Wenn das Leben nur ein Spiel ist, ... von Silw (... willst du es alleine spielen?) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Liebst du mich?“ Diese Frage reichte aus um mich zu zerreißen. Zerreißen zwischen dem, was richtig war, und dem, was sich richtig anfühlte. Ich hatte noch nie Wert auf Gefühle gelegt. Ich lag am Boden, blutend, geschlagen, gedemütigt. Er stand noch, wirkte beinahe rein, beinahe wie ein Engel. Ein sorgloses Lächeln lag auf seinen Zügen. Sorglos und unschuldig, und doch so voller Lügen und einer Maske gleich. Er ging vor mir in die Hocke, beschmutzte die strahlend weißen Schuhe mit meinem Blut. Eine Hand strich sanft die blutverklebten Haare aus meinem Gesicht, bevor er in mein Haar griff und meinen Kopf daran hoch zog. Als sich unsere Blicke trafen, lag auf meinen Lippen ein Lächeln. Nicht so fröhlich wie seines. Mein Lächeln verspottete ihn, ohne, dass ich ein Wort sagen musste. Wir wussten beide, dass er mich nicht töten würde. Noch nicht zumindest. Zuerst würden wir spielen. Nach und nach wurde unser Spiel interessanter. Es wurde ausgeglichener, die Möglichkeiten wurden größer und die Einsätze höher. Mein erklärtes Ziel war die Flucht, was seines war, wusste ich noch immer nicht. Wenn er versuchte meinen Willen zu brechen, rannte er gegen eine Wand an. Ich dürfte mich wieder frei bewegen, zumindest in dem Zimmer, das mein Gefängnis war. Er kam jeden Tag vorbei. Natürlich, tat er das. Seine Besuche waren erfrischend. Außer ihm, hatte ich zu niemandem Kontakt. Es wäre vermutlich furchtbar langweilig ohne ihn gewesen. Ich vermute, er dachte dasselbe. Wir maßen uns nicht nur auf geistiger Ebene, oft auch auf körperlicher. Ich weiß nicht mehr, wann wir das erste Mal miteinander schliefen. Wahrscheinlich liefen unsere Versuche uns zu provozieren einfach aus dem Ruder. Es war alles andere als schlecht. Insgesamt, verabscheute ich ihn nicht. Vielleicht sollte ich es, für mich reichte, dass er der Feind war. Ich konnte mich nie überwinden ihn wirklich zu hassen. Vielmehr...fand ich ihn interessant. Wir waren uns ähnlich. Das hatte ich schon gespürt, als ich ihn gesehen hatte. In meiner Tarnung, die er ohnehin durchschaut hat. Auch später fiel es mir oft auf, uns amüsierten dieselben Dinge. Wir hatten dasselbe Ziel. Wir beide hatten unsere Masken. Und wir beide hatten schwache Momente. Oft fiel unsere Fassade zugleich, dann war es egal auf welcher Seite wir standen. Wir suchten Trost beim anderen, weil diese Welt uns trotz all ihrer Schönheit keine Heimat bot. Wir wisperten süße Nichtigkeiten, gaben uns wertlose Versprechen. Alles nur um die Welt für einen Moment ganz zu machen. Meine Flucht kam überraschend, selbst für mich. Ich würde aus meiner kleinen weißen Welt gerissen und in die bunte Realität gezogen. Plötzlich war es wieder klar, was ich tun musste. Um diese Welt zu retten, musste Byakuran sterben. Der Plan war schon beschlossen, ich spielte einfach meine Rolle weiter. Ob ich auch jemals eine so große Bedrohung hätte werden können? