Rising Sun von Lusiki (Wenn Gin doch mal die Welt in Grautönen sieht) ================================================================================ Prolog: -------- Sommer, Sonne, blauer Himmel. Anders hätte man diesen schönen Sommermorgen wohl kaum beschreiben können. Was könnte an solch friedlichem Tag schief gehen? So einiges, wenn man Vodka fragte. Er und sein Partner Gin, hatten sich die Nacht um die Ohren geschlagen. Was am Anfang eher nach einem Routineeinsatz aussah, den auch geringere Agenten hätten ausüben können, wurde in wenigen Minuten unerwartet zu einer extrem heiklen Situation. Der Abend war sehr gemächlich angelaufen. Um seinen Vorgesetzten etwas milder zu stimmen, hatte Vodka sogar vor dem Treffen bei diesem Coffee-Shop angehalten, den Gin schon ein oder zwei Mal erwähnt hatte. Er hatte für ausreichend Zigaretten gesorgt, und den Porsche 356a so ausgestattet wie ihn Gin am liebsten hatte. Ob das nun zu viele Waffen für eine simple Observation waren oder nicht, spielt für den stämmigen Agenten keine Rolle. Sein Partner war schlecht gelaunt genug, Vodka wollte sich keine unnötigen Anpfiffe einhandeln. Sie waren eine Zeit lang durch Tokio gefahren, bis sie das schwarze Auto auf den Parkplatz eines Parks stellten, von dem sie eine gute Sicht auf die nahe gelegenen Wohnblocks hatten. Dort machten sie es sich bequem. Nachdem Gin seinen ersten Kaffee ausgetrunken und die Tageszeitung auf den Rücksitz geworfen hatte, lehnte er sich etwas tiefer in den Sitz und schloss die Augen. „Gib mir in einer halben Stunde Bescheid, Vodka. Oder dann wenn sich etwas rührt.“, brummte er. Vodka antwortete mit“ Natürlich Aniki“, und fragte sich zum hundertsten Mal warum man ausgerechnet ihnen so eine langweilige Aufgabe gegeben hatte. Sein Partner stimmt mit ihm über ein, obwohl sie sich kein einziges Mal über ihre Mission unterhalten hatten. Es muss wohl daran gelegen haben, dass Nichts geschah. Weder in der ersten halben Stunde, noch in der Zweiten, oder der Dritten. Auch in der Vierten und der Fünften nicht. Der Kaffee ging langsam zur Neige. Man hatte dem Zigarettenvorrat auch schon mächtig zugesetzt. Gin war sogar so genervt, dass er sich ungefragt aus der Chips-Packung seines Partners bediente. Vodka hatte nichts dagegen, und wenn, er hätte nichts gesagt, er war schließlich nicht lebensmüde. Sie hätten sich nicht ganz so sehr gehen lassen , hätten sie den ausländischen Pick-Up am oberen Ende der Straße bemerkt. Zu Gin und Vodkas Verteidigung konnte man sagen, das genau dieser Abschnitt der Straße von einer Baumkrone verdeckt wurde. Zu spät sah Vodka wie sich die Schatten in der Gasse vor ihnen bewegten. Auch Gin hatte die Augen zusammengekniffen und studierte bedächtig das Vorgehen ihnen gegenüber. Anscheinend hatte das FBI doch etwas mit ihrer Zielperson zu tun. Es sah sogar so aus, als wolle man besagte Zielperson unter ihrer Nase verschwinden lassen. So etwas konnte Gin nicht auf sich sitzen lassen, auch wenn die Anweisungen anders gelautet hätten. Der blonde Agent hatte seine Waffe gezogen und öffnete geräuschlos die Wagentür. Vodka tat es ihm gleich. Im Schatten des Parks schlichen sie näher an die Wohnhäuser. Von dort aus konnten sie erheblich besser sehen was vor sich ging. Mehrere FBI-Agenten waren um den Zielblock postiert und hatten die Gasse zwischen den Häuser als operativen Stützpunkt genutzt. Gar keine schlechte Idee, wenn man sich vergewissert hätte, dass man nicht beobachtet wird. Jetzt da das FBI mit im Spiel war, durfte die Schwarze Organisation keine Zeugen hinterlassen. Gin sah sich um. Sie hatten wenig Zeit, wenn sie erfolgreich sein wollten. Den Verräter erledigen war das Wichtigste, danach würden sie sich um die Vernichtung der Daten kümmern. Trotzdem musste alles vorbereitete werden. Das grüne Paar Augen sah Vodka durchdringend an und blickte danach zurück zum Waagen. Dieser Nickte seinem Partner zu und sie liefen zurück. „Unsere Freunde scheinen uns noch nicht bemerkt zu haben, Vodka.