All Your Other Ways von -Moonshine- ================================================================================ Kapitel 17: - Liz - ------------------- Liz war wieder in London. Dieser Tage war es schwierig für sie, morgens aus dem Bett zu kommen. Es war schwierig, einkaufen zu gehen, oder nur shoppen, es war schwierig, ihre Hose anzuziehen und etwas Anderes zu machen, als im Schlafanzug vor dem Fernseher zu sitzen und Löcher in die Luft zu starren. Sie bestellte sich Pizza beim Lieferservice und hatte sich das eine Mal, das sie tatsächlich aus dem Haus gegangen war, mit Fertiggerichten und Schokolade eingedeckt. Die totale Depression, ging ihr durch den Kopf. Sie hoffte, dass dieser Zustand irgendwann auch mal zu Ende sein würde, aber so lange, wie es dauerte, würde sie sich einigeln und einfach... nichts tun. Das Telefon hatte sie schon längst ausgestöpselt und ihr Handy machte sie nur im Notfall an. Aber immer, wenn sie es tat, fand sie viele, viele Anrufe von John vor. Ihre Mailbox hörte sie gar nicht erst ab. Sie wollte ihn weder hören, noch sehen, obwohl sie nichts mehr wollte, als ihn zu sehen und zu hören. Es war wie verhext. Judy hatte Recht gehabt. Es machte einem wirklich Angst. Und je mehr Angst es ihr machte, desto stärker wuchsen ihre widersprüchlichen Gefühle ihm gegenüber. Wie konnte man jemanden so sehr vermissen und ihn gleichzeitig so sehr verteufeln? Es würde vieles einfacher machen, würde sie ihn einfach kontaktieren, aber dann wiederum... wo war ihr Stolz? Sie würde sich nicht seinen Wünschen unterwerfen, nur, weil er es eben so wollte. Aber der Grund, warum sie ihn nicht sehen wollte, war eigentlich ein ganz anderer... denn sie wusste, sobald sie ihn sah, würde sie wieder schwach werden. Und das wollte sie nicht. Sie wusste es einfach, so, wie sie wusste, dass Mrs. Witch eine verbitterte alte Hexe war und der Mond nachts am Himmel stand. Und diesen - ihren eigenen - Fall wollte sie nicht miterleben. Bei jedem anderen war sie hart geblieben, hatte kaum Mitleid verspürt, aber bei John... sie bräuchte nur einmal seine Stimme zu hören... Deshalb ging sie auch nicht ans Telefon. Und aus dem Haus - falls er vor der Tür auf sie lauern sollte. Die Angst, sich selbst untreu zu werden, lähmte sie. Und die Angst, ihm schließlich doch zu geben, was er von ihr wollte, noch viel mehr. Es war, als konnte sie nicht mehr richtig atmen, nicht mehr richtig denken. Ihre Funktionen waren nur noch auf das Wichtigste beschränkt - als ob sie stehen gebelieben war und die Erde sich ohne sie weiter drehte. Sie verpasste alles, das ganze Leben, das an ihr vorbeiflog, aber sie konnte sich nicht weiterbewegen. Oh ja. Und wie Judy Recht gehabt hatte! Als es plötzlich an ihrer Haustür klingelte, fuhr Liz erschrocken auf. Sie hatte auf dem Sofa gesessen und auf den Bildschirm gestarrt, auf dem stumm die Bilder flimmerten. Seit Tagen hatte niemand mehr bei ihr geklingelt, und sie fragte sich, wer das wohl war. Womöglich John? Aber wieso sollte er erst jetzt kommen? "Mach endlich auf!", schrie jemand von unten hoch. Sie hörte es durch das gekippte Fenster und es war eindeutig eine Frauenstimme. Es war Mel! Liz stand auf, warf einen kurzen Blick aus dem Fenster und entdeckte dort unten tatsächlich ihre Freundin, die besorgt zu ihr hinauf schaute. Wieder verspürte sie widersprüchliche Gefühle - eigentlich wollte sie alleine sein, aber andererseits würde Mel sie vielleicht aufheitern können? Sie öffnete die Tür und innerhalb kurzer Zeit betrat Mel die Wohnung. Kritisch ließ sie ihren Blick an Liz hoch und runter wandern und schüttelte dann empört den Kopf. "Herrgott. Wie siehst du denn aus? Jetzt