ガゼットです。 von Yolei (Toxic) ================================================================================ Shiver ------ Aoi hatte sein Wort gehalten und war kurz nach ihrem Gespräch zurück in sein Bett gegangen. Das Ganze war schon merkwürdig. Doch irgendwie war sie erleichtert sich mit dem Älteren mal ausgesprochen zu haben, wenn auch nur kurz. Nun saß sie wieder vor ihrer Arbeit, die sie zuvor nicht geschafft hatte. So langsam musste sie damit ja fertig werden. Zum Glück würden sie kommende Nacht in einem Hotel verbringen, dort hatte sie dann auch ihre Ruhe. Sie hoffte wirklich, dass sie dann endlich zum Schlafen kam und nicht wieder etwas unvorhergesehenes geschehen würde. „Bist du fleißig?“, vernahm sie die Stimme des Bandleaders, der sich neben sie setzte und ebenfalls seinen Laptop vor sich aufbaute. „Ja. Und wie ich sehe, du auch!“, entgegnete sie lächelnd und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. „Nur ein bisschen...“, meinte er und konzentrierte sich ebenfalls auf den Bildschirm. Er sah wirklich kaputt aus. Hinzu kam, dass er kaum etwas aß und den Augenringen nach zu urteilen ebenso wenig schlief. Das konnte nicht gesund sein! „Haben die anderen dich noch lange wach gehalten?“, fragte er mit einem Mal und die junge Frau schreckte hoch, schüttelte sogleich den Kopf. „Nein, nicht wirklich.“, antwortete sie und schaute ihn an, „Dich etwa? Das würde erklären weswegen du so müde aussiehst.“ „Ach, das ist vor und während der Tour normal...“, winkte der Drummer das Ganze ab und lächelte sie freundlich an. Ayumi nickte daraufhin nur. Wieder schwiegen sie eine ganze Weile, bis sie dieses Mal das Schweigen brach. „Irgendwie... ich weiß auch nicht... ich weiß irgendwie nicht weiter...“, murmelte sie und schaute von ihrer Arbeit auf. Verwundert erwiderte der Musiker den Blick. „Redest du von der Arbeit oder von etwas anderem?“, fragte er. „Sowohl als auch....“, gestand sie und wendete sich wieder dem Bildschirm zu. Kai nickte verstehend, ja er konnte nachvollziehen wie sich die junge Frau fühlte. Immerhin ging es ihm nicht selten genauso. „Das... kenne ich...“, meinte er und strich sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. Wieder schaute Ayumi auf und lächelte leicht, griff nun nach seiner Hand und hielt sie. Sie war froh, dass sie mit dem Drummer reden konnte. Er erwiderte den sanften Druck ihrer Hand. So saßen sie eine ganze Weile schweigend. Es war aber kein unangenehmes Schweigen, eher wie eine Stille Übereinkunft. Sie erwachte am frühen Morgen als ihr Handy vibrierte. Vorsichtig richtete sie sich etwas auf und nahm den Anruf entgegen. „Ja bitte?“, meldete sie sich und musste sich ein Gähnen verkneifen. Wie spät war es eigentlich? Sie konnte durch die abgedunkelten Fenster nichts erkennen. „Hallo mein Schatz, wie geht es dir?“, vernahm sie die bekannte Stimme am anderen Ende. Sie musste leicht lächeln. Irgendwie war sie froh über diesen Anruf. „Hey, mir geht es gut.. ein bisschen viel Arbeit, aber sonst in Ordnung... ich bin in Moment beruflich unterwegs...“, erklärte sie und streckte sich nebenbei noch ausgiebig. Wenn sie schon mal wach war, konnte sie auch aufstehen. „Arbeit? Schatz... du solltest dir lieber Gedanken machen wie du an einen Mann gerätst... immerhin bist du schon 28... du wirst nicht ewig jung bleiben...“ Ayumi verdrehte nun die Augen. Jedes Mal dieselbe Leier. „Danke, aber ich bin ganz zufrieden mit meinem Leben...“, entgegnete sie nur. „Ich kann ja nicht verstehen, was du an diesem Job findest...“ So langsam konnte die junge Frau das auch nicht mehr verstehen. Immer wenn sie glaubte, sie hätte ein Problem gelöst, tauchten neue auf. „... hörst du mir überhaupt zu?“ „Ja sicher, Mama...“, erwiderte sie und stand dann wirklich auf. Sie ging zum Fenster und schob erst einmal die Vorhänge beiseite. Draußen war herrliches Wetter. Nun konnte sie auch auf die Uhr schauen, die ihr verriet das sie noch genügend Zeit hatte. „Na ja... wie dem auch sei... du könntest dich ruhig öfter melden!