Wer braucht schon Weihnachten? von Anuri (Adventskalender 2011: Türchen 20) ================================================================================ Kapitel 1: Jingle Bells ----------------------- Gedanken verloren schaute Nagi aus dem Fenster seiner Klasse. Draußen vor dem Schulgebäude waren sämtliche Wege weihnachtlich dekoriert, selbst die Fenster waren mit diesem furchtbar grellen und bunten Kitsch voll gestopft. Er war doch nicht mehr in der Grundschule! Fehlte nur noch, dass sie anfingen im Unterricht Weihnachtsschmuck zu basteln. Weihnachten war einfach eine blöde Erfindung. Ihm kam es fast so vor, als hätten alle vor ihn damit zu quälen. Dieses Fest war viel zu kitschig. Besonders nervten ihn die Mädchen, die ein Date mit ihm haben wollte. So ein berühmt berüchtigtes Weihnachtsdate. Das musste nun wirklich nicht sein. Im Waisenhaus, in dem er einen Großteil seines Lebens verbracht hatte, hatte es zu Weihnachten immer ein kleines Fest gegeben. Obwohl es keine Geschenke gegeben hatte, war es irgendwie etwas schönes gewesen … familiär. Dann war Weiß gekommen und hatte ihm auch das wieder genommen. Kurze Zeit später nahm Brad ihn bei Schwarz auf. Bei Schwarz hatten sie nie Weihnachten gefeiert. Häufig waren sie am 24. geschäftlich unterwegs. Weihnachten. Das war doch ein gutes Datum um zu arbeiten. Genau das war heilig Abend für ihn ein Tag wie jeder andere. Brad konnte so etwas wie freie Tage scheinbar nicht. Doch bis jetzt war noch kein Auftrag geplant. Das wäre alles nicht so schlimm, wenn Brad im nicht freigegeben hätte, damit er sich an diesen Tag verabreden konnte. Als ob er so was wollen würde. Nicht das er was dagegen hatte frei zu haben, aber er würde sich sicher nicht verabreden. Ein Date … Er war ein Auftragskiller und kein pubertierender Jungendlicher. Abgesehen davon das er die Mädchen alle nicht leiden konnte, brauchte er kein Weihnachten um intim werden zu können. Für Schuldig war das sicher ein perfekter Anlass, aber nicht für ihn. Endlich drang das erlösende Klingeln an sein Ohr. Schnell ließ er seine Hefte und Bücher in seiner Tasche verschwinden. Heute durfte er sich mal wieder um den Einkauf kümmern. Eigentlich musste er diese Aufgabe jede Woche erledigen. Das man Farf nicht einkaufen schicken konnte, sah er ja noch ein. Aber Schuldig konnte das ruhig mal übernehmen. Der hatte doch eh nicht besseres zu tun. Trotzdem ließ Brad es zu, dass sich diese Nervensäge von Telepath immer darum drückte? Resigniert seufzte er auf und warf sich den Rucksack über seine Schulter. Gerade als er den Raum verlassen wollte, sprach ihn eine seiner Mitschülerinnen an. „Naoe.“ Das Mädchen trat zu ihm und schaute ihn eingeschüchtert an. Nagi blickte sie fragend an, obwohl er sich schon denken konnte was sie von ihm wollte. Sie war heute nicht die Erste, die leicht drucksend vor ihm stand. Eigentlich hätte er sie einfach stehen lassen sollen, doch das war unhöflich gewesen. „Hast du am 24ten schon etwas vor?“, stellte sie dann unsicher ihre Frage. Ihr Blick war auf den Boden gerichtet. Warum musste er auch immer recht haben? Ein leichtes Seufzen entkam seinen Lippen. „Tut mir leid, aber ich hab am 24. schon was vor.