Schuldigs Adventskalender von Shiva (oder: Wie erobere ich Brad in 24 Tagen?) ================================================================================ Kapitel 12: 12. 12. Last Christmas ---------------------------------- 12. Dezember - Last Christmas Am nächsten Morgen erwachte Brad durch eine Vision, die ihn tief im Innern seines Geistes berührte. Er setzte sich auf und fasste sich an den Kopf. "Fuck", zischte der Amerikaner leise, der normalerweise nicht zum Fluchen neigte, zumal er in der Regel auch wenig Grund zu hatte. Sonst lief immer alles nach Plan, weil er ja auch einen Plan hatte. Nun geriet dieser Plan völlig durcheinander, da er nur Bilder sah, die für ihn zwar durchaus Sinn machten, aber die er nicht in einen größeren Kontext einordnen konnte. Er wusste nur, er würde mit Schuldig schlafen, noch ehe das Jahr vorüber war - wenn er nicht irgendwas dagegen unternahm. Immerhin verdiente Schuldig etwas Besseres als ihn, der selten öfter als einmal mit jemandem schlief und damit nichts weiter verband als bloße Triebbefriedigung. Inzwischen war er sich auch ziemlich sicher, dass vorletzte Nacht nicht mehr geschehen war, als ein paar heiße Küsse, so viel hatte er seinem verwirrten Geist entlocken können. Selbst dieser kleine Ausrutscher hatte dazu geführt, dass sie sich gestritten hatten. Und doch war Schuldig wieder zu ihm gekommen und hatte sich um ihn gekümmert. Nein, Schuldig war schon viel zu tief drin, um ihm dauerhaft böse zu sein. Wenn er aber mit Schuldig ins Bett gehen würde und der Telepath dann erfahren müsste, dass Crawford nicht in der Lage war, sein Herz ernsthaft und aufrichtig an jemanden zu geben, so würde das das Ende ihrer Freundschaft und das Ende von Schwarz bedeuten. Er musste also Abstand halten - um jeden Preis. Davon ahnte der Deutsche nichts, der immer noch seelenruhig schlief und - wie könnte es anders sein? - von seinem Leader träumte. Allerdings drangen schon die ersten Geräusche aus dem Haus in sein Bewusstsein vor und er dämmerte aus dem Tiefschlaf an die Oberfläche. Nach einer weiteren Weile, in der er sich gegen das Aufwachen gewehrt hatte, setzte sich Schuldig gähnend auf und wuschelte sich durch die Haare, schwang dann die Beine über die Bettkante und kämpfte sich in die Höhe. Kaum stand er, fiel ihm wieder ein, dass er dringend nach Brad sehen musste - er war gestern mittendrin einfach eingeschlafen und hatte deswegen ja auch keine Ahnung, wie es dem Älteren inzwischen ging. Er schlüpfte also rasch in eine Jogginghose und einen weichen Pullover und marschierte schnurstracks aus seinem Zimmer zur Tür des Amerikaners. Behutsam drückte er die Klinke nach unten und schob die Tür leise auf, um seinen Kopf ins Zimmer zu strecken. Sollte Brad noch schlafen, würde ihn das nicht wecken und Schuldig würde sich ebenso vorsichtig, wie er in den Raum lugte, wieder zurückziehen. "Schon mal was von Anklopfen gehört?" knurrte Crawford ihn an, als er in die Höhle des Löwen linste. Brad war gerade dabei, sich sein Hemd zuzuknöpfen. Ansonsten trug er nichts außer einem sehr unmodischen, aber enganliegenden schwarzen Slip. Der Blick aus den braunen Augen traf ihn direkt, denn Brad hatte auch seine Brille noch nicht auf. Die brauchte er aber auch nicht, um Schuldigs Gesicht zu fixieren, dank der Signalfarbe auf dessen Kopf. "Hey! Ich wollte dich