“, Gin grinste. Auf einmal machte die Situation dem Blonden Spaß.“Du kümmerst dich um die Vorbereitungen für das Feuerwerk. Wir treffen uns auf dem Dach von dem Eckhaus da vorne. Wie mir scheint möchten die hier eine Verschleierungstrick durchführen. Wir werden den Hasen wohl abschießen müssen bevor er sich im Hut versteckt.“ Das Spiel wurde aufregend, und Gins Blut hatte angefangen zu kochen. So mochte er seine Aufträge. Unerwartet und doch gut durchdacht. Auch wenn der blonde Auftragsmörder es nie gesagt hatte, Vodka wusste das Gin seine Voraussicht schätzte. Mit dieser Gewissheit schnappte sich Vodka die Tasche mit den Sprengköpfen und machte sich auf die Suche nach einem sicheren Weg in den Keller des Gebäudes. Es war vielleicht etwas radikal, das ganze Haus in die Luft zu sprengen, aber Feuer war nun mal die sauberste Lösung. Es gehörte nicht zu ihren Aufgaben Mitleide mit unschuldigen Nachbarn zu haben. Aus dem Augenwinkel sah der schwarze Agent seinen Partner mit einem Scharf-Schützen-Gewehr in der Dunkelheit verschwinden. Es dauerte seine Zeit bis sich Vodka durch das unterirdische Kellerlabyrinth gearbeitet hatte. Das FBI hatte gute Arbeit geleistet und an allen Eingängen im Umkreis Wachen gestellt. Was diese schlauen Füchse nicht beachtet hatten, war eines der Brandschutzgesetze. Warum auch immer, alle Neubauten mussten eine Verbindung vom Keller zu den Abwasserkanälen haben. So etwas musste man erst wissen, um es sich zu Nutze zu machen. Vodka, wieder willens, arbeitete sich durch die stinkenden Gemäuer bis zur Brandschutztüre mit der richtigen Hausnummer vor. Von Innen war sie ganz leicht aufzuschieben, von Außen jedoch, brauchte man einen Schlüssel. Der stämmige Agent hatte allerdings auch schon schwerer zu knackende Schlösser gesehen. Nachdem er unbemerkt in den Keller gelangte, beeilte er sich die Sprengköpfe zu platzieren. So leise er gekommen war, verschwand er auch wieder. Diesmal lief Vodka etwas weiter durch die unterirdischen Gänge und kletterte erst nach einer Rechtskurve aus den Kloaken. So weit weg hatten die amerikanischen Agenten keine Spitzel aufgestellt. In aller Ruhe stieg er die Feuerleiter des Eckgebäudes hinauf, schlich behutsam zwischen den Konstruktionen auf dem Dach und war sich sicher unbemerkt geblieben zu sein. Wäre da nicht.... „Du stinkst. Bevor du in den Wagen steigst wechselst du die Kleidung.“ Mit einem amüsierten brummen hockte sich der Mann mit der Sonnenbrille neben den Scharf-schützen. Gin lag nicht auf dem Dach, er kniete viel mehr an der kleinen Mauer auf der das Sicherheitsgeländer befestigt war. Das eine Auge war hinter den langen blonden Strähnen versteckt, mit dem anderen stierte er durch das Visier. Stille machte sich zwischen den zwei Männern in Schwarz breit. Nun galt es zu warten. Diesmal verging die Zeit allerdings anders als wehrend den ewig langen Stunden im Porsche. Man brauchte keinen Kaffee, Adrenalin pulsierte durch ihre Adern, die schwarzen Lettern der Tageszeitung konnte man erst gar nicht mit den kleinen schwarzen