Time after Time - Der Kanon zweier Herzen von *Fane* (The-Bella-und-Edward-All-Human-Story geht weiter!) ================================================================================ Kapitel 8: B: Verkehrte Welt ---------------------------- Es geht weiter !! :) Musiktipp: Emeli Sande - Read all about it http://www.youtube.com/watch?v=BdN7tGeEdXk So ein schönes Lied... hach :) Und toll gesungen! Hab es so gerne in der Dauerschleife gehört ;) Ihr kennt es bestimmt alle ^^ Es war gut einen Monat her, dass ich dem Urlaub zugestimmt hatte und Edward sein Wort gehalten. Ich hatte ihn seitdem nicht gesehen. Wenn ich ehrlich war, war ich mir nicht mal sicher, wie das Ganze funktionieren sollte. Ich meine… ich bekam wegen der Probezeit noch keinen Urlaub und Edward hatte auch Verpflichtungen. Er organisierte das Weihnachtskonzert mit – ach ja und er hatte einen Sohn. Und was würde Tanya sagen? Tanya… würde sie ihn gehen lassen? Durfte sie ihn überhaupt aufhalten? Ich stand auf und machte mir einen Tee, während ich den Abend ausklingen lassen wollte. Die Arbeitstage waren in den letzten Wochen anstrengend gewesen. Mitch und ich experimentierten nicht mehr alleine vor uns her, sondern mussten in der Forschungsabteilung mitlaufen. Das hieß wir machten die Laufburschenarbeit und protokollierten ohne Ende – aber wir waren dabei, wir bekamen alle Erfolge und Rückschläge mit und selbst Mitch war nun viel mehr bei der Sache. Das Beste aber war, dass wir Liver los waren. Zumindest wenn wir bei den Forschern waren. Leider ließ er es sich nicht nehmen, kurz vor Feierabend, einen Kontrollgang zu machen. Natürlich wenn Mitch und ich die letzten waren, aufräumten und Liver jeglich übrig gebliebenen Krümel bemängeln konnte. Ich ließ den Tee ziehen und ging an das klingelnde Telefon. Charlie. „Hey Dad“, grüßte ich. „Wie geht’s euch?“, fragte ich nach. Sue hatte sich erholt und alles lief wieder seinen gewohnten Gang. Charlie und Sue hatten lange geredet, auch Zoey einen Teil erklärt. Beide hatten über weitere Kinder gesprochen, aber Sue konnte einsehen, dass sie in ihrem Alter nicht noch ein Kind bekommen sollte – wenn auch beide das ungeplante Kind bekommen hätten. „Gut und dir? Wann sehe ich meine Tochter denn endlich im Fernsehen den Nobelpreis bekommen?“, flachste er. Er hatte sich so verändert. Ich konnte selbst nicht verstehen wann und warum – obwohl eigentlich war es klar, wegen Sue und Zoey natürlich. Er war nicht mehr alleine und gerade Zoey war sehr lebendig. Ich lachte leise. „Ich fürchte da wirst du noch warten müssen bis ich alt und grau bin“, grinste ich. „Aber wir arbeiten jetzt in der Forschungsabteilung mit den richtigen Forschern. Es ist ganz spannend. Sie forschen an dem Medikament gegen HIV, vielleicht hast du über erste Erfolge durch die Presse erfahren-“ Das Klingeln an meiner Tür, zwang mich das Gespräch mit meinem Vater zu unterbrechen und drückte auf. Mein Vater nutzte die Pause und ging darauf ein: „Ja, habe ich tatsächlich, das ist ja interessant. Und wie funktioniert das? Also darfst du etwas darüber sagen? Ich meine, ich habe sowieso keine Ahnung davon…“ Ich hörte Charlies Worte nur noch flüchtig im Hintergrund, als ich sah wer da die Treppen hinauf kam. Edward. „Hey“, grüßte er mit einem unsicheren Lächeln und zog die Schuhe auf der Türmatte aus, sah mich an. Mein Magen drehte sich um und schrumpelte auf die Größe einer Rosine zusammen. Er. Hier. „Dad, ich habe gerade Besuch bekommen. Kann ich dich gleich zurückrufen?“, fragte ich stotternd. Meine Wangen wurden zusehends heißer. „Klar… ähm… na ja, dann… bis später“, sagte mein Dad irritiert und legte auf. Ich widmete mich Edward. „Hi“, murmelte ich, „äh, komm’ bitte rein.“ Nachdem ich zurückgetreten war, kam Edward herein und ich schloss die Tür. „Auch einen Tee?“, fragte ich und versuchte nicht zittrig zu klingen. „Gerne“, nickte er und setzte sich auf die Couch. Was machte seine bloße Anwesenheit mit mir? Das sanft fallende, glänzende Haar und dazu die Augen… so klar und rein… Ich riss mich aus meinen Gedanken und setzte eine Kanne Tee auf, ehe ich mit dieser und einer Tasse zur Couch kam. „Ich wollte mit dir wegen des Urlaubs sprechen“, begann er und legte ein paar Zettel, die er aus seiner Jackentasche zog, vor uns auf den Couchtisch. Ich beugte mich darüber, fächerte die Papiere etwas auf. „New York?“, fragte ich mit großen Augen und sah auf. Edward lächelte. „Ja, ich dachte mir, ein reiner Strandurlaub wäre nichts für dich und dort können wir uns interessante Sachen ansehen. Ich schätze du warst noch nicht dort?