Die Prüfung der Grenzen von Jeanne-Kamikaze- (Aus Schwarz und Weiß wird Grau) ================================================================================ Kapitel 1: Die Informantin -------------------------- Die Asari war wunderschön, diese Erkenntnis konnte Mira Shepard nicht leugnen. Wie sie vor ihr saß, mit diesem süffisanten, gar schon verführerischen Lächeln auf ihren vollen Lippen, wirkte sie so anziehend wie ein Magnet. Kaum vorstellbar, dass so eine Schönheit die Dienste eines Attentäter benötigte. Aber vielleicht auch gerade deshalb? Ein verflossener Liebhaber, der ihr etwas antun wollte und deshalb zuerst beseitigt werden sollte? Die Rekrutin der C-Sec wusste es nicht, aber es war ihr auch egal. Das einzige was für sie zählte war, dass sie die benötigten Informationen bekam, um ihre Prüfung abzuschließen. Die Aufnahme in C-Sec war ihr größter Wunsch- ihr einziger Lebensinhalt. Wenn sie dafür den größten Attentäter in der gesamten Galaxie fassen musste, so würde sie es tun. Mira würde es all den Männern zeigen, die über sei gelacht hatten, als sie zu der Akademie kam. Sie würde ihnen beweisen, dass sie genauso viel drauf hatte wie sie alle zusammen, wenn nicht sogar mehr. Mit strengem Blick musterte Shepard die Asari, ihr mobiles Datenpad in der Hand. Sie durfte sich nicht ablenken lassen, immer auf die Aufgabe fixiert sein, sonst würde es ihr nie gelingen. „Ich frage Sie noch einmal, Firia M‘arona. Weshalb haben Sie Thane Krios engagiert?“, fragte Mira und sah die Asari an. Diese zuckte jedoch nur etwas hilflos mit den Achseln. Die Musik im Black Star, dem Nachtclub der Citadell, war einfach zu laut. Der Bass dröhnte richtig in ihren Ohren und verschluckte jegliches Wort, was nicht geschrien wurde. Shepard rollte mit den Augen, lehnte sich vor und fragte noch einmal, diesmal lauter: „Ich weiß, dass Sie Thane Krios engagiert haben. Hören Sie...“ Mira seufzte und rieb sich mit zwei Fingern über die Augenbrauen. So langsam bereitete die Asari ihr Kopfschmerzen. „Ich will Ihnen nichts anhängen. Ich brauche einfach nur Informationen. Also, wen soll Krios für Sie umlegen?“ Die wunderschöne Asari sah sie unschuldig mit ihren großen, lavendelfarbenen Augen an. „Ich weiß nicht wovon Sie reden. Ich kenne Niemanden mit dem Namen Krios.“, flüsterte Firia mit einen sanften Ton in der Stimme, der an sich keine Zweifel offen lassen würde, doch Mira vertraute auf ihren Informanten, der sie zu der Asari geschickt hatte. Skeptisch zog die Rekrutin die Augenbrauen zusammen und musterte ihr Gegenüber abschätzend. Allmählich wuchs die Verzweiflung in Mira. Bereits seit zwei Monaten suchte die angehende Absolventin der C-Sec Akademie nach dem berüchtigten Drell Attentäter, doch wie es aussah verlief sich ihre vielversprechendste Spur hier im Sand. Als Rekrutin hatte sie noch nicht das Recht Firia zu verhaften und zu verhören, sodass sie bloß auf ihre Mitarbeit hatte hoffen können. Genervt ließ sich Shepard in die Lehne ihres Sessels fallen und schlug die Beine übereinander. Die Asari lächelte noch immer wie die Liebenswürdigkeit in Person. Ihr blaute, makellose Haut schimmerte in den verschiedensten Facetten in dem Flackernden Licht des Black Stars. Ihre Augen mit dem tiefen Ausdruck betrachteten Mira amüsiert und interessiert zu gleich. Die junge Rekrutin jedoch fühlte sich immer unwohler. Sie hasste Lärm und vor allem hasste sie Diskos, doch um jemanden zu treffen, ohne dass sich später einer an einen erinnert, waren solche Orte perfekt. Shepard seufzte, strich sich eine ihrer haselnussbrauen Haarsträhnen aus dem Gesicht, lehnte sich dann wieder ganz nah an die Asari heran. Ihren Kopf auf die gefalteten Hände gestützt betrachtete sie die wunderschöne Asari und lächelte das charmanteste Lächeln, was sie in dieser verfahrenen Situation zu Stande bringen konnte. „Hören Sie, Firia. Ich will Ihnen wirklich nichts.“, sprach Shepard im versöhnlichen Ton, während sie beschwichtigend die Hände hob. Auch deutete die Rekrutin auf ihre Hüfte um der Asari zu symbolisieren, dass sie keine Waffe bei sich trug. Shepard hoffte so zu unterstreichen, dass sie Firia M’arona wohlgesonnen war und nicht hier war um sie zu verhaften. Die Asari nickte verstehend und lächelte wieder charmant. „Eines müssen Sie mir verraten, Shepard...“, säuselte Firia mit ihrer melodischen Stimme. „Was will ein Rookie der C-Sec von dem wohl berüchtigtsten Attentäter der gesamten Galaxie?“ Die lavendelfarbenen Augen blitzen vor ehrlicher Neugierde auf. Erwartungsvoll betrachtete die Asari ihr Gegenüber und ließ sie nicht mehr los mit ihrem Blicken. „Abschlussprüfung...“, murmelte Mira eine schlichte Antwort. Sie fixierte Firia mit kritischem Blick, doch diese blieb völlig ruhig und noch immer verharrte ihr Lächeln auf den Lippen, fast so als wäre es dort festgewachsen. „So was...“, sagte sie erstaunt, wobei Shepard nicht genau wusste, ob es ehrlich war oder nicht. „Solche Verbrecher lassen sie euch schon bei der Abschlussprüfung jagen, wo noch nicht mal die besten Leute der C-Sec ihn bisher aufspüren konnte. Sie haben mein Mitgefühl, Shepard.“ Mira hingegen zog nur die Augenbrauen zusammen, lehnte sich wieder zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie hatte ja von Anfang an den Verdacht gehabt, dass das Spiel der Asari nur eine Farce war, doch nun hatte diese es ihr selbst bestätigt und trotzdem kam sie keinen Schritt voran. Wut und Frustration stauten sich in ihr auf und sie kräuselte ihre Lippen. „Dafür, dass Sie angeblich Niemanden mit den Namen Thane Krios kennen, wissen sie aber sehr genau über den Krios Bescheid den ich suche.“, stellte die Auszubildende nüchtern fest. Die Asari machte gespielt große Augen, wie ein kleines Kind, was gerade frisch ertappt wurde und versuchte mit seiner Niedlichkeit Ärger abzuwenden. Shepard ließ sich jedoch davon nicht erweichen, sondern betrachtete ihre Informantin weiterhin streng. „Hoppla, da habe ich mich wohl verplappert.“ „Sieht danach aus.“ Die Asari lächelte- wieder einmal- und trieb somit Mira fast zur Weißglut. Ihre Finger krallten sich in die Lehne ihres Stuhls, bis sie weiß wurden, doch äußerlich blieb die Rekrutin völlig ruhig. Nur ihre Stimme wurde bei diesen Satz ein weniger eisiger, als es beabsichtigt war. „Nun gut, Shepard, wo Sie mich nun so gekonnt erwischt habe, will ich Ihnen auch helfen. Ich habe Krios zwar nicht engagiert, aber ich kenne Jemanden, der es einst getan hat. Vielleicht hilft das Ihnen weiter.“ Die Asari drehte sich etwas auf ihrem Stuhl, sodass sie zur Bar blicken konnte. Der Barmann, ein stattlicher Turianer, sah, wie auf einen unsichtbaren Ruf hin, auf und hielt damit inne das Glas zu polieren. Firia lächelte ihm lieblich zu und nickte mit dem Kopf in Richtung des Tisches. Mira wusste, dass sie etwas zu trinken bestellte. Für eine mündliche Bestellung war es einfach zu laut im Black Star. Der Turianer nickte den beiden ebenfalls, griff behändigt unter die Theke und holte eine Flasche samt 2 Gläsern hervor. Mit einem Lächeln, als wäre es das Schönste der Welt, ließ der Turianer eine hellblaue Flüssigkeit in die Gläser fließen. Eine elegante Drehung der Flasche später verschwand diese auch direkt wieder unter der Theke. Mit sicherem Schritt kam der Kellner auf sie beide zu und stellte die Gläser vor ihnen ab. Firia lächelte dem Turianer charmant zu, der dieses genauso liebenswürdig erwiderte und dann zu seinem Arbeitsplatz zurückkehrte. Als er gegangen war, wandte die Asari sich wieder Mira Shepard zu und schob ihr schwungvoll eines der Gläser zu. Mira zog eine ihrer schlanken Augenbrauen hoch und betrachtete das Getränk. Die Rekrutin ahnte bereits, dass das kein einfaches Wasser war. Wahrscheinlich handelte es sich hier um eines der stärksten alkoholischen Getränke im gesamten Black Star. Die Flüssigkeit selbst war von so einem hellen Blau wie die Haut der Asari und tanzte zum Takt der Erschütterungen des Basses. Rekrutin Shepard fragte sich, ob mehr hinter dieser netten Geste steckte. Eine ihrer ersten Lektionen an der C-Sec Akademie war gewesen allem Angebotenen grundsätzlich misstrauisch gegenüber stehen. Giftanschläge auf der Citadell waren nicht sehr selten, jedoch wusste Mira auch, dass ein gemeinsamer Drink manchmal bei Informationsbeschaffung durchaus hilfreich sein konnte. Gedanklich wog sie die beiden möglichen Seiten ab- kam jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis. Fast so als hätte die Außerirdische ihren inneren Konflikt erkannt, nahm Firia aufmunternd lächelnd ihr Glas und kippte es in einem Zug runter. Für den Bruchteil einer Sekunde verzog die Asari aufgrund des wohl bitteren Nachgeschmacks das Gesicht, sah dann aber herausfordernd zu der Menschenfrau. Mira Shepard seufzte, sah dann aber ein, dass sie wohl nur Informationen bekommen würde, wenn sie mitzog. Vorsichtig hob sie das kleine Glas vor ihre Augen, musterte es dennoch einige Sekunden lang und wog es in ihrer Hand hin und her. Dann jedoch zuckte die Rekrutin mit den Schultern und leerte ihr Glas mit einem schnellen Zug. Nachdem auch sie sich aufgrund des bitteren Nachgeschmacks schütteln musste, wurde ihr klar, dass etwas nicht stimmte. Jeder Zentimeter ihrer Haut, der mit dem Alkohol in Berührung kam schien wie Höllenfeuer zu brennen, während ein krampfartiger Husten ihr den Atem nahm. In den hellblauen Augen der Menschenfrau begannen sich Tränen zu sammeln und ihr wurde schlecht. Fast schien es, als beginne ihr Magensaft zu kochen. Der flackernde Raum des Black Stars verschwamm vor ihren Augen und Mira spürte, wie ihre Lider immer schwerer wurden und ein heftiger Schmerz durch ihren Körper fuhr. Mit einem stummen Aufschrei sackte die junge Frau bewusstlos auf dem Tisch zusammen. Zufrieden lächelnd lehnte sich Firia M’arona zurück und schlug die Beine über. Der Turianer Kellner, der das gesamte Geschehen interessiert beobachtet hatte, kam zu der schönen Asari hinüber geeilt und beugte sich zu ihr hinab. „War alles zu Ihrer Zufriedenheit, Madame?“, flüsterte der Barmann mit einem selbstgefälligen Lächeln. „Absolut.“, antworte Firia in einem ruhigen Ton und warf Shepard einen abschätzenden Blick zu. „Sie ist aber nicht tot oder? Ich kann nicht noch mehr Blut an meinen Händen gebrauchen.“ „Aber nein. Nur für die nächsten Stunden bewusstlos.“, versicherte der Turianer umgehend. Die Asari lächelte und legte eine Hand auf dem Arm des Kellners und lächelte ihn dankbar an. „Sehr gut. Ich danke Ihnen für ihre so hervorragende Hilfe.“ „Immer wieder gerne.“ „Könnten Sie nun vielleicht dafür sorgen, dass Niemand etwas von diesem Vorfall erfährt. Das würde meinen Ruf schaden.“ „Selbstverständlich.“ Der Kellner wandte sich zu einer der Türen des Nachtklubes um und gab einen Kroganer, der bisher sichtbar desinteressiert Wand er Wand gelehnt hatte, einen stummen Wink. Offensichtlich war diese Wendung des Gesprächs zwischen Mira und Firia von Anfang an geplant gewesen, denn sofort kam der massige Krieger herbei, schnappte sich den schlaffen Körper der jungen Frau und trug sie aus dem Tanzsaal. „Es tut mir leid, Rookie Shepard, aber ich kann nicht zulassen, dass Sie meinen Auftrag vereiteln.“, hauchte Firia, als sie beobachtete, wie der Kroganer sie wegbrachte. Wahrscheinlich würde er die Rekrutin an baterianische Sklavenhändler verkaufen. Keiner der Anwesenden Personen des Black Stars bemerkte, dass in ihrer Mitte ein Giftanschlag und eine Entführung stattgefunden hatten. Weder die geschäftigen Salarianer, noch die anderen tanzenden Asarinnen oder die schwatzenden Menschen hätten sich gar an Mira oder Firia erinnern können, wenn man sie danach gefragt hätte. So war das Universum nun mal. Die gab es in dieser Gegend nur zu Genüge. Ein dunkler, kalter Ort an dem nur das eigene Überleben zählte. Korruption, Erpressung und Heuchelei waren noch die kleinen Bagatellen mit denen sich C-Sec und all die anderen „juristischen“ Einrichtungen der verschiedenen Planeten befassen mussten. Alles war wie ein Schwarzes Loch, das die Erinnerungen und Wahrnehmungen einer einzelnen Person verschluckte, so als hätte sie nie existiert. Dies war einer der Grunde warum Sklavenhändler in den verschiedenen Nebeln der Galaxie so leichtes Spiel hatte. Einfach Niemand erinnerte sich an wen anders. ~So würde Mira auch niemals erfahren, dass sie genau auf der richtigen Spur gewesen war. Gut eine halbe Stunde, und 2 weitere Drinks für Firia, später löste sich eine Schattengestalt aus der Masse der Lebewesen. Ein Drell mit giftgrüner Haut und großen, aber gleichzeitig leeren Augen, ließ sich geräuschlos auf den Stuhl fallen, auf dem bis vor wenigen Minuten noch Mira Shepard gesessen hatte. Dass dieser noch warm war, interessierte Thane Krios nicht. Für ihn zählte nur der Auftrag, den es auszuführen galt. Firia lächelte den baldigen Mörder ihres Liebhabers an und lehnte ihren Kopf auf die Hände. Thane jedoch beachtete sie nicht wirklich- genauso wenig wie die beiden von den restlichen Anwesenden beachtet wurden. „Wie gut, dass Sie es einrichten konnten, Krios. Ich bin wirklich...“, setzte die Asari an, wurde jedoch von dem Drell, welcher einen schwarzen Ledermantel trug, jäh unterbrochen. „Sagen Sie mir einfach was mein Auftrag ist, damit ich es hinter mich bringen kann.“ „Oh ääh...“ Firia war kurz aus dem Konzept wegen dem Desinteresse Thanes, schob es dann jedoch auf die Abgestumpftheit, die die vielen Jahre in diesem Beruf wohl mit sich brachten. „...natürlich. Ihr Ziel ist mein Liebhaber. Er hat damit gedroht mich an meinen Ehemann zu verraten, wenn ich diesen nicht ver...“ „Details interessieren mich nicht.“, wandte Thane mit monotoner, rauer Stimme, die aus einer anderen Spähre zu stammen schien, ein. Seine schwarzen Augen fixierten Firia kalt und für einen kurzen Moment schien er über die Asari zu richten, bevor sein Blick wieder in die Leere seines Attentäterdaseins verschwand. „Sagen Sie mir einfach, wo er zu finden ist.“ Firia musste sich eingestehen, dass der berüchtigte Thane Krios ganz anders war, als sie ihn sich vorgestellt hatte. Als sie die Gerüchte vernahm, was dieser Drell bereits alles geleistet hatte, hätte sie gedacht auf einen listigen, durchtriebenen Attentäter zu treffen, der es liebte seine Opfer aus dem Hinterhalt zu töten, doch der Thane, der ihr nun gegenüber saß, schien in einer fast schon blasphemischen Monotonie gefangen zu sein. Aber vielleicht machte eben dieser Unterschied seine Sorgfältigkeit und überragende Statistik aus. Bisher war noch keines seiner Opfer ihm entkommen und es gab nie Zeugen, sodass nur Gerüchte von seinen Taten existierten. Fast schien es, als würde Thane gar nicht existieren. Er erschien wie ein Nebel, der sich dann verfestigte, wenn man einen Attentäter benötigte und dann auf der Stelle verschwand. Schnell schüttelte die Asari ihren Kopf. Der Job musste schnell erledigt werden, bevor ihr Ehemann von ihrer Affäre erfuhr. „Sie finden ihn unten im Industriebezirk. Er will sich dort mit meinem Ehemann treffen.“, erklärte sie deshalb rasch. Thane nickte verstehen und schloss die Augen. Firia drehte sich nur für einen kurzen Augenblick zum Kellner um, um einen Drink für sich und Krios zu bestellem, damit sie auf den Auftrag anstoßen konnten, doch als sie sich wieder herum drehte, war der Drell bereits verschwunden. Nichts deutete darauf hin, dass ihr vor wenigen Sekunden noch Jemand gesessen hatten. Fast so, als hätte Thane niemals existiert.~ ~ Oh believe me when I tell you That life ain't but a sin Too many walls without Too many walls within So walk with me through the valley of (hope) Don't forget your love Don't forget your soul Forgive Forget- Caligola Kapitel 2: Sklavenhändler ------------------------- 2. Kapitel: Sklavenhändler Mira wusste nicht wie lange sie in der endlosen Finsternis getrieben war, die das Gift hervorgerufen hatte, doch nun spürte sie, wie ihre Sinne so langsam zurückkehrten. Hinter ihrer Schläfe hämmerte es zwar noch immer unerträglich, doch so langsam kamen ihre Gedanken wieder in Gang. Was war geschehen? Vorsichtig streckte sie ihre Gedanken zu dem jüngst Geschehen aus, versuchte verzweifelt sich zu erinnern, was passiert war, doch sobald ihre Gedanken dort ankamen, war es als würde sie auf eine Barriere stoßen. Stattdessen wurden die Kopfschmerzen nur noch stärker. Verdammt! Was hatte dieses Miststück von Asari ihr bloß verabreicht? Instinktiv wollte Mira Shepard sich an den Kopf fassen, doch dann spürte sie, wie sie etwas hinderte. Irritiert ruckte die junge Frau mit ihren Armen und da war es wieder. Etwas schnitt unsanft in ihre Handgelenke und sie ließ ein kehliges Knurren hören. Mistkerle! Hatte man sie doch glatt gefesselt, das gab es doch nicht. Mira blinzelte und versuchte die verschwommenen Umrisse vor ihren Augen, die zu wabern schienen, wieder eine feste Kontur zu geben. Es dauerte einige Momente, doch dann stellte die Rekrutin fest, dass sie sich in einen einfachen Lagerraum befand. In den beiden Ecken, die sie von ihrer Position einsehen konnte, befanden sich bloß einige Stapel leerer Kisten. Wieder ruckte sie an ihren Fesseln in der Hoffnung, dass sie sich lösen würden, doch als es ihr nicht gelang, grummelte sie frustriert. „Hör damit auf, Mensch!“, knurrte eine tiefe Stimme in ihrem Nacken voller Verachtung. Blitzartig fuhr Mira Shepard herum und zischte, als sich wieder das raue Seil in ihre Haut schnitt. Ein einfaches Seil und das im hochtechnisierten 22. Jahrhundert. Wie glorreich. Ihre Augen wurden schmal und dann erkannte sie endlich den Ursprung dieser vor Abscheu triefenden Stimme. In der hintersten Ecke stand ein mächtiger Kroganer. Nicht dass Kroganer jemals schmächtig aussahen, doch dieser war selbst für seines Gleichen gewaltig. Mit großen Augen betrachtete Mira den Alien, der sich grummelnd vor ihr aufbaute. Mit einem spöttischen Blick sah er auf den für ihn schmächtigen Körper der Frau hinab. „Wenn du schön brav bist, muss ich dir nicht alle Knochen brechen.“ „Halt’s Maul und lass mich gehen, sonst wirst du es bitter bereuen!“, bellte Shepard und fixierte den Kroganer mit festem Blick. Dieser knurrte warnend und verzog sein Maul dann zu einem spöttischen Grinsen. „Falls du es vergessen hast, Mensch...du bist an den Stuhl gefesselt.“ Da hatte er leider nicht ganz Unrecht. Die beste Ausgangsposition hatte Mira nicht. Unauffällig spähte Shepard umher, um irgendetwas zu finden, was sie zu ihrem Vorteil nutzen konnte. Leider musste sie sich nach wenigen Augenblicken aber eingestehen, dass der Kroganer gute Arbeit geleistet hatte. Auf dem ersten Blick erkannte sie nichts, was ihr zur Flucht verhelfen könnte. Verdammt! „Was hast du denn mit mir vor, du Mistkerl?“, knurrte sie verachtend. Shepard hasste es in die Ecke gedrängt zu werden und vor allem hasste sie das Gefühl der Hilflosigkeit. Beide Gefühle kombinierten sich gerade in ihren Körper und ließen sie aggressiv werden- wie ein hungriger Wolf, der von einem größeren Raubtier bedroht wurde. Wie herrlich, dieser Vergleich doch passte, dachte sie sarkastisch und fixierte direkt wieder den Kroganer vor ihr. Dieser hatte seinen großen Mund zu einem Grinsen verzogen und Shepard fiel auf, wie er sie von oben bis unten musterte. „Oh, die Baterianer werden mit meinem Fang zufrieden sein.“, sprach er mehr zu sich selbst, als zu Shepard, während er um sie herum ging. Mira hingegen knurrte erneut und verfolgte jeden seiner Schritte soweit es ihr möglich war. Ihr Herz begann zu rasen und die Situation war ihr nicht geheuer, doch sie kämpfte ihrer Verzweiflung herunter, denn nur mit Ruhe konnte sie einen Ausweg finden, das wusste sie. „Oh man...ich hätte nie gedacht, dass ich mal als Sklavenopfer ende. Höchstens als tote Leiche irgendwo in der hintersten Ecke...weil ich am falschen Ort zur falschen Zeit war, aber das.“, seufzte Mira theatralisch, versuchte jedoch nur den Koloss von Krieger von ihr abzulenken. Insgeheim erhoffte die Rekrutin sich so einen Vorteil rauszuholen. Ihr Wächter war für einen kurzen Blick irritiert, konnte sich dann aber ein kurzes, kehliges Lachen nicht verkneifen. Einige Momente später stand er dann wieder vor ihr, stemmte seine Hände gegen seine Hüften und starrte Mira an. „Was?“ „Ein reicher Baterianer wird sicher viel bezahlen für seinen persönlichen Menschen. Gerade für so einen widerspenstigen.“ Da fiel ihr plötzlich die gesamte Tragweite der Situation wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Baterianer hassten Menschen seit dem Krieg, als Menschen begannen den Weltraum zu besiedeln und ein Gebiet zugesprochen bekommen hatten, das ursprünglich ihnen gehört hatte. Ein eiskalter Schauer jagte ihren Rücken hinab, als ihr klar wurde, wofür ein reicher Baterianer einen Menschensklaven sagte. Als Sündenbock! Nein, so durfte es nicht enden. Ihr Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Es musste doch einen Ausweg geben. „Jetzt hast du es verstanden.“, grinste der Kroganer und schlug seine Fäuste gegeneinander. Eine Geste, die diese Alienrasse gerne machte, wenn sie zufrieden war. „Du wirst mir eine Menge Geld einbringen.“ Shepard kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und tiefe Furchen durchzogen ihre Stirn. Genau in dem Moment, als sie ihm die Leviten lesen wollte, öffnete sich die einzige Tür in diesen kleinen Raum und eine Gruppe aus ungefähr vier mittelschwer bewaffneten Baterianern betrat den Raum. Irritiert von dem Versteck, blieben sie kurz in dem Türrahmen stehen und sahen sich um, doch dann fiel der Blick des, so vermutete Mira zumindest, Anführers auf sie und er stieß seinen Kameraden an, murmelte etwas und ging dann auf den Kroganer zu. Dieser nickte kurz grüßend und verschwand dann hinter Shepards Rücken um sie loszubinden. Mira holte tief Luft und spannte ihre Muskeln. Das war ihre Chance! Nun musste sie das Wissen anwenden, was sie im Training und Simulationen erarbeitet hatte. Es war ihre Chance sich zu beweisen. Wenige Augenblicke später, stellte die Menschenfrau erleichtert fest, wie der Druck an ihren Handgelenkten schwand. Jedoch, bevor sie ihre Hände benutzen konnte, hatte der Kroganer sie schmerzhaft fest an den Handgelenken gepackt. Kurz kniff sie die Augen zusammen und holte dann tief Luft. Mit seiner geballten Kraft drängte der Kroganer sie voran, seine Pistole warnend in ihren Nacken gerichtet. Mira knurrte wütend. Kurz vor den Baterianern blieb der Kroganer stehen. Er blickte seine Klienten ernst an, seine kleine Augen misstrauisch verengt. „Hiermit übergebe ich euch, eure Ware.“ „Nicht in diesem Leben, Kroganer.“, bellte Shepard. Nun hieß es nur noch Augen zu und durch. Mira wirbelte herum und ein kräftiger, wohlplatzierter Tritt krachte augenblicklich gegen das Kinn des Kroganers. Stöhnend taumelte der Krieger einige Meter zurück. Mira achtete nicht darauf. Sofort, nachdem der Kroganer ihre Hände losgelassen hatte, sprang sie hinter einen Stapel von Kisten. Gerade im aller Letzen Augenblick, denn als Mira hinter ihrer Deckung landete, hörte sie das Klacken von sich entsicherten Pistolen und das Geräusch der abfeuernden Projektilen brannte wie eine Feuer in ihren Ohren. Doch darum durfte sie sich jetzt nicht kümmern und so zwang sie die Erinnerungen an ihrer Vergangenheit hinunter, die aus ihrem Unterbewusstsein wieder hervordrangen. Der Anblick der baterianischen Sklavenhändler ließen sie wieder an den Angriff eben solcher auf ihre Kolonie denken, bei dem ihre Eltern ums Leben kamen. Gerade deshalb musste sie entkommen. Sie hatte es nicht damals geschafft zu fliehen um jetzt doch von diesen Aliens verschleppt zu werden. Mira fuhr zu ihrem linken Arm und ignorierte, dass die Baterianer ihr Versteck zu umstellen begannen, und aktivierte ihr Universalwerkzeug. Es beruhigte sie, als sie das vertraute orangene Leuchten sah und schnell gab sie die entsprechenden Befehle ein um ihre Sturmpanzerung zu aktivieren. Einmal fuhr die Rekrutin über ihren Körper hinab und eine ebenfalls in diesem vertrauten Licht strahlende Rüstung legte sich um ihren Körper. Tief Luft holend sammelte die Menschenfrau ihre Kraft und Konzentration und spähte um die Ecke. Die Salarianer hatten bereits einiges der Strecke zu ihrem Versteck überwunden und Mira war bewusst, dass eine Flucht schwierig werden würde- vor allem ohne eigene Waffe. Da glitt ihr Blick zu dem benommen Kroganer und nicht unweit von ihm...seiner M4 Loctus. Perfekt! Auch wenn so eine leichte Waffe ungewöhnlich für einen Kroganer war, so war es doch genau der Waffentyp mit dem sie am besten umgehen konnte. Ohne weiter nachzudenken stürmte Mira Shepard aus ihren Versteck und steuerte- im Vertrauen darauf, dass sie schnell genug und ihre Rüstung stark genug war- direkt auf die Waffe zu. Einer der vier Baterianer stürmte auf sie zu, doch Mira hatte nicht vor sich so einfach einfangen zu lassen. Sie ließ sich zu Boden fallen und rutschte die letzten Meter zum Kroganer über den Boden. Blitzschnell schnappte sie sich die Loctus und den auf sie zustürmenden Baterianer zeigte sie mit einem kräftigen Warp die Tür. Der Sklavenhändler gab ein irritiertes Geräusch von sich, als er durch die Luft flog und gegen die nächst gelegene Wand krachte. Dass er an ihr bewusstlos hinab rutschte, bekam Shepard schon gar nicht mehr mit, denn sie hatte sich bereits hinter einen weiteren Stapel Kisten verschanzt. Die Baterianer riefen sich Befehle zu, doch Mira Shepard achtete nicht darauf. Keuchend drückte sie sich gegen die stabilen Kisten und rang nach Luft. Das Adrenalin raste durch ihren Körper und das Blut rauschte in ihren Ohren. Für einige Augenblicke hatte sie das Gefühl, dass ihr Herz herausspringen würde, so stark wie es gegen ihre Brust hämmerte. Einige Momente schloss sie ihre blauen Augen um sich zu beruhigen. Die Realität war doch um einiges härter als die Simulationen. Hier ging es um ihr Leben und selbst wenn die Schulungsprogramme der C-Sec als die Besten galten, so waren das vor ihr noch immer organische Lebewesen, die teilweise anders reagierten, als ein Computerprogramm es berechnete. Und vor allem: ein Computerprogramm konnte man neustarten falls man starb. Nein! Sie durfte nicht nervös werden. Shepard zwang sich zur Ruhe. Die M4 Loctus schussbereit in der Hand schlich Shepard zur Kante ihres Verstecks und spähte herum. Ein Baterianer stand nur gut zwei Meter von ihr entfernt und sah sie direkt aus seinen vier Augen an. Ein zufriedenes Grinsen legte sich auf sein Gesicht. Nun saß ihre hübsche Gefangene in der Falle. Doch anstatt dass seine Vorstellung wahr wurde, zeichnete sich nun auf Miras Gesicht ein Grinsen ab. „Tut mir leid, aber du stehst mir im Weg.“ Damit feuerte sie ihre Pistole ab noch bevor der Baterianer überhaupt einen Gedanken fassen konnte. Jedoch wollte sie niemanden töten, also hatte sie bloß dafür gesorgt, dass er sich nicht mehr so schnell bewegen konnte. Es dauerte einige Momente, bis er realisierte, dass er ins Bein getroffen worden war. Als ihm jedoch das Bein plötzlich wegsackte, stöhnte er gequält auf. Mira seufzte und bemerkte zu spät, dass der Kroganer wieder zu sich kam. Der Koloss brummte genervt und stand dann auf. Mira bemerkte nichts von der drohenden Gefahr neben ihr, denn sie war zu sehr auf die beiden letzten Baterianer fokussiert. Völlig unerwartet durchfuhr ein stechender Schmerz ihre Seite und nun flog sie gegen die nächste Wand. Shepard schrie vor Schmerz unwillkürlich auf und ihr Gesichtsfeld schien in einem Meer aus Flammen zu explodieren. Ein gepeinigtes Stöhnen entwich ihr, während sie an der Wand zusammensackte. Das letzte was sie sah, bevor ihr schwarz vor Augen wurde, war, wie der Kroganer siegessicher seine Fäuste zusammenschlug und auf sie zu ging, von den beiden Baterianer flankiert. Dann versank Mira in der Tiefe der Bewusstlosigkeit. ~Der Kroganer und vor allem die Baterianer waren froh, dass sie dieses störrische Weib endlich wieder unter Kontrolle gebracht hatten. Kurz hatten sie daran geglaubt, dass das Geschäft platzen würde. Dass es sich hier um so eine fähige Kämpferin handelte, hatte Niemand der Anwesenden vermutet. Am Ende war ihr jedoch ihre Unvorsichtigkeit zum Verhängnis geworden. Die Sklavenhändler brummten sich zufrieden zu. An sich war es für sie ein Vorteil. Könnten sie die Frau lange genug unter Kontrolle halten bis sie auf ihrer Heimatwelt ankamen, so würde ihre Aufmüpfigkeit ihnen einen noch größeren Gewinn bescheren. Keiner von ihnen ahnte, dass ihr Untergang bereits auf der Fassade eines Gebäudes saß und sie beobachtete. Thane Krios saß auf der Fassade eines gegenübergelegenen Gebäudes und beobachtete das Geschehen der Lagerhalle schon seit der Baterianer aus dem Lagerraum beinahe vor seinen Füßen gelandet war. Eigentlich hatte er das ignorieren wollen, schließlich waren Prügeleinen auf der Citadell nichts Ungewöhnliches, doch etwas tief in ihm hatte den Drell innehalten lassen. Nun saß er schon einige Zeit in dieser kalten Nacht auf dem Sims und beobachtete den Überlebenskampf von Mira Shepard. Thane musste zugeben, dass diese Erdenfrau nicht schlecht war. Auch wenn sie einige Anfängerfehler machte-so zum Beispiel den Kroganer zu vergessen- konnte der Attentäter nicht leugnen, dass die Frau großes Potential besaß und vor allem konnte er den Mut und die Entschlossenheit in ihren Augen sehen. Fast so wie Irikah... Vielleicht war das der Grund, warum Thane nicht gehen konnte, obwohl dies eigentlich sein Plan gewesen war. Als er sah wie eine Frau sich gegen vier Baterianer und einen Kroganer stellte, wild entschlossen ihr Leben zu verteidigen, schien etwas in ihm bewegt zu sein. Langsam glitt er von der Fassade hinab und bewegte sich lautlos durch die Menschenmasse. Entgegen all seiner sonstigen Verhaltensweisen, hatte er beschlossen der ihm unbekannten Frau zu helfen, denn die Aliens waren gerade dabei sie zu verschleppen. Für diese Fremde war er bereit sich die Schuld für fünf Morde aufzulasten, denn diese beging er bewusst und nicht als- wie bei seinen Attentaten- eine Waffe seiner Auftraggeber, die sich führen ließ. Thane beschloss bewusst, diese Wesen zu töten und trug somit auch die Verantwortung. Das war die Mentalität der Drell. Schließlich erreichte Krios die Tür und trat, ohne von Jemand der Anwesenden bemerkt zu werden, ein. Seine M4 Loctus lag griffbereit in seiner Hand. Die drei unverletzten Baterianer wuselten durch den Lagerraum und sammelten verstreute Datenpads ein, während der Kroganer dabei war Mira hochzuheben. Als einer der Baterianer aufstand und sich umdrehte und dabei Thane erblickte, war sein Tod bereits besiegelt. Thane stand schneller neben ihn als er Blinzeln konnte, hielt ihm den Lauf seiner Pistole an den Kopf und drückte ab. Der Baterianer riss entsetzt die Augen auf und sank zusammen, während seine Augen sich verdrehten. Von dem qualvollen Todesseufzer seines Kameraden alarmiert, fuhr der zweie Baterianer herum, doch ehe er sich versah, hatte auch er eine Kugel im Kopf. Thane glitt lautlos an der an der Wand entlang, trat hinter den vorletzten Baterianer, der zu beschäftigt mit einem Datenpad war, als dass er den Tod seiner Gefährten mitbekommen hätte. Noch bevor er überhaupt realisierte, dass einer hinter ihm stand, hatte der Drell ihm bereits das Genick gebrochen. Gurgelnd sank er zu Boden, wo er leblos liegen blieb. Thane sah sich um. Der bullige Kroganer hockte vor der bewusstlosen Mira und schien zu überprüfen, ob er sie nicht aus Versehen getötet hatte. Er brummelte und knurrte etwas von wegen „schwächliche Menschen“. Thane sah sich um. Waren es nicht ursprünglich vier Baterianer gewesen? Irriteriert ging Thane einen Schritt zurück um sich einen Überblick zu verschaffen. Da hörte er ein Zischen rechts neben sich. Sofort richtete der Drell seine Waffe dorthin und sah, wie der letzte Baterianer sich auf dem Boden vor Schmerzen krümmte. Verzweifelt hatte er sein Bein angezogen und fummelte an dem Loch in seiner Panzerung herum, fast so als versuche er ein Projektil aus seinem Schienbein zu bekommen. Offensichtlich hatte die Frau einen ordentlichen Treffer gelandet. Beine waren wirklich schwer zu treffen- dies wusste Thane aus seiner langwierigen Erfahrung. Auch wenn er immer seine Opfer möglichst schnell und schmerzlos tötete, so hatte er so manches Mal keine andere Wahl gehabt als zu solchen Mitteln zu greifen. „So eine verdammte Scheiße“, fluchte der Baterianer und stieß einiges Unverständliches in seiner Muttersprache aus. Thane vermutete weitere Flüche bei denen es auch ganz gut war, dass er sie nicht verstand. Langsam, fließend, wie eine ruhige Welle, glitt der Attentäter zu dem sich quälenden Alien und hockte sich über ihn. Den kalten Lauf der Loctus an seiner Schläfe spürend, sah der Baterianer auf, seine vier wimpernlosen Augen blickten entsetzt zu dem Drell auf. Der Mund klappte auf um einen entsetzten Laut von sich zu geben, doch noch bevor dieser hinauskam, schoss Thane ihn in den Kopf, während er leise „Schlafe friedlich“ flüsterte. Das Blut spritze wie ein kleiner roter Strom auf den Boden, dann war auch dieser Sklavenhändler von der Welt geschieden. Ruhig stand Thane auf und schloss, nachdem er sich versichert hatte, dass der Kroganer ihn noch nicht bemerkt hatte, die Augen um für die vier ermordeten Sklavenhändler zu beten. So tat er es bei jedem seiner Opfer- egal ob Auftrag oder nicht. Mögen ihre Seelen Vergebung finden und auch seine eigene. Nachdem er seine stumme Botschaft an die Göttin Arashu beendet hatte, holte er tief Luft und ging zu dem Kroganer, wobei er perfekt mit den Schatten verschmolz. Gerade als der Attentäter eine Schwäche in der Panzerung des Kroganers nutzen wollte um ihn zu den Göttern zu bringen, grunzte dieser erbost auf. Schneller als Thane es von Vertretern der Kroganer gewohnt war, wirbelte der massive Krieger herum und sein mächtiger Arm schnellte zu einem unheilvollen Schlag herab. Obwohl der Drell über äußerst feine Sinne verfügte und sein Unterbewusstsein ihn instinktiv im Kampf lenkte, gelang es Thane erst im letzten Augenblick dem Schlag auszuweichen. Geschickt tänzelte er zur Seite und verharrte dann ruhig. Offensichtlich hatte er den gut zwei Meter großen Hünen unterschätzt. Wie konnte ihm nur so ein Anfängerfehler passieren? Nun befand sich Thane in einer Situation, in der er sich sonst selten befand. Ein offener Kampf. Zu diesem Zeitpunkt waren seine Opfer meist bereits tot. Der Kroganer jedoch knurrte kampfbereit und schlug immer wieder die Fäuste gegeneinander bis es dem Rhythmus alter Kriegstrommeln glich. Seine Augen beobachteten den Feind genau, warteten auf einen weiteren Angriff, doch Thane Krios bewegte sich nicht. Auch wenn er im Verhältnis zu seinen Attentaten nur wenige offene Kämpfe bestritten hatte, so war er nicht unerfahren. Thane wusste, dass eine Bewegung- und mag sie auch noch so klein sein- eine zu viel sein konnte. Doch anstatt ihn anzugreifen, löste sich der Kroganer plötzlich aus seiner Kampfhaltung und richtete sich auf. Thane betrachtete ihn irritiert, ließ sich jedoch nicht zu einer unüberlegten Handlung hinreißen. „Glaubst du ernsthaft, ich hätte dich nicht bemerkt, Drell?“, knurrte der Kroganer abschätzig und beobachtete ihn misstrauisch. Thane hingegen blieb ruhig. Locker verschränkte er die Arme vor der Brust, seine Loctus dennoch stets bereit zum Schießen. „Um ehrlich zu sein: Nein. Drei sterbende Baterianer sind wahrlich schwer zu überhören und ihr Kroganer riecht doch jeden Kampf drei Kilometer gegen den Wind.“ Noch immer blieb der Attentäter völlig ruhig, auch wenn er von der Erfahrung her dem Söldner sicherlich unterlegen ist. Nachdenklich beobachtete der den Kroganer und wartete ab, was geschehen würde. „Wenigstens einer der unsere Rasse kennt. Wenn du mich nun entschuldigst, Drell, ich muss diese Menschenfrau noch abliefern.“ Der Kroganer wollte sich gerade umdrehen, als das Klacken vernahm, als Thane seine Waffe entsicherte. Langsam drehte der Söldner seinen Kopf um und sah den Attentäter wütend an. „Das lässt du schön bleiben. Ich habe etwas gegen Sklavenhändler. Also lass die Frau in Ruhe, in Ordnung?