It all just had started in a wrong way... von -NyappyNagisa- (Kaoru x Kyo) ================================================================================ Kapitel 2: Von den Flüchen, die ich Mein nenne... ------------------------------------------------- [Kyos Perspektive] „Warum so ängstlich?“ ~ Es war schon immer dasselbe gewesen. Furcht. Angst. Seit ich klein war, konnte ich noch nie gut mit Menschen umgehen. Selbst meine Mutter konnte meine Anwesenheit nicht ertragen, das wusste ich. Es stand ihr ins Gesicht geschrieben, auch wenn sie versuchte es mit Überfürsorglichkeit zu überspielen. Jedes einzelne Mal, wenn sie mich umarmen wollte, zögerte sie vorerst eine kleine Weile, konnte die Berührung nur kurz ertragen und lächelte ihr dämliches Lächeln. Dieses sorgvolle Lächeln. Der Grund warum ich kaum zwei Jahre an einer Schule verbringen konnte? Ich weiß es bis heute nicht…Natürlich, mittlerweile bemühte ich mich nicht einmal mehr, Freunde zu finden. Es war sowieso aussichtslos. Alle hatten Angst oder verabscheuten meine Gestalt, allein mein Dasein konnte Schlägertypen zur Weißglut treiben. Zwar war ich dadurch abgehärtet und auch flink geworden, doch das Leben allein fristen zu müssen, entzog wohl jedem nach und nach die Freude. Wann hatte ich eigentlich das letzte Mal gelacht? Abgesehen vom spöttischen Lachen…Habe ich überhaupt schon einmal gelacht? Ich erinnere mich gar nicht mehr… Doch der Anblick des Schwarzhaarigen zu meiner Linken amüsierte mich schon ein wenig. Wir kannten uns nicht, hatten uns nur flüchtig bei der ‚Einschulung’ gesehen, doch auch da hatte er jenen Blick gehabt. Als hätte er einen Geist gesehen… „Pff…“ Ich konnte nur grinsend meinen Kopf schütteln. Es begann von neuem. Erst fürchtete er sich, dann würde er mich meiden. Vielleicht war er auch ein hohes Tier in der Gruppenaufteilung der Schule, dann würde ich wohl bald wieder mit Schlägen rechnen müssen. Es würde jedenfalls wieder auf das Übliche hinauslaufen. Selbst auf einer Eliteschule änderte sich absolut nichts. Wie auch? Hier waren doch nur die Snobs auf einem Haufen versammelt. Wer nicht mit Leistung glänzen konnte, dem wurde ein Platz erkauft. Geld regiert die Welt. Doch ein wenig neugierig wandte ich mich auf dem Gang einmal um, besah die Mädchen, – Und ein aufgedrehter Rothaariger, der sich durch sie hindurchkämpfen versuchte? – die noch immer am anderen Ende standen und aufgeregt untereinander tuschelten. Die ganze Zeit zuvor hatten sie schon in dem Sekretariat verbracht und den Schulleiter beobachtet, wie er mit mir über meine ‚Probleme mit Sozialkontakten’ redete. Ich hatte die meiste Zeit nur dagestanden und genickt. Warum sollte man schon solch einem alten Greis zuhören? Die redeten doch eh immer dasselbe…Ich kannte das schon. Meiner Theorie zufolge hatten sowieso alle Direktoren zuvor bei irgendeinem Kongress zusammen die Texte für Problemfälle zusammengeschrieben, damit sie sich im Notfall nicht selbst irgendeinen gefühlvollen Quatsch zusammenreimen mussten. Wäre ja auch zuviel verlangt. Kaum nach meiner Drehung war ich auch schon um die Ecke verschwunden. Merkwürdig, dass ich bisher noch keine Lehrer in der ganzen Schule gesehen hatte – den alten Direx konnte man doch schon gar nicht mehr den Jugendlichen ausliefern. Nur Schüler. Vielleicht warteten sie schon in den Räumen, oder mussten sich erst noch seelisch im Lehrerzimmer auf den folgenden Unterricht vorbereiten, denn ich wagte zu bezweifeln, dass es hier wirklich unter den Leuten mit rechten Dingen zuging. Während ich über die mittlerweile fast gänzlich geleerten Gänge wanderte und aus den Fenstern zu meiner Rechten blickte, musste ich feststellen, wie einfach es jetzt für mich wäre, unbemerkt zu verschwinden. Schließlich wusste noch keiner von meiner Klassenzuteilung – abgesehen von den Lehrern…Wenn es sie denn gab – und so konnten sie sich auch untereinander verdächtigen, den ‚Neuen’ bekommen zu haben. Um ehrlich zu sein, hätte ich nie vermutet, dass in dieser Umgebung eine Schule stände. Und dazu noch eine sehr Alte. Es gab nur gepflasterte Straßen für Autos, die hierher führten. Hinzukommend würden wahrscheinlich niemals Zwei aneinander vorbeikommen. Fahrradständer schien es genauso wenige zu geben, dies fiel also ebenfalls aus. Man konnte das Gebäude einigermaßen zu Fuß erreichen, hatte jedoch Probleme, wenn man nicht in der nahe liegenden Stadt wohnte, sondern Pendeln musste, denn der nächste Bahnhof war ein ganzes Stück entfernt. Woher ich das wusste? Als ich das erste Mal von dieser Schule gehört hatte, hatte ich schon ahnen können, wo es liegen könnte, da ich öfter den alten Mischwald, den man in der Ferne enden sehen konnte, durchqueren musste, auch wenn mein eigentliches Heim in der entgegen gesetzten Richtung lag. Solch