Unmei no Akuma von Ascian_Dragon (Searching after the Memories) ================================================================================ Prolog: Prolog - Der Beginn --------------------------- Die Nacht brach herein. Die Stadt London schlief bereits, kein Licht brannte, nur die Straßenlaternen beschienen die Wege jedoch recht matt, sodass es ein wenig unheimlich wirkte. Sollte noch Jemand draußen auf den Straßen herum lungern, würde dieser Jemand kein normaler Bürger sein, denn in letzter Zeit lauerten viele unsittliche Gestalten umher, furchteinflößend und brutal. Man hörte die Raben zum letzten Mal krähen, ehe diese in eine Himmelsrichtung verschwanden und London der Dunkelheit überließen. Es war nicht mal lange her, seit es einen Riesentumult um den Trancy Jungen gab. Sein Körper wurde tot im Wald aufgefunden. Von seinen Angestellten keine Spur. Auch Ciel Phantomhive war mit seinem Butler verschwunden. Und genau deswegen schlich sie durch die Straßen. Mit einer kleinen Tasche ausgerüstet wanderte die Gestalt der Mauer entlang und schien zu überlegen, welchen Weg sie einschlagen sollte. „Verdammt… Die Aura wird immer schwächer…“ murmelte eine helle Stimme und als die Gestalt ins Licht trat, erkannte man die Umrisse eines Mädchens. Es huschte jedoch schnell zurück in die Dunkelheit, als ein Streifenwagen vorbei fuhr. Es wollte nicht erwischt werden, nicht bevor es sein Ziel erreicht hatte. Als der Wagen fort war, setzte das fremde Mädchen seinen Weg fort. „Bis hierher reicht die Spur noch… Sind sie aus England geflüchtet?“ fragte es sich leise. Abrupt blieb es stehen. Da war doch was. Die junge Frau schluckte und als sie sich umdrehte… war nichts. Seufzend machte sie den Absatz kehrt und wollte weitergehen, als vor ihr Jemand stand. Erschrocken stolperte sie rückwärts und steuerte schmerzhaft auf den Boden zu. Der Mond, der bislang hinter den Wolken versteckt war, traute sich heraus und erfüllte London mit seinem matten Mondschein. Dieses Licht reichte vollkommen aus, um zu erkennen, wer vor dem Mädchen stand: Rotes Haar, Brillenträger und Kettensäge… „Ein verrückter Irrer…“ murmelte das Mädchen und seufzte. Dieser fuhr sich durch das Haar und schnaubte. „Was denn, ein Menschenkind? Was machst du hier ganz allein?“ fragte der komische Typ, der sich jedoch sehr feminin verhielt. Die Kleine stand auf und klopfte sich den Dreck von den Klamotten. „Ich bin auf der Suche nach Jemanden.“ war die Antwort. Sie verschränkte ihre Arme vor sich und musterte den Kerl. „Und Sie…? Sie sehen mir recht verdächtigt aus… Oder machen Sie immer anderen Angst mit ihrer Attrappe von einer Kettensäge?“ wollte sie wissen. Der Brillenträger gab nur ein „Tch“ von sich und seufzte. „Eigentlich habe ich gehofft, Sebasu-chan zu treffen, aber er ist wie vom Erdboden verschluckt… Ich kann ihn gar nicht mehr aufspüren…“ murmelte er schwärmend und drehte sich einmal. Das Mädchen zog eine Augenbraue nach oben. „Interssant… Ich hoffe, Sie finden ihren… Sebasu…-chan wieder.“ sagte es und wollte weitergehen. Der komische Kerl sah ihm nach. „Ein wirklich außerordentlich merkwürdiger Typ…“ nuschelte es vor sich hin, ehe eine Stimme in seinem Kopf ertönte: »Achtung!« Die Kleine sprang zur Seite, als eine Kettensäge auf sie zu raste und in den Boden gerammt wurde. Erschrocken sah sie zu den Typen, der sie hielt. „Halt!“ knurrte er und zog seine Waffe aus dem Stein. „Ich habe eine Dämonenaura gespürt und bin ihr bis hierher gefolgt. Aber anstatt meinen geliebten Sebasu-chan zu treffen, treffe ich auf dich… Wer bist du?!“ fauchte er und hielt ihr seine Waffe entgegen. Er wirkte ernst. Doch woher wusste er das? Das Mädchen verengte die Augen, im nächsten Moment lachte es. „M-Moment mal… Was sagen Sie da? Ich bin doch kein Dämon!“ Dies entsprach halbwegs der Wahrheit. Doch glauben wollte man ihm diesmal nicht. Der Rothaarige stürzte sich auf ihn und schlug ihn erst einmal, sodass es ohnmächtig wurde. Kapitel 1: Der Dämon in ihr --------------------------- „Ich kann gut auf deine Hilfe verzichten… Ich werde hier raus kommen… und Phantomhive finden!“ zischte sie und setzte sich in die hinterste Ecke der Zelle, die Arme vor sich verschränkt und die Augen geschlossen. Sie dachte nach. Sie lehnte ihren Kopf an der steinernen Wand und starrte auf die gegenüberliegende Wand. Der Schatten war verschwunden und nun war sie allein. Sie vermutete, dass sie die Einzige hier war, denn Stimmen von anderen Gefangenen hörte sie nicht. Es dauerte nicht lange, als sie Schritte vernahm. Sie tat so als ob sie schlafen würde. Die Schritte stoppten vor der Gittertür. „Senpai… Meinst du nicht, dass es etwas übertrieben ist, ein Kind gefangen zu halten?