“ Ein eisiger Hauch schwang in der Stimme von Thane Krios mit, als er den Kroganer warnte. Normalerweise hätte jedes normale Lebewesen zu diesem Zeitpunkt schleunigst das Weite gesucht, selbst wenn sie Krios nicht kannten, denn in diesen Moment umgab ihm eine unheilvolle Aura, die in jedem Lebewesen den angeborenen Fluchtinstinkt weckte. Seine gelassene, ruhige Körperhaltung verstärkte dieses machtvolle Gefühl in der Luft nur. Bei jedem anderen hätte dies einschüchternd gewirkt, doch nicht bei einem Kroganer. Diese liebten den Kampf und scheuten keine Konfrontation. Der Kroganer schnaubte jedoch verächtlich und stürmte plötzlich auf den Drell zu. Thane trat einige Schritte zurück und verhinderte so, dass er von dem Gewicht des Aliens umgerissen wurde. Einige Millimeter vor Thane blieb der Söldner stehen und deutete warnend auf den Attentäter. „Misch dich nicht in fremde Angelegenheiten ein.“, erwiderte der Kroganer bedrohlich und hob drohend die Faust. Der Drell ließ sich jedoch nicht beeindrucken und trat auf den Entführer zu, seine Waffe ruhig auf die Kehle gerichtet. Skeptisch sah der Kroganer ihn an, rührte sich aber nicht. „Ich sag es nur noch einmal! Lass sie in Frieden oder ich sorge dafür, dass du keinen Schaden mehr anrichten kannst.“ Thane hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass seine Drohung bei dem Kroganer etwas bewirkte und damit hatte er Recht. Stattdessen lachte dieser auf und stürmte auf ihn zu. Der Boden vibrierte unter dem Gewicht des Söldners und die Wände warfen seine Macht wieder. Der Attentäter jedoch blieb ruhig stehen, verharrte völlig bewegungslos und wartete auf seine Chance. Immer näher und näher kam der Koloss eines Aliens und wollte den Attentäter wieder einmal mit seinem Gewicht umwerfen oder ihm einen gewaltigen Schlag verpassen, doch da hatte er Thane unterschätzt. Im letzten Moment warf sich Drell in einer geschmeidigen Bewegung zur Seite, sodass der Kroganer glatt an ihm vorbei lief. Dieser grunzte irritiert, konnte jedoch nicht rechtzeitig bremsen und rannte gegen die Wand. Ein lauter Knall durchfuhr den Raum und drängte sich in den Gehörgang von Thane, doch dieser schüttelte die betäubende Wirkung ab, denn er wollte diese Chance nicht ungenutzt lassen und sich auch Ammon Kiras Zorn nicht weiter zuziehen. Er sollte es schnell und mit möglichst wenig Leid zu Ende bringen. Schneller als einen Wimpernschlag befand der Drell sich neben seinen Gegner, duckte sich geschickt unter einem abwehrenden Schlag weg, sodass er sich nun direkt unter ihm befand. Der Kroganer beugte seinen kurzen Hals, sah überrascht zu ihm hinab, doch da war es schon zu spät. Thane Krios betätigte den Abzug seiner leichten Waffen und spürte den vertrauten Rückstoß, der dem Hinausjagen seiner Pistole folgte. Wie ein heller Blitz schoss das Projektil aus dem Lauf und bohrte sich in das weiche Fleisch seines Unterkiefers. Ein Knacken war zu hören, als der Knochen brach und der Kroganer entsetzt röchelte. Ein Schwall Spucke und Blut ergoss sich aus dem großen Maul. Die vorher voller Misstrauen und Selbstbewusstsein leuchtenden Augen verdrehten sich qualvoll, während der massige Körper erzitterte. Langsam schwand die Lebenskraft aus dem Körper des Kroganers, Thane konnte förmlich spüren wie sie aus ihm wich. „Das...wirst...du...“, gurgelte der Koloss noch, doch war er nicht mehr in der Lage diesen Satz zu beenden. Seine Zunge war von der Kugel ebenfalls durchbohrt worden. Nur wenige Augenblicke später brach der Kroganer zusammen und lag regungslos auf dem kalten Boden. „Möge Ammon Kira dir vergeben...“, flüsterte Thane mit seiner ruhigen Stimme und faltete die Hände des Kroganers zu einem letzten, stummen Gebet. Auch er selbst schloss die Augen und betete zu seinen Göttern, bat um die Vergebung seiner Sünden. Noch immer wusste er nicht genau, wieso er das überhaupt getan hatte, wieso er die Schuld von fünf Morden auf sich lud für eine Frau, die er noch nicht mal kannte, doch sein Unterbewusstsein hatte ihn dazu getrieben. Um das warum musste er sich später kümmern. Nun trieb ihn die Sorge. Thane hatte nicht sehen können, was genau mit der Menschenfrau geschehen war. Er hatte nur gesehen wie sie plötzlich aus seinem Sichtfeld geschleudert wurde. Die Ungewissheit, ob sie überhaupt noch am Leben war, oder ob der Schlag des Kroganers sie getötet hatte, raubten Thane seine sonst so klaren Gedanken. Sofort nachdem er sein Gebet an den Herrn der Jäger beendet hatte, hockte er sich zu dem regungslosen Körper der braunhaarigen Frau. Vorsichtig, behutsam legte er seine schlanken Finger an ihren Hals und schloss die Augen um zu lauschen. Einige Momente verharrte der Drell regungslos, wartete, hoffte um dann wenige Augenblicke später einen Pulsschlag unter seinen Fingerkuppen zu spüren. Erleichtert atmete Thane aus und für einen kurzen Augenblick erlaubte er sich sogar ein kleines Lächeln. Er hatte diese Taten also nicht umsonst getan. Dieser jungen Frau hatte er ein Leben voller Leid erspart. Diese Gewissheit gab seinem Inneren wenigstens etwas Ruhe. Vorsichtshalber hielt er auch nochmal seine Handinnenfläche unter ihre Nase und spürte sofort den kitzelnden Hauch ihres Atems. Sie lebte! Nun war er sich sicher. Kurz betrachtete er die junge Frau und strich ihr eine Haarsträhne hinter die Ohren, beschloss dann aber, dass es an der Zeit war die C-Sec zu rufen, die sich um alles weitere kümmern würde. Bis die Sicherheitsleute hier auftauchen würden, wäre er schon längst verschwunden. //Mach es gut. Ich hoffe dein Weg wird nun besser, als der hinter dir liegende.//, sprach er stumm zu der Geretteten, bevor er das Lagerhaus verließ. Draußen angekommen, lehnte sich Thane kurz an die Wand, schloss die Augen und holte tief Luft um sich zu erholen. Ein kühler Wind strich über seine erhitzte Haut. Thane war geschafft. Diese Nacht war für ihn anstrengend gewesen, obwohl er schon so manche schwierige Missionen gehabt hatte. Sein Ziel war sehr gut bewacht gewesen, besser als die meisten seiner Opfer und die Sicherheitsvorkehrungen hatten ihm und seinem Körper alles abverlangt und das rächte sich nun. Plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung, riss ein mächtiger Hustenanfall die Kontrolle seines Körpers an sich und keiner bemerkte es. Niemand sah, wie sich der Körper des Drells unter dem Husten krümmte, doch Thane kannte es schon. Er musste nur abwarten und es über sich ergehen lassen, dann klang der Husten von alleine ab. Diese Anfälle kamen immer, wenn er sich zu sehr angestrengt hatte. Es war eine Last, die er mit sich trug, und die ihn eines Tages töten würde, aber das war nun mal sein Schicksal. Selbst als der Husten abgeklungen war, zitterte sein Körper noch immer und der Drell brauchte all seine Willenskraft um ihn wieder unter Kontrolle zu bringen. Noch war die Menschenfrau nicht in Sicherheit. Erst musste er noch dafür sorgen, sonst wären seine Morde umsonst gewesen. Thane öffnete wieder seine großen, schwarzen Augen und aktivierte sein Universalwerkzeug. Einige Momente zögerte er noch, sah dann aber ein, dass dies der einzige Weg war. Es dauerte nicht lang, dann hatte er den Standort anonym an der Citadell Sicherheit geschickt. Die würden sich um alles weiter kümmern, doch bis sie eintrafen, wäre er schon längst auf den Weg zu seinem nächsten Auftrag. Thane war schon gerade dabei sich auf den Weg zu den Terminals zu machen, als er inne hielt. Langsam drehte er seinen Kopf zu dem Lagerhaus um, dessen Tür noch immer offen stand und ein toter Baterianer auf der Türschwelle lag. Innerlich kämpfte der Drell mit sich, eigentlich musste er schnellst möglich von hier verschwinden, eine Begegnung mit der C-Sec könnte durchaus unangenehm werden, doch konnte er die junge Frau auch nicht so hilflos dort liegen lassen. Selbst auf der Citadell fallen fünf Leichen und eine ohnmächtige Frau irgendwann auf. Resigniert schüttelte der Drell den Kopf und ging zurück, verstaute die Leiche in dem Lagerhaus und verschloss die Tür mit Hilfe seines Universalwerkzeuges. Seine Hand verharrte noch einige, lang erscheinende Augenblicke auf der kalten Palladiumtür. Wieso kümmerte es ihn? Wieso war es ihn wichtig? Sonst war er immer so ruhig, mit sich in Reinem. Warum war er nun so aufgewühlt? Doch länger darüber nachdenken konnte er nicht, denn weit entfernt hörte er die Sirenen der Einsatzfahrzeuge der Citadell Sicherheit. Er musste hier weg und zwar auf der Stelle. Noch ein letztes Mal sah er zu der Tür, wünschte der Frau alles Glück und verschwand dann wie ein Schatten in der langsam dämmernden Nacht. Wie hätte Thane ahnen können, dass er damit der Frau geholfen hatte, die sein Leben noch vollkommen auf den Kopf stellen würde? ~ Was ist denn nur geschehen? Wie kann ich das denn überstehen? Wer mich fesseln will, ist am Start und nicht am Ziel. Ja, dieser Kampf ist noch nicht vorbei, nur wer sich wehrt, ist wirklich frei. Ich muss hier weg, ich will nach Haus. Ihr steht im Weg, doch ich weiß, ich komm raus. Ich gehör nur mir- Pur (Spirit der wilde Mustang) Kapitel 3: Unerwartete Hilfe ---------------------------- 3. Kapitel: Ein Plan muss her „Verdammt! Das darf doch alles nicht wahr sein!“, fluchte Mira und war beinahe geneigt das Datenpad, welches sie in der Hand hielt, quer durch ihr Zimmer zu werfen. Es war einfach zu frustrierend. Auf dem orange leuchtenden Display stand ein Einsatzbericht der die C-Sec heute Morgen erreicht hatte. Ein hochangesehener Turianer, irgendein Tier des Citadell Rates, war ermordet in seinem Apartment aufgefunden worden- getötet durch einen fein säuberlich ausgeführten Kopfschuss. Immer und immer wieder las Mira die Akte durch, doch es gab keinerlei Beweise- noch nicht mal Indizien- dafür, dass Thane Krios für diesen Mord verantwortlich war. Keine Fingerabdrücke, keine DNA, keine Einbruchsspuren. Gar nichts! Alles wäre völlig normal gewesen, wäre eben nicht jener Turianer tot in einer riesigen Lache Blut aufgefunden worden. Mira wusste jedoch, dass dies die Tat des Attentäters gewesen war, denn der Turianer war der Geliebte von Firia gewesen. Das war schon lange kein Geheimnis mehr, denn die Asari war beliebt auf der Citadell und vor allem eine listige Schlange wie Mira nun wusste. Schlussfolgerung: Mira hatte die richtige Spur verfolgt. Etwas, was sie nun besonders ärgerte. Verdammt! Wieso konnte nicht einmal was im Leben nach Plan verlaufen? Krios war wirklich gut, dass musste sie leider anerkennen. Sie seufzte und blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Langsam ließ Mira sich an die karge Wand am Kopfende ihres Stockbettes sinken und schloss die Augen. Als sie heute Morgen aufgewacht war, war sie direkt zum Präsidiumsleiter Pallin gerufen worden um zu erklären wie es passieren konnte, dass eine C-Sec Rekrutin nach einem anonymen Hinweis ohnmächtig in einer Lagerhalle, umringt von einem toten Kroganer und vier Baterianern, aufgefunden worden war- zumal die Tür verschlossen gewesen war. Mira hatte dieses Verhör gehasst, denn sie hatte auf diese Frage keine Antwort. Woher denn auch? Nach ihrem Wissensstand hatte sie keinen ihrer Entführer getötet, geschweige denn alle, doch sie musste auch ehrlich zugeben, dass ihr Gedächtnis in Bezug auf den gestrigen Abend doch sehr lückenhaft war. Wie sehr der Turianer sie doch mit seinem skeptischen Blick durchdrungen hatte. Miras angeknackstes Selbstbewusstsein hatte darunter nur noch mehr gelitten. Bei diesem Blick hatte sie keine andere Wahl als sich wie der absolute Loser zu fühlen. Wie sah das schließlich aus? Ein Rookie eingesperrt in einer Lagerhalle umgeben von Leichen. Ein gefundenes Fressen für die Presse und es warf auch viele unangenehme Fragen auf. Als Mira alles berichtet hatte- ja, sie hatte wirklich jedes peinliche Detail berichten müssen, sogar die Vergiftung- hatte ihr Chef gefragt wie sie denn mit ihrer Abschlussprüfung vorankäme. Oh wie gern hätte sie ihn in diesem Moment umgebracht. Der Leiter der Citadell Sicherheit konnte Mira nicht leiden, warum wusste sie selber nicht, doch es beruhte auf Gegenseitigkeit. Manchmal, so ganz im Stillen, wenn sie an sich zu zweifeln begann, kam in ihr der vage Verdacht, dass der Turianer ihr absichtlich Thane Krios zugewiesen hatte. Da er als berüchtigtster Attentäter galt, war es eigentlich so gut wie ausgeschlossen, dass ein Rookie in verhafteten konnte. Folglich würde Mira ihre Abschlussprüfung nicht bestehen und da die Losung der Verbrecher hinter verschlossenen Türen und somit für die Absolventen uneinsichtig stattfand, wäre eine solche Manipulation durchaus möglich. Noch einmal seufzte Shepard und öffnete wieder die Augen. Sie wüsste wirklich zu gerne was gestern Nacht geschehen war. Irgendwer musste sie gerettet haben, bloß wer? Und warum? Ein Mysterium, welches sie wahrscheinlich niemals ergründen würde und genau das frustrierte sie. Gähnend, streckte sie ihre müden Glieder aus und versuchte eine behaglichere Position zu finden. Um den Geliebten von Firia war es nun wirklich nicht schade. Wie die Untersuchung der C-Sec ergeben hatte, war dieser Turianer insgeheim ein Schmuggler einer äußerst gefährlichen Droge gewesen und somit auch etliche Beziehungen zum Blood Pack, Blue Suns und Eclipse geführt hatte. Egal wo ein krummes Ding in der Citadell am Laufen zu sein schien, hatte er wohl zumindest am Rande seine Finger im Spiel gehabt. Insofern- Mira zuckte beiläufig mit den Schultern- hätte es keinen Besseren treffen können, dennoch blieb diese wurmende Gefühl in ihrem Magen. Mira verbrachte noch einige Zeit damit das Datenpad zu studieren, legte es dann jedoch enttäuscht auf ihren Schoß. Sie fand schließlich sowieso nichts, was ihr weiterhalf. Gerade hatte sie beschlossen etwas zu dösen um ihren Kopf frei zu bekommen, als sie das Zischen der Hydraulikpumpe der Tür vernahm. Mit einem leichten Klacken schwang sie auf und Mira hörte wie jemand schnellen Schrittes eintrat. Müde öffnete die Rekrutin die Augen und sah bloß starke Beine in einer blauen Rüstung auf sie zu gehen. Sofort wusste sie, wer da in ihr Zimmer getreten war und als sie die Stimme hörte, wurde ihre Vermutung bestätigt. „Hey, Shepard! Na, was geht?“ Der Turianer lehnte sich grinsend gegen das Gestell ihres Stockbettes und sah Mira aus amüsiert blitzenden, blauen Augen an. „Garrus.“, antwortete Mira überrascht und sah ihn an. Garrus war ebenfalls ein angehender Absolvent und hatte das Oberbett inne, seit Mira ihre Ausbildung begonnen hatte. Die junge Rekrutin musste zugeben, dass der Turianer ihr von allen hier am sympathischsten war. Zwar war das Konkurrenzdenken in der Akademie groß, da nur die Besten die lukrative Posten bekamen, sodass Mira nicht wusste, ob man wirklich von Freundschaft reden konnte, doch Garrus war es gewesen, der in all der Zeit für die da gewesen war. Als Mensch hatte man es nicht leicht in der C-Sec- genauso wie im Rest des Universums. Erst vor 26 Jahren hatte ihre Spezies die Möglichkeiten des Masseneffektkerns und somit der Raumfahrt entdeckt und doch hatten die Menschen großen Einfluss in dieser Zeit gewonnen, was viele der „älteren“ Alien Spezies mit großer Besorgnis und Skepsis beobachteten. Sie glaubten, dass die Menschen zu ehrgeizig und skrupellos waren. Nun, vielleicht waren Menschen das aus ihrem Blickwinkel auch, doch Menschen hatten im Vergleich zu- beispielsweise- einer Asari, die gut 1000 Jahre alt werden konnte, ein sehr kurzes Leben und wollten deshalb schnell, viel erreichen. Aus dieser allgemeinen Skepsis ihrer Rasse gegenüber wuchs Missachtung wie der keimende Samen eines dunklen Baumes. Nur wenige Rekruten oder Angestellte der C-Sicherheit gehörten den Menschen an, wodurch Mira sich häufig Misstrauen und teilweise sogar Furcht gegenübersah. Garrus allerdings hatte sie von vornerein verteidigt und gegen die Steine bewahrt, die so manch anderer ihr in den Weg gelegt hatte. Dies tat er jedoch nicht auf diese Art und Weise, bei der Mira das Gefühl bekam, dass er es nur tat, weil sie zu schwach war, sich selbst zu verteidigen, sondern einfach, weil Garrus es für richtig erachtete. Es war die Art des Turianers. Seit ihrem ersten Tag, wo sie sich kennengelernt hatte, war er einfach mit einem Grinsen und einem flotten Spruch an ihrer Seite gewesen und hatte die harte Ausbildung doch um so manches erträglicher gemacht. „Shepard! Hörst du mir überhaupt zu? Shepard!“, durchfuhr Garrus genervte Stimme ihren Gedankengang. Irritiert sah Mira auf, blickte dann aber in das Grinsen auf dem Gesicht des Turianers und atmete erleichtert auf. „Und warum bist du heute so unglaublich gut gelaunt? Ist ja nerv tötend.“, konterte Shepard und schmunzelte ihn an. „Nicht schlecht. Da hast du mich wohl voll erwischt.“, lachte Garrus und ließ sich neben ihr aufs Bett fallen. Allerdings war sein Gewicht zu groß, sodass sein Schwung sich auf Mira übertrug und sie mit den Kopf gegen den Lattenrost von Garrus Bett knallte. „Autsch, man, Garrus! Wann lernst du es endlich?“, murrte Mira, während sie sich ihren pochenden Kopf rieb. „Entschuldige, Shepard. Ich habe mich noch immer nicht daran gewöhnt, wie federnd dein Bett ist.“, erwiderte Garrus halb entschuldigend, halb schmunzelnd. „Auf euren Betonpritschen kann ja auch keiner schlafen.“, erwiderte Shepard grinsend, was Garrus erneut Lachen ließ. Amüsiert betrachtete der Turianer sie von der Seite aus. „Ja, ja. Hack nur weiter auf uns rum. Heute kann mir nichts den Tag verderben.“ „Das habe ich bereits gemerkt. Wie kommt es?“ Garrus Grinsen wurde nur noch breiter, als er in eine Tasche, die um seine Panzerung geschnallt war, griff und eine Urkunde herausholte. Sie bestand tatsächlich aus Papier. Dieses wurde nur noch für besondere Anlässe verwendet, denn es war selten geworden. Stumm hielt der Turianer es Mira hin, welche bereits ahnte, worum es sich handelte. Zögernd nahm die junge Frau das Papier entgegen, öffnete das rote Band, was die Rolle zusammenhielt und las: „Mit dieser Urkunde bestätige ich, Exekutor Pallin, “- an dieser Stelle befand sich eine verschnörkelte Unterschrift-„dass Garrus Vakarian, Turianer, die Abschlussprüfung der Citadell Sicherheitsakademie bestanden und somit als vollständiges Mitglied seinen Dienst antreten kann. 14.2.2223- Standardjahre; Citadell“ Diese Nachricht traf Mira wie ein harter Schlag gegen den Kopf. Für einen kurzen Moment wurde ihr schwarz vor Augen. Es schien, als würde sie in dunkelste Schwärze fallen. Sie hatte zwar geahnt, dass Garrus schnell die Prüfung abschließen würde, denn er war intelligent und vermochte gut mit seinem Präzisionsgewehr umzugehen, es nun jedoch Schwarz auf Weiß zu lesen, erfüllte Mira mit einem bleiernen Gefühl der Depression. Sie fühlte sich nutzlos, wie ein Versager. Ihr angeknackstes Selbstbewusstsein hatte durch diese Nachricht einen großen Schaden erlitten, der ihr beinahe Schmerzen bereitete. Mit einem leeren Blick starrte sie auf das leicht flimmernde Datenpad. „Wow. Deine Freude ist ja schier überwältigend, Shepard.“, murrte der Garrus, nun doch sichtlich verstimmt. „Entschuldige, Garrus. So war es nicht gemeint. Ich freue mich für dich, wirklich. Herzlichen Glückwunsch. Wer war denn dein Verbrecher?“ Mira bemühte sich rasch um ein Lächeln, doch es wirkte eher steif und aufgesetzt. Der Turianer betrachtete sie skeptisch, beschloss aber den Hintergrund später zu erfragen. „Einen Baterianer, der einen ziemlich aggressiven Sklavenhandel betrieb.“ Shepard zuckte bei diesen Worten zusammen und einige Sekunden lang, flammten die schmerzhaften Erinnerungen vor ihren Augen auf. „Shepard?“ Garrus sah sie irritiert an, war ihm doch der Schrecken in ihrem Blick nicht entgangen, doch Mira schüttelte nur den schnell den Kopf um die Erinnerungen und die so aufbrennenden Fragen zu erlöschen. „Dann war es sicher nicht leicht an ihn heranzukommen. Baterianer sind vorsichtig. In seinem Versteck waren sicher viele Wachen. Eclipse nehme ich an?“, fragte die Rekrutin monoton; ihr Blick noch immer auf ihren Schoß gesenkt. Garrus bemerkt wie seine Kameradin etwas bedrückte, beinahe zu zerquetschen schien, doch sie hatte seine Frage vorhin bereits abgewehrt und er kannte Shepard gut genug um zu wissen, dass sie ihm nun antworten würde. „Nein, nicht wirklich. Ich habe ihn bei einem seiner Treffen mit Klienten abgefangen. Er wurde bloß von zwei weiteren Baterianern begleitet um nicht allzu sehr auf zu fallen. Seine Leibgarde habe ich ausgeschaltet und ihn durch einen Schuss ins Bein behindert, sodass ich ihn als ein hübsches Paket abliefern konnte.“ „Das ist toll, Garrus. Nun bist du also ein vollwertiges Mitglied.“ „Ja, das ist wirklich gut, aber nun mal zur Sache. Warum starrst du auf das Datenpad wie ein Varren auf Payjak Fleisch?“ „Und woher hast du schon wieder diesen Ausdruck?“, antworte Mira, während sie skeptisch eine Augenbraue hochhob. Garrus grinste erneut und seine blauen Augen blitzten hinter dem Visier auf. Er reagierte jedoch nicht auf ihren Einwurf, sondern fuhr ernst fort: „Was ist los? Du hast mit so einem leeren Blick auf das Datenpad gestarrt. Irgendetwas beschäftigt dich doch, Shepard.“ Die junge Frau seufzte ergeben. Voll erwischt. Wie immer konnte sie nichts vor Garrus verbergen. Die drei gemeinsamen Jahre hatten dafür gesorgt, dass der Turianer immer sah, wenn etwas seine Zimmerkameradin beschäftigte. „Ach...gar nichts...“, wehrte Mira Garrus Vorstoß ab und senkte den Blick wieder auf ihr Datenpad. „Shepard. Das kannst du mir nicht weiß machen.“ Garrus ließ ein missmutiges Knurren hören und fixierte Mira mit einem festen Blick. Blitzschnell hatte er sich das Datenpad aus ihren Schoß geangelt und sah es sich an, bevor Mira überhaupt realisierte, dass er sich bewegt hatte. Geschockt sah sie, wie der Turianer nachdenklich den Bericht las und seine Stirn kraus zog. Hastig lehnte Mira sich vor und versuchte ihrem Freund das Datenpad wieder abzunehmen. „Garrus! Gib es mir wieder! Das geht dich nichts an.“, rief sie empört, doch ihr Angriff war zu offensichtlich. Lässig lehnte Garrus sich zurück, sodass Mira quasi direkt auf seinem Schoß lag und zappelte wie ein gestrandeter Fisch. Der Anblick war wiederum so amüsant, dass sich der Turianer ein Grinsen nicht verkneifen konnte. „Nein.“, erwiderte er ruhig. „Erst, wenn ich weiß, was mit dir los ist. Du bist nicht du selbst.“ Ruhig las er den Einsatzbericht, während der mit einer Hand immer wieder die Rückeroberungsversuche von Mira abblockte. Indizien, Verdächte- die Rubrik war vollkommen leer- Spuren und Fotos des Tatorts und der Leiche. Alles war vollkommen. Schon zu normal. Keinerlei verdächtige Spuren. Garrus sah Mira irritiert an, als er das Lesen beendet hatte. „Seit wann interessierst du dich für einen turianischen Botschafter, Shep?“ „Tu ich nicht.“ „Ja klar. Das sah mir aber ganz anders aus. Du warst ja vollkommen hypnotisiert von diesem Datenpad.“ „Garrus...bitte zwing mich nicht es dir sagen zu müssen. Das bringt nur Probleme mit sich...“ Das stimmte wirklich. Es war den Rookies nicht erlaubt anderen von ihren Verbrechern zu erzählen es sei denn, die Prüfung war bereits bestanden. Das diente dazu, dass die Kombinierfähigkeit des einzelnen getestet werden sollte und so Hilfe untereinander unterbunden werden sollte- nicht, dass sie hier sonderlich verbreitet wäre. „Als ob mich mehr Probleme jemals interessiert hätten.“ „Du wirst nicht locker lassen. Habe ich Recht?“ „So sieht es aus.“ Mira seufzte auf und löste sich schließlich aus der Haltung, die ihre Käbbelei um das Pad herbeigeführt hatte. Mit verschränkten Armen ließ sie sich gegen die Wand sinken und sah Garrus abschätzend an. Dieser hielt ihrem herausfordernd Blick stand und reichte Mira ihre gesammelten Daten zurück. „Nun gut, Garrus. Ich werde es dir erzählen, aber sag später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“ „Ich habe es kapiert, Shep und nun lass dich nicht weiter bitten.“ Erneut seufzte die Auszubildende und sah sich rasch um, ob wirklich Niemand in Hörweite war. „Also gut. Ich sehe mir den Bericht des Tatorts an, weil ich vermute, dass mein Verbrecher diesen Mord begangen hat.“, erklärte Mira in ruhigen Ton und hielt ihren Blick unverwandt auf dem Turianer gerichtet. Dieser sah sie überrascht an und machte große Augen. „Sie lassen dich schon einen Mörder jagen?“ Er stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Nicht schlecht, Shepard. Ich wusste noch nicht einmal, dass Verbrecher der schweren Kategorie zugelost werden.“ Die Verbrecher wurden bei der C-Sec nach dem aktuellem Ermittlungsstand in vier Gruppen eingeteilt: Kleinkriminelle- zu denen Taschendiebe und minderschwere Verbrechen zählten- , Vagabunden beziehungsweise mittelschwere Verbrechensstufe zu der Schmuggler, Erpresser oder Sklavenhändler gezählt wurden; in die Kategorie der schweren Verbrecher gehörten Mörder, die bloß einmalig mordeten, Politerpresser, Sklavenhändlerorganisationen und Giftschmuggler und als letztes gab es noch die Gruppe der „Verbrecher, die im großem Maße der Allgemeinheit schaden“ was nichts anderes hieß, als: Serienmörder, Serienvergewaltiger, Bosse von Eclipse, Blue Suns oder Blood Pack oder ähnlichem. Also die übelsten der Üblen. Für die Absolventen wurden normalerweise Verbrecher der leichten und mittleren Kategorie „verlost“, sodass es durchaus verständlich war, dass Garrus überrascht war, dass Mira einen der schweren Kategorie zugeteilt bekommen hatte. Je nach Leistung innerhalb der Ausbildung wurde entschieden, welcher Rekrut für welchen Verbrecherkreis geeignet war. Bisher war aber kein Fall bekannt, wo ein Verbrecher der schweren Kategorie oder gar der üblen Kategorie zugeteilt worden war. „Pallin muss doch viel von dir halten, wenn er dich der schweren Kategorie zugeteilt hat.“ Bei diesem ehrlichen, beeindruckten Kommentar von Garrus, konnte Mira nicht anders, als hohl aufzulachen. „Wohl kaum, Garrus.“ „Wie meinst du das?“ „Ich vermute, dass mein Verbrecher in der höchsten Stufe ist. Ich habe Daten von mehreren Morden, die gleichermaßen unauffällig waren.“ „Was?“ Garrus sah sie entsetzt an. In seinen blauen Augen stand Besorgnis und Verwirrung. Irritiert drehte er sich noch ein wenig mehr zu ihr um und saß nun einmal quer auf dem Bett. „Wie kommst du denn auf diesen Unsinn? Niemand würde einem Rookie einen Oberklasse Schurken geben. Du musst dich irren, Shepard.“ Traurig senkte Mira den Kopf und schüttelte ihn resigniert. Garrus entsetzte Reaktion machte ihr einmal umso mehr bewusst was für eine große Aufgabe ihr aufgetragen wurde und dass es quasi ausgeschlossen war, diese zu bestehen. „Nein, Garrus. Ich wünschte es wäre so. Aber ich bin im Laufe meiner Recherche stieß ich auf eine Reihe von Fälle die...nun...“ Mira räusperte sich um den Kloß in ihrem Hals, und auch ihre Zweifel, loszuwerden. „Sagen wir genauso unauffällig waren. Keinerlei Spuren...alles auffällig unauffällig.“ Als Mira ihren Verdacht gegenüber Garrus äußerte, weiteten sich dessen Augen entsetzt. Ihm war deutlich anzusehen, wie unwohl er sich beim Klang dieser Nachricht fühlte, denn er rutschte geistesabwesend auf dem Bett hin und her, wobei er das Laken zerknüllte. „Jetzt nochmal zum Mitschreiben. Du sagt, du hättest einen Mörder als Prüfung und dann auch noch einen Serienmörder?“, wiederholte Garrus und zog dabei zischend Luft ein, als würde ihm jetzt erst beim Sprechen die Tragweite von Miras Situation bewusst. Diese sah ihn genervt an. „Sagte ich doch gerade, oder?“, erwiderte sie etwas schroffer als geplant. Sofort bereute sie es, ihren einzigen Verbündeten in dieser harten Schule so angegriffen zu haben, doch ihr Stolz stand ihr für eine Entschuldigung im Weg. Eine solche fand sie jedoch in Garrus Blick. Verlegen kratzte er sich am Kopf. „Entschuldige, Shepard. Aber das klingt...alles so unwirklich. Ich meine...Niemand würde einen Rookie zutrauen einen Verbrecher der hohen Stufe zu fangen.“ „Dann verstehst du ja sicher meine blendende Laune an diesem Vormittag.“, stellte Mira ernüchtert fest, während sie sich mit verschränkten Armen an die Zimmerwand hinter dem Fußende ihres Bettes lehnte. Garrus hielt seinen mitleidigen Blick weiterhin auf sie gerichtet, während er nickte. „Verständlich...aber wer soll das denn sein?“ Nachdenklich runzelte der Turianer die Stirn und ließ den Blick des Menschen nicht los. „Krios...“, flüsterte Mira nach einigen Sekunden der Stille so leise, dass Garrus sie fast nicht gehört hatte, doch das einzelne Wort, was sein Ohr erreichte, reichte um ihn erstarren zu lassen. Mit geweiteten Augen starrte er sie an, während sein Gehirn versuchte zu verarbeiten, was die Ohren vernommen hatten. Als er endlich die Bedeutung begriff, konnte Garrus nicht anders als laut zu lachen, etwas, wofür Mira ihn am Liebsten gehauen hätte. Sie wusste ja selber wie unwahrscheinlich das klang. Wie absurd, ungeheuerlich, ja vielleicht sogar lächerlich, doch es war leider wahr. „Ich sagte, wer es ist, nicht wen du dir wünschst eines Tages zu verhaften.“, gluckste der Turianer, doch in seinen Augen stand die Sorge, dass es wirklich die Realität sein konnte. „Es ist wahr.“, entgegnete die Menschenfrau knapp und rief die offizielle Einteilung der Akademie auf, dann reichte ihm das Pad erneut. Auf dem leuchtenden Bildschirm stand ganz klar, dass Exekutor Pallin ihr Thane Krios als Abschlussverbrecher zugeteilt hatte. Fassungslos starrte Garrus auf das Datenpad auf dem deutlich „Thane Krios“ stand. Unter dem Namen war ein Drell abgebildet, doch wo bei Garrus mehr Informationen über seinen Verbrecher wie Alter, vermutlicher Aufenthaltsort und mehr stand, befand sich auf Miras Datenpad gähnende Leere. Bloß Name und Rasse waren auf ihrer Informationsdatei vermerkt. „Das...ist...krass...“ Mehr wusste Garrus in diesem Moment nicht zu sagen. „Jepp...“ Danach herrschte einige Zeit Stille in dem Kadettenzimmer. Die Luft schien vor Spannung zu flirren, während nun der Turianer wie hypnotisiert auf das Datenpad starrte. „Krios...ich fass es nicht. Hast du überhaupt schon irgendwelche Ansatzpunkte?“, durchbrach Garrus dann schließlich die Stille und sah auf. Mira hatte sich inzwischen aufgerichtet und starrte auf den Lattenrost des oberen Stockbettes. Einige Zeit überlegte sie, doch da sie nun sowieso schon ihren Verbrecher verraten hatte und sie durchaus verzweifelt war, beschloss Mira, dass dieser Verstoß nun auch keine Rolle mehr spielte. Es tat ihr gut endlich mit jemand über ihre missliche Lage zu reden. Langsam lehnte sie sich hinüber und rief einen neuen, passwortgeschützte Datenpack auf, in dem sie alle Berichte der Verbrechen sammelte, die sie Thane zuordnete. Bei allen handelte es sich um Attentate und jede Tat war für Krios, wenn er denn der Gegner war, perfekt verlaufen. Ebenso wie bei dem Turianermord der letzten Nacht gab es auch bei all den anderen Tatorten keinerlei Hinweise auf den Täter und kaum Zeugenaussagen- falls es welche gab, so halfen sie nicht sonderlich weiter. Garrus ließ das Datenpad sinken und sah Mira lange an. Sie wusste, dass er nun verstand, warum sie so bedrückt war. Egal wie sie das Problem auch hin und herzwälzte, sie fand einfach keinen Weg, also beschloss sie Garrus miteinzubeziehen, auch mit dem, was gestern passiert war. Die gesamte Situation war einfach zu frustrierend für Mira, sodass sie das Bedürfnisse mit jemanden darüber zu reden und der Einzige dem sie dafür vertraut hatte, war Garrus. „Ich hatte gestern eine vielversprechende Spur. Ein Informant, den ich in all der Zeit meiner Recherche ausfindig habe machen können, hatte mir gestern den Hinweis gegeben, dass eine Asari Krios beauftragt haben könnte.“, begann Mira ihre Ausführungen über das Geschehene. Garrus runzelte nachdenklich die Stirn und sah nun ebenfalls an den Lattenrost über ihnen, während er überlegte und abwog. „Warum sollte ein Krimineller einem von der Citadell Sicherheit Informationen zu spielen?“, harkte er dann schließlich nach. Ein kleines Lächeln huschte über Miras Lippen, während sie sich jedoch müde durchs Haar fuhr und versuchte, die widerspenstige Ponysträhne loszuwerden. „Wer sagt denn, dass mein Informant ein Krimineller war?“ „Na ja…ich hatte an eine Schachtra…“, doch Mira schüttelte den Kopf, noch bevor Garrus seinen Satz beenden konnte. „Nein, er war keine Schachtratte, sondern ein turianischer Barmann, der Gesprächsfetzen von eben jener Asari abfing und mich informierte. Ich habe ihn einst ziemlich aus der Patsche geholfen und er schuldete mir was. Er ist in Black Star angestellt, nachdem Choras Nest wegen der Drogengeschichte geschlossen worden war. Da habe ich ihn gebeten, für mich die Ohren ein wenig aufzuhalten. Du weißt ja, welches Klientel sich dort unten so aufhält.“ „Eine durchaus praktische Verbindung.“, stimmte er ihr zu. „Wäre es gewesen...wenn dieser Mistkerl mich nicht verraten hätte...“, entgegnete Mira und somit begann Mira Garrus über die Ereignisse der vergangenen Nacht zu berichten: Über ihre Spur, die Vergiftung und Entführung, den Kampf mit der folgenden Ohnmacht und wie sie am Morgen in ihrem Bett erwachte ohne zu wissen, wie sie überhaupt hergekommen war und Pallin sie ins Kreuzverhör genommen hatte. Das Entsetzen des Turianers wurde immer größer, während er ihrem Bericht lauschte und nun ergab all ihr Verhalten während des letzten Monats, seitdem die Prüfung lief, einen Sinn. „Shepard...das...“ Einige Momente lang suchte Garrus nach den richtigen Worten, rang mit seinen Händen. Er wusste von ihrer Herkunft von Mindoir und von dem Angriff. Der Turianer konnte sich vorstellen, wie es für Shepard gewesen sein muss, dass sie sich wieder in der Gefangenschaft von Baterianern befand. „Schon gut, Garrus...ich bin da wieder. Was mich wirklich wurmt ist, dass ich so nah dran war. Der Turianer, der ermordet wurde, war der Geliebte von der Asari mit der ich mich gestern traf. Das hat mich schwer getroffen.“ Garrus nickte, während er nachdenklich auf den Lattenrost seines Bettes schaute. „Dann müssen wir uns halt jetzt einen neuen Plan erarbeiten.“ „Was? Wir?“, überrascht sah sie ihren Gefährten an. Dieser lächelte und sah sie an. „Ja, wir. Irgendwie muss ich mir dir Langeweile vom Hals halten, während die anderen Rekruten so lange brauchen.“, grinste der Turianer und fing sich direkt einen Puff seitens Shepard ein, auch wenn sein Angebot Mira überraschte. Sie wusste zwar, dass Garrus immer für sie da gewesen war, aber dass er so weit gehen würde, hätte sie nie gedacht. „Aber...wenn das herauskommst, verlierst du deinen Abschluss. Was würde dein Vater...“ „Es ist mir egal, was mein Vater dazu sagt. Er wollte, dass ich zur C-Sicherheit gehe, ich hingegen wollte beim Spectre Programm teilnehmen. Außerdem wäre es ohne dich ziemlich langweilig.“ „Garrus...“ Mira sah ihn mit großen Augen an. Von solch einer Loyalität und Freundschaft war sie völlig überwältigt. „Danke...“ „Keine Ursache. Also zeig nochmal deine Dossiers. Vielleicht entdecke ich etwas, was du übersehen hast, Shepard.“ Einen Moment zögerte Mira noch, doch dann reichte sie Garrus das Datenpad. Garrus betrachtete ihre gesammelte Einträge lange nachdenklich, sah sie sich ganz genau an. Miras Herz raste während all der Zeit. Sie hoffte sehr, dass Garrus etwas fand, dass ihr weiterhalf, denn Shepard selbst wusste keinerlei Ausweg mehr. Hoffnungsvoll sah sie dem Turianer dabei zu, wie er ihre Ergebnisse analysierte. „Shepard...ich sag es noch einmal: Payjak Fleisch und Varren. Wie soll ich mich da konzentrieren?“ Neckisch warf Garrus Shepard einen Seitenblick zu, welche direkt rot wurde und sich von ihm abwandte. Dass sie ihn so gebannt angesehen hatte, war ihr nicht aufgefallen. Zehn Minuten später seufzte Garrus und legte das Datenpad nieder. „Und? Was herausgefunden?“ Sein Seufzer hatte Mira nicht besonders viel Hoffnung gemacht. Traurig sah sie zu Boden. „Ich weiß es nicht. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen deinen Opfern ist, dass sie alle richtig miese Typen waren. Aber vielleicht ist genau das die Lösung.“ „Wie meinst du das?“ „Nun...sieh doch mal...