One Perfect Moment von sissyphos (Sakura & Sasuke/ Sakura & Naruto) ================================================================================ Kapitel 1: Is it real? ---------------------- "Niemals sind wir so verletzlich, als wenn wir lieben." Sigmund Freud Die Wälder wurden von einem tosenden Wind erfasst. Die Baumwipfel erzitterten unter der peitschenden Luft, wohingegen das Gras unruhig umherschwankte und meine schmerzenden Füße streifte. Während meine Beine mich diesen dichten Wald passieren ließen, setzte allmählich die Dämmerung ein. Der Mond trat unter der dichten Wolkendecke hervor und leuchtete mir meinen Weg. Dies war der eine Tag. Der Tag, an dem alles enden sollte. Der Tag, an dem Sasuke Uchiha sterben würde. Tränen brannten in meinen Augen, während meine Finger noch immer den Griff des Kunai fest umklammert hielten. Alles war präpariert. Die Klinge längst mit dem tödlichen Gift getränkt. Mein letzter wehleidiger Schluchzer erfüllte die eintreffende Nacht, als ich durch das dichte Unterholz rannte. Es ging nicht anders. Es gab einfach keinen anderen Ausweg. Alle Alternativen waren längst vollzogen. Es hatte keinen Sinn mehr. Keinen Sinn, weiter zu kämpfen. Keinen Sinn, sich etwas vorzumachen. Schließlich erreichte ich den Ort, den mir Kibas gute Nase vor einigen Minuten prophezeit hatte. Meine Kameraden. Ich hatte sie betäubt, um sie außer Gefahr zu bringen. Das hier war nichts, wofür sie ihr Leben riskieren sollten. Das hier war ganz allein meine Angelegenheit. Und mein Entschluss stand fest: Sasuke würde sterben. Er musste sterben. Dann sah ich ihn plötzlich vor mir auftauchen. Seine Silhouette, die vor meinem Auge immer deutlicher wurde. Dort stand er, neben dem reglosen Körper einer rothaarigen Frau. Doch als er mich bemerkte, sah er postwendend auf. Bei diesem Anblick wurden meine Schritte immer langsamer, bis ich schließlich inne hielt und geradewegs in seine leeren, kalten Augen blickte, die mich aufgebracht und doch mit einer merkwürdigen Teilnahmslosigkeit anfunkelten. Diese Augen, die noch nie besonders viele Gefühle gezeigt hatten. Aber jetzt, jetzt wirkten sie wie tot. Das hier war nicht mehr Sasuke. Nicht mehr der Sasuke, in den ich mich einmal verliebt hatte. Das hier war nichts weiter, als eine Hülle. Sasuke war bereits tot. Das versuchte ich mir zumindest einzureden und bemerkte dabei gar nicht, wie sehr meine Hand unter meinen Gedanken erzitterte. Jene rechtschaffene Hand, die in wenigen Augenblicken diesen einst so geliebten Menschen töten würde. "Sakura", murmelte seine monotone Stimme, als er sich mit dem Handrücken das Blut von seinem Mund wischte. Weiterhin starrte ich ihn bloß stumm an und wusste nicht, was ich sagen sollte. Dabei gab es so vieles, was ich ihm sagen wollte. Aber eigentlich war jedes einzelne Wort sinnlos. Es würde ihn doch nicht mehr erreichen. Ich konnte nichts mehr tun. Das hatte ich nie gekonnt. "Was machst du hier?", fragte er schließlich und auf seinen Lippen erkannte ich ein leichtes, belustigtes Grinsen. "Ich will mit dir gehen", entgegnete ich mit fester, entschlossener Miene und hielt mich damit strikt an meinen Plan. Ich würde mich nicht von meinen naiven Gefühlen überwältigen lassen. Ich hatte nur diese eine Chance. Nur diese eine. Die würde ich nutzen. Ich wollte nicht mehr nutzlos sein. Ich wollte das Richtige tun. Endlich einmal das Richtige tun. "So? Willst du das? Na ja, das kommt mir eigentlich ganz gelegen. Schließlich könnte ich einen neuen Medic-Nin gebrauchen", murmelte er mit einem verächtlichen Blick, der der rothaarigen Frau zu seinen Füßen galt. "Aber wenn