eine Idylle, so viel Natur…Was für eine Pampa. Die einzigen Bäume, die mich interessierten, waren sowieso nur Kirschbäume. Sie waren nicht nur durch ihre Früchte äußerst nützlich, – Allein wenn ich an die rote Kirschmarmelade denke, läuft mir das Wasser im Munde zusammen! – sondern auch im April sehr ansehbar. Die Wipfel gefüllt mit den weißen und hellrosafarbenen Blüten, machten sie inmitten der warmen Sonne den Eindruck, mit Schnee bedeckt zu sein. Eine wahre Augenweide und äußerst inspirierend für einen künstlerisch veranlagten Geist – Die Schmerzenslinderung ganz ausgeschlossen. Schade nur, dass es demnächst Winter werden würde. Wieder konnte ich nur mit meinem Kopf schütteln, begann wieder schneller zu gehen, nachdem sich meine Geschwindigkeit auf ein Minimum reduziert hatte, und kramte einen ziemlich geknickten Zettel aus meiner schwarzen Hose, verlor nur flüchtig einen Blick darauf und versuchte mich infolgedessen zu orientieren. „Wer zur Hölle hat sich den Gebäudekomplex eigentlich ausgedacht?!“ Die Ahnung, dass ich zu spät zur ersten Stunde erscheinen würde, breitete sich in mir aus, nachdem ich bemerkt hatte, in die falsche Richtung gegangen zu sein. Kein Wunder, dass sich außer mir Niemand hierher verloren hatte… „Wenn der Architekt noch leben sollte, werde ich mich beschweren!“ „Könnte schwer werden. Der ist schon lange tot.“ Frech wurde ich gut einen Meter von mir entfernt angegrinst. Dieser Rotschopf…! Wo kam er denn auf einmal her? War er mir gefolgt oder hatte er sich gar auch verlaufen? Die wichtigste Frage war jedoch: Warum mischte er sich in meine Sorgen ein?! „Aha, toll.“, Augenrollen meinerseits folgte auf seine nun wirklich ungewünschte Bemerkung. Ich wusste zwar nicht viel von Höflichkeit, aber dennoch hatte ich einmal die Aussage aufgeschnappt, dass das Einmischen in anderer Leute Angelegenheiten alles andere als höflich sein sollte. „Hast dich wohl verlaufen?“, noch immer dieses dämliche Grinsen. Was interessierte ich ihn eigentlich? Ach ja… „Kann dir doch egal-!“ „Zeig mal her, ich bringe dich zu deinem Raum!“, noch bevor ich aussprechen konnte, war er praktisch zu mir heran gesprungen und hatte mir auch schon den Zettel entrissen. Neben dem Grundriss der Schule stand noch mein Stundenplan mit Räumen und Klasse darauf. Verdammt, verraten. „Ah, super! Wir sind in einer Klasse, da kannst du gleich mit mir mitkommen!“, der Rotschopf schien wirklich sehr erfreut über diese Entdeckung, steckte meine – Betonung auf ‚meine’! - Informationen ein, packte mich bei der Hand und begann zielstrebig loszulaufen. Hatte man mich überhaupt gefragt?! „Lass mich los, ich brauche deine Hilfe nicht!“ Doch mein Fauchen ignorierend ließ der Junge weder los, noch verlangsamte seine Schrittgeschwindigkeit. Er musste also ziemlich gut in Sport sein, wenn er tagtäglich so durch die Weltgeschichte raste. Wobei er ehrlich gesagt nicht so aussah…Na gut, irgendeine Art von Fett schien er nicht auffällig an seinem Körper zu haben, aber sonderlich muskulös sah er auch nicht aus. Eher wie…Pumuckl. Nur in Riesenausgabe. Etwas suspekt kleidete er sich hinzukommen auch noch…Dafür, was diese Schule für ein Ansehen hatte. Auf normalen vom Staat unterstützten Schulen hätte es mich weniger gestört… „Ich bin im Übrigen Die! Also eigentlich Daisuke, aber alle nennen mich Die.“ Wollte er jetzt auch so unbedingt eine Konversation starten? Mit mir? Ich konnte meine Verwunderung nicht sonderlich verstecken, schließlich schien der Rest nicht sonderlich angetan… Doch auch wenn diese Abwechslung angenehm war, musste während der Jahre in mir das richtige Verhalten gegenüber Mitmenschen verloren gegangen sein. Freundlichkeit, Freude, Zuneigung…Liebe. Dies waren Fremdwörter für mich, die ich schlecht deuten konnte. Unter ‚Liebe’ kannte ich nur dieses selbst verletzende Getue meiner Mutter. Immer, wenn sie sagte, sie ‚liebe mich von ganzem Herzen’. Eine Lüge, die sich selbst eingeflößt hatte. Und genau diese Lüge hatte Vater vergrault. Er selbst stand offen dazu, mich nicht als seinen Sohn anerkennen zu wollen. Für diese Ehrlichkeit war ich ihm im Nachhinein auch ein wenig dankbar, denke ich. Mutter hat es zwar das Herz gebrochen, aber es war selbst gemachtes Elend. Sie hätte mich abtreiben, mich in ein Heim geben können. Aber nein, sie wollte mich großziehen. Warum sollte ich also Mitleid mit ihr haben? Hauptsache sie würde mir nicht jemals diese Tatsache vorhalten…. „Und wie heißt du?“ „Was?“ Ich konnte es nicht leiden, wenn man mich unfreiwillig aus meiner Gedankenwelt hinauszog. Besonders, wenn man den Anschluss nicht fand. „Dein Name.“, wiederholte dieser Die. War ihm dieses Grinsen eingemeißelt oder versuchte er seine echten Gefühle zu verstecken? „Ich bin neugierig, wie du heißt. Spätestens in der Klasse wirst du ihn sowieso nennen müssen. Außerdem könnte ich mich auch um dich kümmern, bis du dich selbst besser hier auskennst. Na, wie klingt das?