“, begann Garrus, während er die erste Datei aufrief. „Dieser hier betrieb einen großen Sklavenhändler Ring und war der Rivale von meinem Verbrecher. Der nächste...“ Schnell wischte er über das Display und ließ so die neuen Daten erscheinen. „Ist ein Vergewaltiger...der andere belästigt Tänzerinnen...Betrüger, Mörder...Alles ganz üble Burschen.“ „Ich verstehe immer noch.“ Irritiert sah Mira ihn an und blinzelte verwirrt. „All diese Verbrecher sind nicht von C-Sec verhaftet worden aufgrund von mangelnden Beweisen oder ähnlichen. Vielleicht sind genau solche Leute das Ziel von Krios.“ Diese Überlegung traf Mira wie einen Schlag. Sie hatte das immer als selbstverständlich angesehen- wer einen Feind hatte, der bereit war einen Attentäter anzuheuern, konnte nur Böse sein- war aber nie auf die Idee gekommen, dass genau das die Lösung war. Das konnte einfach nicht. Krios war ein Attentäter und kein moderner Robin Hood. Ein Attentäter konnte doch nicht für die Gerechtigkeit kämpfen. „Das...das kann ich mir nicht vorstellen.“, stotterte Mira von den neuen Erkenntnissen völlig überfordert. Garrus zuckte bloß mit den Schultern. „Vielleicht es nicht die Lösung, aber es ist immerhin ein Ansatzpunkt, oder?“ Dagegen konnte Shepard nun nichts mehr sagen. Mit geschürzten Lippen nahm sie ihr Datenpad wieder und betrachtete es. War das wirklich das Stück, was sie all die Zeit übersehen hatte? Das war so abwegig, dass es Mira schwer fiel es zu glauben. Aber Garrus hatte Recht. Es war immerhin ein Ansatzpunkt, den sie überprüfen konnte. Falls er nicht stimmte, so konnte sie ihn streichen, falls doch, war sie ihrem Ziel einen ganzen Schritt näher. Was das aber im Folgeschluss über Thane Krios aussagte, schob sie erst mal beiseite. Daran wollte sie noch nicht denken. Ihre Aufgabe war nun mal seine Verhaftung für das Drumherum war dort kein Platz. „Dann sollte ich ihn überprüfen.“, murmelte Shepard, als dieser Entschluss durch ihren Kopf schoss. „Das solltest du, sonst wirfst du es dir ewig vor und dann darf ich mir das Gejammer anhören.“ Kameradschaftlich stupste Garrus in ihre Seite und lächelte Mira aufmunternd an. Sie sah ihn an und musste auch Lächeln. Diese kleine Geste hatte sie aufgemuntert und wieder Mut gegeben. „Danke, Garrus. Dann werde ich gleich potentielle Kandidaten ausfindig machen und gezielt recherchieren. Diesmal wird Krios mir nicht entkommen.“, sagte Mira mit entschlossenem Nachdruck. Garrus klopfte ihr auf die Schulter und sagte erfreut: „Das ist die Shepard, die ich kenne.“ ~ And when the world is upside down, yeah The sky is full of clouds, yeah They always come around It feels like home, like home And I never have to try I can be myself and I am never alone I never feel aloneAt least I got my friends [...] Like a lifeboat in the dark Saving me from the sharks Friends- Aura Dione Kapitel 4: Showdown ------------------- 4. Kapitel: Showdown Der klare Nachtwind strich über seine Haut und hinterließ ein angenehmes Gefühl. Aus tiefen, dunklen Reptilienaugen beobachtete Thane Krios das geschäftige Treiben unter seinen Füßen. Bald war es soweit. Der Zeitpunkt war nicht mehr fern. Unter ihm liefen Nachtwesen durch die Gasse, riefen sich etwas zu oder bekamen Rüge von den patrouillierenden Angestellten der C-Sicherheit. Thane analysierte die Bewegungsmuster unter ihm und ging die Begebenheiten der Umgebung durch. Thane war umgeben von vielen Hochhäusern des Appartmentsbereich 808, deren Fassaden viele Möglichkeiten zum Klettern boten, aber auch viele Fenster, die eine Entdeckung wahrscheinlich machten. Zwei Eclipse Söldner hatten sich bei dem Eingang seines Zielortes aufgestellt und beobachteten jede Regung ganz genau, doch ihn hatten sie noch nicht bemerkt. Wie denn auch? Er saß gute zehn Meter üben ihnen, in den Schatten eines Uhrenturmes verborgen und wartete auf seine Gelegenheit. Diese zwei Wächter würden ihn nicht aufhalten. Allerdings waren sie den vergangen Abend nicht anwesend gewesen. Vielleicht hatte sein Ziel doch etwas erfahren? Vorsichtig zog Thane ein Datenpad aus seiner Tasche und rief eine verschlüsselte Datei mit allen gesammelten Informationen seines bevorstehenden Attentates auf. Für Thane war eine akribische Planung jeder Tat unabdingbar, denn er wollte bloß seine Zielperson töten, aber möglichst unschuldige Opfer vermeiden. Vielleicht waren diese wesen Opfer der Umstände und konnten nichts für die unehrenhaften Taten ihres Bosses. Ein solches Urteil erlaubte der Drell sich nicht und deshalb wollte er die anwesenden Söldner verschonen- allerdings nur solange, bis sie ihn bei seinem Auftrag verhindern würden. Nachdenklich öffnete er die Personeninformationen, die ihm sein Auftraggeber zugespielt hatte. Thane arbeitete nun mittlerweile seit gut fünf Jahren als selbstständiger Attentäter und suchte sich nun seine Opfer selber aus. Sein heutiger Job befasste sich mit einem Baterianer, der einen Sternesystem übergreifenden Sklavenhändlerring betrieb. Baterianer waren dafür bekannt mit seinen Waren nicht besonders pfleglich umzugehen. Bereits einmal hatte Thane diese Erfahrung schmerzlich erfahren. Bereits begannen die lebendigen Bilder sich wie ein Film vor seine Augen zu legen, der blutüberströmte, gebrochene Körper, das weiße Tuch, welches über die vorher zarte Gestalt gelegt wurde. Schnell schüttelte der Drell den Kopf um seine Konzentration wieder zu erlangen. Sich jetzt in den lebhaften Erinnerungen zu verlieren wäre hinderlich. Die Gabe seiner Art jegliche Erinnerung in all seiner Klarheit abzurufen war Segen und Fluch zu gleich. Es konnte einem Kraft geben oder gleichzeitig entziehen. Tief luftholend schob er seine Erinnerungen beiseite und rief nun den Bauplan des Gebäudes auf. Geplant war, dass er sich innerhalb der Lüftungsschächte bewegen würde. Oberhalb des Konferenzraumes, indem sich der Baterianer mit seinen Geschäftspartner aufhalten sollte, befand sich ein Lüftungsschacht, den er nutzen wollte. Schätzungsweise zwanzig Eclipse Söldner würden den Raum bewachen. In das Sicherheitssystem hatte Thane bereits einen Virus eingespeist, der eine vorgefertigte Filmsequenz in die Kameras einschleusen würde, dem er sich mit seinem Omni Tool nähern würde und der Funk war angezapft. Alles war vorbereitete. Nun würde nur noch eine persönliche Vorbereitung notwendig sein. Langsam schloss der Drell die Augen und murmelte mit seiner tiefen Stimme: „Kalahira, Herr der Jäger, lasse meine Hand ruhig, mein Ziel klar und der vor mir liegende Weg hell sein und sollte das Schlimmste sich ereignen, gewähre mir Vergebung.“ Ein letztes Gebet wie vor jedem Job, dass ihm Ruhe und Kraft spendete. Dann begab sich schon sein Ziel in das Gebäude und Thane wusste, dass es nun Zeit war die Mission zu beginnen. Ihm würden zehn Minuten bleiben um das Gebäude zu infiltrieren und vielleicht fünf um wieder zu verschwinden. Er stand auf und verstaute sein Datenpad, während er ein letztes Mal seinen Plan durchging. Als sich der Drell sicher war, dass er alles bedacht hatte, trat er an den Rand des Sockels und sah hinab. Vor ihm ergossen sich die Außenlichter des Hochhauses in die Nacht, doch Thane fixierte bloß den offenen Luftschacht, den er für seinen Einstieg ausgewählt hatte, bevor er sich nach vorne fallen ließ. Nur wenige Millisekunden später griff Thane nach einer Zierde an der Außenwand und schwang sich in die Öffnung. Sein Opfer würde nicht mehr lange zu leben haben.   Mira rannte durch die Nacht und ignorierte den peitschenden Wind in ihrem Gesicht. Vor Anstrengung keuchend bog sie um eine Ecke und wäre fast in einen Hanar reingerannt. Irritiert drehte das wirbellose Wesen sich zu ihr um, während sie ihm bloß eine schnelle Entschuldigung über die Schulter hinweg zurief. Jeder einzelne Atemzug brannte in ihrer Lunge, doch sie musste sich beeilen. Vor etwa einer halben Stunde hatte sie einen Hinweis erhalten, welches ein potentielles Opfer für Krios sein könnte- wenn Garrus Vermutung denn stimmte. Und der beste Zeitpunkt für ein Attentat war jetzt. Schließlich erreichte sie die 808’er Blocks und hielt inne. Völlig außer Atem fasste sie sich an die Knie und sah sich um. Schweiß rann von ihrer Stirn und tropfte auf ihren Boden. Einige Nachtschwärmer drehten sich irritiert zu ihr um, tuschelten miteinander und wandten sich dann wieder ab. Mira hingegen ignorierte es, richtete sich auf und strich sich ihr verklebtes Haar aus den Augen. Unruhig umher blickend suchte sie das Gebäude, welches das mögliche Ziel benutzte. Nach dem Gespräch mit Garrus hatte Mira sich in die Datenbanken von Citadell Sicherheit eingeloggt und die Liste der entkommenen Verbrecher durchsucht. Die Liste war länger gewesen als Mira es je erwartet hätte und sie hatte ich gefragt ob C-Sec überhaupt mal jemanden verhaftete. Ihre Augen waren förmlich durch die Daten geflogen, doch nach welchen Maßstäben bewertete man ein Verbrechen? Alle die dort standen, waren auf ihre Art grausam gewesen und der jungen Frau hatten die Details beinahe den Magen umgedreht. All diese Verbrecher waren Monster. Den ganzen Tag hatte sie in dem Kommunikationsraum verbracht- hatte vergessen zu Essen oder gar zu Trinken. Wäre Garrus nicht einmal reingeschneit und hätte ihr etwas zu Essen dagelassen, hätte sie es wohl jetzt auch noch nichts zu sich genommen. Das Ziel ihres Lebens schien auf einmal erreichbar und das hatte sie alles vergessen lassen- auch die Zweifel, die sich in ihrem Magen zu sammeln begannen. Schließlich war Mira auf eine Datenansammlung gestoßen, die ihr den Atem nahm und sie fast von Stuhl fallen ließ. Nilarus Gonseum war sein Name. Ein baterianischer Sklavenhändler- soweit nichts ungewöhnliches- doch es war nicht irgendein Sklavenhändler, nein, es war der Anführer des Ringes gewesen, der Mindoir angegriffen hatte, der ihre Heimat zerstört hatte. Er war der Mörder ihrer Eltern, ihrer Freunde, der Zerstörer ihres Lebens. Mira hatte das Gefühl gehabt, dass ihre Welt in einem Tornado aus Gefühlen verging. Sie konnte es nicht fassen. Dieser Mistkerl war hier?! Einige Videos waren als Anhang beigefügt gewesen, die die Ankunft einiger geretteter Sklaven zeigten, und als Mira sie angesehen hatte, war ihr übel geworden. Die Baterianer behandelten ihre Sklaven wie Tiere, brandmarkten sie, zerbrachen ihren Willen. Sie hatte sämtlichen Göttern des Universums gedankt, dass sie damals nicht ergriffen worden war. Ein eisiger Schauer war ihren Rücken hinabgelaufen, doch es schien am wahrscheinlichsten, dass Krios sich dieses Ziel ausgesucht hatte, also hatte sich Mira auf den Weg in die Unterstadt begeben um ihre Kontakte anzuzapfen und sie hatte interessantes von einer Schachtratte erfahren. Nilarus wollte eine Art Bankett geben und hatte dazu einige ominöse Gestalten geladen. Als Dankeschön für diese Information hatte der vielleicht 15 jährige Junge etwas zu Essen und ein kleines Geschenk bekommen. Sie liebten die Souvenirs aus der Boutique aus der 27. Ebene. Nun war sie also hier. Hoffentlich würde ihre Odyssee endlich hier ein Ende nehmen. Mira wünschte sich nichts mehr, denn sie verlor allmählich die Hoffnung, doch dass ihr Ziel nun vielleicht so nah war, ließ sie weitermachen. Als sie wieder einigermaßen zu Atem gekommen war, rannte Mira weiter und steuerte direkt auf das Hochhaus zu, indem die Feier stattfinden sollte. Auch wenn es das Monster war, das ihre Vergangenheit zerstört hatte, so würde sie nicht zulassen, dass es auch noch ihre Zukunft verhinderte. Überall um Thane Krios herum war blanker Stahl. Kühl strich das Metall über seine freie Haut, während er durch den Lüftungsschacht kroch. Die Luft war schwül und stickig- erschwerte ihm das Atmen. Konzentriert fuhr er sich über die Lippen um sie zu befeuchten. Thane wusste, dass diese Mission schwierig werden würde und er brauchte all seine körperliche Kraft, doch sein Körper begann zu ermüden. Kurz schloss er die Augen um seine Konzentration wieder zu erlangen. In zehn Minuten würde Nilarus Goseum sein Glas erheben und mit einer Rede seine Gäste begrüßen. Thane schätzte, dass dieser exzentrische Baterianer länger als seine Artgenossen reden würde, doch Baterianer waren meist schweigsam, als beraumte er dieser ungefähr sieben Minuten ein. Machte eine gute Viertelstunde. Danach würde er sich zum Umziehen in seine Privatgemächer begeben und dort würde Thane auf ihn warten. So war zumindest der Plan. Der Drell holte tief Luft und setzte seinen Weg fort. Je schneller er war, desto schneller würde er dieser bedrängenden Hitze entkommen und wieder frei atmen können. Und dann fielen plötzlich Schüsse… Mira schrak zusammen, als sie weit entfernt die Schüsse aus dem Wohnhaus hörte und eine kalte Welle der Angst umspülte sie. War sie zu spät? Sofort sprintete die junge Rekrutin los und rannte auf den Eingang des großen Apartmenthauses zu und bemerkte die Wächter erst, als sie ihr in den Weg traten. Eine missmutige dreinblickende Asari und ein gepanzerter Turianer stellten sie und verweigerten ihr den Zutritt. „Privatbesitz.“, knurrte der Blue Sun Söldner griesgrämig und hob demonstrativ die Waffe vor Miras Augen. Mira verlangsamte ihre Schritte und blieb schließlich vor ihnen stehen. Wut brodelte in ihr auf und ergoss sich in den Blick, den sie den Wächtern zuwarf. Sie würden nicht verhindern, dass sie Krios stellte und wenn sie dafür zu nicht koscheren Mitteln greifen musste. Diese Aufgabe hatte so viel Platz in ihrem Leben eingenommen, dass sie sich vor der Verfehlung fürchtete. Der Verlust ihrer selbstauferlegten Bürde würde sie zerstören und Niemand würde sie davon abhalten ihren Weg zu gehen. „Ich habe Schüsse gehört und will dem nachgehen.“, erwiderte Mira schlicht und taxierte den Turianer mit einen tadelnden Blick. Die beiden Söldner sahen sich an und lachten auf. „Äußerst amüsant.“, grinste die Asari, mit dem dunklen violett Schimmer in ihrer blauen Haut, verächtlich und auch der Turianer sah sie mit einem solch arroganten Mitgefühl an, dass Mira übel wurde und sie nur im letzten Moment ein wütendes Knurren unterdrücken konnte. „Niedlich. Aber da hast du dich wohl verhört.“, sagte nun der Turianer mit Nachdruck, der sie zum Gehen zwingen wollte. Lässig verschränkte er die Arme vor der Brust, wodurch sein Sturmgewehr der Reihe ‚Avenger‘ genau in ihrem Blickfeld war. Mira blieb unbeeindruckt. Sahen sie denn nicht, dass auch sie gepanzert und bewaffnet war? Sie war nicht eines dieser verschüchterten, ängstlichen Citadell Mädchen, die sich von einer Waffe verschrecken ließen. „Ich fürchte meine Ohren funktionieren noch sehr gut. Danke.“, knurrte Mira und trat bestimmt einen Schritt vor um ihren Willen zu demonstrieren, doch die Söldnerin der Eclipse und der Söldner der Blue Suns traten noch enger zusammen, sodass sie ihr ein hindurchschlüpfen verweigerten. „Hast du nicht gehört? Das ist Privatbesitz. Du hast kein Zugangsrecht.“ „Das habe ich durchaus.“, sagte Mira nun sichtlich verstimmt. Ärgerlich blickte sie die beiden Söldner an, die das Machtspiel genossen. „Ich gehöre zur Citadell Sicherheit.“ Der Turianer und die Asari sahen sich an und brüllten nun vor Lachen. Mira verzog ärgerlich das Gesicht und trat unwirsch mit den Fuß auf den Boden. Sie war das Herumplagen und die Hindernisse in ihrem Weg leid. So unglaublich Leid. Warum verstand denn Niemand, dass es ihr Lebensinhalt war? Mira hatte keinerlei Beweise, dass sie ein Mitglied der C-Sicherheit war, denn die bekam man erst nach der Zulassung zum Dienst. Es war ein verdammter Teufelskreis. „Ich warne dich noch einmal, Mädchen. Geh lieber deinen Weg oder wir müssen ungemütlich werden.“, erklärte der Turianer mit sanfter, aber gespielter Besorgnis. Mira schnaubte zornig und verengte ihre Augen zu kleinen Schlitzen. Es war eben jener Ton mit dem sie all ihre Rekrutenkollegen und Lehrer zur Weißglut trieben. Jene geheuchelte Besorgnis, während sie hinter verborgenen Masken über sie lachten und sie nicht ernst nahmen. Siedende Wut brandete in ihr auf und dann vielen erneut Schüsse. Wie ein unheilvoller Vorbote drang das Knallen eines erneuten Schusses durch die hereinbrechende Nacht und ließ die Söldner sichtlich unruhig werden. Irritiert warfen sie die Köpfe über die Schultern um sicherzugehen, dass der bewachte Eingangsbereich leer war. Er war leer. Mira nutzte ihre Chance und stürmte in den Gang. Die entsetzten Rufe und einen warnenden Schuss ignorierte sie. Ein kahler, langer Flur eröffnete sich von ihr, ausgehöhlt von einem höhnischen, dekadenten Teppich mit goldenem Saum. Gonseum hielt sich wohl für den König der Übeltäter, aber Krios würde ihn nicht bekommen, das schwor sich Mira. Sie würde persönlich dafür sorgen, dass ihr Alptraum in einer Zelle verrottete. Einen schnellen Tod durch einen Kopfschuss verdiente dieses Monstrum nicht. Er verdiente es nicht aus Eifersucht oder Neid oder was auch immer hingerichtet zu werden von einem Mann, dem er völlig egal war ohne vorher ihrer Rache zu spüren. Das war ein Versprechen, was Mira sich gegenüber ablegte. In jeder Ecke bestanden sich wertvolle Kunstgegenstände- Skulpturen, Gemälde und prachtvoll geknüpfte Teppiche. Alles so selten, so teuer, dass Mira bezweifelte, dass Nilarus sie auf ehrliche Art und Weise erworben hatte. Der ganze Schein war unecht. Nichts hatte dieser Mistkerl sich ehrlich aufgebaut. Unendlich viele erscheinende Türen zweigten von diesem Gang ab und verloren sich wohl in vielen höhnischen Räumen des Luxus, den er mit Leben von armen Seelen verdient hatte. Die Wut begann nur noch mehr in Mira zu kochen und sie rannte weiter. Ihr Atem flog vor Anstrengung und Zorn, während die Iridium Wände ihre Schritte widerwarfen wie ein unheilvolles Echo. Kurz bevor sie die Tür erreichte, die in den Empfangssaal führte, hörte sie eine eiskalte Stimme in ihren Nacken. „Warum verfolgen Sie mich?“ Alles war hoffnungslos schiefgelaufen und Thane Krios hasste es, wenn etwas nicht nach Plan verlief. Schnell war ihm nach dem ersten Feuern der Waffen klar geworden, dass diese muntere Gesellschaft keine Feier war, sondern einzig und allein als Massaker diente. Die Abscheu gegenüber diesen Baterianer war nur noch mehr in seinen Magen gewachsen, doch Thane hatte sie mit dem eisernen Willen seiner Emotionslosigkeit und seiner inneren Dumpfheit hinab gekämpft. Konzentration war seine Stärke- und seine schnellen Reflexen. Schreie waren von den Fluren und den Gängen zu ihm hinauf getragen worden und selbst durch das dichte das Metall hatte er ihre Panik und Flehen gehört. Es hatte ihm all seine innere Stärke gekostet um weiterzugehen. Aus dem Schlitzen eines Luftschachtes hatte Krios gesehen, wie schwerbewaffnete Mechs und Söldner die unglücklichen Arbeiter- meist Salarianer - zusammentrieben um sie hinzurichten. Kein Zeuge hatte dieses Schauspiel überleben sollen um später davon zu berichten. Es war nicht das erste Mal gewesen, dass Krios Augen eine solche Gräueltat erblickt hatten und würde auch sicherlich nicht das letzte Mal sein, doch die Brutalität hatte ihn selbst in dem kühlen Mantel seiner Profession gewandet erschrocken. Er hatte beobachtet wie Asari in ihren prachtvollen Roben, Turianer in ihren glänzenden Rüstungen und Salarianer in ihren weiten Mäntel in blanker Panik in den Gang gehastet waren und dabei mehrere Male beinahe über ihre eigene Füße gestolpert wären. Wer fiel, war gnadenlos liegen gelassen worden und wartete darauf, dass entweder Nilarus oder einer seiner Schergen ihn hinrichten würde. Was Thane jedoch am meisten gestört hatte, war, dass dieses Chaos ihm gezwungen hatte von seinem wohldurchdachten Plan abzuweichen und zu improvisieren und auch wenn er Töten als eine Art Kunst ansah in der er seit nunmehr 22 Jahren tätig war, hasste er es improvisieren zu müssen. In diesem Moment hatte er sich wie ein Maler gefühlt, dem die entsprechende Farbe fehlte um sein Meisterwerk zu vollenden. Thane war gezwungen gewesen den Schutz seines Lüftungsschachtes zu verlassen um einen Überblick zu bekommen. Vorsichtig war er aus einer Luke herausgeklettert und hatte nach seinem Ziel gesucht. Unter ihm hatte ein heilloses Durcheinander geherrscht und es war selbst ihm schwer gefallen den Baterianer auszumachen, obwohl er seit so langer Zeit nichts anderes tat, doch dann hatte er ihn erspäht. Er hatte über einen zusammengekauerten Salarianer gestanden, der ihn um Gnade angewinselt hatte. Kalte, verengte Augen hatten ihn angestarrt, während er seine Waffe gezogen hatte, doch Thane war schneller gewesen. Mit trainierter Selbstsicherheit hatte Thane sein treues Präzessionsgewehr der Marke Viper gezogen und hatte durch das Visier seiner Waffe sein Ende besiegelt. Noch ehe sich Nilarus hätte versehen können, steckte eine Kugel in seinen Kopf und eine Asari neben ihn hatte entsetzt aufgeschrien, als der Monstrum von Sklavenhändler leblos zusammengesackt war. Wenn nicht bis bereits Panik geherrscht hätte, so spätestens nun. Wie panische Hühner war die Menge kreischend durcheinander gerannt und hatte Verstecke vor dem unsichtbaren Phantom des Todes gesucht. Thane hatte es kalt gelassen. Es war ihm in seiner Lethargie, die ihm seit einem Jahr beherrschte, egal gewesen. Mit der Umsicht eines erfahrenen Attentäters hatte er sich zurückgezogen und befand sich nun auf dem Rückweg. Auch wenn sein Auftrag noch relativ einfach abgelaufen war, fühlte er sich erschöpft. Die Citadell war ein bodenloser Abgrund. Trotz all der Herrlichkeit, die über ihm trotzte, war hier die Verabscheuungswürdigkeit des Universums deutlich zu spüren, wenn man denn gewillt war hinzusehen. Thane konnte sich kaum vor Anfragen retten und musste so keinen Hunger leiden- ganz im Gegensatz zu Omega. Er brauchte eine Pause, doch eben diese unausgefüllte Zeit war eine Qual für ihn, die all die Schuld aus seinen abgetöteten Gefühlen hervorbrachte. Der Tod, dessen treuer Diener Krios in all den Jahren gewesen war, hatte ihn selbst besucht und gezeigt wie grausam er seien konnte. Seine eigene Unfähigkeit hatte ihm das genommen, was er geschätzt hatte, das Einzige, was ihm aus der Monotonie seines Berufes befreit hatte und nun war es für immer fort. Lautlos wie ein Schatten glitt er über die Balustrade eines dekadenten Simses und hatte bereits den Eingangsflur erreicht, als er eine hastige Bewegung aus den Augenwinkeln vernahm. Irritiert hielt der Drell inne und spähte nach unten. Unter ihm rannte eine Menschenfrau mit schulterlangen, haselnussbraunen Haaren blindlings in ihr Verderben. Mittlerweile griff die Meute alles an, was nicht hierher gehörte. Eigentlich griff sie alles an, was sich auch nur bewegte. Thane spottete darüber. Wie sehr Panik doch das Urteilsvermögen und die Vernunft schmälern konnte. Thane wollte sie warnen, denn sie gehörte nicht zu dieser Bande von Verbrechern, das wusste er. Ihr Blick war zu entschlossen und aufrichtig. Vielleicht ein ehemaliges Opfer von Nilarus, dass Rache wollte? Er entschuldigte sich still bei ihr, dass er ihren Willen bereits erfüllt hatte und ließ sich auf ein Heizungsrohr sinken, auf das er geklettert war, um besser beobachten zu können. Mit energischen, schnellen Schritten rannte die Menschenfrau durch den Raum und etwas an ihr kam Thane Krios seltsam vertraut vor. Plötzlich drang eine Bilderflut aus seinem Unterbewusstsein hervor und spülte seine Gedanken fort. Eine klare, kalte Nacht. Neckisch streicht eine Windböe über seine erhitzte Haut, während er von der zurückliegenden Mission schwer atmet. Ein wütender Schrei durchfährt die Nacht und erlangt seine Aufmerksamkeit. Er wirbelt herum und sieht eine junge, braunhaarige Menschenfrau, die verzweifelt gegen einen Kroganer kämpfte. Thane Krios taumelte beinahe zurück, als die Bilder verblassten und seinen Geist wieder freigaben. Schnell blinzelnd versuchte Krios zu verarbeiten, was er gerade gesehen hatte. Wie hatte er nur so töricht, so dumm seien können und es übersehen? Sie war auch die anderen Male da gewesen. Kurz bevor er Firia M’arona traf und einige andere Male. Wie war ihm diese Gemeinsamkeit nur entgangen? Wieso verfolgte sie ihn? Lautlos wie ein Schatten glitt Thane Krios von seinem Aussichtsplatz und landete hinter ihr. Die junge Frau registrierte ihn nicht, sondern setzte unentwegt ihren Weg fort. Thane richtete sich in einer unheilvollen, geschmeidigen Bewegung auf und stellte die Frage, die ihm nun auf der Seele brannte: „Warum verfolgen Sie mich?“ Mira fuhr zusammen, als sie die kalte Stimme in ihren Nacken vernahm. Er war wie ein bedrohlicher Hauch, ein Finger des Unheils, der über ihre Haut strich. Langsam wandte Shepard sich um und erstarrte augenblicklich zu Eis. Ihr Pulsschlag erhöhte sich und ihr Herz schien in ihrem Hals zu schlagen. „Krios…“, flüsterte sie erschrocken und augenblicklich begann ihr Körper zu zittern. Vor ihr stand der Drell, der der Erfüllung ihres Traumes im Wege stand, doch plötzlich fühlte Mira sich als wäre sie eine Maus, die gegen einen Elefanten kämpfen wollte. Thane Krios schien übermächtig zu sein. Das helle Xenonlicht von der Decke ließ seine schuppige Haut in einem satten, unheilvollen Grün leuchten, eben jenes Grün, was Giftschlangen besaßen um ihren Feind zu warnen, dass sie giftig waren. Eine Aura der Macht ließ die Luft um ihn herum erzittern. Sie umgab ihn wie eine Nebelwade, streckte sich nach Mira aus und saugte jeglichen Mut aus ihrem Körper. Instinktiv wich sie zurück bis sie die Wand in ihren Rücken spürte. Das Gefühl des Endes ließ sie in Panik verfallen. Sie saß in der Falle! Thane Krios große Reptilienaugen betrachteten sie kalt und nun zweifelte Shepard daran, dass sie hier lebend heraus kam. Langsam trat er auf sie zu, sein erstaunlich menschenähnlicher Körper bewegte sich dabei so lautlos wie eine Katze, während er die Pistole fest in der Hand hielt und Mira nicht aus den Augen ließ. Shepard schluckte und auf einmal war ihre Kehle staubtrocken. Einen halben Meter vor ihr blieb Thane Krios stehen und schaute auf sie hinab. „Sie kennen meinen Namen. Dann war es schon mal kein Zufall, dass Sie mir immer über den Weg liefen, wenn ich einen Auftrag erledigte. Also, frage ich Sie noch einmal, warum verfolgen Sie mich?“ Seine tiefe, melodische Stimme mit diesem machtvollen Unterton warf Shepard vollkommen aus dem Konzept und ihr Atem setzte aus. Sie schien nicht zu einem kaltblütigen Attentäter zu passen. Sie war ruhig und klar wie ein tiefer See hinter dem mehr zu stecken schien, als man erwartete. Hastig holte sich Mira aus diesen Gedanken zurück und versuchte zu antworten. Sie wusste nicht wie er reagieren würde, wenn sie nicht gehorchte. Verdammt! Was war auf einmal los mit ihr? So oft hatte Shepard sich diese Situation vorgestellt, sie durchgespielt, sich gedanklich darauf vorbereitet, doch sein kaltes Selbstbewusstsein, seine Macht und diese tiefen, dunklen Augen waren so ganz anders, als sie es sich vorgestellt hatte und eines war sicher: Es machte ihr Angst. Dies war kein stumpfsinniger Killer, das spürte Shepard. Er war intelligent und wach, etwas was ihn umso gefährlicher machte. „Wissen Sie...“, durchbrach Thane Krios mit gefährlich ruhiger Stimme ihren Gedankenfluss, den ihre Angst verursacht hatte. „Ich habe wirklich nicht den ganzen Tag Zeit.“ Shepard stockte. Er machte sich über sie lustig! Plötzlich veränderte sich etwas in ihr. Die Wut, die Angst, die sie festfror, verwandelte sich in rasende, kochende Wut. Jetzt oder nie! Sie war hierhergekommen um ihren Traum zu erfüllen, um den Grund zu erfüllen, für den sie atmete. Bloß weil Krios nicht so mordgierig schien, wie sie vermutet hatte, sollte sie sich davon nicht beirren lassen. Entschlossen trat Shepard auf ihn zu und sagte den Spruch, den sie während all ihrer Ausbildungszeit hatte runterbeten müssen: „Thane Krios, ich verhafte Sie hiermit wegen Mordes an Nilarus Goseum. Sie haben das Recht zu Schweigen. Alles was Sie sagen kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden.“ Krios schien irritiert, doch das war ihre Chance. Mit einer schnellen Bewegung aktivierte sie ihre Kampfrüstung und konzentrierte die innere Energie, die durch ihre Adern floss. Mit all ihrer Konzentration formte sie einen Ball aus blauer Energie und schleuderte ihn Krios entgegen. Geschickt wich der Attentäter aus, duckte sich unter ihrem Warp hindurch, doch Mira hatte auch gar nicht damit gerechnet ihn zu treffen, aber sie nutzte die Chance seines Abgelenkt seins um die letzten Meter zu überbrücken. Fast hatte sie ihn erreicht und er schien es noch immer nicht bemerkt zu haben. Noch drei Meter, noch zwei, noch einen. //Geschafft!//, jubelte Mira innerlich, doch sie freute sich zu früh. Gerade als sie ihn packen wollte, drehte er sich an ihrer Hand vorbei und war plötzlich hinter ihr- schneller als sie hätte gucken könne. Geschockt realisierte sie, dass sie sich nun nicht mehr verteidigen konnte. Mira wartete auf den Knall der Pistole, doch stattdessen packte Krios ihre Hand und drehte sie hinter den Rücken. Shepard zischte erbost. Sein Griff war nicht fest, auch wenn er ihr die Hand hätte brechen können, sondern nur eben stark genug, damit sie ihn nicht wieder angreifen konnte. Mira saß in der Falle. So eine verdammte scheiße! Da hatte sie ja eine tolle Vorstellung abgeliefert. „So was...Citadell Sicherheit muss wahrhaft verzweifelt sein, wenn sie einen Rookie ausschicken.“, murmelte der Attentäter zu sich selbst. Moment! Was? Woher wusste er, dass sie ein Rookie war? „Doch das macht Ihre Leistung umso beeindruckender. Niemand ist es bisher gelungen mich zu stellen.“ „Wo...woher?“ „Woher ich das weiß?“, sagte Thane ruhig, diesmal ohne bedrohlichen Ton in der Stimme. „Niemand verschwendet noch seine Zeit mit diesem Spruch. Das kann man auch nach der Verhaftung machen, im Polizei wagen oder sogar auf dem Revier. Es kostet nur Zeit. Ein klassischer Anfängerfehler, gerade wenn man einem Attentäter offen gegenüber steht.“, antwortete er gelassen und Krios Selbstsicherheit kehrte zurück. Wütend knurrte Mira ihn an und ihre Augen schmälerten sich. Eine Wut, wie sie sie lange nicht mehr gefühlt hatte, verzehrte sie. „Lassen Sie mich gehen, oder...“ „Oder was?“, unterbrach Krios sie ruhig und sah sie nachdenklich an. „Wir beide wissen, dass Ihnen das nicht gelingen wird. Wenn ich wollte, könnte ich Sie jederzeit töten.“ Natürlich wusste Mira das, sie hatte es nie vergessen, doch dass der Attentäter es mit solcher Selbstverständlichkeit sagte war wie ein Schlag ins Gesicht. Nun stand es fest. Sie war gescheitert und ihr Traum in weite Ferne gerückt. Dies war ihre einzige Chance gewesen und sie hatte es vermasselt. „Nun habe ich eine Frage“, durchbrach Krios ihre Stille, die der verlorene Traum hinterließ. „Warum jagen Sie mich? Ich mein es muss Ihnen doch klar sein, dass das Risiko viel zu groß ist. Warum haben Sie nicht abgelehnt?“ Seine tiefen, dunklen Augen verharrten in den ihren und seine Stimme brachte wirklich alles durcheinander. Interessiert sahen sie Mira an und warteten auf ihre Antwort. „Es ist...“ Mira bemerkte erst jetzt, dass sie wirklich dabei war es zu erzählen, und stockte, doch dann zuckte sie mit den Schultern. Warum eigentlich nicht? Krios würde sie sicher nicht gehen lassen. Das wäre unklug. Wieso sollte sie es ihm also nicht erzählen? „Weil es mein Lebensziel ist zur Citadell Sicherheit zu gehören und Sie stehen diesem Ziel im Weg. Wir müssen als Abschlussprüfung einen Verbrecher verhaften und Sie sind mein Ziel, Thane Krios.“ „Verstehe...“, murmelte der Drell und schwieg, während seine Augen einen ehrlichen, mitfühlenden Glanz bekamen. Beide sahen sich an, doch dann gab Thane sie plötzlich frei und trat einige Schritte zurück, während er den Lauf seiner Pistole in der Hand wog. Die Luft schien zwischen ihnen zu knistern, während beide versuchten zu begreifen, was hier vor sich ging und wie sie die Situation lösen sollten. Für keinen der beiden war diese Nacht so verlaufen, wie sie es geplant hatten und beide wussten, dass der Abgrund gefährlich nah war. Dies war der Scheideweg und sie mussten sich entscheiden, wohin sie gehen würden. Und zwar schnell. „Und was nun? Wollen Sie mich töten?“, bellte sie ihn dann schließlich an- den Blick starr auf den Lauf gerichtet- um ihre eigene Unsicherheit zu überspielen- und ihre Angst. Mira hob ihren Blick und sah...in überraschte Augen. „Warum sollte ich das tun?“, fragte Krios und seine Stimme zeigte Verwirrung. Unruhig blinzelten seine Augen. Sein Verhalten irritierte Shepard so sehr, dass sie nicht anders konnte als bitter aufzulachen. „Muss ich Ihnen die Grundregel eines Attentäter erklären: Keine Zeugen. Ich weiß, dass Sie es waren. Warum sollten Sie mich also verschonen?“ Sie würde ihm nicht die Genugtuung geben zu betteln. Nein, wenn Krios sie töten würde, dann würde sie ehrenhaft sterben. Bis zum bitteren Ende. Krios blinzelte langsam und wog den Kopf hin und her, als würde er darüber nachdenken was sie ihm gesagt hatte. Der Ausdruck in seinen Augen wurde plötzlich tief und schien in eine andere Welt abzugleiten. „Weil Sie unschuldig sind.“, antwortete er nüchtern nach einigen erdrückenden Momenten. Mira taumelte vor Überraschung und der Drell ließ sie überraschenderweise los. Irritiert trat sie einige Schritte zurück und ihre Verwirrung wuchs, als sie beobachtete wie Thane Krios seine Maschinenpistole wieder in den Halter an seiner Hüfte hing. „Krios?“, fragte Mira irritiert und entlockte ihm so nur einen Seufzer. Plötzlich wirkte er müde und Mira bemerkte, dass sein Atem schwer ging. „Soweit ich weiß, habe Sie Niemanden etwas getan, also werde ich Sie nicht töten.“, sagte Krios schlicht und hielt sie in ihrer Verwirrung gefangen. „Was?“ „Ich dachte, Sie wüssten es. Sonst hätten Sie mich nicht stellen können. Es ist die einzige Verbindungen.“, sagte Krios und blinzelte sie irritiert an. Langsam drehte er sich von ihr ab und trat an eines der wenigen Fenster, die das fahle Licht der Nachtwelt der Citadell einließen. Seine grüne Haut schimmerte nun silbrig und er schien traurig zu sein. „Bevor es zum Schlimmsten kommt...will ich noch Licht in die Dunkelheit der Galaxie bringen.“, flüsterte Thane so leise, dass sie ihn fast nicht verstehen konnte. Es war nicht mehr wie ein Hauch, eine Ahnung, doch sie drangen so klar in ihr Bewusstsein, dass es Mira erschütterte. Entsetzt riss Shepard die Augen auf und starrte den Drell an. Krios hatte mittlerweile seinen Kopf in die gefalteten Hände gebettet und betrachtete wie die aufgeregte Meute an Gästen von Nilarus aus einem Seiteneingang floh. Ihre erschrockenen Schreie und die Panik waren bis in ihrem Raum zu spüren. Mira taumelte benommen zurück, als sie realisierte, was er mit diesen Worten meinte. Garrus hatte Recht gehabt! „Und außerdem...“, fuhr Krios fort und drehte sich zu ihr um, noch bevor sie etwas auf sein Flüstern erwidern konnte. „Hätte ich dann die Schuld für fünf Morde umsonst auf meine Schultern geladen, wenn ich Sie hier töten würde. Deshalb habe ich nicht gegen die Baterianer und den Kroganer gekämpft.“ Seine Augen betrachteten sie ungerührt, während Mira erstarrte. Nur ganz langsam drang die Bedeutung seiner Worte zu ihr hindurch und es dauerte umso länger, bis Mira realisierte, was sie bedeuteten. Geschockt von der Erkenntnis wich sie vor Thane zurück und schluckte hart. Es war wie ein Hammerschlag und brachte alles ins Wanken. Nein! Nein! Mira schüttelte schnell den Kopf und versuchte sich zu fangen. Das war eine Lüge, eine Lüge um sich zu retten. Sicher, garantiert. Er wollte sie verunsichern um sich so eine Gelegenheit zur Flucht zu schaffen. Plötzlich rannen seine Pupillen unruhig in den Höhlen, sie fixierten keinen Punkt, sondern schienen vorbeischwimmenden Bildern zu folgen. „eine verlassene Lagerhalle in einer sternenklaren Nacht. Ein kalter Wind weht und ein Schrei zerreißt die Nacht. Eine junge Frau kämpft um ihr Leben. Haselnussbraunes, schulterlanges Haar tanzt um ihre Schultern. Entschlossene, hellblaue Augen, die nicht gewillt sind aufzugeben sehen in meine Richtung. Die Baterianer umzingeln sie, wollen sie aus dem Versteck treiben, doch sie kämpft mit solch einem Willen, den ich lange nicht mehr gesehen habe“ Mira taumelte überfordert zurück, als die Erinnerungen von ihm sie trafen. „Sie...Sie...