“, antwortete er ihr freundlich und trat an ihr vorbei. Hoffentlich gaben es die Mädchen bald auf. Langsam sollte es sich doch herumgesprochen haben, dass er angeblich schon was vor hatte. Genau genommen hatte er es ja auch etwas vor, nämlich zuhause herumzuhocken. Sein Leben hörte sich wirklich langweilig an, dabei war eigentlich immer was los. Wer mit Schwarz zusammenlebte und arbeitete kannte keine Langeweile. Die Anderen konnten wirklich nerven und das in einer Intensität, die kaum vorstellbar war. Seine Schritte führten ihn aus dem Schulgebäude auf die total übertrieben geschmückte Straße. Warum neigten die Japaner eigentlich immer dazu zu übertreiben? Oder sah nur er das so? Nach dem was Brad letztens erzählte hatte, waren die Amis noch schlimmer. Wenn er sich das vorstellte war er doch ganz froh hier zu leben und nicht in Amerika. Die Straßen waren überfüllt mit Menschen, die hektisch nach Geschenken suchten oder sich die überlegten was für einen Kuchen sie kaufen würden. Genervt bahnte sich Nagi seinen Weg durch die Massen. Schließlich schob er sich in den Supermarkt. Schnell wurde der Zettel raus gekramt und ein Korb geschnappt, um sich dann einen Weg durch die Gänge zu suchen. Im Hintergrund hörte er leise Musik spielen. Die Melodie kam ihm so bekannt vor. Nein, bitte nicht! Nicht auch noch dieses Lied . Hatten sich denn alle gegen ihn verbündet? 'Dashing through the snow' begann die Stimme aus dem Lautsprecher zu singen. Gegen dieses Lied hatte er mittlerweile richtige Aggression entwickelt. Das Lied hatte doch nicht einmal einen Sinn und trotzdem wurde es um die Weihnachtszeit rauf und runter gespielt, als ob es einfach kein anderes Weihnachtslied geben würde. Dabei war es streng genommen nicht einmal ein Weihnachtslied. Es ging einfach nur um Pferdeschlittenrennen von Jugendlichen. Konnten die Menschen kein Englisch? Da war nirgends auch nur andeutungsweise etwas über Weihnachten zu finden. Auch ihm Waisenhaus hatten sie dieses Lied oft gespielt und er hatte es selbst häufig singen müssen. Egal.Je schneller er mit dem Einkaufen fertig war desto eher schneller konnte er diesem grausamen Lied entkommen. //Nagiiii~! Spekulatius// Er zuckte leicht zusammen, als er Schuldig in seinem Kopf rufen hörte. Man sollte meinen er wäre daran gewöhnt, aber das war er ganz und gar nicht. Abgesehen davon fand er es immer wieder unangenehm, wenn er merkte, dass Schuldig sich in seinem Kopf aufhielt. Es gab dann einfach keine Privatsphäre mehr. Sicher hatte Brad ihm beigebracht eine mentale Mauer zu errichten, doch diese war nicht stark genug um diesen nervigen Telepathen vom Hals oder aus seinen Gedanken fern zu halten. //Wie wäre es mit 'bitte'?// Aber scheinbar wollte Schuldig ihm darauf keine Antwort geben. Wie sehr er sich wünschte ein normaler Teenager zu sein, dann könnte er mit 18 ausziehen. Aber nein, er war Mitglied von Schwarz und musste deswegen mit ihnen zusammenwohne. Wo da die Logik steckte verstand er nicht. Sicher entwickelte man so ein intimeres Verhältnis, aber er vertraute Schwarz nur auf beruflicher Ebene. Alles Andere war ja auch sinnlos. Er packte die Spekulatius in den Korb und ging weiter. Ein letzter Blick auf den Zettel zeigte ihm, dass er nun alles haben müsste und er endlich zu Kasse gehen konnte. Es dauerte also nicht mehr lange und bis er diesen Laden verlassen konnte