Blood Moon - Bis(s) in alle Ewigkeit von -DesertRose- (Fortsetzung von Rising Sun - Bis(s) das Licht der Sonne erstrahlt) ================================================================================ Kapitel 2: [Edward] Zwei Todesopfer und ein Mordfall ---------------------------------------------------- Disclaimer: => Ich verdiene kein Geld mit meiner Fanfiction. => Alle Charaktere die schon in den Twilight-Bänden ihren Auftritt hatten, gehören Stephenie Meyer. Alle Anderen, wie etwa Schüler, Lehrer und vor allem Renesmees und Jakes Kinder, habe ich selbst erfunden. Weitere Infos zur FF, Trailer, Cover & mehr http://www.renesmee-und-jacob.de.vu http://www.chaela.info Playlist zu Kapitel 2 (nur für die Edward und Bella-Szenen): Tracy Chapman - The Promise http://www.youtube.com/watch?v=crTc1V34m8g --------- Kapitel 2 [Edward] Zwei Todesopfer und ein Mordfall Als ich an diesem Morgen die Fenster öffnete, brachen nur sehr wenige Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke und fielen auf unser luxuriöses Bett. Rasch ging ich wieder zurück, schmiegte mich erneut an den wunderschönen Körper meiner Frau. Bella und ich hatten die ganze Nacht hier verbracht und wenn ich mir die Welt vor unserer Tür so ansah, war es vielleicht sogar noch der halbe Tag mit dazu. Wie lange genau, das kümmerte mich nicht. "Mhm... das war so wunderschön", flüsterte ich Bella ins Ohr und küsste ihr Ohrläppchen. "Ich könnte noch in einem Jahrhundert jede Nacht mit dir verbringen, ich würde jeden Morgen so zufrieden aufwachen und feststellen, dass ich dich noch so sehr liebe, wie am ersten Tag." Mit einem Lächeln drehte sie sich um und nahm mein Gesicht in ihre Hände. "Das will ich doch hoffen, schließlich liegt die Ewigkeit vor uns." Bella küsste mich leidenschaftlich und ich erwiderte ihren Kuss feurig. Ich öffnete meine Augen und sah in ihre. Sie waren Pechschwarz. "Mhm...", murmelte ich. "Was hältst du davon, wenn wir jagen gehen, meine Liebste?" Sie strahlte mich wieder an. "Ich hab einen Bärenhunger, nachdem ich mit dir zusammen so viele Kalorien verbraucht habe." Wir zogen uns gemeinsam an, dann nahm ich meine Frau bei der Hand und ging mit ihr durch unser gigantisches Haus in den Hauptbereich, in dem sich die große Küche und das geräumige Wohnzimmer befanden. Hier hatten neben unserer Familie auch unsere Freunde Platz, wenn sie uns besuchten. Das kam gelegentlich mal vor. Meistens war es der irische Zirkel, der uns einen Besuch abstattete. Die Ägypter waren aber auch mal spontan hier gewesen. Nach der Geschichte mit Renesmee vor fast vierzig Jahren, waren unsere Bindungen zu vielen von unseren ehemaligen Zeugen nicht abgebrochen. Wo meine Tochter gerade war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Die Zeit, in der ich mir permanent um ihr Wohlbefinden Sorgen machen musste, war vorüber. Ich hatte akzeptiert, dass sie zu einer eigenständigen Frau herangewachsen war - und das Jacob ihr Mann war. Sie waren jetzt die, die sich um ihre Sprösslinge Sorgen machen mussten. Das ging uns als Großeltern - das Wort haute mich nach dreißig Jahren immer noch um, hatte ich doch nie gedacht, jemals 'Opa' zu werden - wohl auch etwas an, aber nicht so sehr, dass wir uns permanent darum Gedanken machten. Momentan war es ohnehin 'nur' das übliche Theater. Ich verstand meinen Enkel auf eine gewisse Weise ziemlich gut, obwohl er neben Bella der Einzige war, dessen Gedanken ich nicht lesen konnte. Ich hatte mich ja früher oft genug mit Jacob in den Haaren gehabt. Bella ging zu Esme in die Küche und begann mit ihr zu plaudern, ich dagegen, ging ins Wohnzimmer, um die Terrassentür aufzumachen. Wir wollten ja jagen gehen. Im Wohnzimmer saßen Alice und Jasper und unterhielten sich angeregt. Im ersten Moment hörte ich ihnen nicht zu. Meine Hände umschlossen den Griff der Tür und zogen ihn nach oben. In dem Augenblick, in dem ich die Glastür aufmachte, schoss mir ein Bild aus Alice Gedanken in den Kopf: eine alte Frau. Sie lag friedlich mit gefalteten Händen auf einer Bahre. Es wirkte so, als schliefe sie. Ich meinte zuerst, ihr Gesicht nicht zu kennen, aber das lag daran, dass die Zeit in ihrem Gesicht Spuren hinterlassen hatten. Spuren, wie sie bei jedem Sterblichen das Gesicht zeichneten. "Bella", rief ich noch immer etwas benommen. "Liebste? Kommst du mal bitte." Bella kam strahlend auf mich zu geschwebt, doch als sie meine Hand nahm, weil sie dachte, ich wollte mit ihr aus der Tür gehen, die ich noch immer aufschob, spürte sie, dass etwas nicht in Ordnung war. Ihr Lächeln verließ ihr Gesicht. Unsicherheit war dort jetzt zu sehen. "Edward? Was ist los?", wollte sie atemlos wissen. Als sie merkte, dass ich Alice ansah, drehte sie ihren Kopf ebenfalls in die Richtung meiner Schwester. Sie ging langsam auf Alice zu und kniete sich vor sie. "Alice?" "Bella, es tut mir so Leid", sagte sie zittrig. Bella stand der Mund offen. Sie ahnte wohl etwas, wusste aber nicht genau, was es war. "Wie? Was?" Und dann klingelte das Telefon. Alle zuckten vor Schreck zusammen. "Ja... ja... einen Moment", sagte Esme freundlich, als