“, stotterte Shepard. Thanes Augen beruhigten langsam und er blinzelte träge, als wäre er aus einem tiefen Schlaf erwacht. „Sie haben mich vorgestern gerettet...“ Krios schwieg, doch Mira wusste, dass es so war. Er hätte es sonst nicht wissen können. Nein, niemals! Es war unmöglich. „Warum?“, fragte Mira nach einigen Minuten des gedanklichen Chaos. Dies war die einzige Frage, die von dem Sturm nicht fortgeweht worden war. Die einzige, die noch in ihrem Geist herumirrte und sie unruhig von einen Bein aufs andere treten ließ. „Ich weiß es nicht.“, erklärte Krios und zuckte hilflos mit seinen Schultern. „Ich habe es einfach.“ Mira konnte nicht glauben, was sie hier geschah. Hier stand sie, vor dem Drell, dem sie einen Monat hinterher gejagt war, derjenige, der ihrem Lebensziel im Weg stand und nun stand sie hier und unterhielt sich mit ihm? Wo war ihr Mut hin, wohin ihre Entschlossenheit? Generell musste sie sich eingestehen, dass Krios ruhige Art nicht in ihr Bild von einem Attentäter passte. Er war vernünftig und beherrscht. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er kaltblütig jemand töten konnte und doch war der Leichnam von Nilarus, den sie durch die offene Tür sehen konnte, der beste Beweis. Beinahe müsste sie ihm sogar danken, dafür, dass er den Schrecken ihrer Alpträume getötet hatte, doch diese Blöße würde sie sich nicht geben. Mochte sie sich jetzt völlig unprofessionell und wie eine Närrin aufführen, so würde sie ihm dieses letzte bisschen nicht auch noch zugestehen, sonst wusste Mira nicht, ob sie jemals ihren Auftrag zu Ende führen könnte. Einige Minuten lang starrten sich die beiden unentwegt an. Die Luft zwischen ihnen schien sich zu ballen und keiner von ihnen rührte sich. Mira schaute in seine tiefen Augen suchte nach den Abgründen, die seine Seele beherbergen musste, doch sie suchte vergebens. Seine Augen sahen sie nur ruhig und ohne jegliche Emotionen an. Dennoch schien er mehr Moral zu haben als alle Gangster der Citadell zusammen. Plötzlich hörten sie das schrille Heulen der Citadell Sirenen. Die beiden Gegner wirbelten herum und sahen zum Eingang. Das helle Blau des Lichtes erhellte den blassgrauen Himmel der Nacht. Mira wandte sich zu Thane um, der ihren Blick erwiderte. Beide wussten, dass nun eine Entscheidung anstand. „Wie verfahren wir jetzt?“, fragte Mira und ihr wurde unwohl. Thane betrachtete sie und blickte dann wieder zum Eingang. Mit Glück blieben ihnen noch fünf Minuten bis der Einsatzwagen hier wäre. „Das liegt bei Ihnen.“, erwiderte der Drell, während er den Eingang im Blick behielt. „Bei mir?“ Mira blickte ihn überrascht an, doch Thane behielt weiterhin seinen Fluchtweg starr im Blick. „Ich habe Ihnen bereits Ihre Sicherheit zugesichert. Nun liegt es bei Ihnen, ob Sie mir meine garantieren.“ „Warum brauchen Sie meine Einwilligung? Sie könnten auch rauskommen, ich könnte Sie nicht aufhalten.“ „Weil ich mein Schicksal in Ihre Hände lege. Die Götter werden sich etwas dabei gedacht haben, dass sie uns hier zusammengeführt haben. Entscheiden Sie sich für das, was Sie für richtig halten.“ Schließlich wandte er ihr doch seine Augen zu und sein Blick war so traurig, dass Mira umgeworfen wurde. „Vielleicht wird es Zeit, dass ich für meine Verbrechen bestraft werde und verhaftet werde. Entscheiden Sie, ich kann es nicht.“ Die Menschenfrau schluckte hart und sah ihn mit großen, blauen Augen an. Er legte sein Schicksal in ihre Hände? Er würde sich verhaften lassen. „Warum sollte ich Ihnen vertrauen? Das könnte alles ein Trick sein.“ „Sie sind doch nicht dumm. Sie haben doch bereits richtig erkannt, dass ich Sie bereits hätte töten können, das wäre einfacher gewesen und selbst jetzt könnte ich leicht entkommen, doch ich denke es wird Zeit, dass entschieden wird, was mit mir geschieht. Sehen Sie es als Belohnung dafür, dass Sie mich gestellt haben, Rookie.“ Mira konnte es nicht glauben. Es war eine Lüge, ein Trick, es musste einer sein, doch sahen Thanes Augen sie so ehrlich an, dass sie ihm glaubte. Er war wirklich ganz anders, als sie sich ihn je vorgestellt hatte und nun legte er sein Leben in ihre Hände. In ihre. Er war bereit mit ihr zu gehen, sich verhaften zu lassen und so ihren Traum zu erfüllen, doch genau das hinterließ einen bitteren Nachgeschmack auf ihrer Zunge. Wie sollte sie ihn denn so ausliefern? Wo er doch freiwillig bereit war sich zu opfern. Nein...das konnte sie nicht Thane Krios hatte sie gerettet. Immer näher kam das Geräusch des Martinhorns und signalisierte Mira, dass sie nur noch wenig Zeit blieb um ihre Entscheidung zu treffen. Nun musste sie entscheiden, was ihr wichtiger war. Ihr Traum oder ihr Gewissen. Beide Gefühle kämpften unerbittlich in ihrem Inneren, rangen unentwegt um die Vorherrschaft. Es blieben nur noch wenige Minuten, bis die C-Sec hier eintreffen würde und Mira fühlte, wie ihre Gedanken rasten. Ihre Augen flogen durch den Raum und sie verharrte regungslos, bis das Getöse zu einem lauten Pegel anschwoll und ihr Herz schneller rasen blieb. Krios sah ihr Traurig in die Augen an „Ich verstehe. Sie haben ihre Wahl getroffen.“, sagte er und kreuzte die Arme hinter den Rücken. Mira schluckte bei dieser Geste. Krios gab auf. Er schloss ab und das traf Mira härter als sie jemals gedacht hätte. Ihre beinahe begannen zu zittern und sie wusste, was das Richtige war. Sollte Krios wirklich dafür bestraft werden, weil er dort arbeitete, wo die Gerechtigkeit versagte? Die Antwort war klar: Nein. Also, warum überlegte sie noch. Sollte Mira sich ewig vorwerfen, dass ihr Egoismus zu groß war um das Richtige zu tun? Dass sie Krios nur gefangen hatte, weil er es ihr erlaubte? Das könnte sie sich nie verzeihen. „Hauen Sie ab, Krios.“, seufzte sie müde und rieb sich über die Augen. „Was?“ Sie hörte seine Überraschung. Mira wusste, dass er mit dieser Antwort nicht gerechnet hätte. „Hauen Sie ab!“, wiederholte sie ihre Forderung mit Nachdruck. Er musste schwinden und zwar schnell, sonst würde sie ihre Meinung vielleicht noch ändern. „Aber was wird aus Ihnen und Ihrem Traum?“ „Ich komme schon klar.“ Kraftlos sackte Mira zu Boden und vergrub den Kopf in den Händen. Plötzlich fühlte sie sich müde und geschafft, als hätte sie ewig nicht mehr geschlafen. Die Gewissheit, dass sie ihren Traum gerade freiwillig vorbei ziehen ließ, raubte ihr den Atem. Die Luft fühlte sich wie aus ihren Lungen gepresst und sie fühlte, wie ihre Welt sich zu drehen kann. „Sicher?“ „Krios...stellen Sie mich nicht auf die Probe.“, knurrte sie wütend und wandte sich von ihm ab. Mira hörte, wie er langsam an ihr vorbei ging. „Danke...“ Mira erstarrte, als sie das leise Flüstern hörte und wäre beinahe in Tränen ausgebrochen. „Krios...“ Sie wollte etwas sagen, doch Thane war bereits verschwunden. Nichts in dem Raum erinnerte noch an seine Anwesenheit. Der lange Flur gähnte förmlich vor Leere und Mira sackte zusammen, als sie spürte wie ihr Traum vor ihr zerbrach. Plötzlich schien das Bild vor ihren Augen in Scherben zu zerspringen und Mira keuchte, während ihr Tränen in den Augen brannte. Sie hatte ihn wirklich gehen lassen. So nah war sie gewesen und nun war alles zerstört. Alles vorbei. Auch wenn sie wusste, dass sie das Richtige getan hatte, blieb diese Selbstverachtung, dass sie wieder versagt hatte. Mira ahnte nicht, dass es nicht ihre letzte Begegnung gewesen war. ~*~ Von der Hand die deine berührt Darfst du niemals träumen Dein Herz bleibt dein Es schlägt für sich allein Drum tanz mit der Einsamkeit Kind aus der Dunkelheit Dein Weg ist einsam Lerne dabei gerne allein zu sein Dein Weg ist einsam Leb diesen Weg leb diesen Weg allein Dein Weg ist einsam- Phantom der Oper (Jana Werner) Kapitel 5: Konsequenzen ----------------------- 5. Kapitel: Konsequenzen Das Geräusch des Martinhornes war bereits zu einem lauten Crescendo angeschwollen, als Mira das Gebäude verließ und es als einen Tatort absicherte. Leuchtend orangefarbene Streifen verliefen nun über die Tür von Nilarus ehemaligen Anwesen und kennzeichneten es so als Ort des Verbrechens. Nun stand sie hier und beobachtete, wie die zwei Einsatzwagen immer näher kamen und schließlich laut sirrend und mit ohrenbetäubenden Geheule vor ihr landeten. Mira holte tief Luft und wappnete sich vor dem, was unweigerlich kommen würde. Sie würde zu den Vorkommnissen befragt werden und musste nun entscheiden, ob sie bei ihrer ausgedachten Geschichte blieb oder die Wahrheit sagte. Beides würde sie als Idiot darstellen. Nachdenklich betrachtete sie, wie das Silber des Metalls der Wagen in dem schwachen Licht, der aufgehenden Sonne, glänzte und die Tür sich leise zischend öffnete. Sie wusste nicht, wen die Zentrale geschickt hatte, aber da es sich sicherlich um einer Schar anonymer Hinweise gehandelt hatte, hatte Pallin vermutlich hochrangigere Beamte geschickt um die Sache auf den Grund zu gehen. Umso erstaunter war Mira, als sie den Turianer erkannte, der aus dem Polizeiwagen stieg. Er war hochgewachsen und seine Haut schimmerte blauweißlich im kalten Licht der Straßenlaternen. Wache, blaue Augen blickten durch das Visier an seinem Kopf und er atmete erleichtert aus, als er sie erkannte. „Shepard!“, rief der Beamte und rannte auf sie zu. „Garrus.“, erwiderte Mira ebenso erstaunt und trat auf ihn zu. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht blieb der Turianer vor ihr stehen. Kameradschaftlich klopfte er ihr auf die Schulter und lächelte sie an, doch dass er hier war, warf sie auf der Bahn. All die widersprüchlichen Gefühle, die sie seit Krios Abgang verdrängt hatte, kochten beim Anblick ihres Freundes hoch und sie verspürte den starken Drang ihm alles zu erzählen, doch ihr stolz und die Situation hinderten sie daran. „Bin ich froh, dass du lebst. Alles in Ordnung? Die Hinweise berichteten von einer Massenschießerei. War er…“ „Garrus Vakarian…“, durchbrach eine kalte Stimme Garrus Redefluss und ließ sowohl ihn als auch Shepard herumfahren. Aus dem zweiten Wagen stieg kein geringerer als Exekutor Pallin. Mira holte zischend Luft, als sie die hochgewachsene Gestalt des Turianers erkannte. Das machte die gesamte Situation nur noch komplizierter. „Ich gehe davon aus, dass Sie die Befragung noch nicht begonnen haben, oder?“, fuhr der ranghöchste C-Sicherheit Beamte mit einem warnenden Unterton fort, der Garrus zur Seite gehen ließ- jedoch nicht ohne Shepard einen mitfühlenden Blick zu geben. Mira holte tief Luft und straffte ihre Körperhaltung. Egal wie sehr sie selbst an ihrer Entscheidung zweifelte, gegenüber Pallin musste sie Ruhe bewahren und vollkommen klar bleiben, sonst würde sie nicht nur sich selbst sondern auch Garrus hineinreiten. „Mira Shepard…ich bin überrascht Sie hier zu sehen.“, sprach Pallin ruhig, als er neben Garrus getreten war. Er überragte Miras besten Freund um gut einen halben Kopf und seine eisblauen Augen durchdrangen Mira mit einem kalten Blick. Braune Sprenkel durchzogen sein Gesicht und eine fleischige Narbe zog sich über seine rechten Mundmandibeln. „Die Überraschung ist ganz meinerseits, Exekutor Pallin.“, erwiderte Shepard mit betont gelassenen Ton und neigte kurz respektvoll den Kopf. „Darf ich fragen, was Sie hier zu suchen haben?“ Mira biss sich kurz auf die Unterlippe und schloss die Augen. Die 808’er Blocks waren bekannt dafür, dass Reichenviertel der Unterwelt zu sein. Um Zivilisten und Touristen zu schützen war eben jener Bereich der Citadell gesperrt- selbst für die C-Sec, solange kein Verbrechen vorlag. Wenn die Polizei dieses Gebiet mied, dann kam es hier zu deutlich weniger Schießereien- und somit auch zu weniger Toten und Verletzten. Mira erkannte die List, die ihr Vorgesetzter verfolgte und wog ihre Worte genau ab. Sie spürte, wie Garrus sie mitleidig ansah, doch er wusste wohl, dass ihr nicht geholfen war, wenn er sich einmischte. Also schwieg der Turianer, so schwer es ihm vermutlich auch fiel. „Ich bin einigen Hinweisen nachgegangen.“, erwiderte Shepard schlicht und strich sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Pallins Gesichtsausdruck wurde ernst und seine scharfen Augen betrachteten sie durchdringend. Er würde alles versuchen ihre Schmach hervorzuholen, das wusste Mira und höchstwahrscheinlich ahnte er bereits, dass Krios hinter diesem Attentat steckte. Niemand, das hatte Mira nun am eigenen Leib erfahren, war so gut auf der Citadell wie Thane Krios. „Was für Hinweisen?“, hakte der Exekutor in betont geschäftsmäßigen Ton fort, während seine Augen eine Schwachstelle in Miras Ego suchten. Mira erwiderte seinen stechenden Blick ungerührt und antworte: „Hinweisen auf meinen Abschlussverbrecher, Sir.“ Pallin schien nun sichtlich erstaunt darüber, dass sie es so bereitwillig zugab und Mira hörte wie Garrus neben ihr tief Luft holte. Die Anspannung, die zwischen den beiden herrschte, war zum Greifen und es schien, als würde die Luft nur aus einem dicken Gelee bestehen, welches sich träge hin und her wog. Keiner der beiden gab einen Zentimeter nach, keiner bewegte sich vom Fleck. „Haben Sie gesehen, was hier geschehen ist, Rookie?“ Mira hätte beinahe geknurrt, als Pallin ihr Status mit unverhohlener Arroganz betonte, doch sie sammelte all ihre geistigen Kräfte und ihr Entschluss festigte sich. Nein, so einem herablassenden Kerl würde sie Krios nicht überlassen. Lieber würde sie ihn selbst zur Rechenschaft ziehen. „Beantworten Sie die Frage, Shepard.“, durchdrang plötzlich Garrus Stimme die Stille, die Aufgrund von Miras Überlegungen entstanden war. Irritiert blinzelte sie und wandte ihren Kopf zu ihrem Freund um. Bittende Augen sahen sie an. Auch Garrus hatte bereits das gefährliche Spiel des Vorgesetzten durchschaut und half ihr so gut es in seiner Position möglich war. Mira nickte bedächtig und wandte sich dann wieder dem Polizeichef zu, der noch immer abwartend, aber nun deutlich genervter auf eine Antwort wartete. „Ein wenig.“, beantwortete der Rookie schließlich vorsichtig die Frage und beobachtete ihren Chef genau. Pallins Augen verschmälerten sich zu kleinen Schlitzen und seine funkelnden Augen beobachteten sie genau. „Dann berichten Sie mir davon.“, forderte er sie auf. Sie beide tanzten umeinander herum. Gefangen in einem Spiel der Macht. Die Abneigung, die sie für einander empfanden war deutlich zu spüren und ließen selbst den sonst gelassenen Garrus unruhig wurde. „Jawohl…als ich vor fünf Minuten eintraf war bereits der erste Schuss gefallen. Ein Baterianer, sein Name ist Nilarus Gonseum, ist durch einen einzelnen Kopfschuss getötet worden. Ich habe den Tatort bereits gesichert hatte bisher aber wenig Gelegenheit ihn mir genauer anzusehen. Ich vermute bei Größe und Einschusswinkel hat der Schütze von einem Lüftungsrohr mittels eines Präzessionsgewehr geschossen. Leider konnte ich die Hülse bisher nicht ausfindig machen.“ „Das ist aber ziemlich dürftig.“ „Entschuldigen Sie, Sir, aber wenn Shepard wirklich erst vor fünf Minuten hier eingetroffen ist, dann…“ „Sie habe ich nicht gefragt, Vakarian.“, unterbrach Pallin Miras Freund schneidend und warf ihm einen warnenden Blick zu. Mira spürte, wie sie allmählich wütend wurde. Er konnte mit ihr umspringen, das war ihr egal, aber nicht mit Garrus. Ihr Freund hatte keinen Fehler begangen, sie hatte es vermasselt. Garrus schwieg verdrossen, warf Pallin aber einen verachtenden Blick zu. „Also, Shepard…“ Langsam trat der Turianer an sie heran. Zu nah. Er drang in den Bereich, den sie als Privatsphäre betrachtete, ein und blieb nur wenige Zentimeter vor ihr stehen. Es war ein Zeichen der Macht, eine Demonstration der Überlegenheit. Pallin konnte sich das Erlauben ohne Konsequenzen zu befürchten. Mira wich aber nicht, wie sicherlich von ihm erwartet, zurück, als er sich vor ihr aufbaute, sondern erwiderte seinen strengen Blick trotzig. „Ich habe so viel getan wie mir möglich war innerhalb dieser kurzen Zeit. Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“ Mira war selber überrascht, dass sie nicht rot wurde. Natürlich hätte sie mehr tun können. Sie hätte Pallin seinen Thane Krios unter die Nase reiben können, aber ihr Körper zeigte keinerlei Anzeichen einer Lüge. Offensichtlich glaubte sie mittlerweile selber, dass es das Richtige gewesen war. „War es denn Ihr Verbrecher, Shepard?“ Pallins Stimme klang unheilvoll, aber amüsiert zu gleich. Ein Schmunzeln zuckte um seine Mundwinkel. Mira wusste warum. Egal was sie ihm nun antworten würde, sie müsste eingestehen, dass sie versagt hatte. Entweder war sie einer falschen Spur gefolgt, was in der C-Sicherheit genauso schlecht war, wie ihn nicht zu stellen. Mira bedachte den Exekutor mit einem wütenden Blick, biss sich aber auf die Zunge um ihren hitzigen Kommentar zu unterdrücken. Pallin wartete weiterhin auf eine Antwort und starrte sie aus musternden Augen an. Seine Arme hatte er vor der Brust verschränkt, womit er Mira den letzten Rest ihres persönlichen Freiraums raubte und sie spürte wie diese kleine Geste sie aggressiv machte. Ein leises Knurren entwich Mira, als ihr auch klar wurde, dass die Frage bewusst provozierend gewählt worden war. Hilflos sah Shepard hinüber zu Garrus, doch der blickte sie nur mitleidig an und wandte dann beschämt den Blick ab. Der Turianer hatte verstanden in welcher Misere sie steckte und auch er wusste keine Lösung. „Ich weiß es nicht…“, seufzte Mira schließlich nach einigen Überlegungen und wandte den Blick schuldbewusst ab. Innerlich lachte sie. Sie wurde ja beinahe eine gute Schauspielerin. „Als ich kam war der Schütze bereits verschwunden und die Meute schoss in Panik um sich.“ „Verstehe…“, sagte Pallin wieder ruhig, aber sein Gesicht zeigte versteckte Befriedigung über Miras Misserfolg, etwas, was sie mit glühend heißer Wut überschwemmte und sie am liebsten auf ihn stürzen lassen würde, doch Mira war auch nicht gewillt auf seine Provokation einzugehen. Diese Genugtuung würde sie ihm nicht bieten. „Und sie haben nicht den Tumult zu schlichten?“ Mira hätte beinahe losgeprustet und auch Garrus gab ein überraschtes Geräusch von sich. Diese Frage überrumpelte Shepard völlig. Sie hatte weder die Befugnis, noch die Erlaubnis bei so etwas einzuschreiten. Ein Rookie nicht und alleine schon mal gar nicht. Suchte Pallin jetzt schon zwanghaft Gründe um sie bloßzustellen? Irritiert trat Mira einen Schritt zurück und schüttelte nur ungläubig den Kopf. „Exekutor…“, schritt nun auch Garrus mit diplomatischen Ton ein und war innerhalb von zwei Schritten neben Shepard. Unterstützend legte er eine Hand auf ihre Schulter und sah Pallin an. Da war es wieder. Garrus war an ihrer Seite und stand ihr bei ohne ihr das Gefühl zu geben es nicht selbst bewältigen zu können. „Shepard hat sich wirklich nichts vorzuwerfen. Sie hat genau nach Vorschriften gehandelt.“ Pallin verzog verärgert das Gesicht und seine Mundmandibeln zuckten unruhig. Er war einen Blick über die Schulter wo langsam die Sonne hinter den Wolkenkratzern zum Vorschein kam. Allmählich erwachte das geschäftige Gewusel der Citadell zum neuen Leben und das Trio wusste, dass bald die ersten Schaulustigen den Tatort umzingeln würden. „Gehen Sie nach Hause, Shepard. Vakarian und ich kümmern uns um die Aufgaben der C-Sicherheit.“ „Aber…“, setzte protestierend an, doch Pallin brachte sie mit einer unwirschen Handbewegung zum Schweigen. Mira biss sich auf die Lippe. Nicht einmal das erkannte er ihr zu. Noch nicht einmal ihre Arbeit durfte sie beenden und sie wurde aus der C-Sicherheit ausgeschlossen. „Sir, ich denke…“, versuchte auch Garrus Shepard zur Seite zu springen, doch Pallin warf ihm so einen bedrohlichen Blick zu, dass er abbrach. „Vakarian, das war jetzt schon das zweite Mal. Ein drittes Mal und Sie bekommen eine Abmahnung. Ich sehe es nicht gern, wenn persönliche Sympathien das professionelle Verhalten beeinflussen und nun kommen Sie. Wir haben Arbeit zu erledigen.“ Ohne Mira auch noch eines Blickes zu würdigen trat Exekutor Pallin durch ihre gezogene Absperrung. Mira stand wie versteinert da und rührte sich nicht. Wut und Enttäuschung ballten sich in ihr und ließen sie Schlucken. „Shepard…“, setzte Garrus an und schob sich in ihr Blickfeld. Seine hellblauen Augen blickten sie besorgt an und er legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Geh, Garrus, sonst wirft er dich vielleicht noch dafür raus.“ „Aber…“ „Kein aber! Ich werde gehen. Ich bin erschöpft.“, erwiderte Shepard und sah ihn eindringlich an. Garrus musste endlich aufhören so loyal zu sein. Das könnte ihn seinen Kopf kosten. Der Turianer seufzte ergeben und zuckte mit den Schultern. „Also schön…aber Shepard…wir reden später.“ Mit diesen Worten klopfte er ihr noch einmal auf die Schulter und folgte dann Pallin, der bereits den Leichnam von Nilarus analysierte. Mira blieb allein zurück und so fühlte sie sich nun auch. Allein. Nach einigen Momenten löste sie sich aus ihrer Starre und setzte sich in Bewegung, setzte sich in den Wagen und fuhr zurück. ~*~ „Also Shepard…was ist wirklich in dem Gebäude geschehen? War es Krios?“ Garrus verlor wirklich keine Zeit als er sich zwei Stunden später neben ihr aufs Bett setzte. Mira löste sich aus ihrer deprimierten Körperumklammerung mit der sie auf dem Bett verharrt hatte und sah ihn an. „Wie ich bereits sagte, Garrus, ich weiß es nicht.“, sagte sie ruhig. Zum Glück hatte sie ihre Stimme wieder unter Kontrolle. Als Mira vor gut anderthalb Stunden hier angekommen war und sich aufs Bett gesetzt hatte wich plötzlich all die Anspannung aus ihrem Körper und sie war in ein hässliches Schluchzen ausgebrochen. Ihr Körper hatte sich vor und zurück geschaukelt während ihr klar wurde, dass nun alles vorbei war. Erst vor wenigen Minuten hatte sie sich wieder einigermaßen beruhigt und den Entschluss gefasst Garrus nichts zu erzählen. Er hatte sich solche Mühe gegeben und war so ein großes Risiko eingegangen indem er ihr half, dass sie es nicht übers Herz brachte ihm zu gestehen, dass sie den letzten Schritt nicht gewagt hatte zu gehen. Krios hatte sie verunsichert. Mehr sogar, als sie sich bisher vorgestellt hatte. „Das glaube ich nicht.“, erwiderte der Turianer ernst. „Du hast Pallin so merkwürdig angesehen. Da stimmt etwas nicht. Shepard, du musst vorsichtiger sein. Pallin hat bemerkt, dass da etwas im Gange ist und hat mich ausgefragt. Ich konnte ihn zwar beschwichtigen, doch er wird dich nur noch mehr im Auge haben.“ Mira lachte und fuhr sich durch das Haar. „Noch mehr kann er mich nicht beobachten.“, schnaubte sie frustriert und legte den Kopf auf ihre angewinkelten Knie. Garrus betrachtete sie lange und ausgiebig. Er schien abzuwiegen wie er am besten mehr erfahren würde und wie viel Shepard bereit war ihm zu erzählen. „Du tanzt ziemlich nah am Abgrund.“, seufzte der Turianer schließlich. „Und dabei kann ich nicht tanzen.“, lächelte Mira matt und rieb sich mit zwei Fingern müde über die Augen. Wie gern würde sie Garrus von dem Chaos in ihrem Körper berichten. Nur allzu gerne würde sie sich ihrem besten Freund anvertrauen, aber gerade weil er ihr Freund war, durfte sie ihn nicht noch tiefer mit hineinziehen. Zu viel hatte er bereits aufs Spiel gesetzt um ihr zu helfen. Mira schätzte ihn, mehr als alles andere und sie wusste wie loyal ihr Turianer war. Garrus schien ihre Misere nicht zu bemerken, denn er lachte auf ihre Antwort hin. „Nein, das wirklich nicht.“ Oder tat er es gerade deswegen. Schmunzelnd schüttelte er den Kopf und legte einen Arm um sie. Von dieser freundschaftlichen Geste war Mira völlig überrumpelt und kurz schien es ihre Fassade abzureißen. Es kostete sie alle Kraft um nicht all ihr Leid zu klagen, all die Verzweiflung, all ihre zerstörten Hoffnung und ihre Verwirrung. „Hör mal, Shepard...etwas belastet dich doch, das seh ich dir an.“, fuhr Garrus dann wieder ernst fort und durchdrang sie mit ihrem Blick. „Es ist nichts, Garrus. Ich kam hin und der Baterianer war bereits tot. Ende der Geschichte.“ „Oh nein, das ist nur die Oberfläche. Hinter all dem steckt viel mehr, als du zugibst. Ich dachte ich wäre dein Freund.“ „Das bist du auch, Garrus. Das bist du wirklich. Aber gerade deshalb musst du mir doch glauben.“, flehte Mira und sah ihn bittend an. Er durfte nicht weiter fragen, er musste aufhören, sonst könnte sie ihn nicht mehr beschützen. All die widersprüchlichen Gefühle in ihr kochten und immer und immer wieder sah sie Krios vor sich, sah seine traurigen, tiefen Augen, hörte seine Stimme in Gedanken und ging alles durch. Egal wie oft sie die Situation analysierte, sie kam immer zu dem Schluss, dass ihr Verhalten genau richtig gewesen war. Dennoch... Mira sah auf ein Holo ihrer Eltern, welches seit jeher auf ihrem Nachttisch stand. Sie hatte immer ihren Eltern vorgeschwärmt, dass sie zur Citadell wollte und dort einen einflussreichen Posten einnehmen wollte. Ihre Eltern hatten stets gewollt, dass sie im Kolonialbereich arbeiten würden, wie sie es getan hatten, doch als sie bemerkt hatten, wie sehr Mira davon träumte, hatten sie nachgegeben und mit allem unterstützt, was sie hatte. Wie hätten sie wohl reagiert, wenn sie all das miterlebt hätten? Seitdem sie Krios ging, fühlte sie Stolz für ihre Größe, doch die Zweifel waren tief in ihr verankert. Hätten sie es verstanden. Tränen standen plötzlich in ihren Augen und hastig wandte sie den Blick von Garrus nachdenklichen Augen ab. „Shepard, alles in Ordnung?“, fragte Garrus besorgt und beugte sich zu ihr vor. Er hatte gesehen wohin Shepard geblickt hatte und die Veränderung in ihr bemerkt. „Es ist nichts...ich denke nur über vieles nach, Garrus.“ „Über was denn? Shepard, rede mit mir! Was ist passiert?“ „Es ist nichts gewesen, wie oft noch! Hör damit auf!“, schrie Mira ihn plötzlich mit aller Kraft und sprang vom Bett auf. Aufhören! Garrus sollte aufhören! Er durfte nicht weiter Fragen oder er würde ihren Entschluss und ihre Stärke brechen. Diesen Weg musste sie alleine gehen. Diese Entscheidung hatte sie allein getroffen und die Konsequenzen musste sie alleine tragen. Er durfte nicht noch weiter nachbohren, sonst wurde alles zerbrechen und sie müsste noch eine weitere Last auf ihrer Schulter laden. Garrus sah sie aus erschrockenen Augen an. Entsetzt blickte er sie an und er konnte sich nicht rühren. Mira stockte und schlug die Hände vor den Mund, als sie realisierte, was sie getan hatte. Die beide starrten sich fassungslos an. Nur wenige Zentimeter trennten sie und doch fühlte es sich nun an, als wären sie Kilometer voneinander entfernt. Zwischen ihnen klappte ein Abgrund des Bruches, den Miras Ausraster verursacht hatte. Jeder stand auf der jeweils anderen Seite der Klippe und war auf seine Art und Weise einsam. „Garrus, ich...“ Mira wollte sich entschuldigen, wollte es wieder gerade richten, doch sie fand die Worte nicht. Sie sahen sich nur an und schwiegen. Eine Mauer war zwischen ihnen hochgezogen und versperrten sie voreinander. Eine angespannte, bedrückende Stille ertränkte Mira und sie fühlte den innerlichen Instinkt zu fliehen. Hastig wandte sie sich um und schnappte sich ihre Jacke. „Shepard! Wo willst du hin?“ „Ich geh was trinken.“, erklärte sie rasch und wand sich in die Jacke. „Was trinken?“, sagte Garrus überrascht. „Das tust du doch sonst nie.“ „Mir ist aber jetzt danach.“ „Shepard was...“ „Bitte, Garrus.“ Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn aus qualvollen Augen an, die ihn zurückweichen ließ. „Bitte, frag nicht weiter. Lass mich gehen.“ Garrus sah sie lange an, dann nickte er nur und Mira verschwand schneller aus ihrem gemeinsamen Zimmer, als er gucken konnte. Mira floh vor ihren Sorgen, Ängsten, Verzweiflung und dem Chaos in sich. All das ließ sie beim überforderten Garrus zurück, während sie sich mit der Nacht verschmolz. Sie ließ ihr altes Ich zurück und hoffte ihr erstickendes Chaos zu ertränken. Eines war ihr an diesem anstrengenden Tag auf harte Art und Weise klar geworden: Jede Handlung, jede Tat trug Konsequenzen mit sich, die jeder für sich selbst tragen musste und ihre hatte sie einsam gemacht. Ausgerechnet diese Lebensweisheit hatte sie von einem Attentäter gelernt. Als sie in die kühle Nacht trat, lachte sie hemmungslos über diese Ironie des Schicksals und ging dann ihren Weg ins Black Star um eine dieser schattenlosen Gestalten zu werden, die keine Spuren hinterließen und eine Konsequenzen fürchten musste. Für diese Nacht wollte sie ihr selbst hinter sich lassen und einfach ein nebelloses Wesen werden. Für diese Nacht würde sie ein Nichts werden und einfach alles vergessen. Das war ihr Plan. Große, dunkle Augen beobachteten wie Shepard die Akademie verließ und verfolgten ihren Weg durch die Nacht. Nachdenklich blinzelnd sahen sie der jungen Rekrutin hinterher, bevor sie schließlich in der Finsternis des Abends verschwanden. Das Abenteuer hatte gerade erst begonnen. ~*~ They won't break you Break you They won't bring you to your knees They won't break you... And when the world it starts to burn At the point of no return Keep a hold of Your conviction Tear out the affliction And before the world turns black Stand up and take it back!! Take it back!- Miracle of Sound Kapitel 6: When the world turns upside down ------------------------------------------- 6. Kapitel: When the world turns upside down Der dunkle Bass des Black Stars vibrierte durch Shepards Körper und die grüne Flüssigkeit, in dem kristallklaren Glas vor ihr, tanzte im Rhythmus der elektronischen Musik. Kein Gesang, keine Fröhlichkeit wie die Lieder auf Mindoir, sondern dunkle, mysteriöse Beats, die die Seele in Dunkelheit hüllten. So war die Musik auf der Citadell, so war die Musik der Nacht. Hierher kam man um zu vergessen, sobald man die Tür des Nachtclubs betrat ließ man sein Leben und seine Sorgen hinter sich- nahm für kurze Zeit, für die Dauer einer Nacht eine andere Identität an. Für die dunklen Stunden des Tages konnte man hier sein, wer immer man sein wollte. Jeder Besucher setzte sich eine schöne Maske auf und Niemand interessierte sich für die wahre Gestalt, welche sich dort hinter verbarg mochte. Dunkle Schemen huschten durch das Dämmerlicht, nicht mehr als Phantome der Nacht. Normalerweise mochte Mira diese kalten, isolierenden Orte nicht, wo Niemand zu seinem Leben stand und die Verantwortung nahm. An solch kalten Orten, wo bloß die Ekstase zählte, fühlte sich die junge Frau fehl am Platz. Die Atmosphäre triefte förmlich vor geheuchelter Fröhlichkeit und Mira konnte förmlich die Lasten spüren, die ein jeder Gast hier mit sich herum trug. Die Luft schien von ihnen erfüllt zu sein. Lustlos nahm Shepard ihren Drink und nippte bedächtig daran, den Kopf in die Handfläche gestützt. Normalerweise würde sie sich lieber verbrennen als hierher zu kommen. Sie hassten Masken, sie hasste unverantwortliche Wesen, die nicht zu sich selbst standen, doch dieses eine Mal war dieser Ort genau der Richtige für sie. Für den Moment wollte auch sie sich der Illusion der Sorglosigkeit hingeben und vergessen, was letzten Monat geschehen war. Sie hatte ihn wirklich gehen lassen. Frustriert prustete sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und exte ihr Getränk. Der Nachgeschmack des mit Brandy gemischten Getränkes brannte in ihrer Kehle und ließ ihren eigenen Irrglauben kurz verschwinden. Mira hatte ihm gegenübergestanden, hatte Thane Krios in die Augen gesehen, doch aus irgendeinem Grund, den sie bis jetzt immer noch nicht verstand, hatte sie noch nicht einmal ernsthaft versucht ihn zu verhaften. Ihr Versuch war halbherzig gewesen, eine Verzweiflungstat für ihr Gewissen, wie sie nun vermutete. Aber warum nicht? Warum hatte sie, sobald sie Krios gegenüberstand aufgehört zu kämpfen? War es, weil er sie vor den Sklavenhändler gerettet hatte? Weil er den Baterianer tötete, der ihre Vergangenheit ausgelöscht hatte und einen bitteren Zorn in ihr eingebrannt hatte, wie er seinen Opfern ein Zeichen des Besitzes eingebrannt hatte oder was war der Grund? Diese Fragen hielten sie nachts wach oder ließen wirre Träume vor ihrem Augen tanzen, fast als würden sie sie auslachen. Mit niemand hatte sie darüber gesprochen, noch nicht einmal mit Garrus, obwohl er sie mehrmals nach den Ereignissen des Abends gefragt hatte, doch Mira brachte es nicht über sich ihr Unvermögen ihm gegenüber einzugestehen. „Noch etwas, Schätzchen?“, durchbrach die honigweiche Stimme der Asari ihre Gedanken, welche heute die Barfrau gab. „Nein, danke, Erinthia.“, antworte Shepard. „Es reicht für heute.“ Die Asari nickte und fuhr damit fort die Gläser zu polieren während das Schwarzlicht interessante Facetten auf ihre Haut warf. Die hellen Blautöne ihrer Haut funkelten intensiv in dem speziellen Licht, während die dunklen Nuancen des Blaus in der Dunkelheit verschwanden. Mira kannte die Asari schon länger. Nachdem Anderson sie von Mindoir gerettet und hierher gebracht hatte war ihre erste Anlaufstelle die Bar hier gewesen, eben jener Platz. An jenem Abend hatte sie versucht den Schmerz des Geschehenen zu ertränken und Erinthia hatte sich irgendwann geweigert ihr noch mehr Alkohol auszuschenken und hatte stattdessen nachgebohrt. Völlig beschwipst hatte Mira sogar nachgegeben und ihr alles erzählt. Sie würde sie eh niemals wiedersehen- hatte sie damals gemeint. Irrtum. Eine Woche nach ihrem Einschreiben an der Akademie hatten alle Rekruten beschlossen hier feiern zu gehen. Wer hatte wieder hinter der Bar gewartet und sie mit wissendem Blick betrachtet? Richtig, Erinthia. Seitdem, wie magisch angezogen, kehrte Mira immer hierher zurück, wenn sie etwas beschäftigte. „Wartest du auf jemanden, Shepard? Deine Augen huschen immer wieder in die Schatten.“, bemerkte die Barfrau mit nachdenklichen Blick und starrte in die Dunkelheit der Séparées.“ Mira seufzte und leckte sich unruhig über die Lippen. „In gewisser Weise ja.“, antworte sie bloß und bestellte schließlich doch noch einen Drink. Erinthia schüttelte nur schmunzelnd den Kopf und schenkte ihr ein weiteres Glas ein. Mira ahnte bereits, dass er wieder kommen würde. Es wäre nicht das erste Mal. Der Rhythmus der Beates wurde schneller und die Anwesenden des Nachtklubs zog es wie auf die Tanzfläche. Ihre Körper wogen sich auf den Wellen des Kontrollverlustes und ihre Hände klatschten im Takt des Vergessens. Mira betrachtete es kurz mit etwas Argwohn, wandte sich dann aber wieder von der Menge ab und wog ihren Kopf. Plötzlich bemerkte sie eine kleine Bewegung in ihren Augenwinkeln und ein Schatten bewegte sich direkt neben sie. Mira sah nicht auf, sie löste sich noch nicht einmal von ihren Drink. „Was wollen Sie, Nuara?“ Mira drehte sich nicht zu ihm um, sondern nahm stattdessen einen kräftigen Schluck ihres Drinks und hustete aufgrund des bitteren Nachgeschmacks. Er war einer der Gründe, warum sie ihr Versagen nicht vergaß. „Sie sind unvorsichtig geworden. Es wäre ein leichtes gewesen Sie hier zu verschleppen. Ich dachte Sie hätten aus dem letzten Mal gelernt.“ Die Stimme des Mannes war ein solch tiefer Bass, dass er selbst durch den dunklen Beat der Musik klar zu verstehen war. Mira schnaubte frustriert und umklammerte ihr Glas mit beiden Händen. Sie zitterte, das sah man an den Kreisen, die sich durch den Rest ihres Brandies zog. „Mittlerweile habe ich gelernt, dass plötzlich auftauchende Schatten, die keinerlei Geräusche von sich geben Sie sind. Alle andere verursachen wenigstens etwas Lärm.“, erwiderte Mira spitzzüngig. Dieser Drell trieb sie in den Wahnsinn und dass Krios nun wie selbstverständlich neben ihr stand erschien ihr wie die bittere Höhne des Schicksals. Als deute es mit den Finger auf sie und lachte über Shepard. „Clever oder naiv. Eines von beiden wird es wohl sein.“ Wie immer war die Stimme von Krios monoton. Es war nicht das erste Mal dass sie sich nach jenem Vorfall trafen. Es schien sogar beinahe, als würde der Drell nun Mira verfolgen. „Ich bevorzuge clever, Nuara.