Sternschnuppen von Ur (Gazille x Levi) ================================================================================ Kapitel 4: Ball --------------- Das ist die zweite kleine Fortsetzung zu Einladung und Tanzen :) Ich wünsch euch viel Freude damit! Fluff für alle O:) Liebe Grüße, ______________________ Förmliche Kleidung war nichts für ihn. Er starrte sein Spiegelbild an, das in einem schwarzen Anzug ganz und gar falsch und verkleidet aussah. Seine langen, unbezähmbaren Haare schauten aus wie immer, die Piercings in seinem Gesicht schimmerten leicht im Licht des Zimmers. Zugegeben, Levi hatte ihm mittlerweile so oft versichert, dass sie mit niemand anderem zu diesem Ball gehen wollen würde, dass er es beinahe glaubte, aber er war sich sicher, dass andere Kerle besser im Anzug aussahen, als er. Und das war neu. Denn eigentlich fand Gazille sich ziemlich gutaussehend. »Scheißdreck«, murmelte er und wandte sich von seinem Spiegelbild ab. Er stand mit diesem elenden Ball immer noch auf Kriegsfuß, auch wenn die Vorstellung von Levi, die den ganzen Abend auf der Tanzfläche an ihn gedrückt dahin schwebte, ziemlich verlockend war. Unweigerlich wurde ihm ein wenig warm und er richtete seine schief gebundene Krawatte. Wer sich diese Dinger ausgedacht hatte, gehörte verprügelt. Er verließ sein chaotisches Zimmer zehn Minuten zu spät, weil er zwischenzeitlich kurz davor gewesen war, sich die Krawatte vom Hals zu reißen und ohne das verfluchte Ding zu gehen. Seine Nervosität würde er mit ins Grab nehmen, dachte er sich, als er an Levis Tür klopfte und mit hämmerndem Herzen darauf wartete, dass sie die Tür öffnete. Womöglich war sie wütend auf ihn, weil er zu spät war, dann würde sie sagen, dass sie in diesem Aufzug nicht mit ihm gehen würde und dann– »Ich dachte schon, du kommst nicht, weil du doch keine Lust hast«, sagte Levi leicht außer Atem, noch während sie die Tür aufriss. Sie starrte ihn aus ihren großen, braunen Augen an. Gazille öffnete den Mund, um etwas Geistreiches darauf zu erwidern, aber sein Kehlkopf schien sich mitsamt der beschissenen Krawatte gegen ihn verschworen zu haben. Levi trug ein Kleid in knalligem Orange. Schulterfrei. Mit langen Handschuhen. Das verfluchte Ding reichte bis zum Boden und Levi sah so verteufelt gut darin aus, dass Gazille sich bei ihr darüber beschweren wollte, aber da seine Stimme ihm den Dienst verweigerte, schluckte er einfach nur und räusperte sich schließlich probehalber. Ihm fiel erst im nächsten Augenblick auf, dass er sie anstarrte wie eine Erscheinung und dass Levis Wangen einen dunklen Rotton angenommen hatten. Ihre Haare hatte sie hochgesteckt und sie strich unsicher über das lange Kleid. »Kann ich so gehen?«, fragte sie unsicher. Offensichtlich hatte sie sein Schweigen so interpretiert, dass er ihr Kleid schrecklich fand. »Nein«, antwortete er wie aus der Pistole geschossen. Levi blinzelte perplex, dann fiel ihr Gesichtsausdruck in sich zusammen und sie starrte peinlich berührt zu Boden. »Oh…« »Hattest du kein scheußlicheres Kleid? Ist dir klar, dass ich den ganzen Abend damit verbringen werde, die Kerle zu bedrohen, die dich sabbernd… Was ist denn?