“ fragte eine Männerstimme. „Spürst du es denn nicht?“ fragte eine andere strengere Stimme. Man hörte Jemanden schlucken. „J-Ja aber…“ „Wir können nicht zulassen, dass ein Dämon sein Unwesen in der Stadt treibt… Wir müssen sie überprüfen und gegebenenfalls eine Entscheidung fällen, was wir mit ihr machen.“ erklärte diese Stimme und der Mann ging weg. Der andere schien Vhil zu mustern, ehe er dem anderen folgte. Sofort öffnete die Gefangene ihre Augen und schlich sich zum Tor. Sie zog eine kleine Haarnadel aus ihrem Zopf heraus und begann damit im Schloss herumzustochern. Der Schatten neben ihr tauchte erneut auf. „Denkst du wirklich, dass diese Leute auf diesen alten Trick hereinfallen?“ fragte er gelangweilt. „Sei still. Ich kann hier nicht rum sitzen und nichts tun! Ich muss ihn finden…“ „Warum bist du so versessen, diesen Jungen zu finden?“ „Er…“ Sie stoppte und arbeitete stumm am Schloss weiter. Der Schatten seufzte und flog in das Schloss, welches kurz danach aufging. Vhil lächelte leicht. „Danke, Maru!“ flüsterte sie und machte leise das Tor auf. Vorsichtig krabbelte sie heraus, alle Seiten musternd, ob die Luft rein war. Sie stand auf und rannte zur Treppe. »Keiner ist in der Nähe…« murmelte die Stimme, die dem Schatten gehörte. Das Mädchen nickte und es schritt langsam die Stufen hinauf. Eine weitere, metallene Tür war am Ende der Treppe. Also befand es sich im Keller. Es öffnete diese, da sie nicht verschlossen war und schlich hinaus. Die Kleine stand nun in einem hellen leeren Zimmer mit großen Fenstern. Sofort schnellte sie dort hin und versuchte eines der Fenster zu öffnen, doch keine von denen hatte einen Griff. Sie sah sich um, entdeckte einen Stuhl, hob ihn über ihren Kopf und warf ihn gegen das Glass. Doch es zersprang nicht. „W-Was?!“ „Denkst du wirklich, dass du aus unserem Hauptquartier entkommen kannst?“ erklang die strenge Stimme von vorhin. Vhil drehte sich um und erblickte einen schwarzhaarigen Brillenträger, der an der Tür stand, die zum Kerker führte. „Ihr… habt darauf gewartet, dass ich abhauen will?!“ wollte sie wissen und knirschte mit den Zähnen. „Natürlich… Eigentlich habe ich erwartet, dass du deine dämonischen Kräfte einsetzt, aber wie es scheint, besitzt du keine, sondern dein Partner, habe ich recht?“ fragte er weiter. Vhil stutzte, ballte ihre Hände zu Fäusten, doch dann lockerte sie diese wieder und sie verschränkte die Arme vor sich. „Du scheinst kein normaler Mensch zu sein, Mister.“ sagte sie frech grinsend und neben ihr erschien der Schatten, der im nächsten Moment eine menschliche Gestalt annahm. Er sah ihr recht ähnlich, nur hatte er recht dunkles Haar und kristallblaue Augen. Sein Outfit glich dem eines Butlers, nur trug er weder eine Krawatte noch eine Fliege. „Wie kommt es, dass du nicht umherwandelst, wie gewisse andere Dämonen, die einst hier in London gelebt haben?“ wollte der Brillenträger wissen. Der Gefragte lächelte nur. „Ich bin ein Dämon, der einen sehr langen Schlaf hinter sich hatte. Meine Kräfte sind noch nicht komplett, als dass ich einen eigenen Körper halten könnte.“ erklärte er und blickte zu seiner Wirtin, welche nun recht säuerlich dreinschaute. „Hör mit dem Geplapper auf, Martin. Sorg dafür, dass ich hier rauskomme! Und wenn du diesen Typen umbringen musst!“ befahl sie und zeigte auf den Fremden. Dieser seufzte nur und richtete sich die Brille. „Ich würde gerne Gewalt vermeiden. Eigentlich wollte ich dich nur befragen. Die Sache mit dem Dämonen scheint klar zu sein.“ Er wandte sich um und schritt auf eine andere Tür zu. Als er diese öffnete, drehte er seinen kopf zu Vhil. „Folge mir bitte.“ sagte er und verschwand. Die Türkishaarige schnaubte. „Warum sollte ich?“ „Ojou-sama… Wenn ich etwas sagen dürfte…“ murmelte ihr Partner, der sie ernst ansah. „Vielleicht wissen diese Leute, wo sich der Junge aufhält… Schließlich kennen sie seinen Butler.“ Vhil machte große Augen und blickte zu den anderen. „Woher… willst du das wissen?“ „Nun, dein Entführer meinte doch, er wollte einen ‚Sebasu-chan’ treffen. Ich denke, er meinte damit Sebastian Michaelis, den Dämonenbutler von Ciel Phantomhive.