“, wollte er wissen. Ich blätterte derweil durch die Zettel. „Nein… nein, nein“, murmelte ich verblüfft. „New York ist großartig…“ Mein Blick auf das sehr schicke Hotel. Oje, kam es mir in den Sinn, hoffentlich war das nicht zu teuer… und hoffentlich bildete Edward sich nicht ein, dass er mir den Urlaub bezahlen konnte. Als könnte er meine Gedanken lesen, legte er einen weiteren Zettel hin. „Das ist der Flug nach La Guardia, diese Kosten müsstest du übernehmen. Das Apartment im New York Place Hotel gehört meinem Vater. Er ist öfter zu Kongressen dort, das heißt, wir müssen dafür nicht aufkommen“, erklärte er und ich nickte ein wenig erleichtert. Immerhin wollte er mich nicht kränken, ich wartete aber, da er angestrengt zu überlegen schien. „Bella, da ist aber noch etwas“, behielt ich mit meiner Vermutung recht. „Ich muss Collin mitnehmen. Das hat mehrere Gründe. Zum einen hat Tanya in der Woche Termine und auch unsere Eltern sind bis Weihnachten in ihre Arbeit relativ eingebunden und zum anderen soll Tanya von einem gemeinsamen Urlaub mit dir nichts wissen. Ich denke es ist vorerst besser so. Wäre es okay, dass Collin mitkommt? Keine Sorge, ich nehme unser Kindermädchen mit, er wird uns nicht bei allem begleiten bzw. begleiten können.“ Er rutschte etwas weiter nach hinten auf die Couch und sah mich von der Seite an. „Ja, sicher, klar… ähm, kein Problem“, erwiderte ich, während Edward am Tee nippte. Collin kam mit? Das war zwar wirklich kein Problem, aber es würde irgendwie komisch wirken… oder? Und Tanya wusste davon nichts? Aber das war Edwards Angelegenheit… oder? „Ich habe mit meinem Vater gesprochen. Ich weiß, dass du so etwas nicht magst, aber es ließ sich nicht vermeiden. Du bekommst eine Woche Urlaub, sprich fünf Werktage. Er hat das geregelt. Ich hoffe, du bist einverstanden?“, fuhr er fort. Eigentlich nicht, dachte ich, eigentlich geht es gegen meine Prinzipien, aber aus irgendeinem Grund war es mir gerade egal und ich nahm es in Kauf, weshalb ich nickte. „Wann geht es denn los?“, fragte ich auf die Papiere schauend und griff nach dem Blatt über die Flugdaten. Ich lass es in selbiger Zeit, wie Edward es verkündete: „Morgen, halb zehn hole ich dich ab.“ „Morgen?!“, stieß ich überrascht hervor. „Ich habe nichts gepackt.“ „Ich kann dir helfen“, schlug Edward schulterzuckend vor. Die Nervosität kroch in mir hoch. Morgen schon… mit Edward und Collin, eine Woche. Über was würden wir reden? Wie würde es verlaufen? „Danke, ich- ich schaff’ das schon, war nur etwas überraschend“, gestand ich ein und lächelte ihn kurz an. Er erwiderte das Lächeln mit einer Sanftheit, die mich schmelzen ließ. „Okay“, nickte er und nahm noch mal etwas Tee. „Hast du denn Wünsche für New York? Etwas was du sehen möchtest?“ „Oh, ähm…“, machte ich nachdenkend und grübelte. „Ah doch“, fiel es mir ein. „Falls wir die Möglichkeit haben… also ich würde gerne zur New York Academy of Sciences, wenn dort etwas Öffentliches ist.“ Edward schmunzelte. „Okay, ich schaue, was sich machen lässt.“ Ich nickte ihn anblickend. Was für eine bizarre Situation, so surreal… und ich konnte nicht mal richtig festmachen warum. Schließlich wussten wir eigentlich über die Gefühle des anderen, aber irgendwie… „Dann würde ich sagen… bis morgen?“, fragte Edward und erhob sich langsam. „Ja, okay, ich stehe dann unten.“ Ich stand ebenfalls auf und brachte Edward zur Tür. Erst in der Stille spürte ich das Hämmern meines Herzens. Morgen… mit ihm… Natürlich war ich mir bewusst, was er vorhatte. Einen Neustart. Und ich hatte eingewilligt. Wenn ich ehrlich war, weil ich so sehr wollte… Edward Ich hatte mir alles zurecht gelegt. Sie hatte zugestimmt, ich musste diese allerletzte Chance nutzen. Ihre Mauer ein zweites Mal einreißen… Das Abendessen war beendet und wir räumten nach und nach unsere Teller weg. Collin spielte schon auf dem Bauteppich im Wohnzimmer. Ich fing den Blick meines Vaters auf und nickte ihm vielsagend zu. Er wusste es bereits und hatte Bellas Urlaub organisiert, wenn dies auch gegen ihren Arbeitsvertrag verstieß. Besonders ein gewisser McLiver hatte keine Sonderregelung eingesehen, obwohl er ihr fachlich nicht mal vorgesetzt war. Mein Vater nahm die Hand meiner Mutter und führte sie hoch. Auch sie verstand sofort, sie war eingeweiht. Ich räumte den Rest vom Tisch und ging herüber zum Bauteppich, wo Tanya hockte. „Tanya, kann ich kurz mit dir reden?“, bat ich neben ihr stehen bleibend. „Klar.“ Sie stand auf und folgte mir auf die gegenüberliegende Sitzgarnitur. „Du weißt ja, dass Collin und ich einen schweren Start hatten. Ich meine unsere kleine Familie hatte insgesamt keine einfachen Ausgangsbedingungen, aber die Anfangszeit für Collin und mich war… na ja-“ „Ja, ich weiß, aber das ist ja Gott sei Dank vorbei“, winkte Tanya schnell ab, verwirrt über meinen Beginn. Ich räusperte mich und begann noch mal: „Na ja und ich würde gerne etwas mit ihm nachholen und mit ihm in den Urlaub fahren, Ende November, ein paar Tage-“ „Was?“, unterbrach Tanya mich. „Du und Collin? Alleine?“ Ich hörte sofort den Vorwurf heraus, dass sie nicht vorgesehen war. „Ich möchte nur ein paar Tage mit ihm verbringen, ihn etwas erleben lassen. Nicht mehr, du weißt, dass wir zwar jetzt viel Zeit verbringen, ich aber anfangs sehr viel verpasst habe“, sagte ich. Das war nur die halbe Wahrheit. Es war ein Nebeneffekt Bella zurückzuerobern. Aber das durfte Tanya keinesfalls wissen. „Ja, das weiß ich“, stimmte sie mir tief atmend zu. „Es wäre wichtig für euch zwei“, murmelte sie. „Aber… er war noch nie weg von hier, ich meine auch länger ohne mich.