und einer weiteren Wiederholung dieses nervigen Liedes entkommen würde. Scheinbar gab es wirklich nur das Lied. Lief das jetzt überall in Dauerschleife? Warum fragte er sich das überhaupt? Er kannte doch die Japaner zur Weihnachtszeit... leider. Wenn er das Lied noch einmal hören musste, würde er die Krise kriegen. Ein Glück nährten sie sich dem Ende dieser überaus nerven zehrenden Zeit. Zwei Tage und dann war es endlich wieder vorbei. Inzwischen hatte die Kassierin begonnen die Waren einzuscannen. Schnell hatte er sein Geld heraus gekramt, es ihr gereicht, die Sachen in eine Tasche gestopft und den Laden fluchtartig verlassen. Erleichtert atmete er tief durch. Kein nerviges Gedudel mehr. Das tat richtig gut. Routiniert bahnte er sich seinen Weg nach Hause. Ein Glück war sein Weg nicht weit. Brad hatte dafür gesorgt, dass sie sehr zentral wohnten und vor allem nahe genug an der Schule waren, damit Nagi im Notfall schnell nach Hause kommen konnte. Es war schon öfter mal vorgekommen, dass sie spontan einen Auftrag bekamen, der so schnell wie möglich erledigt werden musste. Manchmal wurde er auch wegen Farf zurück gerufen. Wenn dieser mal wieder einen besonders schlechten Tag hatte und die Beiden allein nicht mit ihm klarkamen. Wenn Farfarello richtig austickte, hielt ihn so leicht nichts auf. Das konnte schon ganz schön furchteinflößend sein. Meistens kamen sie aber sehr gut mit ihm klar. Es gab sogar Momente in denen Nagi gerne mit ihm getauscht hätte, da Schuldig sich aus dem Kopf diesen Iren nach Möglichkeit heraushielt. Es lag wohl daran, dass bei ihm alles etwas anders in Kopf lief. Aber wenn er ihn dann wieder beobachtete, hatte er eher Mitleid mit Farf. Seine Hand fischte nach dem Schlüssel, dann schloss er die Tür auf und trat ein. Am Liebsten wäre er sofort wieder umgekehrt als ihm eine schräges 'Jingle Bells' entgegen gegrollt wurde. Das war eindeutig Schuldig, der dieses Lied 'trällerte'. Abgesehen davon, dass dieser das Singen lieber ganz lassen sollte, warum musste er ausgerechnet 'Jingle bells' singen?! Es war also doch eine Verschwörung gegen ihn. Er hatte es geahnt... Tief durchatmen. Er ließ die Tür unsanft ins Schloss fallen. „NAGI, mach' die Tür anständig zu.“, schrie Brad aus dem Arbeitszimmer. Grummelnd trat Nagi in die Küche und begann die Einkäufe einzuräumen. Aber Schuldig durfte hier rum singen. Das war doch alles nicht fair! „Schlechte Laune Chibi?“, gab der Grund seiner schlechten Laune mit neckendem Unterton von sich. „Bei deinen Gesangskünsten geht es gar nichts anderes.“, erwiderte Nagi kalt. „Du bist ja nur neidisch. Und? Hast du schon ein Date? Oder hat dich niemand gefragt?“, fragte er amüsiert nach. Wütend schaute der Kleine ihn an. „Als ob du das nicht wüsstest! Abgesehen davon geht es dich auch nichts an.“, stellte er klar. Hatte diese Nervensäge nichts Besseres zu tun? „Vielleicht hast du ja auch Angst vor einem Date.“, überlegte Schuldig laut. „Hab ich nicht und nun verschwinde!“, stieß er verärgert hervor. Bei diesem Kerl war er einfach immer sofort gereizt und wütend. „Nagi, Nagi mir kannst du nichts vormachen. Ich bin Telepath.