sie mit dem Hörer am Ohr reinkam. "Ich geb sie Ihnen. Ja, auf Wiederhören." Sie hob Bella das Telefon hin. "Für dich." Mit besorgtem Blick nahm Bella langsam den Hörer entgegen und führte ihn zum Ohr. "... Ja?", sagte sie nach einem kurzen Moment der Stille. "Isabella?", sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Es war die eines alten Mannes. "Ja?", antwortete Bella noch immer besorgt. "Endlich erreiche ich dich mal. Die Nummer habe ich nach langem hin und her von einem jungen Mann namens William bekommen, der wohl irgendwie mit dir verwandt ist. Du scheinst ja häufig umzuziehen." Bella schien lächeln zu wollen, aber ihre Mundwinkel gingen direkt wieder runter. "Ich bins Phil", stellte der Mann sich nun vor. Bella stand wieder der Mund offen. "Phil? Ist was mit Mum?!", fragte sie sogleich. "Ich weiß gar nicht, wie ich dir das sagen soll...", antwortete er und schien mit den Worten zu hadern. "Ich hab es selbst noch nicht realisiert." "Phil?!", flehte Bella fast, damit er ihr endlich konkret sagte was los ist. "Deine Mutter ist vor drei Tagen gestorben. Es ging alles so schnell. Sie hatte einen Schlaganfall und starb zwei Tage darauf im Krankenhaus. Sie ist friedlich eingeschlafen. Die Ärzte sagten, sie hatte keine Schmerzen." Ich ging zu Bella, umschloss sie mit meinen Armen und drückte sie. Bella schluchzte, weinte jedoch nicht. Allerdings nicht, weil ihr nicht danach war, sondern weil es ihr als Vampir nicht möglich war, Tränen zu vergießen. "Ich hab es selbst noch nicht wirklich realisiert", sagte Phil am Hörer und wiederholte die Worte, die er vor wenigen Sekunden schon einmal gesagt hatte. "Es kam so plötzlich und so schnell. Ich weiß, ihr hattet keinen Kontakt mehr. Aber ich dachte es wäre schön, wenn ihr einziges Kind wenigstens ihrer Beisetzung beiwohnt." "Danke, Ph..Ph.. Phil", wimmerte sie. Ich nahm ihr den Hörer aus der zittrigen Hand. Sie drehte sich um und vergrub ihr Gesicht an meiner Brust. "Mein herzliches Beileid", sagte ich zu Phil. "Ich bin Edward. Bella ist gerade nicht mehr ansprechbar." "Das ist verständlich", sagte ihr Stiefvater traurig. "Die Beerdigung ist in vier Tagen. Es wäre wirklich schön, wenn ihr kommt." "Danke fürs Bescheid sagen, Mr. Dwyer", sagte ich höflich. "Ja... auf Wiedersehen", antwortete er, dann legte er auf. Ich hatte weder Zu- noch Abgesagt, aber für mich war dies schon geklärt. Ich strich Bella durch ihr langes braunes Haar, als sie immer noch an meiner Brust schluchzte. Das dieser Moment kommen würde, das hatte ich schon gewusst, bevor ich sie verwandelt hatte. Dies war einer jener Augenblicke vor denen ich sie bewahren wollte. Das ihre Freunde und Verwandten alle wegsterben würden, davor hatte ich sie gewarnt. Mehr als einmal. Aber es war ihr egal gewesen. Jetzt erfuhr sie es am eigenen Leib. Und obwohl ich auch hätte sagen können 'Ich habs dir doch gesagt', litt ich unglaublich mit ihr. "Komm, Liebste", sagte ich sanft. Ich legte einen Arm um sie. Sie schlang ihre Arme um meine Brust und legte ihren Kopf an meine Schulter, dann gingen wir gemeinsam nach draußen. So langsam waren wir wahrscheinlich noch nie gelaufen. Wir gingen gemeinsam in den Wald. Aus zehn Minuten wurden dreißig. Aus einer Stunde zwei. Wir redeten nichts. Es gab nichts, worüber wir reden mussten. Ihr Schmerz bedarf keiner Worte, damit mir sein Umfang bewusst wurde. Irgendwann bat ich Bella Platz zu nehmen. Sie setzte sich auf das Laub und lehnte ihren Rücken an einen Baum. Ich gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn und streichelte ihre Wange. "Ich bin gleich wieder da", flüsterte ich leise. Sie nahm meine Hand und hielt sie fest. "Bitte", sagte sie flehend. "Bitte... bleib." Die Worte kamen leicht abgehackt. "Ich bin wirklich gleich wieder da", sagte ich und strich ihr durchs Haar. "Gib mir nur dreißig Sekunden." Ich sah Bella eindringlich an, bis sie schließlich sachte nickte, erst dann flitzte ich davon. Ich fing zwei Füchse und ging mit den Tieren zurück zum Baum. Bella hatte ihre Position nicht einen Millimeter geändert. Einen der Kadaver legte ich ihr hin. "Hier." Bella starrte einfach nur geradeaus. "Ich konnte mich nicht mal von ihr verabschieden. Ich konnte ihr nicht sagen, dass ich sie liebe. Sie muss gedacht haben, sie sei mir egal gewesen und das ich sie deswegen nie mehr besucht habe." Ich rückte wieder näher an meine Frau heran und legte einen Arm um sie. "Nein, Liebste. Das ist nicht wahr. Deine Mutter wusste, dass du hier glücklich warst. Dass du dich für ein Leben mit uns entschieden hattest und das wir viel herumreisten. Du bist einfach erwachsen geworden und bist deinen Weg gegangen. Daran ist nichts Verwerfliches." Bella winkelte die Beine an und vergrub das Gesicht an ihren Knien, dann begann sie wieder zu schluchzen. Ich strich ihr beruhigend über den Rücken. Nach einer Weile hörte sie zumindest auf zu zittern und öffnete die Augen wieder. Ich begann leise den Tierkörper auszusaugen. Im Augenwinkel sah ich, wie Bella nun auch ihren nahm und zögernd in das Fleisch biss. Sie sog ein paar Mal daran, dann legte