nicht wecken!", verteidigte sich der Telepath sofort, kam nun ganz ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er wusste, dass das wahrscheinlich ein sehr dummer Fehler war, vor allem, weil Brads halbnackter Anblick wirklich sehr fantasieanregend war. Aber wer war er schon, einen solchen Fehler nicht zu begehen? "Wie geht's dir?", wollte er daher ungerührt wissen, die Hitze auf seinen Wangen geflissentlich ignorierend. Peinlich genug, dass er in Brads Gegenwart regelmäßig rot anlief wie ein Schuljunge. Da musste er jetzt nicht auch noch taktischen Rückzug antreten und so seine Verlegenheit noch offenkundiger machen. "Besser." Crawford schlüpfte sehr ungrazil in seine astrein geplättete Bügelfaltenhose und suchte sich einen seiner zahlreichen Schlipse aus dem Schrank. "Das ist auch gut so, denn sonst bleibt einfach zu viel Arbeit liegen. Gestern hätte eigentlich eine wichtige Mail raus gemusst." Nun, da er angezogen war, fühlte er sich schon viel besser, wie ein Ritter, der seine Rüstung angelegt hatte. "Hast du heute Abend etwas Besonderes vor?" Na, das war ja wieder sowas von klar. Warum sonst sollte Brad sich auch aus dem Bett quälen, wenn nicht für die Arbeit? Bei der Frage des Älteren zuckte Schuldig allerdings elektrisiert zusammen und schüttelte so wild den Kopf, dass seine Haare wie ein leuchtender Schleier flogen. "Nein, hab ich nicht", gab er die gewünschte Auskunft, konnte sich aber nicht verbieten, ein "Warum?" nachzusetzen. Augenblicklich keimte die Hoffnung in ihm auf, dass Brad vielleicht etwas mit ihm unternehmen wollte, und brachte seine Augen zum Strahlen. Brad zog betrübt die Brauen zusammen, als er Schuldigs hoffnungsfrohe Miene sah. Er würde sie zerstören. Er würde dafür sorgen, dass Schuldig endlich damit aufhörte, seine Liebe an ihn zu verschwenden. "Ich wollte dich bitten, dass du etwas für mich erledigst. Bis heute Abend möchte ich Dokumente fertig haben, die nur persönlich an den Empfänger gehen dürfen. Es wäre nett, wenn du das machen könntest." Diese Ansage brachte Schuldig dazu, hart zu schlucken. Okay... Es war ja eh utopisch gewesen, etwas anderes zu erwarten. Und wenn er Brad diesen Gefallen tun konnte, wäre er der Letzte, der sich davor drücken würde. "Klar mach ich das", meinte er daher munterer, als ihm zumute war. Er versuchte sich an einem niedlichen Lächeln, das ihm zwar schwer fiel, aber doch ganz gut gelang. Hoffte er zumindest. "Sag mir einfach Bescheid, wenn du die Sachen fertig hast." Irgendwie wuchs gerade in seiner Kehle ein Kloß heran, der ihm das Reden schwer machte, aber auch das ließ er sich nicht wirklich anmerken. "Mache ich. Vielen Dank", sagte Brad, der nun zur Tür ging, und sie aufhielt, damit Schuldig als erstes hinausgehen konnte. Er wollte Abstand haben. Er BRAUCHTE Abstand. Denn selbst in diesem legeren Hausoutfit verströmte der Telepath dennoch einen so verführerischen Duft, dass er selbst darin attraktiv wirkte. Etwas zielstrebiger als notwendig begab sich Brad ohne Frühstück in sein Arbeitszimmer, um so lange dort zu bleiben, bis er glaubte, dass in der Küche die Luft rein war. Das war deutlich gewesen. Überdeutlich. Und es schlug extrem auf Schuldigs Laune. Missmutig stapfte er in die Küche, um sich seinen Kaffee zu machen, sich anschließend entgegen seiner Gewohnheit mitsamt der Tasse wieder in sein