Nature has its own Laws von Jyll (Short Story Cycle) ================================================================================ Kapitel 1: England-Ausschnitt ----------------------------- 1. Januar 1757 Eaden lag halb sitzend auf dem Bett, das eine Knie hatte er aufgestellt und sein rechter Unterarm ruhte darauf. Zwischen seinen Fingern klemmte eine angefangene Zigarette. Er blies den Rauch aus und man konnte im sanften Morgenlicht erkennen, wie er in weichen Kringel über die Haut schlich. Er fuhr mit dem Daumennagel seiner rechten Hand über seine Unterlippe. Er überlegte in die Ferne starrend. Die graue Säule die seinem Mund entstieg, hob sich von den weissen Wänden ab, durch das Sonnenlicht in helles Gelb getaucht. Eaden biss sich leicht auf die Lippe und schob seine Zähne darüber. Neben ihm regte sich langsam der kleine Dunkelhaarige. Eaden sah ihm lächelnd dabei zu, wie er wach wurde. Er fuhr sich durch die blonden Haare und erwiderte Mylons Blick, der seine Arme hinter seinem Kopf verschränkt hatte und ihm wortlos zusah. Eaden verzog seine Lippen zu einem Grinsen und liess seine Zunge aus dem Mund fahren, auf dessen Spitze der Rauch tanzte und zog sie langsam zurück, worauf der Rauch sanft über die Kante kippte und nach und nach verblasste. Mylon verzog amüsiert das Gesicht und setzte sich auf, klaubte Eaden den eingerollten Tabak aus den Fingern, hob den Filter an seinen Mund und sog das Nikotin tief in die Lungen ein. Eaden lächelte und dachte, dass dieser Charakterzug des Strichers wohl einer der Dinge war, weshalb er ihn um sich wissen wollte. Er beugte sich hinunter und schloss seine Lippen um Mylons Mund, bevor dieser wieder ausgeatmet hatte. Der kalte Rauch verteilte sich in ihren Mündern und ihre neckenden Zungen vermischten ihn. Mylon liess seinen warmen Atem in Eadens Mund, mit ihm getragen die schwere Luft, die Eaden langsam aus der Nase entliess. „Hmm…“ Eaden drückte den Stricher zurück in die Kissen. Dieser grinste leicht und kratzte mit den Nägeln, in den Fingern der rechten Hand die Zigarette eingeklemmt, über den Rücken des Blonden. „Du solltest deine Brille öfter nicht tragen…“ Die dünne Brille die Eaden normalerweise auf der Nase trug und seine Augen unauffällig hervorhob, lag neben dem Bett. Die Träger waren gekreuzt und es spiegelte sich bereits das aufkommende Morgenrot in den geschliffenen Gläsern. Eaden erwiderte nichts und vergrub seinen Kopf an Mylons Hals. Er fuhr seine heisse Zunge aus dem Mund und leckte damit über die Haut, an der er wusste, dass der Schwarzhaarige empfindlich war. „Mhm“ Mylon drehte den Hals leicht weg. „Weshalb trägst du eigentlich eine Brille? Du hast doch gar keine starke Sehschwäche.“ „Halt die Klappe!“, knurrte Eaden und biss ihn leicht in den Hals. Der Kleinere griff in den blonden Schopf und, nachdem er ein leises Stöhnen vernehmen lassen hatte, zwang ihn das Gesicht zu ihm zu drehen. Er lächelte und hielt ihm als selbstverständlich die Zigarette vor den Mund. Eaden sah sie an, liess den Blick grinsend zum anderen schweifen und schloss lasziv den geöffneten Mund darum. Mylon beobachtete ihn aus halb geöffneten Augen, er hatte den Kopf ein wenig in den Nacken gekippt und unbewusst den Mund leicht geöffnet, als er den Schauspieler beobachtete. Das Papier kringelte sich nach hinten und die Asche wurde zu schwer. Sie flog und hinterliess grauen Staub auf seinem Oberkörper. Mylon hob die Hand und schob sie zu Boden. Der Blonde übergab über gab ihm die