reicht es aber mit dem Trübsal blasen." Sie ging an Liz vorbei, die die Tür hinter ihrer Freundin schloss, und marschierte schnurstracks in die Küche, wo sie das Durcheinander, das Liz veranstaltet hatte, gekonnt ignorierte. Ein paar Pizzaschachteln schob sie energisch zur Seite und stellte eine große Papiertüte auf dem Tisch ab. Liz kam neugierig näher. "Was hast du da?" "Ein erste Hilfe-Paket, Lizzie", belehrte Mel sie und griff in die Tüte. Sie holte als erstes eine Packung Tomaten heraus, und darauf folgten noch Champignons, Paprika, Hühnchen und Nudeln. "Als erstes musst du etwas Gesundes zu essen bekommen. Ich dachte mir schon, dass du hier versinkst..." Sie sah sich streng um und rümpft angewidert die Nase. "Weiß du eigentlich, was ich mir für Sorgen gemacht habe? Das Telefon ist aus, das Handy auch. Ich hab sogar schon ROB kontaktiert, um ihn zu fragen, wo du steckst, bis er mir dann sagte, du hättest deinen Job hingeschmissen!" Sie musterte Liz ernst. "Bist du eigentlich wahnsinnig geworden? Ich weiß ja, dass die alte Hexe eine... Hexe ist, aber wegen John gleich alles hinzuschmeißen? So kenn ich dich ja gar nicht." Liz schwieg und wich Mel's Blick aus. "Obwohl es wirklich überfällig war, dass du da rauskommst", gab diese dann selbst zu und seufzte. "Nur dachte ich, du solltest dir vorher vielleicht etwas Anderes suchen. Hast du etwas von John gehört?" "Nein", erwiderte Liz einsilbig. Mel nickte wissend. "Wie auch, wenn du dich so abschottest? Na ja." Sie klopfte Liz aufmunternd auf die Schulter. "Das wird schon, du wirst sehen." Da war sich Liz allerdings nicht so sicher. "Also. Weiter im Text." Ein weiterer Griff in die Tasche und sie holte Tee und Schokoladenkuchen heraus. "Selbst gebacken. Und dann noch..." Als nächstes folgte eine DVD. "Eine Actionkomödie ohne jegliches Romantikpotenzial." Sie schwenkte den Film stolz vor Liz's Nase herum und legte ihn dann weg. "Und zum Schluss..." Sie holte ein kleines, rechteckiges Päckchen hervor. "Ein Entspannungs-Badezusatz. Ich hab auch an Schlaftabletten gedacht, aber hab mich dann dagegen entschieden. Sonst..." Mel sprach ihren Satz nicht zu Ende, aber Liz wusste auch so, was sie hatte sagen wollen. Sie rollte genervt mit den Augen. "So weit ist es noch nicht mit mir gekommen", erwiderte sie trocken, aber Mel zuckte nur mit den Schultern. "Es ist SO weit" - sie machte eine vage Handbewegung und beschrieb die Küche - "mit dir gekommen. Und das war früher nie so. Das ist schlimm genug." Liz betrachtete nun ihrerseits den Schweinestall. Irgendwie war ihr das vorher nicht aufgefallen,. aber sie musste zugeben, dass Mel Recht hatte, auch wenn sich das meiste, was hier herumlag, in aller Schnelle dadurch beseitigen ließ, dass man es in Mülltüten packte. "Wenn du dich schon verkriechst, dann solltest du dabei wenigstens nicht alleine sein", entschied Mel. "Wir können nachher auch einen kleinen Spaziergang machen. Das Wetter ist mild und gnädig zurzeit - ich fürchte, du hast den Frühlingsanfang verpennt." Liz verzog unwillig das Gesicht. "Doch", widersprach Mel dem stummen Protest. "Du brauchst dringend ein bisschen Frischluft. Geh wasch dir die Haare, nimm ein schönes Bad, lies ein Buch, und ich bereite solange das Essen zu." Auf Liz's zweifelnden Blick hin scheuchte sie sie energisch aus der Küche heraus. "Los, los, geh schon. Keine Widerrede." Liz fühlte sich geduscht tatsächlich schon besser. So, als hätte das kleine Bad neues Leben in sie hineingehaucht. Nicht viel, aber immerhin etwas. Es war gut, dass Mel vorbeigekommen war, entschied sie. Wie lange hätte sie wohl noch so vor sich hinvegetiert? Ein kleiner Arschtritt war niemals zu