“ „Beschissen.“ Eigentlich wollte ich nicht so grob sein, doch es war eben meine Art. Wie sollte ich mich schon innerhalb weniger Sekunden komplett verändern? Ich war zwar ein geübter und leidenschaftlicher Lügner, doch so was war nun wirklich nicht meine Masche. „…“ Doch irgendwie überkam mich schon so etwas wie ein schlechtes Gewissen. Das erste Mal, dass mir Jemand nichts Böses wollte und ich bin dann so kalt…Wenigstens meinen Namen könnte ich ihm sagen…Es muss ja nicht der richtige sein. „…Kyo.“ Und mit einem Mal schien er vollkommen zufrieden. Dies konnte man ganz deutlich an seiner Gestik und Mimik erkennen. Sein Grinsen hatte sich geweitet und sein eifriger Gang hatte nun etwas…Frohlockendes. Meiner Meinung nach, war solch ein Verhalten abscheulich. Es nervte mich einfach, wenn Menschen viel zu fröhlich waren. Gerade wegen solch belanglosen Dingen. „Freut mich, dich kennen zulernen, Kyo!“ „Mhm…“ Eine kleine Weile war vergangen – Ehrlich, ich hätte nie gedacht, dass dieses Haus so groß ist…Es macht gar nicht den Anschein! – bis wir schließlich, vermutlich, an dem nun benutzen Raum ankamen. „Da sind wir schon!“ Warum dachte ich überhaupt noch? „Und sind nur fünf Minuten zu spät!“ Ein Grinsen wurde mir geschenkt, ehe der Rotschopf Die die Türklinke hinunterdrückte und uns Einlass gewährte. Einlass in eine Klasse, so grau, paradoxerweise aber auch so bunt war, dass ich am liebsten Kotzen würde. Hier und jetzt. Auf der Stelle. Doch riss ich mich zusammen, schluckte die aufkommende Magensäure wieder hinunter und betrat, mehr oder weniger freiwillig, den Raum. Begleitet mit dem feinen Schmerz in meiner Speiseröhre. Als jedoch mein Blick auf die Lehrerin fiel, welche streng am Lehrerpult stand und in unsere Richtung blickte, überkam mich wieder dieses Verlangen… „Sie haben es also auch in unseren Unterricht geschafft?“ Eine alte Frau - schätzungsweise 56 Jahre alt, sah jedoch um einiges älter aus – freundlich mit dem Wort ‚vollschlank’ zu bezeichnen, mit strengem Zopf, einem viel zu engen, grau-schwarz karierten Blazer mit dazugehörigem Rock und unverkennbaren Schweißrändern unter ihren mettwurstähnlich, genauso gequetschten Armen. Nun wirklich keine Augenweide, aber ich kenne auch schlimmere Dinge, die ich gewöhnlich in meinen Träumen verarbeiten durfte. Dennoch angewidert wandte ich meinen Blick ab, um die Klasse mustern zu können. Pingelig getrennt nahmen die Jungen die rechte Seite, an welcher sich die Fenster befanden, ein, während die Mädchen weiter zur Ausgangstür platziert waren. An jedem Tisch konnten zwei Personen sitzen, mit wenig platz hinter den Stühlen folgte auch schon der nächste Tisch. Die Anwesenden hatten Glück, wenn sie nicht mit diesen bekannten Holzstühlen an die Nachbartische stießen. Wie eine Grenze befand sich dort, wo das Reich der Jungen anfing, ein breiter Gang – wahrscheinlich aus Eigennutz der Lehrerin. Zwei einzelne Plätze waren noch nicht besetzt. Der Eine am Fenster neben einem vermutlich schlafenden Jungen mit Schwarzen Haaren – Er war also auch in dieser Klasse? - in der vorletzten Reihe, der zweite befand sich in der fast ersten Reihe zum Gang hin neben einem suspekt wirkenden Jungen mit ebenfalls schwarzen, jedoch kurzen Haaren und einer sehr schlanken Gestalt. Er saß einfach nur da, kritzelte auf einem Blatt Papier herum und…Lächelte. Was für Gründe er wohl hatte? „Setzt euch erstmal.“ Vernahm ich, bevor Die seine Hand von Meiner löste und sich neben den ‚Künstler’ platzierte. Für mich blieb also nur noch der Platz neben ihm übrig…Das konnte doch sehr amüsant werden. Kurzerhand anvisiert setzte ich mich nun also auch auf den – zum Protokoll - übrig gebliebenen Platz und wagte nur kurz einen Blick aus dem Fenster, um die Höhe einschätzen zu können. Es war so schon ziemlich weit oben, wie es dann wohl auf dem Dach aussehen würde…? Etwas, was man unbedingt herausfinden sollte! Nachdem auch dies abgeharkt werden konnte, musste ich nur noch den Anblick der Pädagogin ertragen, welche mich schon begonnen hatte, zu analysieren. „Sie sind also der Neue, hm? Ich habe schon von Ihnen gehört.