Zimmer zu flüchten und vor sich hin zu schmollen. Verdammt noch mal! Er konnte doch wirklich tun und lassen, was er wollte und blitzte ab. Es war einfach zum Heulen. Natürlich tat er das nicht, aber das Gefühl fraß sich trotzdem in ihm fest. Im Schneidersitz hockte sich der Telepath auf sein Bett und griff nach der Fernbedienung für seine Stereoanlage. Gleich darauf dröhnten sehr unweihnachtliche Hardrockklänge in voller Lautstärke durch das Haus. Okay, so konnte er wenigstens seine eigenen Gedanken nicht mehr hören, was in diesem Fall eine Wohltat war. Und ob er mit seiner Musik irgendwen störte, interessierte ihn einfach nicht. Brad konnte froh sein, dass sein Büro am anderen Ende des Hauses lag. Nagi dagegen war von den harten Bässen und den virtuosen Gitarrenriffs geweckt worden und stiefelte - noch im Schlafanzug - zu Schuldig hinüber. Der sah erst nur, wie Nagis Lippen sich bewegten, dann drehte er die Musik leiser. "Danke", sagte Nagi, allerdings lag nicht viel echte Dankbarkeit darin. "Was ist schon wieder los? Ich dachte, ihr habt euch wieder eingekriegt?" Schuldig zog eine genervte Grimasse. "Lass mich in Ruhe", bat er nur, jedoch lag eine gewisse Schärfe und auch Resignation in seinen Worten. Dann griff er wieder nach der Fernbedienung, um die vorherige Lautstärke wieder einzustellen. Er wollte nicht reden, nicht mit Nagi und schon gar nicht über Brad. Nein, lieber saß er hier allein in seinem Zimmer und blies Trübsal. So langsam schwanden sämtliche Hoffnungen auf ein Happy End dahin und diese Erkenntnis zerriss ihm das Herz in tausende scharfkantige Splitter. Demonstrativ drehte er sich von Nagi weg. Es hatte den Kleinen nicht zu interessieren, dass es ihm alles andere als gut ging. Er wollte keine Hilfe. Er _brauchte_ keine Hilfe. Nagi sah das allerdings anders und zog das Kabel der Anlage aus der Steckdose, ohne auch nur einen Finger zu rühren. "Nein. Ich habe keine Lust darauf, dass eure Zwistigkeiten meine Familie zerstören." Nagis ärgerliche Stimme wurde sanfter. "Weiß Brad es schon?" Die Stille, die auf Nagis Aktion folgte, war ohrenbetäubend. Schuldig wandte sich wieder um und fixierte den Kleinen mit einem wütenden und vor allem warnenden Blick. Nur um gleich darauf aufgebend den Kopf zu schütteln. "Ja", meinte er schlicht. "Er weiß es." Er brauchte erst gar nicht lange zu fragen, was Nagi meinte. Es lag ja auf der Hand. Mehr gab es allerdings in seinen Augen dazu gar nicht zu sagen. Und auch, wenn er normalerweise alles in Grund und Boden redete, so hielt er jetzt seine enorme Klappe und verfiel wieder in trübsinniges Schweigen. "Und... was hat er gesagt? Will er deswegen jetzt nicht mehr mit dir reden?" Nagis Stimme wurde leiser und schüchterner. Schuldig hatte es ihm tatsächlich erzählt! War das der Grund, warum sie sich so gestritten hatten? Nichts konnte den Telepathen jetzt noch davon abhalten, deutlich die Augen zu verdrehen. "Was denkst du, hat er wohl gesagt?", fragte er mit beißendem Sarkasmus. "Er will mich nicht verletzen, aber ich brauch gar nicht erst auf irgendwas hoffen..." Das war ja auch der Grundtenor von Brads Gerede gewesen, in Kurzfassung. Und damit sollte sogar Nagi klar sein, dass er jetzt gerade bockte und beleidigt war. Nagi setzte sich uneingeladen zu Schuldig aufs Bett und legte ihm freundschaftlich die Hand auf den