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Nur einmal Glück

Zwei Schicksale
von

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Sie und ihr Leben

„Das kann doch nicht wahr sein. Ich komm schon wieder zu spät", brüllte sie als die Uhr den Stundenzeiger auf Zwölf ausrichtete und der Minutenzeiger die Sieben fixierte. Krachend flog die Wohnungstür hinter ihr zu und ihr Rucksack schaffte es knapp einer beklemmenden Situation zu entkommen. Mit hastigen Schritten nahm sie immer nur jede zweite Stufe und riskierte dabei das Gleichgewicht zu verlieren. Quietschend bog sie mit ihren schwarze-orangen Turnschuhen im Treppenhaus um die linke Ecke. Die enge dunkelblaue Jeans rutschte etwas als sie die letzten Stufen sprang. Fast hatte sie sich das gelb-schwarze, ärmellose Top zerrissen als sie aus der Gebäudetür stürmte. Sie jagte die Hauptstraße entlang die sich vor dem Hochhaus erstreckte aus dem sie kam. Noch zehn Minuten bis ihre Schicht begann. Der Rucksacks schwenkte von rechts nach links, weil sie ihn nur über einer Schulter trug und schon hörte sie den Bus, der sich hinter ihr nährte. Die Haltestelle war noch zu weit weg und sie beschleunigte den Sprint so gut sie konnte. Mit einem geübten Fußgänger-Slalom kam die Haltestelle immer näher. Der Bus überholte sie und es ähnelte nun einem Wettrennen. Ihr Magen meldete sich, da sie noch nicht gefrühstückt hatte, doch das konnte sie in der Agentur nachholen, jetzt musste sie den Bus bekommen. Der Supermarkt der sich gegenüber der Haltestelle befand bekam gerade eine Lieferung und der Palette Butter, die sich auf einmal vor ihr zeigte, konnte sie nicht mehr ausweichen. Mit einem Gekonnten Grätsch-Sprung nahm sie das Hindernis wie damals das Bockspringen in der Schule. Der Bus öffnete gerade die Türen und die Leute stiegen aus, als sie endlich vor der Fahrertür bremste und ihre Fahrkarte griff. Sie blieb vor dem Bus stehen und der Fahrer sah die hechelnde Frau an. Er wirkte verwundert da sie nicht einstieg. Er wartete noch einige Sekunden, schloss dann die Türen und fuhr weiter. Schnaufend und mit gesenktem Kopf ging sie auf die Knie. Es ging ihr nur ein Bild durch den Kopf und zwar das von der Fahrkarte am Kühlschrank.

Sie rappelte sich auf und kramte in der Tasche nach ihrem Handy. Das Alte Sony Ericson hatte auch schon bessere Tage gesehen und sie suchte im Telefonbuch nach der Nummer ihres Chefs.

„Was haben sie denn jetzt schon wieder Frau Gardner", brüllte eine genervte Männerstimme. Sie lief noch immer mit gesenktem Kopf und beantwortete kleinlaut die Frage des aufgebrachten Vorgesetzten: „Es tut mir leid Herr Retmian, ich komm etwas später es kam leider etwas wirklich...." „Ich habe ihre Ausreden satt", protestierte der Mann. „Immer und immer wieder kommen sie zu spät. Sie sind noch in der Probezeit und ihr Gehalt ist schon besser als das von anderen, weil ich Mitleid mit Ihnen hatte. Kümmern sie sich darum so schnell wie möglich hier aufzuschlagen sonst haben sie schneller die Kündigung als Ihnen lieb ist!" „Sie arroganter Mistkerl. Wissen sie eigentlich was sie da sagen? Sie wissen ja nicht einmal was Mitleid ist", erwiderte sie mit fester Stimme gegenüber dem schnellen Tuten das vom anderen Ende kam. Wäre er noch dran, hätte sie das nie gesagt. Und wieder fing ein Tag wirklich verdammt gut an.
 

Als sie den Schlüssel im Schloss rumdrehte, bemerkte sie, dass sie nicht abgeschlossen hatte. Am Kühlschrank hing die Fahrkarte und der Knopf des Anrufbeantworters blinkte grün. Schnell hörte sie ihn ab.

Eine weibliche mechanische Stimme sprach nun zu ihr: „Freitag 1.Juli um 7:05 Uhr. Hallo Maus, ich bins Nicki. Ich wollt wissen ob wir uns heute nach der Versammlung treffen wollen. Denk dran unser Abi-Kurz fängt Montag an. Hast du die Gebühr schon bezahlt? Wir haben nur noch bis 15ten Zeit, vergiss das nicht. Meld dich wenn du zu Hause bist. Die Versammlung ist um 19:00 Uhr in der Fachhochschule am Stadtbrunnen. Hoffe du vergisst das nicht. Bis dann Maus."

Ach ja, das Abi, doch sie hatte es vergessen. Gebühr? Verdammt, wie hoch war die noch gleich. Darum konnte sie sich später Gedanken machen, nun hieß es ab zur Agentur. Sie achtete darauf die Tür ordentlich abzuschließen und ging langsam das Treppenhaus runter. Die Wände waren rau und weiß gestrichen, das Treppengeländer war aus einem dunklen Holzgefertigt und das teuerste im gesamten Haus waren wohl die geputzten Marmortreppen. Sie wohnte im dritten Obergeschoss und hätte auch den Fahrstuhlnehmen können, aber das letzte Mal als sie diesen genommen hatte, hatte sie einen unentschuldigten Fehltag in Kauf nehmen müssen. Und das hatte weder ihr noch ihrem Chef gefallen. Beim Gehen schaute sie noch schnell in den Briefkasten und ihr viel ein hell blauer Brief entgegen. Eine verschnörkelte Handschrift hatte „In Beileid“ auf den Umschlag geschrieben. Sie öffnete diesen Brief und bekam einen kalten und gleichgültigen Gesichtsausdruck.
 

„Sehr geehrte Frau Gardner,
 

wir wissen wie schwer der Verlust ihrer Eltern für sie sein muss. Auch wenn dies nun schon ein Jahr her ist möchten wir Ihnen unser Beileid aussprechen und Ihnen ein Angebot für eine neue Risiko-Lebensversicherung machen. Ihre Eltern haben sie nicht gut abgesichert und deswegen mussten Sie das Erbe ablehnen. Als Freund ihres Vaters möchte ich Ihnen helfen und hoffe wir können einen Termin für ein persönliches Gespräch vereinbaren.
 

Mit freundlichen Gruß

Miguel Schwarz

Versicherungsvertreter“
 

Wie dreist war das denn wieder? Alle geben sich als Freund ihres Vaters aus und versuchen sie in eine unnötige Versicherung zu treiben. Wahnsinn, ja ihre Eltern waren im vergangenen Jahr bei einem Autounfall verstorben und ließen sie mit allem alleine zurück. Sie hatte keine Großeltern mehr und Geschwister konnte sie nie bekommen, da ihre Mutter bei der ersten Geburt, also sie, Probleme bekam. Freunde hatte sie nur ihre Nicki und ihre Eltern waren nicht Arm gewesen, doch schienen sie auch genug Schulden gehabt zu haben. Sie hatte das Erbe nicht abgetreten. Es ging damals nur darum, dass die Summe des Erbes gerade einmal reichte um diese Schulden zu decken. Wie diese entstanden sind wusste sie nicht, aber noch immer knabberte sie an den letzten 1000€ die offen waren. Das einzige, was ihr nutzte, war die Eigentumswohnung die ihr vermacht wurde. Aber daran konnte sie sich wenig erfreuen, denn über Wasser halten musste sie sich irgendwie und außerdem wollte sie wirklich ihr Abi nach machen, da sie damals nicht zu gekommen war. Eine Ausbildung hatte sie dank ihrer Mutter gehabt. Auch wenn sie nichts Schriftliches dazu in der Hand hatte, da sie nie eine Prüfung machen musste. Glück? So etwas kannte sie schon seit Jahren nicht mehr. Alles ging ihr verloren, nun wollte sie wenigstens das bisschen halten das sie sich selbst aufgebaut hatte nach dem Tod ihrer Eltern.