“, begann sie und entblößte mit ihrem selbstsicheren Schmunzeln, welches eine ungewöhnliche Fratze hervorbrachte, Zähne, die wohl schon viel mitgemacht hatten. Und ich war der Auffassung gewesen, dass meine schon schlimm waren...: Gelb, um genauer zu sein schon ins Braune abdriftende, an einigen Ecken wohl schon abgebrochen und wieder durch zahnärztlicher Technik angebracht worden waren. Wie konnte so was überhaupt zugelassen werden? Mit einem Mal keimte in mir ein für mich amüsanter Gedanke auf, während ich mir diese Frau erneut in jeder Einzelheit ansah: Bei dieser Gestalt und den spekulativen Fähigkeiten mit Kindern in unserem Alter umzugehen, abgesehen von dem Charakter, von welchem ich mir noch kein Bild machen konnte, hinzukommend noch die Tatsache, wie alt sie war, würde sie von der Gesellschaft als unbrauchbar und damit als am Leben verweilend tot bezeichnet werden. Ein kleiner Fehltritt und die daraus folgende Meldung beim Schulleiter, wäre also äußerst fatal und würde der guten Frau Untergang bedeuten. Wenn sie mich also als Feind haben wollen würde, könnte ich den Spieß schnell umdrehen. Auf Nimmerwiedersehen, gute Frau! „Nennt uns doch euren Namen und gebt uns einen kleinen Einblick in euer Leben, ja?“ Mit dem Versuch, zuckersüß zu wirken, scheiterte sie auf ganzer Linie, dennoch entschied ich, nicht sofort böse Saat zu sähen: „Meine Name ist Kyo.“ „Kyo…Und weiter?“ Neugier war auch eine Gier und konnte gut und gerne sehr pingelig als Sünde anerkannt werden. „Nichts weiter. Einfach Kyo. Und was mein Leben angeht…“, mein Blick schlich durch den Raum. „…Da rede ich nicht so gern darüber. Außer, dass ich oft die Schule gewechselt habe, ist nichts all zu wichtig, um in irgendeiner Art erwähnt werden zu müssen.“ Die Hände auf dem Tisch zusammengefaltet war nun ich an der Reihe, ein reizendes Lächeln abzusondern. Da dies jedoch zum Scheitern verurteilt worden war, konnte es auch als Provokation angesehen werden. Meinetwegen. Den Anschein machend, nicht mit solch einer Reaktion gerechnet zu haben, wandte sich die Lehrerin schließlich um – nachdem ihr ‚Lächeln’ verschwunden war – und begann irgendwelche Dinge mathematischen oder physikalischen Dinge an die Tafel zu schreiben. Wahrscheinlich ein Wiederholungsthema. „Gut.“, sie wandte sich wieder um und schien abzuwägen, wen sie als Opfer auserkoren sollte. Da mein geschätzter Nachbar da nur so die perfekte Beute war, war die Wahl also sehr einfach gestrickt. „Kaoru Niikura! Sie sind kein Deut besser, als ihr Freund Daisuke! Sie finden es also angemessen, in meinem Unterricht zu schlafen, ohne, dass er überhaupt richtig angefangen hat? Dann können Sie sich sicherlich noch an diese Aufgabe erinnern, nicht wahr?“ Vollkommen erschrocken riss der Schwarzhaarige – Kaoru hieß er also… - seinen Kopf hoch und starrte an die Tafel. „Was zum…?“ Seufzend strich er durch sein glänzendes Haar, offenbarte seine Augenringe für eine kurze Weile und schien angestrengt nachzudenken. „…“ kopfschüttelnd richtete er seine müden Augen auf die Lehrerin. Was er wohl an dem Wochenende getan hatte? …Warum dachte ich überhaupt an so etwas, wenn es mich nicht einmal ehrlich interessierte? „Es tut mir leid, ich hatte…Probleme mit dem einschlafen.“ Dies sollte wohl als Erklärung seines momentanen Zustandes dienen. Wenn ich mich genau zurückerinnere, hatte er an jenem Freitag noch nicht so ausgesehen. Also musste wirklich irgendetwas passiert sein…Dies war nun doch so spannend, dass ich glatt wieder aus dem Fenster sehen musste. „Vielleicht sollten Sie keine Nächte vor dem Schulalltag durchmachen, Kaoru. Es könnte Sie noch Kopf und Kragen kosten!“ Damit war das Thema ‚Standpauke zum Wachwerden’ also auch abgeharkt und um meiner Bekanntschaft auch noch Eines reinzuwürgen, nahm sie den Rothaarigen als Nächsten dran. Durch diesen kleinen Vorfall hatte sich meine Aufmerksamkeit auf meinen Nachbarn fokussiert und meine Laune heben können. Vielleicht würde man mich als Sadisten bezeichnen, aber ich mochte es doch sehr, wenn Unvollkommene Anderen zur Vollständigkeit verhelfen wollten und sie damit nur hinunterzogen. Vielleicht war es aber auch nur eine erlangte Ansicht auf die kleinen Sünden des Lebens, die ich mir angeeignet hatte. Gerade, als ich sah, wie Jener der verpatzten Chance auf Vergebung nachsah, breitete sich in meinem Gesicht ein weites Zeichen der Freude aus, während mein verkorkstes Herz kleine Sprünge machte. Zu köstlich! Doch es sollte noch besser für mich kommen: Denn erst jetzt schien dieser Niikura meine Anwesenheit zu bemerken. Langsam wanderte sein Blick von meinem Unterleib hinauf, schien schon eine böse Vorahnung verinnerlicht zu haben und hoffte dennoch darauf, nicht bestätigt zu werden. Jedenfalls hoffte ein Teil meines Ichs, der den Großteil ausmachte, wenn nicht schon lange Alles übernommen hatte. Doch es kam anders. „Hatte ich mir schon gedacht…“ Wie schnell hatte er mit einem einzigen Blick den Spieß umgedreht? Ließ meine Gesichtszüge entgleisen; war der Erste, der mich – wenn auch nur ein wenig – verunsicherte. Er…Hatte es sich schon gedacht?! Was sollte das heißen? Für wen hielt er sich eigentlich?! Es reichte ja noch nicht, dass wir in einer Klasse waren, nein, er wollte mir auch noch den Spaß verderben! Ich konnte mein eigenes Knurren vernehmen, spüren, wie sich meine Hände erneut zu Fäusten geballt hatten und sich immer weiter anspannten, sogar zu beben anfingen. Warum konnte ich ihn dann nicht anfallen, oder wenigstens zurechtstutzen? Was hinderte mich daran? Ich begann im Inneren mit mir zu ringen, doch wollte mir mein Körper mir einfach nicht gehorchen. Warum verbündeten sich meine eigenen Körperteile gegen mich? Nur um diesen Kaoru zu schützen? „Tze, als wüsstest du alles.