sie ihn wieder ab. "Edward, ich will dorthin", sagte sie dann entschlossen. Jetzt hielt auch ich inne und meine Augen wanderten in ihre Richtung. Ich nahm meinen Fuchs ebenfalls vom Mund und sah sie an. "Du willst nach Jacksonville gehen?" "Sie hat es sich gewünscht. Ich muss mich von ihr verabschieden." "Aber... Bella, Liebste, die Sonne", erwiderte ich. - "Wir haben November. Ich kann mich immer noch verschleiern. Es ist eine Beerdigung. Da wundert sich keiner drüber." Ich setzte ein schiefes Lächeln auf. "Du weißt, dass ich dir sowieso keinen Wunsch abschlagen kann." "Heißt das, wir gehen?", fragte sie erwartungsvoll. Ich nickte. "Ja, aber nur unter einer Bedingung." Ihre Augen sahen mich fragend an. "Du trinkst jetzt diesen Fuchs leer und gehst danach noch jagen, bis du keinen Hunger mehr hast. Ich kümmere mich inzwischen um den Flug und die Papiere." Sie sah immer noch sehr traurig aus, aber meine Zusage zauberte zumindest ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht. Wie könnte ich ihr nicht erlauben, sich von ihrer Mutter zu verabschieden? Eine zweite Chance würde sie nicht kriegen, ganz gleich wie lang die Ewigkeit sein würde. *** Knapp zwei Stunden später befand ich mich in Galway. Dies war die größte Stadt in unserer Nähe. Wir mochten zwar relativ unabhängig sein, aber auf manche Dinge waren auch wir angewiesen. Das war zum einen die private Airline die wir engagiert hatten und die uns relativ flexibel Privatjets, Helikopter oder ganze Privatflugzeuge inklusive einer äußerst diskreten Crew stellen konnte. Wir zahlten einen hohen Preis dafür, doch das war es uns allemal wert. Ebenfalls unverzichtbar, war der Nachfolger von Jason Scott Jenks, jener Mann, der uns stets mit gefälschten Papieren versorgt hatte. Samuel Harrison war mindestens ebenso professionell wie sein Vorgänger und verstand es, mit uns Geschäfte zu machen. Es war nicht billig ihn dazu zu bringen für uns nach Irland zu ziehen, während wir hier unser Domizil hatten, waren die Vereinigten Staaten doch soviel lukrativer. Die große Dichte an IT-Firmen hier, hatte aber wohl durchaus ihren Reiz gehabt und Harrison, der gerade Ende Zwanzig war, war ziemlich begabt darin, seine Arbeit auch virtuell auszuweiten. Er fälschte nicht nur Urkunden jeder Art, er war sogar in der Lage uns in den Datenbanken neue Identitäten zu schaffen. Ob er sich dazu ins System hackte oder einfach nur gute Beziehung hatte, das wussten wir nicht. Für heute zumindest, brauchte ich auch keine neue Identität. Die hatten wir schon vor zwei Jahren bekommen, als wir hier her gezogen waren. Diesmal genügte es, dass er unsere Reisepässe prüfte und gegebenenfalls anpasste, schließlich wollte ich mit meiner Frau das Land verlassen. "Vielen Dank", sagte ich und nahm die Mappe entgegen. "Immer wieder gern, Mr. Cullen", antwortete er. Plötzlich spürte ich den Vibrationsalarm meines Handys und griff in meine Tasche. Zu meiner Verwunderung stand dort 'Anthony ruft an'. Um einen Zeitpunkt zu nennen, an dem dieser Schriftzug das letzte Mal auf dem Display gestanden hatte, hätte ich länger überlegen müssen. "Auf Wiedersehen, Mr. Harrison", sagte ich und nickte dem Mann zu. Mr. Harrison nickte ebenfalls und ich verließ das Gebäude. Als ich aus der Tür trat, um zu meinem Auto zu gehen, hob ich ab. "Anthony, was gibts?", sagte ich im Gehen. - "Hallo?" Als ich die Stimme am anderen Ende hörte, blieb ich abrupt stehen. Es war die aufgeregte, ja gar panische Stimme eines Mädchens. "Ja? Wer ist denn da?", fragte ich zwar etwas geschockt, jedoch noch ruhig. Ich ahnte, dass etwas nicht stimmte. Ganz und gar nicht stimmte. "Hallo?!", wiederholte sie noch mal aufgeregt. "Sind Sie Edward Cullen?" "Ja, ich-", schon unterbrach sie mich. "Kennen Sie Anthony Black-Cullen?" "Ja, ich bin-", wieder unterbrochen. "Bitte... BITTE helfen Sie mir!", flehte sie eindringlich. Hätte ich ein Herz, es würde jetzt rasen. "Okay, ganz ruhig", versuchte ich das Mädchen zu beruhigen. "Was ist passiert?" "Ich weiß nicht", antwortete sie. "Ich... wir waren spazieren und dann... und dann... diese Gasse.... ich... die... ich war weg... und als ich wieder kam... es ist alles voller Blut." Ich konnte ihren schnellen Herzschlag förmlich durch das Handy hören. "Soviel Blut... er ist bewusstlos... bitte helfen Sie!", flehte sie erneut. - "Okay. Wo bist du? Ich meine wo ist er?" "Ich... Moment", sie schien nachzuschauen, wo sie sich befand. "Das ist eine kleine dunkle Seitengasse... der Getränkemarkt ist in der Nähe... ich finde keinen Straßen... Straßennamen... bitte." Das Mädchen brach endgültig in Tränen aus, dann brach das Gespräch plötzlich ab. Ich ging schnell zu meinem Wagen, setzte mich ans Steuer und rief während der Fahrt Carlisle an. "Hallo Edward", antwortete er sachlich. - "Carlisle wir haben ein Problem." "Moment", sagte Carlisle. Er ging wahrscheinlich an einen Ort an dem niemand sonst war. Wenige Sekunden später hörte ich seine Stimme wieder, jedoch immer noch sehr leise. "Was ist passiert?" "Ein Mädchen hat mich gerade mit Anis Handy angerufen", erklärte ich. "Sie war