Das Chaos beginnt

Papierkram ohne Ende. Die Angebote und Aufträge häuften sich auf ihrem Tisch. Ihr kam es so vor, als wäre sie, mit ihren 1,65m, noch kleiner als der Stapel. Ihre dunkel braunen Augen musterten das Chaos rund um ihren Arbeitsplatz und kam zu der Überzeugung, dass es ein grausamer Tag werden würde. Sie war Single und manchmal wünschte sie sich jemanden der zu Hause auf sie wartete. Nicki, ihre beste Freundin konnte nicht immer bei ihr sein, da sie schon ein Kind hatte und der kleine Zwerg brauchte ihre ganze Aufmerksamkeit. Gut das sie wenigstens in der Abendschule das Abi nachholen konnten, gemeinsam. Sie setzte sich an den Schreibtisch und fuhr den Computer hoch, dessen Tastatur unter all den Dokumenten lag. Nach einem einfachen piepen, startete sich nun das Betriebssystem und sie wollte gleich mit der Arbeit beginnen, doch ein Kollege, der relativ kleine jedoch nette und breite Martin, trat hinein und bat sie zum Chef. Nervös drehte sie ihre schulterlangen Kastanienbraunen Haare zwischen ihren Fingern und ihr war klar, dass es nun eine zweite Portion ordentlichen Zusammenschiss gab. Aber was sollte sie tun, immerhin war sie gute 90 Minuten zu spät gekommen. Auf dem Weg zu Höhle des Löwen kam sie auf die Idee einen Kaffee mitzunehmen, vielleicht würde das seine Laune etwas bessern. Doch dem war nicht so.

Mit dem Blick aus dem großen Panoramafenster des Raumes und den auf dem Rückenverschränken Armen, wartete er auf die kleine Bürokraft aus der Werbeagentur.

„Unsere Firma kann sich niemanden leisten, der seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß und pünktlich erfüllt“, begann er ruhig und sachlich. Sie schwieg und erwähnte nicht einmal, dass sie einen Kaffee dabei hatte. Nun drehte sich ihr Chef um und sie sah seinen strengen Blick. Er schaute wie damals ihr Vater, wenn sie wieder einmal Mist gebaut hatte.

Mit erhobener und vor allem überstehenden Stimme verkündete er seine Entscheidung: „Frau Gardner, das ist nun schon das zwölfte Mal in einem Monat das sie zu spät gekommen sind. Sie bekommen schon weitaus mehr Gehalt als andere Personen hier und das nur weil ich, wie schon einmal erwähnt, Mitleid mit Ihnen hatte. Sie haben nun weit aus nicht die besten Voraussetzungen für ein ruhiges Leben. Doch trotz allem, kann ich Ihnen nicht alles durch gehen lassen. Sie werden daher von mir eine Abteilung versetzt. Sie sind nun nicht mehr weiterhin für die Repräsentation des Unternehmens zuständig, sondern werden in der Verwaltung eingesetzt. Ihr Gehalt wird diesbezüglich um 10% gekürzt. Sie dürfen nun gehen.“ Sie stellte schweigend den Kaffee auf den Tisch und verließ den Raum. Kaum zu glauben das er ihr das antat. Aber immerhin hatte sie es selbst zu verschulden.
 

Der Tag war geschafft, es war 18:04 Uhr und sie konnte nach Hause gehen, doch da viel ihr die Versammlung ein. Jetzt wurde ihr klar, wie stressig es doch noch werden würde mit Arbeit und Schule.

Keine halbe Stunde später war sie schon an der Schule angekommen. Nicki wartete schon auf sie. Der kleine war nicht dabei, das war auch gut so, denn später könnte sie ihn ja auch nicht mitnehmen.

„Positiv denken…morgen ist Samstag“, flüsterte sie sich selbst zu. Sie atmete tief durch, setzte ein Lächeln auf und ging zu ihrer Freundin.

Nicki trug wie immer eine ihrer weiten schwarzen Stoffhosen und hatte sich ihre roten, gelockten Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihr Oberteil war schlicht und einfach lila und die kurze dunkelgrüne Weste trug sie nur, damit man den Fleck, den der Kleine ihr kurz vorm Gehen verpasst hatte, nicht sieht. Dann erfassten die großen, runden, blauen Augen die Person auf die sie so lange gewartet hatte. „He Maus, da bist du ja endlich. Los lass uns reingehen, es fängt ja bald an. Und danach gehen wir noch schön was trinken“, sprudelte es aus Nicki heraus und sie griff ihren Arm. Gemeinsam setzten sie sich in den großen Saal und sahen sich etwas um. Viele Leute waren da, einige scheinbar älter als die Lehrer. Ihr jedoch vielen drei Personen besonders ins Auge. Zwei saßen weit vorne und schauten sich immer um. Sie wirkten nervös und ihre Aufmachung ähnelte den einer Straßengang. Kurz geschorene Haare auf dem Kopf und Piercings die in allen Öffnungen des Gesichts steckten. Nicht sonderlich appetitlich, aber jedem sein eigener Fetisch. Der andere sah ordentlich aus. Er hatte dunkle, nicht allzu kurze aber auch nicht zu lange Haare, man sah ihn nur von hinten denn er saß gut und gerne drei Reihen vor ihr. Seine Sportjacke erinnerte sie aber an etwas, nur wusste sie nicht an was.
 

Als die Versammlung beendet war und sie den brutalen Stundenplan erhalten hatten, brauchte sie unbedingt einen Drink. Außer am Freitag hatten sie jeden Tag bis 23:30 Uhr Unterricht. Wahnsinn… und um 8:00 Uhr musste sie wieder in der Agentur sein. Sie kramte nach ihrem Handy doch als sie es heuauszog entglitt es ihr und zerschellte auf dem Boden.

„Auch das noch“, dachte sie sich enttäuscht. Nicki sammelte einige Teile auf, doch war sie nicht die einzige. Ein junger Mann half dabei und bat Nicki mit einem Blick um die Teile. Er steckte sie zusammen und schaltete das Mobiltelefon wieder ein. „ So es geht noch, du musst nur deine Pin eingeben“, sagte er freundlich und reichte ihr das Handy. Sie sah ihn etwas verwirrt an, so freundlich war außer Nicki nie jemand gewesen: „D…Danke, ich hatte es schon abgeschrieben!“ Er lächelte und verabschiedete sich freundlich von den beiden.

Nicki griff ihr auf die Schultern und meinte: „Wow das war doch der Typ, der in unsere Parallelklasse kommt. Wie hieß er noch gleich? Er wurde vorhin doch auch aufgerufen?“ Keiner von beiden erinnerte sich an seinen Namen. Er hatte doch nur ihr Handy wieder zusammengesetzt was war daran so interessant? Das hätte Nicki bestimmt auch gekonnt, sie selbst hatte zwei linke Hände das wäre bestimmt nicht gut gegangen. Egal, der Abend war noch jung, das sagte ihr die Uhr auf den Handy-Display auf die sie schauen wollte bevor es zerschellt war, dann packte sie ihr Handy in die Tasche und griff nach Nicki Hand. „Los, lass uns endlich gehen“; meinte sie lächelnd und marschierte mit ihr los.