“, widersprach dieser grinsend und trat zur Tür. Wütend warf Nagi das Packet Spekulatius nach ihm. Doch dieser fing es nur grinsend auf und verschwand singend in seinem Zimmer, obwohl grölend wohl das bessere Wort gewesen wäre. Er spürte ein kleines Stechen in seiner Brust. Er ging nicht weiter darauf ein, sondern wand sich wieder seiner Tasche zu, um die letzten Lebensmittel zu verstauen. Scheiß Weihnachtszeit. „SCHULDIG! Mach endlich diese gottverdammte Musik aus.“, brüllte Nagi durch die Wohnung. Er hatte wirklich lange durchgehalten. Immerhin spielte dieser verdammte Telepath die CD schon seit zwei Stunden ab. Zwei ganze Stunden. Die Antwort bestand nur aus einen amüsierten Lachen. Langsam hatte er wirklich die Nase voll von diesem … diesem … Telepathen! Er konzentrierte sich. „NAGI, WEHE meine Anlage geht kaputt.“, fauchte Schuldig ungehalten. „RUHE! BEIDE!“, ertönte es aus dem Flur. Nagi setzte die Anlage unsanft wieder ab und trat zur Tür. Brad Crawford betrachtete die Beiden wütend. „Es gibt in diesem Haus auch Menschen, die arbeiten müssen und kein Bedürfnis haben taub zu werden. Also schraubt eure Lautstärke runter!“, belehrte er sie. Beide setzten an etwas zu sagen. „ICH WILL KEIN ABER HÖREN! Hab ich mich klar ausgedrückt?!“, unterband er jeden Wiederspruch. Genervt rieb er sich die Schläfen und trat wieder in sein Arbeitszimmer. Nagi grummelte. Dabei hatte er nichts gemacht. Immer bekam er dank Schuldig Ärger. Das Leben konnte so unfair sein. „Du hättest mich einfach in Ruhe meine Musik hören lassen sollen.“, stellte der Telepath sachlich fest. „Du hättest sie so hören können, dass du damit keinen Anderen störst.“, erwiderte Nagi ungehalten. Er konnten den musternden Blick von Schuldig spüren. Was wollte er? „Chibi es ist Weihnachten.“, stellte dieser dann klar. „Gar nicht wahr. Weihnachten ist erst in ein paar Tagen und es ist wie jeder andere Tag auch.“, wehrte Nagi ab. Eigentlich war es verschwendete Energie. Schuldig ließ sich so oder so nichts von ihm sagen. Er schaute auf. Warum grinste dieser auf einmal so? Was hatte er jetzt vor? „Du hast ein Weihnachtsdate.“, sagte Schuldig breitgrinsend und trat wieder in sein Zimmer. Bitte was? Er hatte was? Mit wem bitte? Mit Schuldig? Sicher nicht! Wer wollte schon ein Date mit diesen Idioten? //Du!// Er erstarrte. Niemals. Dieses Weihnachten würde wirklich grausam werden... Nun war er da. Der gefürchtetste Tag des Jahres – zumindest seitdem Schuldig entschieden hatte, dass Nagi dieses Jahr sein Opfer sein sollte. Warum war dieser Idiot auf so eine Idee gekommen? Er hatte früh das Haus verlassen, um mit niemandem zusammenzutreffen und sich fest vorgenommen nicht an dem Treffpunkt, den Schuldig ihn mitgeteilt hatte aufzutauchen. Ganz festvorgenommen hatte er sich das, trotzdem stand er nun hier und wartete. Warum verstand er selbst nicht ganz. Vielleicht aber weil ihm der Gedanke ein Date mit Schuldig zu haben, ein ganz kleinwenig gefiel. Blödsinn! Er schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben, der sich hartnäckig festgesetzt hatte. Sein Blick wanderte zur Uhr. Was hatte er eigentlich erwartet? Dass dieser … Idiot pünktlich kam? Dass er überhaupt kam? Sie redeten hier immer noch von Schuldig. //Chibi ich komm ne Stunde später// Na toll. Was sollte er jetzt machen? Nach Hause gehen und sich in sein Zimmer einschließen? Das war eine gute Idee. Dennoch bewegte er sich nicht von