furchtbar panisch und hat geweint. Sie hat mir nicht erzählt, was passiert ist. Aber sie hat von viel Blut gesprochen und das er wohl nicht bei Bewusstsein ist." "Wo bist du gerade?", fragte er. "Auf dem Weg nach Ballinasloe". antwortete ich. "Gut. Hol mich am Hinterausgang des Krankenhauses ab." Carlisle legte auf und ich fuhr mit einem Affenzahn über die Landstraßen. In meinen Kopf schossen so viele Gedanken. Was mochte ihm zugestoßen sein? Hatten wir nach den Ereignissen der letzten Zeit etwa noch einen Todesfall in der Familie? Was sollte ich meiner Tochter sagen? Was sollte ich Jacob sagen? Aber nein... daran durfte ich nicht mal denken. Am Krankenhaus wartete Carlisle bereits. Er stieg zügig in den Wagen, dann fuhren wir weiter. "Hast du Renesmee Bescheid gesagt?", wollte er wissen. ich schüttelte den Kopf. "Ich habe niemandem etwas gesagt. Ich wollte erst mal die Lage prüfen." "Ja", sagte er. "Das ist vielleicht besser so." Wir parkten den Wagen am Getränkemarkt. Die Gasse brauchten wir gar nicht lang suchen, wir rochen bereits das Blut. Wir versuchten möglichst unauffällig in die Richtung zu laufen, aus der der Geruch kam. Glücklicherweise war es schon dunkel, es regnete leicht und niemand war in der Nähe sichtbar. Kaum das wir in der Gasse verschwunden waren, beschleunigten wir unsere Schritte. Es war niemand sonst hier. Keine Spur vom dem Mädchen. Carlisle kniete sich direkt vor Ani, der leblos auf dem Boden lag. Er war durch den Regen schon ziemlich nass, doch das Blut war noch deutlich sichtbar und benetzte ihn vom Mund abwärts. Carlisle legte zunächst einen Finger an seine Halsschlagader. "Er atmet", sagte er leise und mehr zu sich selbst, als zu mir. Ich kniete mich neben Carlisle. "Ist er verletzt?", fragte ich. "Wenn, dann wäre es ohnehin schon verheilt, aber ich glaube nicht, dass er verletzt war", meinte Carlisle. Ich strich mit einem Finger über seine Jacke und roch an dem Blut. Menschenblut. Nicht sein Blut. Carlisle sah mich an und ich sah ihn an, dann stand ich auf und ging durch die Gasse. Meine Nase führte mich zielsicher zum Container. Ich öffnete den Deckel, griff ins Innere und zog dann den Leichnam eines jungen Mädchens heraus. Sie hatte zwei Bisswunden an der Kehle und war blutüberströmt. Es bestand kein Zweifel. Carlisle sah nun nicht nur besorgt aus, sondern auch traurig. Er hatte uns das vegetarische Leben erst näher gebracht, er hatte uns alle davon überzeugt. Die Drillinge waren damit aufgewachsen, hatten von klein auf gelernt, dass es falsch war, Menschen zu töten. Warum hatte er das getan? Und warum ausgerechnet, an einem Kind, das sein ganzes Leben noch vor sich gehabt hatte? Ich wollte das nicht. Ich wollte, dass es nicht das war, wonach es aussah. "Vielleicht... vielleicht war er das gar nicht. Vielleicht war noch ein Vampir hier und er wollte sie nur beschützen. Ich meine, warum sonst ist er bewusstlos? Menschenblut macht uns stärker, es macht uns nicht ohnmächtig." Carlisle schüttelte traurig den Kopf. "Ich weiß nicht, warum er umgekippt ist", begann er und legte eine Hand auf Anis Stirn. Ich trat mit dem Mädchen im Arm näher. Carlisle öffnete mit geübten Fingern Anthonys Augenlider: sie waren rot. "Aber er hat es getan." *** Ich fühlte mich wie in einem schlechten Film, als wir mit dem toten Mädchen im Kofferraum und Anthony auf dem Rücksitz nach Hause fuhren. Carlisle hatte den Ellbogen auf die Tür gelegt und stützte seinen Kopf damit ab. Er sah nachdenklich aus dem Fenster. Es traf ihn offenbar noch mehr als mich. Inzwischen hatten wir die Anderen aufgeklärt, damit sie uns nicht mit Fragen löcherten, wenn wir nach Hause kamen. Bereits als wir auf dem Anwesen parkten, öffnete sich die Verandatür. Carlisle lief mit schnellen Schritten mit dem Mädchen auf dem Arm in die erste Etage, ich hingegen trug meinen Enkel, der noch immer nicht ansprechbar war. Oben angekommen, legte ich ihn erst mal auf Carlisles OP-Tisch und zog ihm die blutige Jacke aus. Im nächsten Augenblick kamen Nessie und Mariella in den Raum gestürmt. Mein Blick fiel hinter die Beiden. Auf Jacob. Er musterte die schwarze Jacke in meiner Hand. Er sah sehr enttäuscht aus, es schwang aber auch Wut mit und Sorge. Ich wand den Blick von ihm ab und legte die Jacke weg. Bella kam auf mich zu, umarmte mich und gab mir dann einen Kuss. Hinter ihr betraten Rosalie und Esme den Raum. Carlisle der sich bis jetzt das tote Mädchen angeschaut hatte, drehte sich um und sah, ob der Masse an Anwesenden, nun etwas erschrocken aus. "Esme, holst du bitte einen Lappen, Handtücher und warmes Wasser? Mariella du könntest ein Glas Wasser holen und der Rest verlässt bitte erst mal den Raum." Alle verließen daraufhin das Zimmer, nur Jacob blieb mit verschränkten Armen stehen und meine Tochter stand besorgt neben ihrem Sohn und hatte ihren Kopf zu ihrem Mann gedreht. "Ich bleibe hier", sagte Jacob als Antwort auf meinen Blick. Der wütende Unterton sprach Bände. "Meinst du nicht, er hatte heute schon genug Probleme?", fragte ich Jacob. "Meinst du wirklich, dass das jetzt notwendig ist?" "Ja", antwortete