“ „Es geht um nur eine Woche und er war noch nie weiter weg-“ „Was heißt denn weiter weg?“, unterbrach Tanya mich mit großen Augen. „Nicht so weit, wie du vielleicht denkst“, sagte ich. „Ich dachte an New York.“ „Edward…“, nuschelte Tanya gequält. „Wenn da was passiert und du bist alleine mit ihm so weit weg… ich weiß nicht. New York mit einem kleinen Kind… Was soll er dort?“, zweifelte sie nicht zu Unrecht, aber ich hatte das passende Ass im Ärmel. „Ich nehme unser Kindermädchen mit, die mich begleiten und wenn etwas mit ihm ist, mir helfen kann. New York ist eine großartige Stadt und wir waren doch selbst schon dort, als wir klein waren. Collin ist jünger, als wir damals, aber New York bietet für alle etwas. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen“, sagte ich so leise und sanft ich konnte, sah ihr dabei direkt in die Augen. Überzeugt war sie noch nicht und erwiderte den Blick wenig begeistert. Ich musste schwerere Geschütze auffahren, auch wenn es mir gegen den Strich ging, doch es war für Bella. Ich nahm ihre Hände und gab ihnen einen Kuss auf den Handrücken. „Tanya, eine Woche, ich werde gut für ihn sorgen. Du musst dir keine Gedanken machen, glaub’ mir“, flüsterte ich schon fast, während ich ihre Hände streichelte. „Na schön, ich vertraue dir. Er wird mir sehr fehlen“, murmelte sie und lehnte sich an meine Schulter, den Blick zu unseren Händen gesenkt, ehe sie ihn zu Collin auf dem Bauteppich hob. Ich nickte und war innerlich sehr erleichtert. „Natürlich wird er das“, sagte ich, doch meine Gedanken drehten sich nur um Bella. In diesem Augenblick fühlte ich mich widerwärtig. Diese ganze Schauspielerei… Ich nahm Tanyas Gefühle in Kauf, schon die ganze Zeit. Ganz bewusst. Sobald ich aus New York wieder da sein würde, müsste das mit Tanya ein Ende haben. Ich war mir sicher, dass Bella und ich den Neustart in New York nutzen würden. Wir mussten einfach. „Hier sind Collins Sachen. Er ist schon ziemlich aufgeregt“, teilte Tanya mir mit und reichte mir eine Reisetasche. „Seit du mit ihm geredet hast, redet er über nichts anderes mehr. Auch wenn er nicht alles versteht“, grinste Tanya. Ich lächelte und nahm die Tasche entgegen. „Möchtest du mitessen? Wir sind gerade beim Abendessen oder musst du zurück?“, fragte ich sie im Flur, schloss die Tür hinter ihr. „Ein bisschen Zeit habe ich noch. Ich würde nur gerne Collin verabschieden, morgen früh habe ich ein Seminar“, sagte sie sich die Schuhe ausziehend. Ich nickte und ging mit der Reisetasche vor ins Wohnzimmer mit anschließendem Esszimmer, wo meine Familie gerade beisammen saß. „Papa, Opa hat gemalt“, zeigte Collin stolz ein Blatt Papier hoch, auf welchem mein Vater ein paar Wolkenkratzer gemalt hatte. „Ja, die siehst du morgen in echt“, lächelte ich und strich ihm über den Kopf, während meine Mutter ihm weiter essen anreichte. „Sag’ Papa doch mal wie die heißen“, lächelte meine Mutter, Alice schaute von ihrem Handy auf. „Das ist so süß“, formte sie kichernd die Lippen zu mir und sah Collin an. Emmett war ganz unberührt von dem Ganzen. Seine Eiweißbombe interessierte ihn gerade am meisten. „Wollenkatzer“, plauderte Collin und malte mit dem Stift die Gebäude aus – zumindest schien das sein Vorhaben zu sein. „Guten Abend zusammen“, grüßte Tanya und steuerte direkt Collin an. „Möchtest du mitessen?“, fragte meine Mutter. „Nein, nein, danke Esme, ich muss gleich wieder, wollte nur noch Tschüß sagen“, lächelte sie und beugte sich dann zu Collin. „So mein Schatz, ich wünsche dir schöne Tage mit Papa in New York“, sagte sie ihm sachte ins Ohr und küsste seine Wange. „Bring’ der Mama was Schönes mit.“ Sie küsste noch mal seine Wange und sah, immer noch neben Collin hockend, zu mir auf. „Wie wär’s, wenn ich etwas eher aus dem Seminar gehe und euch zum Flughafen bringe?“ Verdammt. Warum konnte sie nicht einfach gehen? „Ähm, danke, aber Emmett bringt uns, er hat erst spät Uni“, sagte ich rasch. Die Wahrheit, dass ich das Auto am Flughafen stehen lassen würde, wäre für Tanya kein Grund, uns nicht zu bringen. Emmett blickte verwirrt in die Runde. Ich versteifte mich etwas und warf Emmett einen vernichtenden Blick zu. „Oh“, machte Tanya und schaute von Emmett zu mir. „Schade, ähm, okay…“, murmelte sie vor den Kopf gestoßen. „Ein Schluck Wasser, Tanya?“, rettete mein Vater, wenn auch mit einer etwas plumpen Frage, die Situation. „Danke, aber ich fahre wieder“, lehnte Tanya ab und streichelte Collin über das Haar. „Bis bald, Süßer. Schönen Abend noch“, fügte sie in die Runde dazu und verließ das Esszimmer. Es herrschte kurz peinliche Stille. Emmett ließ es sich nicht nehmen, sie zu brechen. „Entschuldigt mal, aber was geht denn hier ab? Edward? Ich soll euch fahren? Ich habe morgen früh Training“, motzte er sofort und sah sein Muskeltraining gefährdet. Ich seufze und setzte mich wieder an den Tisch. „Keine Sorge, ich fahre selbst, aber ich wollte nicht, dass Tanya uns bringt… wegen Bella.