Unterarm. "Schuldig... ich kann nur erahnen, wie es dir gerade geht. Aber wenn er nicht will, dann... kannst du da auch nichts machen. Es wird wohl eine Weile dauern, aber irgendwann lässt die Sehnsucht nach." Nagi, obwohl er noch so jung war, sprach aus Erfahrung. Er hatte Tot verloren. Zwar lebte sie nach seiner Kamikazeaktion, die ein ganzes Haus in Schutt und Asche gelegt hatte, doch er hatte zu ihrem Wohl beschlossen, dass es besser war, wenn sie keinen Kontakt mehr hatten. Nun blieb dem Telepathen doch nichts anderes übrig, als sich mit Nagi zu befassen. "Wenn er mich einfach nicht wollen würde, wäre das ja das kleinste Problem", gab er seufzend und mit hängendem Kopf zu. "Aber ich glaube, dass das so einfach nicht stimmt. Dafür ist er zu ... auffällig." Er ließ die ganzen Begebenheiten der letzten Tage noch einmal Revue passieren und nickte sich dann selbst zu. "Er will es nur nicht zulassen", lautete sein abschließendes Urteil. Und genau das war es ja, was ihn so verdammt verletzte. "Und was, wenn er bloß spitz auf dich ist? Also..." Nagi errötete über das ganze Gesicht bis in die Ohrspitzen. "Sexuell gesehen?" Der Junge bezweifelte, dass Schuldig mit Brad schlafen wollte, in dem Wissen, dass ihr Leader keine weiteren Gefühle für ihn hatte. Schuldig erstarrte und sah den Jungen mit entsetzt geweiteten Augen an. Okay, dass ER nicht auf so eine Idee gekommen war, war fast schon peinlich. Schließlich hatte er den unpersönlichen Sex von OneNightStands ja fast erfunden... Vor Schreck blieben ihm die Worte im Hals stecken und es dauerte fast eine Minute, bis er in der Lage war, zu antworten. "Das würde er mir nicht antun", hauchte er, den Horror über diese Idee immer noch gut hörbar in der Stimme. Nagi seufzte. Offensichtlich war bei Schuldig ein etwas größerer Groschen gefallen. "Eben. Verstehst du nun, warum er auf Abstand geht? Selbst in meinen Augen bist du überdurchschnittlich gutaussehend. Und ich steh auf Mädchen...." Was ihn zu einer weiteren Idee führte. "Vielleicht solltest du dir mal deine Haare schneiden lassen", war nun der ultimative Vorschlag des Jungen. "Du spinnst wohl!", war die empörte Entgegnung des Deutschen. Haare schneiden lassen? Wo kämen sie denn da hin? Das kam ja sowas von nicht in Frage! Allerdings konnte er nicht bestreiten, dass Nagis Logik schon etwas für sich hatte. Verdammt noch mal! Wieso hatte er daran nur nicht gedacht?! Schuldig presste die Kiefer aufeinander, bis es schmerzte. Okay. So war das also. Gut, dann gab es nur eine Möglichkeit, sich abzulenken. Und die sollte auch ganz in Brads Interesse sein, wenn Nagi Recht hatte - was er nicht bezweifelte. "Sorry, war nur eine Idee." Nagi hob beschwichtigend die Hände. "Obwohl es interessant wäre, dich mal mit kurzen Haaren zu sehen. Würde dir sicher auch gut stehen." Er wollte seinen Freund ein klein wenig aufheitern, auch wenn er ahnte, wie schlecht es Schuldig gerade ging. Dabei ging Schuldigs Resignation gerade in einem Schwall eiskalter Wut unter und ein Plan reifte blitzschnell in seinem Kopf heran. "Schon okay", grinste er Nagi an. "Aber darauf wirst du lange warten können." Oh, wie oft hatte Brad schon versucht, ihn zum Frisör zu schleifen... Nein, aus! Er verbot sich die Erinnerungen, die in ihm aufkeimten. Mit einem leisen Knurren robbte er sich vom Bett herunter und marschierte, ohne