So nah und so fern

Er stand mit seiner schwarz-roten Sportjacke vor dem Center und fragte sich warum er diese Widrigkeiten über sich ergehen ließ. Er konnte mehr, viel mehr, doch leider wollte ihn niemand trainieren. Alles was er konnte, hatte er sich in den vergangenen Jahren selbst beigebracht und das war auch gut. Mit seinen blau-grauen Augen, die eine Entschlossenheit wiederspiegelten so wie nur ein Kämpfer sie hatte, betrat er nun endlich dieses riesige Gebilde.

Er war dort ehr ein Praktikant, als alles andere, zumindest kam er sich so vor. Geräte putzen, Boden pflegen, Gäste und Schüler betreuen, Umkleiden reinigen…nicht das was er sich vorgestellt hat, als er den Job als “Assistenz Trainer“ angenommen hatte. Egal, je länger er das mitmachen würde, umso schneller wäre er eine Etage höher.

„Morgen Bryan“, rief ihm die kleine, zierliche Anmeldekraft mit den blondgelockten und hochgesteckten Haaren zu. Sie war gerade damit beschäftigt ihre Fingernägel auf die richtige Länge und Form zu feilen. Der Tresen war C-förmig und er ging gezielt auf die Halle zu, deren Eingang sich rechts hinten im Anmeldebreich befand. Die Umkleiden waren gleich neben dem Eingang der Hall und gliederten sich in die allgemeine Aufteilung Frau und Mann.

Der große Eingangsbereich war recht finster mit den dunkelroten Wände und den schwarzen Streifen, aber zu schaffen machte ihm der weiße Fliesenboden, das war nun wirklich alles andere als lustig. Die dunkelblauen Ledersofa die an den großen Fenster zur Straße hin standen, passten seiner Meinung nach kein bisschen in die Optik und diese ungewöhnliche Farbkombinationen zogen sich durch den ganzen Laden. Der Tresen war in einem grellen Gelb, damit man ihn auch nicht übersehen konnte und das einzige grüne Objekt war die Kunstpalme die, wenn er sie nicht sauber machen würde, eine fette Staubschicht beherbergte. Nach und nach nährte er sich der Hallentür.

Er spähte durch die Scheibe in der Tür und beobachtete die Schüler bei ihrem Training. All das konnte er schon, erst am Nachmittag würde er wieder lernen können, bei den älteren Gruppen. Und irgendwann würde er selbst trainieren können. Allerdings musste er dazu noch etwas an sich arbeiten. Er war nicht klein, aber momentan noch ziemlich leicht. Er müsste noch zunehmen sowohl einfach an Gewicht, als auch ein wenig Muskelmasse. Auch wenn seine Eltern dies nicht duldeten, dieses „primitive Verhalten“ wie sie es nannten, wäre ihm unwürdig. Er selber war sich sicher, dass sie den Sinn des Kampfsports nur noch nicht verstanden haben. Das hatte rein gar nichts mit primitiven Verhalten zu tun, aber nur weil die beiden Wohlhabend waren und ihm alles gekauft haben was er wollte, gingen sie davon aus, dass er ihnen aus der Hand fressen und alles glauben würde. Er hatte einen eigenen Verstand, den er auch einsetzen konnte und es auch tat. Sogar verloben wollten sie ihn. Mit einer adligen aus Paris. Er hatte dies schon abgelehnt, als seine Eltern es angesprochen haben, leider war er damals erst 17 und konnte wenig machen, doch als er endlich offiziell entscheiden durfte, hielt es sogar schriftlich fest, dass er sich seine Zukünftige alleine suchen würde. Sie behandelten ihn wie einen Prinzen, dabei war er keiner, er hatte nicht einmal blaues Blut im Stammbaum, das hatte er auch schon geprüft. Aber manchmal kam er sich wirklich so vor. Sein Vater kommt aus Paris, daher hatte er manchmal Probleme ihn zu verstehen wenn er wieder aufgebracht war, doch seine Mutter war hier aus Deutschland. Gut ursprünglich kam sie aus der Nähe von Stuttgart und nun wohnten sie bei Berlin. Aber er fühlte sich wohl hier. Das mit deinen Eltern sollte ja auch bald ein Ende haben.
 

Nun jedoch tat er das, was er immer tat. Er putzte. Demütigend war es, aber er benötigte das Geld um seine Abendschule zu bezahlen, denn auch wenn seine Eltern es gut hießen, dass er sein Abi dort nachholte. Sie trugen es ihm noch immer nach das er eine einfache Ausbildung als Koch gemacht hatte und nicht in die Geschäftswelt der beiden ein geflattert ist. Er bekam also keine Unterstützung von ihnen. Er selbst mochte seinen gelernten Beruf, aber viel lieber wäre er Trainer in seinem Sport, doch das war noch ein weiter Weg.

Das Geld hatte er noch immer nicht zusammen und bald musste er es zahlen. Neben dem Reinigen summte er einige Melodien vor sich her um sich den Tag zu versüßen, doch als er aus dem Fenster sah, erkannte er das Mädel, dem Gestern ihr Handy kaputt gegangen war. Er hatte es ihr wieder zusammengesetzt und nun rannte sie vor dem Center vorbei und hielt sich den Kopf. Es schien als hätte sie Schmerzen, sie war bestimmt noch mit der anderen, wohl ihre Freundin, unterwegs gewesen. Ihre Haare waren zerzaust und sie ging über die Straße direkt zur Apotheke gegenüber. Die Straße war klein so konnte er sie beobachten. Dabei lehnte er sich auf den Mob und kreuzte die Beine. Er fragte sich was sie dort wollte und war gespannt ob seine Frage beantwortet werden würde. Als sie wieder herauskam wollte sie eine Packung wegstecken, doch sie stolperte über ihre eigenen Füße und fiel hin. Die Schachtel, wohl Schmerzmittel, landeten auf der Straße und ein Auto fuhr darüber, das gerade auf die Straße eingebogen war. Noch immer lag sie auf dem Boden und betrachtete die geplättete Packung. Erst jetzt ließ sie deprimiert den Kopf auf die Hände sinken. Langsam versuchte sie sich aufzusetzen und holte in dieser Bewegung die Brieftasche hervor. Diese schüttelte sie kopfüber aus und steckte sie auch gleich wieder weg. Sie trug die gleichen Sachen wie am Vortag und sie tat ihm irgendwie leid, denn wirklich viel Glück schien sie nicht zu haben. Er wollte den Mob weglegen und zu ihr, jemand musste ihr helfen, sonst hätte sie wieder einen grausamen Tag. Schon am Vorabend hatte sie nicht wirklich glücklich gewirkt und nun dröhnte ihr wohl der Schädel. Doch ehe er selbst diesen Gedanken ausgesprochen hatte wurde er gerufen.

„Bryan, in der Halle ist Blut, komm und mach es bitte weg bevor es trocknet“, brüllte einer der Trainer. Er wusste nicht wie er hieß, das war ihm auch egal. Derjenige, der ihn trainieren und ausbilden würde war schon gewählt. Er nahm also den Mob und ging in die Halle. Als er noch einmal einen Blick nach hinten warf, war das Mädel schon verschwunden.