der Stelle. Sein Blick glitt über die Paare, die immer wieder an ihm vorbei liefen. Wie viele von ihnen wohl heute Abend in einem Hotel landen würden? Langsam schloss er die Augen. Diese Menschen hatten alle ein normales Leben. Menschen, die einem etwas bedeuteten... was hatte er eigentlich noch? Vor seinem Augen sah er Schwarz – irgendwie waren sie ja so etwas wie seine Familie, im weitesten Sinne zumindest… Auch wenn es meistens nicht so aussah. Sie waren ihm wichtig. Das konnte er wohl kaum abstreiten. Aber Freunde oder Familie... er hatte keine Ahnung. Genau deswegen hasste er die Weihnachtszeit auch so sehr. Überall sah man diese glücklichen Paare, die glücklichen Familien, dann musste er immer über sich selbst und seine Situation nachdenken. Sonst machte er sich über so etwas ja auch keine Gedanken. Schließlich brauchte er dieses … Zeug nicht. Familie, die enttäuschte einen doch so oder so nur und eigentlich interessierten sie sich auch gar nicht für einen. Es wurde ihn nun doch etwas kalt. Seine Schritte führten zielstrebig zu einem Cafe. Er würde einfach dort warten. Eine Stunde stand er nun bestimmt nicht in der Kälte. Nagi hatte Glück und ein Tisch am Fenster war noch frei. Er ließ sich auf seinen Stuhl nieder und schaute nach draußen. War er etwa neidisch? Wollte er in Wirklichkeit das auch alles? Ja, vielleicht ein wenig... Irgendwann erblickte er die orangen Haare in der Masse. Sein Blick wanderte zur Uhr. Genau eine Stunde später und er hatte wirklich die ganze Zeit gewartet. Heute war mit ihm etwas nicht in Ordnung. Er blickte wieder zu seinem Date, das sofort den Laden ansteuerte und eintrat. Was hatte er erwartet? Ein Zögern? Schuldig war doch Telepath. Wahrscheinlich wusste er schon seit Ewigkeiten, dass er nicht mehr draußen stand. Ob man ihn wohl überhaupt richtig überraschen konnte? Wahrscheinlich kannte er sie alle sogar besser als sie sich selbst. Diesen Gedanken fand er sehr unangenehm. Deswegen versuchte er den Telepathen auch zu meiden. Meistens zumindest. Doch heute war er in einer ganz eigenartigen Stimmung. Vielleicht waren seine Gedanken ja auch so durcheinander, dass der Andere sie gar nicht wirklich lesen beziehungsweise interpretieren konnte?! Wunschdenken. „Na Kleiner! Können wir los?“, riss ihn die Stimme von Schuldig zurück in die Realität. „Ähh... Sicher.“, brachte er mühsam hervor und stand auf. Auf dem Gesicht des Anderen lag wie immer sein übliches Grinsen. Langsam entwickelte er eine Abneigung gegen dieses Grinsen. Schuldig legte einen Arm auf seiner Schulter ab und trat mit ihm nach draußen. Dort begann er ihn dann in die eine Richtung zu navigieren. Ein bisschen war er ja schon neugierig was sich der Ältere ausgedacht hatte. Das war heute ja auch sein erstes 'Date'. Für solche Dinge hatte er nie Zeit gehabt und die Freizeit, die er hatte, hatte er immer besser nutzen wollen. Die Zeit mit sinnvollen Dingen verbringen. Lesen oder recherchieren. Manchmal spielte er auch diese Minispiele am Rechner, aber auch nur wenn Brad ihn eine Pause verordnete. Auf Dauer waren die furchtbar langweilig. Aber es eignete sich immer gut um Zeit zu überbrücken. //Nagi, Nagi. Du hast wirklich ein langweiliges Leben.// Hallte Schuldigs Stimme durch seinen Kopf. „Ich stehe neben dir. Du kannst richtig mit mir reden.