“ Langsam drehte Mira ihren Stuhl herum und blickte ihn nun herausfordernd an. Thane Krios lehnte entspannt, aber mit verschränkten Armen, gegen die dünne Wand, die die Séparées abtrennten, und betrachtete sie wie immer aus unbewegten Augen, die zeitgleich aber umso tiefer schienen. Sein Körper schimmerte im spielerischen Licht der Disko in den verschiedensten, faszinierenden Nuancen des Grüns. Seit ihrem ersten Treffen sprach Shepard ihn mit einem seiner Decknamen an mit denen er sich in die Citadell eingeschleust hatte. Sie hatte keine Lust auf die Probleme, die es mit sich brachte, wenn irgendjemand hier seinen Namen aufschnappte. Selbst außerhalb der Unterwelt war Krios gefürchtet. „Das tun sie alle, doch meist ist die zweite Variante der Fall.“, kommentierte Krios ruhig ihren Einwurf und betrachtete sie. Mira schnaubte wütend. Er wollte sie auslachen. Es war seine Art der Häme, dessen war sie sich sicher. Wieder wandte sie sich ihrem Drink zu und nahm einen Schluck. Sie bemerkte wie Erinthia zu ihr herübersah- wahrscheinlich hatte sie ihr schnauben gehört- und irritiert den Kopf neigte. Ja, Drells war immer direkt die Aufmerksamkeit inne. „Also, welcher Verbrecher muss dies Mal dran glauben?“, brachte Shepard es schließlich auf dem Punkt. Sie wollte dieser unangenehmen Situation endlich entkommen. Nun war der triefende Rhythmus keine Zuflucht mehr, sondern ein Käfig. Sie spürte förmlich wie Krios seinen Kopf neigte und sie nachdenklich betrachtete. Sie konnte die großen, durchdringenden Reptilienaugen förmlich auf sich spüren. „Wer sagt, dass ich deswegen hier bin?“, erwiderte er mit dem kalten, selbstbewussten Ton, der Mira einen Schauer den Rücken hinabjagte- halb aus Angst und urtümlichen Fluchtinstinkt, halb aus Faszination. „Weil ich unser Spiel langsam leid bin, Nuara.“, erklärte Mira und warf ihm einen herausfordernden Blick über die Schulter zu. Sie reckte ihr Kinn vor und zog die Augenbrauen hinab. Seit sie ihm gestellt, aber entkommen ließ, erhielt sie immer wieder anonyme Hinweise, die sie zu Krios führten und sie wusste, dass sie von ihm selbst kamen. „Deshalb bin ich hier.“ Thane ließ sich neben ihr auf den letzten freien Stuhl fallen- jeder hatte es bei ihrer grimmigen Aura zuvor vermieden, diesen Platz zu wählen- doch Krios schien die dicke Luft nichts auszumachen, obwohl sie nun auch noch vor Wut zu knistern begann. Mira wusste nicht einmal warum. Er hatte sie vor den Baterianern gerettet und war ganz anders als sie sich jemals einen Attentäter vorgestellt hatte, doch sobald sie ihn sah wurde sie aggressiv und sie vermutete Unsicherheit dahinter. Diese Vermutung machte sie sogar noch zorniger. Niemals hatte Thane seine Ruhe vor ihr verloren, niemals hatte er sich provozieren lassen. Selbst Sätze, die bei jedem anderen zynisch geklungen hätten, klangen bei ihm wie eine höfliche Floskel. Die machtvolle Aura der Gefahr, die den Drell umgab, umhüllte ihn wie ein zweiter Mantel und ließ ihn unangreifbar wirken, obwohl er bloß wieder seinen Ledermantel trug. Thane faltete die Hände auf der Bar und drehte seinen Kopf zu ihr um. Sein Blick durchdrang den ihren und der nachdenkliche Ausdruck nahm sie gefangen. „Meine Mission hier ist bald beendet, danach werde ich nach Illium aufbrechen.“ Er bettete seinen Kopf auf seinen gefalteten Händen und betrachtete die Flaschen in der Bar. „Warum erzählen Sie mir das?“, fragte Shepard mit teils Verwunderung, teils siedender Wut in ihrer Stimme. Nach Illium würde sie ihm nicht folgen können, sie dufte den Verbrecher nur auf der Citadell verhaften- alles andere lag außerhalb ihrer Zuständigkeit. „Weil ich Ihnen etwas geben möchte, bevor ich gehen werde, dass Sie interessieren könnte. Sie waren eine ernstzunehmende Konkurrentin. Niemand hatte es bisher geschafft mich zu stellen. Sehr beeindruckend für einen Rekruten.“ Mira warf dem Drell einen überraschten Blick zu. Irrte sie sich oder lobte Thane Krios sie gerade? „Das einzige, was Sie mir geben könnten, was mich interessiert, sind Sie in Handschellen, Nuara.“ Sie konnte sein Kompliment einfach nicht akzeptieren. Zu tief saß der Schmerz in ihrer Brust, die seine Anwesenheit mit sich brachte, zu sehr rief es die Erinnerungen an ihr Versagen in Mira hervor. Er war es, der alles woran sie glaubte ins Wanken brachte. „Wissen Sie, ich sitze hier seelenruhig neben Ihnen und Sie haben es kein einziges Mal versucht nach jenem Abend.“ Thanes Blick schweifte über ihr Gesicht und ließ sie unruhig werden. Warum wurde Mira das Gefühl nicht los, dass sein tiefer Blick ihre wahre Seele zum Vorschein brachte? „Ich bin nicht dumm.“, erwiderte sie barsch und leerte ihr Glas um das aufkommende Unwohlsein zu verbrennen. Krios betrachtete sie noch immer mit demselben, ruhigen Blick. „Sie würden mich töten.“ „Das weiß man erst, wenn man es versucht hat.“, gab er zu Bedenken und schloss kurz die Augen. Für den Hauch eines Moments schienen seine Pupillen hinter den geschlossenen Lidern zu flackern, doch dieser Eindruck verschwand sofort. „Ich habe nicht vor bei dem Versuch zu sterben.“, bekräftigte sie noch einmal ihre Aussage und wandte sich von ihm ab. Mira fühlte wie ihr Inneres in Aufruhr geriet. „Und wenn ich es darauf anlege, dass Sie es noch einmal versuchen?“ Es war kein Scherz, nein, dafür war seine Stimme zu ernst. Dahinter steckte mehr. Mira runzelte die Stirn und diesmal war sie es, die forschend in das Gesicht des Drells sah. Seine Augen starrten ins Leere und fokussierten nichts spezielles, es schien mehr, dass er in einer entfernten Welt hing. Auf einmal bemerkte Mira, wie seine Aura sich verändert zu haben schien. Sie war nun nicht mehr warnend, sondern schien voller Kummer zu sein. Verständnislos schüttelte Shepard ihren Kopf. Trauer? Gar sogar Reue und das bei einem Attentäter? Das passte überhaupt nicht in ihr Bild und doch erschien ihr diese Erkenntnis richtig, obwohl es so unwahrscheinlich schien. Thanes Lider sanken herab, bedeckte die Hälfte seiner Augen und seine Haltung wirkte nun nicht mehr selbstbewusst, sondern eher...melancholisch. Wollte er wirklich von ihr verhaftet werden? Das würde erklären, warum er selbst sie auf seine nächsten Ziele hinwies, doch was steckte dahinter? Wieso wollte er verhaftet werden? Es erschien der jungen Rekrutin jedoch so unwirklich, dass sie den Kopf schüttelte. Warum sollte der beste Attentäter wollen, dass er gefasst wurde? Das war doch irrwitzig. „Ich hätte nie gedacht, dass Sie auf Handschellen stehen...“ Shepard wusste sich nicht anders aus der unangenehmen Situation zu retten als einen Witz zu reißen. Krios drehte seinen Kopf zu ihr herum und der vorher eher stumpfe Ausdruck in seinen Augen erwachte wieder. Irrte sie sich oder sah sie sogar das Zucken eines Lächelns um seine Mundwinkel? Es war schwer zu sagen in dem dämmrigen Licht des Black Stars. Doch selbst wenn es so gewesen war, so wurde Thanes Blick augenblicklich wieder ernst und sein Gesicht verwandelte sich wieder in seine professionelle Maske. Nun war es wieder unmöglich irgendeine Emotion in ihm abzulesen. Mira schnaubte. Sie hasste Masken wirklich und seine war besonders gut. „Es ist Ihre letzte Chance mich festzunehmen, bevor Ihre Zeit abläuft.“, murmelte er leise und obwohl er seine Stimme senkte, konnte Shepard ihn doch klar verstehen. Generell passte sie hervorragend zu seinem mysteriösen Auftreten. Sie hatte beinahe etwas Hypnotisches. „Ich weiß...“, seufzte Shepard und strich sich wieder die Haare aus dem Gesicht. Legte ihr müdes Gesicht in ihre Armbeuge. „Worauf warten Sie dann? Ich sehe doch, dass Sie ihre Handschellen selbst hier bei sich tragen.“ Mira stutzte überrascht. Thane hatte es bemerkt? Dabei hatte sie das kühle Metall sorgsam versteckt. Auf den Straßen wurde man sonst komisch angesehen. „Soll das eine Herausforderung sein?“, fragte sie verwirrt und sah zu ihm auf. Auch Thane begegnete ihren Blick, bevor er seinen Kopf leicht schüttelte. „Nein. Ich werde Sie nicht töten.“ „Worum geht es Ihnen dann, Nuara? Ich werde aus Ihnen nicht schlau.“, fragte Mira in ihrer Verzweiflung. „Das werden nur die wenigsten…doch wann versteht man schon sein Gegenüber wirklich?“, sagte Thane Krios bedächtig und ließ seinen Blick durch den Nachtklub schweifen und verharrte in einer Ecke. Mira folgte seinem Blick und sah wie eine Tänzerin ihre Show auf einem Tisch- umringt von einem verlegenen Salarianer und grölenden Menschen- ihre freizügige Show zeigte. Verächtlich schnaubte die junge Rekrutin und wandte sich von dem Anblick ab. Typisch Asari. Entweder Stripperinnen oder Zicken oder gar beides. Musste wohl grad der frühere Lebensabschnitt ihrer 1000 Jahre sein. Erinthia sagte, dass man sie bei den Asari die jungfräuliche Phase nannte, doch Mira bezweifelte, dass diese Tänzerin noch wirklich jungfräulich war. Krios bemerkte ihre Verachtung und warf ihr einen fragenden Blick zu. Irritiert blinzelten seine großen Augen sie an und er neigte den Kopf schief. „Ihr Menschen seid wirklich seltsame Wesen…“, murmelte er leise auf Grund des gesehen Kontrastes und ließ Mira wieder bewusst werden, wer da neben ihr saß. Blitzschnell fuhr sie zu ihm herum und betrachtete ihn aus engen Schlitzen. Es schien, als erwartete ihr Körper noch immer eine Kugel im Rücken, wohingegen ihr Geist sich angesichts der Begebenheiten relativ normal mit Thane unterhielt. Ganz tief in ihr, vergraben, unter ihrer Verunsicherung, wuchs sogar ein Teil heran, der die Gespräche mit Krios genoss. Der Drell war wirklich anders als alle Männer die er bisher getroffen hatte. Sicherlich, die Matriarchinnen der Asari, die bereits ihren letzten Lebensabschnitt erreicht hatten- so wie Erinthia- waren durchaus sehr weise. Viele Aliens fühlten sich zu so einer Asari hier auf der Citadell hingezogen. Sie nannte sich die Konsortin. Rekruten, die einen heißbegehrten Termin bei ihr ergattert hatten, berichteten von einer solchen Macht der Empathie, die ihr Leben verändert hatte. Shepard selbst hatte nie das Bedürfnis gefühlt sie zu besuchen. Sie wollte selbst ihren Weg finden. Aber worum es wirklich ging war, dass Krios reifer war, als die Männer mit denen sie sonst sprach. Mit Garrus konnte sie herumalbern und lachen, doch Thanes Art war anders und es gefiel ihr- so schwer einzugestehen es auch war. Sie war nie eines dieser viel kichernden Mädchen gewesen. Mira hatte das Gefühl, dass sie seit Mindoir sich geistig wesentlich schneller entwickelt hatte als ihre Kollegen es taten. Verdammt, bei manchen ihrer Ausbildungsgefährten hatte sie sogar das Gefühl, dass sie sich zurück entwickelten. „Ihr Drells seid auch nicht gerade einfach zu verstehen. Sie ins besonderen, Krios…“, murmelte sie leise und beide sahen sich überrascht an, als sie bemerkten, dass Mira ausversehen seinen Namen hatte fallen lassen. Der Nachwind des Wortes schwebte zwischen ihnen und Mira spürte, dass sie ihm wieder einen weiteren Schritt zuerkannt hatte. Erst hatte sie seine Gegenwart akzeptiert und nun nahm sie seinen Namen hin, versuchte seine Identität nicht mehr hinter einem Decknamen verstecken. Mittlerweile, so wurde ihr bewusst, war es ihr egal, ob ein anderer Beamter der C- Sicherheit oder wer anders bemerkte, dass sie mit Krios zusammen war, denn sie hatte schon längst die Hoffnung aufgeben je ein Teil von der Polizei zu werden. Trotz Krios Hinweisen war sie jedes Mal zu spät gekommen, doch im Endeffekt war selbst das egal. Es ärgerte sie nicht, wie sie es vermutet hatte. Im Verlauf des letzten Monates hatte es sich zu einem Fangspiel entwickelt- sie waren wie Katz und Maus. Gefangen in ihrem eigenen Tanz näherten sie sich einander an und entfernten sie sich schließlich voneinander. Niemand von ihnen war gewillt stehen zu bleiben. Mira gestand sich ein, dass dieses Spiel ihre größte Herausforderung gewesen war. Im Unterricht hatte sie sich meist dröge gefühlt, unterfordert von den Erwartungen, die ihre Lehrer an sie stellten. Krios hinterher zu jagen, hatte das Adrenalin in ihre Adern zurückkehren lassen und sie fühlte sich wahrlich gefordert, doch nun merkte sie, dass sie dessen überdrüssig wurde. Eine Entscheidung stand an. Nicht nur Krios Abreise rückte näher, sondern auch ihre Entscheidung, ob sie ihre Ausbildung schmeißen sollte oder ob sie ihn nun festnahm. Lange hatte Mira diese Entscheidung vor sich hergeschoben, doch nun musste entscheiden wohin sie ging: Nach links oder nach rechts. Sie sah Krios an, der sie mit nachdenklichen Augen betrachtete, seinen Kopf auf die Hände gebetet, während er kein einziges Mal blinzelte. Er schien zu spüren, dass Mira beschlossen hatte nun endgültig reinen Wein einzuschenken und er schien nicht gewillt ihr die Verantwortung abzunehmen. Nein, er hatte sein Schicksal wirklich in ihre Hände gelegt, das hatte sie gespürt. Die Frage warum hatte sie längst aus ihren Überlegungen verbannt. Sie machte alles nur ungleich schwerer. Nein, Mira versuchte ihren Schluss außerhalb persönlicher Gefühle wie Verzweiflung und Dankbarkeit zu fällen- etwas, was ihr schwerer fiel, als sie jemals vermutet hatte. Mira kaute geistesabwesend an ihrer Unterlippe, während sie alles noch durchging, alle Pro und Contras abwog. Es war wirklich schwer. Früher war für Mira Schwarz und Weiß klar definiert gewesen und sie hatte nie Probleme gehabt eine solche- vermeintliche- rationale Entscheidung zu treffen. Mira hatte gemeint zu wissen, wer gut und wer böse war. Wer Gnade verdient hatte und wer nicht. Sie erinnerte sich daran, wie sie manchmal Garrus ausgelacht hatte, als er Zweifel an der Schuld eines eingesperrten Verbrechers hatte. Ob schlimme Vergangenheit oder nicht, ob Notwehr oder sonst etwas, aus Miras Sicht hatten all diese Gründe nicht das Recht eine Straftat zu erklären. Sie selbst, die durch die Hölle auf Mindoir gegangen war, die das Feuer des Hasses und die Wut im Bauch nur zu genüge kannte, hatte sich schließlich niemals zu einer solchen Tat hinreißen lassen, sie verunglimpfte noch nicht einmal alle Baterianer dafür. Bevor sie Krios getroffen hatte, war ihr klar gewesen, dass besonders Attentäter keine Gnade verdienten, denn sie töten nur um des Geldes wegen und vermutlich auch noch, weil es ihnen Spaß machte. Nein, in Miras kleiner, gedanklichen Welt hatte es nur Schwarz und Weiß gegeben, doch in all ihren Gesprächen mit Thane Krios und all ihrem Nachdenken war ihr klar geworden, dass sie schon längst die Grauzone betreten hatte. Die Grenzen ihrer eigenen, persönlichen Rechtsprechung waren verschwommen und Mira war sich nicht sicher wohin ihre geistige Entwicklung sie überhaupt führen würde. Sie vermutete, dass sie das Ende ihres Traumes bei C-Sicherheit bedeutete, da sie nun nicht mehr gewillt war in Schwarz und Weiß zu sehen, wo sie nun auch Grau kannte. Mira sah nicht ein, warum Krios dafür bestraft werden sollte, dass er da aufräumte, wo der Besen der Gerechtigkeit nur willkürlich den Schmutz der Gesellschaft aufkehrte. Nein, diesen Weg war sie nicht mehr gewillt zu gehen. Es bedeutete zwar ihre persönliche Niederlage gegenüber Pallin, doch die andere Richtung würde sie ihre Erkenntnis Kosten und ihr neues Selbst. Auch wenn Mira es nie gedacht hätte, dieser Preis war ungleich höher. „Sie sagten, dass sie des Spieles müde sind?“, durchbrach Krios fragende Stimme ihren Gedankengang und nun blinzelte sie schnell. Ihr Blick war in die Ferne abgeglitten, doch nun kehrte er zurück und sie sah Krios aus wachen Augen an. „Wir haben lange genug umeinander herum getanzt, Krios. Ich bin darin nicht besonders gut.“ Ein mattes Lächeln stahl sich über ihre Lippen und sie trank den letzten Schluck des Drinks. „Sie sagten, Sie seien deswegen hier?“ Thane Krios nickte bedächtig und behielt ihre Mine fest im Blick. Mira war es egal. Lang vorbei war die Zeit indem seine Aura sie einschüchterte, längst vergangen der Tag an dem diese wachen Augen sie verunsicherten. Mira hatte sich an sie gewöhnt und hatte es als Teil seines Wesens akzeptiert. „Ich habe gestern Morgen eine interessante Nachricht erhalten.“ „Ihr letztes Ziel nehme ich an?“, fragte Mira ruhig. Wie gelassen sie gegenüber seinem nächsten Ziel war. Mira wusste, dass Krios sicherlich bedächtig wählte und sie vertraute darauf, ja sie vertraute wirklich darauf, unfassbar, dass sein Opfer es verdient hatte. Krios jedoch schien zu zögern und zeigte eine Spur von Unsicherheit. Seine Augen wanderten unruhig durch den mittlerweile brechendvollen Klub. Der Beat des Liedes, der durch ihre Ohren dröhnte, wurde immer schneller, hypnotischer, lockender und Mira spürte wie ihr Herz sich diesem ungreifbaren Rhythmischen Band anpasste. Oder war es doch etwas anderes? „Krios?“, fragte sie wieder, bewusst, dass nur sein Name ihn aus seinem geistigen Drift befreien würde. „Eine Anfrage…“, stellte Krios schließlich mit rauer Stimme klar und leckte sich unbewusst über die Lippen. „Für wen und was hat das mit mir zu tun?“ „Dazu komme ich noch…“, erwiderte er hart und seine Gesichtszüge veränderten sich. Sie wurden steinern, als wolle er sich gegen das bevorstehende wappnen. „So?“ Nun wurde Mira misstrauisch. Etwas in der Art und Weise wie er mit ihr sprach, wie seine Körperhaltung war, stimmte sie unruhig. Äußerst unruhig. Ihr Körper witterte Gefahr und ein drohendes Unheil. „Der Auftraggeber hat mir eine große Summe für seinen Tod geboten.“ Krios Stimme tastete sich vorsichtig vor, als überprüfe sie wie Mira reagierte. „Mir gefällt nicht wie Sie das sagen, Krios. Es bereit mir Sorgen.“, sagte sie und blickte in aus skeptischen Augen an. Eine Augenbraue hob sich in die Höhe und sie sah, wie Krios den Blick abwandte. Langsam holte der Drell ein Datenpad aus seiner Tasche und schob es Mira bedächtig zu. Mit geschickten Fingern angelte sie das Pad und öffnete die Datei, die ihr Krios ihr anwies. Ihre schlanken Augenbrauen senkten sich hinab, als sie durch die E-Mail las. „Ich habe wie gewohnt einige Nachforschungen angestellt über ihn…und bin dabei auf etwas Interessantes gestoßen.“ Thane Krios Blick ruhte auf ihr und er beobachtete jede kleine Bewegung ihrer Mimik. Mira reagierte hingegen nicht auf seine Äußerung, die sie hätte unruhig stimmen müssen, sondern las weiter ihre von ihm zuerkannte Belohnung. Alles klang beunruhigend normal. Übliche Ausschweifungen warum das Ziel getötet werden sollte, kurze Vorstellung des Auftraggebers, Treffpunkt und Honorar. Mira stockte. Krios hatte nicht untertrieben. Die Summe, die er für ein erfolgreiches Attentat erhalten sollte, war beachtlich. Äußerst beachtlich. Das ungute Gefühl in ihrem Magen wuchs bedrohlich an und er verkrampfte sich. „Krios…wer ist das Ziel?“, fragte sie vorsichtig und zog eine Augenbraue hoch. Thanes Blick war ruhig, aber tief versteckt glomm Sorge. Seine Lippen kräuselten sich, bevor er antworte: „Er ist im Anhang…das Passwort…“ „Ja, ja, im Hacken bin ich gut, geht schneller und Sie müssen es nicht preis geben.“, erwiderte Mira harsch und begann damit wild auf ihr Universalwerkzeug einzutippen. Die junge Rekrutin hielt Wort. Innerhalb einer Minute war Thanes sicheres Passwort für den Datenpunkt gehackt. Sie bemerkte nicht, dass Krios sie mit einem anerkennenden Blick betrachtete, während ihre hellblauen Augen über die sich neueröffnenden Daten flog. Mira stockte, als sie den Namen las und warf entsetzt das Datenpad von sich, so als hätte sie sich verbrannt. Mit einem lauten Klirren rutschte es an der Wand des Nachtclubs hinab und schlitterte über den Boden. Vor Angst aufgerissene Augen starrten Krios an, während ihre Lippen bebten. Krios erwiderte den vorwurfsvollen Blick, hielt ihm stand. Miras Herz raste durch den Gefühlscocktail aus Angst, Wut und Verzweiflung. Es durfte nicht wahr sein. Nein, nein, nein! Verzweiflung übermannte sie und ließ ihre Augen vor Wuttränen brenne. Blitzschnell schnappte sie den Arm von Thane Krios, hob ihn aus seinem Stuhl und zog ihn mit hinüber zum Separee, während sie Erinthia einen warnenden Blick zu warf. Die Asari neigte ihren wohlgeformten Kopf nachdenklich, als sie ihre Stammkundin mit dem Drell in der Dunkelheit des abgetrennten Bereichs verschwinden sah, zuckte dann aber mit den Schultern und fuhr fort ihre Gläser zu polieren. Das würde Shepard schon alleine regeln. Mira warf Krios so schnell gegen die hölzerne Abtrennwand des Privatbereiches, das selbst seine Reflexe ihn nicht schützen konnten. Krachend schlug er gegen die Wand, taumelte und fing sich schließlich, während seine Augen sie überrascht und erschrocken zu gleich ansahen. Ihr Herz raste- angetrieben von dem Adrenalin und der Wut in ihrem Blut. „Sie werden Garrus kein Haar krümmen.“, knurrte Mira ihn an und alles Wohlgesinnte, Freundliche war aus ihrem Gesicht verschwunden. Unverhohlener Zorn funkelte in ihren wasserblauen Augen. Ihre Hände gruben sich schmerzhaft fest in seine Schultern. Ihre Augen waren nur noch schmale Schlitze, während Wut und Abscheu wie Blitze durch ihre Augen zuckten. „Aber ich…“, setzte Krios zu seiner Verteidigung an, doch Mira schnitt ihn mit eisiger Stimme das Wort ab. „Ich lasse nicht zu, dass Sie ihn töten, Krios.“ Zorn durchtränkte Miras Stimme und ließ sie dunkel wie die Nacht klingen. Thane warf ihr einen mittlerweile ungeduldigen Blick zu und seine Augen schmälerten sich, während sich seine Lippen kräuselten, als wäre er beleidigt. Es war die erste wirkliche Gefühlsregung in seinem Gesicht, doch Mira war zu aufgebracht um sie wahrzunehmen. „Für wen halten Sie ich eigentlich?“, sagte Krios angesäuert und er befreite sich mit einigen schnellen Bewegungen aus Miras eisernem Griff. Seine Stimme wurde rauer, härter, als er sich aus ihrem Griff wand und plötzlich hinter ihr stand. „Haben Sie nicht mittlerweile verstanden, dass ich so nicht bin?“ „Sie sind ein Atten...“ „Ich habe abgelehnt.“, fuhr Krios sie wütend an und seine dunklen Augen verschmälerten sich. „Was?“ Krios seufzte und fuhr sich mit beiden Fingern über seine Augenbrauenknochen „Sie rauben mir echt noch die letzten Nerven...ich dachte Sie hätten es verstanden. Ich habe den Auftrag abgelehnt... ich muss zugeben, ich war ziemlich überrascht, als ich bei meinen Nachforschungen auf Sie traf.“ Langsam lehnte sich Thane Krios gegen einen der hölzernen Stühle in dem abgetrennten Bereich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie...wollen nicht...“, stotterte Mira und war überfordert. „Nein, sonst hätte ich Sie doch nicht direkt aufgesucht.“ Schließlich hob er den Blick und er warf Mira zurück. Krios schien ernsthaft enttäuscht von ihr zu sein und das traf sie härter, als sie gedacht hatte. Der Drell hatte ihr vertraut, ihr sein Leben anvertraut und noch immer glaubte sie, dass sie ihm so etwas vorwarf. Doch es war auch für Mira schwer mit der neuen Situation umzugehen und ihre Erkenntnisse zu akzeptieren. „Krios...ich...“ Mira stockte und holte tief Luft. Leise seufzend rieb sie sich über ihre Augenbrauen und strich sich eine ihrer Ponysträhnen aus dem Gesicht. Es fiel ihr nicht leicht, doch sie sprang schließlich doch über ihren Schatten. „Es tut mir Leid...“ Sichtlich überrascht blinzelte der Attentäter und sah Mira mit geneigtem Kopf an. Offensichtlich hatte sich lang keiner mehr bei ihm entschuldigt, doch Mira war nicht so eine, die bis zu Letzt auf ihrem Standpunkt verharrte, nur weil sie ihren Stolz nicht beiseiteschieben konnte. Sie war gewillt sich zu entschuldigen und ihre Meinungen zu korrigieren, wenn es denn einen Anlass dafür gab. „Der Kunde war nicht besonders erfreut, als er von meiner Absage erfuhr.“ Thane blickte sie aus unheilverheizenden Augen an und blinzelte müde. „Ich denke, es ist ihm so wichtig, dass er einen weiteren Attentäter beauftragt haben könnte und der wird wahrscheinlich keine Gnade mit ihrem Turianerfreund haben.“ „Das befürchte ich auch...“, antwortete Shepard und rieb sich über ihre Nase. Das seltsame Paar schwieg und sah sich einfach nur an. Ihre Umgebung hörte einfach auf zu existieren. „Also...wer könnte ihren Freund töten wollen?“, fragte Krios schließlich und brach seine abweisende Körperhaltung. „Wissen Sie das nicht, Krios?“ „Nein...die Anfragen gehen anonym bei mir ein. So ist es für beide Seiten sicherer. Ich bekomme den Namen des Ziels und einen Vorschlag des Honorars. Danach stelle ich Nachforschungen an und entscheide, ob ich den Auftrag annehme. Erst wenn ich zustimme, erhalte ich die Kontaktdaten und somit auch, wer mich beauftragt hat. Danach kann ich aber auch nicht mehr zurück.“, sagte Krios und beantwortete somit die Frage, die der jungen Frau bereits auf der Zunge lag. „Ich verstehe...“, murmelte sie schließlich. Mira überlegte Fieberhaft. Wem hätte Garrus etwas getan haben können, dass er bereit war eine immense Summe an den besten Attentäter zu bezahlen, bloß um einen frischen C-Sicherheit Beamten zu erledigen. Ihre Gedanken wanderten durch ihre Erinnerungen, riefen alles wieder hervor, was Garrus eventuell erwähnt haben könnte. Immer und immer wieder ging sie alles durch, während ihre Finger an ihrem Kinn rieben. Ihr Freund war eigentlich bisher immer mit jedem ausgekommen. Wer also hätte Interesse daran ihm zu schaden? Dann, plötzlich, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Natürlich...“ Sie schnipste mit den Fingern und sah Krios an, der sie nachdenklich betrachtete. „Rache!“, rief Mira beinahe begeistert aus, als sie das Rätsel löste. Sie bemerkte gar nicht wie der Drell ihr gegenüber einen irritierten Blick zu warf und sich durchaus fragte, ob sie nicht doch etwas zu viel getrunken hätte. „Wie meinen Sie das?“, fragte Krios schließlich vorsichtig und trat einen Schritt auf sie zu. Mira sah ihn an und erklärte: „Garrus hatte zwei Tagen bevor wir uns trafen seine Prüfung bestanden. Sein Auftrag war ein Sklaven- und Drogenhändler. Vielleicht will ein Companien ihn töten lassen, eben weil er diesen Baterianer verhaftet hat.“ Thane wog nachdenklich den Kopf und dachte über das nach, was sie soeben gesagte hatte. Mira sah ihn gebannt an. Sie fragte sich noch nicht einmal, warum Krios ihr helfen wolle. Es interessierte sie nicht, dass sie noch vor einem Monat alles getan hätte um ihn zu verhaften, dass sie sauer auf ihn gewesen war, weil er ihre eigene Rache zerstört hatte. Statt alldem stand sie nun hier und versuchte ihren Freund zu retten. Denn das, war das einzige Relevante in diesem Moment. Sie musste Garrus retten und genau das brach ihre letzten Grenzen auf. Aus dem Schwarz, was Krios einst wie ein Schatten umgeben hatte, als Mira bloß den Attentäter gesehen hatte, war das Weiß des reinen Schnees geworden, denn nun war er ihr Verbündeter. „Das ist durchaus möglich... Wüssten sie einen Zeitpunkt, wann er besonders gut angreifbar wäre?“ Mira überlegte angestrengt, doch dieses Mal dauerte es nicht so lange wie zuvor, bis sie zur Lösung kam. Geschockt weitete sie die Augen. „Um Himmels Willen...er wollte sich heute bei den Docks mit seinem Vater und seiner Schwester treffen, die extra von Pallaven hergekommen sind um ihn zu gratulieren. Ich muss ihn warnen.“ Blitzschnell rannte Mira aus dem Separee, bevor Krios noch ein Wort verlieren konnte. Ihr Herz schlug schmerzhaft fest gegen ihre Brust. Hektisch warf sie sich die Jacke über und brüllte Erinthia zu, das sie morgen bezahlen würde. Angst überspülte sie, riss sie fort. Jemand wollte ihren besten Freund töten. Heute Nacht! Sie musste sich beeilen, sie durfte nicht zu spät kommen. Ohne Garrus würde diese Welt nur noch öde und grau sein. Mira drängelte sich durch das Gefühle von Körpern, versuchte schnellst möglich diesen Ort zu verlassen, doch immer wieder stand ihr Jemand im Weg, was sie rüde Fluchen ließ. Die so angerempelten wurden, warfen der Rekrutin meist brüskierte Blicke zu, doch sie wurden ignoriert. Miras Augen fixierten nur die Tür, das Ende dieses Raumes aus Gewusel und tanzenden Körper. Wie konnte die Welt nur fröhlich sein, wo ihr bester Freund in Lebensgefahr schwebte? Sie konnte es nicht fassen. Thane Krios war plötzlich neben ihr, tauchte aus dem Schatten des Clubs auf und hielt sie am Handgelenk fest. Mira knurrte erbost und riss ihren Arm nach oben um endlich loszukommen, doch der Drell ließ nicht locker. Vor Wut funkelende Augen starrte Mira in seine ruhigen Reptilienaugen. „Warten Sie!“ „Lassen Sie mich los, Nuara!“, drohte sie und nutzte nun instinktiv wieder seinen Decknamen, damit keiner der Anwesenden mitbekam, dass er da war. Mit dieser Aktion hatte Krios den gewonnen Schritt wieder verloren. „Ich werde Sie begleiten...“, sagte Krios ruhig durch das Dröhnen der lauten Musik und taxierte Shepard mit einem besorgten Blick. „Das werden Sie nicht! Niemals“ „Sie können die Welt nicht alleine retten.“, erwiderte der Drell geduldig und sein Griff verstärkte sich um ihren Arm, den Mira noch immer erhoben hatte. Ein wütendes, urtümliches Knurren entwich Mira, als sie angriffslustig die Zähne blickte. Panik und Sorge hatten ihre Selbstbeherrschung fortgespült und eine siedende Glut des Zornes zurückgelassen. In diesem Moment war sie nicht mehr Herrin über ihre Sinne. „Und ob ich das kann.“ „Lassen Sie mich helfen.“ „Den Teufel werde ich tun. Ich traue Ihnen nicht, Nuara. Ich werde nicht zulassen, dass Sie in Garrus Nähe kommen.“, schmetterte Mira Thane Worte entgegen mit denen er gerechnet hatte, die ihm aber mehr schmerzten, als er vermutet hatten. Erschrocken trat er einen Schritt zurück und ließ sie dabei los. Mira nutzte die Chance und brachte die letzten Meter hinter sich und verschwand durch die Tür. Sie hatte nicht beabsichtigt ihn zu verletzten, Mira hatte noch nicht einmal die Wirkung ihrer Worte bedacht. Ihre Angst um Garrus hatte ihr jegliches Urteilsvermögen geraubt und sie hatte bloß auf Instinkt reagiert, hatte ignoriert, was sie über Thane Krios an Erkenntnis gewonnen hatte. In diesem animalischen Drang, das zu beschützen, was sie selber bewahrte vor dem Schrecken in ihrem Leben, hatte sie Krios misstraut und wieder nur den Attentäter in ihm gesehen. Sie ahnte ja nicht, wie sehr sie Thane damit verletzt hatte. Wie hätte den Mira wissen sollen, dass sie Thanes erster sozialer Kontakt seit einem Jahr war, der sich nicht auf einen Auftrag beschränkte? Jeder hatte Angst vor ihm- vielleicht zu Recht. Thane sah sich, egal wohin er als er selbst ging, Angst und Misstrauen gegenüber. Selbst seine Auftraggeber fürchteten ihn, waren ihm gegenüber äußerst vorsichtig. Meist war das berechtigt. Wer den Schritt ging ihn zu beauftragen, war durchaus oft in dem Klientel, was er tötete. Es war schon um ein ums andre Mal vorgekommen, dass er einen früheren Auftraggeber getötet hatte. Das hatte sich herum gesprochen und jeder fürchtete vor Thanes Profession, war beängstigt von seinen Fertigkeiten. Mit traurigen Augen sah Thane Krios der Frau hinterher, die ihn seit langem als er selbst akzeptiert hatte, die sich normal mit ihm unterhalten und sich sogar bei ihm entschuldigt hatte. Selbst als er ihr als der erschreckende Todesengel gegenübertrat, der er für sie war, hatte sich die außergewöhnliche Frau zwar gefürchtet- verständlicherweise-, doch ihre Augen hatten Thane mit solcher Entschlossenheit und Mut angesehen wie noch nie Jemand zuvor. Sie war als Einzige bereit gewesen sich ihm zu stellen. Ihm und seiner Person, die er war. Sie war so anders gewesen, dass es sein Interesse geweckt hatte. Gefühle waren aus Thanes Lethargie hervorgedrungen, die längst verdrängt geglaubt hatte und er wollte ihr helfen. Er wollte ihr wirklich nur helfen, doch auch das hatte ihm sein Beruf verwehrt. Wieder einmal merkte der Drell wie viel er ihm verwehrte. Obwohl die Menschenfrau begonnen hatte ihm zu vertrauen und Thane ihr den Tipp für ihren Freund gab, reichte dieses zart geknüpfte Band nicht um ihr Misstrauen im entscheidenden Moment zu zerstören. Das Weiß des Schnees, der Unbeflecktheit, dem Wunsch, dass sie eventuell darüber hinweg sehen könnte, was er tat und ihn einfach als den Thane zu sehen, war von Schmutz verdreckt. In diesem Moment wurde der reine Schnee blutbefleckt und Thane Krios streifte für sie wieder den schwarzen Umhang des Phantoms des Todes über. Nun gut, dann würde er seinem Beruf halt nachgehen, wenn sie ihm keine andere Wahl ließ. ~*~ Könntest du einmal nur durch meine Augen sehn! Dann würdest du mich nicht länger missverstehn. Wir sind wie zwei Boote in der Nacht. Jedes hat sein eig’nes Ziel und seine eigne Fracht. [...] Wir begegnen uns auf dem Meer, und oft fällt der Abschied uns schwer. Wir begegnen uns auf dem Meer und sind mehr allein als vorher. Boote in der Nacht- Elisabeth Kapitel 7: Fighting for the future ---------------------------------- 7. Kapitel: Fighting for the future Die Tür sprang beinahe erschrocken auf, als Mira Shepard sich ihr näherte und auf den Knopf haute. Zischend zogen sich die Türflügel in ihre Schiene zurück und Mira rannte in ihren Schlafraum. Hoffnungsvoll sah sie sich in um. Vielleicht war Garrus ja noch nicht aufgebrochen, doch ihre Hoffnung wurde schnell zerstört. Garrus Bett war leer. Bloß seine Decke lag zerzaust wie immer auf dem weißen Laken. Mira seufzte und sackte kurz gegen die Wand, als ihr Wunsch ihn noch abzufangen, bevor er zu seiner Familie aufbrach, zerschellte. Frustriert strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und überlegte wie sie nun am schnellsten zu den Docks kam. Wenn sie doch nur wüsste, wie lange er bereits weg war. Die Angst um ihren Freund schwoll an und drohte sie zu überspülen. Was konnte sie nur tun? Sie würde ihn doch niemals erreichen. „Verdammt!“, fluchte sie und schmetterte ihre Faust mit aller Kraft gegen die Wand. Ein gleißender Schmerz durchzuckte ihren Arm, als er gegen das harte Metall krachte und überdeckte kurz ihren innerlichen Schmerz. Ein dumpfes Pochen verblieb in ihrer Faust, die unheilvoll pulsierte. Vermutlich hatte sie sich gerade eben die Hand gebrochen. Großartig, Shepard. Wie immer perfektes Timing. „Hey…Shepard, was ist los? Siehst besorgt aus. Vielleicht Schlafmangel? Nein, nein, Haut nicht fahl genug dafür. Übelkeit, Frustration?“, sprach sie eine schnelle, hohe Stimme an und Mira sah auf. „Maronas!“, sagte sie überrascht. Mira hatte den Salarianer, mit dem sie sich das Zimmer teilte, gar nicht bemerkt. Die hochgewachsene, schlanke Gestalt saß auf ihrem Bett in der hintersten Ecke des Zimmers und las gerade ein Datenpad, während auf dem Display seines Universalwerkzeuges einige technische Algorithmen hinabrasselten wie orangefarbener Schnee. Mira mochte den Salarianer auch wenn er unglaublich schnell redete- lag an dem schnellen Stoffwechsel und somit den schnellen Gedanken der Salarianer. Sie redeten immer Bruchstückhaft und sprachen jeden Gedanken aus. Er war allerdings kein Rekrut wie sie, sondern ein Auszubildender der Technikabteilung für die Citadell Sicherheit. Maronas würde niemals in den öffentlichen Streifendienst gehen, sondern würde für die Abhörungen, Wanzen und Computerscans sorgen, die Mira später eventuell benötigen würde. Vorausgesetzt sie beschloss Thane Krios doch auszuliefern. „Maronas!“, sagte Mira rasch. „Hast du Garrus gesehen? Wie lange ist er weg?“ Ihr Herz pochte schnell in ihrer Brust und drohte zu zerspringen. Maronas war ihre einzige Hoffnung. „Garrus? Nein…lange ist er nicht weg. War auf dem Weg zu den Docks. Murmelte etwas von Treffen. Schien nervös oh ja. Ist immer nur hin und her gerannt. Hat mich wahnsinnig gemacht. Murmelte auch irgendwas über dich, Shepard. Seist so abweisend. Schien besorgt, sehr besorgt.“ „Schon gut, schon gut.“, unterbrach Mira ihn und schritt schnell auf ihn zu. Sie beugte sich zu ihm hinab und sah in die reptilienähnlichen Augen Maronas‘. Mira konnte sich nicht dagegen wehren festzustellen, dass seine Augen nicht so tief wie die von Thane waren. Auch fehlte ihnen dieser mystische, ruhige Glanz. Oh, woran dachte sie nur da schon wieder? Sie musste sich konzentrieren. Geflissentlich schob sie die Gewissenbisse wegen ihres harschen Abgangs beiseite. Sie hatte sich nichts vorzuwerfen. Krios war nicht ihr Freund, Himmel nochmal, sie wusste noch nicht einmal, ob sie ihm vertraute. Maronas blinzelte irritiert. Normalerweise war Shepard ihm gegenüber immer sehr geduldig und unterbrach den Salarianer selten, doch nun drängte die Zeit wirklich. „Wie lange ist er fort?