er und funkelte mich finster an. "Jacob, er muss sich, wenn er aufwacht, sicher erst mal selbst dem bewusst werden, was passiert ist und vor allem, muss er uns das Geschehene erzählen. Ich denke, deine Anwesenheit ist da nur hinderlich." "Hinderlich?", sagte Jacob unter zusammengebissenen Zähnen. "Ist er dein Sohn oder ist er mein Sohn?" Ich verdrehte die Augen. Das ich mich mal mit Jacob über Kindererziehung streiten würde, daran hätte ich noch weniger gedacht, als daran Opa zu werden. "Jake, vielleicht hat Daddy recht", sagte meine Tochter dann und nahm Jacobs Arm. "Vielleicht ist es besser so." Wie so oft, konnte Jacob sich dem Willen von Nessie kaum entziehen. Wenn sie ihn darum bat das Zimmer zu verlassen und ihn dabei traurig ansah, beugte er sich ihm sofort. Mariella sah noch nach hinten, als er die Tür schloss. Man konnte in seinen Augen sehen, wie sehr es ihn grämte, nicht dabei sein zu können, wenn sein Jüngster aufwachte, der ganz offensichtlich etwas angestellt haben musste. Im Gegensatz zu Carlisle und mir hatte Jacob seine Augen jedoch nicht gesehen. Noch wusste er nicht, dass es Anthony gewesen war, der das Mädchen umgebracht hatte. In seinen Gedanken überschlugen sich die Standpauken bereits jetzt. Ich wollte gar nicht wissen, was passieren würde, wenn er davon erfuhr. Schließlich kam Esme mit einer Schüssel Warmwasser und Handtüchern durch die Tür. Abgesehen von ihr, Renesmee, Mariella, Carlisle und mir hatten alle Anderen sich zurückgezogen. Ich nahm an, dass sie im Wohnzimmer auf Details warteten. Es dauerte noch eine Viertelstunde ehe von Anthony die ersten Lebenszeichen kamen. Renesmee hatte sich einen Stuhl neben ihn geschoben und strich ihm behutsam über die Stirn, als er langsam die Augen öffnete. Sie selbst hatte ganz glasige Augen, aus denen bald die Tränen rollen würden. Noch unterdrückte sie diese, lächelte sogar. Sie lächelte, weil sie froh war, dass er aufgewacht war. Und sie lächelte, weil sie nicht zeigen wollte, wie sehr es sie schmerzte, dass ihr Flehen und Bitten, das sie zuvor in Gedanken in den Himmel geschickt hatte, nicht erhört worden war. Bitte, bitte lass ihn sie nicht getötet haben, hatte sie gedacht. Ebenso schauspielerisch begabt wie ihre Mutter, unterdrückte auch Mariella ihren Schmerz, als sie näher trat. "Ani", sagte sie erleichtert. Jetzt ging auch Carlisle von seinem Platz vom Fenster weg, wo er bisher gestanden hatte. Als Anthony Anstalten machte sich aufzusetzen, half Carlisle ihm sorgsam auf. "Langsam, langsam, ganz vorsichtig", sagte er sanft. "Möchtest du was trinken?", fragte seine Schwester, als sie sich zu ihm beugte mit dem Glas in der Hand. Er nahm das Glas und trank langsam. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass er sein Schutzschild unten hatte. Er stellte nämlich in Gedanken fest, dass er einen seltsamen Geschmack im Mund hatte. Dieser Geschmack wurde schließlich auch für alle sichtbar, als er das Glas vom Mund nahm und sich einige Tropfen Blut mit dem Inhalt vermischten. Ani sah geschockt wie die rote Flüssigkeit im Wasser verschwand. Seine Gedanken waren ungewöhnlich leer, er schien die letzten Ereignisse vergessen zu haben. Doch dann rutschte ihm das Glas aus der Hand. Dies war ihm nicht mal als Kleinkind passiert, doch trotz der Verwunderung über dieses Missgeschick, fing Mariella das Glas souverän auf, ohne einen Tropfen zu verschütten. "Ani?", fragte sie besorgt darüber, dass ihr Bruder ins Leere starrte. "Ani?", tat Renesmee es ihrer Tochter gleich. Sein Blick mochte leer sein, doch sein Kopf füllte sich mit einem Mal wieder. Ruckartig schossen ihm die Erinnerungen zurück ins Gedächtnis. Und ich sah die Bilder ebenso. Ich sah Erdbeereis, ich sah wie er sich mit einem blonden Mädchen unterhielt, ich sah Mariella und die Bibliothek in der sie arbeitete, dann sah ich plötzlich die Straße neben dem Getränkemarkt. Ich sah wie mein Enkel das blonde Mädchen gegen eine Wand presste und sie küsste. Und dann sah ich plötzlich ein Gesicht, das mir einen Schauer über den Rücken jagte: das widerlich fiese Grinsen von Jane. Schließlich sah ich wie Janes Begleiter, Felix, ein Mädchen im Griff hatte. Jenes Mädchen, dass ich aus dem Müllcontainer gezogen hatte. Er biss ihr in den Hals und warf sie von sich. Dann wieder ein Schnitt. Jetzt schoss mir das Gift in den Mund, als ich in Anthonys Gedanken den Geruch des Blutes wahrnahm. Den Geruch des Mädchens, dass in seinen Armen lag und dem er nun genüsslich in die Halsschlagader biss - und dann wieder ein Schnitt. Dunkelheit. Als die Bilder verschwunden waren, bemerkte ich, dass ich die Zeit über auf Carlisles weiße Fliesen gestarrt hatte. Ich hob den Blick und sah Anthony. Er saß noch immer auf dem OP, aber seine roten Augen waren auf mich gerichtet. Ich sah wie ein paar Tränen darin glänzten. Er funkelte mich böse an, denn er hatte gemerkt, dass sein Geist nicht verschlossen gewesen war und ich diese Chance genutzt hatte, um mir Zugang zu seinen Erinnerungen zu schaffen. Renesmee folgte dem Blick ihres Sohnes und sah mich nun fragend an. "Dad?" Ich schüttelte