“ „Und… das sagst du mir erst JETZT?!“ fauchte die Kleinere und stapfte dem Brillenträger wütend hinterher. Martin lächelte nur und verschwand wieder. In einem weiteren Raum saß der Schwarzhaarige bereits auf einer Couch. Er deutete Vhil auf den Platz vor sich. Diese setzte sich an die gegenüberliegende Couch, jedoch nicht direkt vor ihm, sondern weit am Ende. Sie überschlug ihre Beine und sah ihn nur wütend an. „Nun gut, ich hoffe doch, dass ihr mich dann gehen lässt.“ knurrte sie nur und blickte zur Seite. Dies ignorierte der andere und blätterte in einem Notizbuch herum. Es herrschte ein langes Schweigen. „Wie heißt du überhaupt?!“ wollte die Kleine wissen. „Du scheinst sehr wenig Respekt vor Älteren zu haben, wenn du mich einfach so duzt.“ entgegnete der Brillenträger. Vhil schnaubte. „Ich hege keinen Respekt gegenüber Leute, die mich grundlos gefangen nehmen! Wenn ihr mich in ein Heim stecken wollt, vergesst es!“ zischte sie nur. „Es interessiert mich herzlich wenig, was mit dir passiert.“ gab der andere zu. „Na wenigstens ist er ehrlich.“ knurrte die Kleine nur. „Mein Name ist William T. Spears. Ich bin ein Shinigami und der Leader hier.“ „Shinigami?“ wiederholte Vhil überrascht. „Ist das eine Sekte?!“ „Nein… Wir sind Todesgötter, die den Menschen ihre Seelen nehmen, wenn die Zeit dafür reif ist.“ Die Kleine war nun neugierig. „So was tut ihr?“ fragte sie und machte große Augen. „Also ihr sammelt die Seelen der Toten ein?“ „Genau.“ „Und warum haltet ihr mich gefangen?!“ „Nun, wir haben es einmal mit einem Dämonen zu tun gehabt… Deswegen sind wir sehr vorsichtig, was diese Wesen betrifft. Wir beschützen die Menschen, solange ihre Zeit noch nicht gekommen ist.“ erklärte Will ruhig. Vhil erhob sich. „A-Also müsst ihr diesen Sebastian begegnet sein!“ rief sie und sah den anderen ein wenig hoffnungsvoll an. „Ja.“ war die Antwort. „Und ihr habt eine Ahnung, wo er sich jetzt aufhält?!“ „Nein.“ Vhil zog die Augenbrauen zusammen. „Nein?“ wiederholte sie verwirrt. „Wenn ihr Dämonen aufspüren könnt, solltet ihr doch in der Lage sein, ihn zu finden!“ „Meine Frage an dich…“ kam es von dem Älteren, sodass die Kleine erst einmal zusammen zuckte. „Warum willst du nach diesen Dämonen suchen?“ Sie setzte sich wieder hin und blickte zur Seite. „Ich… habe meine Gründe.“ „Und die wären?“ Vhil schwieg und sah zur Seite. „Die verrate ich dir bestimmt nicht!“ William blickte noch immer ins Notizbuch und schien sich weitere Fragen zu überlegen. „Willst du ihn töten?“ „Kommt darauf an, was er mir zu sagen hat!“ brummte die Kleine vor sich hin und sah aus dem Fenster. „Also andere Menschen tötest du nicht?“ „Warum sollte ich? Andere Menschen, die mit meinem Ziel nichts zu tun haben, interessieren mich nicht.“ „Was hat es mit den Dämonen in dir auf sich?“ „Wieso willst du das wissen? Ich dachte, eure Aufgabe ist es, Menschenseelen zu sammeln und sie solange zu beschützen, bis die Zeit reif ist. Ich hege kein Interesse an andere Menschen, also lass mich gehen!“ fauchte die Gefangene und wandte erneut den Kopf zur Seite, da schoss eine Heckenschere genau an ihrem Gesicht vorbei in die Couch. Vhil sprang erschrocken auf und verengte die Augen, als sie Will ansah, welcher seine Waffe wieder zurückzog. „Solange du eine mögliche Gefahr für die Menschen darstellst, kann ich dich nicht einfach gehen lassen.“ entgegnete der Brillenträger und erhob sich ebenfalls. „Sagte ich nicht bereits, dass ich hinter jemanden her bin, der schon länger kein Mensch mehr ist?“ Vhil hob ihren Arm und ihre Augen leuchteten pink auf. „Maru, ich denke, wir haben keine andere Wahl…“ murmelte sie und um ihren Arm schwebte der Schatten, der sich zu einem Schwert formte. „Du nutzt also seine Kräfte und er wird zu deiner Waffe… So etwas erlebe ich auch nicht oft.“ stellte er fest und rückte sich seine Brille zurecht. „Du befindest dich im Quartier der Shinigami, glaub nicht, du könntest gegen uns gewinnen.“ Er sprang in die Luft und attackierte erneut mit seiner Heckenschere. Vhil wich aus und rollte sich weg. „Fuego!“ rief sie und das Schwert in ihrer Hand fing Feuer und verschlang die Waffe vollkommen. Sie schwang ihren Arm nach vorn, sodass die schwarzen Flammen auf William zu steuerten. Er wich gerade noch aus. Die Türkishaarige nutzte die Chance und rannte zu der anderen Tür. Sie riss diese auf, spürte jedoch einen harten Schlag am Nacken. Sie taumelte noch etwas und fiel zu Boden. „Ojou-sama!