Six Months - Die Symphonie deines Herzens von *Fane* (The-Bella-und-Edward-All-Human-Story) ================================================================================ Kapitel 16: Coda: Traurige Gewissheit - Teil 2 (Bella) ------------------------------------------------------ Musik: a walk to remember (score) - the kiss http://www.youtube.com/watch?v=io-_f--g6t0 Bild zum Kapitel: http://img41.imageshack.us/img41/451/bannerteil2.jpg Wo war ich da herein geraten?, fragte ich mich ununterbrochen die ganze Woche über. Doch wenn ich Edward in den Laborübungen ansah, wusste ich wo hinein… Wir sahen uns nicht sehr oft bzw. redeten nicht viel außerhalb der Laborübungen, da schon ab dieser Woche verstärkt Proben für das Konzert der Musikfakultät angesetzt worden waren. Nicht erst, wie Edward mir berichtete, ab übernächster Woche. Sein Dozent schob Panik, teilte er mir mit, obwohl Edward selbst das ganz locker sah. Tja, dachte ich innerlich, vermutlich lag die Panik des Dozenten auch weniger an Edward… Somit schoben wir unsere Treffen für die Laborversuche auf nächste Woche, wo Edward etwas mehr Luft hatte, und machten alles Weitere per Telefon. Dass Mr. John oder ein adäquater Ersatz, immer noch nicht da war, bürdete uns zusätzliche Arbeit auf – und Treffen. Alice Übermut war kaum zu bremsen gewesen. Sie war mehrmals die Woche über abends bei mir gewesen, hatte mit Farben und Schnitte angehalten. Sie wollte, dass mein Kleid perfekt wurde. Perfekter als sonst schon, betonte sie dann immer wieder. Letztendlich kam sie am Sonntagabend zu mir und zauberte ein weißes, knielanges Kleid hervor. Sie hatte es mit dunkelviolettem Stoff verziert und eine Schleife um die Taille gebunden. Dazu reichte sie mir noch eine bis zum Knöchel reichende Leggings. „Nichts sagen, anziehen“, forderte sie mich auf. „Los, beeil’ dich!“ Ich nickte rasch und schlüpfte in das Kleid. Sie band mir die Schleife im Rücken zusammen, zupfte an der Leggings herum, rückte alles zurecht und stellte schließlich die Schuhe vor mir hin, während ihre Finger schon längst wieder in meinen Haaren waren. „Darf ich dir die hochstecken? Oder ein paar Locken? Oder-“ „Nein, bloß nicht!“, schritt ich ein. Ich will ja nicht wie die Prinzessin auf der Erbse aussehen, schoss es mir durch den Kopf. So fühlte ich mich sowieso schon… „Das sähe so toll aus…“, schwärmte Alice gequält und wippte hinter mir auf und ab. Endlich hatte ich die, ausnahmsweise mal flachen, Schuhe an. „Ich mache dir so ganz leichte Wellen ins Haar, ja? Und danach nur ein klitzekleines bisschen Make-up-“ „So wenig wie letztes Mal?“, meinte ich mit vorwurfsvollem Blick zu ihr. Sie verdrehte zu sich selbst die Augen. „Ach, was frag’ ich eigentlich? Still sitzen, ich mach das schon.“ Im Endeffekt hatte sie meine Haare gewellt, mich auch geschminkt und mich dann so ins Auto geschoben. Den Umschlag hatte ich in der Hand. Was soll’s… „Er wird sich so freuen“, wirbelte sie auf dem Fahrersitz auf und ab. Ich lächelte in mich hinein und erschauderte sanft – vor Freude … war es gelogen, wenn ich „vor großer Freude“ dachte? „Offiziell hole ich unsere Großeltern ab, aber das macht Emmett, der eigentlich Rosalie abholen sollte, aber sie kommt selbst“, plauderte Alice darauf los und so ging das die ganze Fahrt über weiter. So wirklich lauschen tat ich nicht. Mein Herz pochte wieder ungesund in meiner Brust, während ich den Umschlag in meiner Hand hielt. Er war leicht ausgebeult, weil ich noch etwas anderes rein gelegt hatte. Ich hatte ihm einen Anhänger aus Blei geformt. Weil ich mich zu der Herzform nicht durchringen konnte, ich hatte es einfach nicht gekonnt, hatte ich den Anhänger kreisförmig gemacht. Den Rand des Anhängers hatte ich mit einem Holzstäbchen gewellt und das ganze schließlich an einen Schlüsselanhänger gemacht. Letztlich hatte ich es mit Silber überstrichen und mit schwarzer Farbe ganz fein mehrere Noten darauf gemalt. Es war nicht das Kunstwerk schlecht hin, aber ich wollte ihm noch etwas Persönliches schenken. Endlich angekommen stiegen wir aus und ich folgte Alice ein wenig schüchtern die Treppen hoch. Ich fragte mich doch irgendwo, ob er sich wirklich freute… Sie schloss auf und wandte sich zu mir. „Warte kurz hier draußen, ich hole ihn her.