den Kopf, wusste aber nicht was ich sagen sollte. Das Anthony mich immer noch stumm ansah und dabei leicht zitterte, machte es mir nicht gerade leichter. Gern hätte ich gesagt 'Es tut mir Leid', aber das tat es nicht. Es war notwendig gewesen, zu erfahren was passiert war, denn wenn er uns nicht die Wahrheit erzählte, kannte ich sie wenigstens. Ich ging auf Anthony zu. Sein Blick wandelte sich sofort von wütend zu ängstlich und er zitterte noch mehr. "Was haben sie dir erzählt?", wollte ich wissen. "Edward?", fragte nun auch Carlisle. Ich musste sie wohl aufklären, ehe noch mehr Fragen aufkamen. "Es waren die Volturi", sagte ich. Nessies Mund öffnete sich und sie legte die Hand davor. Esmes Gestik war ähnlich. "Die Volturi? Aro?", fragte Carlisle nun nach Details. - "Nein, Jane und Felix." "Jane?!", fragte Nessie entsetzt. Eine Träne kullerte ihre Wange hinab und sie legte die Hand an Anis Schulter. "Hat sie dir was getan?" Anthony antwortete nicht auf ihre Frage. Er strich sich mit dem Finger über den Mund und betrachtete anschließend das Blut, dass an seiner Haut klebte. Dann wanderte sein Blick in Esmes Richtung, nahe dem Fenster. Anthony stand ruckartig auf. "Ani!", riefen Mariella und Renesmee gleichzeitig und hatten die Hände in seine Richtung gehoben, ebenso als wollten sie ihn festhalten, doch er war so schnell durch den Raum gelaufen, dass sie gar nicht reagieren konnten. Vor dem leblosen Körper des Mädchens kam er zum stehen. Er strich ihr durch das Haar und dann über die Wange. "Tá cathú orm", flüsterte er ihr leise zu. Und dann war es still im Raum. Niemand sagte etwas, bis Esme das Wort ergriff. "Du kannst es nicht ungeschehen machen", erklärte sie freundlich und ruhig. "Ich weiß", antwortete Anthony tonlos. "Aber du kannst die Zukunft besser machen", sagte nun Carlisle. "Haben sie dich dazu gezwungen das Mädchen anzugreifen? Haben sie dir mit irgendetwas gedroht?" Mein Enkel schüttelte auf beide Fragen hin den Kopf. "Nein, das war nicht notwendig." Anthony schloss die Augen, als er das sagte. Es klang so, als würde er sich selbst dafür hassen, dem Geruch nachgegeben zu haben. "Heisst das, du hast es freiwillig getan?", fragte Mariella und hoffte, er würde wieder den Kopf schütteln. - "Sie haben sie zuerst gebissen, dann hab ich das Blut gerochen." Er drehte sich um, betrachtete seine geöffnete Handfläche und bedeckte dann zittrig sein Gesicht damit. "Ich bin ein Monster." Mariella ging zu ihrem Bruder, nahm ihm die Hand aus dem Gesicht und umarmte ihn. "Nein, das bist du nicht." Carlisle, Esme und ich verließen daraufhin den Raum. Wir wollten ihm noch einige Momente der Ruhe im Beisein seiner Mutter und seiner Schwester gönnen. Außerdem sollte er, wenn er wollte, die Möglichkeit kriegen sich richtig von dem Mädchen zu verabschieden, das er wohl nicht gekannt hatte, aber dessen Tod ihm soviel Schmerz bereitete. Als wir die Treppen hinab stiegen, blickten wir in die fragenden Gesichter unserer Familie. "Ist er aufgewacht?", fragte Bella als Erste. Ich nickte. "Hat er das Mädchen getötet?", wollte Rose wissen. Wieder nickte ich. Jacob senkte seinen Blick und strich sich mit der Handfläche über sein rostrotes Gesicht. "Trotzdem sind wir der Ansicht", erklärte Carlisle. "Das ihn keine Schuld trifft." "Was?!", fragte Jacob bissig. "Hat ihn das Mädchen etwa drum gebeten?" "Nein, Jake", sagte ich etwas zornig zu Jacob. "Die Volturi haben ihn dazu gebracht. Ohne ihr Zutun hätte er das ganz sicher nie getan." "Die Volturi?", wiederholte Alice. "Sie haben ihm das blutende Kind quasi vor die Füße geworfen. Er war zwei Wochen nicht mehr jagen gewesen. Es war nur natürlich, dass er da nicht dagegen ankämpfen konnte." Meine Familie nickte zustimmend. Nur Jacob lachte gehässig. "Natürlich", sagte er. "Natürlich für euch Blutsauger vielleicht." "Er ist zu einem Viertel ein Vampir", erinnerte ich Jacob. "Ein Viertel", bestätigte er mich. "Aber er ist ebenso ein Werwolf. Mein Blut fließt in seinen Adern. Das Blut unserer Ahnen, die sich dazu verpflichtet haben, die Menschen vor Blutsaugern zu schützen!" Ich verstand durchaus Jacobs Zorn. Er hatte zwar immer gewusst, dass Renesmee ein Halbvampir war und das Trinken von Blutkonserven und Tieren hatte er fast vollständig akzeptiert. Er hatte sogar seine Kinder zeitweise damit gefüttert. Aber obwohl er uns zwar schon immer nicht gerade freundlich gesinnt war, hatte er uns doch immer als die goldäugigen Vampire gekannt, die zwar Blut tranken, jedoch niemals einen Menschen getötet hatten. Zum ersten Mal war da ein Vampir gewesen, der zwar zu 'den Guten' gehörte, jedoch trotzdem einen Menschen auf dem Gewissen hatte. Zum ersten Mal ein Mitglied der Familie. Dies war Anders als bei den Volturi, den Iren oder den Ägyptern. Es war sein Sohn gewesen. Sein Fleisch und Blut hatte das getan, was er am meisten verachtet. Wir wussten alle, dass es keinen Sinn machte Jacob jetzt davon überzeugen zu wollen, dass er Anthony unrecht tun würde, wenn er ihm Vorwürfe machte. Im Gegenteil, wir hatten die Befürchtung, dass er es damit nur noch schlimmer