“ Letztendlich konnte ich mich mit mir darauf einigen, die ‚Kampfhaltung’ fallen zu lassen und eingeschnappt aus dem Fenster zu blicken. Alles andere als eindrucksvoll oder erwachsen. Doch genau dies schien ihn zu amüsieren. Zwar nur sehr leise konnte ich ein unterdrücktes Lachen vernehmen, ehe meine Aufmerksamkeit und meine Gedanken aus dem Fenster entflohen. Fort von hier…An einen Ort, wo ich allein war. Wo ich Alles erschaffen und vernichten konnte, was ich wollte, wo ich umgeben von blühenden Kirschbäumen, einfach in Frieden leben konnte. Liegend auf dunkelrot gefärbter Erde… ~*~ Ich musste wohl binnen 90 Minuten – entsprach einer unglaublich spannenden Doppelstunde Mathe…Oder Physik, man konnte es bei dieser Frau nicht sonderlich gut unterscheiden – eingeschlafen sein, da ich mich an die restlichen Stunden nicht erinnern konnte. Und, oh Gott, im Nachhinein möchte ich gar nicht wissen, wie viele es insgesamt waren. Wie auch immer, ich wurde geweckt. Doch nicht auf die nette ‚Wach auf, Darling’ - Variante, sondern durch beständiges Rütteln an meiner rechten Schulter und den nervigen Zuspruch einer Stimme, die sich mir schon nach knapp einem halben Tag so eingebrannt hatte, dass ich sie nun wohl nie wieder überhören würde. Verdammt. „Wach auf, es ist schon längst Nachmittag!“ Aha, und das sollte mich weswegen kratzen? Widerwillig hob ich meinen Kopf an, blinzelte kurz und hätte gern meine Augen wieder geschlossen. Hatte sich dieser Die doch tatsächlich neben mich – auf Kaorus Platz wohlgemerkt – gesetzt und starrte mich vollkommen bedeppert an. Welchen Grund es wohl dafür gab? Vielleicht war seine Katze gestorben, wenn er eine hatte, oder eines seiner Elternteile war einem grauenvollen Unfall zum Opfer gefallen… „Du bist wach! Super!“ Doch wieder hatte ich mich getäuscht, denn sein nun sich zu verziehen beginnendes Gesicht sprach Bände. Ein Lächeln. Ein gottverfluchtes Lächeln! „Und ich werde jetzt auch gehen.“ „Was? Warum? Das kannst du nicht! Ich wollte dich doch noch was fragen!“ Wie ein kleines Kind wedelte er mit seinen Armen, schien zu schmollen und hatte wohl vor, mich am Gehen zu hindern. Was sollte man da schon großartig tun? „Dann schieß mal los…“ Mich innerlich auf das Schlimmste einstellend, strich ich mir durchs blonde Haar – wider meiner Verhaltens- und Denkweise mochte ich die Farbe Schwarz nicht all zu sehr – und versuchte gemach munter zu werden. Es musste wohl ein Tiefschlaf gewesen sein… „Wir haben gleich Bandprobe! Und ich dachte mir, dass du vielleicht mitkommen wollen würdest!“ Wollte er mich verarschten? „ - !“ Doch bevor ich irgendetwas erwidern konnte, plapperte der Junge in der schwarzen Lederjacke schon munter weiter: „Weil ich dich eigentlich ganz nett finde und mir gedacht habe, dass du bestimmt gern ein paar Freunde finden würdest.“ Wieder dieses katzengleiche Lächeln. „Und eventuell auch Musik magst.“ „…Wenn du mir noch sagst, wer ‚wir’ sind, wäre ich zufriedener…“ „Das können wir dann noch klären, jetzt komm aber mit!“ Kaum ausgesprochen packte er mich, zog mich vom Stuhl herunter und rannte wieder quer durch das Schulgebäude. Zum Glück hatte ich noch keine Tasche dabei, die wäre schon längst verloren gewesen… Irgendwann kamen wir dann in der Aula an. Eine riesige Halle mit einer auffällig unauffälligen Decke aus klarem Glas, etlichen Tischreihen, die ich nun wirklich nicht alle zählen wollte und am Ende…Eine kleine Tribüne. Darauf waren drei Saiteninstrumente und ein großes Drum mit Hi-Hat und was nicht allem platziert. Wohlmöglich ein eigen angeschafftes Stück der Schule… Heitere Stimmen erfüllten den Saal, verklangen nicht so schnell, wie man es vermuten würde, da eine angenehme Akustik hier auch herrschte. Wenn es denn Auftritte geben sollte, dann wohl jedes Mal hier. Als jedoch mein Blick die Personen zu den Stimmen suchte, fiel mir eine kleine Tatsache auf: es gab zwar Instrumente und einen Mirkophonständer mit zugehörigem Verstärker und Mikro selber, doch…Keinen Sänger. „Hey Leute, ich hab unseren ersten freiwilligen Zuhörer mitgebracht!“, quietschte Die heiter den Anderen entgegen, steuerte sie an, zog mich ungehindert mich und stoppte erst, bevor es zur Kollision kommen konnte. Von freiwillig war doch nie die Rede gewesen! Ich rollte mit meinen Augen, musterte die Anderen. Drei waren in meiner Klasse, den Dritten hatte ich noch nie gesehen. So unscheinbar wie er auch war? „Ach, ihn?