“ Alice huschte durch die Tür und ließ sie angelehnt vor mir. Als sie sich einen Augenblick später wieder öffnete, war es Edward, der dahinter stand. Es gab in diesem Moment nichts Fesselnderes, als seine wunderschönen Gesichtszüge zu beobachten. Zunächst schienen sie – natürlich – jemand völlig anderes erwartet zu haben. Dann weiteten sich seine Augen leicht und er öffnete, nach Worten suchend, den Mund. Seine Lippen formten sich immer wieder anders. Dann hoben sich seine Mundwinkel immer breiter und er wisperte überwältigt: „Bella… du-“ Er nahm mich bei der Hand und zog mich in den Flur. Ließ mich allerdings dort nicht stehen, sondern schob mich nach links weiter in den Gang und lehnte mich dann gegen die Wand – keine Glaswand mehr, wie er sicherlich beabsichtigt hatte. Ich war noch gar nicht soweit, doch er hatte sich schon an mich gepresst und begann meine Lippen innig wie drängelnd zu umspielend. Ich japste in den kurzen Pausen zwischen den Küssen nach Luft. Sie schmeckten unvergleichlich. Er ließ mir einen Augenblick zum durchschnaufen und machte, nicht ohne meine Hand weiter festzuhalten, einen Schritt zurück. Er musterte mich ausgiebig, wie ich seinem Gesicht entnahm. Das Grün seiner Augen leuchtete und feine Härchen rundeten, vom schwachen Licht des Flures gezeichnet, seine markanten Gesichtszüge ab. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, ergriff ich – tonlos vor Aufregung – das Wort. „Du siehst toll aus“, lobte er leise. Er sah mir in die Augen. „Dass- dass du gekommen bist-“ „Deine Schwester hat, ähm, Überzeugungsarbeit geleistet-“, warf ich ein. „Sie hat dich gezwungen“, lachte er. „So ähnlich“, stimmte ich in sein herzliches Lachen ein. Er rückte etwas näher zu mir und legte die Hände auf meine Hüften. Meine Finger spielten mit seinen ordentlich gegelten Haaren. „Du glaubst gar nicht wie glücklich ich bin, dass du da bist. Das ist wirklich mein schönstes Geburtstagsgeschenk.“ „Apropos Geschenk.“ Ich hielt den Umschlag hoch. „Ich fürchte, ich muss gestehen, dass das auch unter anderem Alice’ Idee war und ich mir nicht so sicher bin, ob du das toll findest… also eigentlich beides, ich meine ihre Idee und meine kleinere, eigene“, druckste ich herum. „Lass mal sehen. Ich wette, es ist toll“, urteilte er vorschnell, während er noch den Umschlag öffnete. „Dagegen sind meine anderen Geschenke langweilig.“ Ich erhaschte seinen zärtlichen Blick. Er griff zuerst zu dem Anhänger und ich begann sofort mich zu rechtfertigen: „Also, es war eigentlich mehr ein Versuch und- also, ich- wenn du es nicht magst, ich hab- also ich bin kein großer Künstler und-“, stotterte ich, doch letztlich küsste er jedes Wort fort. Mit der Stirn an die meinige gelegt, sagte er leise: „Ein schönes Paar Schuhe oder ein gutes Buch kann ich mir kaufen. Aber das hier, ist etwas ganz besonderes.“ Er schaute noch einmal darauf, hielt es fest in der Hand und gab mir einen Kuss auf die Lippen, über den ich dann – erleichtert – sagte: „Das in der Karte kannst du dir auch später-“ „Da ist noch etwas?“, fragte er nach, er wirkte ein wenig durcheinander, und war sofort dabei, die Karte herauszuholen. „Das war eindeutig Alice’ Idee“, meinte ich unsicher und beobachtete jede Regung in seinem Gesicht, während seine Augen darüber huschten. Schlagartig hellte sich sein Gesicht auf. „Wirklich?“ Er holte strahlend Luft. „Wirklich??