verachten. In frischer Kleidung und mit noch feuchten, gekämmten Haaren trat sie in ihre Küche und schnupperte. "Das riecht gut. Was wird das?" "Hähnchen-Gemüsepfanne mit Erdnusssoße." Mel zwinkerte. "Eigens kreiertes Rezept." Mel war bekannt für ihre Kochkünste. Sie hielt sich nie an Rezepte, sondern experimentierte immer herum und meistens kam dabei etwas Atemberaubendes heraus. Liz bewunderte sie dafür. Ein Bissen von ihrem Hähnchen und sie würde sich wahrscheinlich im Himmel wiederfinden. Sie lächelte. Etwas, das sie schon lange nicht mehr gemacht hatte, und fühlte, wie die Muskeln, die schon so lange nicht mehr benutzt worden waren, sich spannten. Mel sah zufrieden aus. "Schon besser, Lizzie. Setzt dich hin, ich hab den Tisch schon gedeckt. So. Und dann erzähl mal." Sie hatte Mel nicht mehr gesprochen, seit diese bei ihr in der Redaktion aufgetaucht war. An dem Tag, nachdem sie gekündigt hatte, hatte sie Mel eine kurze Nachricht zukommen lassen, die beinhaltet hatte, dass mit John Schluss war und sie, Liz, sich eine kurze Auszeit in Collingham nehmen würde. Mel hatte sie daraufhin in Ruhe gelassen, aber sie hatte auch nicht anders gekonnt, denn Liz hatte ja sämtliche Leitungen gekappt, über die man sie erreichen konnte. "Es war eigentlich nichts...", winkte Liz leise ab und grinste schief. Mel zeigte sich vollkommen unbeeindruckt, während sie einen Teller nahm und ihn mit Nudeln und Hähnchen belud. "Das sieht mir aber nicht nach nichts aus. Hat er dich abserviert, oder du ihn?" Liz brummelte irgendetwas Unverständliches. "Also du ihn. Dacht ich's mir." Sie stellte den Teller vor Liz hin und ihr Gesichtsausdruck wurde ganz weich. "Es tut mir leid, was ich da gesagt habe. Über ihn und dich. Ich hab's nicht so gemeint und war nur irgendwie.. wahrscheinlich hab ich mich ein wenig ausgeschlossen gefühlt. Ich wollte nie, dass es so weit kommt..." Liz hob den Kopf und sah sie an, dann lächelte sie schwach. "Schon okay. Du hattest ja Recht. Wir passen wirklich nicht zusammen. Ich wusste es von Anfang an, aber irgendwie hab ich gehofft... John möchte all das, was ich niemals wollte. Und mit weniger gibt er sich bestimmt nicht zufrieden. Und weißt du..." Sie brach ab, schluckte und versuchte, sich zu beruhigen, weil sie wieder traurig wurde. "Er hat es ja auch verdient. Deshalb ist es nicht gut, wenn wir weiterhin zusammen sind." Mel schüttelte verständnislos den Kopf. "Ich verstehe das nicht. Was will er denn? Und was willst du nicht? Du hast ihn doch gern. Was kann man mehr wollen?" "Auf Dauer meine ich. Du weißt schon. So ein spießbürgerliches Leben, das ich nie wollte." "Hm." Mel sah sie prüfend an, während sie sich mit ihrem eigenen Teller ihr gegenüber setzte. "Meiner Meinung nach lebt man immer so, wie man will. Glaubst du denn, dass du direkt spießig und konservativ wirst und eine verbitterte, gelangweilte Hausfrau, die den London Talk liest, sobald du nur eine ernsthafte Beziehung mit einem Mann eingehst?" Verdammt. Mel hatte immer so eine Art, die Dinge auf den Punkt zu bringen, dass es Liz manchmal ziemlich nervte. "Passiert das nicht automatisch?", rechtfertigte sie sich pikiert. "Trifft man jemanden, der so ist, lässt man sich ganz schnell beeinflussen." Mel sah nicht sehr überzeugt aus. "Hattest du denn das Gefühl, dass John so was anstrebt?" Da hatte sie sie wieder. Liz hatte keine Ahnung. "Ich weiß es nicht." Sie probierte etwas von dem Hähnchen und war entzückt. Die Erdnusssoße passte wunderbar dazu. Liz liebte Erdnusssoße, vor allem die in Chinatown... was sie wieder an John erinnerte. Sie würde da nie wieder hingehen können, ohne an ihn zu denken. Also würde sie nie wieder