noch einmal auf Nagi zu achten, aus dem Zimmer. Brad konnte sich seine Dokumente heute Abend sonstwohin stecken, er hatte etwas Besseres zu tun. Heute Abend und morgen Abend und übermorgen... Er klopfte - nein, er hämmerte - an der Tür von Brads Büro und riss sie auf, ohne eine Antwort abzuwarten. Dabei kam er nicht einmal vollständig in den Raum, sondern streckte nur den Kopf hinein, um den Amerikaner mit einer gehässigen Miene zu mustern. "Du musst die Dokumente heute Abend selbst wegbringen", ließ er den Anderen zuckersüß wissen. "Ich bin heute nämlich nicht da." Damit warf er die Tür auch schon wieder zu und stapfte zurück zu seinem Zimmer und zurück zu Nagi. Der saß immer noch dort, wo Schuldig ihn gelassen hatte. "Was... was war das denn?", fragte Nagi irritiert. Schuldig achtete nicht weiter auf ihn und war bereits halb in seinem überdimensionalen Kleiderschrank verschwunden. "Gehst du weg?", fragte Nagi überrascht. Schuldig war schon länger nicht mehr ausgegangen. Nun, vielleicht war es nicht schlecht, wenn Schuldig auf andere Gedanken kam. "Ganz genau!", tönte es aus den Tiefen des Schranks. Dann richtete sich Schuldig wieder auf, in jeder Hand ein anderes, sehr extravagantes und heißes Teil zum Anziehen. Er betrachtete das Oberteil in der linken Hand, schüttelte den Kopf und warf es achtlos zurück in den Schrank; das Shirt, das er in der rechten gehalten hatte, flog auf das Bett. Ihm folgte gleich darauf eine von Schuldigs Lieblingsjeans. Die beiden Kleidungsstücke sahen recht unscheinbar aus, wie sie da so zusammengeknüllt auf dem Bett lagen, aber Schuldig schätzte, dass Nagi ihn in beidem schon gesehen hatte und ahnte, wie das Endergebnis aussehen würde... Er tauchte noch einmal in seinen Schrank und beförderte eine Lederjacke zu Tage, die dem Top und der Jeans neben Nagi Gesellschaft leistete. "Ich glaube, du hast Recht", informierte er nach dieser Aktion seinen kleinen Kollegen. "Er will mich nicht und nur für's Bett bekomm ich andere..." Ein boshaftes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Oh ja, heute Nacht würde er wieder einmal die Sau rauslassen. Aber richtig! Nagi zog eine Augenbraue hoch. Die Klamotten, die nun neben ihm lagen würden mehr zeigen, als sie verbargen. Der Weite nach zu urteilen würden sie so eng sitzen, dass sie selbst ihm, Nagi, passen würden. Allerdings hatten sie ein edles Flair und stammten allesamt von namhaften Designern. "Du kannst froh sein, dass ich noch nicht volljährig bin." Sonst würde er nämlich mitkommen und auf ihn aufpassen. "Bitte pass nur auf und sieh zu, dass du dich schützt." Schuldig biss sich auf die Unterlippe, um ein amüsiertes, fast schon hysterisches Lachen zu unterdrücken. Da bekam er tatsächlich Ermahnungen von ihrem Jüngsten... Nicht zu fassen! "Keine Sorge!", grinste er viel munterer, als er in der letzten Zeit allgemein gewesen war. "Mir passiert nichts, was ich nicht will. Und alles andere ist selbstverständlich." Seine Mundwinkel zogen sich noch weiter auseinander und erreichten fast die Ohren. "Wenn du mitkommen willst, mach es doch einfach. In deinem Alter hab ich mich nicht mehr davon abhalten lassen, wegzugehen." Oh, er war schon immer ein guter Verführer gewesen, in jeglicher Hinsicht. Nagi würde früher oder später das nachholen wollen, was er verpasst hatte. Warum also nicht früher? Nagis