Schattenkämpfer

Sie hatte das Gefühl als würde ihr Kopf gleich platzen. Nach dem misslungenen Kaufversuch der Praracetamol Tabletten hat sie sich in ein Cafè gesetzt und wartete nun auf Nicki, die sie angerufen hatte. Doch diese kam einfach nicht. Gut, das mochte daran liegen das ihr Handy ausgewesen war und sie auf die Mailbox sprechen musste, wer weiß ob Nicki schon wach war. Nach 76 vergeudeten Minuten verließ sie das Cafè wieder. Das Center für Kampfsport hatte sie noch nie wahrgenommen, obwohl sie in der Gegend schon Jahre wohnte und die Schule auch nur drei Straßen weiter weg war. Kaum zu glauben, dass dieses gigantische Gebäude nie ihre Aufmerksamkeit geweckt hatte. Doch warum jetzt? Einige Schüler verließen das Center und sie erkannte die Sportjacken vom Vorabend. Klar der junge der ihr Handy repariert hatte musste hier sein. War er Schüler dort? Oder vielleicht sogar Trainer? Jedenfalls hatte sie das Gefühl ihr Danke gestern nicht überzeugend rüber gebracht zu haben und so wollte sie dies eigentlich nachholen, aber das konnte sie in der Schule machen, mit den Kopfschmerzen war sie gerade einmal in der Lage aufrecht zu laufen. Sie hätte mit Nicki nicht so viel trinken sollen, sie wusste das sie keinen Alkohol verträgt, warum tat sie es trotzdem? Verwundert über sich selbst schwankte sie nun wieder nach Hause.
 

(Am Montag 4 Juli2010 in der Schule)
 

„Lernt das zu Mittwoch, wir schreiben einen Test“, verkündete die Chemielehrerin Frau Hecht.

Deprimiert verließen Nicki und sie die Klasse. Nicki warf sich den Rucksack wütend über die Schultern und schnaufte: „Was denkt die Alte sich eigentlich? Bis Mittwoch? Wir haben alle noch ein Leben!“ Nicki hatte recht, aber aufregen brachte rein gar nichts. Die beiden Freundinnen verabschiedeten sich und jeder ging nun seiner Wege. Sie drehte sich noch um Nicki nach zu schauen, doch diese verschwand in der Nacht. Es war spät, immerhin schon fast Mitternacht. Geisterstunde, aber daran glaubte sie eh nicht. Sie lief schnell, denn die dunklen Straßen waren ihr schon immer unheimlich.

Einige Laternen waren wohl defekt, denn fünf Laternen waren um diese Zeit aus. Dieses mit Finsternis gefüllte Gebiet schreckte sie ab, doch sie beschleunigte einfach ihren Schritt und betrat nun diese unangenehme Dunkelheit.

Mit den Gedanken schon zu Hause bemerkte sie erst zu spät die Schritte hinter ihr. Weit riss sie ihre Augen auf und beschleunigte noch mehr. Doch mit einmal packte sie jemand an den Schultern und drehte sie rum. Sie konnte nichts erkennen nur die blanke Angst packte sie und als sie schreien wollte drückte man ihr eine große und starke Hand auf den Mund.
 

Er kam gerade aus der Schule und schaute in die Straßen links und rechts von ihm. Dabei ärgerte er sich wieder über die Stadt, da diese es wieder nicht schaffte defekte Laternen zu reparieren. Doch da war etwas. Es war dunkel, doch etwas rannte in der Finsternis. Sie betrat gerade das Licht und ihr aufgelöster Ausdruck ließ ihn erstarren, doch dann sah er eine große Hand die sie packte und in die Dunkelheit zurückzog. Ein Wimmern war zu hören und ihn packte eine furchtbare Wut. Egal was mit ihr passierte, es war nicht legal. Ohne zu zögern rannte er in die finstere Straße und folgte dem Wimmern und dem Lachen.
 

„He Leon was hast du mir ihr vor“, fragte eine männliche jedoch relativ hohe Stimme. Es waren also mehrere. Leon, so hieß wohl der Typ der sie gepackt hatte, erwiderte nur: „Was macht man wohl mit einen jungen Mädchen, das sich in der Finsternis verirrt hat und uns in die Hände fällt?“ Mehr und mehr Panik ergriff sie und nun begann sie so wild und heftig zu zappeln wie sie konnte. Etwas löste sich die Hand und die konnte zubeißen. Durch den Schreck wurde sie losgelassen und rannte so schnell sie konnte. Ihr Weg führte zurück zur Schule.

„Gleich, da vorn ist wieder eine funktionierende Laterne“, dachte sie sich. Sie weinte vor Angst und ihren Rucksack hatte sie verloren, doch sie konnte rennen. Gerade hatte sie einen Fuß in das Licht gesetzt und sah eine Person die sie um Hilfe bitten wollte. Einen kurzen Moment sah sie ihm in seine Augen. Man erkannte sofort das sie Hilfe brauchte.

„Nun mach schon Leon, wir wollen was sehen“, sprach der wohl jüngste in der Gruppe.

Leon brummte wild und drückte das Mädchen an die Hauswand. Das ängstliche Glitzern in ihren Augen hätte ein Leuchtfeuer auf hoher See sein können. Sie trug eine dünne blaue Sportjacke deren Reißverschluss nun langsam geöffnet wurde. Insgesamt waren es fünf Personen die sie bedrängten. Man konnte nicht erkennen wie sie aussahen, doch der eine, Leon, war der größte von allen und wohl auch stärkere. „Loslassen und zwar sofort“, dröhnte eine wütende Stimme von der Straße.

Leon kümmerte sich nicht darum sondern gab nur eine lässige Handbewegung von sich. Sie konnte nicht erkennen wer es war, doch diese Stimme kam ihr bekannt vor. Es ging alles verdammt schnell, der Helfer rannte an den vier anderen vorbei, als wären sie gar nicht da und schlug Leon mit aller Kraft ins Gesicht, dabei sagte sie an der Hauswand zusammen. Eine blaue Jeans sah sie dicht vor sich, langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Der Helfer zog seine Jacke aus und gab sie ihr. Sie erkannte die Jacke, das Kampfsportzenter. War es der Junge von Freitag? Sie hörte nur dumpfes knallen und konnte nicht viel erkennen, aber ihr Helfer schien gerade die fünf ordentlich in die Schranken zu weisen. Leon war schon geflüchtet und als die anderen es merkten verschwanden auch sie. Er kam nun zu ihr und reichte ihr seine Hand. Verstört blieb sie sitzen und bewegte sich nicht. Als er merkte das bringt nichts, setzte er sich neben sie und versuchte mit ihr zu reden: „Geht es dir gut? Bist du verletzt?“ Keine Reaktion.

Er kniete sich nun vor sie und versuchte sie zu betrachten, leider war es zu dunkel. Er griff sein Handy und schaltete die Beleuchtung ein. Er sah ihr nun in die Augen. Ohne es zu wollen kam er von diesen aber nicht mehr los. Ihre dunklen Augen waren nass und gerötet. Leise rollten die Tränen über ihre Wangen und noch immer war ein Hauch Panik zu erkennen.

„Ich heiße Bryan und du“, er versuchte eine Brücke zu ihr zu bauen und Vertrauen zu erlangen. Ob sie sich an ihn erinnerte? Das Handy? Leise drang nun ihre Stimme an sein Ohr. Kleinlaut, verängstigt und schüchtern hörte sie sich an: „Danke Bryan…zum zweiten Mal. Ich bin…Chrissy!“ Sie schien ihn zu erkennen, auch wenn nur er sie sah und noch immer klebte er an ihren Augen, doch dann ging das Licht aus. Er zog sie etwas hoch und er bemerkte sie zitterte. Seine Trainingsjacke ging zu Boden als er sie hochzog, doch er griff nach ihr und legte ihr diese um. Dann schnappte er ihren und seinen Rucksack. ,,Lass uns zur Polizei gehen. Wenigstens eine Anzeige gegen unbekannt machen. Wir haben ja leider die Gesichter nicht gesehen“, sprach Bryan vorsichtig und nahm sie etwas in den Arm um ihr zu zeigen sie sei sicher.

Pech oder Schicksal?

