Missing Leonardo von Sho-Lin-Na (Ezio/Leonardo, (Altaïr/Malik)) ================================================================================ Kapitel 13: Kapitel 4.3 - Vom Regen in die Traufe - oder ins Feuer? ------------------------------------------------------------------- Etwas betröppelt lies sich Ezio am Stammtisch der Gaststätte nieder. Er fühlte sich hier so fehl am Platz wie noch nie in seinem Leben. Wie hatte er nur in eine solche Situation geraten können? Wie konnte er daraus jetzt am geschicktesten wieder entkommen? Ihm gegenüber saß der Wirt, ein freundliches Lächeln aufgesetzt. „Buon' giorno, habt Ihr gut geschlafen?“, begrüßte er den noch immer fassungslosen Assassinen. Der sonst so wortgewandte Auditore wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Was wusste der Wirt? Was erwartete er von ihm? „Nun … ehm. Die Nacht war … angenehm...“, konnte er das so sagen?, „Nur der Morgen hielt einen … Schrecken … für mich bereit.“ Amüsiert lachte der kugelige Mann auf. „Wieso denn das? Was ist passiert?“ Unsicher berichtete Ezio, was in der vergangenen Nacht geschehen war. Dabei leckte er sich immer wieder nervös über die trockenen Lippen. „Seht Ihr, Eure … liebreizende Tochter hat … die Nacht mit mir verbracht. Bitte seid nicht erzürnt! Sie tat dies aus eigenem Willen heraus.“, die beiden letzten Sätze fügte er schnell hinzu, als könne er damit alle Schuld von sich weisen. Etwas besorgt wartete er die Reaktion des Wirtes ab, die jedoch nur in einem auffordernden Kopfnicken bestand. Er wollte wissen, was als nächstes geschehen war und lauschte aufmerksam. Ezio konnte seine Mimik nicht deuten. So fuhr er mit staubtrockener Kehle fort: „A-als wir dann im Morgen erwachten, nannte ich sie bei ihrem Namen, worauf hin sie meinte ...“ Er stockte. Noch immer saß der Schock tief. Verunsichert sah er wieder den Wirt an. „Was meinte meine Tochter?“ „Sie meinte, wir … sie meinte, wir könnten nun hei...raten...“, brachte der Auditore mühsam hervor. Einen Herzschlag lang musterte der Wirt ihn eingehend, dann brach er in schallendes Gelächter aus. Er warf den Kopf in den Nacken und brüllte förmlich vor Lachen. Ezio verstand die Welt nicht mehr. Als Vater müsste er doch normalerweise tierisch wütend auf ihn sein, da er die Nacht mit seiner Tochter verbracht hatte, ohne sie überhaupt zu kennen. Er sollte ihn eigentlich verprügeln und zur Heirat zwingen, oder vom Hof verjagen. Doch er tat nichts dergleichen. Er saß ihm einfach nur gegenüber, schnappte inzwischen schon nach Luft vor lauter Lachen, japste dann vergnügt auf und war offensichtlich über diese Geschichte amüsiert. Ab und an schüttelte er seinen kahlen Kopf, während er sich den runden Bauch hielt. Doch er antwortete nicht, was Ezio nur umso nervöser machte. Schließlich schlug er ihm fast schon väterlich mit seiner Pranke auf den Unterarm, einem Tätscheln gleich. In seinen Augenwinkeln standen schon Lachtränen und er keuchte, als er sich endlich wieder fasste. „Oh, Junge, das tut mir wirklich Leid, dass meine Tochter dir einen solchen Schrecken eingejagt hat!