Raban von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Trau dich... -------------------- Auf einer Wiese, am Rande des Meeres stand ein Junge mit schwarzem leicht vom Wind zerzausten kinnlangen Haar und feinen Gesichtszügen. Er war nicht schlaksig, aber auch nicht übermäßig muskulös, weder klein noch groß. Aber sein Gesicht war auffallend schön. Er hatte honiggoldene Haut von der Sonne und hellblaue Augen, groß und voller Fragen und Gedanken. Seine Nase war gerade und harmonierte mit den geschwungenen feinen Augenbrauen und den vollen Lippen. "Raban!" Der Junge drehte sich lachend um. "Ja?" Das Mädchen ihm gegenüber lächelte ebenfalls. Sie streckte eine Hand nach ihm aus und legte sie an seine Wange. Er schloss für einen Moment die Augen und lehnte den Kopf sanft in ihre Handfläche. Dann legte er seine Hand über ihre und öffnete sie Augen wieder. "Ach, Soléy." Sie stellte sich auf die Zehenspitzen um sein Gesicht zu erreichen. "Ich habe dich vermisst Raban." Sie küssten sich und er spürte, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Es war ein sanfter Kuss, denn er wusste, wenn er zu stürmisch werden würde, dann wäre sie wieder verstimmt. "Ich dich auch." Raunte er ihr ins Ohr und drückte sie an sich. Sie legte den Kopf an seine Brust. "Dein Herz, es schlägt noch, wie große Angst ich hatte dieses Geräusch nicht mehr hören zu können." Er seufzte, er war auf eine Reise gegangen, wie das viele junge Männer mit siebzehn taten, wenn sie kurz davor standen anerkannte Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Solèy und er hatten schon beschlossen zu heiraten, da waren sie sechs gewesen. Damals hatten er ihr einen Blumenkranz geknüpft, sie hatte ihnen Ringe aus Blumenranken gemacht und dann hatten sie beide getan, als würden sie sich vermählen. Und doch, obwohl mehr als zehn Jahre vergangen waren, hatten sie beide ihr versprechen von damals bisher gehalten. Nie wollte er ein anderes Mädchen als sie heiraten und sie nie einen anderen Jungen. Jetzt fühlte er sich bereit endlich den endgültigen Schritt zu machen. Er horchte ein letztes Mal auf sein Herz. Er hatte sehr mit sich gehadert, war sich nie sicher gewesen, ob sie nicht vielleicht einfach nur deshalb die einzige für ihn war, weil er keine andere gekannt hatte, die so wundervoll war. Aber jetzt, nach einem Monat im Innenland und nach ganzen Städten voller schöner Frauen und voller Freudenhäuser, die ihn alle nicht gereizt hatten zweifelte er nur noch sehr wenig. Er traute nicht dem Schicksal, hoffte insgeheim es würde mehr für ihn bereit halten als das Leben eines einfach Barbesitzers wie sein Vater einer war. Aber wenn doch, dann wäre sein Leben zweifellos glücklicher mit Soléy an seiner Seite. Und sie würde schließlich nicht ewig auf ihn warten. Er löste sich aus der Umarmung und lächelte sie zaghaft an. "Soléy, ich würde dich gerne um etwas bitten." Sie runzelte die Stirn und sah zu ihm auf. Als er dann vor ihr niederkniete schien ihr der Atem zu stocken. "Soléy Reynalds, willst du meine Frau werden?" Er reichte ihr das Kästchen, welches er schon seit einer Woche bei sich trug und sie öffnete es mit zittrigen Fingern. "Es ist nichts Besonderes." gab er ein wenig unsicher zu "aber ich hoffe, dass du ihn trotzdem annimmst." Sie presste die Lippen zusammen und Tränen standen in ihren Augen. "Macht du Witze..." Sie nahm den Ring und ihm wurde mulmig, er hatte gehofft, sie wäre glücklich. Dann lösten sich ihre