“, beschwerte sich Nagi und ernte ein leichtes Lachen. Resigniert seufzte Nagi. Das hatte er ernst gemeint. Aber was hatte er bei Schuldig erwartet. Diese Frage hatte er sich heute schon ziemlich oft gestellte. Scheinbar viel zu oft… Nicht jetzt darüber nachdenken. DerAnderen sollte so wenig wie möglich davon mitkriegen. Dessen Fähigkeit war einfach grausam. Er schielte leicht zu ihm. Immer noch lag dieses Grinsen auf seinen Gesicht, was normalerweise nie etwas Gutes verhieß für sein Opfer und das war er wohl heute. „Bist du etwa ein Angsthase, Kleiner?“ „Hör auf mich Kleiner zu nennen und nur weil ich vorsichtig bin, bin ich noch lange kein Angsthase.“, maulte Nagi. „Wie ein Kleinkind. Süß.“, stellte Schuldig grinsend fest. Für einen Moment starrte er ihn an. Das hatte dieser Kerl nicht wirklich gerade gesagt?! „Klappe Schuldig.“, brachte er wütend hervor. Die Reaktion widerlegte diese Behauptung wohl nicht, da Schuldig laut auflachte und ihm durch die Haare wuschelte. Grummelnd versucht Nagi seine Haare wieder zu richten. „Also was machen wir jetzt?“, fragte er dann doch nach. Doch Schuldig grinste nur weiter hin. Warum war er noch mal zu dieser Verabredung gegangen? Sein Blick wanderte immer wieder zu ihm. Sein Blick wanderte durch die Gegend. Schuldig hatte ihn in eine ziemlich abgelegen Gegend gebracht. Der Weg stieg leicht an und nahm weiter an Steigung zu. Was dieser Kerl nur vor? In dieser Gegend lag so gar Schnee. „Bereit Kleiner?“, brach Schuldig das Schweigen. „Wofür?“, fragte dieser nach. Bei dem Anderen musste man immer auf der Hut sein. „Etwas mehr vertrauen Chibi.“, beschwerte sie der Telepath grisend. „Hör auf mich Kleiner oder Chibi zu nennen.“, versuchte er das Gespräch umzulenken. Er wollte nun wirklich nicht über etwas wie vertrauen reden. Schuldig verdrehte nur die Augen und deutete dann auf einen Schlitten. „Es sind zwar keine Pferde vor dem Schlitten, aber es reicht auch.“ „Ist das nicht etwas kindisch?“, kam es von Nagi. Der Deutsche schaute ihn an. „Also erstens Nagi bist du noch ein halbes Kind. Du bist 17 und du solltest dich ruhig auch manchmal so verhalten, damit mein ich nicht deine pubertären Stimmungsschwankungen.“, erklärte er während er grinsend dem Schnee auswich, den Nagi nach ihm warf. „Du solltest etwas Spaß haben Nagi. Abgesehen davon ist Schlittenfahren in dieser Gegend nicht kindisch.“, fuhr er fort. Bevor Nagi erneut was sagen konnte, hatte Schuldig in bereits auf den Schlitten gedrückt und in Bewegung gesetzt. „Schuldig du Arsch!“, schrie er und hielt sich fest. Das Stück war ziemlich steil und uneben. Trotzdem musste er sich leise gestehen, dass es gar nicht so schlecht war. Als er schließlich zu stehen kam, hatte er ein kleines Lächeln auf seinen Lippen. //Und?// hallte erwartungs voll die Frage in seinem Kopf. //Ganz okay.// Versuchte er nicht zu begeistert zu klingen auch wenn Schuldig sicher schon längst gelesen hatte dass es irgendwie Spaß gemacht hatte. //Dann komm wiederhoch!// Nagi ließ den Schlitten mit seinen Fähigkeiten wieder nach oben zu Schuldig schweben und machte sich ebenfalls an den Anstieg. Oben angekommen erwartete ihn dieser schon grinsend. „Noch mal?“, fragte dieser. „Was ist mit dir willst du nicht fahren?