“ „Bella? Ich kriege nichts mehr mit“, sagte Emmett sich aufrichtend. „Was ist mit ihr?“, wollte er wissen. „Du fliegst doch morgen nach New York?“ „Mit Bella“, wandte ich ein. „Und Collin“, schaltete sich Alice etwas murrend ein. Warum auch immer, war Bella für sie immer noch ein Dorn im Auge. Ich war mir nicht sicher, ob die Zwei jemals noch mal auf einen grünen Zweig kamen. Emmett hob die Augenbrauen. „Das ist nicht dein ernst-“ „Edward, du kannst Tanya nicht immer so vor allen abweisen“, fuhr meine Mutter dazwischen und beendete die sinnlose Diskussion von Seiten Emmetts. „Ist ja gut, ich hab’s begriffen“, knurrte ich. „Seid ihr jetzt fertig?“ Ich fühlte mich kurz davor zu platzen, behielt mich nur wegen Collin im Griff. Wie oft schon hatte ich mir sämtliche Predigten bezüglich Bella und Tanya angehört. Ich hatte keine Lust mehr darauf. „Ich meine ja nur, dass das arme Mädchen bald gar nicht mehr weiß, woran sie bei dir ist“, erklärte meine Mutter, „wenn du ihr ständig so widersprüchige Signale sendest-“ „Das arme Mädchen“, wiederholte ich genervt, schnitt ihr damit das Wort ab und erhob mich. „Komm Collin, ich mache dich bettfertig.“ Ich nahm ihn auf den Arm, welcher noch begeistert mit dem Zettel herumhantierte. Meine Mutter atmete tief ein und aus, sagte jedoch nichts mehr. Die anderen taten es ihr gleich. „Guten Morgen“, grüßte ich Bella am nächsten Tag und umarmte sie spontan. Sie erwiderte es nach kurzem Zögern. Langsam angehen lassen, sagte ich mir innerlich, auch wenn es mir sehr schwer fiel – so wie sie da mit nachlässig gekämmten Haar und den warmen, braunen Augen stand, den Mund leicht geöffnet. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als ihn in diesem Moment berühren zu dürfen, aber ich hatte mir vorgenommen nichts zu tun. Überhaupt nichts nach Möglichkeit und auf ihre Initiative zu warten, sei sie auch noch so klein. „Morgen“, sagte Bella auch und kam meiner stummen Aufforderung nach, ihr Gepäck zu verstauen. Bella hob die Augenbrauen, als sie einen Blick in den Kofferraum geworfen hatte. „Kannst du mir erklären, warum du drei Koffer hast?“, fragte sie erstaunt. „Na ja, ich habe Collin dabei“, sagte ich locker, als wäre das normal. „Ja, schon, aber du brauchst doch nicht zwei zusätzliche Koffer für den Kleinen“, sagte sie ungläubig. „Das ein oder andere brauchte ich dann auch noch so“, sagte ich schulterzuckend. Bella macht große Augen, schwieg aber darüber, setzte sich einfach zu mir nach vorne auf den Beifahrersitz. „Oh, er schläft“, stellte sie mit einem Blick nach hinten fest, vermutlich um Collin eigentlich zu begrüßen. „Ja, das Zu-Bett-Bringen gestaltete sich etwas schwierig gestern“, gab ich zu und sah kurz zur Seite, halb zu Bella, halb um mich in den Verkehr einzufädeln. Dabei bemerkte ich wie sich Bella etwas in den Sitz sinken ließ, der Blick nach Draußen schweifend. Okay, das wirkte eher nach wenig Kommunikationsinteresse. Ich hielt mich an diese Deutung. Der Flug verlief ebenso stumm. Ich hatte, wenn ich ehrlich war, auch genug mit Collin zutun. Er war etwas überwältigt von der ganzen Prozedur, angefangen beim Einchecken, dem Flughafen und Bella an meiner Seite. Unverkennbar. Er quengelte die ganze Zeit über weinerlich und wich mir nicht von der Seite. Einen Augenblick bereute ich einerseits, ihn mitgenommen zu haben, andererseits war es so mit Tanya verträglich und er würde peinliche Stille zwischen Bella und mir verhindern – und natürlich liebte ich es, ihn in meiner Nähe zu haben und intensiver Zeit mit ihm zu verbringen. Bella las, hörte Musik oder schaute aus dem Fenster. Ich war einfach nur genervt. „Papa, Mama…“, murmelte er mir zum zwanzigsten Mal ins Ohr und kauerte auf meinem Schoß. „Die Mama sehen wir bald wieder“, wiederholte ich diesen Satz ebenfalls zum zwanzigsten Mal, doch dieses Mal ließ er sich nicht besänftigen, sondern versuchte von mir zu rutschen und meckerte mit einer Mischung aus Weinen und Trotzigkeit. Ich bemerkte, wie Bella den Kopf zu uns wandte. „Collin, jetzt ist mal gut, bleib sitzen. Möchtest du dir ein Buch angucken? Oder was trinken?