verkniffenen Gesichtszüge in ein Lächeln und sie begann zu weinen, während sie sich in seine Arme warf und ihn so ins Gras schleuderte. "Ja..." Sie küsste ihn erneut, diesmal stürmisch und auch er bemühte sich nicht mehr so sehr um Zurückhaltung. Sie streifte den Ring über und in ihren Augen leuchtete die Sonne. Dann schmiegte sie sich in seine Arme. "Mein Verlobter!" Er legte lächelnd eine Hand auf ihr weiches rotes Haar und spürte doch irgendwie, dass er nicht so glücklich war, wie er sein sollte. Es war ein Gefühl, dass ihm sehr bekannt war, ein Gefühl, dass er schon häufiger verspürt hatte, das Gefühl, dass irgendwas in seinem Leben fehlte. Aber er konnte nicht benennen was es war und er wollte sich das Glück, welches er besitzen konnte nicht durch die Vorstellung an ein anderes Schicksal zerstören. Mit mehr Entschlossenheit drückte er Soléy fester an sich und sie kicherte. "Du hältst mich fest, als würdest du dir Sorgen machen, dass ich dir davon laufe." Er grinste, verschwieg ihr aber, dass er viel mehr Angst hatte, dass er selber davon lief. Stattdessen stand er auf und zog sie ebenfalls hoch. Eine kühle Brise wehte vom Meer zu ihnen herauf und er konnte es riechen, das Meer, es war ein unglaublicher Geruch. Wenn er so auf diese unendlich scheinende Fläche blickte, dann hatte er das Gefühl davon fliegen zu wollen und zu können. Irgendwo hin, wo er mehr war als ein besserer Rauswerfer für seinen Vater. Denn was konnte er schon außer ein wenig asiatischer Kampfkunst? Das war doch das einzige, was ihn zu etwas Besonderem machte. Er hatte diese Art zu kämpfen schließlich auch nur lernen können, weil sie in einer Handelsstadt lebten, die von allen möglichen Schiffen angefahren wurde. "Soléy, ich habe keine Angst, dass du mir davon läufst, aber ich gebe zu, wenn du nicht ein wenig mehr isst und etwas runder wirst, dann muss ich befürchten, dass der Wind dich aufs Meer hinaus bläst." Er zwickte sie in die Seite, sie war tatsächlich etwas dünn, aber das war etwas womit er sie schon ihr ganzes Leben lang aufzog. Sie zog ihn zum Dank am Ohr. "Na, ich hoffe doch, dass ich nach unserer Hochzeit relativ bald rund und prall werde du Witzbold." Er wurde rot, eigentlich wollte er das Thema noch nicht ansprechen. Frauen konnten ohne Zweifel sehr anziehend sein, aber Sex war für ihn so eine Sache, er wusste einfach nicht, wie er darauf reagieren sollte, dass Soléy so offen diesen Wunsch äußerte, er war viel unsicherer als sie. "Du wünscht dir also ein Kind Soléy?" Sie lachte klingend. "Nein..." Er war zwar etwas irritiert, aber auch erleichtert. "...ich wünsche mir eine ganze Hand voll Kinder!" Und schon sackte ihm das Herz wieder in die Hose. "fünf Kinder?" Sie zuckte mit den Schultern. "Oder noch mehr." Mit einem sentimentalen Lächeln lehnte sie sich mit dem Rücken an ihn, den Blick aufs Meer gerichtet und er tat, was jeder gute Mann tat, er legte ihr die Arme um, damit sie spürte, dass er ihr Halt bot. "Weißt du Raban, ich will nur irgendwann, wenn ich alt bin wieder mit dir hier stehen, auf das Meer sehen, während unsere Kinder und Enkelkinder hinter uns auf den Wiesen Hasch-mich spielen." Er legte seine Wange an ihren Kopf und sie lehte den Kopf zurück an sein Schlüsselbein. "Das ist ein Wunsch, der wirklich gut zu dir passt." sagte er und lächelte, aber es war leicht melancholisch. Zu ihr ja...zu ihm...er wusste es noch nicht... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)