“ Ich vernahm den bissigen Ton in seiner Stimme ganz genau, wollte mich aber nicht weiter daran stören, riss mich lieber von meiner neuen Klette los und verschränkte abweisend meine Arme vor meiner Brust. „Ich wollte es auch nicht, ich hoffe das tröstet dich ein wenig.“ „Mh… Nur ein wenig.“ „Nun bekommt euch ein! Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ihr beide hier seit!“, grummelte Die, kicherte wenige Augenblicke hingegen wieder leise in seinen nicht vorhandenen Bart und sprang dann zu seinem Platz auf der Tribüne, griff sein Instrument – soweit mich mein Blick nicht täuschte eine hydrantenrote Gitarre – und begann es zu stimmen. Kurze Zeit später waren ihm die Anderen auch schon gefolgt, nur ich hatte mich auf einem der Stühle im Essbereich niedergelassen und wartete mehr oder minder gespannt darauf, was sie wohl zu bieten hatten. Den Gedanken, einfach zu verschwinden, hatte ich längst aufgegeben…Geradeheraus gesagt, war ich sogar zu einem Teil froh darüber. Solange ich nicht nach Haus musste war mir eh alles Recht… Erneut spürte ich, wie mein Sichtfeld von selbst begann, einige Dinge zu analysieren, störte mich jedoch nicht und wurde einfach gestattet. Für mich war es eine kleine Ewigkeit, in der diese chaotische Musikantengruppe an ihren Hobbyaktivitäten herumfeilten. Kurz bevor meine Lider wieder zu schwer werden würden, um sie aufzuhalten, war es dann doch vollbracht. „Also…Wir spielen jetzt ein Lied, das von unserem Kaoleinchen komponiert und geschrieben worden ist~…Auch wenn wir keinen Sänger haben.“, erklärte Die für eine Sekunde, in der ich mein Auge rieb, und begann dann zu spielen. Der Anfang war an sich etwas gewöhnungsbedürftig…Man merkte sofort, dass etwas fehlte. Eine Stimme. Doch nicht irgendeine 0-8-15-Jedermann-Stimme, sondern eine, die auch Leid und Schmerz ausdrücken konnte. Auf eine ganz neue Art und Weise… Der Zwischenteil dagegen wurde schon angenehmer: Jeder von ihnen legte sein Herzblut in das Spiel, dem einen eher anzusehen als dem Anderen. Jener mir noch unbekannte Blondschopf an den Drums wippte bei jedem Schlag, den er vollzog, mit, ließ seine Haare dabei fliegen, schien allerdings nicht sonderlich angestrengt, was mich schon ein wenig verwundern sollte, da er nun wirklich nicht wie ein Drummer aussah. Er besaß eher dieselbe Statur des Bassisten – Toshiya. Die hatte mir auf dem Hinweg doch kurz ihre Namen an den Kopf geworfen, auch wenn ich den des Drummers schon längst wieder vergessen hatte. Die Art und Weise im Vergleich zu der Melodie, die sie spielten, entsprach eher der eines Kindes, dass einfach nur Spaß hatte. Natürlich gaben sie sich, wie zuvor erwähnt, Mühe, doch Ernst war ihnen nicht sonderlich anzusehen. Nur ihm. Jenem Jungen, der wohl am meisten mit dem Lied zu tun hatte. Wie er die rabenschwarze Gitarre beinahe zärtlich an sich schmiegte, ihre Saiten bedacht strich und mir nicht nur das Gefühl einschleuste, dass sein gesamtes Herz daran hang, sondern auch noch bei diesem Anblick eine kalte Gänsehaut über den Rücken jagte, machte mich krank. Er sah fertig aus, er war morgens eingeschlafen; vollkommen desinteressiert an allem, was seine Klassenkameraden taten…Warum konnte er sich nicht einfach verspielen? Gerade bei seinem Solo! Wäre er mir das nicht schuldig gewesen? Hass baute sich in mir auf, als mir bewusst wurde, dass ich schon etwas…neidisch war. Ich konnte kein Instrument spielen, hatte nichts Atemberaubendes zu zeigen… Außer mein Auftreten und das kleine, abgenutzte Notizheftchen in meiner Jackentasche, zu welchem man früher oder später noch eine Erklärung bekommen würde, ich jedoch niemals laut vorlesen würde. Es war geheim. Intim. Mein einziger Freund in dieser einsamen Welt…Doch was sollte ich gegen diesen Hass tun? Mitten im Lied erhob ich mich, begab mich auf die Bühne und griff nach der Komposition auf dem Notenständer thronend, welcher sich vor dem Gitarristen befand. Augenblicklich unterbrach er sein Spiel. „Was soll das?“, fragte er schroff, schien seine paar Blätter zurück haben zu wollen, während ich mich weiter von ihm entfernte und es las, jedes einzelne Wort in mich aufsog, wie ein trockener längst vergessener Schwamm. Noten konnte ich kaum lesen; ich hatte es nie für notwendig erachtet, mir diese Fähigkeit anzueignen, da ich mich eh nie so für Musik interessiert hatte. Wieso es dann perfekt können? Unterdessen meinte Augen von Zeile zu Zeile huschten, bereute ich meine Tat auch schon wieder. Entweder beschrieb Kaoru seine Liebe zu Granatäpfeln, hatte eine Freundin gehabt, welche ihn für Granatäpfel hat sitzen lassen oder seine Freundin hieß Granatapfel, was bei uns auch ein relativ geläufiger Name war. ‚Zakuro’ Liebe. Ich hasste dieses Thema. Dieses Wort, diese…Heuchelei. Man versprach einander Liebe. Ewige Liebe, anhaltende Liebe, wahre Liebe und worin lief es meistens hinaus? Hass, Trennung, Schmerz, Trauer, Verzweiflung. In dem 18. Jahrhundert sogar auf ‚ehrevollen’ Tod. Von wegen Ehre… Von wegen Liebe. Es war doch nur ein Spiel, eine List, eine Droge um sich auf Dauer besser zu fühlen; um unter anderen Umständen Ansehen und Wohlstand zu erlangen. Was hieß heutzutage noch Liebe? Nichts und wieder Nichts! Und das wollte ich ihnen beweisen. „Fangt noch mal von vorn an, ich singe.