“, fragte ich nach, es zerrte an meinen Nerven, auch wenn ich innerlich immer wieder versuchte, mich zu beruhigen. „Mama… Mama soll kommen“, sagte er wieder. Ich ging nicht darauf ein, seufzte und zog meinen zappelnden Sohn abermals auf meinen Schoß zurück, hob ihn etwas hoch. Wie gut, dass das Kindermädchen bald nachkam, seufzte ich innerlich. „Collin, jetzt reicht es wirklich-“, begann ich, doch er war auf einmal ruhig. Ich folgte seinem Blick über Bella zu dem Fenster. Ein paar dicke Tränen kullerten seine Wange entlang, während ich fasziniert nach draußen blickte, obwohl er diesen Ausblick bereits genossen hatte. Bella hob die Arme zu Collin und schaute mich kurz an. Ich erwiderte die Aufforderung und reichte ihr ihn rüber. Collin kniete sich auf Bellas Schoß, die Hände an ihrem Arm. Ich griff nach seinem Pullover und rückte ihn etwas zurecht, strich ihm kurz durchs Haar. Welch’ Ruhe… Collin ließ sich seitlich an Bellas Oberkörper sinken. Bella hob kurz unsicher die Arme und beobachtete, was er tat, ehe sie die Arme wieder um ihn legte und mit ihm nach draußen sah. Ich spürte wie sich dieses so einfach, aber für mich doch so innige Bild, in mir einbrannte. Es war völlig unerwartet und so harmonisch. „Wenn er dir zu schwer wird oder so, sag Bescheid“, flüsterte ich ihr zu, als ich feststellte, dass Collin wenig später in ihren Armen eingeschlafen war. Bella drehte sich mit geringen Bewegungen zu mir. „Kein Problem“, formten ihre vollen, roten Lippen zu mir und hob die Mundwinkel etwas. Ich merkte wie innerlich alles in mir reagierte und ich mich kaum traute ihren Dufte einzuatmen. Es war ein Segen, dass sich unsere Wege wieder gekreuzt hatten. Doch wie lange versuchte ich es immer wieder bei demselben Mädchen, das mich doch nur verletzt? *** Wir kamen abends in New York an. Zu spät, um die Eindrücke zu genießen, jedoch viel mehr, um von all den Reizen überflutet und überfordert zu werden. Bei Dunkelheit wirkte es verrucht, geheimnisvoll und ein bisschen wie in einem spannenden Kinostreifen. Collin schlief bereits wieder, nachdem er nach seinem Flugzeugschläfchen aufgrund des Drucks bei der Landung ein Heidentheater veranstaltet hatte. Ich hatte nicht mit Edwards Geduld gerechnet. Wie leicht oder schwer es ihm fiel, hatte ich nicht ablesen können, aber er hatte es geschafft, ruhig zu bleiben – ich hatte es ihm bei Collins Quengelei nicht zugetraut, wenn ich ehrlich war. Wir hatten kaum gesprochen und auch jetzt, im Hotel angekommen, gab es nicht viel Gesprächsbedarf. Ich war völlig überwältigt von dem kurzen Einblick in die Stadt und dem sehr schick aussehenden Hotel. Hier hatten die Cullens ein Apartment? Es wunderte mich nicht und dennoch war es fürchterlich edel und gehoben. Ein Page begleitete uns zu dem Apartment. Vielleicht sollte ich mich an Gedanken gewöhnen, eine Woche lang nur zu Staunen – denn ich kam aus diesem nicht heraus. So viele Türen gingen von dem geräumigen Wohnbereich ab… „Dein Zimmer ist die zweite Tür rechts“, sagte Edward im rechten Moment und legte Collin kurz auf eines der Sofa. „Die erste Tür ist das Zimmer von Collin und mir und auf der anderen Seite sind zwei Bäder, ein weiteres Zimmer und ein Arbeitszimmer. Ach und durch den Durchgang dorthin findest du eine Küche, wenn du irgendetwas brauchst, bedien’ dich bitte jederzeit“, stellte er mir in Aussicht. „Danke“, nickte ich ihm zu, war aber innerlich noch bei dem ersten Satz hängen geblieben? Mein Zimmer? Ich hatte mir den Kopf zermatert, wie wir untergebracht waren. Sprich ein Zimmer? Ein Bett?? War die Aufteilung wegen Collin? Oder wollte er mir nicht auf die Pelle rücken? Oder gab es nur jeweils ein Einzelbett in jedem Zimmer? Letzteres erübrigte sich, als ich einen Blick in mein Zimmer warf, wo ich ein großes Doppelbett mit einem dezenten Himmel entdeckte. Ich hatte nicht erwartet, ein eigenes Zimmer zu bekommen, wenn ich es mir auch gewünscht hatte – gut, okay, es war ein zwiespältiger Wunsch, aber was war es bei Edward nicht? Edward war mit Collin in deren Zimmer verschwunden. Vermutlich brachte er ihn zu Bett, ging es mir durch den Kopf und ich wollte ihn nicht stören. Stattdessen nutze ich die Zeit und packte aus, sortierte meine Gedanken einen Moment. Ich war in New York. Mit Edward. Mit Collin. Und warum? Weil ich nachgegeben hatte, einen Moment mich hatte leiten lassen von meinen Gefühlen, völlige Impulsivität, sah mir gar nicht ähnlich. Und zu feige, aber vor allem zu schwach, es hinterher wieder abzusagen. Es war verwirrend. Ich räumte die wenigen Sachen in den Schrank und drehte mich dann um, betrachtete das Zimmer. Es war alles sehr altmodisch eingerichtet, aber schick. Es war nicht vergleichbar mit der Villa der Cullens. Kurz schlichen sich Erinnerungen ein, die ich rasch beiseite schob und musterte weiter das Zimmer. Weinroter Teppich, Terrakotta, dunkles Holz, goldene, schwungvolle Verzierungen an den Möbel – ganz zu schweigen von dem wuchtigen Bett mit samtenen Vorhängen. Der Teil des Apartments, den ich bereits gesehen hatte, hielt sich an diesen Stil, wenn auch die Küche vom Weitem sehr modern erschien. Schwarz, weiß. Es klopfte. „Bella?“ „Ja?