“ „Ungefähr eine halbe Stunde…Er…“, doch weiter kam Maronas nicht, denn Mira wirbelte auf dem Absatz herum und rannte aus dem Zimmer. Der Salarianer sah ihr verwirrt hinterher, runzelte seine hohe Stirn und wandte sich dann aber wieder seiner Arbeit zu. ~*~ Es fühlte sich kalt an auf der Citadell. Das erste Mal seit sie hierhergekommen war, fröstelte Mira und rieb sich über die Arme, während sie durch die Gassen rannte und versuchte irgendwo ein Taxi zu erspähen. Normalerweise wurde die Citadell von den Keepern- mysteriöse, spinnenähnliche Androide, die alles auf der mobilen Raumstation steuerten- auf konstanter Temperatur gehalten, doch auf einmal erschien es Mira hier so kalt wie in den starken Wintern einst auf Mindoir. Die Luft schien von Unheil und dunkler Vorahnung erfüllt, ließen die Luft vor Kälte klirren, doch Mira kämpfte sich gegen die innerlichen Bedenken voran und rannte um ihren Freund zu retten. Zu den Docks war es nicht mehr weit. Nur noch eine Ebene trennte sie von ihrem Zielort. Ihre Beine fühlten sich an, als hätte sie einen Marathon gelaufen, ihr Atem pfiff und ihre Lungen brannten, doch Mira gab nicht nach sondern kämpfte gegen ihren eigenen Körper an. Hektisch blickte sie sich um, als sie die Docks erreichten und suchte nach Garrus. Er durfte noch nicht lange hier sein. Wo steckte er also verdammt nochmal? Die Verzweiflung wuchs immer mehr in ihr und Tränen brannten in ihren Augen. Ihm durfte nichts passieren. Nicht Garrus. Nicht ihrem besten Freund. ~*~ Garrus blieb hinter einer Wand von Containern stehen. Warum musste ausgerechnet heute Liefertag für all die Güter der Citadell sein? Lieferanten und Abholer rannten wie aufgescheuchte Hühner durch die Gassen, riefen sich Befehle zu oder antworteten, als ihre Bestellnummer aufgerufen wurde. Körper wuselten wie aufgescheuchte Payjaks durcheinander, stießen sich an und fluchten laut. Worte verwoben sich zu einem wabernden Geflecht, was hoch über dem Hangar schwebte. Glänzendes Metall blitzte als Wand und verschieden farbige Container bildeten ein unübersichtliches Labyrinth aus Palladium und Iridium. Garrus schnaubte leise und trottete die Gassen ab, sah sich dabei aber unauffällig um. Schon seit er die Akademie verlassen hatte, spürte der Turianer ein seltsames Gefühl in seinem Magen. Es war wie eine eisige Klammer, die sich um seine Eingeweide legte und warnend zudrückte. Er kannte dieses Gefühl. Es war eben jene intuitive Warnung, dass etwas nicht stimmte. Er hob vorsichtig den Kopf in die Höhe und schnupperte, als er das hinterste Ende des Hangars erreicht hatte. Hier hatte er die unübersichtliche Etage am Bestem im Blick und von hinten konnte sich keiner an ihn heranschleichen. Ein unheimlicher Geruch lag in der Luft und Garrus wurde das Gefühl nicht los, dass er bereits den ganzen Weg über beobachtet wurde. Vielleicht wurde er aber auch einfach nur paranoid so wie Shepard. Kühles Palladium drückte gegen seinen Körper, als er sich gegen einen Frachtcontainer mit Instant Hühnchen Ramen, wie das bunte Plakat so schön zeigte, lehnte. Seine Gedanken begannen um Shepard zu kreisen, während er wartete. Seine Freundin hatte sich innerhalb des letztens Monats sehr verändert und Garrus vermutete, dass es an ihrer Abschlussprüfung lag. Sie wurde immer angespannter, spähte mit einem undefinierbaren Blick in jede dunkle Ecke, wenn sie unterwegs waren und murmelte Unverständliches vor sich hin. Shepard war schon immer ehrgeizig gewesen, schon seit er sie kennengelernt hatte, doch nun verschloss sie sich selbst vor ihm immer mehr. Garrus vermutete, dass etwas damals mit Nilarus vorgefallen war, denn seit jenem Abend begann sie sich zu verändern. Oft hatte er sie danach befragt, doch Shepard hatte ihn meist entweder harsch abgewiesen oder ihm fadenscheinige Lügen aufgetischt. Sie hatte gewusst, dass er ihr nicht glauben würde und sie beiden wussten, dass er Recht hatte, doch Shepard verweigerte sich ihm. Jedes Mal, wenn er sie gefragt hatte, was geschehen war, hatte sie so leidend drein gesehen, dass Garrus spürte, dass es wirklich etwas Schwerwiegendes war. Irgendwann hatte er aufgegeben. Vermutlich hatte es etwas mit Krios zu tun, doch er würde es nicht erfahren, solange es Mira ihm nicht sagte. Die Akte zum Mord an Nilarus Goseum war bereits nach einer Woche Ermittlung geschlossen worden, da sich keinerlei Indizien am Tatort fanden. Die Videoüberwachungsvideos waren präpariert worden, das war ersichtlich, doch selbst die besten Techniker der C-Sec hatten es nicht geschafft, das ursprüngliche Material wiederherzustellen. Auch gab es keinerlei DNA Spuren außer denen der Gäste und von Mira. Es schien als wäre ein Phantom in den Tower eingefallen und hätte den Sklavenhändler ermordet. Eben genau diese Perfektion ließ Garrus vermuten, dass Krios dort gewesen war und so wie Shepard verunsichert schien, hatten sie sich auch getroffen. Doch was war geschehen? Warum hatte sie ihn nicht verhaftet? War sie dazu nicht in der Lage gewesen? Doch dann würde sie nicht mehr leben. Ein Attentäter hinterließ keine Zeugen, erst Recht keine von C-Sicherheit. Als einziger logischer Schluss blieb übrig, dass Mira ihn hatte gehen lassen, doch dass erschien ihm so wahnwitzig, dass er darüber laut lachte. Wieder durchzuckte das Gefühl beobachtet zu werden Garrus und er sah sich um. Seine wachen Augen flogen durch die Halle, doch er konnte nichts Verdächtiges erspähen, doch das Gefühl ein Paar Augen im Nacken zu haben blieb unentwegt, weshalb er unruhig sein Gewicht von einem Bein aufs andere verlagerte. Etwas stimmte hier nicht. Warum wollte seine Familie ihn bei den Docks treffen? Wo hier nur Lieferung ankamen und die Passagiere eine Etage höher ankamen? Solana und sein Vater waren zwar schon immer eigen und merkwürdig gewesen, aber das passt nicht ins Bild. Dennoch, was sollte schon sein, fragte er sich und ließ seinen Blick schweifen. Seine Pistole hatte er vorsichthalber dennoch angelegt. Sein Instinkt sagte ihm, dass irgendwas in dieser Sache faul war. Unruhig glitten die eisblauen Augen durch den Lagerraum, der plötzlich so unheilvoll still. Garrus zog sein Sturmgewehr aus der Halterung. Es knackte, als sich die Waffe entfaltete und sich das vertraute Gewicht in seine Hände schmiegte. Hier war eindeutig etwas faul. ~*~ Mira lehnte sich keuchend gegen die Wand des Aufzuges und rang nach Luft. Es hatte ewig gedauert, bis sie endlich in einen der Fahrstühle gelangt war und sie einen Platz ergattern konnte. Zwar hatte ihre Zugehörigkeit zu C-Sicherheit ihr Vorzug gebracht, dennoch gab es noch einige Botschafter die vor ihr dran waren. Leise dröhnte das Piepen für die verschiedenen Etagen. Das Präsidium befand sich in der untersten Etage der Citadell, wohingegen die Docks sich im Zweiten befanden. Nur die Landungsbucht war höher gelegen. Langsam schob sich der Fahrstuhl nach oben und ein synthetischer Nachrichtensprecher verkündete die neusten Nachrichten darüber, dass die Menschheit erneut eine Kolonie in den Terminus Systemen errichtet hatte. Die Nachrichten passten sich an, je nachdem welche Rasse sich gerade in dem Aufzug befand. Mira jedoch interessierte sich nicht für die neusten Meldungen. Voller Ungeduld starrte sie auf die digitalen Ziffern, die ihr verrieten, dass sie gerade den vierten Stock verlassen hatte. Verdammt! Konnten diese alten Mühlen nicht schneller fahren? Mira seufzte. Sie durfte sich nicht aufregen. An der Geschwindigkeit des Fahrstuhls konnte sie echt nicht verändern. Lieber sollte sie sich Gedanken darum machen, was sie erwarten könnte. Eine gute Planung ist schließlich das A und O. Also, was wusste sie? Garrus wollte sich mit seiner Familie treffen, damit sie ihm zum Abschluss gratulieren konnte. Soweit Mira wusste, hatte ihr Freund einen Vater und eine Schwester. Doch das alles erschien ihr seltsam. Warum sollten sie sich in den Docks treffen? In Apollos Café oder in der Landebucht wäre es doch wesentlich vorteilhafter. Warum also die Docks, wo dort doch ein heilloses Durcheinander herrschte? Sie schloss die Augen um sich besser konzentrieren zu können. Mira konnte sich nicht helfen, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass etwas bei diesem Treffen nicht stimmte. „Der Kunde war nicht besonders erfreut, als er von meiner Absage erfuhr. Ich denke, es ist ihm so wichtig, dass er einen weiteren Attentäter beauftragt haben könnte.“ Immer wieder hallten die Worte von Thane Krios durch ihr Bewusstsein, fast so als wolle sie auf etwas hinweisen. Aber worauf? Sie wussten doch bereits, dass er angegriffen werden sollte. Immer fordernder, schneller hallte dieser Satz durch ihren Kopf, bis es ihr schließlich wie Schuppen von den Augen fiel. Es gab überhaupt kein Treffen! Die Mail war eine Falle von den Attentätern. Aber warum in so einem belebten Platz? Wo es mögliche Zeugen gab? Sicher, die Docks waren verwinkelt, sodass die Attentäter selber sich gut verstecken konnten, aber dennoch, es gab bessere Orte auf der Citadell. Das alles war vollkommen vertrackt. Wütend schlug Shepard auf die Stahlwand des Fahrstuhls ein und biss sich auf die Lippen. Sie fühlte sich hilflos, der Situation nicht gewachsen, doch sie wollte für Garrus kämpfen. Mira würde es sich niemals verzeihen, wenn sie nich alles versucht hätte. Ihr Herz schlug aufgeregt gegen ihre Brust, während Mira klar wurde, dass sie sich nun irgendwie doch Thane Krios gern an ihrer Seite wüsste. Nicht nur als Verstärkung ihrer Kampfkraft, sondern einfach... um jemanden bei sich zu haben. Ein seltsames Gefühl. All die Zeit war Garrus an ihrer Seite gewesen, doch Mira hatte sich stets als Einzelkämpferin gesehen. Es war ihr lieber gewesen sich nur auf sich selbst verlassen, doch nun...Krios Erfahrung als Attentäter wäre hier sehr hilfreich gewesen. Er hätte gewusst wo am wahrscheinlichsten Hinterhalte wären und könnte vermutlich auch sagen, warum die Docks gewählt worden waren. Immerhin war er ein Meister seiner Profession. Das erste Mal, seit der Zeit nach Mindoir, wünschte sie sich jetzt einen sozialen Kontakt. Auch wenn Garrus das Beste war, was ihr je hätte passieren können, so hatte sie sich ihn nicht gewünscht. Mira seufzte und blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Was machte sie sich vor? Sie hatte es vermasselt und zwar gründlich. Ihr Instinkt hatte sie rau und unbarmherzig werden lassen. Sie hatte Thane verstoßen, wo doch langsam sich so etwas wie...-wie was? Respekt? Freundschaft? Sie konnte es nicht genau sagen- entwickelte. Wiedersehen würde sie ihn auch nicht mehr. Der Drell war sicherlich schon auf den Weg nach Illium und sie hatte ihre letzte Chance aufgegeben ihn zu verhaften. „Aaargh, hör auf so etwas zu denken, Mira!“, fluchte sie und haute sich leicht mit den Fäusten gegen den Kopf. Sie musste konzentriert bleiben! Der Fahrstuhl hatte fast den zweiten Stock erreicht und Mira bereitete sich vor. Auf Alles und auf gar nichts. Sie wusste ja nicht, was sie erwartete. Tief einatmend sammelte sie sich und stürmte aus dem Fahrstuhl, sobald sich die Türen öffneten, doch sie bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Etwas Unheimliches lag in der Luft, was Mira frösteln ließ. Es erschien ihr, als hätte Jemand die Zeit angehalten, selbst die Luft war bewegungslos. Etwas stimmte hier nicht. Das wurde ihr sofort klar. Das sonst so bunte Treiben im Dock war verschwunden. Als wären die bunten Farben der Kleidung verblasst. Nein. Hier gab es absolut kein Geräusch. Niemand sprach. Alles war verdächtig ruhig. Vorsichtig drückte sich Mira gegen einen Warencontainer und lauschte. Kein Geräusch durchdrang die unheimliche Stille, die zu knistern schien. Es war, als würde Elektrizität von etwas Unvermeidbaren in der Luft hängen und die überflüssige Spannung auf ihren Körper übergehen. Ihr Herz raste und sie hielt unwillkürlich den Atem an. Nein, es stimmte wirklich etwas nicht. Vielleicht war es von den Attentätern so geplant? Vielleicht versuchten sie so Garrus von möglichen Zeugen abzuschirmen? Die Zeugen zu verhindern? Doch wie? Und wo waren alle hin? Sie spähte um die Ecke und entdeckte zwei bewaffnete Agenten der Citadell Sicherheit. Zwei große Turianer standen vor dem Eingang des Frachtbereichs und hielten sämtliche Ausgänge im Blick. Aber auf warteten sie? Schließlich konnten sie doch nicht wissen, dass Mira Bescheid wusste und außerdem: Was sollte C-Sec damit zu tun? Garrus hatte bisher vorbildlich gehandelt und sich keinerlei Verwarnungen zukommen lassen und noch etwas passte nicht ins Bild. Seit wann würde C-Sec eigene Rekruten ermorden lassen? Nein, hier war etwas gewaltig faul. Mira runzelte die Stirn und überlegte weiter, was es mit all dem auf sich haben könnte. Hatte die Citadell Sicherheit vielleicht auch einen Hinweis bekommen und war nun hier um die Attentäter abzufangen? Doch warum holten sie Garrus dann nicht einfach raus? Nein, auch das passte nicht. Was blieb dann noch übrig? Vermutlich handelte es sich hier um eine Tarnung von Garrus Angreifern. Mit als C-Sec verkleideten Mitgliedern konnten sie den Bereich evakuieren und Wachen postieren ohne aufzufallen und somit in diesem verwinkelten Gelände aus Frachtcontainer perfekte Begebenheiten schaffen. Das musste es sein! Aber warum richteten sie ihre volle Konzentration nicht auf Garrus, wenn der Hangar doch nun bereits geräumt war? Und seit wann handelten Attentäter in Gruppen? Erst recht wenn das Ziel bloß ein einfacher C-Sec Rekrut war? Oh Garrus, mit was für Mächten hattest du dich denn da bloß eingelassen? Vielleicht erwarteten die beiden Wachen ja Störungen. Doch woher? Der Auftraggeber hatte doch sicher niemand anderen über das Attentat informiert außer die Söldner und- Mira weitete die Augen- Krios! Hatte Krios sie womöglich verraten? Hastig schüttelte die Menschenfrau ihren Kopf. Das konnte sie sich nicht vorstellen. Es passte nicht zu seinem bisherigen Verhalten. Aber so unruhig wie die Wachen sich umsahen, schienen sie jemanden zu erwarten. Warum hätte er ihr dann Tipp geben sollen? Weil er hoffte, dass sie in der Rettungsaktion umkam? Aber er hätte sie so oft schon töten können, dass das keinen Sinn ergab. Vielleicht erwarteten sie sogar Krios selbst. Mira fluchte leise und schob diese Frage erst einmal beiseite. Zunächst musste sie herausfinden, welches Spiel hier gespielt wurde. Sie holte tief Luft und aktiviert ihr Universalgerät. Mit einigen Befehlen versuchte sie die Frequenz der Stimmen von Turianern herauszufiltern und zu verstärken. Vielleicht konnte sie sie dann besser verstehen. Schließlich gelang es Mira nach einigen Umständen auch. Wie gut, dass sie bei Maloras stets aufgepasst hatte, wenn er in Gedanken über sein Technikzeug gebrabbelt hatte. „Boahr, das ist vielleicht ein langweiliger Job.“, knurrte der Erste. Der zweite nickte nur und wog sein Avenger hin und her. „Wieso müssen ausgerechnet wir Schmiere stehen?“, ließ der eher braun gefärbte Turianer seinen Unmut Luft und stampfte mürrisch mit dem Fuß auf. Mira verzog das Gesicht. Professionell waren die beiden wirklich nicht. „Weil wir Pech hatten.“, murrte der Zweite und spuckte auf den Boden. „Aber geniale Idee vom Boss die Docks durch einen vorgeschobenen Giftalarm zu evakuieren.“, brummte der Turianer und spähte um die Ecke. Also doch! Mira hatte es gewusst. Sie hatten den Hangar evakuiert um Zeugen zu beseitigen. Nun musste sie nur noch an den Wachen vorbei kommen. Doch wie? Der Durchgang zwischen zwei Containern war sehr schmal und die beiden Turianer standen genau darin. Vorbeischleichen viel schon mal weg. Über die Container drüber klettern konnte sie auch nicht. Das Palladium war eingedellt um die Masse anderer aufgestapelter Container besser kompensieren zu können. Alle waren gleich groß und zu hoch, als dass Mira sie hätte erklettern können. Verdammt! Die Zeit raste ihr davon. Es musste doch etwas geben, womit sie... Shepard brach den Gedanken ab, denn ihr fiel etwas ein, was ihr helfen könnte. Mira tastete an ihren Gürtel und löste vorsichtig die Rauchgranaten. Ihre Augen betrachteten den Raum, während sie die Kugeln in ihrer Hand wog und die Flugbahn abschätzte. Eigentlich hatte Shepard diese beiden erst verwenden wollen, wenn sie den Attentätern gegenüber stand und so Garrus schnell aus dem Schussfeld ziehen zu können, doch wie es aussah musste sie ihren Plan nun neu erstellen. Sie seufzte. Das war wirklich ärgerlich, doch nie ging ein Plan perfekt auf, egal wie gut er war. Mira holte tief Luft und kontrollierte das Zittern in ihrer Hand, dann löste sie den Sicherheitsmechanismus und warf die Granaten. Klackernd landeten die beiden Kugeln genau an der richtigen Position und piepten leise, während der Countdown runterzählte. Miras Kopf zuckte mit jedem einzelnen von ihnen. 3,2,1. Klack! Die Kugeln öffneten sich und gaben eine graue Wolke dicken Rauches frei. Die Turianer stießen einen überraschten Ruf aus, als der Dunst sie einhüllte und ein Husten sie überfiel. Mira nutzte ihre Chance. Blitzschnell stürmte sie aus ihrem Versteck und an den Wachen vorbei. Sie wusste, dass die Wirkung nur wenige Sekunden anhalten würde. Container stapelten sich um sie herum, als sie die Halle betrat. Bis zur Decke türmten sich die Wände aus gewelltem Palladium und Mira konnte nichts sehen. Hastig nutzte sie einen der niedrigeren um auf die Deckel zu gelangen. Ein leises Klong folgte jedem ihrer Schritte. Hastig rannte sie über die Container, sprang über Lücken nur um das hinterste Ende erreichen. Sie kannte Garrus. Der Turianer war vorsichtig und war sicher bis ans hinterste Ende gegangen um alles im Blick zu halten. //Halte noch durch, Garrus! Ich bin gleich da. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.// Mira war nie gläubig gewesen, doch nun betete sie zu allen Göttern, die ihr einfielen, dass sie ihr beistehen mögen. Sie mussten einfach, dachte sie, als sie über eine Lücke sprang und ihr Herz gegen ihre Brust trommelte. Garrus verdiente den Tod nicht. Sie würde es nicht zu lassen! Fast hatte Mira das letzte Stück gemeistert, als sie einen Aufschrei hörte- einen turianischen. „Garrus!“, rief sie in Reflex aus, ließ alle Vorsicht fahren und legte noch mehr Tempo. Beinahe wäre sie über eine der Kuhle gestolpert, doch Mira nutzte den Schwung um sich von der Kante abzustoßen und einen Salto zu schlagen. Noch während sie sich drehte, aktivierte Shepard ihre Sturmpanzerung und landete neben Garrus auf den Boden. Sie trug noch nicht mal eine Rüstung, nur ihre technische Panzerung. Für mehr hatte sie keine Zeit gehabt. Mira schlitterte die letzten Meter über den Boden und sah bereits aus den Augenwinkeln einen Baterianer, der mit seinen vier Augen Garrus ins Visier nahm. „She...Shepard?“, sagte Garrus überrascht, während sie ihn in die Arme nahm um seinen Körper vor dem Angriffen abzuschirmen. Es dauerte nicht lange bis sie den dumpfen Druck spürte, als der Kugelhagel gegen ihre Panzerung knallte. Mit einem leisen Klonk fielen die Hülsen zu Boden und der Scharfschütze zog sich zurück. Für den Moment, das war klar. Mira löste sich von Garrus und rutschte etwas zurück. „Was...?“ Garrus war sichtlich überfordert mit der Situation. „Erklär ich dir später.“, unterbrach sie ihn barsch und spähte um die Ecke. Sie konnte keine weiteren Attentäter mehr ausmachen und sie wussten nun, dass sie da war. Verdammt! Sie hatte sich ja hinreißen lassen. „Bist du in Ordnung?“, fragte sie, als sie sich in ihr Versteck zurückzog und nervös die gesamte Halle beobachtete. Ihre Muskeln summten und warteten darauf, auf eine Bewegung zu reagieren. „Ja...“, keuchte der Turianer und ein kleines Wimmern entwich ihm, als er versuchte sich aufzurichten. Mira sah ihn an und bemerkte eine klaffende Wunde, wo eine Kugel sein Schienbein durchgeschlagen hatte. Blaues Blut quoll aus der Wunde und hatte bereits eine kleine Lache gebildet. Schweiß rann von Garrus Stirn, während er schwer keuchte. Mira sah ihn mitleidig an und ging wieder zu ihm zurück- stets an die Wand des Containers gedrückt. „Ich konnte nicht schnell genug ausweichen und so haben sie mich...erwischt...“ Er zischte, als eine Welle des Schmerzes durch ihn fuhr und jappsend lehnte sich Garrus an die Wand. Mira nickte und fluchte leise. Verdammt und sie hatte kein Medigel dabei um ihn zu helfen. Sie hatte es nur geschafft in der Zeit sich eine Waffe zu besorgen. Sie trug selber nicht noch einmal eine Rüstung, sondern hatte nur die technische Sturmpanzerung, die orange um ihren Körper schimmerte. Mira schob sich unter seinen Arm und hievte ihn in eine besser Position zum Verteidigen, während warnend vor ihren Augen die Digitalanzeige von: „Schildstatus 90%“ flackerte. „Du bleibst hier, Garrus. Ich kümmere mich um das Problem.“ „Shepard...“, ächzte Garrus und hielt sie am Ärmel ihres Pullovers fest. „Lass mich helfen!“ „Nein, Garrus, du bist verletzt. Bleib du hier in der Nische! Ich kümmere mich um den Rest.“ Der Turianer wollte widersprechen, doch Mira war bereits hinter einem niedrigeren Container in Deckung gegangen und versuchte durch Thermoscans herauszufinden, wo ihre Gegner sich aufhielten. Während sie auf die Auswertung wartete, schoss sie blindlings in das Lager, hatte sie doch nicht die Zeit zum Zielen, aber Mira wollte die Gegner warnen. Garrus war nun nicht mehr allein, wollte sie ihnen zu verstehen geben. Niemand würde es wagen ihren besten Freund zu verletzen. Als das erste Magazin fauchend sich dem Ende neigte, zog Mira sich in die Deckung zurück- Garrus stets abgeschirmt- und betrachtete die Situation. Sie saß hier in einem verwinkelten Labyrinth aus Stahl und musste ihren Freund beschützen, während die Attentäter sich auf den Lüftungsrohren befanden und sich verstecken konnten. Verdammt, nun wäre Krios Erfahrung wirklich hilfreich gewesen. Aber der Zug war abgefahren. Er hatte ihr ja helfen wollen, doch sie war zu dumm gewesen das zu begreifen. Egal, nun musste Mira die Situation halt alleine meistern. So wie sie es immer getan hatte. Ein tiefer Luftzug sollte ihre Nervosität herunterkühlen, während das Adrenalin durch ihre Adern pumpte. Eine Bewegung in ihren Augenwinkeln zog Miras Aufmerksamkeit auf sich. Sie warf den Kopf herum, um den Ursprung auszumachen. Nervös glitten ihre Augen durch die Halle. Die Regung war rechts von ihr gewesen. Vermutlich über ihr, soweit sie es beurteilen konnte. Mira ließ sich zur Seite fallen und entkam nur knapp einem weiteren Kugelhagel. Schnell verschanzte sie sich und schoss zurück. Weit entfernt sah sie eine Asari und einen Turianer stehen, die sie ins Visier nahmen. Verdammt, für Maschinenpistolen waren sie zu weit entfernt und im Umgang mit Präzessionsgewähr war sie wirklich schlecht. Deshalb hatte sie auch keines dabei. Verdammt! Ihr Panzerungsstatus war bereits auch 80% runter und sie hatte keine Ahnung wie viele Gegner sich noch um sie herum befanden. Schnell schüttelte sie ihre Zweifel fort und sah zu Garrus, welcher mit geschlossenen Augen an der Wand lehnte. Hoffentlich würden die Magazine reichen! Mira löste sich von der Wand, stürzte sich wagemutig nach vorne und erklomm weitere Container bis sie oben auf dem höchsten befand und sich umsah. Lange musste sie nicht suchen, bis sie eine Asari entdeckte, die sich in ihre Flanke zu schieben versuchte. Shepard hob ihre Pistole und feuerte auf den blauen Alien. Sie hörte ihre Gegnerin fluchen, bevor sie hinter eine Zirkulationsaushebung hechtete. Verdammt, durch die Rotorblätter konnte Mira nicht zielen. Hastig rollte sich auch Mira in Deckung und nahm nun einen Turianer ins Visier, der sich von hinten anschlich. Die Shruiken in ihrer Hand zitterte zwar, doch Mira schaffte es die Schulter des Turianers mit einem gezielten Schuss zu durchlöchern. Dieser heulte schmerzerfüllt auf und verlor das Gleichgeweicht. Krachend schlug der nun leblose Körper zu Boden auf. Oh ja, die Physik konnte wirklich böse sein. Mira hingegen hatte keine Zeit dafür. Ein Baterianer hatte sich seinen Weg zu ihr hindurchgebahnt und bedrängte sie mit Ballistik Nadeln. Hastig sprang Mira zur Seite und versuchte den schnellen, fast unsichtbaren Geschossen zu entkommen. Dabei trat sie in eine der Kuhlen im Deckel und stolperte. Der Baterianer grinste sie aus seinen dünnen Lippen an und schleuderte ein elektronisches Netz auf sie. Mira schrie, als das Netz sich fest um ihren Körper wickelte. Elektroschocks fuhren gleißend durch ihren Körper und ließen ihre Muskeln verkrampfen. Die Rekrutin stolperte, kippte langsam nach hinten und fiel dann. „Shepard!!!“, hörte sie dumpf Garrus verzweifelten Ruf, bevor sie dumpf am Boden aufschlug und ächzte. Ihr Blickfeld explodierte in einem Meer aus Farben, während Blut aus ihrer Nase quoll. Schmerzen brandeten durch ihren Körper, als sie versuchte wieder zur Gesinnung zu kommen, doch ihr Körper reagierte nicht auf ihre geistigen Befehle. Auch das Netz war noch immer eng um ihren Körper geschlungen und es war ihr nicht möglich auch nur einen Zentimeter zu rühren. Von weit entfernt hörte sie das triumphierenden Jubel des Baterianers. „Shepard!“ Wieder drang Garrus Stimme zu ihr durch. Sie klang angestrengt. Mira hob langsam dem Kopf und sah, wie Garrus versuchte auf sie zu zukriechen. Mira weitete die Augen und schrie ihn an: „Garrus! Bleib weg von mir!“ „Aber….“, wollte der Turianer protestieren, doch Mira knurrte nur warnend. Irritiert und etwas erschrocken wich Garrus zurück und Mira schloss die Augen. Sie konzentrierte all ihre Kraft, all ihre Biotik in ihre Arme und Beine, spannte die protestierenden Muskeln und mit einem urtümlichen Schrei sprengte sie die Fesseln des Baterianers. Keuchend kniete Mira sich hin und untersuchte ihre Kleidung. Sie war verbrannt von der heißen Elektrizität, ebenso wie ihre Haut. Beißender Qualm stieg von mittlerweile schwarzen Stellen auf und Mira wagte es nicht sie zu berühren um herauszufinden ob ein Knochen gebrochen war. Langsam kam sie auf die Beine, obgleich sich ihr Körper anfühlte, als versuche sie sich aus einem Moor zu hieven. Es ging alles so unendlich langsam und auch ihre Augen konnten noch nicht richtig scharfstellen. Keuchend schaffte sie es schließlich ihren Körper zu kontrollieren nur um dann festzustellen, dass ihre Schilde den elektronischen Angriff nicht überlebt hatten. Verdammt! Zitternd holte sie Luft und aktivierte die Sturmpanzerung erneut. Zu mehr blieb Mira auch keine Zeit. Sie hörte ein Rumpeln über ihr und als sie aufsah, entdeckte sie die Asari, die sich über den Rand des Containers schwang. Mira schaffte erst im letzten Moment nach hinten wegzuspringen und ihre Pistole zu ziehen, bevor die Söldnerin dort auf schlug, wo sie gerade noch gestanden hatte. Sie hatte Mira erneut zu Boden reißen und dann mit einem Kopfschuss töten wollen. Von dem Angriff überrascht, kam Mira nicht mehr richtig auf und taumelte leicht. Die Asari wirbelte herum und mit einem Schrei schleuderte der Alien ihre Biotik gegen Shepard. Die Menschenfrau spürte wie ein ungeheurer Druck aus Energie sie gegen die Wand drückte. Jappsend versuchte Mira Luft zu bekommen, doch stattdessen wurde ihr die Luft nur aus der Lunge gepresst. Ihre Augen quollen leicht hervor und in wilder Panik versuchte die Rekrutin sich irgendwie zu befreien. Durch ihr verklärtes Blickfeld konnte sie gerade noch erkennen wie die Asari sich von ihr abwandte und auf Garrus zuging. Der Druck von ihrem Körper schwand augenblicklich und Mira sank zu Boden, keuchend, während eiskalter Angstschweiß ihren Rücken hinablief. Ihre Panzerung war zwar noch intakt, aber ihre körperliche Kraft war beinahe aufgebraucht. Allein die Befreiung aus dem elektrischen Netz hatte fast ihre gesamte Biotik aufgebraucht. Viele Angriffe könnte Mira nicht mehr einsetzen. Schritt um Schritt näherte sich die Asari Garrus und richtete ihre schwere Pistole auf ihn. Mira sah wie ihr Freund die Augen weitete und versuchte, sich zu wehren, doch er schaffte es nicht. Glühend heißer Zorn übergoss Mira und ließ ihre Nasenlöcher beben. Nein! Sie würde es nicht zulassen. Dieses Miststück würde Garrus nicht bekommen. Mit all ihrer Kraft sprang Mira zurück auf die Beine, die zwar zitterten, aber standhielten. Endlich rauschte auch wieder Adrenalin durch ihre Adern, gefolgt von einem Gefühl von Übermacht durch ihre Adern, ließ ihr Herz voller Tatendrang rasen und ihre Schmerzen aus den müden Knochen weichen. Mira stürzte sich auf die Asari, drehte sich halb um sie herum, schob ein Bein vor das ihre, packte schnell ihren Arm und warf sie über die Schulter. Die Asari stöhnte, als sie mit dem Rücken auf den Boden landete und Mira nutzte die Zeit um sich zwischen der Söldnerin und Garrus zu stellen. Ihr Atem flog und ihre Brust hob und senkte sich schnell, doch Miras eiserne Willen ließ sie das nicht wahrnehmen. Die Asari kam wieder auf die Beine und fixierte Mira wütend, während Blut aus ihren vollen Lippen quoll. „Geh mir aus dem Weg.“, knurrte der Alien sie an, doch Mira knurrte bloß zurück. „Ihr bekommt ihn nicht, du Schlampe.“ Miras Augen verengten sich und blitzschnell drehte sie sich um und schleuderte einen Warp auf einen weiteren Turianer, der sich versucht hatte anzuschleichen. Mit einem überraschten Schrei wurde er von dem Lüftungsschlacht geschleudert und schlug gegen die Decke des Lagers. Stöhnend fiel er zu Boden und Mira wusste, dass er den Sturz nicht überleben würde. Die Asari hatte inzwischen ihre Barrieren wieder aktiviert und stürmte auf Mira zu, wollte ihr ins Gesicht schlagen. Ruhig ging Mira in den Ausfallschritt, so wie sie es gelernt hatte und parierte den Schlag, in dem sie die Faust umschloss und den Arm langsam drehte. Mira saß im wahrsten Sinne des Wortes am längeren Hebel. Ein Grinsend er Schadenfreude huschte über ihr verschwitzte Gesicht und sie fühlte sich sicher. Zu sicher. In all dem Adrenalinrausch hatte Mira den Baterianer vergessen. Ein lauter Knall zerriss die Stille und Mira nahm erst richtig wieder etwas wahr, als sie plötzlich auf dem Boden saß und ein brennender Schmerz durch ihre Wange drang. Instinktiv zuckte ihre Hand zu der Stelle und sie spürte warmes Blut, was aus einem Schnitt an der Wange floss. Der beinahe tödliche Schuss holte Mira auf den Boden der Tatsache zurück. Mindestens noch zwei Gegner waren hier und sie hatte kaum noch Kraft. Zumal war sie im Nahkampf wirklich eine Niete. Mira hob ihre Shruiken und feuerte auf die Asari, doch es war nur ein verzweifelter Versuch. Es ploppte, als die Kugeln an der Barriere der Biotikerin abprallten. Beide kamen nun auf sie zu- sowohl der Baterianer als auch die Asari- und Mira wurde immer weiter in die Ecke gedrängt, während sie versuchte die Schläge und Tritte abzuwehren. Dumpf hörte sie Garrus rufen, doch ihr Fokus war zu sehr auf die beiden Gegner gelegt, als das sie hätte verstehen können. Ihre Reaktionen wurden immer langsamer und die Schläge und Paraden immer unpräziser. Mira wusste, dass sie bald keine Kraft mehr hatte um stehen zu können. Vor ihren Augen begann es schwarz zu werden. Verdammt, warum mussten Asari nur über mehr biotische Energie besitze? Die Menschenfrau schloss die Augen und sammelte die dunkle Energie der Biotik, die Quantenenergie, die den leeren Raum umgab und presste sie zu einer dichten Kugel zusammen, die bedrohlich lila flackernd wie ein unheilvoller Baseball in ihrer Hand lag. Es war eine Energiekugel, die alles zerschmettern würde. Der Baterianer sah wie sie versuchte ihre Biotik einzusetzen und schoss auf sie, doch Mira ließ in ihrer Konzentration nicht nach, obwohl sie spürte wie die Kugeln hart gegen ihre Rüstung prallten und den Stoff schließlich an ihrem Arm zerrissen und einen tiefen Schnitt hinterließen. Mira ignorierte den brennenden Schmerz und hoffte, dass ihre 50% Schildstärke dem Kugelhagel und der einprasselnden Biotik der Asari standhalten würden, denn dies war ihr letzter Angriff. Zu mehr fehlte ihr die Energie. Ein einzelner biotischer Angriff verbrauchte unglaublich viel Energie. Allein der Grundumsatz eines Wesen mit neurochirurgischen Biotikverstärkers betrug 3000 Kilokalorien pro Tag und da war Arbeit und Bewegung noch nicht mit eingerechnet. Nun war ihr Körper am Ende seiner Möglichkeiten und ihr blieb nichts weiter übrig, als all ihre Hoffnungen auf Garrus und nun auch ihr eigenes Leben. Mit letzter Kraft schleuderte Mira die Kugel entgegen, doch die Kraft verließ das Geschoss auf der Hälfte der Strecke und verpuffte im Nichts. Völlig entkräftet sank Mira vor Garrus zu Boden und versuchte sich aufrecht zu halten. Nun, wo das Adrenalin verpuffte, drangen all die Schmerzen klar in ihren Geist zurück und sie spürte, wie die Müdigkeit an ihren Knochen nagte. Jappsend versuchte Mira wach zu bleiben, sie versuchte einen Ausweg zu finden, doch ihre Gedanken waren zu schwerfällig. „Sieht aus, als wär es das. Tut mir leid…Garrus…“, keuchte sie, während jegliche Konturen vor ihren Augen verschwammen. Blut dröhnte in ihren Ohren und sie vernahm nur noch ihren eigenen Herzschlag, der jeden Schritt der Asari Frontkämpferin dramatisch zu erstreichen schien. Schritt um Schritt kam sie ihr näher und näher, ein triumphales Grinsen um ihre aufgeplatzten Lippen. „Das war es nun für dich, du Miststück.“ Mira sah zu ihr auf, erblickte nur noch unscharf wie das Metall der Pistole unheilvoll über ihr blitze und wie ihr Finger sich am Abzug krümmte. Shepard schloss die Augen und wartete auf den Knall. BAMM!!! BAMM!!! Mira erzitterte bei dem Donner, der ihren Gehörgang erschütterte und wartete auf den unerträglichen Schmerz des Todes, doch…nichts geschah. Vorsichtig öffnete Mira ein Auge und konzentrierte sich darauf, die Umrisse klar zu sehen… Die Asari stand vor ihr, die Augen so sehr verdreht, dass nur noch das Weiße zu sehen war. Dunkles Blut quoll aus einer Wunde am Kampf, während der Körper. Mira schrie spitz auf, als der Körper auf ihr zusammenbrach. Hektisch robbte die junge Frau zurück bis sie an der Wand saß und sah wie auch der Baterianer leblos zusammengesunken war. Irritiert sah sie Garrus an, doch der Turianer zuckte nur hilflos mit den Achseln- mindestens ebenso überrascht wie sie. Nachdem die Todesgefahr nun hoffentlich vorbei war, löste Miras Geist sich aus der Starre der Panik und sie bemerkte, dass das Einschussloch im Hinterkopf der Asari genau kreisrund war und die Kugel vorne wieder ausgetreten war. Etwas, was nur bei einem Präzessionsgewehr üblich war. Doch weder Garrus, noch sie hatten eines dabei und hätten auch die Asari nicht von hinten getroffen. Plötzlich vernahm sie eine Bewegung über ihren Kopf. Noch ein Söldner? Doch warum sollte dieser seine Kameraden töten? Mira sah auf und erstarrte. Auf dem blank polierten Iridium der Lüftungsschächte saß Thane Krios mit einer Mantis in den Händen. Sein Kopf löste sich langsam von dem Zielrohr und seine großen, schwarzen Augen trafen die Miras. Leicht neigte er seinen Kopf nach links- ein interspezifisches Zeichnen des Respekts und der Wohlgesinnung. Dann verstaute der Drell die Mantis wieder in ihrer Schulterhalterung und ließ sich langsam von dem Lüftungsschacht sinken. Er drehte mehrere Saltos um die Geschwindigkeit zu reduzieren und landete dann geschmeidig auf dem Boden. Ruhig richtete er seinen durchtrainierten Körper auf, während er auf Mira zuging. Ihre Gedanken begannen zu rasen, während der Drell auf sie zuging. Was tat Krios hier? Er...er sollte doch auf den Weg nach Illium sein. Unbewusst begann ihr Herz wieder schneller zu schlagen. „Shepard, sind Sie in Ordnung?“, fragte Thanes ruhige Stimme, als er vor Shepard stehen blieb und die Hand ausstreckte, um ihr aufzuhelfen. „Krios...“, flüsterte Mira nur völlig überfordert an und sah ihn nur entgeistert an. „Was?“, riss Garrus Ausruf Mira aus ihren Gedanken. „Krios?“ Mira weitete die Augen, als sie realisierte, was passiert ist. Alles war aus. Garrus würde nun die Wahrheit erfahre. All das wovor sie sich im letzten Monat gefürchtet hatte, würde nun eintreten. „Shepard, was geht hier vor?