“, durch diese Geschichte schien er sich auf seltsame Weise mit Ezio verbunden zu fühlen, sodass er zum Du wechselte. Ezio hatte das Gefühl, der Wirt betrachte ihn nun als eine Art Sohn, den es zu beschützen galt. „Weißt du, bei jedem zweiten Gast auf Durchreise versucht sie auf diese Weise einen Lebenspartner zu finden und schnell an sich zu binden. Weißt du, hier im Dorf ist sie für ihre … nun ja, wie soll ich sagen, Eigenart … bekannt. Deshalb meiden sie die jungen Männer hier. Daher bleiben nur die Gäste, die zu uns kommen. Doch da diese meist schnell wieder fort sind, versucht sie es mit dem schlechten Gewissen, was nur eine Frau einem Mann einreden kann. Wenn ich dir einen Rat geben darf: Gib nicht zu viel auf das, was meine Tochter sagt. Ich hatte gedacht, ich hätte dich vor ihr gewarnt … scheinbar hat es nicht gereicht!“, er lachte ein grollendes Lachen, tief aus dem Bauch heraus. Und Ezio starrte ihn schwer gläubig an. So eine Reaktion hätte er sich in all seinen Träumen nicht ausdenken können. Hieß das, er war außer Gefahr? Er war sich noch nicht ganz sicher und wartete deshalb lieber, Erleichterung zu empfinden. „Bitte, signore, nicht, dass Ihr mich falsch versteht. Ich mag Eure Tochter wirklich gut leiden, doch ich kann sie bedauerlicher Weise nicht heiraten.“ Jetzt gluckste der Wirt und mit, wie Ezio vermutete, gespielt ernster Stimme fragte er zurück: „Bedauerlicher Weise, hm? Und wieso kannst du sie bedauerlicher Weise nicht heiraten, mein Sohn?“ Der Assassine öffnete den Mund, um zu einer Antwort anzusetzen, doch es kamen ihm keine Worte über die Lippen. Was sollte er nur sagen? Er fühlte sich momentan nicht wie der große Assassine, der er war, der Befehle erteilte, statt sie zu befolgen. Nein, er fühlte sich wie ein kleiner Junge, unsicher und mit geringem Selbstbewusstsein. Sein Herz begann schneller zu schlagen, als er sich wie in die Enge getrieben fühlte. „Nun, ehm … wisst Ihr … ich kann sie nicht heiraten, weil … weil … weil mein Herz schon jemandem gehört.“ Ein gutmütiger, väterlicher Ausdruck trat in den Blick des rundlichen Mannes. Verständnisvoll nickte er. „Ich verstehe. Nun, wie gesagt, mach dir wegen meiner Tochter keine Sorgen. Sie ist zwar liebreizend und unheimlich nett, doch selbst als ihr Vater muss ich sagen, dass sie nicht mehr ganz zurechnungsfähig ist...“ Erleichtert atmete Ezio auf. Wie es schien, kam er nochmal mit einem blauen Auge davon. „Du solltest aber bald aufbrechen, bevor meine Tochter davon erfährt...“, riet der Wirt. Zustimmend stand Ezio auf und ging schnellen Schrittes zur Tür. Davor drehte er sich noch einmal um, lächelte den Mann dankbar zu und erhob die Hand zum Gruß. Der Wirt erwiderte den Gruß. Als Ezio sich wieder zum Gehen wandte, rief er zum Abschied: „Habt Dank für alles!“ In diesem Moment öffnete sich die Tür und eine zornige Maria stand vor ihm. Ehe der Assassine auf die veränderte Situation reagieren konnte, spürte er einen stechenden Schmerz am Kopf und ihm wurde schwindelig. Er taumelte einige Schritte rückwärts, ehe er mit dem Rücken gegen eine Wand stieß und sich an ihr hinab gleiten ließ. Maria kam auf ihn zu. In ihrem Gesicht konnte Ezio ihre Wut ablesen. Erst jetzt erkannte er, dass sie eine Bratpfanne in der Hand hielt. Damit musste sie ihn geschlagen haben! „Ezio Auditore! Wo willst du hin?! Was heißt hier bitte 'Danke für alles'?! Hast du etwa vergessen, dass du mich heiraten willst?“ Hilfesuchend sah der geschlagene Assassine zu dem Wirt hinüber. Dieser verstand sofort und kam mit diplomatisch erhobenen Händen auf seine Tochter zu. „Maria, Liebes, Ezio wollte gerade in die nächste Stadt aufbrechen, um für eure Hochzeit alles vorzubereiten...