“, fragte er etwas lauter nach. Ich nickte langsam und sagte ein Hauch lustlos: „Ja…“ Er schlang die Arme um mich und hob mich hoch. Ich kicherte unwillkürlich. Wie kindisch wir waren…, schoss es mir durch den Kopf. Er hielt mich über sich, ließ mich langsam sinken – direkt auf seine Lippen – und schenkte mir leidenschaftliche Küsse. „Du solltest deiner Schwester auch danken“, flüsterte ich und strich eine seiner Haarsträhnen wieder an den richtigen Platz. „Ja, ausnahmsweise hat die Nervensäge mal was richtig gemacht“, hauchte er mir entgegen und küsste mich innig weiter. Wir konnten uns dem nicht entsagen… Ich riss den Kopf herum, als das Türschloss klackte und Emmett und zwei andere Personen hindurchstolzierten. Einen Hauch zu panisch stieß ich Edward von mir weg, der viel gelassener einen Schritt zurücktrat. Dabei war es sowieso schon zu spät gewesen. „Hallo, grüßt euch“, sagte Edward mit lauterer Stimme und zog mich an der Hand mit sich. Er umarmte seine Großeltern, wie ich dann mitbekam, und zog mich näher an seine Seite. Emmetts Blicke feixten mir entgegen. Er zog frech grinsend die Augenbrauen mehrmals hoch. Ich konnte nicht anders, als sein Grinsen zu erwidern. „Deine Freundin?“, fragte seine Oma nach den ganzen Glückwünschen und deutete auf mich. Sie sah so gar nicht nach einem Oma aus reichem Hause, wie ich mir sie vorstellte… Perlenkette, Hut, Pelzmantel. Im Gegenteil, sie war einfach gekleidet und wirkte warmherzig und freundlich, genau wie ihr Mann, den ich nur kurz gesehen hatte. „Ja“, nickte Edward und drückte mich fester an sich. „Hübsches Mädchen“, lobte sie liebevoll grinsend und schüttelte mir dann kurz die Hand, bevor sie ihrem Mann durch die Glastür, die Emmett den beiden aufhielt, folgte. „Ja, das ist sie und noch viel mehr“, säuselte Edward zu sich selbst, warf mir einen kurzen zärtlichen Blick zu, bevor wir den Dreien folgten. Ich konnte mir selbst nicht verschweigen, dass ich von allen fremden Augenpaaren wie das dritte Weltwunder angesehen wurde. Vielleicht hätte Edward das, was zwischen uns war, auch nicht so offensichtlich machen sollen… Ich begrüßte zuerst Edwards Familie, Jasper und Rosalie, die dann eintraf, und danach wurde ich den übrigen Gästen vorgestellt. Zum einen den Geschwistern seines Vaters. Seine Tante mit Mann und einem Kind im Kinderwagen und sein Onkel mit Frau und etwas älteren Zwillingen. Zum anderen einer befreundeten Familie, den „Denalis“, wie er sagte, mit drei schon älteren Töchtern. Sie schienen mir gegenüber, warum auch immer, nicht sehr wohl gesonnen. Die vermutlich Älteste hatte nicht mehr, als einen… gleichgültigen oder kühlen, ich war mir nicht sicher, Blick für mich übrig. Ansonsten wirkte es in dem großen Wohnzimmer sehr belebt. „Puh, mir ist warm“, hörte ich Edward neben mir nuscheln und jetzt erst wich mein Blick von seinem Gesicht und erhaschte atemberaubende Eindrücke von seinem Körper. Er trug einen schwarzen Anzug, ganz adrett, und ich musste schlucken, um ihn nicht mit offenem Mund anzustarren. Wahnsinn, dass ein menschliches Wesen, so umwerfend aussehen konnte… Unter seiner Anzugjacke verbarg sich ein hellgraues, betontes Hemd, das seidig schimmerte. Darauf lag eine extra schmale schwarze Krawatte, die seinen strammen Oberkörper betonte. Wie gut er aussah, dachte ich anerkennend in Gedanken und musste mich kurz erinnern, wie schön er ohne Kleidung war und wie sich seine Berührungen sich angefühlt hatten… Locker war das richtige Wort. Ungezwungen, fand ich noch besser. Edward und ich nahmen uns einen Teller vom längst eröffneten Buffet und setzten uns zu seinen Großeltern auf die Couch. Sehr nette Leute, wie ich feststellte. „Aber jetzt sag mal, Edward, wer ist das Mädchen neben dir? Abgesehen von ihrem Namen“, fragte sein Großvater neugierig. „Das Wundervollste, was ich bisher kennen gelernt