“ Mira wollte Garrus antworten, doch ihre Lippen bewegten sich nicht. Sie wusste nicht, wie sie das erklären sollte. Natürlich kam es Garrus seltsam vor. Sie war ja selber völlig überrumpelt. Hilfesuchend sah sie zu Krios hinauf und war überrascht. Die tiefen Augen des Drells sahen besorgt zu ihr hinab, während seine Hand immer noch helfend ausgestreckt war. Mira sah auf die grüne, geschuppte Hand und stellte jetzt erst fest, dass Mittel- und Ringfinger durch eine Art Schwimmhaut aneinander gewachsen war. Die Luft schien zwischen den dreien stehen zu bleiben. Garrus sah die ganze Zeit zwischen Mira und Thane Krios hin und her, während Mira in dessen Augen gefangen war. Schließlich seufzte Mira, nahm zu Garrus Überraschung die Hand des Drells und ließ sich hochziehen. „Waren das alle?“, fragte sie ruhig, während Krios Mira genau musterte und ihre Wunden untersuchte. Mira zischte, als er vorsichtig ihre Brandwunde abtastete und ihr somit einen brennenden Schmerz verursachte. „Ja.“, antworte der Drell und ließ sie dann los. Mira nickte nur und hockte sich dann zu Garrus, der sie noch immer fassungslos ansah. „Hör zu, Garrus, ich weiß, dass es gerade verwirrend für dich ist.“ „Verwirrend ist gar kein Ausdruck…“, spitzelte der Turianer und warf einen skeptischen Blick zu Krios. „Ich erklär dir alles, wirklich, aber lass uns dich erst mal ins Krankenhaus bringen.“, bat Mira ihn, während sie sich die Beinwunde ansah. Es war ein glatter Durchschuss im Schienbein. Man konnte allerdings nicht sagen ob der Knochen eventuell zersplittert war. Vorsichtig tastete sie den Wundrand ab und Garrus zischte wütend. Mira hörte eine Bewegung in ihrem Rücken, wandte sich aber nicht um. „Warum sind Sie hier, Krios? Ich dachte Sie wären auf dem Weg nach Illium.“ Mira war selbst überrascht wie ruhig ihre Stimme klang. Auch wenn ihr Herz noch immer wegen der gerade abgewendeten Gefahr raste und sie ein Zittern ihres Körpers nur mit aller Kraft unterdrücken konnte, so war sie froh, dass er da war auch wenn alles komplizierter so wurde. Sie musste ruhig bleiben, damit nicht alles in einem Chaos versank. „Ich wollte Ihnen helfen.“ Die tiefe Stimme des Drells durchdrang die Nacht. „All das sollte nicht umsonst gewesen sein. „All was??? Shepard, wie lange kennt ihr euch schon?“ „Garrus…“, versuchte sie ihn zu beruhigen, doch der Turianer wich zurück und Verrat brannte in seinem Augen. Mira schloss die ihren verzweifelt und ballte die Hand zu Faust. „Ich werde es dir erklären…bitte! Ich weiß ich verlange viel, aber…vertrau mir!“ Garrus schüttelte nur den Kopf. „Was ist hier nur los?“ „Glaube mir, es ist alles nicht so einfach. Ich versteh es selber nicht genau…“ Erschöpft fuhr sie sich durchs Haar. Sie verstand Garrus, sogar sehr gut, doch allmählich ermüdete es sie. „Ich erklär es dir, aber erst einmal sollte sich einer deine Verletzung ansehen. Krios, helfen Sie mir bitte. Wir müssen ihn hier rausschaffen.“, ächzte Mira, als sie sich einen Arm des protestierenden Garrus um ihre Schulter legte. „Natürlich.“, erwiderte Thane sofort und löste sich aus seiner respektvollen, demütigen Haltung. Mira war froh, dass er sich nicht eingemischt hatte, egal was Garrus gesagt hatte. Es hätte die gesamte Situation nur noch komplizierter gemacht. Vorsichtig trat er an Garrus Seite und wollte den Arm von ihm ergreifen, doch dieser entzog sich ihm und knickte weg, als er sein verletztes Bein belastete. Stöhnend brach er zusammen und zog Mira mit sich. Diese rollte kurz genervt mit dem Augen, ging zurück in die Hocke und zog Garrus wieder hoch. „Nun stell dich nicht so an, Garrus.“, meckerte die Rekrutin und legte erneut dessen Arm um die Schulter. Thane war auch direkt wieder zur Stelle um zu helfen, doch Garrus hielt ihm mit einem vernichtenden Blick auf Abstand und sagte zu Mira gewandt: „Nein! Er soll mich nicht anfassen! Er ist ein Attentäter! Verdammt noch mal, Shepard, was ist hier überhaupt los? Er könnte uns...“ „Es ist gut, Garrus...“, sagte sie entschieden und warf ihm einen mahnenden Blick zu. „Er ist nicht hier um uns zu schaden.“, versuchte sie ihn weiter zu beschwichtigen. „Ohne ihn hättest du das hier nicht überlebt.“ „Es könnte ein Trick sein! Eine Falle! Was stehst du hier noch rum, Shepard? Verhafte ihn!“ „Jetzt reicht es aber!“, fuhr Mira eisig dazwischen. Sie warf Thane einen entschuldigenden Blick zu, doch der Drell blieb ungerührt stehen. Verständnis und Anteilnahme lagen in seinem Blick. „Wenn er mich hätte töten wollen, hätte er zahlreiche Möglichkeiten dazu gehabt, aber wie du siehst bin ich noch am Leben.“ „Aber er ist ein...“, sagte Garrus noch völlig überfordert. „Ich weiß...“, seufzte Mira. „Er ist deine Abschluss...“ „Ich weiß!“, zischte sie erneut und rieb sich über die Augenbrauen. „Es ist...kompliziert...“ „Ich versteh Ihr Misstrauen durchaus, Mr. Vakarian.“, mischte sich nun auch Krios ein. Ruhig stand er vor dem Turianer, die Hände hinter dem Rücken gefalteten und betrachtete den Turianer nachdenklich. Leicht neigte er den Kopf nach links um Garrus Respekt zu signalisieren, doch der Turianer ließ ihn nicht aus den Augen. Es sah so aus als wäre er ein Falke, der sich jeden Moment auf seine Beute stürzte. Mira seufzte. Manchmal konnte ihr bester Freund echt stur sein. Aber sie wäre in dieser Situation auch misstrauisch gewesen. Schließlich hatte sie ihm nie etwas von dem Treffen mit Krios erzählt. „Aber ich bin hier um Ihnen zu helfen.“ „Das glaube ich Ihnen nicht.“ „Die Dinge sind nicht so einfach wie sie scheinen, Garrus. Auch ich musste das innerhalb des letzten Monats erfahren. Bitte, vertrau mir. Garrus, ich habe dich noch nie um etwas gebeten, aber bitte, dieses eine mal. Tu es! Ich werde dir alles erzählen, sobald du versorgt bist und du wirst dann sicher verstehen. Aber bitte, ich mache mir doch nur Sorgen! Wenn es ernsthafte Folgen hat, könnte ich mir das nie verzeihen.“ Bittend sah sie Garrus aus ihren tiefblauen Augen an. Garrus wurde nun sichtlicher ruhiger und holte tief Luft- versuchte den Schock der letzten halben Stunde zu überwinden. Schließlich seufzte und sah zu Krios auf, neigte den Kopf und sah ihn nun bloß nachdenklich an. Dieser erwiderte den Blick und kurz meinte Mira Blitze aus seinen Augen springen zu sehen. „Weißt du, Garrus.“, durchbrach Mira die angespannte Stimmung und lenkte Garrus Aufmerksamkeit wieder auf sich. Der Turianer drehte seinen Kopf zu ihr rum. „Wir müssen wirklich los. Nicht, dass die Verletzung sich entzündet und dein Bein amputiert werden muss. Ich habe keine Lust einen gehandicapten, ständig alten Zeiten nachhängenden Turianer als Freund zu haben.“ Sie grinste leicht, doch es war schief. Beide wussten wie knapp sie dem Tod entkommen waren und beide wussten auch, dass sie ihr Leben nur Krios zu verdanken hatten. Das war für Mira schon schwer zu akzeptieren. Wie sollte es dann erst für Garrus sein, wo er doch die Wahrheit nicht kannte? Sie beide wussten auch, dass die Verletzung nicht so schwer war, die Mira sie darstellte, doch es musste einfach sein. Sie versuchte verzweifelt die Situation aufzulockern, diese krampfhafte Anspannung in der Luft zu lösen. Einfach...irgendwas zu tu. Sie fühlte sich beinahe wie zwischen zwei Stühlen. Es war ihr sichtlich unangenehm. Hatte sie doch nicht damit gerechnet, dass Krios hier auftauchen würde. Sie hatte ihn doch längst auf Illium vermutet, dass er sie retten würde, warf noch einmal alles durcheinander. Schließlich hatte er sie schon mal gerettet. Verdammt! Das würde alles noch kompliziert werden. Eigentlich hatte Mira gehofft, Garrus nie von dieser einen Nacht erzählen zu müssen in der sich alles verändert hatte. Schließlich würde Krios gehen und sie hätte ihn vermutlich niemals wieder gesehen. Es hätte also überhaupt kein Anlass bestanden. Doch dieser Glaube war wohl naiv gewesen. Irgendwann wäre es sicher zu einer Situation gekommen, an dem sie es Garrus hätte erzählen müssen, doch ihr war wohler bei dem Gedanken gewesen, dass dieser noch weit entfernt war und nicht durch Krios Anwesenheit noch erschwert werden würde. Garrus sah sie lange an, doch dann seufzte er und ein kleines Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. „Nun gut, wenn du sagst, dass es in Ordnung geht, ich vertraue dir. Ihm aber nicht.“, sagte Garrus an Krios gewandt. „Das erwarte ich von Ihnen gar nicht. Mit diesem Beruf erwarte ich von Niemanden vertrauen.“, sagte Krios ruhig und für einen kurzen Moment schien das Leid der Welt in seinen Augen zu liegen. Mira schluckte hart und fühlte sich plötzlich schuldig. Thane Krios hatte ihr niemals den Anlass gegeben zu misstrauen und doch hatte sie es in dem Moment getan, an dem er ihr am meisten half. Obwohl sie sich unbewusst längst eingestanden hatte, dass man Krios vertrauen konnte, so hatte sie ihm im entscheidenden Moment fortgestoßen, wo sie sich gerade angenähert hatten. Wie schwer musste es für ihn sein? Wie einsam machte der Beruf eines Attentäters? Sie sah in Thanes große Augen und beschloss sich bei ihm zu entschuldigen. Ob das reichen würde? Sie hoffte es, denn mit seiner Selbstlosigkeit und weil er über ihren Starrsinn hinweggesehen hatte, hatte Mira eingesehen, dass sie sich längst entschieden hatte. Sie war bereit sich für einen Weg der Gabelung zu entscheiden auf dem Weg, der ihr Leben war und sie wollte diesen Weg nicht verlieren indem sie zu stolz war. „Komm, bringen wird dich hier raus. Bevor wir noch in Schwierigkeiten kommen.“ Garrus nickte und so hievten Thane und Shepard den Turianer auf ihre Schultern. Er war etwas schwerer als ein Mensch, wenn auch nicht viel. Gemeinsam trugen sie ihn bis vor den Fahrstuhl der Citadell, doch dann blieb Thane stehen und sah Mira an. „Shepard, entschuldigen Sie, aber ich...“ „Ich weiß, Sie können nicht weiter. Warten Sie bitte nur bis der Aufzug da ist und helfen mir mit Garrus in die Kabine. Den Rest schaff ich dann alleine.“, sagte Mira ruhig. Die Gefahr, dass Krios entdeckte wurde und vielleicht sogar Rache an ihm genommen wurde, war einfach schlicht zu groß. Der Drell nickte zustimmend und während sie warteten, fragte Mira: „Wann reisen Sie weiter?“ Sie musste vorher noch mit ihm sprechen. Bitte, lasst ihn nicht zu früh aufbrechen! Sie würde es ewig bereuen. „Morgen 18 Uhr...“, antwortete Krios matt und für einen Moment sah er erschöpft aus. Mira musterte ihn besorgt, doch als er ihren Blick sah, schüttelte er beruhigenden den Kopf, während seine Augen sagten, dass es nichts Ernstes war. 18 Uhr...Zwei Stunden vor Tagesende. Ein galaktisches Standardjahr hatte einen 20 Stunden Tag. Jede Stunde hatte hundert Minuten, welche in hundert Sekundenaufgeteilt wurde. Allerdings war jede Sekunde nur ungefähr halb so lang wie auf der Erde. Die Anzahl der Tage war ein Mittelwert aus dem asarianischen, turianischen und salarianschen Jahr- den drei Ratsspezies der Citadell. Ein verdammt kompliziertes System an das sich Mira in ihren vier Jahren auf der Citadell noch immer nicht recht gewöhnt hatte. Eine gute Zeit zum Verschwinden. Die Docks waren dann leer. Drells waren ebenso auffällig wie die Hanar- drei Meter große, rosafarbene Aliens in Form von Quallen- auf deren Heimatplaneten sie lebten. Auch wenn Drells sehr humanoid aussahen, so wie die meisten Alienspezies, so fielen sie doch wegen ihrer Hautfarbe und einfach auf Grund dessen auf, dass sie selten waren. Mit einem Piepen öffnete sich die Tür des Fahrstuhls und die künstliche Stimme einer VI verkündete das Stockwerk indem sie sich befanden. Krios und Shepard beachteten es nicht, sondern wuchteten Garrus an die Wand, an der er erschöpft hinabsank. Mira betätigte den Knopf für das 4. Stockwerk: Huerta Krankenhaus. Die Türen begannen sich zu schließen und Krios trat aus der Kabine, blieb vor den Türen stehen und sah sie an. „Morgen Abend, 16 Uhr, gewohnter Ort! Ich muss mit Ihnen reden!“, rief Mira noch schnell bevor sich die Türen schlossen. Sie wusste nicht, ob Krios es noch gehört hatte, doch sie würde warten. Sie spürte, wie ihr Leben sich zu verändern begann. Wenige Minuten später erreichten sie das Krankenhaus und Garrus wurde sofort in den Op geschoben. Salarianer riefen den Krankenschwestern Anweisungen zu, während der Turianer auf einer Trage in den sterilen Raum geschoben wurde. Die rote Leuchte für „work in progress“ leuchtete warnend auf und Mira brach an der Wand daneben zusammen und schlang die Arme um die Beine. Jetzt, wo die Anspannung von ihr abfiel, begann sie zu zittern. Als das Adrenalin aus ihren Adern wich, begann all die Angst und Verzweiflung der letzten Stunden auf sie einzuprasseln. All die Wut auf sich selbst wegen dem, was sie zu Krios gesagt hatte, all die Angst um Garrus, die Schmerzen in ihrem Körper, als das übermannte sie und ließ Mira schluchzen. Eine Schwester kam zu ihr um sie zu untersuchen, doch Mira wies sie barsch ab und versteckte dann wieder den Kopf im Schoß. Niemand sollte sehen, wie Mira Shepard bitterliche Tränen weinte, weil sie einfach hoffte, dass der nächste Tag sie nicht alles verlieren ließ, was sie schätzte. Noch einmal würde sie einen Totalverlust nicht ertragen. ~*~ Steh auf und kämpf verschwend' keine Zeit, denn jetzt ist deine Zeit Zeit das du's allen zeigst nur Mut versuch's du hast nichts zu verlieren man du kannst nur gewinnen wenn du was riskierst Glaub an dich gib nicht auf oh nein, du hast noch nicht verlorn' Glaub an dich- Urbanize ~*~ Sooo, das ist also das 7. Chap :) uuuuffa, das war ein Stück Arbeit und das bisher Längste :) Mein erster richtiger Kampf. Huiii. Ich hoffe dass es euch gefallen hat. Und nochmal danke fürs lesen ^-^ Kapitel 8: Die Wahrheit ----------------------- 8. Kapitel: Die Wahrheit Es war still in dem schlichten Krankenzimmer. Nur das stetige Piepen des Herzmonitors und das Tropfen der Lösung, welche Garrus Kreislauf aufrechterhalten sollte, unterbrachen das unangenehme Schweigen. Mira saß auf einem einfachen Stuhl neben Garrus Bett und betrachtete ihren besten Freund. Die Entscheidung über ihr Leben lag unmittelbar vor ihr und Mira würde am liebsten fliehen würde. Unruhig rutsche sie hin und her, während Garrus noch immer stur an die Decke starrte. Der ganze Vorfall war gerade erst einmal zwei Stunden her und Mira fühlte sich noch immer ganz benommen. Am liebsten würde sie einfach schlafen. Sich in ihrem Bett zu verkriechen und alles erst einmal zu verdrängen erschien durchaus verlockend. Seit gut einer Stunde war Garrus aus der Narkose erwacht, doch er hatte seitdem kein Wort gewechselt außer mit dem behandelnden Salarianer. Auch angesehen hatte er Mira nicht. Wen verwunderte das? Die ganze Situation musste schockierend, wenn nicht sogar verstörend sein. Sie konnte es ihm nicht vorwerfen, aber diese Stille zerfraß sie förmlich von innen heraus. Immer wieder fuhr sie sich über die Lippen, wollte ansetzen aber stockte doch, weil ihr die Worte fehlten. Mira wollte Garrus nicht verlieren, doch sie wusste nicht, wie sie all das erklären sollte. All das war nur verständlich, wenn man Krios kannte. Wie sollte sie ihre Zweifel bloß näher bringen? Geistesabwesend knetete sie ihre Hände im Schoß und atmete schwer. Die ganze Situation lastete auf ihren Schultern und sie hatte das Gefühl, dass sie ihr die Luft abschnürte. „Also, Shepard. Was ist jetzt die Erklärung für all das?“, sagte Garrus, während er seinen Kopf zu ihr umdrehte. Seine eisblauen Falkenaugen betrachteten sie abwartend, mit einem lauernden Glanz in ihnen. Sie schluckte, als der Blick sie traf und schloss die Augen. „Es ist alles kompliziert...ich weiß gar nicht wo anfangen soll.“ „Wie wäre es mit dem Anfang?“ Garrus Augen verließen sie nicht, sondern verharrten stur auf den ihren. „Ja…ja, der Anfang.“, sagte Mira unsicher und blickte hilflos umher. „Nur wo ist der?“ Garrus richtete sich etwas mehr in seinem Bett auf. Sie sah ihn an und bereute dieses Wagnis sofort. Die Skepsis in Garrus Augen und das verletzte Vertrauen ließen ihren Körper erstarren. Hilflos klemmte sie ihre Hände zwischen ihre Knie und zog die Schultern hoch. Mira holte tief Luft und schloss die Augen. „Also...wie du sicher schon ahnst...ich habe Krios damals getroffen, als der Angriff auf Nilarus Villa war. Nur verlief es anders, als erwartet.“ „Er hat dich nicht getötet.“ „Offensichtlich nicht...“, sagte Mira ruhig und sah an sich hinab. „Und du hast ihn nicht verhaftet.“ Sie zögerte. „Nein...“ „Warum nicht?“, fragte Garrus ernst und verschmälerte seine Augen, während Mira beinahe sehen konnte, wie sein Gehirn arbeitete und versuchte die gesammelten Fakten zu verknüpfen. Es war die Frage, die ihm schon seit er erwacht war, auf der Seele brannte und vor der Mira sich gefürchtet hatte. Wie sollten sie es ihm erklären, wenn sie es vor ihr selbst nicht dazu im Stande war? Mira sammelte ihre Gedanken und versuchte ihnen Struktur zu verleihen. „Das ist nicht einfach zu erklären, Garrus...“ „Keine Ausreden mehr. Ich will wissen, welches Spiel ihr spielt.“ „Wir spielen kein Spiel.“, sagte Mira verzweifelt und musste sich zusammenreißen um nicht gegen die eisige Wut in Garrus Stimme anzuschreien. Garrus sah sie an und verschmälerte seine Augen. Shepard erschauderte, als sie meinte Verachtung in den klarblauen Augen zu sehen. „Du bist sauer...“, stellte Mira nüchtern fest und rieb sich über die Augenbrauen. „Ich weiß nicht, ob sauer das richtige Wort ist. Enttäuscht, verletzt, verraten trifft es vielleicht eher als sauer.“, erwiderte Garrus knapp und richtete sich auf. Mira nickte und fühlte sich plötzlich klamm. Mit diesen Worten hatte sie zwar gerechnet, doch sie trafen sie dennoch sehr. Sie waren verletzender als ‚sauer‘, aber sie war froh, dass seine Stimme etwas ruhiger, sachlicher geworden war. „Verstehe...“, murmelte Mira dennoch geknickt. „Rede einfach endlich mit mir.“ Garrus war gereizt und schnaubte wütend. „Das ist leider nicht so einfach...also...als ich nach geeigneten Opfern...entdeckte ich den Baterianer...und fand heraus, dass er derjenige gewesen ist, der damals den Angriff auf Mindoir veranlasst hatte und wofür der Rat ihn nie hat bestrafen können.“ „Was?“ Garrus wandte sich abrupt zu ihr um und blinzelte überrascht. Garrus hatte Berichte über den Angriff auf die Menschen Kolonie in der Attika Traverse gelesen. Die Details waren natürlich unter Verschluss bei der Allianz, aber allein die groben Details reichten um einen Horrorbild zu zeichnen. Auch wenn Garrus noch nicht verstand, warum sie Krios gehe ließ, so verstand er doch, dass es sie emotional hatte aufgewühlt haben müssen dem Alptraum ihrer Vergangenheit begegnet zu sein. Langsam richtete er sich wieder auf und drehte seinen Oberkörper zu ihr um. „Shepard...das muss schwer für dich gewesen sein...“, flüsterte er besorgt. Mira schwieg, ihre Lippen zu einem schmalen Spalt gepresst. Unruhig blickte sie in dem kleinen, sterilen Krankenzimmer umher. „Aber ich versteh immer noch nicht...“ „Ich schwor mir, Nilarus büßen zu lassen...Wut und Hass kochten in mir...ich verlor meine Professionalität. In dem Moment wurde mir klar, dass er Krios Opfer sein würde, ich wollte ihn aber töten. Ich wollte diesen Mistkerl von Baterianer dafür büßen lassen, was er mir angetan hat. Was er meinen Freunden, meinen Eltern, angetan hatte...doch als ich ankam, war Krios bereits fertig. Ich rannte dennoch in das Wohnhaus und als ich durch den Flur ging...tauchte er hinter mir auf...und fragte mich, warum ich ihn verfolge. In dem Moment, als ich mich umdrehte, spürte ich erst seine wahre Macht. Als ich ihn erblickte wurde mir klar, dass ich ihn niemals verhaften könnte. Sein Körper war umgeben von einer Aura der Selbstsicherheit, dass es mir noch immer kalt über den Rücken läuft, wenn ich daran zurückdenke. Thane Krios ist…beängstigend, wenn er arbeitet, um es gelinde auszudrücken. Als er hinter mir stand und mich mit dieser tiefen, kalten Stimme ansprach, da dachte ich, ich würde sterben. Hier und jetzt. Ich habe mich noch nicht einmal gefragt, warum er mich nicht einfach erschossen hatte. Ich dachte, jetzt wo er weiß, dass ich ihn jage, würde er mich quälen, denn Attentäter liebten doch schließlich die Gewalt. Für sie ist das alles doch nur ein Spaß, eine Kunstform, dachte ich, aber ich lag falsch. Anstatt mich anzugreifen, begann Krios ein Gespräch mit mir. Er stellte fest, dass ich seinen Namen kannte und es somit kein Zufall sein konnte, dass ich immer entweder bevor oder nach einem Auftrag auftauchen würde. Er hatte mich also schon vorher unbewusst bemerkt, doch mich als Zufall eingestuft und deshalb nicht bewusst an mich erinnert. Danach meinte er sogar, dass ich hinne machen sollte, weil er nicht den ganzen Tag Zeit hätte. Ich wurde so wütend bei dieser Bemerkung, dass ich alle Beherrschung verlor, aber es durchbrach auch meine Angst. Ich sagte den Spruch, den wir so oft runter beten mussten und griff ihn an, doch Krios gelang es ohne Probleme selbst meiner Finte auszuweichen. Stattdessen packte er mich und drehte mir die Hände auf den Rücken.“ Mira hielt inne und blinzelte träge, als sie sich zurück an die Details erinnerte. Dafür, dass es solch ein einschneidendes Erlebnis in ihrem Leben gewesen war, waren die Erinnerungen doch schon stark verblasst. Viel stärker erinnerte sie sich an die darauf folgenden Treffen mit Krios. Die Gespräche, wie sie einmal sogar fast gelacht hatte, die Vorsicht, aber auch den Kitzel der Jagd. All das war viel lebendiger, obwohl die Essenz ihrer ersten Begegnung sich umso stärker in ihre Seele eingebrannt hatte, als alles andere. Die Gefühle, die sie damals empfunden hatte, waren stark in ihr vorhanden und sie spürte noch immer wie sie sie veränderten. Garrus sah sie lange an und stellte sich vor, was in dem Tower vorgefallen war. Seine Augen schlossen sich halb, als er begann es sich bildlich vorzustellen und sein Blick glitt unbewusst an Mira vorbei. „Und da musstest du um dein Leben kämpfen.“, sagte er nach einigen Momenten der Stille und wandte sich ihr wieder zu. Mira erwiderte den Blick und schüttelte entschieden den Kopf. „Eben nicht, das war ja das Überraschende. Stattdessen schien er ernsthaft verwirrt zu sein und er meinte nur, dass es für einen Rekrut der Akademie eine echte Leistung wäre ihn zu stellen, das wäre bisher Niemanden gelungen.“ „Er hat dich nicht angegriffen?“ „Nein. Er hätte mich so leicht erschießen können, meine Hand brechen, doch er hatte mich nur aufgehalten. Ich bekam Angst, als ich ihm so ausgeliefert war und schrie ihn an, dass er mich loslassen sollte, doch er meinte nur, was ich sonst tun würde. In diesem Moment war seine Verwirrung verschwunden und das Selbstbewusstsein zurück. Ich weiß nicht wie er es macht, Garrus, aber etwas in seiner Wortwahl, Sprache, Mimik, Gestik und vor allem in seiner Stimme weckt in dir jeglichen animalischen Fluchtinstinkt. Du willst nur noch weg, witterst die Gefahr, es ist als wüsstest du, dass du dem lebendigen Tod gegenüber stehst. Einem Todesengel. Anmutig, in gewisser Weise schön, so elegant wie er arbeitet, aber brandgefährlich und diese Aura ist faszinierend und verstörend in gleichen Maßen.“ Die Worte blieben in der Luft hängen, schwebten durch den Raum und entfalteten ihre Wirkung. Nach einigen Augenblicken nickte Garrus bedächtig. „Das habe ich neben meiner Verwirrung auch gespürt…obwohl er überhaupt nichts Bedrohliches gesagt hatte, im Gegenteil, so wusste ich noch bevor du seinem Namen sagtest, dass ich ihn nicht zum Feind haben wollte. Das Töten fällt ihm so leicht…beängstigend leicht und wie ruhig er bei all dem bleibt.“ „Er ist in gewisser Weise einem Kroganer ähnlich. Perfekt ausgebildet für den Kampf, nur ist er lautlos wie eine Raubkatze und äußerst intelligent. Als ich bemerkte, dass er kein stumpfsinniger Krieger war, sondern äußerst intelligent und überlegt, wurde ich nur noch ängstlicher und überspielte es mit Wut um keine Blöße zu zeigen, doch Krios ging nie auf eine meiner Provokationen ein, sondern blieb stets ruhig. Irgendwann ertappte ich mich dabei, dass es mich zu verunsichern begann, denn er war so ganz als ich mir je einen Attentäter vorgestellt habe. Er war nicht kaltblütig, er war nicht grausam. Ich hatte sogar manchmal den Eindruck, dass er sehr leidet.“ Garrus wollte erst zu einem Protest ansetzen, doch er sah in Shepard Gesicht, dass es ihr Ernst war. Sie versuchte es nicht besser darzustellen oder gar ihr Versagen zu verschleiern, es war bloß die Wahrheit, also schwieg er. Mira war ihm dankbar dafür, denn sie wusste nicht, was sie auf weitere „aber er ist ein Attentäter“ Einwürfe hätte erwidern sollen. Sie hatte Angst davor gehabt, dass Garrus darauf beharren würde und dieses Argument zu einer Art Joker für jede Argumentation bleiben würde, doch er schien sich auf das Zeichnen des Bildes, was damals im Tower von Nilarus entstand, einzulassen. Daran merkte Mira, dass Garrus gewillt war ihr zuzuhören und das erleichterte sie ungemein. „Aber wie kam es dazu, dass du deinen Traum aufgabst für einen Attentäter?“ Nachdenklich blickte er sie an und Mira verstand, dass es für ihn immer noch keinen Sinn ergab. Wie denn auch? Tat es für sie selber ja auch nicht, doch er hatte ein Recht darauf, dass sie es versuchte. „Den Grund dafür kann ich präzise gar nicht benennen, da es keine logische Entscheidung war. Es ist eher...eine Mischung aus Gefühlen. Erinnerst du dich noch was in der Nacht passierte, bevor du die Prüfung bestanden hattest?“ „Du meinst, als du von den Sklavenhändlern gefangen gehalten wurdest?“, hakte Garrus nach und seine Mundmandible klackerten leicht, als er nachdenklich brummte. „Ja, das tue ich...“ „Nun... das völlig kuriose...abstruse...verwirrende ist...“ Mira holte tief Luft, bevor sie antwortete: „Thane Krios war derjenige, der mich aus ihren Fängen befreit hat...“ „Was? Mira, hallo?“ Garrus wedelte mit seiner großen, dreifingrigen Hand vor ihrem Gesicht herum, so als wollte er testen, ob sie überhaupt noch reagierte. „Du musst dir das nicht noch denken um die Entscheidung schlüssiger für dich zu machen.“ „Hältst du mich für so verrückt oder verzweifelt, dass ich das tuen würde?“ Sie zog eine Augenbraue hoch und war Garrus einen missmutigen Blick zu. „Danke aber auch...bester Freund.“ Ein griesgrämiges Knurren entwich ihr. „Das war dein ernst?“, fragte Garrus überrascht und sah sie aus großen Augen an. Shepard rollte die Augen und schüttelte den Kopf, als sie sarkastisch sagte: „Nein, ich denke mir gerne so was aus.“ Wieder seufzte sie und strich sich ihren Pony aus dem Gesicht. „Woher willst du das denn wissen, Mira? Ich denke der Hinweis ging anonym ein.“ „Tat er auch...“, erwiderte sie knapp. „Aber er wusste Details, die nur derjenige wissen konnte, der da gewesen war.“ „Nicht zwingend. Er kann genauso gut es nur gesehen haben und es fiel ihm wieder ein, als du ihn gestellt hast.“, gab Garrus zu bedenken. „Warum sollte er dabei lügen?“ Mira sah ihn blinzelnd an. „Mira...ein Attentäter weiß nicht nur mit einer Waffe umzugehen, sondern auch mit der Psyche. Er wollte dich damit manipulieren und sich eine Fluchtmöglichkeit zu verschaffen.“ Beinahe mitleidig sah Garrus sie an. Sie war von dem besten Attentäter hereingelegt worden und merkte es sicher bereits selbst. Deshalb klammerte sie sich verzweifelt an diese Lügen, damit sie es sich nicht eingestehen musste. Seine Wut im Bauch wuchs. Wie konnte dieser Drell seiner Mira das nur antun? So mit ihren Gefühlen zu spielen? Mira war die aufrichtigste, moralischste, Person die er kannte. Ihr ging Ehre und Gerechtigkeit über alles, sogar noch mehr als einem Turianer und die waren schon auf Ehre versteift. Nun gab sie für eine Lüge wissentlich ihren Traum auf, wo sie das erste Mal an sich gedacht hatte und warf all das über Bord, weil sie belogen wurde. Das machte Garrus krank. „Garrus...übersiehst du dabei nicht etwas oder hast du so eine hohe Meinung von mir? Er hätte locker abhauen können. Ich hätte gegen ihn keine Chance.“ „Vielleicht steht er auf Psychospielchen.“ „Nein, ganz sicher nicht...“, murmelte Mira gedankenverloren. Sie trat an das Fenster des Krankenzimmers und sah hinaus. Raumschiffen glitten ruhig durch die Arme der Citadell und ihre Außenfassaden glänzten im Licht der künstlich simulierten Sonne. „Woher willst du das wissen...“ „Weil Krios nicht so ist...“, sagte sie schlicht und legte eine Hand an das Fenster. Garrus sah sie ungläubig an und sie spürte es förmlich in ihrem Rücken. Sie musste völlig verrückt in seinen Ohren klingen. Sie verteidigte hier den berüchtigtsten Attentäter der Galaxis. Es gab einige wirklich grausame Gerüchte über ihn in den Tiefen der Suppe aus Verbrechen. Aber jetzt, wo sie allmählich sich einbildete Krios zu kennen, zumindest ein wenig mehr als nur die Oberfläche, da konnte sie das nicht vorstellen. Thane Krios war zwar der perfekte Attentäter und auch anders, wenn er seinen Beruf ausübte, doch an sich war der Drell kein schlechtes Wesen. Indem er die miesesten Verbrecher jagte, glaubte sie sogar, dass er ein sehr moralischer, tiefgründiger Drell war, der nur offensichtlich viel gelitten hatte, wenn sie an so manche Blicke zurückdachte. Jedes Mal wenn er seine Gedanken nachgehangen war- was dank des Solipsismus ja häufig passierte- war sein Blick schmerzvoll und traurig gewesen. Mira schüttelte ihren Kopf leicht. Nein, das war nicht gespielt. So einen Gesichtsausdruck, der sich dann immer auf der sonst so ausdruckslose Maske gezeigt hatte und in den Tiefen seiner dunklen Augen entflammt war, konnte Niemand spielen. Nicht der beste Schauspieler. Diese Gefühle waren echt, da war sie sich sicher. „Ach, und das weißt du.“, sagte Garrus und seine Stimme hatte einen leichten Hang von Sarkasmus, den Mira zusammenfahren ließ. „Du kennst ihn nicht, Garrus.“ „Aber du kennst ihn?“, fuhr Garrus sie aufgebracht an. Es durfte doch nicht wahr sein! Wenn er es nicht besser wüsste, würde er meinen, dass Shepard sich in Krios verknallt hatte. Was für ein absurder Gedanke! Doch warum verhielt sie sich dann so merkwürdig, warum verteidigte sie ihn? „Mehr als du...“ Ihre Stimme war kalt, denn sie spürte, dass Garrus an ihrem Geisteszustand zu zweifeln begann. So viel zum Thema er würde ihr zuhören und eine Chance geben. Er war doch noch in der Schablone des Attentäters gefangen. Konnte er nicht endlich auch die Zone des Graus betreten, in der sie schon so lange stand- hilflos und allein in ihrer eigenen Verwirrung? Wo er es doch schon so oft gesagt hatte. „DU LÄSST DICH VON IHM MANIPULIEREN, SHEPARD!“ Garrus Stimme bebte von unterdrückter Verzweiflung und er rang mit seinen Händen. „Du bist nicht mehr du selbst, seit du ihm begegnet bist.“ „Das ist wahr...ich bin nicht mehr die naive Mira, die nur noch Schwarz und Weiß sieht. Garrus, ich will Thane Krios Taten nicht rechtfertig. Sie waren gegen das Gesetz und sicher auch nicht immer richtig, aber...hast du nicht selbst mal gesagt, dass uns manchmal die Regeln mehr fesseln als helfen?“ „Das ist noch lange kein Grund...“, ereiferte sich Garrus, doch Mira hob nur die Hand. Normal hätte sie wohl jetzt zurückgeschrien, doch vielleicht begann Krios etwas auf sie abzufärben. Sie war ruhiger. Sie wollte nicht ruppig werden. So würde sie Garrus nicht erreichen. Letzten endlich war er jetzt nicht anders, als sie selbst gewesen war, als sie Krios getroffen hatte. Sie war bockig gewesen, festgefahren in ihren Vorstellungen, geschützt durch eine Mauer von Trotz. Bei Garrus war es grad nicht anders. Krios hatte es geschafft diesen Wall durch Ruhe und sachliche Argumentation auszuheben und war so zu ihr durchgedrungen, obwohl sie sicher noch versteifter gewesen war, als Garrus jetzt. Einen Monat hatte es bei Krios gedauert...vielleicht würde es auch so lange dauern, bis Garrus es akzeptieren würde, doch Mira war bereit so lange dafür zu kämpfen. Sie wollte noch nicht einmal, dass ihr bester Freund es verstand, vielleicht war das ein wenig viel verlangt, denn dazu musste man sich wirklich mit Krios treffen und mit ihm reden um dieses kaum greifbare Gefühl zu verstehen, was Mira dazu veranlasst hatte ihn gehen zu lassen. Dazu würde Garrus nicht mehr die Chance bekommen und würde es so sicher nie ganz begreifen können, doch Mira wünschte sich sehr, dass er es irgendwann tolerieren würde. „Thane Krios hat da aufgeräumt, wo der C-Sec die Hände gebunden sind durch unsere eigenen Regeln und Protokolle. Willst du ihm das verübeln? Ohne ihn wärst du tot.“ Langsam drehte sie sich von Fenster weg und durchbohrte Garrus mit einem scharfen Blick. Der Turianer schluckte, als ihre blauen Augen ihn traurig ansahen und verlegen blickte er zur Seite. Es war einer dieser Blicke, bei dem man sich schuldig fühlte, egal ob man im Recht war oder nicht. Ein Blick voller Enttäuschung, der einem das Herz zerschnitt, irrelevant ob man denjenigen mochte oder nicht. „Ok...er hat uns aus einer misslichen Lage gerettet...“, gestand er missmutig ein und verzog nachdenklich das Gesicht. „Aber so konnte er seine Illusion aufrecht erhalten und gleichzeitig töten.“ Mira seufzte schwer und lehnte ich gegen die Fensterscheibe, während sie die Arme vor der Brust verschränkte. „Garrus...warst du es nicht, der mir sagte, dass er nur den Abschaum tötet, an den wir nicht dran gekommen waren. Wenn es ihm wirklich Spaß machen würde, worauf du hinaus willst, dann wär es ihm doch egal, wer das Opfer ist. Töten um des Tötens Willen, aber so ist Krios nicht. Du hattest Recht, er tötet nur die, die es auch verdienen.“ „Und er darf Richter spielen?“ „Das hab ich doch gar nicht gesagt.“, sagte Mira verzweifelt und schloss die Augen. „Er weiß selber, dass es eine Sünde ist, was er tut. Er betet nach jedem Mord für die Vergebung seiner Sünden und dafür, dass die Seelen, die er genommen hat, ihren Weg ins Licht finden. Als wir uns begegneten und ihm bewusst...“- sie betonte das Wort besonders- „...wurde, dass ich diejenige war, die er vor den Baterianern und dem Kroganer gerettet hatte, fragte er mich, warum ich den Auftrag nicht abgelehnt hätte. Ich war da noch in dem Glauben, dass er mich töten würde, also wäre es nun auch egal, also erzählte ich es ihm. In dem Moment sah ich die letzte Regung in seinem Gesicht, die ich erwartet hätte: Ehrliches Mitleid. Es tat ihm leid, dass er mir solche Umstände gemacht hatte. Lange hat er mich angesehen und gemurmelt, dass das vielleicht der Wille von Arashu wäre. Er sah mich an und sagte etwas, was mich seitdem wirklich verändert hat und was mich in diesem Moment total erschüttert an. Er sicherte mir meine Sicherheit zu und legte sein Schicksal in meine Hände. Sein Blick war voller Leid, während er mit einer traurigen Stimme, die Worte sagte, die ich niemals vergessen werde: ‚Weil ich mein Schicksal in Ihre Hände lege. Die Götter werden sich etwas dabei gedacht haben, dass sie uns hier zusammengeführt haben. Entscheiden Sie sich für das, was Sie für richtig halten. Vielleicht wird es Zeit, dass ich für meine Verbrechen bestraft werde und verhaftet werde. Entscheiden Sie, ich kann es nicht.‘“ Miras Blick glitt in die Ferne, als sie sich zurück erinnerte. Ja, diese Worte hatten viel in ihr verändert. „Das hat er gesagt?“ Nun war auch Garrus wirklich überrascht. Mira nickte und setzte sich wieder neben ihn ans Bett. „Er ist zwar ein Attentäter, Garrus, aber er ist kein schlechter Drell. Krios geht nur auf eine andere Art und Weise an die Dinge heran wie wir es tun würden. In der einzigen, die er kann. Er war wirklich bereit seine Strafe anzunehmen und meinen Traum zu ermöglichen. Er hätte mich erschießen, verschleppen, als Geisel nehmen können um zu entkommen, doch als das Martinshorn des Einsatzwagen ertönte, da dachte er ich würde mich für die Festnahme entscheiden und nahm die Hände auf den Rücken, der mächtige Thane Krios wirkte auf einmal gebrochen, er lieferte sich mir aus und gab sich auf, dabei hatte er nichts Unrechtes getan...nur für Gerechtigkeit gesorgt, wo wir es nicht konnten. In diesem Moment...konnte ich es nicht. Ich konnte ihn nicht verhaften. Es liegt nicht nur daran, dass er mich rettete...wenn er trotzdem so gewesen wäre, wie ich ihn erwartet hätte und einfach nur gegen Baterianer oder so hätte kämpfen wollen, hätte ich damit kein Problem gehabt. Wirklich nicht...aber wie er mich angesehen hatte, als er sagte, dass er sich umsonst die Schuld von fünf Morden aufgeladen hätte, wenn er mich jetzt tötete...wurde mir klar...dass sein Verhältnis zu seinem Beruf zwiespältig ist. Vielleicht ist es das Einzige, was er kann und hat sich lange selbst in Rechtfertigungen geflüchtet, doch im Grunde hasst er es töten zu müssen und jede weitere Seele belastet ihn, denke ich...doch er kann nicht aufhören...weil er keine andere Möglichkeit weiß, wie er das erreichen könnte, wofür er kämpft. Was auch immer das ist...und ich will nicht darüber urteilen. Was Thane Krios tut, ist weder schwarz noch weiß, es ist grau.