Forget your running... von VayneSolidor ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Yohji und Omi sahen eine Weile betroffen zu, wie Aya Ken im Arm hielt. Als der Rothaarige sich schließlich erhob und Ken seine Sachen reichte, seufzte Yohji vernehmlich. "Ist... es vorbei?", fragte Ken, die Stimme kaum mehr als ein heiseres Flüstern. "Es ist vorbei. Er ist weg." Ken zitterte noch immer, als er aufstand. Aya stützte ihn ein wenig. Auch wenn es Ken offenbar unangenehm war, sich so geschwächt zu zeigen. Er brauchte jetzt seine Freunde. Gemeinsam schafften sie ihn in Ayas Wagen und fuhren heim. Kaum waren sie über die Türschwelle getreten, schlug Ken den direkten Weg zum Bad ein. Yohji sah Aya an. "Lass ihn. Er wird Zeit brauchen. Falls er überhaupt jemals die Kraft findet, über all das zu reden.", murmelte Aya nur und ging in die Küche, wo er sich an die Arbeitsfläche lehnte und nachdenklich aus dem Fenster sah. In den Amethystaugen lag der sehnliche Wunsch, Schuldig dafür bezahlen zu lassen. Doch das würde nicht so einfach werden. Dennoch, insgeheim schwor Aya sich, die Gelegenheit zu nutzen, wenn sie kam. Yohji kam zu ihm. Ihre Blicke trafen sich in stillem Einverständnis. Gleichzeitig sahen sie zu Omi, dessen Gesicht eine grimmig entschlossene Miene zeigte. Im Hause Schwarz herrschte eisiges Schweigen. Farfarello beobachtete Crawford und Schuldig, die sich über den Esstisch hinweg anstarrten. Seine Empathensinne spürten die Spannung, die unausgesprochenen Gefühle, kalte Wut. Schuldig wirkte trotzig. Seine Augen ließen keine Sekunde von denen des Amerikaners ab und er hatte die Unterlippe leicht vorgeschoben. In diesem Zustand hatte es keinen Sinn, mit ihm reden zu wollen. In Schuldigs Augen hatte er nichts falsch gemacht. Weiß waren ihre Feinde und auf die musste man keine Rücksicht nehmen. Dass Crawfords durchorganisierter Zeitplan gehörig durcheinander geraten war durch die kleine Aktion mit Ken, interessierte den Deutschen reichlich wenig. Nach einer Weile hatte er genug davon, Crawfor danzugaffen und stand auf, um in seinem Zimmer zu verschwinden. Wie ein bockiger Teenager, der wusste, dass er Mist gebaut hatte und dennoch auf stur schaltete. Farfarello machte die Anspannung im Haus nervös und reizte seine zerstörte Psyche. Er spielte mit einem Steakmesser, dass jemand unachtsam hatte herumliegen lassen. Seine Finger strichen immer wieder über die gezackte Klinge. Undeutliches Murmeln unterbrach die drückende Stille. Crawford warf ihm einen Blick zu. Farfarello bemerkte ihn gar nicht. Nagi schwieg und starrte nur auf seine Hände, vermied jeden Blickkontakt. Egal zu wem. Crawford erhob sich nun auch. "Farfarello, du bleibst heute zuhause.", meinte er im Hinausgehen. Der Ire schnaubte nur leise. Das war ihm einerlei. Crawford ging durch den dunklen Flur. Vor Schuldigs Tür blieb er stehen. "Bleib ja draußen!", ertönte Schuldigs Stimme von drinnen. Crawfords Augenbrauen zogen sich zusammen. Jetzt wurde er eine Spur zu frech. Er öffnete die Tür und trat ein. Schuldig lag bäuchlings auf dem Bett und hob den Kopf, um seinen Leader anzusehen. "Sag mal, red ich polnisch?", murrte er. "Es reicht, Schuldig." "Lass mich doch einfach in Ruhe!", fauchte der Deutsche, jetzt deutlisch ungehalten. "Ich bin doch wieder hier und es ist nichts weiter passiert, oder?" Crawfords Augen blitzten kurz auf. "Du kannst nicht ernsthaft davon ausgehen, dass du Mist baust, dich fadenscheinig entschuldigst und dann alles in Ordnung ist, Schuldig. Irgendwann musst du dich dem stellen, was du angestellt hast." "Und was dann? Soll ich Reue zeigen und versprechen, es nie wieder zu tun? Mal ehrlich Crawford, wer von uns beiden ist denn noch in der Lage, sowas wie Reue oder Schuld zu empfinden?" Er setzte sich auf. In seinen Augen lag betonte Gelassenheit, doch Crawford kannte ihn zu gut. In seinem Inneren brodelte es. Wie so oft. Und genauso oft tat er das, was in ihm tobte mit einem arroganten Grinsen ab. Nur kam er bei dem Amerikaner nicht weit damit. Schuldig verschränkte die Arme. "Also? Hältst du mir jetzt 'ne Gardinenpredigt? Wenn ja, dann beeil dich, damit ich wieder meine Ruhe hab." Einige Augenblicke herrschte Ruhe. Als Crawfords Augen sich verengten, wusste Schuldig, dass er zu weit gegangen war. "Wofür zum Henker hältst du dich eigentlich?", fuhr Oracle ihn an, "Denkst du, du kannst hier tun und lassen, was dir passt? Meinst du, du bist der Größte? Das bist du nicht, Schuldig! Du bist nichts weiter als ein erbärmlicher Versager, der sich hinter der Fassade des gefährlichen Killers versteckt. Ein genialer Telepath, der leider die dumme Angewohnheit hat, alles als ein lustiges kleines Spiel zu betrachten. Aber eins sag ich dir, Schuldig: Was du mit deinem Leben machst ist mir furchtbar egal. Aber hör auf, den Rest des Teams in Gefahr zu bringen!" Schuldig zuckte ein wenig zusammen. Crawfords Maske war gefallen. Und was dahinter lag, gefiel ihm nicht. Wie ein in die Ecke gedrängtes Tier, beging er den nächsten Fehler und versuchte die Flucht nach vorn. "Ach ja? Ist das so, Brad?", schnauzte er zurück, "Glaubst du, du bist auch nur einen Deut besser als ich? Hältst dich ja auch für den allergeilsten. Immer alles unter Kontrolle haben, immer alles fein nach Plan. Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, du kommst nicht damit klar, dass ich nicht dein braves Schoßhündchen bin, dass ich keinen Bock habe, dir in den Arsch zu kriechen. Und dass ich nichtmal für dich berechenbar bin. Tja, Pech gehabt, Mr. Crawford. Aber ich hab eben keinen Bock, immer so zu funktionieren, wie dir das passt!" Plötzlich stand Crawford direkt vor ihm. Seine Hand schnellte vor und packte ihn fest am Handgelenk. Er zerrte Schuldig hoch. Sein Gesicht war nun von ungezügelter Wut gezeichnet. Wie zwei Duellanten standen sie sich gegenüber, kurz vor dem Ausbruch. Und wohin der führen würde, stand noch ungeklärt zwischen ihnen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)