Als beide aus der Wache wieder herauskamen ging es Chrissy etwas besser. Sie war wieder etwas lockerer und ihr war nicht mehr so kalt. Ihren Rucksack hatte sie auf dem Rücken und Bryan hatte auch seine Jacke wieder.

„Noch mal Danke Bryan, wärst du nicht gekommen, wer weiß was…“, versuchte sie ihn zu loben, doch wieder schossen ihr die Tränen in die Augen. Er legte beide Hände auf ihre Schultern und lächelte sie an. In seinen Augen konnte man sich problemlos verlieren und das tat sie in diesem Moment auch. Doch er ließ sie wieder los und griff in seine Hosentasche. Er holte einen Zettel und eine kleine Schachtel hervor. Kurz prüfte er ob alles so richtig war und gab ihr beides dann.

„Ich hab dich gesehen am Samstag, als du aus der Apotheke kamst. Hier sind ein paar Brausetabletten gegen Kopfschmerzen und auf dem Zettel ist meine Handynummer. Wenn was ist zögere nicht ruf an. Soll ich dich noch nach Hause bringen? Oder meinst du das packst du alleine?“

Chrissy überlegte kurz, aber als sie auf die Uhr sah erschauderte sie: ,,Ich werde wohl gleich ins Büro gehen. Wenn ich zu Hause ankomme kann ich gleich wieder los. Es ist ja schon 5:34 Uhr. Um acht fang ich an. Also danke dir.“ Sie schüttelte ihm noch die Hand und ging dann wirklich in ihr Büro.

Total übermüdet und enttäuscht von sich selbst betrat sie wenige Minuten später ihren Arbeitsplatz.

War es ok ihn so stehen zu lassen? Egal, entschuldigen konnte sie sich heute Abend, aber jetzt musste sie arbeiten…na ja aber die Müdigkeit war stärker.
 

Er hasste so etwas. Schwächere Missbrauchen um seine Bedürfnisse zu stillen. Egal in welchem Bereich das Bedürfnis liegt. Es gibt genug Dienstleistungen. Noch immer kochte die Wut in ihm und mischte sich mit Sorge. Er ließ sie nicht einfach gehen, ohne dass sie es merkte folgte er ihr bis sie in dem großen Glasgebäude einer Werbeagentur verschwunden war. Er kannte das Gebäude, sein Vater arbeitete dort auch und er war Abteilungsleiter der Verwaltung. Er war schon oft da drin gewesen, aber was tat sie darin? Man brauchte ein Abitur um da überhaupt genommen zu werden. Und was ihn noch mehr wunderte, vorhin bei der Polizei, hatte sie keine Familienangehörigen Angegeben die informiert werden sollten. Mit diesen Gedanken, aber beruhigt das sie sicher angekommen war, ging er nun nach Hause. Auch er musste später wieder arbeiten.
 

„FRAU GARDNER!“ Erst jetzt schreckte sie auf und ihr Blick viel umgehend auf die Uhr über der Tür in der ein wütender großer Mann stand. Oh verdammt, es war schon 12 Uhr. Ihr Abteilungsleiter starrte sie wütend an. Er war ein älterer Mann, ca. Anfang 50 und hatte dunkles, kurzes Haar mit Ansätzen von grau. Ihr wurde klar, dass sie wieder Mist gebaut hatte, aber vielleicht könnte sie ja ihre Anzeige von der Poliziei etwas helfen. Was letzte Nacht passiert war, ist ja nun nicht alltäglich.

„Es tut mir leid Herr Ledoux, aber die letzte Nacht war sehr anstrengend und…“, weiter konnte sie nicht erklären, da der Mann mit dem leicht französischen Akzent sie wütend unterbrach: „Das interessiert mich nicht. Immerhin haben sie seit Beginn Ihrer Arbeitszeit geschlafen und nicht auf meine Anrufe reagiert. Seien sie Froh das ich sie nicht kündigen kann, sonst hätte ich das schon getan. Sie können ja die verschlafene Zeit heute Abend nachholen.“ Er warf ihr drei Akten auf den Tisch. Die gelben Klebezettel waren selbst erklärend und er verließ sauer das Büro. Heute Abend? Aber sie musste doch zur Schule. Knurrend und noch immer massiv ermüdet, machte sie sich an die Arbeit. Es waren leichte Aufgaben. Angebotsvergleiche, Plakatbewertungen, Kundenkorrespondenzen und das überarbeiten vom Postein- und Ausgang. Allerdings musste sie fertig werden, denn sie durfte auf keinen Fall heute fehlen.
 

So endlich Feierabend für ihn, er hatte noch ein wenig Zeit ehe er zur Schule musste, also wollte er schnell zu Hause duschen und dann zu seinem Vater in die Firma, vielleicht sah er ja wo sie arbeitete. Warum interessierte ihn das überhaupt? Immerhin hatte er sie nur wahrgenommen, weil ihr das Handy kaputt gegangen war. Wieder stieg diese unmenschliche Wut in ihm auf, als er an den Überfall dachte. Er hatte nicht schlafen können deswegen und sah selbst sehr mitgenommen aus, aber er hielt durch. Schlafen konnte er immer noch nach der Schule. Er schnappte sich sein Rad, das neben dem Center stand, und fuhr Richtung Heimat. Noch musste er die Anwesenheit seiner Eltern dulden, doch diese wollten bald ausziehen. Ja so merkwürdig wie es klingt, nicht er wollte weg, sondern er wartete darauf das seine Eltern aus dem Familienhaus auszogen, so hätte er ganze drei Stockwerke für sich. Ja das ist nicht viel und er hätte eine Menge sauber zu halten, aber das störte ihn nicht. Wichtig war nur, dass seine Eltern endlich weg waren. Sein Vater wurde von der Firma versetzt, ins Ausland. Wo genau hin wusste er nicht und es war ihm auch egal. Jahrelang hatte er sich von ihm schikanieren lassen und sich anhören müssen das aus ihm nichts werden würde. Es war nun mal nicht seine Welt in einem Büro zu sitzen, zu telefonieren und Leute rumzukommandieren die nicht spurten. Gut das Kommandieren vielleicht schon, aber er würde es anders als sein Vater machen.

Als er durch die Straßen fuhr, kam ihm ein Gedanke. Er könnte ja mit nem Kumpel zusammen ziehen, dann wäre er nicht so alleine. Ach, noch waren sie da, überlegen konnte er später. Jetzt erst mal duschen bzw. erst einmal ankommen.
 

Tick, Tack, Tick, Tack ,Tick, Tack… die Zeit verrann zu schnell und sie hatte nicht einmal die Hälfte der Aufgaben geschafft. Unwohlsein stieg in ihr auf, der Schlafmangel machte sich deutlich. Noch vier Stunden bis sie im Unterricht sitzen musste.

„Es hat keinen Sinn, ich schaff das nicht bis nachher. Ich muss mir Herrn Ledoux reden“, sagte sie sich selbst und bemerkte jetzt erst wie demotiviert sie wirklich war. Sie nahm einige Akten und zwar die, die sie nicht schaffen würde, dann ging sie zu seinem Büro. Sie holte Luft und hob die Faust um anzuklopfen, da hörte sie zwei Stimmen aus dem Zimmer.

„Mein Sohn es wird Zeit das du dich darum kümmerst. Deine Mutter und ich haben die Entscheidung getroffen und wir werden dies nicht rückgängig machen.“ !Ja Vater, aber ich habe keine Zeit dafür!“

Diese Stimme…war das Bryan? Nein das kann nicht sein, er der Sohn ihres Vorgesetzten? Mehr Pech kann sie einfach nicht haben. Mit allem Mut und sämtlicher Anstrengung um wach zu bleiben, klopfte sie nun vorsichtig. Es dauerte einen Moment bis Herr Ledoux ihr die Tür öffnete.