« Die Stimmungsschwankungen von Frauen waren unheimlich. Gerade noch hatte sie ausgesehen, als würde sie sich gern im Hinterhof vergraben, jetzt strahlte sie ihn so leuchtend von unten herauf an, dass ihm ganz heiß wurde. Ihre Augen funkelten glücklich und der Schimmer auf ihren Wangen war noch dunkler geworden. »Danke, du siehst auch gut aus«, antwortete sie und kicherte bei seinem verwirrten Blinzeln. »Lass mich nur kurz…« Sie trat einen Schritt nach draußen und stellte sich auf die Zehenspitzen. Gazille schluckte erneut, als Levis Hände sich dem schiefen Knoten seiner Krawatte widmeten und behutsam daran herumnestelten. Als sie fertig war, trat sie lächelnd zurück und nickte. »Jetzt sitzt sie«, verkündete sie. »Danke«, brummte er und ließ seine Arme ein wenig unschlüssig vor und zurück schwingen. Er hatte keine Ahnung von der Etikette bei so einem Anlass. Levi verschwand kurz hinter der Tür und kehrte mit einer kleinen, zum Kleid passenden Handtasche wieder, dann schloss sie ihre winzige Wohnung, zögerte kurz und sah ihn verlegen an. »Darf ich…?« Gazille hatte fünf Sekunden lang keine Ahnung, was sie meinte, da sie nur vage in Richtung seines Arms gedeutet hatte, aber dann wurde ihm klar, dass sie sich bei ihm unterhaken wollte. »Oh. Sicher«, sagte er stumpf und hielt ihr seinen Arm hin. Ihre zerbrechlichen Finger legten sich in seine Armbeuge und sie schien vor Zufriedenheit zu schimmern, während sie die kopfsteingepflasterte Straße hinunter schritten. Wahrscheinlich gaben sie ein höchst merkwürdiges Paar ab. Er war riesig und grobschlächtig und sah in seinem Anzug extrem beknackt aus. Levi war winzig und zierlich und sah aus, als wäre sie in ihrem Kleid geboren worden. Sie waren die Schöne und das Biest. Wie Gazille erwartet hatte, zogen Levi und ihr Kleid viele Blicke auf sich. Er kam kaum hinterher alle Leute bedrohlich anzusehen, die sie zu lange anstarrten. Da sie zu spät gekommen waren, waren viele Tische bereits besetzt. Er sah Mira und ihren großen Babybruder drüben an einem Tisch mit Lucy sitzen. Die blickte ausgesprochen miesepetrig drein und soweit Gazille sehen konnte, war sie ohne Begleitung. Neben ihr hockten die Alkoholikerin und ihr Angebeteter. Gazille entdeckte Lluvia auf der Tanzfläche und sie sah so glücklich aus, dass er unweigerlich ein wenig grinsen musste. Wenn das Eis am Stiel sie unglücklich machte, dann würde er ihn zu Hackfleisch verarbeiten. Levis nervtötende Schatten waren selbstredend auch da. Sie starrten finster zu ihm herüber und er verkniff es sich, triumphierend zurück zu blicken. Stattdessen ignorierte er sie. »Möchtest du was trinken?«, fragte er Levi, die zu ihm hinauf lächelte. Verfluchte Scheiße, was war es auch so heiß in diesem Ballsaal? »Gerne. Ich kann uns schon mal Sitzplätze suchen, wenn du willst«, bot sie an. Er nickte und stapfte hinüber zu ein paar länglichen Tischen, wo mehrere große Behältnisse mit bunten Flüssigkeiten standen. Er betrachtete die Auswahl und stellte fest, dass er keine Ahnung hatte, was Levi gern trank. Also füllte er zwei Gläser mit einer Flüssigkeit, die farblich zu Levis Kleid passte und suchte mit den Augen die Tische ab, um zu sehen, wo Levi saß. Zuerst sah er sie überhaupt nicht, was daran lag, dass ihm von drei unbekannten Kerlen die Sicht versperrt wurde. Ein wütendes Knurren verließ seine Kehle, was eine junge Frau neben ihm erschrocken zusammenfahren ließ und er rempelte auf dem Weg hinüber zu Levi einige Leute an und hätte beinahe die Getränke verschüttet. »Hey«, brummte er und stellte die Becher auf dem Tisch ab. Die Kerle wandten sich um und sahen zu ihm auf. Denn natürlich waren sie kleiner als er. Die meisten Männer waren kleiner als er – Miras Bruder einmal ausgenommen. »Was?