“ rief Martin, der sich wieder zurück in seine Schattengestalt verwandelt hatte und wieder in den Körper seiner Meisterin verschwand. „Was für eine Verschwendung an Kräften…“ ertönte Grell Sutcliff’s Stimme. Er war es, der die Kleine zum Schweigen brachte und starrte auf die Bewusstlose. „Was machen wir mit ihr, Willi?“ fragte der Rotschopf seinen Vorgesetzten. Dieser seufzte nur. „Ich denke, wir behalten sie ein wenig im Auge. Wer weiß, was sie wirklich vor hat.“ murmelte er und starrte kurz in das Notizbuch, ehe er es in seine Tasche verschwinden ließ. Sie hörten Schritte hinter sich und erblickten einen Blondschwarzhaarigen, der die beiden nur seufzend musterte. „Ihr habt keine Manieren gegenüber Frauen…“ murrte er nur und hob das Mädchen auf die Arme. Grell rollte mit den Augen. „Mich interessieren Frauen überhaupt nicht!“ gab er zu und sah eingeschnappt weg. „ Bei dir wundert es mich auch recht wenig, Senpai…“ murmelte Ronald Knox, der die Kleine auf die Couch legte. „Ich würde gerne wissen, was sie vorhat, nachdem sie den Jungen gefunden hat…“ murmelte Grell und stemmte seine Hände in die Hüfte. „Nun… nicht nur du willst es wissen…“ meinte William, das Mädchen eine Weile musternd. „Ich glaube, das werden wir nicht sofort erfahren…“ Kapitel 2: Shinigami -------------------- Vhil öffnete die Augen. Es war recht dunkel und sie brauchte einige Minuten, um zu realisieren, dass sie sich wieder in der Zelle befand. „Uh…“ machte sie und fasste sich an den Kopf, der stark zu pochen begann, als sie sich aufsetzte. „Was war…“ Sie verstummte, als sie sich wieder erinnerte. Sie hatte sich mit diesem komischen Typen gefetzt und auf einmal hatte sie einen Schlag gespürt, sodass sie bewusstlos wurde. Sie rieb sich den Nacken und starrte auf das Gittertor. Als sie dort hinkrabbelte und das Tor berührte, schossen Blitze durch ihren Körper. Mit einem Aufschrei fiel sie zurück und ihr Herz begann zu rasen. „Sind diese Typen nun völlig durchgeknallt?!“ fauchte sie und blieb eine Weile sitzen, da ihr schwindelig wurde. Der Schatten in ihr erschien vor ihr, jedoch war er recht kleiner als zuvor. „Meine Kräfte sind abgeschwächt… Anscheinend ist das Gitter mit einem Siegel versehen…“ meinte er und seufzte. Vhil senkte den Blick und zog ihre Knie an sich. Sie zog eine Kette unter ihrem Kragen hervor und blickte auf eine kleine Uhr, die an dieser hing. Diese öffnete sie und eine leise Melodie war zu hören. Die Türkishaarige hörte dieser eine Weile zu, ehe sie Schritte vernahm und die Uhr zuklappte. Böse funkelnd blickte sie zu der Person auf, die nun vor dem Gitter stand und machte vor Überraschung große Augen. Diesmal war es weder der Rothaarige Spinner, noch der strenge Leader, sondern vor der Zelle stand ein zweifarbiger junger Mann, der sie freundlich anlächelte. „Wie geht’s dir?!“ fragte er und hatte ein Tablett bei sich. Vhil blinzelte einige Male, ehe sie ihn wütend ansah und schwieg. Ronald lächelte unsicher und seufzte zugleich. „Ich entschuldige mich für meine Vorgesetzten, die haben einfach keine Ahnung, wie man mit einer Lady umgeht.“ sagte er, ehe er das Tor aufschloss und die Zelle betrat. Vhil beobachtete ihn derweil und überlegte, wie sie das Siegel umgehen könnte. Ronald legte das Tablett neben ihr auf dem Boden und kniete sich vor ihr hin. „Alles okay? Du hast dich sicher erschreckt… Das Siegel wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen, aber-“ Er wurde unterbrochen, in dem sich Vhil auf ihn stürzte und somit auch die Schüssel und den Becher auf dem Tablett umstieß. Ronald sah sie erschrocken an, er selbst lag auf dem Rücken, Vhil saß auf ihm, die Hände umfassten seine Arme und ihre Strähne fiel auf seine Schulter. „Ich habe keine Lust, hier meine Zeit zu verschwenden! Du wirst mir hier raus helfen!“ Der Liegende war mit der Situation ein wenig überfordert, er wusste nicht, was er tun sollte, vor allem wusste er nicht, wie er mit einem Kind kämpfen sollte. Doch bevor er sich den kopf darüber zerbrach, wurde Vhil von ihm weggerissen und gegen die nächste Wand gedonnert. Ronald sah nur rotes Haar über sich wehend und setzte sich auf. „Senpai…“ murmelte er, sich den Kopf reibend. Dieser seufzte nur. „Du bist nutzlos, wenn es um kleine Mädchen geht…“ meinte Grell und rollte mit den Augen. Vhil hatte das Gesicht vor Schmerz verzerrt und als sie auf ihre Hand blickte, entdeckte sie Blut. Sie weitete die Augen. „Hör endlich auf, unsere Nerven zu strapazieren! Entweder du wartest, bis Willi eine Lösung für dich gefunden hat oder du stirbst!