„Was wollen Sie Frau Gardner ich habe keine Zeit“, meckerte er streng und bemerkte dann die Akten in ihren Armen. Sie holte Luft, sie durfte bloß nicht zögern: „Entschuldigen Sie Herr Ledoux, aber ich habe eine Bitte an Sie. Ich wollte wissen ob sie diese Unterlagen einem anderen Kollegen geben könnten, ich habe nachher einen wichtigen Termin und kann daher heute keine Überstunden machen. Und wie ich schon sagte war die letzte Nacht sehr anstrengend und…“ Wieder kam sie nicht dazu er erklären zu können. Da er sie nun anbrüllte: „Wie können sie es wagen. Was sie in der Nacht machen interessiert mich nun nicht. Wenn sie unfähig sind nach dem Feiern zu Arbeiten und das auch noch an einem Dienstag, dann ist das ihr Problem nicht meines. Also kümmern sie sich darum, dass sie wieder in ihr Büro kommen und den Temin müssen sie wohl verschieben. Gutes Schaffen noch und stören Sie mich nicht noch einmal!“ ,,Darf ich auch mal was dazu sagen Vater“, erhob sich die liebevoll klingende Stimme im Hintergrund. Nun ließ er sich blicken. Anders als die Tage davor trug er ein weißes Hemd und eine schwarze Faltenhose mit den passenden Schuhen, seine Haare waren leicht nach oben geformt und mit Gel verfestigt. Chrissy war verblüfft, sie hatte sich nicht geirrt ihn gehört zu haben. Der Abteilungsleiter drehte sich zu seinem Sohn und sah ihn wütend an: „Was willst du dazu schon sagen?“ „Ich kenne sie und sie war letzte Nacht nicht feiern sondern wurde überfallen. Ich war mit ihr bei der Polizei und hab die Anzeige aufgegeben. Außerdem ist der Termin wirklich wichtig den sie nachher hat und etwas schlaf sollte ihr gut tun Vater“, erklärte er und schaute seinen Vater entschlossen an. Chrissy stand sprachlos vor der Tür und nickte nur als sie fragend angeschaut wurde. Dann nahm Bryan hier die Unterlagen ab und wendete seinem Vater den Rücken zu: „Sagt mir lieber wann ihr geht, dann können wir drüber reden das ich dir deine Bitte erfülle!“ Dann deutete er Chrissy an ihm ihr Büro zu zeigen und brachte ihr die Unterlagen dort hin.

Ein kleines Date?

„So das waren die letzten“, mit den Worten schloss er die letzte Akte und sah zu Chrissy rüber. Bryan hatte ihr geholfen pünktlich mit allem fertig zu werden, sodass sie auch pünktlich zur Schule kamen, doch sie hatte leider nicht durchgehalten. Eine Akte war noch zu machen und um 19 Uhr würde der Unterricht beginnen. Er sah auf die Uhr über der Tür und öffnete sich die ersten Knöpfe seines Hemdes. Ein helles T-Shirt schaute nun leicht hervor und er zog vorsichtig die letzte Akte unter Chrissys Kopf vor. Sie war fertig und eingeschlafen, mit den Kräften am Ende. Ihre Haare lagen in voller Länge über den Tisch gefächert und ihr ruhiger Atem hob und senkte ein Blatt Papier auf dem Tisch. Bryan sah sich den Fall an und schüttelte leicht den Kopf, es war nur eine Beschwerde, allerdings war diese schon drei Monate alt. Er tippte schnell eine Antwort, druckte Sie aus, legte diese zurück in den braunen Umschlag und klebte, nach dem schließen, einen kleinen Klebezettel mit der Aufschrift „Bitte abschicken“, darauf 17:54Uhr, sie sollte noch etwas essen bevor sie sich in den Unterricht setzt und er müsse sich noch umziehen. Er ging zu ihr und wollte sie wecken, doch ihm überkam dabei ein merkwürdiges Gefühl. Er wollte sie schlafen lassen und sah ihr sogar noch einige Minuten dabei zu.
 

Langsam dämmerte es in ihr. Sie war eingeschlafen, doch wie lange? Noch mit geschlossenen Augen hob sie den Kopf und bemerkte jetzt das sie nicht alleine war. Sie schreckte zusammen als sie Bryan sah und fiel mit dem Rollenstuhl um, auf dem sie saß.

Schüchtern und noch etwas kratzig mit der Stimme entschuldigte sie sich bei ihm: „Tut mir leid, bitte sag es nicht deinem Vater. Ich bin sonst nicht so, eigentlich bin ich immer wach und…“ Sie wusste nicht was sie noch sagen sollte, aber sie vernahm von ihm ein leises lachen. Sie stand nun auf und sah ihn verwundet an. Erst jetzt stellte sie fest, dass alles fertig war. Fragend sah sie ihn an und er erhob sich nun, nahm ihre Sachen, öffnete die Bürotür und ließ die Deckenleuchten erlöschen. Dann sagte er etwas amüsiert: „Los du Schlafmütze, lass uns was essen bevor wir zu Schule müssen.“

Sie stand auf, war aber noch etwas wacklig auf den Beinen. Sie schwankte zu ihm und er schloss hinter den beiden die Tür.
 

Es dauerte nicht lange bis sie, in der Nähe der Schule, ein kleines Cafè gefunden hatten. Er bestellte zwei heiße Schokoladen und für sie einige Kleinigkeiten zum Verspeisen. „Ich will dir nicht auf der Tasche liegen, dass bekommst du natürlich alles bezahlt“, meinte sie ganz kleinlaut. Bryan hingegen erwiderte nichts sondern musterte sie beim Essen. Irgendwie begann Chrissy an sich zu zweifeln. Hatte sie was im Gesicht? War sie auf nem Füller eingeschlafen und hatte nun nen Fleck? Oder was war gerade los. Seine Augen faszinierten sie, aber sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Bryan holte Luft und überlegte noch kurz wie er seine Frage formulierte, dann jedoch fragte er einfach vorsichtig: „Du bist viel alleine, hast du nur deine Freundin in dieser Stadt? Ich meine du hast auch, als wir bei der Polizei waren, keine Kontaktpersonen angegeben.“ Chrissy gefror das Blut. Saß ihr da etwas gerade jemand gegenüber der sich für ihr Leben interessierte? Das konnte nicht sein, wobei was war so abwegig daran? Sie wusste es selber nicht aber wollte das alles auch nicht glauben.

Sie senkte den Kopf, eigentlich wollte sie nicht antworten, aber irgendwie hatte sie das Gefühl ihm etwas zu schulden. Als sie sprach, klang sie traurig und auch eine gewisse enttäuscht: „Meine Eltern sind letztes Jahr bei einem Autounfall gestorben. Ich hab keine Geschwister und Verwandte wohl auch nicht. Ich war wohl die einzige Erbin, das Vermögen, na ja das bescheidene Erbe meiner Eltern ging aber fast vollständig dafür drauf die Schulden zu decken. Seither kämpf ich mich alleine durch und bin froh den Job in der Agentur zu haben. Wobei ich gerade drauf und dran bin den zu verlieren. Aber du… du bist doch bestimmt Trainer in diesem Sportcenter oder?“ Der letzte Teil ihrer Erklärung, also die Frage an ihn, sprang ihn an und zerriss ihn förmlich. Er könnte lügen, aber was hatte er davon. „Nein ich bin zwar Angestellter dort, aber weder Schüler noch Trainer, wobei das mein Ziel ist. Ich will mein Abi machen und dann selber Trainer werden. Aber das mit deinen Eltern, dass tut mir leid. Heißt ja das du außer deine Freundin wirklich niemanden hast“, er klang enttäuscht, war es aber ehr über sich selbst. Wie blöd seine Frage doch gewesen war. Chrissy konnte dieses Mitleidsgefasel nicht mehr hören. Aber das lag wohl an den unerwünschten Briefen.