«, wollte einer der Kerle wissen und kam sich mit seinen beiden Kumpels offenbar sehr mutig vor. »Sie gehört zu mir«, grollte Gazille und ließ seine Fingerknöchel knacken, was die drei Typen dazu brachte, sich schleunigst aus dem Staub zu machen. Er blickte ihnen finster nach, dann wandte er sich Levi zu und stutzte, weil sie ihn schon wieder wie eine Explosion anstrahlte. »Ähm…«, machte er wenig geistreich und ließ sich neben ihr auf den Stuhl sinken. Verwirrt schob er ihr den Becher hin, den sie ergriff, ohne ihren Blick von ihm abzuwenden. »Du hast gesagt, dass ich zu dir gehöre«, sagte sie und ihre Stimme hatte diesen zärtlichen Unterton, der ihn reichlich nervös machte. Levi war seine Achillesferse. Es war unglaublich. Wann genau war das passiert? Allerdings konnte er diesen Umstand angesichts des warmen Kribbelns in seinem Innern nicht wirklich bereuen. Und schon gar nicht, wenn Levi so glücklich aussah. »Tust du das denn nicht?«, fragte er verwirrt. Levi räusperte sich und spielte verlegen an einer ihrer Locken herum. »Achso… du meinst nur… wegen des Balls…« Gazille blinzelte, sein Gehirn ratterte und… kam zu keinem Ergebnis. »Weswegen denn sonst?«, fragte er. Wieso musste er so schwer von Begriff sein, wenn es um Levi ging? Sie nahm einen Schluck von der orangefarbenen Brühe und betrachtete das Glas mit geröteten Wangen. »Ich hätte nichts dagegen auch sonst…« Hatte er sich schon ausreichend darüber beklagt, dass seine Krawatte zu eng war und ihm das Atmen erschwerte? Verfluchte Scheiße. Er trank sein Glas in einem Zug leer. Allerdings half das Gebräu nicht dabei, seinen Herzschlag irgendwie zu beruhigen. »Willst du tanzen?« Sie blickte auf und nickte kaum merklich lächelnd und stellte ihr Getränk ab. Gazille hielt ihr die Hand hin und ihre behandschuhten Finger fühlten sich in seiner Hand an wie Glas. Er konnte nur zu langsamen Liedern tanzen und das auch nur, wenn er sich dabei vorstellte, dass er Levi durch ein Minenfeld manövrierte. Aber was machte das schon. Sie stand so nah bei ihm und schaute aus ihren riesigen, braunen Rehaugen zu ihm auf und was brauchte er denn bittesehr sonst noch, um gute Laune zu haben? »Bist du sicher?«, brummte er schließlich und starrte mit hitzigen Wangen auf seine Schuhspitzen hinunter. Er spürte Levis fragenden Blick auf sich. »Wobei?«, wollte sie wissen. »Dass du zu mir gehören willst. Ich bin launisch und ich sehe scheiße im Anzug aus. Und ich hab keine Ahnung von Romantik und –« »Ganz sicher«, unterbrach sie seinen Sermon. Er schaute auf und sein Mund wurde ziemlich trocken, als sie ihn schon wieder so glücklich anlächelte. Ihr Kopf war genauso hochrot wie seiner. »Oh… ok…« Es war garantiert die dümmste ›Ich würde gern mit dir zusammen sein‹-Unterhaltung, die die Welt jemals gesehen hatte. Aber außer ihnen hatte es ja keiner gehört und Gazille scherte sich nicht wirklich darum, was andere von ihm dachten. Levi jedenfalls schien das alles nicht zu stören, denn sie schmiegte sich ganz eng an ihn, legte ihren Kopf auf seine Brust und seufzte zufrieden. Irgendwo am Rand der Tanzfläche hörte er Glas brechen. Levis Stalker hatten synchron ihre Getränke fallen lassen. Gazille grinste breit und triumphierend und ein wenig übermütig über Levis Schulter hinweg, als er sie noch ein Stück näher zog. Meins. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)