“ „Du willst singen? Dass ich nicht lache!“ Natürlich hatte ich sofort Widerspruch von dem Songwriter. Schließlich würde er Gefahr laufen, dass ich sein Herzfragment verschandelt werden würde… Und er läge auch nicht all zu falsch. Doch suchten sie nicht einen Sänger? Ich würde mich freiwillig anbieten… Ein breites Grinsen breitete sich nun auf meinen Lippen aus, bevor ich zu Die blickte. „Was meinst du? Soll ich, oder soll ich nicht? Ihr wolltet doch Jemanden.“ Die Beiden tauschten Blickte untereinander aus, schienen telepathisch miteinander zu diskutieren, bis Kaoru entnervt stöhnte, „Bitte, sing doch.“ , und sich auf seinen Platz zurückbegab. Und das gesamte Spiel begann von neuem; ich stellte mich vor das Mikrophon, las noch einmal über den Text, lauschte der Musik und verfiel ihr für den Bruchteil einer Sekunde, ehe ich meinen Einsatz sah, Luft holte und - [Kaorus Perspektive] - er sang. So unfreiwillig, wie er hierher gekommen war, wie er uns gelauscht hatte, wie ich ihm meinen Text überlassen wollte. Um ehrlich zu sein, war es mir schon peinlich genug gewesen, als ich den Anderen den Text gezeigt hatte. Bei Die machte das ja keinen Unterschied, schließlich waren wir schon seit ewigen Zeiten wie Brüder gewesen. Bei ihm konnte ich so gut wie immer jeden Gedanken erahnen, mit ihm auf verschiedene Dinge eingehen, mich bei ihm – wohl gesagt – ausheulen. Sicherlich waren Toshiya und Shinya auch meine oder eher unsere Freunde, doch das war irgendwie…Anders. *~ Und ich werde heute Nacht wieder von dir träumen Wegen des Briefes, den du schriebst, platziert unter meinem Kopfkissen. Meine Träume sind viel zu grausam; Mein Atem stock plötzlich und wieder einmal erwache ich in Schmerz, ein wenig nach 4 Uhr morgens. ~* Es war seltsam, dies aus dem Mund eines Anderen zu hören. Ich hatte es zwar geschrieben und auch so erlebt – Warum kam mir die Situation nur so bekannt vor? – doch warum kam es so vollkommen anders herüber? Ich linste zu dem kleinen Blonden herüber, konnte es mir einfach nicht verkneifen, ihn zu beobachten. Wie er zuvor so gesprochen hatte, war mir nie so aufgefallen, wie seine Stimme eigentlich klang. Meist wollte ich nur, dass der ging, uns verließ, seinen eigenen Freunden auf den Nerven herumtrampelte, wenn er denn welche besaß. Doch so… Seine Stimme klang so ehrlich. So verletzlich, als würde er direkt in die Gefühle hineinschlüpfen, die auf diesem Stück Papier zum Ausdruck gebracht worden waren. Hinzukommend auch noch von mir. Dieses Zittern in den Worten, die er sprach… Die Art wie er sie aussprach. Genuschelt. Mit ein wenig Übung fand man sich hinein, verstand aber auch schon innerlich, was er aussprach, selbst wenn man das Wort nun nicht vor Augen hatte. Es traf das Herz. Wohlmöglich von jedem. Auch, wenn ich gestehen musste, dass er eigentlich nicht mal sonderlich gut singen könnte. Er war nun wirklich keine Bombe, wenn es um eine besondere Stimme ging. Die Emotionen, die er ausdrücken konnte, indem er bestimmte Silben einfach anders betonte, schrie, wimmerte oder auch einfach nur flüsterte war das Einzigartige an ihm. Mittlerweile hatte ich ihn schon gar nicht mehr angesehen, nur kurz auf meine Finger geblickt, ein wenig geträumt, während sich mein Geist von diesem Teufel verführen ließ und mit ihm litt. Doch als ich ihm wieder zusehen wollte, kippte meine Faszination mit einem Mal: Dass er das Mikro vom Ständer genommen hatte, war nicht schlimm, doch wie er es umklammerte…Halb gekrümmt, sich nur noch schwach auf den Beinen haltend, als hätte er extreme Schmerzen. Mit dem einen Handrücken an seinen Brustkorb gepresst…Schluchzend. Weinte er etwa? Was es das, weswegen es so echt herüber kam? Weil es einfach echt war? Fühlte er wirklich so verbunden mit meiner - … Er grinste! Dieses Aas grinste! Als hätte man ihm einen Witz erzählt oder irgendetwas Lustiges gezeigt! Zwar war es so schnell verschwunden, wie es aufgetaucht war, doch ich konnte mich nicht täuschen! Nahm er meine Gefühle nicht ernst? Amüsierte es ihn, was ich alles dort hineingesteckt hatte? *~ Die Zeit ist viel zu lang, Die Zeit ist viel zu schmerzvoll. Die Träume wollen nicht aufhören. Meine Liebe ist gefroren