Mehr und mehr erzählte sie von sich, allerdings kam auch Bryan nicht um die eine oder andere unangenehme Frage drum rum. Die Zeit verging und beide kamen fast zu spät.
 

Nicki wartete vor der Schule und wartete verzweifelt auf ihre Freundin. Das Handy war aus und genau das war so ungewöhnlich. Dann jedoch sah sie die beiden angerannt kommen. Sie wunderte sich, dass Chrissy nicht alleine war und sah dann Bryan wie er sie am Ärmel gepackt hatte und sie hinter sich her zog. „Was zu Hölle…“, fragte sich Nicki und begutachtete den jungen Mann. Erst jetzt schaltete sie das er es war und realisierte seine Erscheinung. Bryan ließ Chrissy vor ihrer Freundin los und rannte weiter. Er drehte sich um und rief noch zurück: „Warte nach dem Unterricht! Ich bring dich dann Heim!“ Er lief rückwärts bis er an der Treppe zum Haupteingang ankam, drehte sich dann um und lief hoch.

Chrissy hechelte und kam langsam wieder zu Atem. Diese stechenden Blicke im Nacken hatten sie noch gar nicht bemerkt. Erst jetzt drang diese neugierige und erwartungsvolle Stimme an ihr Ohr: „Glaube du kannst mir was erklären Maus.“ Sie sah ihrer Freundin tief in die Augen und verzog leicht das Gesicht.

„Glaub mir Nicki“, sagte sie etwas deprimiert und fröhlich zu gleich. „Nach der letzten Nacht bin ich froh nicht allein gewesen zu sein. Ich wurde überfallen und Bryan hat mir geholfen. Aber lass uns rein, der Unterricht fängt gleich an. Ich erklär dir alles später!“
 

„Los Maus nun erzähl schon“, schubste Nicki sie in Physik an. Sie saßen ganz hinten in der letzten, allerdings auch höchsten Reihe und dazu auch noch nebeneinander. Sie schwieg, wollte nichts erklären während sie versuchte den Stoff aufzunehmen der gerade vermittelt wurde. Und das war schon schwer genug, weil sie noch immer viel zu müde war. Nicki drängelte weiter und stichelte sie endlich zu reden. Nach und nach wurde sie weicher und etwas aggressiv, aber leise platzte es nun aus ihr heraus: „Ok aber dann halt endlich den Mund. Ich bin letzte Nacht überfallen worden und Bryan hatte mir geholfen. Wäre er nicht da aufgetaucht und hätte mich gefunden, wer weiß was die Typen mit mir gemacht hätten. Jedenfalls ging er mit mir zu Polizei und weil es dann doch schon so früh war, bin ich nicht schlafen gegangen sondern gleich ins Büro. Ich wurde in die Verwaltung versetzt, ja ein Abstieg ich weiß, jedenfalls bin ich am Arbeitsplatz eingeschlafen und hab natürlich riesen Ärger bekommen. Dann sollte ich auch noch Überstunden schieben und wäre jetzt nicht hier, hätte Bryan mir nicht wieder geholfen.“ Nickis Atmen stand still, so gebannt hörte sie zu. Als sich ihre Lippen nun wieder öffneten um Luft für eine Frage zu holen, kräuselte sich ihre Stirn, da sie etwas nicht verstand: „Warum hat er dir im Büro geholfen?“ Chrissy senkte den Kopf und seufzte etwas: „Er ist der Sohn meines Abteilungsleiters. Als ich mit dem nämlich sprechen wollte, hörte ich eine Diskussion aus seinem Büro und es war Bryans Stimme die ich hörte. Er nahm mich in Schutz, weil sein Vater der Meinung war ich war Feiern in der Nacht und wäre deswegen nicht in der Lage zu arbeiten.“

Er war der Meinung? Nicki platze der Kragen sie stand auf und brüllte durch den ganzen Raum: „Der Mistkerl war der Meinung du hast gefeiert? Hallo? Du hättest tot sein können?“

Aufmerksamkeit war ja in der Schule erwünscht, allerdings war es besser diese nicht auf sich zu ziehen, sondern auf den Dozenten zu richten. Der noch relativ junger Herr, der gerade einen schwarzen Zeigestock von der Karte des Periodensystems nahm. Sein Blick war freundlich, doch seine energische Stimme ließ darauf schließen, dass er die Störung nicht begrüßte: „Frau Sprenk, wenn sie etwas zu klären haben tun Sie das bitte außerhalb des Lehrraumes. Hier konzentrieren Sie sich oder gehen bitte hinaus.“ Eine klare Ansage, die Nicki dazu brachte sich wieder zu setzen. Ruhe herrschte, kochen tat sie allerdings immer noch. Chrissy hingegen hatte endlich ihre Ruhe und konnte sich wieder auf den Unterricht konzentrieren.

Alles verloren

Selbst nach dem Unterricht regte Nicki sich noch auf. Langsam aber sicher ging es ihr auf die Nerven wie ihre Freundin sie zu nölte.

„Kannst du nicht einmal Luft holen? Nicki es ist nichts passiert und außerdem was regt dich so auf. Du warst es doch nicht“; schnaufte Chrissy. Nicki stoppte nicht weil sie atmen musste, sondern ihr stockte der Atem. Behauptete sie gerade, weil sie es nicht war, sollte sie das kalt lassen?

Nickis Kopf wurde hoch rot vor Wut und sie ließ ihren Rucksack auf den Boden fallen als würde dieser Tonnen wiege. Erst dann fand sie die kraft einige verwirrte jedoch wütende Worte an ihre Freundin zu richten: „Sag mal weißt du eigentlich was du da sagst? Wir kennen uns jetzt so lange und nun kommst du mit so etwas? Was ist los mit dir?“ Beide waren auf dem Weg zum Mathematikraum als dieses Gespräch stattfand und sie blieben in einem leeren und relativ schlecht beleuchteten Gang stehen. Chrissy ließen diese Fragen kalt, zu genervt war sie von dem vorhergegangenen Monolog. Sie erwiderte nichts und wollte einfach weiter gehen. Unfähig sich zu bewegen starrte Nicki ihr nach. Erst als Chrissy um die Ecke gebogen war hörte sie, wie ihre Freundin in die andere Richtung lief. Die Schritte schallten schnell und laut durch den Gang und entfernten sich immer mehr von ihr. Auch drang einen leises Schniefen durch zu ihr. Nicki war verletzt, nur tat es ihr nicht leid. Vielleicht war es genau das was sie brauchte. Ruhe. Die beiden würden sich schon wieder vertragen.

Geistesabwesend lief sie durch die Gänge und missachtete die Personen vor ihr. Erst kurz vor der Treppe, die sie hinauf musste um zum Unterrichtsraum zu kommen, bemerkte sie das jemand in ihrem Weg stand. Er war groß und sehr stark gebaut. Sie erinnerte sich ihn schon einmal gesehen zu haben, bei der Besprechung damals. Und dann wurde ihr klar, dass er auch aus ihrer Klasse war. Immer hatte sie ihn missachtet und heute war er, zumindest bis jetzt, nicht im Unterricht gewesen. Er war nicht alleine, vier weitere Typen standen bei ihm und alle sahen sehr grimmig und finster aus. Dann jedoch stieg ihr ein Geruch in die Nase der dazu führte das ihre Augen sich ängstlich weiteten. Dieses Aftershave, dieses aufdringliche, sie kannte es aus der letzten Nacht und nun versuchte sie langsam wieder rückwärts zu gehen. Der große Typ vor ihr warf den Kopf leicht nach vorn. Er deutete seinen Leuten an sie zu schnappen. So schnell wie ihre Beine sie trugen rannte sie wieder in den Gang aus dem sie gekommen war. Sie fühlte sich wie in dem Augenblick, als sie in der dunklen Straße vor ihnen wegrannte und hoffte inständig das Bryan ihr wieder helfen würde. Doch er war nicht da. Wäre doch Nicki nur da. Sie hatte den Gang durchquert und lief zum Hof, dort sollten einige Personen sein, da wäre sie sicher. Doch sie wurde von vier starken Armen geschnappt und an die Wand gedrückt.