du wirklich mit mir gehen willst, dann töte diese Frau. Zum Beweis deiner Loyalität", forderte er mit kalter, kompromissloser Miene und verwies mit dem Finger geradewegs auf die am Boden Liegende. Für einen kurzen Moment zögerte ich, schluckte hart, doch dann zwang ich mich im Sinne meiner heiklen Aufgabe, meine Beine in Bewegung zu setzen und steuerte auf diese Frau zu. Dabei kam ich selbstverständlich auch Sasuke immer näher. So nah, wie ich ihm seit Ewigkeiten nicht mehr gewesen war. Doch letztendlich hatten wir uns nie wirklich nah gestanden, wie ich mit einem trüben Blick feststellen musste. Nie so nah, wie ich es mir gewünscht hatte. Jeden Tag. Jede Nacht. Und zu jeder Stunde hatte ich mich in seiner Nähe gewünscht. Alles vorbei. Als ich schließlich direkt vor der Rothaarigen stand und noch immer den Griff meines Kunai umklammerte, hörte ich plötzlich abermals Sasukes düstere Stimme hinter mir: "Glaubst du eigentlich, ich wäre so bescheuert?" Dann folgte ein kurzer Schlag, ein dumpfes Geräusch und ich ging bewusstlos zu Boden. "Du bist wirklich noch unerträglicher, als Naruto", war das Erste, das nach langer Zeit wieder meine taub geglaubten Ohren erreichte. Schwerfällig schlug ich daraufhin die Augen auf, blinzelte ein paar Mal und stellte schließlich fest, dass ich mich nicht mehr am selben Ort befand, wo ich zuvor das Bewusstsein verloren hatte. Erneut befand ich mich im Wald, spürte das leicht feuchte Gras unter meinem Körper, sah den Mondschein und Sasuke direkt neben mir. Es war wunderschön. Obwohl es das nicht sein sollte. Ich sollte nicht so denken. Aber ich war nunmal nicht Herr meiner Gefühle. Mein Kopf sagte mir zwar, dass dieses Empfinden für ihn töricht war, doch mein Herz wollte es nicht hören. Meinem Herzen war es egal, welche Gefahren diese Liebe barg. Und das machte mich wütend. Wütend auf mich selbst. Dieses Gefühl der Machtlosigkeit, das ich mir selbst zuzuschreiben hatte. Ich wollte ihm nicht hörig sein. Nicht diesem Mann, der uns alle verachtete. All seine einstigen Freunde. Jene, die ihn retten wollten. Und diese Tatsache, dass wir ihn beschützen wollten; dass wir uns um ihn sorgten, kümmerte ihn nicht. Nicht einmal im Ansatz. Fest biss ich mir auf die Unterlippe, als ich zudem feststellte, dass ich meine einzige Chance verspielt hatte. Meine einzige Chance Stärke zu beweisen. Bei diesem Gedanken vergruben sich meine Finger tief in dem feuchten Gras, bohrten sich leicht in die kühle Erde hinein, während ich auf Sasukes Gesicht abermals ein verächtliches Grinsen ausmachte. "Eigentlich hatte ich gehofft, dass wir uns nie wiedersehen würden", sagte er und sah mir nun direkt in die Augen. Und obwohl es ein kalter, ja fast missachtender Blick war, begann mein Herz augenblicklich lauter und schneller zu schlagen. Weil wir alleine waren. Weil er endlich wieder bei mir war. Das, wonach ich mich drei lange Jahre gesehnt hatte. Und weil ich ihn trotz allem liebte. Noch immer. "Ich hasse dich", spie ich die zornigen Worte zum Trotz hinaus. Er sollte es nicht wissen. Sollte nicht wissen, wie viel er mir bedeutete. Wie viel es mir bedeutete, dass er noch am Leben war. Obwohl ich ihn tot sehen wollte. Bei der bloßen Vorstellung, Sasuke könnte aufhören zu atmen, aufhören zu existieren, machte sich ein unglaublicher Schmerz in meiner Magengegend breit. Ich wollte ihn nicht verlieren. Und doch wollte ich ihn töten. Ich widersprach mir selbst. Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte es von Anfang an wissen müssen. Wissen müssen, dass ich nicht loslassen könnte. Niemals. Plötzlich wollte ich die Worte ungeschehen machen. Ich wollte sagen, dass er alles für mich war. Ihn anflehen, dieses Unheil zu beenden und mit mir nach Konoha zurückzukehren. Er müsste mich nicht lieben. Wenn er doch nur endlich wieder in meiner Nähe wäre. Mehr wollte ich nicht. Und das war die nächste Lüge. "Warum bist du dann hier, Sakura? Du kannst mich doch gar nicht hassen", murmelte er schroff und musterte mich aus seinen schwarzen Augen; versuchte meinen Gesichtsausdruck zu deuten. "Doch, das kann ich", entgegnete ich lauthals und sprang mit einem geschickten Satz von der Erde auf. "Was willst du jetzt tun?", fragte er mit einem schiefen, süffisanten Lächeln, als ich mich vor ihm aufbäumte. "Willst du mir eine Szene machen? Willst du heulen? Oder willst du mich sogar schlagen, um deinem Frust Platz zu machen?" In seiner Stimme lag keine Angst. Er schien viel mehr von meinem Verhalten amüsiert zu sein. Wie immer nahm er mich nicht ernst. Auch jetzt war ich für ihn nichts weiter, als das kleine Mädchen, das um ihn geschwärmt hatte. Das Mädchen, das ihm total egal war. So wie alles andere, was für mich von Bedeutung war. "Warum tust du uns das an? Warum hasst du uns alle so sehr?", schrie ich auf, spürte die Tränen, die mir in den Augenwinkeln brannten und packte ihn direkt am Kragen, schüttelte ihn fest und wollte dennoch eigentlich keine ehrliche Antwort hören. Ich wollte lediglich, dass dieser Schmerz nachließ. Dieser erstickende Schmerz in meiner Brust. Dieser Schmerz, der in seiner Gegenwart allgegenwärtig war und vermutlich immer bleiben würde. Aber vielleicht wäre eine Antwort gerade deshalb gut. Vielleicht könnte ich ihn dann endlich hassen. So sehr hassen, wie ich es eigentlich tun sollte und doch niemals konnte. Doch anstatt zu antworten, ließ er sein Grinsen nur immer breiter werden und gab mir damit das Gefühl, mich vollkommen lächerlich zu machen. Dabei spürte ich, wie meine Knie allmählich immer wackliger wurden und drohten, unter mir nachzugeben. Ich spürte die Schwäche durch meinen Körper zucken. Und versuchte sie mit vernichtenden Worten zu überspielen. "Du bist so ein verdammtes Arschloch! Ich hasse dich! Hörst du das? Ich hasse dich! Ich hasse dich so sehr! Genauso wie du mich hasst!", schrie ich hysterisch weiter und bemerkte dabei die heiße Flüssigkeit, die meine Wangen hinablief. Das Wasser, das ich so viele Nächte seinetwegen vergossen hatte. Die endlosen Tränen. Ich wollte, dass es endlich vorbei wäre. Dass ich endlich frei sein konnte. Aber ich konnte es nicht. Nicht solange er lebte. Aber ich wollte, dass er lebt. Dass sein Körper warm blieb. Dass Luft durch seine Lungen gelangte und sein Herz weiterhin schlug. Erst jetzt, als ich plötzlich dieses Gefühl von zwei Händen auf meinem Rücken spürte, war ich mir im Klaren darüber, dass ich in meiner Not plötzlich und unbemerkt beide Arme um seinen Hals geschlungen hatte. Und ich weinte bitterlich. Bittere Tränen. Wieder nur seinetwegen. Er hielt mich für schwach. Ich hielt mich ja selbst für schwach. "Warum hasst du mich so sehr?", fragte ich leise und verstärkte meinen Griff um seinen Oberkörper. Spürte, dass er mich umarmte. So fest. Zum allerersten Mal. Er sollte mich nicht mehr loslassen. Er sollte mich mitnehmen. Egal wohin. Ich würde mit ihm gehen. "Das tue ich nicht", erwiderte er mit leicht gebrochener Stimmlage und strich ganz vorsichtig, fast schüchtern mit den Fingern mein Rückgrat entlang. "Warum bist du dann gegangen? Warum hast du mich allein gelassen?", stellte ich weiter die Fragen, die mir zuerst in den Sinn kamen. Die mir nahezu auf der Seele brannten. Ich wusste nicht, ob ich die Antworten