“, fragte der Kleine nach. „Das ist mir zu kindisch.“, stellte Schuldig fest und ernte eine bösen Blick von den Telekinesen. „War ja nur ein Spaß.“, erklärte er und stellte den Schlitten in position. „Nun komm schon Chibi.“ Nagi trat zu ihm und der Telepath zog ihn gleich vor sich auf den Schlitten und fuhr los. Sie gewannen schnell an Tempo. Er hörte den Schnee knirschen, spürte den Fahrtwind an seinen Ohren. So etwas hatte er noch nie gemacht. Wann hätte er auch so was machen sollen? Schuldig war ihm ganz nah. Unbewusst lehnte er sich etwas mehr gegen ihn. Leise drang eine Melodie, die der Telepath leise summte an sein Ohr. 'Jingle Bells' Doch jetzt gerade störte es ihm eigentlich gar nicht. Als mit etwas zu viel Schwung über eine Erhebung fuhren kippte der Schlitten und sie landeten im Schnee. Nagi lachte leicht. Sein Blick glitt zu Schuldig und erblickte nicht das übliche Grinsen, sondern ein leichtes Lächeln. Ein angenehmes Gefühl breitete sich in ihm aus. Er spürte wie der Andere aufstand. Dann würde ihm eine Hand entgegen gestreckt. Zögerlich nahm er sich und mit Schwung wurde er auf die Beine gezogen, dass er leicht gegen Schuldig taumelte. „Schön das Gleichgewicht halten Chibi.“, neckte dieser den Kleinen etwas. Die einzig Antwort war ein Grummeln. „Noch eine Runde?“, fragte er und erntete ein erfreutes Nicken. Schnell war der Schlitten wieder nach oben verfrachtet worden. Die beiden folgten ihm langsamer. So gerne Nagi auch was anderes behaupten würde, es war wirklich angenehm und machte Spaß. Das sollte nicht der letzte Unfall bleiben. Um so mehr Tempo sie hatten, um so lustiger fand er es. Irgendwie wirkte auch Schuldig heute lockerer und nicht so angespannt wie sonst. Ihm gefiel diese Seite des Telepathen. Er wusste nicht wie lange sie immer wieder auf neue mit den Schlitten fuhren. Sie hörten auf als die Kälte sich nicht mehr vertreiben ließ. Schuldig zog den Kleine an sich und derigierte sie wieder in eine Richtung. Nagi folgte ihm und genoss es, sich mal nicht mit den Anderen zu schreiten, sondern ihm einfach nahe zu sein. Sie ließen eine ganze Weile. Als er ihre Wohngegend erkannte, stieg eine leichte Enttäuschung in ihm auf. Das war es jetzt schon? //Nicht so voreilig Chibi// Sein Blick wanderte zu Schuldig, der lächelte. Irgendwie mochte er das Lächeln lieber als dieses typische Grinsen. Er beobachtete ihn wie dieser die Tür aufschloss. Sofort stieg ihm der Angenehm Duft von Gänsebraten in die Nase. Leise hörte er Weihnachtsmusik laufen. Grinsend schloss Schuldig die Tür hinter den Kleinen, nahm seine Hand und zog ihn mit sich ins Wohnzimmer. Dort stand ein Tannenbaum. Er war sogar geschmückt. Nicht perfekt... er war weit entfernt, davon wirklich schön geschmückt auszusehen. Aber es sah so aus alsob sich jemand wirklich sehr viel Mühe gegeben hatte. Der Esstisch war schön gedeckt und auf den Coachtisch stand eine Schale mit Lebkuchen, Nüssen und anderen Süßigkeiten. Entgeistert schaute er sich um. Was war hier in seiner Abwesenheit nur geschehen? „Zieh dich erstmal etwas trockenes und warmes an.