“ Sie blickte zu Grell auf und senkte den Blick. Sterben? Hier? Nein. Sie wollte auf gar keinen Fall sterben, nicht bevor sie ihr Ziel erreicht hatte. Ihr wurde wieder schwindelig. Sie schloss die Augen und kroch zur Ecke der Zelle, die Knie an sich gezogen und den Kopf zur Wand gerichtet darauf legend. Sie hörte, wie die beiden Männer aus der Zelle gingen und das Tor schlossen. „Und du solltest nicht so leichtsinnig in die Zelle gehen, sie mag zwar kein Dämon sein, aber sie ist dennoch gefährlich!“ zischte der Ältere und stapfte davon. Ronald stand noch vor der Zelle und sah seufzend zu dem Mädchen. Diese rührte sich nicht. Als auch der andere wegging, war es still. »Ojou-sama…« erklang Martins Stimme. Doch Vhil reagierte nicht, sondern kämpfte dagegen an, nicht loszuheulen. Sie umklammerte die Uhr, die sie bei sich trug und kurze Zeit später war sie eingeschlafen. „Ich finde das unfair!“ zischte Ronald, als er bei den anderen im Gemeinschaftsraum saß. Er wirkte aufgebracht. „Wir sollten sie wirklich nicht dort unten gefangen halten!“ „Hast du eine bessere Idee?“ wollte William wissen, der etwas in sein Notizbuch niederschrieb. Grell saß neben ihm und linste zu den Blondschwarzhaarigen, welcher nur seufzte. „Ich mein ja nur… Wir haben auch ein bestimmtes Ziel als Shinigami. Wieso lassen wir sie nicht einfach gehen… Sie macht nicht den Anschein, dass sie grundlos jemanden töten würde…“ „Selbst wenn sie einen Grund dazu hätte…“ begann Will und sah auf. „Ihr Dämon ist recht stark, auch wenn er momentan sehr im Nachteil ist. Sollte er in ihr seine ganze Kraft entfesseln, könnte sie die Kontrolle über sich verlieren und je nach dem, wo sie sich befindet, könnte sie Unschuldige treffen… Ich brauche ein wenig Zeit, um zu recherchieren. Solange kann ich sie nicht einfach gehen lassen.“ erklärte ihr Leader und starrte Ronald ernst an. Dieser schluckte, erwiderte aber dessen Blick. Eine lange Stille herrschte im Raum, ehe Grell dies nicht mehr ertragen konnte. „Hört schon auf! Das kann man sich ja nicht mit ansehen!“ William wandte sich wieder ans Schreiben. „Wenn es dich beruhigt, kannst du die Kleine in eines unserer freien Räume verfrachten.“ meinte er und stoppte kurz, ehe er wieder ernst aufsah. „Dafür trägst du die volle Verantwortung und musst Babysitter spielen!“ knurrte der Schwarzhaarige. Grell grinste schadenfroh, ehe Ronald sich schnaubend wegdrehte und davon stapfte. Alan und Eric saßen auf der anderen Couch, den anderen beiden gegenüber und sahen sich an. „Du lässt Ronald wirklich auf die Kleine aufpassen?“ fragte Alan grinsend. „Er kann ja mal lernen, Verantwortung zu übernehmen…“ murmelte der Anführer und widmete sich wieder seinem Notizbuch zu. Vhil träumte. Sie lief einen Pfad entlang, überall waren die Bäume abgestorben und schwarz, als würden sie verbrannt. Ihr kam diese Gegend sehr bekannt vor. Sie hastete weiter den Weg entlang, ehe sie an einer Lichtung stehen blieb. Der Weg spaltete sich, doch welchem sollte sie weiter folgen? Eine Gestalt erschien auf dem rechten Weg. Vhil erkannte die Umrisse. „Mutter…“ hauchte sie. Sie lief los. Sie streckte ihren Arm aus und rief nach der Person, welche sich immer weiter von ihr entfernte. „Kaa-san!“ Sie lief schneller, doch es half nichts, sie kam der Person nicht näher, es war, als würde sie auf derselben Stelle laufen und nicht vorwärts kommen. „KAA-SAN! LASS MICH NICHT ALLEIN!!“ schrie sie. Schweißgebadet wachte sie auf und hatte sich aufgesetzt. Sie atmete schnell, ihr Herz raste. Als sie aufsah, entdeckte sie Ronald, der neben ihr saß und ein nasses Lappen in der Hand hielt. Er sah sie erschrocken an. Ehe sie etwas sagen wollte, stutzte sie. Sie saß auf einem großen Himmelbett. Sie befand sich nicht mehr in der Zelle, sondern in einem hellen Raum. Neben dem Bett stand ein Nachtschränkchen und dort stand eine Lampe. Gegenüber vom Bett an der Wand stand ein Kleiderschrank, am Fenster stand ein großer Schreibtisch mit einem Drehstuhl aus schwarzem Leder. An der Wand gegenüber dem Fenster befanden sich zwei Türen. Eine schien in ein angrenzendes Badezimmer zu führen, die andere schien raus zu führen. Verwundert sah sich die Kleine um, ehe Ronald sie freundlich anlächelte. „Es wäre unhöflich, eine Lady weiterhin in der Zelle zu lassen, also habe ich dich in eines unserer Gästezimmer gebracht.