“ Edward schob die angelehnte Tür offen. „Entschuldige bitte, aber ich habe ein Abendessen für 22 Uhr bestellt. Ich hoffe, das ist Ordnung“, fügte er hinzu, als ich mich erst nicht regte. „Äh, klar“, sagte ich daher rasch mit geröteten Wangen und einem Blick auf die Uhr. „Ich komme sofort“, murmelte ich nickend. Edward schaute mich einen Moment an, nickte dann ebenso und hob die Mundwinkeln zu einem Lächeln. Ehe ich es erwidern konnte, schloss er die Tür. Ich hob meine Handtasche auf und ließ mich auf das federweiche Bett sinken. Meine Hände legte ich kühlend an meine Wangen. Was machte er immer mit mir? Warum empfand ich mich selbst in seiner Gegenwart als völlig unberechenbar? Nicht immer, aber zu oft, zu ungewohnt und vor allem glaubte ich mir immer noch nicht, dass ich zu dieser Reise entgegen meiner Prinzipien zugestimmt hatte. Meditativ bürstete ich mir die Haare und kam zu einem ebenso untypischen Entschluss. Ich sollte das Denken lassen, wenigstens für die paar Tage und die Stadt einfach genießen – und auch Edwards Anwesenheit, wenn ich ehrlich war. Keine Fragerei, nichts. Einfach Ruhe. Ich hörte wie jemand das Apartment schweren Schrittes betrat und Edwards Stimme, weshalb ich aus meinem Zimmer kam und soeben noch sah, wie letzterer dem Hotelangestellten ein paar Scheine in die Hand drückte und das Essen dann auf dem Tisch anrichtete. Mich hatte er längst bemerkt. „Magst du dich setzen?“, bot er an und deutete auf den Platz gegenüber von sich. „Wein?“, fragte er und ich nickte, beobachtete ausgiebig seine Bewegungen und bedankte mich nach dem Einschenken. Das Essen roch köstlich und ich hatte wirklich Hunger. „Schläft Collin?“, erkundigte ich mich, während ich mir etwas von den Antipasti nahm. „Ja, noch“, sagte er. „Ich denke durch die paar Stunden Zeitumstellung und dem verschlafenen Flug ist er total aus dem Rhythmus. Ich entschuldige mich schon mal im voraus, wenn du heute Nacht wach wirst.“ Er lächelte sanft. „Kein Problem“, sagte ich und lächelte ebenso. Das Prickeln in meinen Wangen entging mir nicht. „Sag, was hast du in der Woche geplant?“, fragte ich nach, um die Stille zu brechen. „Nichts, außer eine Überraschung“, verkündete er grinsend. Dasselbe schiefe Grinsen… Ich wusste, dass er mir seine Überraschung nicht verraten würde und ging stattdessen auf den ersten Teil ein, während Edward das Brot dippte: „Na ja, aber… was machen wir denn morgen und die nächsten Tage?“ „Wozu hast du Lust?“, schob er mir die Frage zurück. „Ähm, keine Ahnung“, gestand ich. New York war überfordernd. Edward lächelte. „Ich habe mir gedacht, wir schauen, ob wir Karten für ein Musical bekommen, sehen uns die Freiheitsstatue an und gehen aufs Empire State Building. Ich kann dir ein paar nette Straßen zum Einkaufen zeigen, wenn du magst und ansonsten ist der Central Park sehr herrlich.“ Er nippte am Wein. Und die Academy?, dachte ich innerlich, aber fragte nicht nach, um nicht enttäuscht zu werden. Oder war das seine Überraschung? Vielleicht hatte er es auch vergessen – nein, Edward nicht, niemals. „Kennst du irgendein Musical aus Deutschland?“, wollte er wissen. Ich schüttelte den Kopf und biss herzhaft in ein Stück Pute. Oder Hähnchen. Ich war mir nicht sicher. „Gut, dann habe ich freie Wahl“, lächelte er. „Morgen früh werde ich dir erst mal die Stadt etwas zeigen, die übliche Touristentour, wenn du nichts dagegen hast.“ Er grinste und das Leuchten in seinen Augen, welches das gedämpfte Licht zu überstrahlen schien, brannte sich zärtlich in meine Brust. Bevor ich zustimmen konnte, redete er weiter: „Ich werde Collin den halben Tag mitnehmen, dann übernimmt die Nanny. Sie kommt morgen früh an. Ist das okay für dich?“ Ich blickte verlegen auf meinen Teller und dann kurz hoch. „Bitte frag’ so was nicht mehr, natürlich ist es in Ordnung. Er ist dein Sohn und er stört mich nicht…“ „Aber mich“, grinste Edward witzelnd. Ich starrte ihn an. Edward senkte sofort die Mundwinkel und musterte mich ein wenig angestrengt. Ich lächelte dann nach dem kurzen Schreck schüchtern. Nicht alles so ernst nehmen, nicht so viel denken, sagte ich mir selbst. Wow, was eine Stadt. Nicht, dass ich nicht das ein oder andere schon im Fernsehen gesehen hatte, auf Fotos oder darüber gelesen – aber hier zu sein, war kein Vergleich. Es war atemberaubend. Und ich war mit Edward hier. Eine fast toxische Kombination aus Genüssen. Am Times Square hatten wir Collins Nanny getroffen und waren von dort aus ein paar Blocks zu Fifth Avenue gelaufen, vorbei an dem Rockefeller Center und der Radio City Hall. Ich schoss fleißig Fotos und Edward glänzte mit schier unbegrenztem Wissen über die einzelnen Stationen unseres Rundgangs. Nachdem wir uns in einem Café am späten Nachmittag aufgewärmt hatten, der Wind pfiff eiskalt durch den parallelen Straßenbau von New York City, schlug ich erfolgreich vor zum Abschluss des Tages gen Süden zu fahren und das 9/11-Memorial der ehemaligen World Trade Center zu besuchen. Ich fand alles unheimlich aufregend und bedauerte fast, nur 6 volle Tage hier zu haben. Selbst das U-Bahn-fahren war nicht vergleichbar mit anderen Großstädten, die ich kannte – Deutschen erst recht nicht. Als wir den Battery Park nach dem Besuch der Türme überquerten war es bereits dunkel geworden und die Lampen schimmerten überall. Das Meer schwappte teilweise auf die Gehwege so stark war der Wind. Ich hatte mir die Kapuze wärmend aufgesetzt, während wir zur U-Bahn liefen. Edward selbst hatte seinen Jackenkragen aufgerichtet. Ich