“, hörte sie wieder den liebevollen Vorwurf ihrer Mutter. Sie hatte ja recht, aber wie sollte sie das nun auch noch bewerkstelligen? Sie hatte mit ihrem Job schon genug zu tun. Da blieb ihr Privatleben eben auf der Strecke. Sie hatte schon einige Beziehungen gehabt, doch irgendwie hatte es nie gepasst. Meistens waren sie an ihrem Job gescheitert und der damit verbundenen Eifersucht. „Ich versuche es, aber der Job verlangt mir im Moment sehr viel ab...“, meinte sie und ging zum Schrank, suchte sich etwas zum Anziehen heraus. „Noch ein Grund mehr aufzuhören!“, kam sogleich als Antwort und Ayu schüttelte nur den Kopf. So lieb sie ihre Mutter hatte, aber manchmal war die ältere Frau auch keine Hilfe. „Du? Ich muss auflegen, hab gleich noch ein Meeting... ich hab mich über deinen Anruf gefreut, grüß den Rest ganz lieb von mir, Tschüss!“, eine Antwort wartete sie nicht mehr ab. Sie schmiss ihr Telefon aufs Bett und ging dann ins Bad. Unter der Dusche dachte sie nach. Vielleicht hatte ihre Mutter recht und sie sollte einfach kündigen. Doch was würde dann aus den anderen werden? Außerdem war sie nicht der Typ, der einfach so die Flinte ins Korn warf. Die Männer waren ihr in der Zeit ja auch ans Herz gewachsen und sie wollte ihnen helfen. Doch noch immer wusste sie nicht wie. Erneut seufzte sie. Das ganze Grübeln brachte ja doch nichts! Sie sollte sich lieber darauf konzentrieren sich fertig zu machen. Als sie den Frühstücksraum betrat, waren schon einige von der Crew am Frühstücken und auch Kai saß an einem Tisch und unterhielt sich sehr angestrengt mit einem Verantwortlichen. Anscheinend arbeitete der Drummer schon wieder. Dabei war es wirklich noch früh am morgen und er sollte sich wenigstens die Zeit gönnen zu frühstücken. Kurzerhand griff sie sich einen Kaffee und setzte sich schweigend dazu, beschloss erst einmal zu hören worum es ging. Kai jedoch unterbrach kurz seine Debatte und wandte sich der jungen Frau zu. „Morgen...“, meinte er, was sie ebenfalls erwiderte und sie sogleich über das Gesprächsthema aufklärte. Also gab es ein Problem mit der Beleuchtung und darüber hinaus mit der Akustik. Na herrlich! Sie zwang sich ein Lächeln auf und trank den letzten Schluck. Na dann würden sie sich das ganze gleich mal anschauen. Kurz darauf standen sie in der Halle und besahen sich des Problems. Der springende Punkt war, dass das Gebäude für ein Konzert dieser Größenordnung nicht ausgelastet war. Ayumi konnte nicht verstehen, warum das erst jetzt festgestellt wurde und nicht schon vorher! Nach ewig langer Diskussion und mehreren Telefonaten fand sich dann schließlich doch eine Lösung des Problems, sodass man zum eigentlichen Programmpunkt übergehen konnte. Obwohl das Konzert erst abends stattfinden würde, waren alle jetzt schon kaputt, doch jammern nützte nichts. Da mussten sie wohl durch. Die Männer waren nun in der Maske und bei der Kostümprobe. Ayu war für den Feinschliff der Vorbereitungen verantwortlich. Schließlich kam Kai aus der Garderobe und testete den Sound seines Schlagzeugs. Anschließend waren die anderen dran. Lange dauerte es auch nicht mehr bis zum Konzert, dennoch gönnte sie sich auch eine kleine Verschnaufpause. Es wunderte sie schon den ganzen Tag, dass sich die anderen so gut verstanden. Andererseits waren es Profis und sie waren perfekt darin alles zu verschleiern. Gerade trank sie einen Schluck als sie ein verdächtiges Geräusch vernahm. Verwundert stand sie auf und ging in die Richtung aus der sie etwas gehört hatte. Sie blieb vor einer angelehnten Tür stehen und lugte durch einen kleinen Spalt. „...da war mir fast lieber, dass du mich angeschrien hast.“, meinte Ruki und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Ihm gegenüber stand Reita, der sehr verunsichert dreinschaute. „Was willst du denn nun?“, hörte man den blonden nun stammeln. „Ich will dass wir wieder beste Freunde sind... so wie früher!“, erwiderte der Sänger und blickte den älteren flehend an. Dieser schien mit sich zu hadern und schüttelte den Kopf. „Es... das kann ich nicht...“, entgegnete er und man konnte seine Verletzlichkeit sehen, doch Ruki ging es bei den Worten nicht anders. „Und... was nun?