“ erklärte er schlicht und nahm die Schüssel, die er neben sich stehen hatte, legte den Lappen hinein und erhob sich. Vhil schwieg einfach nur und blickte ihn an. Nahm er es ihr nicht übel, dass sie ihn vorhin überfallen hatte? Er schien ganz anders zu sein als die anderen Leute. Ronald steuerte auf die Tür zu. „Wenn du Hunger hast, ruf nach uns!“ sagte er freundlich. Vhil wandte den Kopf zur Seite. „Rede nicht so förmlich mit einer Gefangenen…“ knurrte sie. Ronald stutzte und blickte sie leicht verwirrt an. „Und ich bin keine Lady! Ich heiße Vhil!“ murrte sie nur und blickte auf die Decke, in welche sie ihre Finger gekrallt hatte. „Vhil?“ wiederholte Ronald lachend. „Das klingt eher nach einem Jungennamen!“ „Das ist die Abkürzung für Vhilorya…“ Der Zweifarbige hob überrascht die Augenbrauen. „Das klingt jetzt vielmehr adelig… Kamst du aus einer reichen Familie?“ wollte er wissen. Vhil senkte den Kopf. „Ich bin ein Waisenkind.“ Es herrschte Stille. Ronald schluckte. Irgendwie hatte sich die Stimmung noch mehr verschlechtert. „Tut mir Leid.“ murmelte er nur und verschwand aus dem Raum. Als die Tür ins Schloss fiel, ließ sich die Kleine auf die Seite fallen und kuschelte sich an die Decke, die recht weich und warm war. Es war die Stelle, auf der der Brillenträger gesessen hatte. Sie schloss die Augen und fiel in einen traumlosen Schlaf. Kapitel 3: Veränderung ---------------------- Es verging ein Tag. Die Sonnenstrahlen des nächsten Morgen weckten Vhil. Diese richtete sich langsam auf und sah sich um. Kurz dachte sie nach, ehe sie sich erinnerte und sich die Augen rieb. Sie stieg aus dem Bett und betrachtete sich im Spiegel, welcher im kleinen Badezimmer hing. Sie trug noch immer eine alte weiße Bluse, die an den Ärmeln leicht zerrissen war. Ihre schwarzen Hotpants waren ein wenig verdreckt und ihre Stumpfhose hatte schon einige Laufmaschen hinter sich. „Und der Kerl nennt mich Lady…“ knurrte sie und begann, sich zu entkleiden. Wenn sie schon ein Badezimmer hatte, dann würde sie dieses auch benutzen. Nach gut einer halben Stunde war sie fertig und begutachtete nun mit einem Handtuch bedeckt das Innere des Kleiderschranks. Dort waren nur Männerklamotten. Seufzend nahm sie einige Kleidungstücke heraus und legte sie auf das Bett. Sie durchsuchte ihren Schreibtisch und fand Nadel und Faden. Da sie sich mit den Maids ihres damaligen Haushaltes gut verstand, hatte sie bei diesen auch gelernt, wie man Sachen nähte und kannte die Grundlagen. Sie nahm eine schwarze Bluse und legte sie beiseite. Sie entdeckte eine violette lange Stoffjacke, welcher sie die Ärmel kürzte und diese zurecht nähte. Sie fand ein breites goldenes Band und benutzte diese als Verzierung an ihrem Kragen. Als sie fertig war, wusch sie ihre Sachen, warf ihre Stumpfhose weg, da diese nicht mehr zu gebrauchen war und ihre Bluse ließ sie erst einmal trocknen. Zwei Stunden vergingen, es wurde Zehn Uhr. Sie zog ihre kurze Hose wieder an und hörte ein Klopfen. Die Tür ging auf und Ronald linste hinein. „Schon wa… Ah!“ Er blickte Vhil überrascht an. „Woher…?!“ „Was denn? Im Schrank waren nur Männerklamotten…“ meinte Vhil nur und setzte sich am Bettrand. Die Beine übereinanderschlagend sah sie auf den Anderen, der das Zimmer langsam betrat. „Uhm ja… Wir haben hier keine Frauen, deswegen…“ erklärte der Ältere und kratzte sich am Kopf. „Ich habs gemerkt… Denn den Rasierer im Badezimmer habe ich nicht gebraucht!“ meinte sie leicht verärgert. Der Brillenträger seufzte. „Ich werde es dem Boss berichten.“ „Was willst du hier?“ wollte Vhil wissen, da der andere eine Weile schweigend vor ihr stand. „Äh… Ah! Ich wurde gebeten, dich zu fragen, was du zum Frühstück haben willst!“ sagte er und strahlte. Vhil hob eine Augenbraue und seufzte. „Mir ist es herzlich egal… Hauptsache es ist genießbar…“ murrte sie und verengte die Augen. Verwöhnte Göre, dachte sich der andere nur und seine Miene verdunkelte sich. „Außerdem brauchte ich Sachen zum Anziehen, wenn ihr mich schon hier festhalten müsst!“ meinte Vhil nur und innerlich grinste sie. Ja, das würde sie nun machen. Alle Anwesenden hier in den Wahnsinn treiben, indem sie auf Verwöhnt tat und irgendwann würden sie sie schon gehen lassen… Zumindest hoffte sie es. Ronald sah sie entgeistert an. „Du stellst ne Menge Anforderungen…“ murrte er nun. Die Kleine grinste. „Natürlich. Eine ‚Lady’ hat Bedürfnisse und wenn diese nicht erfüllt werden, dann kann sie recht unangenehm werden!