ertappte mich dabei, dass ich mir wünschte – ja fast erwartet –, dass einen Arm um mich legte, mich wärmte. Effektiv hin oder her. Bella!, herrschte ich mich an. Herrje… New York tut dir nicht gut. Meinen Füßen auch nicht, wirbelten die Gedanken etwas überfordernd durch meinen Kopf. Sie schmerzten tierisch. Bis auf den letzten Weg zu dem Memorial hatten wir aber auch alles zu Fuß zurückgelegt. Dankbar über die Wärme erreichten wir die Station und glitten eine Minute später in die ankommende U-Bahn, die relativ leer war. Um die Zeit würden die meisten wohl aus der Stadt herausfahren und nicht hinein, überlegte ich und setze mich zu Edward, der mit einem kundigen Blick, die Stationen an den Bahnseiten studierte, sich dann etwas zurücklehnte. Klar, er war auch geschafft, der Tag war anstrengend gewesen. Ich ließ es mir nicht nehmen und rutschte ein wenig herab, schloss die Augen müde. Auch wenn der Zeitunterschied nicht groß war, aber bemerkbar machte er sich auch. Meine Atmung wurde etwas tiefer und meine Gedanken hielten mich glücklicherweise auf Trapp, weswegen ich nicht versucht war einzuschlafen. Vor meinem inneren Auge ging ich die vielen Etappen durch und erfreute mich nochmals an ihnen. Es war herrlich gewesen. New York, ich war in New York… Ein wenig glitt ich zur Seite und lehnte mich an Edwards Schulter, spürte ein wohliges Gefühl in mir aufsteigen, wenn auch mein Innerstes mich mit großen Augen anblickte. Verrückt alles. Edward reagierte nach ein paar Atemzügen und legte den Arm um mich, ich hielt die Augen geschlossen und blieb an ihm. Das war das letzte, das ich vernahm. „Bella, hey“, murmelte Edward leise und holte mich aus den angenehmen Tiefen. Ich blinzelte und war immer noch an ihn gelehnt. Er hielt meine Hand seitlich, streichelte leicht mit dem Daumen über meinen Handrücken. Mit dem Aufrichten entzog ich ihm meine Hand – wenn auch etwas abrupt – und sah seitlich mit kleinen Augen zu ihm. Er lächelte. „Wir müssen aussteigen“, sagte er und stand auf. Ich nickte mit unterdrücktem Gähnen und tat es ihm gleich. Er streckte mir die Hand hin, automatisch nahm ich sie, ließ mich von ihm ziehen, merkte die weiche Hand um die meinige. In vollen Zügen sog ich das wärmende Gefühl in mich hinein, wenn auch ich noch etwas benommen vom kurzen Einnicken war. Hand in Hand gingen wir über die Straße zum Hotel und den direkten Weg hoch zum Apartment. Im Aufzug ließ er meine Hand von sich aus los. Warum? Er hatte sie doch angeboten? Oder wollte er mich nicht bedrängen? Aber ich hatte sie doch genommen? Aufhören mit der Fragerei!, fluchte ich innerlich und mit dem Pling des Aufzugs schlüpften wir durch den Flur in das Apartment. „Papa!“, stürzte Collin sofort auf Edward zu. Ein Blick auf die Wanduhr verriet mir, dass es gar nicht so spät war, wie müde ich mich fühlte. „Na Großer“, lachte Edward und hob ihn kurz über den Kopf, ehe er ihn auf sich sinken ließ und ihm einen Kuss auf die Wange drückte. „Hattest du einen schönen Tag mit Maria?“ Genannte kam vom Esstisch zu uns herüber. Ich hatte sie zuvor noch nie irgendwo gesehen. Braune lange Haare, etwas dunklere Haut und nachtschwarze Augen, so kam es mir vor. Ein wenig rundlicher, aber das ebenfalls runde volle Gesicht verlieh ihr etwas Warmherziges. „Flieger! Brrrr“, machte Collin mit einem Spielzeugflugzeug über Edwards Kopf. Edward grinste und wandte sich Maria zu. „Wie war es mit ihm? Braucht er noch etwas?“ Maria schüttelte den Kopf. „Er hat gegessen, ist gewickelt und wir haben eben eine Stunde gespielt. Zähne geputzt haben wir auch schon. Der Tag war gut, wir waren hauptsächlich im Park und danach im Lego-Geschäft und haben seitdem hier gespielt“, erklärte sie. „Er ist etwas aufgedreht, aber ich denke, das ist angesichts des vielen Neuen normal und legt sich bald. Er hat auch nicht geweint oder gequengelt. Ich denke er ist wieder in seinem Schlafrhythmus und wird diese Nacht nicht wach werden“, führte sie ihren Bericht mit der Prognose zu Ende. Edward nickte. „Danke, Maria. Ich schreibe Sie dann morgen früh oder noch heute Abend an, wann ich Sie morgen benötige.“ „Klar“, stimmte sie zu, nahm ihre Sachen, ehe sie sich von Collin und auch mir kurz verabschiedete, und verließ das Apartment. Ich sprang erstmal unter die Dusche, während Edward sich Collin widmete. Meine Müdigkeit war verflogen, aber meine Hand pochte noch. Obwohl Edward sich bereits vorzeitig letzte Nacht entschuldigt hatte, wenn Collin wach werden würde, hatte ich seelenruhig durchgeschlafen. Im Gegensatz zur heutigen Nacht. Marias Prognose traf nicht zu. Collin war gegen drei Uhr morgens wach, nörgelig und anstrengend, zumindest klang es so, wenn ich im Bett liegend Edwards dumpfen Worten lauschte, die ich teilweise verstehen konnte. Collins Gebrabbel allerdings nicht. Gestern Abend war ruhig verlaufen. Wir hatten uns etwas Kaltes zum Abendessen gemacht und unsere Eindrücke über den Besuch bei den ehemaligen World Trade Center mit den fertig gestellten