“ Augenblicklich hellte sich Marias Miene auf, es war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Hatte sie ihm eben noch Angst eingeflößt, so war sie nun wieder das unbeschwert herum tänzelnde, naive Mädchen der vergangenen Nacht. „Ist das wahr? Oh, Ezio, es tut mir so leid! Wenn ich das gewusst hätte!“ Ezio war nicht wohl bei dem Gedanken, das arme Mädchen dermaßen anzulügen. Er war erstaunt, dass eine eben solche Lüge vom Vater höchstpersönlich kam. Doch er konnte dabei nicht mitspielen. Demütig senkte er den Blick. Er konnte dem armen Mädchen nicht in die Augen sehen. „Nein, Maria. Das stimmt so nicht. Die Wahrheit ist, ich habe mein Herz bereits an jemand anderes verloren. Aus diesem Grund kann ich dich nicht heiraten.“ Erneut tauschte Maria ihr Gesicht, doch entgegen Ezios Erwartung war sie nicht wütend, sondern ein trauriger Ausdruck lag in ihren Zügen. Mit verständnisvollen Augen sah sie ihn an. „Si. Das ist etwas anderes. Du liebst bereits eine Andere. Da kann ich natürlich nichts machen. Gegen die Liebe bin ich machtlos. Va bene, dann hoffe ich für euch beide, dass ihr glücklich miteinander werdet... a presto, amore mio.“ Schon tänzelte sie mit ihrer Bratpfanne von dannen und ließ ein zweites mal an diesem Morgen einen verwirrten Ezio zurück. Nachdem er verstanden hatte, was hier gerade passiert war, wandte er sich ungläubig an den Wirt, der ihn anerkennend anlächelte. „Du hast es geschafft, mein Sohn, du bist frei! Nun geh zu deiner Herzensdame und richte ihr schöne Grüße aus!“ Lächelnd stand Ezio, der noch immer an der Wand lehnte, auf und ging erneut zur Tür. Dann fiel ihm noch eine Frage ein. „Was hat Maria eigentlich draußen gemacht?“ „Sie hat sich um dein Pferd gekümmert.“ „Und wozu brauchte sie da eine Bratpfanne?“ Jetzt schmunzelte der Wirt. „Die trägt sie in solchen Fällen immer mit sich herum, falls ihr 'Opfer' auf die Idee kommt und fliehen will...“ Unbarmherzig trieb Ezio seine Stute vorwärts. Er wollte so schnell wie möglich viele, viele Meilen zwischen sich und dieses kleine Dorf bringen. Noch immer war er verwirrt und nicht ganz bei sich. Was war nur mit diesem Mädchen? „Hunderte Wachen können mich nicht in die Knie zwingen, doch eine einzige Frau schafft es innerhalb weniger Sekunden...!“ Es war eine peinliche Erfahrung für den Assassinen. Sein Onkel würde jetzt gewiss sagen, es sei ebenso eine lehrreiche Erfahrung und er sollte daraus Nutzen für sich ziehen, doch für Ezio war es schlicht weg nur beschämend. Und die Tatsache, dass er erleichtert war, dieser Frau entkommen zu sein, trug nicht gerade zu einem besseren Selbstwertgefühl bei. Er war geflohen, hilflos, vor einer Frau! Zähne knirschend trieb er sein Pferd noch mehr an. Das arme Tier war schon am Äußersten, doch das bemerkte er gar nicht. Ebenso wenig nahm er Notiz von den Schlammspritzern, die das Fell seiner Schimmelstute beschmutzten, bis kaum mehr weiß zu sehen war. Auch Ezios Kluft war besudelt von dem regennassen Matsch. Noch immer hingen schwere Wolken am Himmel und drohten mit einem weiteren Wolkenbruch. Doch sie drohten nur. Nie wieder würde er in dieses kleine Dorf zurück kehren. Er konnte heil froh sein, dieses Mal noch entkommen zu sein. Zum Glück hatte er die richtigen Worte gefunden, damit Maria ihn gehen lassen musste. „Und ich habe noch nicht einmal gelogen! … Ich habe gespürt, dass es die Wahrheit ist … mein Herz hat es mir gesagt!