“ sagte sie und verschränkte die Arme vor sich. Beide hörten Schritte und William tauchte in der Tür auf. „Tja, wie gesagt, du trägst jetzt die Verantwortung für sie, Ronald…“ meinte er ernst und richtete sich die Brille. Vhil kicherte. „Ich habe einen Diener? Wie aufmerksam…“ Ronald sah entsetzt zu seinen Vorgesetzten. „Äh… Das war jetzt nicht ernst gemeint!“ „Du wolltest sie nicht in der Zelle lassen, das hast du nun davon. Es ist eine Lektion, die du zu lernen hast, da du zu nachsichtig bist, wenn es um Frauen geht.“ Während Ronald mit Will diskutierte, schwieg Vhil. Er war es also, der sie hierher brachte. Aus eigenen Willen? Ronald war wirklich anders als die anderen. „Hey, Sklave!“ rief sie auf einmal. Der Zweifarbige stutzte und drehte sich zu ihr um. „Wer, ich?“ „Wer denn sonst?“ fragte die Kleine grinsend und in der nächsten Sekunde wurde sie wieder ernst. „Ich will zum Frühstück zwei Sandwichs und Orangensaft!“ forderte sie. Will rückte sich die Brille zurecht und trat zur Seite, damit Ronald gehen konnte. Dieser ließ den Kopf hängen und trottete an den anderen vorbei. „Er beginnt zu bereuen, dass er sich um mich kümmern wollte!“ sagte Vhil kichernd und blickte zu Will. „Du lässt dich nicht von mir herumkommandieren, oder?“ fragte sie. Der Angesprochene kam näher. „Er soll seine Lektion lernen, nicht ich.“ sagte er knapp. „Ein strenger Boss also… In Ronnis Haut will ich nicht stecken.“ meinte sie nur und blickte zum Schrank. „Dürfte ich zumindest frische Sachen haben?“ „Ich werde gleich Grell mit dir zum Einkaufen schicken.“ „Was…? Grell?“ Vhil überlegte kurz, ehe sie sich erinnerte. „Nee, oder?“ „Naja, für Ronald wäre es noch ein wenig zu früh, ihn mit dir rauszuschicken. Grell kann jedenfalls auf dich aufpassen.“ Naja, hauptsache etwas, dachte sich die Gefangene und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Ronald kam mit einem Tablett zurück und stellte es auf das Nachtschränkchen. „Da…“ knurrte er und kehrte ihr den Rücken zu. Vhil blickte auf das Tablett, dann auf die anderen beiden. „Gut. Sag Bescheid, wann ich mit Grell shoppen gehen soll…“ murmelte sie und wartete darauf, dass die beiden aus dem Raum gingen. Schweigend aß sie ein Sandwich und kaute eine Weile darauf herum. Irgendwie war es hier friedlich, dachte sie sich. Sonst war sie immer im Freien, musste sich geeignete Plätze suchen, um dort zu übernachten. Zwar hatte sie Geld bei sich gehabt, dies benutzte sie jedoch für Nahrung. Ab und zu bezahlte sie einen Chauffeur dafür, sie an bestimmten Orten zu kutschieren. In Gedanken plante sie ihren Fluchtversuch. Sie durfte nicht hier bleiben. Sie musste weitersuchen. Nach einer Stunde wurde sie gerufen. Grell stand vor dem Eingang und wartete auf Alan, der Vhil abholen sollte. Diese hatte sich den Weg unauffällig gemerkt, sagte aber nichts. Der Rotschopf seufzte. „Ich war lange nicht mehr shoppen~…“ nörgelte er. Die Kleine verkniff sich einen Kommentar. „Aber wer weiß, vielleicht macht es ja Spaß…“ murmelte er nur. Vhil blickte auf. Sie dachte sich ihren Teil und hatte ganz kurz daran gedacht, dass es doch nicht so übel war, auch wenn sie eigentlich eine Gefangene war. Will stand hinter Grell und seufzte. „Denk daran. Du kannst uns Shinigami nicht entkommen.“ Vhil rollte mit den Augen. „Sagt, was ihr wollt. Ich will Overknees und Stiefel…“ „Lackstiefel wären bestens geeignet!“ meinte Grell und die beiden marschierten aus dem Gebäude. Ronald, welcher die ganze Zeit etwas weiter weg stand, kam auf Will zu. „Meinst du, es ist eine gute Idee, die beiden zusammen loszuschicken?“ Will antwortete nicht, sondern wandte sich ab. „Wer weiß…“ Grell und Vhil kamen in der Stadt an, nachdem Ersterer die Kleine unterm Arm gepackt hatte und über die Dächer gesprungen war. Vhil hatte ein wenig rumgeschrien, aber nun waren sie endlich auf der Erde. „Demnächst könntest du mich bitte warnen…“ murmelte Vhil nur und stützte sich an einer Hauswand ab. „Hmpf!“ machte Grell und ging an ihr vorbei. „Achja!“ machte er und band ein Seil um ihr Handgelenk. „Damit du mir nicht wegläufst!“ kicherte der Rotschopf und zog sie hinter sich her. „Bin ich ein Köter oder was?!“ fauchte sie. Als sie durch die Menschenmengen hindurch gingen, schien niemanden aufgefallen zu sein, dass sie angebunden war. „Es ist ein spezielles Seil. Kein normaler Mensch kann es sehen.