neuen daneben unterhalten. Die Stimmung dort war… gruselig, konnte man fast sagen. Sehr mitreißend, trauernd, ruhig und kaum jemand wechselte ein Wort. Ein sehr bizarrer Ort mitten in der bunten Metropole. Collin hatte uns vor dem Zu-Bett-gehen noch stolz seine neuen Lego-Errungenschaften präsentiert und war dann auch schnell eingeschlafen – leider nicht so müde wie angenommen. Ich strich mir über das Haar und setzte mich auf, ließ den Blick zum Fenster schweifen. Kurzerhand stand ich lautlos auf und schob den Vorhang leise zur Seite. Das Hotel hatte eine perfekte Lage. Es war zentral, aber ruhig. Auf den Straßen unten war für die Uhrzeit ungewöhnlich viel los – für New York City höchst wahrscheinlich ausgestorben. Kein Wunder, dass sich dieses Luxushotel nur Leute wie die Cullens leisten konnten. Ich taperte zurück in Richtung meines Bettes, wälzte mich hin und her, konnte jedoch selbst nach einer halben Stunde nicht schlafen und entschied mich, zunächst meinen Durst zu löschen. Im Nachthemd und der schnell angezogenen grauen Jogginghose, schlich ich aus meinem Zimmer. Edwards Tür war nicht geschlossen, aber soweit angelehnt, dass kaum Licht herausdrang, nun aber jedes Wort der beiden vernehmbar war. „Collin, schht, wir können Mama morgen früh mal anrufen, aber erst musst du schlafen, weil die Mama jetzt auch schläft“, sagte Edward im Flüsterton zu Collin. „Leli“, nuschelte er und es raschelte kurz, ehe er das Wort noch mehrmals wiederholte. „Ich weiß nicht, wo der ist… Wo hast du ihn denn hingelegt?“, murmelte Edward ein wenig verzweifelt wirkend. Ich konnte genau spüren wie er sich gerade mit ausgestreckten Fingern durchs Haar fuhr… Leise öffnete ich den Kühlschrank und goss mir ein Glas Milch ein, setzte mich mit dem Rücken zu Edwards Zimmer an den Tisch und bemerkte meine Handtasche noch neben diesem stehend. Ich hob sie hoch und begutachtete die Fotos auf meiner Kamera. Viele waren es nicht, aber irgendwie hatte ich bei jedem Foto, das ich schoss, das Gefühl ich verpasste etwas, wenn ich mich nicht auf Edward konzentrierte. Außerdem waren die vielen Reize viel zu groß, als dass ich sie nicht in guter Erinnerung behalten würde. Über das ein oder andere Foto, auf dem ich Edward heimlich – meist von der Seite – fotografiert hatte, musste ich schmunzeln. Sein Gesichtsausdruck war auf jedem Foto annähernd gleich. Ausgeglichen, ruhig, musternd. Es stand ihm sehr gut. Vielleicht empfand ich das auch deshalb so, weil ich ihn nicht oft so erlebt hatte. Trügerisch hatte ich nicht bemerkt, dass mein Herz in den letzten Minuten eine schnellere Taktung bevorzugt hatte – ebenso wie ich keine Notiz von der Ruhe genommen hatte, die aus Edwards Zimmer kam. „Wach geworden?“, wisperte Edward hinter mir und legte eine Hand auf meine Schulter, sodass ich heftig zusammenzuckte und herumwirbelte. Im spärlichen Licht des Herdes, welches ich angemacht hatte, erkannte ich Edward hinter mir. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken… schaust du dir Fotos an?“, fragte er mit gedämpfter Stimme und nahm seine Hand von meiner Schulter, er setzte sich neben mich. „Ja… ich konnte nicht mehr einschlafen und dachte ich vertreibe mir etwas die Zeit“, nuschelte ich etwas schnell. „Hast du auch Durst?“, fragte ich nach. Edward nickte. Ich erhob mich und ging zur Küche, Edward folgte mir. Auch ihm goss ich ein Glas Milch ein. Er stand neben mir, beobachtete mich dabei und ließ seine Hand auf meinem unteren Rücken ruhen. Sofort bewegte ich mich gemächlicher. Bella, du willst doch nicht etwa Zeit schinden!?, herrschte ich mich innerlich an, was mir peinlich berührt die Hitze in die Wangen stiegen ließ – wenn auch Edward nichts davon mitbekam. „Bitte“, sagte ich mit leicht zitterndem Unterton und wendete mich seitlich zu ihm, das Glas Milch hochhaltend. „Danke.“ Er nahm mit der rechten Hand das Glas und trank davon, die Linke noch auf meinem Rücken. Nun streichelte sein Daumen etwas auf und ab. Ein angenehmer Schauer durchzog mich, bestätigte den starken Herzschlag meines Herzens und ließ mich einfach meiner Begierde folgen. Ich schlang die Arme um seine Mitte, drückte mich leicht an ihn. Sein vertrauter, himmlischer Duft stieg mir in die Nase. Er hielt mich immer noch halb im Arm und stellte das leere Glas schließlich ab, zog mich ganz an sich, wenn auch nicht fest. Seine Wange ruhte an meinem Kopf, bis er ihn etwas neigte und mir ins Ohr flüsterte: „Gute Nacht, Bella.“ Er löste sich von mir und lächelte noch einmal, bevor er in seinem Zimmer verschwand. Verwirrt stand ich da und blickte ihm nach. Wie jetzt?, hörte ich mich selbst fragen. Er hatte mich stehen lassen… Wie bitte?! Ich nahm einen tiefen Atemzug. Was war hier los? Es war irgendwie… ich schluckte und stiefelte ins Bett. Du musst dich mehr zusammenreißen, Bella, wies ich mich wieder zurecht. Aber… warum eigentlich…?? -------------------- Zu viel verkehrte welt?? Was sagt ihr ? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)