Da kam er, langsam, arrogant und siegessicher auf sie zu. Der Geruch brannte ihr in der Nase und die Bilder der letzten Nacht überschwemmten sie.

„Na? Du erinnerst dich also“, knurrte Leon. Sie drehte den Kopf weg und versuchte sich zu befreien.

Leon jedoch packte sie am Kinn und drehte ihr Gesicht zu ihr. Dann grinste er und erklärte sein Vorhaben: „Keine Angst, ich tu dir hier nichts. Wir haben eine ganz andere Überraschung für dich. Die Anzeige trag ich dir nach. Ich weiß das du mit dem komischen Typ bei den Bullen warst. Weißt dir anders wohl nicht zu helfen. Aber wie auch, ohne Mami und Papi bist du ja nichts wert!“ Es war wie ein Messer das sie durchbohrte. Woher wusste er das? Ihr Gesichtsausdruck sprach Bände und nun lachte die Gruppe lautstark. „Ja ich weiß das deine Eltern zu blöd zum Fahren waren und dabei verreckt sind. Du arme kleine Schlampe. Aber glaub mir, dein Alptraum ist noch nicht vorbei. Ich mach dir dein Leben zur Hölle“, sprach er, drückte ihren Kopf nach rechts und dann wurde sie losgelassen. Sie sackte zusammen und wurde alleine gelassen. Woher wusste er davon? Woher konnte er das wissen, sie hatte niemanden außer Nicki etwas davon erzählt und in der Zeitung wurden die Namen verändert. Der Unfall war schrecklich gewesen. Ihre Eltern wollten sich mit Freunden treffen und ein schwarzer BMW hatte sie von der Straße gedrängt. Es waren wohl Jugendliche gewesen die zu viel getrunken hatten. Der Wagen war gestohlen und die Schuldigen waren nicht mehr da als die Polizei eintraf. Bis heute wurden sie nicht gefunden. Sie befand sich im hinteren Teil des Schulgebäudes und Mathe war ihr letztes Fach gewesen. Doch sie ging nicht hin. Sie blieb dort sitzen und weinte. Angst, Verzweiflung, es waren zu viele Gefühle die auf sie einbrachen.
 

Nach dem Unterricht sollte sie eigentlich auf ihn warten. Gut, jetzt wartete er auf sie.

„Komisch, sie hätte doch vor mir draußen sein müssen. Na ja vielleicht ist sie noch auf Klo oder hat sich mit ihrer Freundin verquatscht“, dachte sich Bryan der noch immer seinen Anzug trug und vor der Schule auf sie wartete. Er hatte keine Zeit mehr gehabt sich um zu ziehen, da er mit ihr ja vorher noch etwas essen war. Jedoch schien das niemanden aufgefallen zu sein, was er als ganz angenehm empfand. Die Minuten verstrichen und er begann auf und ab zu laufen. Langsam wurde er nervös. Die letzten Schüler verließen das Schulgebäude, sie waren aus ihrer Klasse, dass wusste er. Doch von ihr und ihrer Freundin war weit und breit keine Spur.

„ Was mit der wohl wieder los war? Ich meine die scheinen sich zu kennen. Darum ist die eine in Physik so ausgetickt. Aber das die andere jetzt heult. Na ja Weiber halt“, meinte ein Schüler der an Bryan vorbei ging. Er war nicht alleine der Kerl neben ihm nickte grinsend und meinte lachend: „Pass auf die sitzt morgen noch da, wenn wir wieder kommen!“

Bryan hatte den Verdacht zu wissen von wem sie sprachen und ging wieder ins Gebäude. Alles war ruhig und er durchsuchte alle Gänge. In der Caféteria war sie nicht, der Musikraum war auch leer und dann hörte er ein Wimmern. Es kam aus dem Gang, der in den Anbau führte. Der Gang war dunkel, doch er orientierte sich an dem Geräusch, es wurden alle Lichter der Schule gelöscht, weil sie geschlossen werden sollte. Der Hausmeister würde gleich seinen letzten Rundgang machen.

Da saß sie. Zusammengekauert mit dem Rucksack auf dem Rücken. Langsam kam er zu ihr und kniete sich neben sie. Sie musste ihn gehört haben, seine Schuhe waren nicht die leisesten. Doch als er ihr die Hand auf die Schulter legte, zuckte sie schreckhaft zusammen, jedoch hob sie den Kopf nicht. Er spürte das sie zitterte und versuchte nun mir ihr zu reden: „He Chrissy, alles ok? Was ist passiert? Hast du dich mit deiner Freundin gestritten?“ Bryan bekam keine Reaktion. Er wollte sie leicht hochziehen, doch sie entriss sich seinem Griff wieder. Sie wollte nicht weg, oder sich einfach nur nicht bewegen. Er hatte sie schon einmal so gesehen, nach dem Überfall letzte Nacht.

Langsam erlosch ihre Stimme und sie versuchte zu reden: „Leon…“ Dieser Name ließ Bryan innerlich aufkochen. „Was hat er Mistkerl gemacht und wo hatte er dich gefunden? Ist er noch in der Nähe?“

Sie schüttelte den Kopf und versuchte zu erklären: „Nein, er ist weg, aber er ist in meiner Klasse. Er will mir das Leben zur Hölle machen und … und weiß vom Tod meiner Eltern. Bryan ich hab Angst.“ Mit ihren letzten Worten begann sie wieder zu weinen und fiel ihm in den Arm. Sie klammerte sich an ihn und er schloss seine Arme um sie. Sein Herz raste bei dieser Nähe, aber jetzt musste er sich auf etwas anderes konzentrieren. Er stand langsam mit ihr auf und führte sie aus dem Gebäude. Draußen angekommen schaffte sie es sich etwas zu beruhigen.

Er brachte sie nach Hause, sie war nicht in der Lage alleine zu gehen und er hatte dies ja schon vorher versprochen. Sie dachte über Leons Worte nach. Was genau er gemeint haben könnte, doch sie kam nicht darauf. Ein Feuerwehrwagen fuhr an den beiden vorbei und bog in die Straße ein in der Chrissy wohnte. Drei weitere folgten kurze Zweit später. Sie verfolgte den Weg der Einsatzwägen mit den Augen und ein finsteres Licht ging ihr auf. Sie riss sich von Bryan los und rannte den Fahrzeugen hinterher. Erst als sie das Inferno sah, blieb sie wie versteinert stehen. In ihren großen entsetzten Augen spiegelten sich die Flammen die aus ihrer Wohnung schlugen. Bryan kam ihr hinter her gelaufen und erstarrte ebenfalls. Doch wusste er nicht, dass es ihre Wohnung war.

Ihre Sachen, Möbel, Dokumente…alles starb einen feurigen Tod. Augenblicklich verschwamm alles vor ihren Augen und sie hörte nur noch wie Bryan sie rief als ihr Bewusstsein schwand und der Boden immer näher kam.



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