habe“, griff er ganz tief in die „Kitsch-Kiste“, sodass ich errötend auf mein Glas Champagner herabsah. Und doch schmeichelte es mir auch ungemein. Er legte seine Hand auf meine. „Das dachte sich dein Opa bestimmt“, lachte seine Oma daneben. „Erzähl’ uns von ihr bzw. erzähl’ du uns von dir“, sagte sie dann zu mir gewand. Nun musste ich wohl oder übel wieder aufsehen und tat es auch bereitwillig. „Ich studiere in diesem Semester auch an der University of Washington, allerdings Medizin und ich kenne Edward aus einem Biologiekurs, den wir beide interessehalber belegen. Eigentlich komme ich aus Deutschland und mache hier mein Auslandsjahr“, ratterte ich wie eine Maschine herunter. „Na so was“, meinte seine Oma und schaute zu Edward. „Aber enden eure Semester nicht relativ bald nach deinem Konzert, Edward? Wie macht ihr das denn dann? Du bist dann ja nicht mehr lange da oder bleibst du länger?“, fragte sie dann mich. „Nein“, kam ich Edward zuvor. „Ich fliege Anfang März zurück.“ „Ja und wenn es so sein soll“, begann Edward verheißungsvoll, „gehe ich mit ihr nach Europa.“ Das war eine dieser klassischen Situationen, die man eigentlich nur aus dem Film kannte, wo es schlagartig im Raum verstummte und alle nur Edwards Satz gehört zu haben schienen. „Wirklich…?“, fragte seine Oma ungläubig nach, schaute ihren Mann an und dann in die Runde. „Aber du sprichst doch gar kein Deutsch…“ „Die Sprache der Musik ist überall gleich“, sagte Edward leichthin und zuckte kurz mit den Schultern, als wäre es das Normalste von der Welt. Mein Herz schien aufgehört haben zu schlagen. Wie konnte er so etwas so leichtfertig in den Raum werfen? „Apropos…“, meinte seine Mutter lächelnd und winkte ihn zu sich. „Willst du uns nicht etwas vorspielen?“, lenkte sie geschickt ab. Ihr Lächeln wirkte nicht mal halb so ehrlich wie sonst. Edward stand nach kurzem Zögern auf und ging in Richtung Klavier. Mrs. Cullen flüsterte zwar, doch über das noch relativ leise Gemurmel um mich herum und die geringe Entfernung zum Klavier hörte ich jedes Wort. „Musste das jetzt sein? Musstest du das ausgerechnet jetzt sagen?“, zischelte sie. „Warum nicht? Was gibt’s einzuwenden?“, konterte Edward, der sich vor das Klavier gesetzt hatte, während seine Mutter sich zu ihm herunter beugte. „Allein schon wegen Tanya!“, verdeutlichte sie leise. Tanya? Hieß so nicht ein Mädchen von eben?, fragte ich mich prompt. Welche von ihnen noch mal? Und was hat sie damit zu tun? „Ich kann nicht ewig auf sie Rücksicht nehmen!“, flüsterte Edward zurück. „Und warum soll ich nicht allen sagen, was Sache ist, wenn es stimmt?“ Er wartete und ich erkannte im Augenwinkel seinen festen Blick zu ihr. „Wenn sie es will, folge ich ihr überall hin, das habe ich doch damals schon gesagt, oder?“ „Aber ausgerechnet heute-“ Mr. Cullen kam dazu und legte seiner Frau eine Hand auf die Schulter, sodass sie verstummte. „Darf ich mir, trotz deines Geburtstages, etwas wünschen?“, fragte sein Vater gelassen. „Esme? Carlisle?“, ertönte es plötzlich hinter den beiden. Sie stoben auseinander und das Mädchen, eine Tochter der Denalis, trat hervor. „Ich möchte mich verabschieden. Ich fühle mich nicht ganz wohl…“, meinte sie gequält lächelnd, doch es sah alles andere als echt aus. „Fehlt dir etwas? Soll ich dir etwas mitgeben?“, fragte Mr. Cullen nach. „Nein, nein, alles bestens.“ Sie schaute zu Edward. „Wir sehen uns.“ Ihr Tonfall war zwar einerseits gleich geblieben, andererseits war dessen Unterton… merkwürdig gewesen. Komisch alles irgendwie… „Mach’s gut, Tanya, bis dann“, sagte Mrs. Cullen, umarmte sie kurz und Tanya, jetzt wusste ich, dass sie es war, stiefelte hinaus. „Mein Lieblingsstück?