Schatten ihrer Gegner auf dem Boden vergleichen. Es waren Minuten die sich zu Stunden zogen, und doch schien die Zeit an ihnen vorbei zufliegen. Vodka hätte aus dieser Entfernung keinen Unterschied bei den Abläufen auf dem Boden bemerkt, wäre da nicht ein breites Grinsen auf Gins Gesicht erschienen. Es war ein sehr präziser Schuss, auf die Sekunde genau abgestimmt. Wie jemand derart kalkulieren konnte, war Vodka ein Rätsel. Er wusste noch nicht einmal ob Gin so etwas konnte. Genau in dem Moment, in dem der Blonde seine eigen Kugel abfeuerte traf der erste Schuss in seine linke Schulter, und verschob so den Peilwinkel. Es war ein Testament von Gins Selbstbeherrschung, dass seine Kugel nur wenige cm neben dem potenziellen Opfer eintraf. Vielleicht wäre es besser gewesen, hätte er weit daneben geschossen; so brach unten auf der Straße ein wildes Gewusel aus. Ein, zwei aufgeregte Ausrufe, dann Stille. Die Schatten waren in den Schutz der Hauswände verschwunden. „Mist! Wir sollten von hier verschwinden, Vodka.“. Gin sprang auf und schulterte das Gewehr. Noch bevor er sich zum gegen drehte, traf eine zweite Kugel in seine rechte Schulter. Der Blonde grinste als er zischte: „Rückzug, Vodka. Ich hoffe du warst erfolgreicher.“ Danach rannten sie beide los. Weiterhin achtsam nicht bemerkt zu werden, aber längst nicht mehr so vorsichtig. Akai Shuuichi hatte gerade sein Markenzeichen hinterlassen, es war Zeit sich aus dem Staub zu machen. Vodka stolperte gerade noch die letzten Stufen hinunter, als der erste Schuss fiel. Er fluchte als er sich hinter ein paar Containern in Sicherheit brachte und das Feuer erwiderte. Gin hatte in einer Nische Zuflucht gefunden, und feuerte dann und wann präzise Kugeln ab. „Wir müssen hier weg, Aniki.“, es war zwar offensichtlich nichts neues, aber Vodka fand es sollte ausgesprochen werden. Die Antwort darauf war ein leises Fluchen, ein sehr genauer Schuss der den Tank einen nahe geparkten Autos in die Luft jagte, und die Chance davon zu rennen. Das Versteckspiel hatte begonnen. Als man den schwarzen Agenten mit Sonnenbrille hinterher nach den Einzelheiten befragte, war er nicht in der Lage einen Sinnvolle Antwort zu geben. Schatten und geparkte Autos hinter denen sie sich duckten, Kugelhagel, Aufschreie, gezischte Anweisungen, eine Mauer über die Gin ihm sein Gewehr warf. Der blonde Agent kam kurze Zeit nach ihm auf dem Boden auf und fluchte. Vodka bemerkte wie sein Partner sich die Seite hielt und das rechte Bein nachzog. „Los komm, weiter“, zischte der Größere von Beiden und verschwand auch schon wieder in der Dunkelheit, dicht gefolgt von seinem nun doch sehr besorgtem, Freund. Wie ein paar Straßen, Gassen und Wohnblocks zu solch einem Labyrinth werden konnten, wusste keiner der Beteiligten bei dieser Hetzjagd. Wie lange rannten und versteckten sie sich schon, seit wann schon vielen die Schüsse? Das Zeitgefühl war, so schien es, vor einer Ewigkeit verloren gegangen. Außer Atem bog Vodka in eine Gasse ein, die ihm ungemein bekannt vor kam. Er hechtete voran, ein scharfes Ohr auf alle Geräusche hinter ihm, die leise gerufenen Anweisungen ihrer Verfolger, die schlurfenden Schritte seines Partners; ein anderes vor ihn, dort war es still. Vorsichtig hielt Vodka an und schaute um die Ecke. Genau vor ihnen, in den letzten Schatten der Nacht, konnte er die Umrisse des Porsches sehen. Sie waren in der Gasse, die sie am Abend zuvor beobachtet hatten. Hundert Meter noch, ein kleiner Sprint. Das Glück war ihnen hold, es war niemand zu sehen. Mit einem triumphierenden Lächeln drehte sich Vodka um. „Aniki....