machte. Im oberen Stockwerk hörte ich nun, wie eine Tür aufging. Mariellas Gedanken waren nur allzu nachvollziehbar. Hoffentlich dreht er nicht durch... hoffentlich geht das alles gut, dachte sie sich, als sie langsam den Gang entlanglief. Zusammen mit ihrer Mutter kam sie grazil wie eh und je die Stufen hinab. Mein Blick fiel auf meine Frau, denn das was uns verborgen blieb, war für sie sichtbar. Jacob starrte ebenfalls Bella an. Ich wusste er hatte den Drang sie darum zu bitten, die Blockade zu lösen, aber ich war mir sicher das Bella das niemals tun würde. Sie respektierte Anis Willen und ließ ihn anstandslos gewähren. Mariella öffnete die Kellertür und hob sie auf, dann nickte sie uns mit besorgtem Blick zu, ehe sie durch den Rahmen ging und die Tür wieder hinter sich schloss. Schlaf war für uns überflüssig. Deswegen war es auch kaum verwunderlich, dass wir bis spät in dieser Nacht noch im Wohnzimmer saßen und über die vergangenen Ereignisse redeten. In den letzten 24 Stunden war viel zu viel passiert, als das dies mit wenigen Worten geklärt werden konnte. Jacob, Seth und Nessie waren zwar sichtlich müde, wohnten uns je doch weiter bei. "... Die Frage ist, was will Aro damit bezwecken?", sagte Carlisle in die Runde. "Na das was er schon immer wollte, sich unsere fähigsten Leute zu eigen machen", antwortete Bella. "Weiß Aro von Anis Fähigkeiten?", fragte Renesmee ruhig, die sich müde an Jake gelehnt hatte. "Ich denke nicht, dass es ihm wirklich um Anthony geht", spekulierte ich nun. "Ich denke er benutzt ihn nur." "Benutzen? Für was?", wollte Jacob wissen. "Das weiß ich leider nicht", sagte ich. "Schön...", sagte Jacob und lehnte sich zurück. "Dann sorgen wir doch einfach dafür, dass die Volturi nicht mehr an ihn ran kommen." "Und wie willst du das anstellen?", fragte Alice. "Du kannst ihn unmöglich permanent bewachen." "Das müssen wir nicht, wenn er einfach hier bleibt", meinte Jacob. Ich lachte gespielt auf. "Das ist doch nicht dein Ernst." "Nein, nein, nein", sagte Carlisle nun und schüttelte entschieden den Kopf. "Wir dürfen ihn auf keinen Fall von der Schule nehmen. Das Wichtigste ist für ihn, dass sein gewohnter Tagesablauf nicht unterbrochen wird. Ihr dürft nicht vergessen, dass es hier nicht darum geht, den Volturi einen Strich durch die Rechnung zu machen. Es geht um sein Wohl. Ihn einzusperren ist der falsche Weg. Was er jetzt braucht, ist seine Familie und das Wissen, dass wir hinter ihm stehen. Wenn wir ihm seine Freiheit nehmen, denkt er unweigerlich, dass er eine Gefahr für die Menschen ist und wir ihn deswegen einsperren. Er wird sich für schwach halten." Wir alle stimmten ihm im Geiste zu und nickten. Diese Worte ausgerechnet von Carlisle zu hören, bedeutete etwas. Das letzte Mal, dass jemand von uns rückfällig geworden war, war das zu Bellas Geburtstag gewesen und damals hatte sie nur ein paar Kratzer davon getragen. Dies hier war bedeutend schlimmer gewesen und Carlisle bewies mit seinen Worten großes Vertrauen in Anthony. "Bella, Edward", sprach er nun zu uns. "Lasst euch nicht durcheinander bringen. Ihr zwei werdet nach Jacksonville gehen. Das ist sehr wichtig für Bella." Dann wand er sich an Alice. "Alice, bitte versuch die Volturi im Auge zu behalten. Insbesondere wenn du Lücken bemerkst, solltest du uns Bescheid sagen." Alice nickte. "Das mache ich." "Renesmee lass dir von Alice grüne Kontaktlinsen geben." Meine Tochter nickte ebenfalls während ihr Mann ungläubig mit gesenktem Blick den Kopf schüttelte. Er starrte die Tischkante unseres Glastisches an. Das ist Wahnsinn, dachte er sich. Als es schließlich darum ging, wie wir am besten die Leiche des ermordeten Mädchens weg schufen, ohne die Spuren auf uns zu lenken, klinkte Jacob sich aus. Er erhob sich aufgebracht und ging in seinen und Nessies Teil des Gebäudes. Knapp eine Stunde später überreichte Alice meiner Tochter das kleine Döschen mit den Kontaktlinsen. Ich begleitete sie nach unten in die Kellerräume. In der Tat sah es hier unten weniger aus wie in einem Keller, als viel mehr wie in einer Art Nobel-Bad. Der gesamte Kellergang war mit schwarzen Fließen gefliest worden, die im Licht der Lampen ganz leicht glitzerten. Die Wände waren teilweise getäfelt, ebenso die Türen. Der gesamte Bereich befand sich unterhalb aller unserer Gebäude und hatte damit eine riesige Fläche. Anthony benutzte davon allerdings lediglich das Bad und sein eigenes Zimmer, das ganz hinten im Gang lag und damit interessanterweise, genau in entgegengesetzter Richtung seiner Eltern. Renesmee klopfte vorsichtig an die Tür zu Anthonys Zimmer. Erst als Mariella uns herein bat, öffnete sie sie. Als wir herein kamen, saß Mariella auf der Bettkante, während ihr Bruder auf dem Bett lag. Er lag auf dem Bauch und hatte seinen Kopf in unsere Richtung gedreht. Seine Augen waren ganz leicht geöffnet. Er würde heute Nacht keinen Schlaf finden. Renesmee kniete sich vor ihren Sohn, strich ihm durch das Haar und zeigte ihm dann das Döschen. "Schau, das ist für dich", sagte sie sanft. "Das sind Kontaktlinsen." "Sie sind ein wenig unangenehm", fügte