“, fragte Mr. Cullen nach einer betretenden Pause. Edward nickte mit hartem Gesichtsausdruck und begann zu spielen. Ich beobachtete ihn dabei, doch was ich denken sollte, wusste ich nicht… Wenn sie es will, folge ich ihr überall hin, hallte es in mir. Und damit verbunden die naheliegendste Frage: Würde ich es wollen? „Tanzt du?“ Wenn es so sein soll, gehe ich mit ihr nach Europa… „Ich meine, würdest du mir die Ehre erweisen?“ Und warum soll ich nicht allen sagen, was Sache ist… „Sag mal, träumst du mit offenen Augen?“ Nun sah ich zu Edward hoch. Ich hatte nicht mitbekommen, dass er erstens sein Klavierspiel beendet hatte und zweitens nun vor mir stand. „Nein, tut mir leid, was?“, fragte ich nach. „Ob du tanzt? Ob du mit mir tanzt?“, wollte er wissen. Sein Lächeln war beeindruckend schön. Ich warf einen Blick über die Schulter und erkannte, dass ein paar Personen auf der breiten Fläche des Wohnzimmers tanzten, während Mrs. Cullen spielte. „Nein, ich… ich glaube, ich brauche etwas frische Luft“, meinte ich knapp. Oder ich wollte wissen, was das alles sollte bzw. was das alles auf sich hatte. Wie beabsichtigt ging Edward mit mir auf die Terrasse. Ich stellte mich an die Brüstung, wo wir Silvester auch gestanden hatten. Schöne Erinnerungen… „Warum sagst du so was?“, rutschte es mir raus, ehe ich mir überlegt hatte, wie ich das Thema ansprach. „Ich sage die Wahrheit“, sagte er eindringlich und nahm meine Hand, die ich nicht mächtig war, ihm zu entziehen. „Es ist mir egal, wo auf der Welt du bist. Ich gehe mit dir überall hin, solange du mich willst. Das kann jeder wissen und wird kein Geheimnis sein.“ Ich atmete mit hängenden Mundwinkeln tief durch und schaute auf seine Krawatte. Er machte es mir so schwierig, ihm fern zu bleiben, obgleich letzteres richtig wäre. Wo waren meine Vernunft und mein eiserner Wille hin? Wie hatte er mir sie nehmen können? Ich blickte auf und erkannte tiefe, grüne Augen in seinem liebevollen Blick. Damit. Er kam näher und küsste mich rasch, ehe er mich von der Balustrade wegzog, eine Hand auf meinen Rücken und die andere in die meinige, ein wenig von uns abgespreizt, legte. „Deine Hand auf meinen Rücken“, wies er mich grinsend an. Ich bemerkte völlig weggetreten so langsam, was er vorhatte. „Ich kann nicht tanzen“, gab ich zu. „Ich habe nie so einen Kurs gemacht…“ „Den brauchst du auch nicht“, flüsterte er mir ins Ohr. „Hör einfach auf die Musik…“ „Die wir hier leider kaum hören“, grummelte ich verdrießlich. Edward schien mich zu ignorieren und legte meine Hand auf seinen Rücken. „Hör einfach auf die Melodie…“, hauchte er und begann irgendeine zu summen. „Hättest du das nicht erstmal mit mir besprechen können? Und mich nicht so überrumpeln können?“, griff ich das Thema wieder auf, während wir etwas taten, dass er tanzen und ich hin und her tapsen nannte. „Da gibt es nichts zu besprechen“, äußerte er sich. „Ich will bei dir sein, wo auch immer auf dieser Erde.“ „Aber-“, wandte ich ein, doch er unterbrach mich. Niemand sah dem anderen ins Gesicht. „Und eigentlich weißt du das schon, seit unserem ersten Kuss. Da habe ich dir genau dasselbe gesagt“, erinnerte er mich. „Ich weiß, dass du zurück musst, aber ich habe hier keine Verpflichtungen-“ „Doch“, widersprach nun ich und wich etwas zurück, um ihn ansehen zu können. „Was ist mit deinen Eltern? Deinen Geschwistern? Deinen Freunden?“ Er schaute mir so tief in die Augen, dass es mich fast benommen machte. „Natürlich sind sie nicht begeistert, vor allem wenn ich – dem Anschein nach – diese Entscheidung so Hals über Kopf treffe, aber ich bin mir sicher. Und ich werde sie ja auch noch ab und zu sehen, aber dich will ich immer sehen…“ Er strich mit der Hand an meinem Rücken hinauf zu meinem Nacken und führte mein Gesicht zu seinem, um mir einen am ganzen Körper kribbelnden Kuss zu schenken. Für heute Abend war das Thema passé. Obwohl ich noch viele andere hatte… Er setzte sich am Montag zu mir, während ich bereits in meinem Ordner ein paar Stoffeigenschaften nachsah. Kurzzeitig spürte ich seine Lippen auf meiner Wange. „Hat keiner gesehen“, flüsterte er wie ein Geheimagent. Ich konnte nicht mal protestieren und musste unweigerlich in mich hinein lachen. „Und? War es gestern so schlimm?