“, weiter kam er nicht. Der Anblick der sich ihm bot ließ den Agenten mit der Sonnenbrille erschauern. Gin lehnte schwer atmend gegen einen versteckten Hauseingang. Die Waffe rutschte dem blonden Mann aus den Fingern und fiel klappernd zu Boden. Wehrend Vodka sich aus seiner Versteinerung löste und auf ihn zu rannte, sank sein Partner an der Hauswand entlang in die Knie. Blind tastete er nach der Pistole, fand sie jedoch nicht. Keuchend hielt Vodka neben ihm an. „Aniki. Komm ich helfe dir hoch, es ist nicht mehr weit.“ Verwirrt sah er zu wie der blonde Mann, der nun seit so langer Zeit an seiner Seite gewesen war, den Kopf schüttelte und seine Hand abwehrte. „Nein“, Gin klang müde. „Ich kann nicht mehr weiter gehen, Vodka.“ „Aber Aniki....“ Vodka wurde unterbrochen. „Hör zu und sei still. Sie dürfen mich nicht festnehmen, Vodka. In der Innentasche meines Mantels ist eine Pillen-Dose.....“Gins Stimmer war ein raues Flüstern. „Nein, Aniki. Das kannst du doch nicht von mir verlangen.“ Vodka wollte das nicht tun. Er wusste zwar, dass er im Ernstfall seinen Partner erledigen müsste, er hatte aber immer fest damit gerechnet, dass es Gin sein würde, der ihn ins Jenseits beförderte. Eine zitternde Hand packte den stämmigen Man an der Schulter. 'Er muss sehr viel Blut verloren haben', ging es Vodka durch den Kopf. „Sei endlich still und mach was ich dir sage. Du gibst mir eine der Pillen die darin sind, und steckst die Dose dann ein. Danach machst du, dass du hier weg kommst. Und vergiss nicht das Feuerwerk“, grinste ihn sein Partner an. Vodka gab sich geschlagen. Er griff in Gins Manteltasche und entnahm das kleine Plastikkästchen. Fast ehrfürchtig öffnete er es und wollte dem Blonden die Giftkapsel in die Hand legen. Dieser schüttelte den Kopf. “Nein, gib sie mir.“, als er Vodkas verunsichertes Gesicht sah fügte er hinzu. „Ich kann den Arm nicht mehr heben.“ Vodka tat wie ihm befohlen. Die Zeit wurde Knapp, er konnte die Verfolger schon hören. Er sah seinem Partner noch einmal in die Augen und drehte sich Wortlos um. Keine fünf Schritte war er gelaufen, da hörte er den amerikanischen Akzent einer Frau die ihm nach brüllte er solle stehen bleiben. Weil er keine Anstalten machte ihrem Befehl Folge zu leisten prallten prompt zwei Kugeln in nächster Nähe auf. Dennoch hielt der Mann in Schwarz direkt auf den nun im frühen Morgen Licht sichtbaren Wagen zu. Der Motor des Autos brauste unter ihm auf, und Vodka düste an der FBI-Agentin vorbei und davon. Auf dem Beifahrersitz lag der Zünder für die Bomben. Zwei Kilometer war keine lange Strecke für einen Porsche 356a. Das Auto hielt in einer dunklen Seitengasse und Vodka viel keuchend in die Lehne zurück. Er starrte durch die Windschutzscheibe, und doch sah er die Autos nicht, die mit voller Geschwindigkeit die Verfolgung aufgenommen hatten. Hier war er erstmals noch in Sicherheit. Er schaute auf den Beifahrersitz, wo eigentlich Gin sitzen sollte, und fand nur den Zünder für die Bomben. Es war der Moment gekommen seinem Freund ein würdiges Begräbnis zu geben. Er nahm die kleine Fernbedienbar zur Hand. Die Zeit blieb stehen, als sein kreidebleicher Daumen das kleine, unscheinbare Knöpfchen drückte. Die Augen hinter der Sonnenbrille schlossen sich; nicht zu weit entfernt kündigt ein lautes Donner-grollen den neuen Tag an. Ja, was konnte an diesem Sommermorgen denn schon schief gehen. 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