ich hinzu. "Und dein Gift wird sie rasch zersetzen, daher solltest du sie regelmäßig wechseln und nur dann tragen, wenn es wirklich notwendig ist." Anthony rührte sich nicht, zeigte keinerlei Reaktion. Um die Stille zu durchbrechen stellte seine Schwester stattdessen eine Frage, nachdem sie von uns zu ihrem Bruder und wieder zurückgeschaut hatte. "Wie lange bleiben seine Augen so?" Jetzt drehte sich auch Nessie zu mir um. "Das kommt drauf an, wie viel von dem Blut in seinem Kreislauf ist. Ich nehme an, dass sein eigenes Blut und das Tierblut, dass er wieder trinken wird ,das Menschenblut bald zersetzt . Ein paar Wochen vielleicht." Renesmee und Mariella nickten gedankenverloren. Meine Tochter stellte das Döschen auf Anis Nachttisch, dann verließen wir leise das Zimmer. Es würde sicherlich noch eine ganze Zeit dauern, bis er diesen Tag verarbeitet hatte. Aber wir waren zuversichtlich, dass wir das Richtige taten, wenn wir ihn weiter zur Schule gehen ließen. Wir vertrauten auf seine innere Stärke und den Willen, das Richtige zu tun. Fürs Erste, war Beides für ihn nicht notwendig. Der Blutdurst war gestillt. In den nächsten Tagen, bestünde so oder so keine Gefahr für die Menschen in seiner Nähe. Alles was danach kam, hing von Anthony selbst ab... *** Bella und ich taten was Carlisle uns gesagt hatte. Wir versuchten die Ereignisse Zuhause auszublenden, als wir nach Jacksonville flogen. Es schien so, als wollte das Schicksal Bella ein kleines Geschenk machen, denn die Sonne schien an diesem Morgen nicht. Da wir aber viel älter aussehen mussten, als wir tatsächlich waren, hatten wir uns trotzdem so gut wie möglich verdeckt. Unser Make-Up, das wir teilweise mit Silikon angebracht hatten um ein paar Falten zu simulieren war nur stellenweise sichtbar. Bei Bella wurde es von einem Schleier verdeckt, ich trug einen Hut und sah die meiste Zeit auf den Boden. Abgesehen von Phil kannte uns hier ohnehin niemand, viele wussten sicherlich nicht mal wer wir waren. Aber für meine Bella war es wichtig hier zu sein. Der Pfarrer hielt eine bewegende Rede am Grab von Reneé Dwyer, geborene Higgenbotham, Mutter von Isabella Marie Cullen, geborene Swan, Frau von Phil Dwyer und Ex-Frau von Charlie Swan. Sie war ausserdem die Großmutter von Renesmee Carlie Black-Cullen, geborene Cullen, die in ihrem Namen und in ihrem Herzen und in ihren Genen ein Teil von ihr war und die Urgroßmutter von William Edward Black-Cullen, Mariella-Sarah Black-Cullen und Anthony Ephraim Black-Cullen, die sie alle vier nie kennenlernen durfte und von deren Existenz wir sie in alle den Jahren nie in Kenntnis gesetzt haben. Dies waren die Verwandtschaftsbeziehungen, die der Pfarrer nicht aufzählte, die ich jedoch in Gedanken in den Himmel schickte. Ich wusste nach wie vor nicht, ob wir eine Seele hatten, aber ich wünschte mir nichts sehnlicher, als das Bella, sollte die Ewigkeit aufgrund widriger Umstände doch einmal ein Ende finden, ihre Mutter, dort wo sie jetzt war, wiedersehen würde. Wir wohnten den anderen Trauernden nach der Beerdigung nicht mehr bei. Wir verließen zusammen mit ihnen diesen Ort, doch während sie zu Phil nach Hause gingen und anschließend in ihre Betten, kehrten wir zurück zu Reneés Grab. Diesmal ohne Schleier, die unser Äußeres verdeckten. Bella wollte ihrer Mutter wenigstens dieses eine Mal, wenn auch symbolisch, in ihrer wahren Erscheinung gegenübertreten, als die Bella, die Reneé nie kennengelernt hatte. Bella kniete sich vor das frische Grab. Die Erde türmte sich dort noch. Es würde einige Zeit dauern, bis sie sich setzte. "Mom", sagte Bella und unterdrückte ein Schluchzen. "Ich möchte das du weißt, dass ich dich immer geliebt habe und dich immer lieben werde, solange ich lebe. Es war nicht leicht, dich nie wieder zu sehen, aber ich habe das für dich getan. Du hast dir immer so viele Sorgen gemacht, ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Es ging uns doch nur um dein Wohl. Ich weiß, dass du ein schönes Leben mit Phil hattest. Ihr habt viel miteinander erlebt und ich bin froh, dass du mit ihm deine große Liebe gefunden hast. Du hast dir das so sehr verdient." Ihre Stimme wurde immer stockender, auch wenn keine Tränen flossen. Bella kramte kurz in ihrer Tasche und holte mit zittrigen Fingern ein paar Fotos heraus. Ich kniete mich neben meine Frau und hielt sie an den Schultern, wollte ihr zeigen, dass ich für sie da war, das sie in dieser schweren Stunde nicht allein war. "Ich wollte dir auch gerne sagen, dass du eine wunder wunderschöne Enkeltochter hast. Ihr Name ist Renesmee. Ich hab sie nach dir und Edwards Mutter genannt. Sie trägt deinen Namen mit stolz und sie hätte dich so gern kennengelernt. Und... und... du hast auch drei wunderbare Urenkel und sogar zwei Ururenkel." Bellas Stimme brach ab. Ich hatte sie seit dem sie ein Vampir war noch nie so gesehen. So menschlich. Alles was fehlte waren die Tränen. "Ich hab dich lieb, Mom", schluchzte sie. "Ich hab dich so lieb. Ich werde dich nicht vergessen. Ich versprechs." - Ende Kapitel 02 - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)