“, wollte er wissen und rückte etwas näher zu mir. „Es war-“ Ich wollte erträglich sagen, doch plötzlich kam mir die Sache mit uns wieder in den Sinn, aber vor allem noch etwas ganz anderes. „Sag mal…“ Ich wandte den Kopf zu ihm. „Was war eigentlich mit dieser Tanya los? War sie wirklich krank? Es hörte sich… nicht sehr glaubwürdig an…“ Edward schüttelte leicht den Kopf und wirkte auf einmal nervös. „Sie… also mein Dad hat noch mal angerufen später und es ist alles in Ordnung. Ich schätze, sie hatte nur einen schlechten Tag oder so…“ „Und das hatte nichts mit mir zu tun oder?“, fragte ich direkt. „Nein, warum sollte es? Sie kannte dich ja gar nicht, mach’ dir keinen Kopf, sie hatte bestimmt nur ihre Tage“, grinste er keck. „Standardausrede“, verdrehte ich die Augen, er küsste noch mal meine Wange und holte dann seine Unterlagen hervor. Es war doch eigentlich hoffnungslos… oder?, fragte ich mich kurz. „Ach übrigens…“ Er beugte sich hervor und ich konnte seine Lippen nahezu an meinem Ohr spüren. „Heute Abend, sieben Uhr, wie damals.“ „Was?“ Ich drehte den Kopf entrüstet zu ihm. Sein Gesicht war so nah an meinem, dass ich zurückweichen musste, damit ich nicht in Versuchung gelangte. „Heute Abend? Können wir nicht-“ Er schüttelte bereits die ganze Zeit den Kopf und wandte ein: „Keine Chance. Ich möchte nicht, dass du es dir anders überlegst. Außerdem hast du es mir ohne Zeitspanne geschenkt und ich fordere es sofort ein.“ Sein Grinsen wurde ein Hauch breiter. „Nimm einfach das Kleid von gestern, das stand dir so gut und ich hole dich dann ab.“ „Edward, wir haben diese letzte Woche fast nichts für die Versuche geschafft und müssen uns diese Woche so gut wie jeden Tag treffen, um alles nachzuholen und du hast ja auch deine Proben. Findest du nicht, dass es jetzt total ungünstig ist?“, appellierte ich an seine Vernunft. „Nein“, sagte er schlicht und stand auf. Er ließ mir keinen Raum zum kläglichen Widerstand. „Wie viele Reagenzgläser brauchen wir?“ „Sechs“, grummelte ich nach einem Blick auf meinen Zettel. „Sieben“, meinte er triumphierend und deutete auf den letzten Stichpunkt der Aufzählung. Ich seufzte. Das war eine saublöde Idee, Alice!, fluchte ich, als ich mich am Abend fertig machte. Und der Zeitpunkt war noch viel blöder, Edward! Der Berg Arbeit bereitete mir, obwohl die Abschlussarbeit fertig war, Kopfschmerzen. Fast fertig zupfte ich mit einer Hand noch an meinen Haaren herum, während die andere ein paar Habseligkeiten in meine Handtasche warf. Ich bemerkte, dass mein Handy blinkte. Eine SMS meiner Mutter: Hey Schatz, wie geht es dir? Morgen ist mein großer Tag! Ich werde dir sofort berichten, wenn es erste Ergebnisse der Untersuchung gibt! Ich bin sehr aufgeregt und guter Dinge. Vor allem sehe ich dich in gut zwei Monaten wieder… hab dich lieb, deine Mama. „Ich dich auch, Mum“, sagte ich laut und steckte das Handy ebenfalls ein. Ich würde später zurück schreiben, denn es war drüben sowieso schon mitten in der Nacht. Jetzt hatte ich erst mal ein- Ich riss die Augen vor Selbsterkenntnis auf. Date? Hatte ich ein Date?? Kopfschüttelnd verließ ich die Wohnung. „Ich suche den Film aus“, flötete er lächelnd. Seine gute Laune war grauenhaft ansteckend. Sie hielt seit dem ersten Augenblick, als ich ihn sah, an. Wir waren in demselben Kino wie damals, nur, dass dieses Mal alles anders war. Edward schaute auf die Wand, wo die Kinoplakate Filme anpriesen und tippte dann gegen eines. „Liebesschnulze“, urteilte ich trocken. „Perfekt“, urteilte er im Gegenzug nur und gab mir einen raschen Kuss. „Edward!