“ Mira blickte von ihrem Schoß auf und betrachtete Garrus, welcher lange schwieg. Nachdenklich wanderten seine Augen durch den Raum, verharrten auf undefinierbaren Punkten, während er versuchte zu verstehen, was Mira ihm sagte. Man sah ihm an, dass er mit sich kämpfte. Sein Glaube und Intention kämpften gegen den Verstand. Unruhig rang er mit dem Händen und der Ausschlag des Herzmonitors wurde schneller, zeigte eine erhöhte Herzfrequenz und somit Stress. „Garrus...bitte sag was...“ „Lass mich nachdenken...“ Garrus Stimme war abweisend und gefangen in dem Wirbel seiner Gedanken. Seine Augen schienen dem Strom zu folgen, wanderten hin und her ohne wirklich zu sehen und Mira schwieg betreten, ihre Hände zwischen den Schoß geklemmt. Zitternd entfuhr Luft seiner kleinen Nasen, doch er sprach nicht. Minuten vergingen, indem Garrus hörbar gemachter Herzschlag als Einziges die Stille durchbrach und es machte Mira verrückt. Diese Spannung knisterte beinahe zwischen ihnen und am liebsten würde sie fliehen, doch sie blieb. Vieles hatte sie verbockt in ihrem Leben, doch dieses Mal würde sie nicht abhauen, sobald es schwierig wurde. Das war sie Garrus schuldig und auch Krios gegenüber. Nach endlos erscheinenden Minuten innerer Qual, seufzte Garrus und sah Shepard wieder an. „Du hast ihn danach wieder getroffen?“, fragte er und rieb sich über den Kopf, was sich durch den Katheter als umständlich erwies. Mira nickte. „Am Tag nachdem Zusammenpfiff von Pallin und unserem Streit...hatte ich das Gefühl verfolgt zu werden, schob es aber auf dem Schock des Treffens...dass es eine eingebildete Paranoia ist. Doch wie es sich rausstellte, irrte ich mich nicht. Ich war im Flux...ich wolle nicht, dass Erinthia mich wieder ausquetschte, und trank einiges...wohl etwas zu viel und als ich aus der Bar kam, entdeckte ich Krios, der in einer Ecke stand und mich beobachtete. Erst dachte ich, das wär der Alkohol, denn er war direkt darauf verschwunden...doch es passierte immer wieder und irgendwann kam er zu mir und sprach mich an. Seine Anwesenheit ließ all mein Versagen wieder hochkochen und ich projizierte all meine Enttäuschung und Wut auf mich selbst auf ihn. Krios hat wirklich versucht ein normales Gespräch mit mir zu führen, herauszufinden, was das zwischen uns war, doch ich blockte ihn mit blanker Wut ab. Zu sehr erinnerte er mich daran, was ich gerade aufgegeben hatte. Ich dachte, er würde mich damit verspotten und verschwinden, doch innerhalb des letzten Monats kam er immer und immer wieder und auch anonyme Hinweise gingen bei mir ein. Es entwickelte sich ein Spiel zwischen uns. Er war dieses Mal der Gejagte und nicht der Jäger. Auch wenn ich jedes Mal zu spät kam, so genoss ich insgeheim das Spiel. Wir beide waren in diesem Tanz aus Verwirrung und Spiel gefangen...ich fühlte mich gefordert.“ „Du begannst ihn zu akzeptieren...“, stellte Garrus etwas zu trocken fest. „Ja...auch wenn es mir bis heute schwer fiel, es mir selbst einzugestehen und ich immer noch etwas abweisend war...aber ja. Ich musste mir eingestehen, dass ich mich ihm gegenüber geirrt hatte, dass ich mein Urteil revidieren musste, aber was blieb mir dann? Nur die Verzweiflung, die blieb über die Zukunft. Wenn ich Krios verschonte, musste ich unweigerlich meine Ausbildung in C-Sec schmeißen.“ „Und, wirst du?“ „Ich werde ihn nicht verhaften und ja, ich werde Pallin morgen meine Kündigung geben.“ Es fühlte sich seltsam an, es endlich auszusprechen, ihre Entscheidung zu formulieren, aber es war auch eine Erleichterung. Fest hatte sie damit gerechnet, dass Garrus sie anschreien würde, versuchen würde sie zu überzeugen, nicht diesen Weg zu wählen, doch der Turianer sah sie einfach nur an. Seine eisblauen Augen durchdrangen sie nur, doch Mira hielt ihm stand. „Und was geschah dann? Woher wusstet ihr, dass ich angegriffen werden sollte?“ Mira spürte, dass diese Frage ihn besonders beschäftigte. Seine Stimme war vorsichtig, so als pirsche er sich an die Antwort heran und wisse nicht, ob er sie wirklich wissen wollte. Mira verstand ihn und überlegte kurz, ob sie ihm wirklich antworten sollte, doch dann sah sie ein, dass er ein Recht darauf hatte. „Vor ein paar Stunden saß ich im Blackstar...“, begann Mira nachdenklich den Bericht. „...und trank einen Drink. Ich ahnte bereits, dass Krios wiederkommen würde. Er kam immer in solchen Situationen. So verwunderte es mich nicht, als nach einiger Zeit sich ein Schatten in meinem Blickfeld auftauchte. Ich war relativ abweisend zu ihm, selbst für meine Verhältnisse, weil ich spürte, dass unser Spiel nicht mehr weitergehen konnte und er bestätigte das. Krios sagte mir, dass er morgen nach Illium aufbrechen würde und mir etwas geben wollte.“ „Etwas...geben?“, wiederholte Garrus irritiert ihre Worte. „Was könnte er dir denn geben?“ „Informationen...als Attentäter unterhält er natürlich viele Kontakte. Heute suchte er mich auf, weil er eine Information bekam, die auch mich interessieren könnte. Krios sagte, ich solle es als Belohnung dafür sehen, dass ich ihn gestellt habe.“ „Dieser Drell wird immer seltsamer.“, murmelte der Turianer. Shepard konnte nicht anders, als ein wenig zu lachen. „Das habe ich auch schon einige Male gedacht. Er ist nicht wirklich einordbar.“, gestand Mira ein und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Gelinde ausgedrückt.“ Wieder lachte Mira. „Ja, gelinde ausgedrückt. Nun ja...die Art und Weise wie er aber über die Information sprach...die hatte mich beunruhigt. Krios Stimme ist immer so ruhig, wie du sie kennengelernt hast, aber in diesem Moment war sie vorsichtig und auch sein Gesichtsausdruck...es war als wolle er sich vor meiner Wut wappnen. Etwas tief in mir verriet mir, dass etwas nicht stimmte. Schließlich überreichte er mir ein Datenpad mit Informationen über sein letztes Attentat auf der Citadell.“ „...und das war ich?“ Mira zögerte einige Augenblicke und wählte ihre Worte mit Bedacht. Ihr war bewusst, dass eine falsche Wahl all das, was sie innerhalb der letzten Stunde an Verständnis bei Garrus geschaffen hatte, wieder verlieren konnte. Schließlich entschied sich Mira für ein schlichtes Nicken, doch bevor Garrus irgendetwas sagen konnte, sah sie ihn mit einem Blick an, der ihn verstummen ließ. „Ja...der Auftraggeber schickte sein Angebot dafür, dich zu töten, an Krios. Er stellte wie immer seine Nachforschungen an und war irritiert...als er auf mich traf. Als er fertig war mit seinen Nachforschungen... lehnte er den Auftrag ab.“ Garrus schüttelte verwirrt den Kopf und verschmälerte seine Augen. „Er lehnte ab?“ „Du hast nichts Unrechtes getan, deshalb hatte er abgelehnt und suchte mich auf um dich zu warnen.“ „Warum kam er nicht direkt zu mir?“ „Hättest du ihm geglaubt?“ Mira zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Nein...“, räumte der Turianer schließlich ein. „Nein, wohl nicht.“ „Siehst du. Es war seine einzige Chance. Auch ich war nicht grad leicht zu überzeugen. Als ich las, dass du das Ziel sein solltest, Garrus, da bin ich vollkommen ausgerastet. Es war als wäre eine Sicherung in meinem Kopf durchgeknallt. Indem Moment hatte Krios alles was er an Zugeständnis von mir gewonnen hatte, verloren. Ich schrie ihn an, drohte sogar, obwohl er doch gar nichts gesagt hatte. Da hab ich ihn das erste Mal genervt erlebt. Als er mir sagte, dass er abgelehnt hatte, verrauchte zwar meine Wut und ich entschuldigte mich, aber die Angst blieb, denn Krios meinte, dass es dem Auftraggeber ernst genug sein könnte, dass er einen weiteren Attentäter beauftragen könnte...“ „Oder eine Söldnertruppe.“ Garrus Stimme war rau und er schluckte, als er daran dachte wie knapp er dem Tod entkommen war und vor allem, wenn er daran dachte, wem er sein Leben verdankte. Verdiente Krios auf Grund dieser Tatsache eine Chance? Doch was, wenn er wirklich nur mit Mira spielte? So ganz konnte Garrus seinen Argwohn nicht ablegen, doch er spürte wie sehr Shepard daran haderte, wie schwer es ihr fiel mit der Situation klar zu kommen, deshalb wollte er sich seine Skepsis nicht anmerken lassen, denn es würde sie sonst nur noch mehr verunsichern. Mira gab sich zwar überzeugt von ihrer Entscheidung, doch Garrus wusste, dass wenn er ernsthaft nachhaken würde, dann würde er sie ins Schwanken bringen, doch Garrus war es ihr schuldig, ihr wenigstens zuzuhören. Ihr! Und Niemanden sonst. Aber vielleicht sollte auch er mal Nachforschungen anstellen... „Ja...oder eine Söldnertruppe...“ Mira lächelte schwach und nickte. „Krios und ich überlegten gemeinsam, wann und wo der Angriff sein könnte. In diesem Moment war es mir egal, wer er war, ich fand es sogar gut, denn seine Erfahrung, sein Wissen würde mir helfen. Doch als mir klar wurde, dass sie dein vermeintliches Treffen mit deiner Familie nutzen würden, da rannte ich so schnell ich konnte. Ich dachte nicht, ich handelte. Ich hatte Angst...und ich war wütend. Niemand würde es wagen meinen besten Freund anzugreifen. Als mir Krios dann seine Hilfe anbot, war alles vergessen, ich knurrte ihn an wie ein wütender Hund, dass ich niemals einen Attentäter in deine Nähe lasse. Ich glaube...ich habe ihn in diesen Moment sehr verletzt.“ Mira holte zitternd Luft und schloss traurig die Augen. Jetzt wo sie all das wieder erzählte, wurde ihr erst bewusst, was sie Krios angetan hatte. Wie unrecht sie ihn behandelt hatte. Wie hatte sie nur so dumm sein können? So blind? Sie mochte sich gar nicht vorstellen wie sehr sie ihn verletzt haben musste und bei dem Gedanken wurde ihr übel. Wie sollte sie sich nur morgen bei ihm entschuldigen?“ „...und doch...obwohl ich ungerecht zu ihm war, sah er über all das hinweg und half uns. Er hatte keinerlei Verpflichtung, er hatte schon mehr getan, als er hätte tun müssen...und dann...er war besorgt...“ Mira schüttelte ungläubig den Kopf und vergrub ihre Hände in den Haaren. Wie sollte sie das nur wieder gut machen? Krios hatte Größe bewiesen. Im Gegensatz zu ihr... „Hey...“ Garrus richtete sich auf und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Mach dich nicht verrückt.“ „Aber Garrus...“ Die Tür ging plötzlich auf und ein beschäftigt wirkender Salarianer trat ein. „Mr. Vakarian wir müssen noch einmal ihre Werte nehmen...“ Der echsenartige Alien blieb in der Tür stehen und neigte seinen Kopf, als er Shepard erblickte. Die großen, pupillenlosen Augen betrachteten Mira eingehend, ein Datenpad mit Garrus Akte in der Hand. „Oh, Sie haben Besuch. Nicht gewusst, nicht gewusst...entschuldigen Sie, Ma’am, aber Sie müssen gehen. Untersuchungen stehen an. Müssen Blut abnehmen, Proben...unangenehm, unangenehm...“, murmelte der Salarianer hastig und drängelte sich an Mira vorbei. „He...hey...“, warf sie überfordert ein, als der Arzt sie schon nach draußen schob. „Ist schon gut, Shepard.“, sagte Garrus beruhigend und lächelte ihr ermutigend zu. „Wir sehen uns morgen.“ Mira zögerte kurz und verließ dann das Krankenhaus, nach einer Verabschiedung und betrat die kalte Nacht. Unsicher ging sie zurück zum Quartier der C-Sicherheit Akademie. Wohl wissend, dass es das letzte Mal sein würde. ~*~ Sooo, das schwierige Gespräch zwischen Mira und Garrus ist überstanden...folgen ja nur noch zwei weitere 8D Ich habe mir wirklich Mühe gegeben Garrus gut darzustellen und ihn nicht allzu engstirn wirken lassen. Ich hofe das ist mir gelungen. :) Danke, dass ihr der Geschichte noch immer treu seid. Lg, Jeanne-Kamikaze- Kapitel 9: Ein neuer Lebensweg beginnt -------------------------------------- 9. Kapitel: Ein neuer Lebensweg beginnt Mira wusste nicht wie lange sie bereits vor der Tür des Büros von Exekutor Pallin gestanden hatte, doch es musste schon eine ganze Zeit gewesen sein. Menschen, Elcor und Volusse, die zu ihren Botschaften wollten, waren an ihr vorbei gelaufen, hatten ihr misstrauische Blicke zugeworfen. Mira hatte es eher unterbewusst wahrgenommen, während sie an der Wand neben der Tür zur Botschaft der Menschen gelehnt hatte und die Tür angestarrt hatte. Obwohl sie gestern ihren Entschluss endgültig besiegelt hatte, zögerte sie noch immer diesen auch zu verkünden. Es fühlte sich seltsam an. Fast drei Jahre lang war die Citadell Sicherheit ihre Heimat gewesen und nun würde sie ruhmlos aus der Geschichte verschwinden, ihren einzigen Freund verlassen und dass alles für einen einfachen Drell. Nein, keinen einfachen Drell. Dem besten Attentäter des Universums. Das Paradoxon war wirklich amüsant. So sehr, dass Mira nur darüber schmunzeln konnte. Sie fühlte sich nicht unwohl auf Grund der Tatsache, dass sie diesem Laden nun den Rücken kehren würde, sondern weil sie nicht wusste wie sie in Zukunft überleben sollte. Eine abgebrochene Ausbildung in der C-Sec machte sich nicht gut in ihrem Lebenslauf und die Mieten waren teuer auf der Citadell- unglaublich teuer. Wahrscheinlich müsste sie auch die Citadell verlassen, dabei fühlte sie sich an diesem verrückten Ort, der so blinkend hell, so edel und mystisch und zeitgleich so schmutzig war, heimisch. Ein flaues Gefühl in ihrem Magen breitete sich aus. Am heutigen Morgen hatte sie keinen einzigen Bissen herunterbekommen. Nachdem sie schon einmal ihre Sachen gepackt hatte, hatte sich Mira nach einer durchwälzten Nacht auf dem Weg zum Büro des Vorsitzenden der Citadell Sicherheit gemacht. Dabei hatte sie fast den gesamten Arm, dieser fünfgliedrigen, von den Protheanern erbauten, Station durchqueren müssen. Aus dem untersten Geschoss der Akademie hatte ihr Weg über einen langen Fahrstuhl geführt, der sie bis hoch in den höchsten Stock führte. Während sich der Fahrstuhl ratternd in die Höhe hob und der Nachrichtensprecher etwas von einem Krieg auf Camala, der Hauptstadt der Baterianer, erzählte, war Mira noch einmal all die Pracht der Citadell Sicherheit vor Augen geführt worden. Die Vorhalle der Akademie war gut besucht gewesen, erhellt von einem feinen, lavendelfarbenen Licht und ein weiterer, zentraler Fahrstuhl war parallel mit ihr hochgefahren. In dem ihr direkt gegenüber gelegenen Fahrstuhl, der zu den Andockbuchten führte, hatten sich zwei Turianer befunden, die sich wohl mit ihrem Kreuzer, der in der Nacht angelegt hatte, auf den Rückweg nach Pallaven machten. Nachdem auch ihr Fahrstuhl endlich die höchste Etage der Citadell erreicht hatte, hatte Mira noch einmal den kompletten Markt, die Bezirke und das Präsidium durchlaufen müssen, bis sie endlich bei den Botschaften angekommen war. Kein Wunder, dass Pallin nie mitbekam, was in der Akademie von sich ging, wenn er doch so weit weg war. Für die meisten Rekruten war der Exekutor nicht mehr als ein Gespinst, ein Mythos, da man ihn erst beim Abschluss der Prüfung zu Gesicht bekam. Jeder wusste zwar wo sein Büro war und dieses war auch für die Belange der Rekruten jederzeit geöffnet- theoretisch zumindest-, doch Niemand wagte es den Exekutor mit den kleinen Belangen eines Rekruten zu stören. Sie waren zu eingeschüchtert von seiner Macht und seiner Verbindung zum Rat. Der Rat…ja…Mira schnaubte einmal und ihre blauen Augen wandten sich nach links. Selbst hier von den Botschaften aus konnte sie den beeindruckenden Turm sehen. Er schimmerte in einem strahlenden Weiß, was sie an das Elfenbein aus der Vergangenheit der Menschen erinnerte, welches sie einst in der Geschichtsstunde gesehen hatte, nur dass es metallener glänzte. Umfasst von drei starken Trägern, befand sich in der Mitte eine ovale Kuppel, ähnlich geformt wie die Ufos in alten Science Fiction Filmen. Wie hoch die Kuppel wohl war? 100 Meter? Sie hatte keine Ahnung, wahrscheinlich sogar noch viel höher, doch auf der Citadell verlor man das Bewusstsein für Höhe. Alles auf dieser Station war in die Höhe gebaut um den vielen Einwohnern Platz zu bieten, doch der Turm überragte sie alle. Der Rat bestand aus jeweils einem Vertreter der Asari, Salarianer und seit gut tausend Jahren auch der Turianern. Sie selbst sahen sich als Hüter des interstellaren Friedens, doch Mira stand dieser Tatsache eher skeptisch gegenüber. Symbolisch war der Rat sicherlich stark, vermittelte, dass im Falle eines Falles die individuellen Bedürfnisse einer Rasse ignoriert werden würden um das Wohl der Gesamtheit zu schützen. Doch wann dieser Fall eintrat, das bestimmte der Rat allein und somit waren sie quasi die Herrscher über das Universum, auch wenn es offiziell anders hieß. Hinzu kam noch, dass der Rat gerne einmal die Belange von Rassen, die nicht dem Rat angehörten- und das war immerhin die Mehrheit- als minderwertig eingestuft wurden. Die Menschen hatten zumindest eine Botschaft auf der Citadell und waren somit nicht ganz der Willkür des Rates ausgeliefert. Jedem Anliegen eines Botschafters musste der Rat zumindest Gehör schenken. Gehör, das war aber dann auch alles. Mira seufzte und rieb sich über die Augen. Noch immer wagte sie es nicht den letzten Schritt zu gehen und die Tür zu Pallins Büro zu öffnen. Ja, auch sie war eingeschüchtert. Dabei hatte sie sich in der Nacht alles so schön ausgemalt, was sie diesem verdammten Turianer gerne an den Kopf werfen würde. Es konnte ihr doch jetzt egal sein, was ihr Vorgesetzter von ihr dachte, schließlich würde sie ihm ihre Kündigung, die sie krampfhaft umklammerte, an den Kopf knallen, dennoch blieb die Demut eines Untergebenen bestehen. Botschafterin Goyle war natürlich nicht entgangen, dass Mira neben ihrer Tür lehnte und unentwegt das Büro des Vorgesetzten der Citadell-Sicherheit anstarrte. Nach einiger Zeit hatte sie genervt gestöhnt, war aufgestanden und hatte Mira gefragt, ob es ihr gut ginge und warum sie das Büro des Exekutor anstarrte. Die Botschafterin der Menschen schien besorgt zu sein, denn Vorsicht schwang in ihrer Stimme mit, als sie sich an Mira wandte. Sie war bereits seit gut fünf Jahren Botschafterin auf der Citadell und vertrat somit die Belange der Menschen. Während einer geheimen Allianz Mission war es ihr gelungen vor dem Rat die Position der Menschen zu stärken. Goyle war äußerst geschickt im Umgang der Rhetorik, kannte die Mechanismen der Politik und auch die Mimik der schwer zu deutenden Aliengesichter waren ihr vertraut. Sie schien dafür geboren Botschafterin zu sein und eben diese Sorge als Politikerin schlug nun durch. Etwas ihn Miras Blick schien sie beunruhigt zu haben, denn sie mahnte die junge Frau noch einmal, nichts Unüberlegtes zu tun. Sie kannte Mira. Capitain Anderson, einer der vielversprechendsten Allianzvertreter, hatte Mira zur Botschafterin gebracht, nachdem er sie von Mindoir gerettet hatte und die Botschafterin hatte entscheiden sollen, wie es hatte weitergehen sollen. Soweit Mira bis jetzt wusste, war sie die einzige freie Augenzeugin der Gräueltat der Baterianer gewesen und Anderson hatte es für sinnvoll gehalten der Botschafterin von ihrer Anwesenheit in Kenntnis zu setzen, damit diese entscheiden konnte, ob sie das Vergehen beim Rat meldete und natürlich auch, was mit Mira hatte geschehen sollten. Das Ende vom Lied war, dass der Rat angeblich nicht genug Beweise gehabt hatte um gegen die Sklavenhändler vorzugehen und Miras Schicksal- und somit dass der ganzen Kolonie- bedauerlich, aber nicht zu ändern gewesen wäre. Mira hatte es nicht glauben können, als sie damals ihre Aussage vorm Rat gemacht hatte, in die steinernen Mienen der Vertreter der drei mächtigsten Rassen geblickt hatte, verängstigt von all dem was auf sie in den letzten Tagen hereingeprasselt war- schließlich war sie erst 18 gewesen- und sich wünschte, dass der Rat etwas tun würde, um diese Monster zu bestrafen, während dieser sich beraten hatte. Auf Mindoir war der Rat in hellen, schönen Farben gemalt worden, als das Ideal, was erstrebenswert war und dass es das oberste Bestreben der Allianz und somit auch eines jeden einzelnen Menschen sein sollte, dass die Menschheit einen Sitz im Rat bekommen sollte. In diesem Moment jedoch war das prachtvolle Bild zerschmettert worden. Der Rat blieb bewegungslos, starr in seiner Pflicht gefangen. Die Bestrafung der Baterianer konnte den Zorn Camalas Bedeuten, einem wichtigen Handelspartner. Also wurden die Belange der Menschen ignoriert. In diesem Moment sah Mira das wahre Gesicht der universalen Politik und sie hatte sich geschworen, dass sie für Gerechtigkeit sorgen würde. Goyle hatte besorgt dreingesehen, als sie Mira gefragt hatte, ob alles in Ordnung seie und warum sie neben der Botschaft stände. Mira hatte ihr nur schnell versichert, dass alles gut sei und sie nur nachdachte. Die Botschafterin hatte es ihr nicht geglaubt, das war leicht in ihrem Gesicht zu lesen gewesen, doch sie hatte Mira in Frieden gelassen. Eine Botschafterin hatte schließlich genug zu tun. Bewegungslos verharrte Shepard an der Wand und sah auf die Tür, ging alles noch einmal durch. Sie fragte sich sogar, ob Krios sie beobachtete, aber dieses seltsame Gefühl, was sie immer hatte, wenn er in der Nähe war, blieb aus, sodass sie es nicht glaubte. Schließlich rang Mira sich endlich durch, löste sich von der Wand, an der sie bis vor kurzen noch festgewachsen zu sein schien, und klopfte an die Tür des Exekutors. „Herein.“, erhalte es unmittelbar von der anderen Seite der Tür und Mira öffnete diese. Wie gesagt, theoretisch war sie immer offen. Exekutor Pallins Büro war ebenso aufgebaut wie das der Botschafter. Direkt gegenüber der Tür stand ein riesiger Schreibtisch mit einem Computer. In idealer Lage um Besucher zu begrüßen oder aber Feinde zu erschießen. Rechts von dem Eintretenden, versteckt hinter einer Nische, war ein optisches Terminal über welches er den Rat jederzeit erreichen konnte, wenn denn dies von Nöten wäre. Hinter seinem Rücken eröffnete sich ein breites Panorama des Präsidiums mit den aus Iridium geformten, kurvigen Stahlträgern und mit künstlich imitiertem Licht, das schimmerte, als würde es von Wasser zurückgeworfen. Es gab Wasser auf dem Präsidium, allerdings durfte Niemand diese Ebene betreten. Mira holte tief Luft und trat mit selbstsicheren Schritten ein. Egal wie unsicher sie sich fühlte, gegenüber Pallin würde sie sich keine Blöße geben. Nicht auf den letzten Metern. Pallin sah von einem Datenträger auf, als er Mira eintreten sah. Seine graublauen Augen sahen verwundert drein, das konnte selbst seine perfekte nichtssagende Maske nicht verbergen. Er legte den Kopf schief und bot Mira erst einmal einen Stuhl an, den sie höflich dankend annahm. „Mira Shepard, mit Ihnen habe ich nicht gerechnet. Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte er mit überaus höflichen Ton. Zu höflich für Miras Geschmack. In ihren Ohren klang es wie amüsierter Hohn, doch sie ging nicht darauf ein, sondern setzte sich erst einmal und schlug die Beine übereinander. „Ich hoffe, ich störe Sie nicht in allzu wichtigen Angelegenheiten, Exekutor.“ „Nein, nein.“ Pallin winkte ab. „Nur Berichte durchsehen. Also, was führt Sie zu mir? Rekruten kommen selten hier vorbei.“ Woran das nur lag? Mira konnte sich ein Rollen mit den Augen kaum verkneifen, doch sie blieb nach außen hin gelassen. Pallin schien verwundert, dass sie nicht auf die versteckte Provokation einging, doch das war nur eine Vermutung von Mira. Sie konnte nicht gut in den Gesichtern von Turianern lesen. Selbst Garrus fiel es ihr schwer. Der Exekutor legte seinen Kopf auf die gefalteten Hände und betrachtete Mira interessiert. Diese überlegte, wie sie am besten die Situation anging. Eigentlich hatte sie geplant Pallin das Schriftstück mit ihrer Kündigung auf den Tisch zu knallen und wieder aus dem Raum zu rauschen, doch etwas in ihr hatte sich verändert und sie wollte nun einen anderen Weg gehen. Die hellblauen Augen von Pallin warfen ihr einen scharfen Blick zu und sie versuchten zu ergründen, was in ihr vorging, doch diesmal war Mira es, die sich eine Maske angelegt hatte. „Ich würde gerne mit Ihnen über meine Abschlussprüfung reden, Exekutor.“ Miras Stimme war ruhig und sie sah den nun offensichtlich verwirrten Turianer an. Mira legte ihre Stirn in Falten. Warum war er so verwundert? Über was sollte sie sonst mit ihm reden? Augenblicklich spannte sie sich innerlich an. Der Exekutor hatte irgendetwas anderes erwartet und das bedeutete nichts Gutes. Forschend beobachtete sie Pallin, doch dieser hatte wohl erkannt, dass er sie aus dem Konzept gebracht hatte und lächelte zufrieden. Nun gut, möge der Machtstreit beginnen. „Das verwundert mich.“, gestand Pallin schließlich, nach einigen Momenten des Abwiegens, ein. „Ich dachte eher sie wollten mir Bericht über den gestrigen Vorfall erstatten.“ „Gestern?“, fragte Mira verdutzt und blinzelte einige Male. Woher konnte Pallin von gestern wissen? Niemand wusste überhaupt, dass Garrus ihr geholfen hatte, geschweige denn, dass sie mit Krios in Kontakt stand. Der Turianer schien zufrieden mit seinem Erfolg. Mira holte tief Luft und beruhigte ihre Nerven. „Könnten Sie vielleicht näher erläutern, welchen Vorfall Sie meinen? Ich kann nämlich leider nicht ganz folgen.“ „Ich glaube, das können Sie ziemlich gut, Shepard.“ Seine Stimme wurde gefährlich ruhig. Er fühlte sich ihr überlegen, sah bereits seinen Sieg vor Augen. Beruflich würde er ihn auch anerkannt bekommen, doch Mira würde nicht zulassen, dass er sie menschlich besiegte. Wachsam beobachteten ihre blauen Augen ihn, als sie bemerkte, dass Pallin auf ihre Reaktion lauerte. Sie spürte, dass er einen Trumpf im Ärmel hatte und dass er nur auf die perfekte Gelegenheit wartete ihn ihr reinzudrücken. Pallin war nicht so dumm offen Abneigung gegen die Menschen zu zeigen. Er unterstand zwar nicht direkt dem Rat, dies taten nur die Spectre, doch auch er repräsentierte die Einstellung der Citadell gegenüber den Neuankömmlingen im All. Eine gewisse Skepsis gegenüber den kämpferischen Menschen war aber durchaus gern gesehen innerhalb der interstellaren Gemeinschaft und Mira spürte, dass er insgeheim den Menschen misstraute. Er hasste sie nicht, so wie die meisten Bewohner der Galaxie, doch er respektierte sie nicht. Er sah sie als dickköpfigen Störenfried und all diesen Unmut, die so viele verbrecherischer Vertreter von Miras Gattung hinterlassen hatten, ließ er nun an ihr aus. Sie war sein Sündenbock gegenüber all den Menschen, die ihm auf der flachen Nase herumtanzten und die er nicht bestrafen konnte, weil der Rat ein wachsames Auge auf ihn hielt und die Diplomatie zur Allianz bewahren wollte. Als Mira nicht antwortete, schnaubte der Turianer leise und betrachtete sie mit einem scharfen Blick, doch sie reagierte nicht darauf, sondern sah ihn unbeeindruckt an. Pallin lehnte sich in seinen Stuhl zurück und auf einmal war da wieder dieses heimtückische Grinsen, welches sie unruhig stimmte. „Mr. Salonom, kommen Sie bitte her.“ Der Turianer winkte mit seiner dreifingrigen Hand und etwas bewegte sich in seinem Rücken. Ein Salarianer, mit blasser, orangefarbener Hand trat heraus und stellte sich neben Pallin. Er senkte schuldbewusst den Blick und mied Miras Blick. „Maronas!“, rief Mira überrascht aus und weitete die Augen. „Du hast Pallin…“ „Entschuldige, Shepard. Wusste nicht anders zu helfen. Warst so aufgebracht, war besorgt. Musste die Parameter bestimmen. Habe Mail von Garrus überprüft. Falsch, falsch…keine richtige Sekundärverschlüsselung. Sprach für eine Falle, ja. Musste etwas tun. Ihr beide auf dem Weg in einem Hinterhalt. Musste Pallin Bescheid geben, musste euch schützen.“, erklärte der Salarianer hastig und seine Augen blinzelten hin und her, unruhig, verunsichert, schuldbewusst. Mira lächelte als sie verstand was hier vor sich ging. Maronas hatte ihm erzählt, dass Garrus und sie in einen Hinterhalt laufen würden. Die Leichen der Söldner waren sicher auch schon entdeckt worden, aber dass Thane Krios in die Sache verwickelt war, konnte Pallin noch nicht wissen und das sollte auch so bleiben. „Wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen. Wirklich nicht. Nichts lag ferner, wollte nur helfen!“ „Maronas...“, sagte Mira ruhig und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Es ist schon gut. Du hast nichts Falsches getan.“ „Sie können nun gehen, Mr. Salonom. Danke für Ihre Hilfe.“ Maronas sah sie fragend an und zögerte, doch Mira nickte ihm nur aufmunternd zu. Hastig schnappte sich der Salarianer seine Tasche und verschwand aus dem Büro von Exekutor Pallin. Mira sah ihm kurz nach und wandte sich dann wieder Pallin zu. Dieser hatte seinen Kopf auf die verschränkten Hände gebettet und betrachtete sie aus schmalen Augen. „Als ich nachsehen kam, sah ich viele tote Söldner, aber keinen verletzten Turianer oder eine verzweifelte Shepard. Was ist letzte Nacht geschehen?“ Mira setzte sich wieder auf den Stuhl und fuhr sich durch ihr Haar. Sie hatte nicht viel politisches Feingefühl, doch Mira spürte instinktiv, dass sie ehrlich sein musste. „Ich war mit Garrus im Krankenhaus. Er musste operiert werden...“ „Stellen Sie sich vor, Shepard: Das weiß ich. Ich war im Huerta.“ Mira stockte und blinzelte einige Male irritiert. Ein amüsiertes Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er bemerkte wie er Shepard verunsichert hatte. Diese war wirklich aus dem Konzept gebracht und sie wusste noch nicht einmal, dass Pallin dank Maronas noch ein Ass im Ärmel hatte. „Nun...gut...“, fuhr sie zögerlich fort. „Also es war so...ich war mit Garrus unterwegs, als wir angegriffen wurden und wir haben uns halt verteidigt.“ „Lügen Sie mich nicht an, Shepard.“, ermahnte Pallin sie und sah sie skeptisch an. „Ich weiß von Mr. Salonom, dass Sie in ihr gemeinsames Zimmer gestürmt sind und nach Garrus gefragt haben, der zuvor zu den Docks aufgebrochen ist um seine Familie zu sehen. Sie können also gar nicht zusammen unterwegs gewesen sein.“ Mira schluckte und unterdrückte im letzten Moment den Drang sich auf die Lippen zu beißen oder etwas ähnlich Verdächtiges zu tun. Pallin war ausgezeichnet darin die Körpersprache zu lesen und jede kleinste Bewegung könnte ihm mehr verraten, als sie beabsichtigte. Abwiegend neigte sie ihren Kopf hin und her und versuchte einzuschätzen wie viel Pallin bereits herausgefunden hatte, doch der Gesichtsausdruck des Turianers blieb ausdruckslos. Schließlich seufzte Mira resigniert und sah ein, dass es kein Entkommen gab und nun rückte auch wieder in ihr Bewusstsein weshalb sie überhaupt hergekommen war. Sie lachte leise und sagte: „Also gut...ich glaube nun ist es Zeit die Karten offen auf den Tisch zu legen, oder? Wir haben lange genug dieses Spiel gespielt.“ Pallin neigte seinen Kopf und seine Mandibeln bewegten sich leicht, als er tief ausatmete. „Ich weiß nicht was Sie meinen.“ „Doch, das wissen Sie. Das wissen Sie ganz genau. Kommen wir mal endlich auf den Punkt, Exekutor. Warum hassen Sie mich?“ Pallin blinzelte. „Ich hasse Sie doch nicht, Shepard.“ „Ich bin nicht dumm, Pallin. Sie haben mir absichtlich Krios zugelost. Sie haben es mir schon immer schwerer gemacht.“ „Das bilden Sie sich ein, Shepard.“, sagte Pallin in einem sanften Ton, der ein wenig etwas von einem schmunzelnden Vater hatte, dessen Kind gerade steif und fest behauptet eine Rachni gesehen zu haben, aber auf eine überhebliche Art und Weise. „Sie können es ruhig zugeben. Ich habe hier etwas für Sie.“ Mira kramte in ihrer Tasche und reiche Pallin ein gesichertes Datenpad. Pallin sah sie kurz fragend an, nahm dann aber das Pad entgegen und las es aufmerksam. Als er fertig war, sah er überrascht auf. „Sie kündigen?“ Mira schloss kurz die Augen und sammelte all ihre geistige Kraft. Nun war es soweit. Sie würde ihren neuen Weg gehen. „Richtig. Ich bin mit meiner Abschlussprüfung gescheitert und werde sie nicht mehr bis zum Ablauf der Frist erfüllen können, deshalb reiche ich hiermit offiziell meine Kündigung ein.“, erklärte sie mit überraschend ruhiger Stimme. „Sie geben also auf? Ich muss ehrlich sagen, dass hätte ich nicht von Ihnen erwartet, Shepard.“ Mira spürte, dass diese Aussage mehr provozierte, als sie sollte und es kostete sie all ihre Kraft um ruhig zu bleiben. „Jetzt wo es offiziell ist, würde ich gern, dass sie mir meine Frage beantworten, Exekutor. Haben Sie mir absichtlich Thane Krios gegeben, damit ich nicht bestehe?“ Mira betrachtete Pallin mit ruhigem Gesicht. Es war ihr egal mittlerweile, ob es Pallins Plan war oder wirklich nur ein Zufall. Letzen endlich würde es nichts mehr ändern aus welchen Gründen es so gekommen war, wie es nun einmal war. Pallin zögerte einige Momente, wog die Situation ab und bestätigte dann ihre Kündigung. „Ich wollte ihre Fähigkeiten testen.“, sagte er dann schließlich ruhig und reichte ihr das Datenpad. „Sie waren durchaus vielversprechend und ich wollte wissen wie weit Ihr Potential ging.“ Mira saß wie versteinert auf ihren Stuhl und sah Pallin überrascht an, während ihre Gedanken kreisten. War das wirklich wahr? Wollte er ihre Fähigkeit testen? Pallins Mandibeln verzogen sich zu einer Art Lächeln. „Ich gebe zu, ich halte nicht viel von ihrer Art, Shepard, aber ich bin professionell genug das nicht in meinen Beruf einfließen zu lassen.“ „Aber deswegen hätten Sie mir nicht Thane Krios geben müssen.“ „Ich wollte sehen wie lange Sie kämpfen, Shepard oder ob sie doch aufgeben sobald es schwierig wird. Ob in Ihnen vielleicht doch ein wenig ein Turianer steckt.“ Mira schwieg und verharrte regungslos auf ihrem Stuhl. Sie wusste nicht, ob es wahr war, was Pallin ihr dort erzählte und sie würde es wohl auch niemals erfahren, denn ihre Kündigung war nun amtlich und bereits in den Server des Citadell Sicherheit übertragen wurden. „Zumindest lassen Sie sich nicht mehr so schnell ignorieren.“, stellte Pallin zufrieden fest, doch sie brach ihr Schweigen nicht. Blaue Augen sahen den Exekutor abwartend an, ob er noch etwas zu sagen hätte, doch Pallin verschränkte bloß die Hände vorm Gesicht und sah sie beharrlich an. Nach einigen Minuten stand Mira schließlich auf und wandte sich zum Gehen. Kurz bevor sie die Tür erreichte, hielt sie inne, eine Hand an den Türrahmen gelegt und sagte: „Sie tun mir leid, Pallin. Sie glauben wirklich noch etwas verändern zu können und doch sind sie schon längst in der Politik gefangen.“ Mit diesen Worten verließ Mira das Büro und ließ den Exekutor der Citadellsicherheit verwirrt zurück. Als die Tür sich schloss, lächelte sie zufrieden und machte die ersten Schritte in ihr neues Leben. ~*~ This is the part of me that you're never gonna ever take away from me, no This is the part of me that you're never gonna ever take away from me, no Throw your sticks and stones Throw your bombs and your blows But you're not gonna break my soul This is the part of me that you're never gonna ever take away from me, no Part of me- Katy Perry ~*~ Hussa, es ist echt vollbracht :D Mira hat ihre Entscheidung getroffen und Pallin mal gezeigt was ne Harke ist, wenn auch versteckt und diplomatisch. Wer hätte das von Shep gedacht hahahaha :D Ich glaube es wird auch allmählich Zeit für eine Ankündigung. Prüfung der Grenzen neigt sich dem Ende, aber ich habe beschlossen eine Fortsetzung zu schreiben, denn die Geschichte von Mira, Thane und Garrus ist noch lange nicht vorbei ;) Je nachdem ob ich entscheide einen Storyteil noch in diese oder die nächste FF zu packen wird diese Geschichte noch 2-5 Kapitel in anspruch nehmen :) Näheres zu der Fortsetzung dann im letzten Kapitel von Prüfung der Grenzen. Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und werdet auch ihrer Fortsetzung treu bleiben :) Lg, Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)