand mich um. Mein Blick fiel zu dem Stapel Zettel, auf den ich mich jetzt einrichtete. Ich lächelte, als ein kleines Kribbeln meinen Bauch passierte. Es machte mir Spaß, das merkte ich, in jeder Faser meines Körpers. Diese sechs Monate sollten die Besten meines Lebens werden – auch wenn dieses leichte Stechen in meinen Eingeweiden blieb. --------------------------------------------- Bin gespannt, was ihr sagt :):):) bin für anregungen offen =) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)