Zigarette und senkte den Kopf. Er stiess den Rauch langsam aus und er kräuselte über die Muskel des Schwarzhaarigen über die sich nackte Haut spannte. Eaden blies ihn in seinen Bauchnabel und leckte ihn aus. Mylon nahm einen tiefen Zug, während sein Grinsen sein Wohlwollen verriet und mit einem lang gezogen, leisen Stöhnen schwebte der Rauch hinaus. Während Eadens Zunge über seine Lendengegend strich, drückte Mylon den Rest der Zigarette an der Bettkante aus und warf sie hinunter. Der Schauspieler beobachtete dies mit einem missbilligenden Blick. „Ich hab gesagt, dass du es unterlassen sollst.“ Mylon rollte die Augen zur Decke. „Die Glut wird schon kein Feuer entfachen…“ Der Blonde liess von ihm ab und warf sich zurück ins Kissen. „Und ausserdem…hast du doch gesagt, dass wir weggehen, dann brauchen wir die Bruchbude auch nicht mehr.“ Eaden erwiderte nichts. Mylon hörte aufgeregtes Treiben von der Strasse. Eaden hatte sich wieder neben ihn ausgestreckt und döste vor sich hin. Vorsichtig schob er seine Hand weg, schwang seine Beine über die Bettkante um aufzustehen und tappte zum Fenster. Nervöse Rufe der Menschen, die zahlreich auf dem Platz erschienen waren, hallten herauf. Mylon runzelte die Stirn und beugte sich weiter vor um besser sehen zu können, nachdem er sich kurz vergewissert hat, dass Eaden nichts von alldem mitbekommen hatte. Der Stricher war schon einige Zeit nicht mehr draussen gewesen und so hatte er nicht gemerkt, wie Männer des Gerichts im Laufe der letzten Tage einen Holzstoss aufgebaut hatten. Mitten auf dem Platz überragte die mondäne Konstruktion nun hoch die Köpfe der Menschen. Als die Masse aufgeregter wurde und sich bewegte, bemerkte Mylon, wie andere Männer, in sonderbarer Kleidung, sich näherten. Die Menschen wurden nun ganz ruhig und verstummten vollends. Da hörte der Dunkelhaarige auch das dumpfe Geräusch, das monoton in gleichmässigem Takt ertönte. Andächtig wirkte das Volk, als der erste Mann, und nun sah Mylon auch woher das Geräusch stammt, festlich gekleidet mit einer Trommel vor seinen dicken Bauch geschnallt und mit den Klöppeln draufschlagend, die Gasse, die die Menge gebildet hatte, hinunter kam. Hinter ihm schritt ein wichtiger Mann, der Schriftrollen trug. Mylon beugte sich noch weiter vor und war versucht das Fenster zu öffnen, aber er getraute sich nicht. Auch könnte Eaden etwas davon mitbekommen. Noch schlief er. Der Kleine wandte seinen Blick wieder auf den bizarren Zug. Erst jetzt bemerkte er die zwei Männer, die sich von den anderen abhoben durch ihre schmutzigen Kleiderfetzten. Sie waren sehr dürr und geschwächt und mussten von Wachen gestützt werden, damit sie laufen konnten. Sie wurden gestossen und die Menschen beschimpften sie wüst. Was genau sie sagten, konnte Mylon nicht verstehen, aber das wollte er auch nicht. Seltsamerweise wagte es jedoch niemand ihnen etwas an den Kopf zu werfen. Mylon biss sich auf die Lippen, verfolgte das Szenario aber weiterhin. Hinter dem Zug, der mit einem weiteren Trommelmann beendet wurde, schloss sich die Gasse wieder und die Menschen drängten sich zum Holzstoss vor. Die mageren Männer wurden nebeneinander angebunden, sie hatten nicht die Kraft sich zu wehren. Der Kleinere betrachtet sie genauer. Der eine war grösser und stand mit einem geraden Rücken, auch wenn man erkennen konnte, dass es ihm Mühe bereitete und seine Beine zitterten. Seine kurzen Haaren waren dreckig und klebten an seiner dunklen Haut, wie beim kleineren Mann, dessen