“, rief ich rasch, da er davon gehen – fast hüpfen, dachte ich Augen verdrehend – wollte. Er wandte sich zu mir um. „Normale Plätze.“ Er grinste schief und willigte ein. „Okay, ausnahmsweise, weil du es bist.“ Er zwinkerte mir zu und lief dann zu den Ticketschaltern. Ich lachte leise in mich hinein. Es war alles mit ihm schon unwirklich genug, da war etwas Realität – normal im Kino sitzen, wie alle anderen auch – angebracht, um mich auf dem Boden der Tatsachen zu halten. Andererseits war alles gerade so… gelöst, so schön. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und biss mir auf die Lippe, um nicht übermütig zu grinsen. Schmetterlinge flatterten in meinem ganzen Körper – bis in die Zehenspitzen. Vielleicht eher Ameisen… von der Intensität des Gefühls her… „Weißt du denn schon, wo wir danach hingehen?“, wollte ich wissen, als wir unsere – normalen – Plätze eingenommen hatten und die Vorschau noch lief. „Sicher, ist alles reserviert“, antwortete er, als wäre es eine Schmach so etwas zu fragen, und blickte sanft zu mir. Das Licht flackerte an einer Gesichtshälfte. „Na dann“, murmelte ich über dem Popcorn und meinte dann: „Keine Sorge, ich habe nachher noch Hunger“, ich grinste, „und ich gebe dir auch etwas ab.“ „Das hoffe ich doch…“, küsste er meinen kauenden Mund. „Okay, das… ist eklig“, war mein Kommentar, das uns beide leise zum lachen brachte. Unsere Aufmerksamkeit wurde nun eingefordert, da die Lichter erloschen und der Film begann. Edward tastete im Dunklen nach mir, nahm eine meiner Hände von der Popcorntüte und legte sie umgedreht auf die Lehne zwischen uns. Mit seinen weichen Fingerkuppen glitt er zärtlich über meine Handinnenfläche, bis zu den Fingerspitzen. Ein erregendes Gefühl, das mich kurzzeitig erschaudern ließ. Er verschränkte seine Finger mit meinen und dann ruhten sie ineinander. Ich wand den Kopf vom Film zu ihm ab. Er wartete ein paar Sekunden, obgleich er meinen Blick sehr wohl bemerkte – er sah gar nicht mehr richtig auf die Leinwand –, senkte dann grinsend den Blick und schaute mir sanft in die Augen. Unsere Gesichter immer wieder vorübergehend durch den Film erleuchtet. Ich öffnete leicht die Lippen und beugte mich minimal zu ihm. Er kam meiner Andeutung nach, näherte sich mir und küsste mich liebevoll. Glücklich legte ich kurz die Stirn an seine Wange, sodass sich unsere Nasenspitzen berührten. Daraufhin rutschte ich in meinen Sitz etwas herab und kuschelte mich mit dem Kopf an seine Schulter, seinen Arm mit den beiden meinigen umschlossen. Edward küsste mein Haar und richtete den Kopf dann wieder zu dem Film. Es war ein schönes Gefühl, alles zulassen zu dürfen. Herrlich angenehm. Noch wunderschöner, dass er das wollte. Würde ich mein Leben mit ihm verbringen dürfen?, fragte ich mich, während ich so bei ihm lag und nur den Ton des Films vernahm. Ich schloss die Augen. Ich schlief nicht, ich genoss. „Hast du überhaupt etwas vom Film mitbekommen?“, lachte Edward, als wir Hand haltend aus dem Kinosaal spazierten und nun am Auto angekommen waren. „Klar, sicher, ich hab nicht geschlafen“, erwiderte ich und fasste seine Hand einen Hauch inniger. „Und jetzt in die Höhle des Löwen?“ Er grinste, als er mir die Autotür aufhielt. „Essen gehen“, seufzte ich. Ich hatte bisher keine solch schönen Erfahrungen damit gemacht – also mit Essen in Verbindung mit Edward allgemein. „Und hör auf zu lachen“, mahnte ich, als er ebendies tat. Edward presste die Lippen zusammen und setzte sich dann auf den Fahrersitz. „Ich passe schon auf dich auf, keine Sorge“, versprach er, holte sich einen Kuss bei mir ab und startete den Motor. Edward legte das Besteck beiseite und trank einen Schluck. Sein Grinsen feixte mir förmlich entgegen. „Und… lebst du noch? Oder ist es so schlimm?