dort hingehen. Warum hatte sie ihn nur an diesen geheiligten Ort mitgenommen? Noch nie war sie mit einem Mann dort gewesen, aber ausgerechnet John hatte sie mitgenommen. Als wäre er... etwas Besonderes gewesen. Und wahrscheinlich war er das auch. Sonst würde sie sich jetzt wohl nicht so fühlen, wie sie sich fühlte. Und zwar furchtbar. "Weißt du", sagte Mel, kaute und schluckte, "was ICH denke?" "Nein?", hakte Liz misstrauisch nach. "Ich denke... du hast einfach Schiss bekommen." Auf Liz's empörten Blick sprach Mel schnell weiter. "Und zwar, weil du gemerkt hast, dass du eigentlich genau das gleiche willst - also ihn und niemanden sonst. Und weil du das nicht kennst und weil es dir gegen den Strich geht, so abhängig zu sein, hast du ganz schnell - und viel zu voreilig, wenn du mich fragst -, einen Schlussstrich gezogen, solange du noch konntest." Liz warf Mel einen zweifelnden Blick zu. "Echt. Und weil er überhaupt nicht in dein Beuteschema passt, ist es dir auch peinlich, dass du auf ihn stehst." Liz protestierte, wobei sie sich fast an einem Champignon verschluckte. "Das ist überhaupt nicht wahr!" Mel hob eine Augenbraue. "Hast du ihn deinen Eltern vorgestellt?" Liz schwieg. "Oder ihnen von ihm erzählt?" "Ich habe Judy von ihm erzählt", verteidigte Liz sich. Aber Mel lachte sie nur aus. "Judy zählt nicht. Ihr erzählst du alles. Wer zählt sind die, die ein bestimmtes Bild von dir haben sollen. Und John passt nicht in das Bild rein. Dabei sieht doch jeder Blinde, dass ihr zwei total verrückt nacheinander seid..." "Waren. Vergangenheit." "Seid. Gegenwart", widersprach Mel belustigt. "Sei doch nicht so dickköpfig, Elizabeth Winston. Ein Typ, der dich dazu bringt, deinen Job hinzuschmeißen und dich tagelang im Schlafanzug auf dem Sofa zu verkriechen ist mir jetzt schon sympathisch. So einer ist es bestimmt wert." Liz verzog angewidert das Gesicht. "Ich hasse es." "Natürlich tust du das. Du wärst blöd, wenn es anders wäre. Aber darum geht es nicht. Wie viele Nachrichten hat er dir hinterlassen?", hakte sie neugierig nach und fügte dann hinzu: "Iss dein Gemüse, sonst wird es kalt." Liz leistete der Aufforderung Folge und seufzte. "Ich hab sie nicht abgehört. Und ich hab es auch nicht vor. Ein Typ, der mich dazu bringt, meinen Job hinzuschmeißen und mich tagelang im Schlafanzug auf dem Sofa zu verkriechen muss schleunigst verschwinden. So kann es nicht weitergehen." Mel hoch skeptisch eine Augenbraue, entschied sich aber, gar nichts dazu zu sagen. Sie kam sich wohl sehr klug vor, dachte Liz verdrießlich, mit ihren schlagfertigen Argumenten. Und obwohl in dem ein oder anderen Gesagten ein Körnchen Wahrheit steckte, würde Liz es bestimmt nicht zugeben. Dafür war sie einfach viel zu sehr von ihrer Sichtweise überzeugt. John hatte zu vorschnell agiert und das hatte er davon. Er hatte gewusst, was sie davon hielt, und hatte trotzdem seinen Willen durchsetzen wollen. Was er bekommen hatte, war nur allzu vorhersehbar gewesen. Nur dass sie darunter litt - das war nicht fair. Aber es war nun mal ein Nebeneffekt, den sie so hinnehmen musste. Wenn es doch nur ein bisschen weniger wehtun würde... "Du hast bloß Panik", mümmelte Mel mit vollem Mund, "weil du zum ersten Mal richtig verknallt bist. So mit Haut und Haar. Und zwar in einen anständigen Typen, den deine Eltern für dich auswählen würden, wenn du sie ließest. Und du weißt nicht, wie du damit umgehen sollst, weil du deine Autonomie nicht verlieren willst. Lass dir sagen..." Sie wedelte lehrerhaft mit dem Zeigefinger in der Luft herum, "verliebt zu sein ist beschissen. Aber es ist der Lauf der Dinge." Liz schnaubte verächtlich. "Vielen Dank für diesen