Augen wurden groß wie Tellerränder. "Du... du würdest mich echt mitnehmen? Gibt’s da auch Frauen, wo du hingehst oder nur Kerle?", erkundigte er sich neugierig. Einen falschen Ausweis hatte er schon lange, aber er hatte bislang bestenfalls in Erwachsenenvideotheken davon Gebrauch gemacht. Nun, da Schuldig Öl in seine leise schwelende Glut geschüttet hatte, war er wirklich Feuer und Flamme, in die Welt der Erwachsenen einzutauchen. Mit Schuldig! Wahnsinn! Das war ja zu niedlich! Der Telepath grinste. "Ich treib's nicht nur mit Männern", erklärte er zwinkernd. "Also gibt's da, wo ich hingehe, auch Frauen. Und ja, ich nehm dich mit, wenn du willst." Oh, das würde ein Triumph werden. Und gleichzeitig seine Rache an Brad... Schuldigs Grinsen wurde zu einem dämonisch süßen Lächeln. "Das wird bestimmt lustig!", lockte er den Kleinen weiter, ganz der Teufel, als der er öfter schon betitelt worden war. "Gib... gib mir fünf Minuten!", stammelte Nagi und rannte dann aus Schuldigs Zimmer, um in seinem eigenen zu verschwinden und sich zurecht zu machen. Mit seiner Telekinese holte er die Klamotten aus dem Schrank, während er sich im Bad mit Wachs die Haare in eine moderne, lässige Form wuschelte. Tatsächlich stand Nagi vier Minuten später fertig in ein blaues Seidenhemd und eine schwarze Hose gekleidet vor Schuldigs Zimmer und klopfte aufgeregt. So schnell, wie Nagi fertig war, hatte Schuldig nicht wirklich damit gerechnet. Und obendrein war er über das Aussehen des kleinen Telekineten überrascht. Positiv überrascht, natürlich. "Na dann!", grinste er den Jungen an, wuschelte sich die Haare noch einmal auf und stieg in seine Stiefel. Gemeinsam gingen die beiden nach unten. Gerade als sie in der Tür standen, hörten sie Crawfords Stimme hinter sich. "Wo wollt ihr denn hin?" Nagi sah seine Nacht der Nächte gefährdet und meinte daher: "Wir gehen aus. Es wird spät, also warte nicht auf uns. Tschühüss!" Damit schlug er die schwere Eichentür hinter ihnen zu und fixierte sie mit seiner Telekinese. Keine Sekunde zu früh, denn er hörte schon Crawford daran rütteln und dahinter Einspruch erheben. "So, jetzt aber schnell los", sagte er hektisch zu Schuldig. Die kurze Begegnung mit Brad sorgte dafür, dass Schuldig kurzzeitig die Laune wieder verging, aber er würde jetzt auf keinen Fall einen Rückzieher machen. So entriegelte er seinen Wagen, als sie noch darauf zuliefen, und ließ die Türen nach oben fahren. Nur unwesentlich später war das Aufheulen des starken Motors zu hören und das Quietschen der Reifen, mit dem Schuldig losfuhr und Richtung Shinjuku rauschte. Brad konnte die Tür erst öffnen, als der Wagen bereits das Grundstück verlassen hatte. Etliche Gefühle beherrschten gerade sein sonst so kühles Gemüt. Vor allem Wut, besonders auf Schuldig. Nagi kam sicher nicht von allein auf die Idee, auf Piste zu gehen. Dieser unvernünftige Mistkerl von einem Telepathen musste ihn angestiftet haben! Oder... hatte er ihn etwa eingeladen, wie zu einem Date? Nein, das ging doch wirklich zu weit! Brad war krank vor Sorge und vor Ärger. Nagi traf dabei in erster Linie die Sorge und Schuldig der Ärger. Eine ziemlich faire Aufteilung, wie er fand. Na, die sollten ihm nach Hause kommen! Doch er hatte die dunkle Ahnung, dass das heute nichts mehr werden würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)