“, flüsterte er brüchig. Doch darauf wusste der Bassist keine Antwort, also schwieg er. Selbst Ayumi hatte ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust und einen dicken Kloß im Hals. Es tat ihr so unsagbar leid, was aus der Freundschaft geworden war, doch man konnte Taten und Worte nicht ungeschehen machen. So sehr man das auch versuchte... Würde die Band ebenso wie diese Beziehung zerbrechen? Machte es überhaupt Sinn gemeinsam weiterzumachen, wenn man doch eigentlich lieber nichts mit der Person zu tun hatte? Schnell wandte sie sich zum Gehen. Das Konzert würde bald beginnen und danach konnte sie sich immer noch den Kopf darüber zerbrechen. Was sollte man sagen? Der Auftritt war wie immer großartig gewesen und von den Streitigkeiten hatte man auf der Bühne auch nichts gesehen. Im Gegenteil! Sie machten noch genauso Fanservice wie früher, tanzten sich an, berührten sich, alberten miteinander herum. All diese Sachen die einfach nicht passten! Wenn man einander wirklich nicht mehr ausstehen konnte, wollte man doch auch nicht in der Nähe des anderen sein, oder? Doch vermutlich ging das ganze sehr viel tiefer. Vielleicht war da ja doch noch ein Fünkchen Hoffnung? Sie hatte auf jeden Fall alles auf dem Monitor im Umkleideraum beobachtet und beim Encore waren ihr sogar einige Schauer über den Rücken gelaufen. Sagte das nicht eigentlich alles aus? Konnte soviel Gefühl gespielt sein? Niemals! Da konnte man noch so sehr Profi sein! Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende geführt, betraten die Männer einer nach dem anderen den Backstagebereich und schmissen sich auf die Sitzgelegenheiten, Kai legte sich sogar einfach auf den Boden und musste erst einmal zu Atem kommen. Ein Konzert war eben doch sehr anstrengend und nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Ihr Blick wanderte zu Ruki der in einer Hand eine Zigarette und in der anderen eine Flasche Wasser hielt. Uruha tupfte sein Gesicht mit einem Handtuch trocken und Aoi entledigte sich gleich seines T-Shirts, schmiss es in die nächste Ecke. Niemand sagte etwas, eine unangenehme Stille und doch war es nicht verwunderlich. Die Männer hatten sich eben selbst jetzt nichts mehr zu sagen. Sie seufzte. „Ihr wart wirklich gut.“, lobte sie die Band und durchbrach so das Schweigen. „Sind wir doch immer.“, kam es sogleich von Aoi, der sich nun auch eine Zigarette anzündete. „Ja schon nur...“, begann sie, wurde allerdings von Reita unterbrochen. „Der Sound war bescheiden, aber kein Wunder...“ „Die Halle war eben von vornherein nicht für eine solche Größe ausgelegt gewesen und wir mussten improvisieren...“, murmelte Kai und richtete sich auf, „Ich selbst bin mit dem Ergebnis auch alles andere als zufrieden.“ „Na hoffentlich ist es beim nächsten Auftritt besser...“, schaltete sich auch Ruki ein. Ayu hörte dem Gespräch aufmerksam zu. Für Außenstehende hätte es sicherlich wie eine ganz normale Unterhaltung geklungen, doch sie bemerkte sie unterschwelligen Vorwürfe. Sollte sie sich den Schuh anziehen? Sie war die Managerin und hätte das eigentlich im Vorfeld prüfen müssen, allerdings war sie anderweitig beschäftigt gewesen... Sie hatte sich um die Probleme ihrer Schützlinge gekümmert und dabei das Wesentliche außer acht gelassen. Vielleicht hatte die Chefin doch recht gehabt? In dieser Branche zählte Leistung und sie hatte versagt. Sie senkte den Kopf und hätte sich gerade am liebsten zurückgezogen, doch was machte das für einen Eindruck? Es musste sich definitiv etwas ändern, jedoch hatte sie noch immer keine Lösung für die ganzen Probleme. Im Gegenteil! Es kamen nur immer mehr dazu! „Du siehst schon wieder so aus, als wolltest du uns eine Standpauke halten.“, vernahm sie plötzlich die Stimme von Reita und sie blinzelte, sah in die Runde. Kurz überlegte sie, schüttelte dann aber den Kopf. Was brachte es schon nun etwas zu sagen, zumal es nichts neues war. Es hatte sich vermutlich eh nur nach einer Rechtfertigung angehört. „Wir sind alle erschöpft und morgen haben wir einen Tag zur freien Verfügung, wie wäre es wenn wir die Zeit nutzen und außerhalb der Arbeit etwas miteinander unternehmen?“, schlug sie vor und traf dabei auf wenig Gegenliebe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)