“, kam es ungewohnt sanft von Schuldig. Total überfordert mit dem was gerade passierte, trat er in sein Zimmer. Das hier war doch ihre Wohnung. Er war doch immer noch bei Schwarz. Sie hatten noch nie irgendwas weihnachtliches gehabt, gemacht bis auf Schuldigs Singerei. Nun stand da ein Baum in ihren Wohnzimmer. Schnell schlüpfte er aus seine Sachen und zog sich etwas warmes an um erstmal wieder warm zu werden. Seine Schritten führten ihn wieder zur Tür. Was ihn wohl jetzt noch erwartete? Er spürte ein leichtes Kribbeln eine leichte vorfreude. Weihnachten... Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, trat er wieder ins Wohnzimmer. Farf saß bereits am Tisch und schaute ihn ungeduldig an. Langsam ließ er sich ebenfalls an dem Tisch nieder. Kurz darauf setzte sich auch Schuldig dazu. Dann kam Brad mit dem Essen. Gans mit Rotkohl und Kartoffeln, dazu Knacker mit Grünkohl. Ein letztes Mal verschwand Brad in die Küche und brachte noch Kartoffelsalat und Würstchen mit. Wer sollte denn all das Essen? //Iss nicht zu viel. Später gibt es noch mehr// warnte ihn Schuldig in Gedanken schon mal vor. Als Brad sich gesetzt hatte, griff Farf bereits gierig nach den Schale und füllte sich seinen Teller. Die Anderen taten sich schließlich ebenfalls auf. Die Stimmung war heute anders als sonst. Nicht so kalt und distanziert. Vielleicht war Weihnachten doch gar nicht so schlecht. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. //Zufrieden Kleiner?// hörte er Schuldigs Stimme in seinem Kopf. Gleichzeitig begann dieser von dem Schlittenfahren zu erzählen. Nagi wurde leicht rot das war peinlich. Musste Schuldig das den Anderen erzählen? Er hatte sich doch. Leise hörte er Farfs Kichern. Sein Blick wanderte zu Brad und für einen winzigen Moment war es als würde sich ein warmes Lächeln auf seinen Lippen legen, doch dann wirkte er gleichgültig wie immer. Vielleicht war das hier nur eine etwas andere Familie. Nur weil Brad nicht seine Sorgen zeigte, hieß es nicht das er sich keine machte. Vielleicht machten sie dieses Weihnachtszeug nur wegen ihm. „Sooo~ Essen wir nun endlich den Plumpuding?“, kam es ungeduldig von Schuldig. Bevor Brad antworteten konnte hatte sich der Telepath schon an Nagi gewandt. „Wir nehmen von jeder Tradition das beste mit.“ Dieser zog nur eine Augenbraue hoch. Nagi stand draußen auf dem Balkon. Die Anderen hatten begonnen aufzuräumen. All das hatten sie nur wegen ihm gemacht. Manchmal sollte er wohl einfach nur ein normaler Teenager sein. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass sie so aufmerksam waren. Oder hatte er es schon immer gewusst und hatte es sich nur nicht eingestehen wollen? Aus Angst wieder zu verlieren? „Aber wir sind Schwarz und Schwarz verliert nicht. Das solltest du niemals vergessen Nagi.“,sagte Schuldig, während er zu ihm nach draußen trat. Nagi drehte sich zu ihm um. Er musste sich wohl eingestehen, dass sie nicht nur irgendwie seine Familie waren, sondern eine richtige Familie waren. Seine Familie... Sein Blick wanderte zu Schuldig, was er wohl für ihn war? Ein kleiner Bruder? Oder vielleicht doch … „Wie wärs mit einem richtigen Date nächstes Jahr?“, hauchte Schuldig in sein Ohr. Bitte lass es mehr sein. Viel mehr … Er schloss die Augen. Er spürte seine Nähe, seinen Atem und im hintergrund ganz leise hörte er Jingle Bells. Das Lied war vielleicht gar nicht so schlecht wie er dachte. //Mehr … Sehr viel mehr, Chibi// Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)