“ Tief in Gedanken versunken preschte der Assassine die schlammige Straße entlang. Er hatte schon viel zu viel Zeit verloren! Wenn Leonardo irgendetwas zu stoßen sollte, könnte er sich das niemals verzeihen. Er sah den quirligen Künstler vor sich, wie er übereifrig in seinem Chaos hin und her eilte, dies holte, das machte und mit tausend Dingen zugleich beschäftigt schien. Dabei versprühte er stets tiefste Euphorie und murmelte Sachen vor sich her, von denen Ezio nichts verstand. Bei dem Gedanken an seinen besten Freund musste der Assassine schmunzeln. Er war ein kleiner Sonnenschein in Ezios Leben und schaffte es stets mit seiner bloßen Anwesenheit, dass der Assassine sich besser fühlte. Leonardo war nicht nur ein begnadeter Künstler und Wissenschaftler, sondern auch ein ausgesprochen guter Freund. Wie oft hatte er ihm schon geholfen? Wie oft hatte er ihn oder seine zerbrochene Ausrüstung wieder zusammengeflickt? Und wie oft hatte Ezio ihm dafür gedankt? Wenn er so darüber nachdachte, wurde ihm schwer ums Herz und er wurde sich bewusst, dass er einen solchen Freund wie Leonardo, der nur gab und niemals etwas dafür verlangte, einfach nicht verdient hatte. Er schwor sich, Leonardo für alle Unannehmlichkeiten um Entschuldigung zu bitten, sobald er bei ihm ankam. Dieser Gedanke trieb ihn wieder schneller vorwärts. Er wollte den Rest des Weges nun so bald als möglich hinter sich bringen. Doch wie das Schicksal nun mal spielt, wurde der junge Auditore erneut auf seiner Reise aufgehalten: Sein Weg führte über eine steil abfallende, tiefe Schlucht, deren einziger Übergang für 20 Meilen in beide Richtungen eine hölzerne Brücke war. Jedoch brannte diese lichterloh, als der Assassine sie erreichte. Seine Stute stieg und warf ihn beinahe ab. Nur mit Mühe konnte er sich im Sattel halten. Er riss die Zügel herum, damit sein Pferd das Feuer nicht mehr sehen konnte und sich somit langsam wieder beruhigte. Schließlich sprang er aus dem Sattel und wagte sich vorsichtig näher an die brennende Brücke. „Merda! Was ist hier denn passiert?“ Zähne knirchend stellte er fest, dass der mittlere Teil der Brücke bereits durchgebrochen war. Über diese Bretter sollte sich besser keiner mehr wagen, und sei er ein noch so begabter Kletterer. Fluchend ging er zu seiner Stute zurück und stieg auf. Der Umweg um die Schlucht herum würde ihn einen weiteren halben Tag kosten. Plötzlich flackerten die Bäume, an denen er vorbei ritt. Verwirrt zügelte er seine Stute und starrte die Bäume an. Das Flackern breitete sich schnell aus, den Stamm hinab, über das Gras, an den Steinen entlang, bis hin zum fernen Horizont. Bald flackerte alles um Ezio herum. Vom zu Sehen bekam er schreckliche Kopfschmerzen. „Ma che...?“ Erst das Feuer und dann hier das? Was war hier los? Wer hatte sich gegen ihn verschworen? Ezio kniff die Augen zusammen, um dem Flackern zu entgehen. Doch es nutzte nichts. Vor seinen Augen flackerte es ebenfalls. Ihm wurde heiß, Schweiß trat auf seine Stirn. Sein Körper schien in Flammen zu stehen. Alles schmerzte ihm. Mit einem heißerem Schmerzensschrei riss er die Augen auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)