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Dann war der Tag gekommen. Beide Seiten hatten noch einmal alle Kräfte mobilisiert. Zu diesen zählte auch ich. Ich tauchte einfach überraschend an der Seite meines Schülers auf und unterstütze die Guten. Ich denke, mein Auftritt war eindrucksvoll. Trotz mehrfacher Überzahl, schafften wir es nicht unsere Gegner zu schlagen, bevor Byakuran ihnen selbst die Kräfte entzog. Ich bin sicher ihn amüsierte dies, genauso wie mich. Der Kampf zwischen den beiden Anführern begann, ich konnte nur noch zusehen. Wie der falsche Engel seine Flügel erhielt und verlor. Wie das Mädchen sich opferte. Wie Tsunayoshi über sich selbst hinauswuchs. Wie Byakuran erst seine Maske und dann sein Leben verlor. Wie ich wieder einsam wurde. Ich sah nur zu. Die Guten hatten gesiegt, ich hatte gesiegt. Die Welt war gerettet, ich war völlig verloren. Erschrocken fuhr ich aus meinem Dämmerschlaf, als tausende und abertausende Erinnerung auf mich einstürmten, die nicht die meinen waren. Was waren das für Kämpfe? Warum war ich frei? Wer war dieser Mann? Ich schloss die Augen und versuchte krampfhaft die neuen Gedanken zu ordnen. ...Das war...die Zukunft? Eine Zukunft, die alles zerstört hätte. Sie wurde von allen zerstört. Ein Lachen entrann sich meiner Kehle. Hier hörte mich sowieso keiner. Ich hatte also die Welt gerettet? Wie absurd das klang. Die Jahre vergingen, ich erfuhr, dass Byakuran nicht tot war. Nur gefangen, und ungefährlich. Genau wie ich. Selbst jetzt ähnelten wir uns noch. Ich wartete geduldig. Eines Tages würde ich hier rauskommen. Meine kleine Nagi benutzte ich um mir Tsunayoshis Vertrauen zu sichern. Ich würde es brauchen. Endlich. Ich war frei. Jetzt würde sich zeigen, ob ich umsonst gewartet hatte. Es dauerte noch ein weiteres Jahr, bevor ich den Auftrag erhielt, den ich so lange gewollt hatte. Ich übernahm den jährlichen Besuch bei Byakuran. Ich musste zugeben, dass sein Gefängnis um einiges komfortabler war, als meines je gewesen war. Er schien schon auf mich zu warten, er sah kaum anders aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. Unter seinem Augen war kein lilanes Zeichen, und seinem Lächeln fehlte die verborgene Dunkelheit. Ich vermisste den alten Byakuran. Trotz allem verplauderten wir den ganzen Tag, neckten uns gegenseitig. Es war harmloser. Dem ganzen fehlte das Risiko. Aber dennoch... ich fühlte mich besser, lächelte ehrlicher. Vielleicht könnte ich ihn jedes Jahr besuchen. Irgendwann war es dann Zeit zu gehen. Er sagte, er wolle mich bis vor die Tore begleiten. Wir gingen langsam den Strand entlang. Die Sonne ging gerade unter, das Szenario war perfekt für Filme, in denen das Paar zum Schluss immer glücklich wird. Manchmal wünschte ich, ich könnte auch glücklich sein. „Sag, Mukuro-kun~ Liebst du mich?“ Wir hielten an. Sein Blick hielt meinen gefangen, er lächelte nicht. Und plötzlich war wieder alles, wie es gewesen war. Mein Herz schlug wie wild, die Gefahr blitzte in seinen Augen. Er war wieder er selbst, er war es die ganze Zeit gewesen. Wie hatte er es verbergen können? „Wie...?“ Die Frage hatte ich schon mal gehört. Er hatte sie mir gestellt an dem Abend vor meiner Flucht. Als hätte er gewusst, was kommen würde. Natürlich hatte ich mit ‚Ja‘ geantwortet. Es waren doch nur Worte. Damals wurde mir klar, dass ich mich entschieden müsste. Zwischen Gut und Böse. Held und Schurke sozusagen. Ich hatte mich für das Gute entschieden. Und jetzt stellte er mich wieder vor die Wahl. „Liebst du mich?“ Diese Frage reichte aus um mich zu zerreißen. Zerreißen zwischen dem, was richtig war, und dem was sich richtig anfühlte. Ich hatte noch nie Wert auf Gefühle gelegt. Aber....ich wollte nicht allein, dieses Spiel namens Leben spielen. „Ich habe deinen Tod bereut.“ Ich versuchte meine Antwort hinauszuzögern. Er lächelte nur, genau wie ich. Und die Antwort war klar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)