Oberkörper erschöpft nach unten hing, nur gehalten von den Fesseln aus Seil, die ihnen ins Fleisch schnitt. Beide hatten Striemen im Gesicht und auch auf den Stellen an denen sich die Haut über die Knochen zog, die man durch die Löcher in ihren Kleidern sehen konnte. Das Faszinierendste jedoch, war der Ausdruck in den klaren blauen Augen des Grösseren. Sein Blick war so stolz und ungebrochen und er schaute ohne Furcht in die dunklen Gesichter der Menschen die nach Strafe schrien. Eaden legte seine Arme um Mylons Schultern. »Was machst du da?« Mylon starrte angeregt durch die schmutzige Scheibe. Eaden bemerkte die Trommelschläge, die in diesem Moment verklangen. Er starrte angestrengt hinunter und in dem Moment, als er registrierte was vor sich ging, weiteten sich seine Augen und seine Züge entgleisten ihm für einen kurzen Augenblick. Er packte Mylon heftiger als er wollte an den Schultern und schob ihn unsanft zur Seite. Mylon wollte etwas erwidern aber er sah in den Augen des Grösseren, das er es wusste. Das sich sein Verdacht bestätigte. Er presste die Lippen zusammen und musterte das bleiche Gesicht des Blonden. Draussen war es wieder still geworden. Natürlich wusste Eaden was dies zu bedeuten hatte. Er wusste es sogar so gut, das er Mylon nicht in die Augen blickte, um den Ausdruck der nun darin lag, nicht sehen zu müssen. Seine Knöchel traten weiss hervor, als er seine Hand zu einer Faust ballte. Für seine eigene Naivität, seine Hoffnungen musste er nun bitter bezahlen, das wusste er. Die Menschen waren verstummt, denn der gewichtige Mann hatte eine seiner Schriftrollen aufgerollte und sich vors Volk zu stellen und mit lauter und klarer Stimme zu verkünden begonnen. Mylons Blick wanderte unbewusst und unfreiwillig wieder zum Geschehen. »...und somit seien sie zum Tode verurteilt, laut dem Buche Constitutio Criminalis Carolina nach Karl V. Paragraph 116 „Straff der Vnkeusch, so wider die Natur beschicht. Jtem so ein mensch mit einem Viehe, Man mit Man, Weib mit Weib Vnkeusch treibenn, die habenn auch das leben Verwurckt. Vnt man solle sy, der gemeynen gewohnheit nach, mit dem feure vom lebenn zum tode richtenn.“« Bevor Mylon noch genau begriffen hatte, was er sagte, rollte der Mann die Schriftrolle zusammen und nahm von der Wache die Fackel entgegen, was sofort dazu führte, dass das Volk seine Stimme erhob. »So möge London mit diesem Feuer gereinigt werden!« Mit einem dreckigen Grinsen trat der Mann an den mit Teer getränkten Holzstoss um die Flammen daran lecken zu lassen. „…Sieh nicht hin…“, flüsterte Eaden leise neben Mylon, obwohl er ihn immer noch nicht ansah. In diesem Moment begann der Grössere zu sprechen und die Stimme hallte über den Platz. »Die Liebe ist das natürlichste was geschieht auf dieser Welt. Und trotzdem straft ihr die Menschen dafür. Wir sind euresgleichen. Aber ihr behandelt uns wie Aussätzige. Aber Gefühle kann man nicht auslöschen, in niemandem. Man liebt sich über den Tod hinaus und geht gemeinsam in die Ewigkeit ein. Ihr seid nicht fähig Liebe zu erfahren, weil ihr die Würde nicht besitzt. Unsere Körper könnt ihr zerstören, aber unsere Seelen nicht. Kläglich scheitern werdet ihr, und über eure Dummheiten wird man nur noch den Kopf schütteln und sich seiner Ahnen schämen. Und eure Taten verblassen mit der Zeit die ins Lande kommt.« Mylon und Eaden standen am Fenster und betrachteten den von Russ und Rauch geschwärzten Himmel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)