wirklich wissen wollte. Aber ich war mir sicher, dass es an der Zeit war, die Wahrheit zu erfahren. Vielleicht würde dies meine letzte Gelegenheit dazu sein. Es dauerte eine ganze Weile, ehe Sasuke erneut das Wort erhob. In dieser Zeit spürte ich, wie der Wind immer stärker wurde. Wie die Nacht uns umgab und ich mich wohl fühlte. Ich fühlte mich wohl in seinen Armen, nach denen ich mich immer gesehnt hatte. Diese Arme, die meine Freunde töten wollten. Und ich drückte mich nur noch näher an ihn, versuchte dabei die bittere Wahrheit aus meinem Kopf zu vertreiben. "Beschützt man denn nicht das, was einem wichtig ist?", konterte er schließlich im Flüsterton mit einer Gegenfrage, packte mich im darauffolgenden Augenblick bei den Schultern und drückte mich von sich, so dass ich ihm direkt in die Augen sehen musste. In seine schönen, schwarzen Augen, die mich leicht anfunkelten. Für einen Moment zierte seine Lippen dabei ein vages, aufmunterndes Lächeln. Es währte wirklich nur für wenige Sekunden, aber es gab mir Kraft. Kraft, sein Lächeln zu erwidern. Und Kraft, ihm neues Vertrauen zu schenken. Weil sich mein Herz danach verzehrte. Ich wollte ihm vertrauen können. Auch wenn ich mir damit mein eigenes Grab schaufelte. Ich konnte einfach nicht anders. Nicht nach diesen Worten, die mich hoffen ließen. Die mich hoffen ließen, dass ich ihm nicht völlig gleichgültig war. Dass ich vielleicht sogar einen winzig kleinen Platz in seinem Herzen besetzte. "Keine Sorge, Sakura. Naruto wird auf dich Acht geben. Davon bin ich überzeugt", flüsterte er mir noch zu und berührte dann meine Stirn für einen Augenblick mit seinen Lippen. Es war nur ein Hauch. Aber es war ein Kuss. Die schönste Geste, die ich mir vorstellen konnte. Und dann wurde es plötzlich erneut schwarz vor meinen Augen. Abermals glitt ich in diese unbekannte Dunkelheit. "Sakura... Sakura!", drang schließlich eine mir wohl bekannte Stimme an meine Ohren und meine Lider begannen darauffolgend zu flattern. Erst erkannte ich nur eine schemenhafte Form, bis die Umrisse schließlich deutlicher wurden und ich Narutos traurig lächelndes Gesicht vor mir sah. "Zum Glück. Du bist wach", murmelte er und seine Stimme klang unendlich erleichtert. Nach diesen wenigen Worten spürte ich auch schon deutlich den Schmerz durch meinen Schädel zucken und fasste mir direkt an die pochende Schläfe. "Was ist passiert? Wo ist Sasuke?", stammelte ich völlig verwirrt daher und ließ meine Augen die Umgebung erkunden. Wieder befand ich mich an einem anderen Ort. Nun erneut an dem, wo ich das erste Mal an diesem Tag in tiefe Bewusstlosigkeit geglitten war. "Er ist weg. Ich konnte ihn nicht stoppen", presste Naruto hervor und sein wehmütiger Blick ließ mich erahnen, dass er sich selbst dafür die Schuld gab. Deshalb hob ich vorsichtig meine Hand und legte sie tröstend an seine heiße Wange. Daraufhin huschten seine blauen Augen aufgewühlt in meine Richtung. Sein Blick durchbohrte mich nahezu. Doch dann, nach dem ersten Moment der Verwirrung, legte sich auf seine Lippen ein sanftes Lächeln. "Aber ich bin da. Und ich werde ihn zurückholen, Sakura. Das weißt du." Es war ein Lächeln, das mir Kraft gab. Kraft, sein Lächeln zu erwidern. Kraft, seinen Worten neues Vertrauen zu schenken. Irgendwann würde alles gut werden. "Ich bin immer bei dir", murmelte er leise und legte seine Hand vorsichtig auf meine. Das wusste ich. Und ich erkannte, dass mich Naruto mehr liebte, als es Sasuke jemals tun würde. Doch leider blieb das schwere Herz von logischen Schlussfolgerungen völlig unbeeindruckt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)