kleinen Exkurs. Kann ich jetzt wieder von deiner Psychocouch aufstehen, Doc?" Mel grinste und legte ihre Gabel beiseite. "Das macht 260 Pfund pro Stunde, aber du kannst sie in Raten abbezahlen", scherzte sie. "So gefällst du mir schon besser. Jetzt bist du mehr... du. Übrigens, warst du schon beim Friseur?" Liz betrachtete ihre Haarspitzen, die über ihrer Schulter lagen und runzelte die Stirn. "Warum sollte ich? Stimmt etwas nicht mit meinen Haaren?" "Macht man das nicht so, wenn man sich gerade getrennt hat?", wollte Mel wissen. "Ich nicht. Ich war vor drei Wochen beim Friseur und John hat gesagt..." Sie stockte. "Egal." Mel wurde hellhörig und lehnte sich ein wenig über den Tisch zu Liz herüber. "Was hat John gesagt?" "Nichts", wiederholte Liz gepresst. Unfassbar, dass John ständig in ihrem Kopf herumspukte. John hat gesagt dieses, John denkt jenes... 'Die neue Frisur ist schön, aber längere Haare stehen dir auch ganz gut' - das hatte John gesagt. Es war seine Art zu sagen, dass er ihre Haare vor dem Friseurbesuch schöner gefunden hatte, aber natürlich war er zu diplomatisch gewesen, um es SO auszudrücken. Liz hätte ihn für seine Vorsicht abknutschen können - was sie auch getan hatte -, aber nun machte sie die Erinnerung daran nur traurig. Wie konnte ein Mann so einfühlsam sein, aber dann so ins Fettnäpfchen treten? Mensch. Das konnte doch nicht wahr sein! "Ich wette", unterbrach Mel ihre Gedanken, "wenn er niemals etwas von Heiraten und Blabla sagen würde, würdest du ewig mit ihm zusammensein." "Hä?" "Na ja. Sagen wir, drei Jahre vergehen, er verliert kein Wort darüber. Du bist glücklich und fühlst dich nicht bedroht. Nach zehn Jahren dasselbe. Nach elf Jahren sagt er 'Hochzeit' - und innerhalb weniger Sekunden hast du deine Sachen gepackt und bist raus aus der ganzen Sache. Obwohl es hinterher eigentlich auch nicht anders ist als vorher." Liz pustete missmutig die Luft aus ihren Backen, sodass ihr schiefer Pony hochflog. "Können wir jetzt das Thema wechseln?", wollte sie genervt wissen. Aber Mel's Worte hinterließen einen fahlen Nachgeschmack - und ein bisschen hatten sie sie auch verletzt, obwohl sie nicht genau sagen konnte, warum. Noch bevor sie dem nachgehen konnte, klingelte das Telefon. Erschrocken schaute Liz auf. "Ich hab es wieder eingestöpselt, als du baden warst", erklärte Mel vergnügt. "Schau mal nach, der dran ist." Langsam erhob sich Liz und wanderte zum Telefon. Als sie den Hörer in die Hand nahm, erblickte sie auf dem Display Kate's Nummer und ihren Namen. Gott sei Dank. "Hallo?" "Liz?", kam es unsicher aus dem Telefonhörer. "Ja? Was gibt's?" Ihre Schwester schwieg eine Weile, dann platzte es aus ihr heraus: "Kann ich dich besuchen kommen?" Überrascht, aber erfreut ließ sich Liz diese Möglichkeit durch den Kopf gehen. Kate hatte sie noch nie besucht und es würde bestimmt lustig werden. Außerdem wäre es eine gelungene Abwechslung. Und nun, da sie sowieso nichts zu tun hatte, kam ihr das ganz gelegen. "Klar. Wann willst du kommen?" "Am Wochenende?", schlug Kate vor. "Sonntag? Wenn du da Zeit hast, meine ich." Liz nickte begeistert, aber das konnte ja nicht sehen. "Okay. Sonntag ist gut. Meld dich noch, wann du genau ankommst." Sie verabschiedete sich von ihrer Schwester und kam schon viel besser gelaunt in die Küche, wo Mel ihren Teller schon leergegessen hatte. "Kate kommt mich besuchen", verkündete sie stolz und Mel lächelte. "Schön. Vielleicht kann sie dich ja zur Vernunft bringen." "Fehlanzeige." Mel lachte leise und schüttelte weise den Kopf, als wüsste sie es besser. "Wir werden sehen, Elizabeth Dickkopf Winston." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)