und gestorben an den langen, kalten Nächten so wie Diese. ~* Wieder ein anderes Gesicht. Meine Gefühle verhedderten sich mit dem roten Band, welches er um mich gespannt hatte; zogen sich zusammen und drangen tief in die Haut hinein. Ich wusste wieder nicht mehr ein, noch aus. Sollte ich ihn bewundern, dafür, dass er einfühlsam war? Oder dass er so überzeugend lügen konnte? Oder sollte ich ihn einfach hassen? Wenn ja, wieso konnte ich es nicht? Gerade in diesem Moment wollte ich alles andere, als ihn zur Schau stellen oder niedermachen. Eher…In den Arm nehmen und trösten. So wie er nach Liebe schrie… Wie er daran zu zerbrechen schien… Doch war es nicht nur eine Masche, um mich weiter zu verwirren, mich neugierig auf ihn zu machen? Ich wusste einfach nicht, was in diesem unheilbar verkorksten Gehirn vor sich ging, egal wie oft ich es versuchen würde... „Ich liebe dich…!!“ Ein letzter Schrei, der dem Himmel mit gebrochener Stimme entgegen klang und schließlich in der Ironie des wunderschönen, beginnenden Sonnenunterganges dahinschwand… Und doch sollte es nicht der Einzige am Ende dieses Tages sein. Nach dieser nun wirklich erfolgreichen Probe, machten wir uns schon den nächsten Termin zusammen aus. Merkwürdigerweise war auch Kyo dabei, der sonst nichts mit uns zu tun haben wollte. Entweder hatte er einen Narren am Singen gefressen, oder er liebte es einfach, mir eine Reinzuwürgen, egal was es war, er machte es verdammt gut und lückenfrei. Doch auch durch meine anfängliche Abneigung konnte ich den Respekt und… Die anfängliche Freundschaft zu ihm nicht verhindern. Ob er wohl auch so empfand? Indes wir unsere Sachen zusammensuchten, eher Meine, und uns dann vor dem Schultor trennten, machte sich noch ein Gefühl in mir breit. Doch absolut kein Angenehmes. Normalerweise mochte ich Sonnenuntergänge auch. Besonders nach solch einer seelischen Tortur. Doch dieses Mal war es mir einfach zu rot. Zwar bekannte sich mein bester Freund als ‚Anhänger’ dieser Farbe und der Norm entsprechend dachte ich auch nie an solch etwas Obskures… Doch dieses Mal kam mir nur Blut vor Augen, wenn ich den Himmel betrachtete. Dickflüssiges, tiefrotes Blut. Quelle unseres Lebens und Retter unseres Lebens. Warum bekam ich nur solch ein schlechtes Gefühl? Einen kurzen Moment verharrte ich am Stehen, zog eine Zigarette aus meiner Schachtel und wollte sie gerade anzünden, ehe ich mich, aus welchem Impuls auch immer, umwandte und den verlassenen Weg, den ich zuvor entlang geschritten war, musterte. Mein Innerstes schien auf etwas zu warten… Wenn ich jetzt so zurückblicke stand ich allerhöchstens zehn Minuten an einer Stelle, doch kam es mir, einem Klischee entsprechend, viel, viel länger vor, bis das geschah, worauf ich wohl gewartet hatte: Schreie. Zwei um genau zu sein. Zwei entsetzlich gequälte Schreie und eine Sterbende! Aus Instinkt ließ ich Alles fallen, was ich in der Hand gehalten hatte und lief los. Ich lief nicht nur, ich sprintete. Nur, um das, was mein Herz zum verkrampfen brachte, unbestätigt zu sehen. „Bitte! Bitte, lass es nicht das sein, was ich denke! Bitte, Gott!“ Ich rannte an den Toren vorbei, wusste gar nicht, wie ich überhaupt in diesem Tempo atmen konnte, preschte die Straße entlang und betete. Betete zu einem Gott, bei dem sich herausstellen sollte, dass es Keinen gibt. Warum begannen Menschen erst im Notfall zu beten, wenn es eh schon keine Aussicht mehr auf Erlösung gab? Einen Gedanken, den ich nur ungern weiterführen wollte… Gerade, als ich vor einer Gasse stoppte. Zuvor hatte ich beobachten können, wie eine kleine Bande, allerhöchstens vier oder fünf Mann, Freuden strahlend dort hinausgekommen waren, sich gegenseitig abklatschten und wiederum in irgendwelchen Nebengassen verschwanden, ihre Stimmen verstummten. Das Einzige, was ich nun nur noch hören konnte, war der rasende Schlag meines Herzens; das Einzige, was ich sehen konnte, war eine kleine Silhouette in jener Gasse. Klein…Und regungslos. Vorsichtig schritt ich zu diesem Umriss heran, konnte Atem hören. Schweres Keuchen eher. Und ich wusste, warum mir dieses Mal der blutrote Himmel nicht gefallen hatte, ja sogar tiefes Grauen eingejagt hatte: Denn dieses Mal, hatte er dieselbe Farbe, wie du zu meinen Füßen. Kapitel 2 – Ende ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Uhu, spannend, spannend! xDDD Tut mir leid, wenn das Ende etwas Schlag auf Schlag kam…Aber das jetzige Ende sollte das eigentliche Ende werden, und da sonst das Kapitel nur aus Nonsense bestanden hätte (Ohne Vorlage aufs neue Kapi… xD), MUSSTE es einfach noch mit rein. x333 Hoffe es gefällt halbwegs… xDDD LG, Nagi. *^* P.S.:Es lohnt sich die Blitz5Days-Live-Version von Zakuro zu hören, wenn man es liest. ;D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)