“, neckte er mich. Ich schmunzelte und ließ kurz ein und aus atmend den Blick schweifen. Wir hatten einen Einzeltisch in einem kleinen Wintergarten mit zahlreichen Blumen, anderweitigem Gestrüpp und einem plätschernden Brunnen. Und ich vermutete stark, dass angesichts des ausreichenden Platzes, hier sonst mehr Tische standen. „Nein, alles in Ordnung“, meinte ich und nahm dann auch den letzten Bissen des Hauptgerichtes. Recht bald räumte der Kellner ab. „Noch mal bitte“, meinte Edward und deutete auf unsere Wassergläser. „Zwei mal Champagner noch dazu. Ach und“, fiel ihm ein, „können Sie bitte den Nachttisch erst in zehn Minuten servieren?“ „Wie Sie wünschen“, nickte der Kellner freundlich und nahm das gesamte Geschirr dann mit. Irritiert sah ich dem Kellner hinterher und blickte dann Edward grinsend an. „Willst du mich erst abfüllen?“ „Nein“, lachte er. „Aber ich brauche gleich kurz Zeit“, schilderte er lediglich, was mir aber nicht wirklich etwas erklärte. Mein Herz reagierte, es schlug bedenklich schneller. Wir warteten auf den Champagner und dann darauf, dass der Kellner wieder ging. Edward sah mich verheißungsvoll an, atmete einmal durch, räusperte sich und langte nach meinen Händen, die er in der Tischmitte mit seinen Händen liegen ließ. „Ich hab überlegt, wann der beste Zeitpunkt ist, das noch mal… ‚anzusprechen’“, zögerte er und ich wurde immer verwirrter. „Damals ist das gänzlich schief gelaufen, aber jetzt glaube ich, dass es richtig ist und besser laufen wird.“ Ich schwieg und beobachtete, wie er mit einer Hand in seine Hosentasche griff, mit der anderen meine linke Hand etwas hoch hielt. Mein Herz raste in meiner Brust, piekste mich, als ich verstand, was er hervorholte und in Begriff war zu tun. Langsam, den Blick dabei abwechselnd auf mich und auf meine Hand gerichtet, führte er den Ring von Weihnachten auf meinen Finger. Er wog sich schwer an meiner Hand und auf meiner Seele. Zu viele Altlasten… „Bella, ich liebe dich und ich würde mich freuen, wenn du ihn trägst“, gab er leise preis. Ich holte Luft, blieb jedoch stumm. Es fühlte sich auf einmal alles so verbindlich und für immer an, obwohl ich bis eben noch ein so durchdringendes Gefühl von Leichtigkeit in mir verspürt hatte. Ein auf und ab. Ein Schwenk in die unendliche Tiefe meiner Liebe für ihn, ein Schwenk in die Angst und in den Trotz. Von einem Extrem zum anderen. Es kam einfach darauf an, welche Seite in mir gerade Oberhand hatte… „Du darfst etwas sagen, wenn du möchtest“, meinte er schmunzelnd. Meine Hände in seinen. „Ähm“, machte ich. „Ja. Super. Danke.“ Super Antwort, Bella, seufzte ich innerlich. Edward lachte verhalten. „Gern geschehen.“ Mein Blick fiel auf den Ring. Aber er hatte recht. Es war heute definitiv der beste Zeitpunkt gewesen und vermutlich auch der einzige, an dem ich ihm den Ring nicht sofort zurückgegeben oder um die Ohren geschmissen hätte. Heute war ich zu überwältigt von meinen Gefühlen für ihn. Heute war ich zu schwach zum Widerstand. Heute dominierte mich die eine, besondere Seite in mir… „Darf ich dich küssen?“, fragte er nach. „Bevor du mir meinen Nachttisch noch mehr versüßt als sowieso schon?“ Ich lachte leise, als ich die Anspielung auf die Sache in der Mensa damals verstand. „Ja, du darfst“, gebot ich ihm und wir lehnten uns beide zum Kusse nach vorn. Ich fasste mir ein Herz und gab ihm auch etwas zurück, als unsere Gesichter so nah beieinander waren. „Ich liebe dich übrigens auch.“ Er lächelte schief und küsste mich nochmals – so süß, dass ich keine Nachspeise dieser Welt gebraucht hätte… ------------------- ... .. . :):):) hach... aber darf ich euer hochgefühl, angesichts des mal "schönen" endes, etwas trüben ? es wird nicht so bleiben ;) obwohl... eigentlich schon, aber es wird was anderes passieren ... mhmmmmm ...^^ freue mich sehr über kommis ^^^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)