“ meinte Grell zwinkernd, ehe er auf einen Klamottenladen zusteuerte. Bevor die beiden losgesprungen waren, hatte Grell sich ‚verwandelt’. Er sah aus wie ein tollpatschiger normaler Butler mit langem braunem Haar. Irgendwie sah er nicht mehr so gefährlich aus und er fiel auch gar nicht auf. Im Geschäft klapperte er alle Regale ab. Das Seil schien sich verlängern zu lassen, denn Vhil stand bei den Stumpfhosen und wurde nicht hin und her gezogen. Sie fand weiße Overkneestrümpfe und nahm drei Packungen davon. „Grell-san?“ rief sie und sah sich um. Dieser stand einige Meter weiter bei den Kleidern und drehte sich um. „Hm?“ machte er. Vhil hielt die Packungen in die Höhe und lächelte leicht. „Ich hätte gern diese.“ murmelte sie höflich. Der nun Brünette musterte sie, ehe er ihr das Geld gab und die Türkishaarige begab sich zur Kasse. Mit einer Tüte verließ sie mit ihrem Aufpasser den Laden. „Jetzt zu den Schuhen?“ „Ich würde noch vorschlagen, wir kaufen noch Kleidung ein, bevor die Schuhe kommen!“ Grell nahm ihr die Tüte ab und ging vor. Tat er jetzt einen auf Butler oder was war los? Schweigend folgte sie ihm, bis sie zu einem weiteren Laden kamen. Dort kauften sie schlichte Klamotten wie Pyjama, Unterwäsche etc ein, damit Vhil nicht die ganze Zeit in den gleichen Klamotten rumlaufen musste. Sie bat Grell, noch etwas Nähzeug zu kaufen, sollte ihr mal langweilig werden. Nach diesem Akt kamen nun Schuhe dran. Grell stand vor roten Lackstiefeln. „Sind sie nicht herrlich?“ schwärmte er nur und blickte zu der Kleinen, die ihn leicht verwirrt ansah. „Ich mag kein rot.“ gab sie zu und sah zur Seite. Sie ignorierte Grells Gemecker und steuerte auf schwarze Stiefel zu. Sie glänzten und hatten pinke Schnüre. Sie nahm diese in ihrer Größe und entdeckte noch schwarze Plateauschuhe. Grinsend nahm sie auch diese. Es war ja nicht ihr Geld und wenn sie schon mal hier war, dann würde sie auch nicht zögern. Große Tüten schleppte der Brünette mit sich herum, Vhil trug nur kleine Tütchen. Sie lief hinter Grell her und sah ihn leicht emotionslos an. Sie atmete tief ein. „Dein Einsatz, Maru.“ nuschelte sie ganz leise vor sich hin. Grell drehte sich zu ihr um. „Hast du was gesagt?“ fragte er und achtete nicht darauf, was vor ihm war. „Pass auf!“ rief Vhil, doch es war zu spät: Grell stieß mit jemanden zusammen und die Türen lagen verstreut auf dem Boden herum. „T-T-Tut mir Leid!“ stotterte er nur und blickte zu der Person auf. Auf einmal setzte sein Herz kurz aus, als ein gutaussehender Herr mit dunklen Haaren vor ihm stand und die Tüten ansah. „Nein, mir tut es Leid!“ sagte er und lächelte Grell freundlich an. Dieser wusste nicht, dass es sich um Martin handelte, der nun den Brünetten ablenkte, während Vhil ihm das Seil abnahm und sich davon schlich. Sie rannte durch die Straßen und hielt in einer Gasse an. Außer Puste lehnte sie sich an der Wand und blickte zum Himmel. Sie hatte es geschafft. Sie war entkommen. Sie riss sich das Seil vom Handgelenk und warf es auf dem Boden. Es verschwand sofort. Seufzend senkte sie den Kopf. Irgendwie hatte sie ein schlechtes Gewissen. Es hatte sich ganz normal angefühlt, als sie mit Grell einkaufen war. Es war, als wäre sie in diesem Moment ein ganz normales Mädchen gewesen. Traurig blickte sie auf die Straße. Es war wirklich unfair von ihr gewesen. Aber sie wollte unbedingt diesen Jungen ausfindig machen. Doch war es richtig so? Vielleicht sollte sie einfach warten. Sie trat aus der Gasse heraus und blickte in die Richtung, aus welcher sie gekommen war. Sie trottete zurück, doch vor einem Süßwarenladen blieb sie stehen. Am Fenster erblickte sie Reihen von leckeren Törtchen und anderem Süßkram. Die Hände auf die Scheibe legend sah sie diese begeisternd an. Sie hatte noch etwas Geld in der Tasche, also ging sie hinein. Grell hatte die Tüten eingesammelt und saß an einer Hauswand. Martin hatte seine wahre Identität preisgegeben und Grell die Wahrheit gesagt. Er hatte gespürt, dass Vhil sich umentschieden hatte und stand nun bei diesem. „Willi wird mich umbringen… Ich habe nicht aufgepasst…“ jammerte Grell nur und fasste sich an den Kopf. Er hörte Schritte. Martin verschwand und als Grell den Kopf hob, wurde ihm ein Muffin angeboten. Vhil stand mit einer Tüte Süßkram vor ihm und hatte selbst einen Lutscher im Mund. „Was jammerst du da rum?“ fragte sie und lächelte, als Grell den Muffin entgegen nahm. „Du…?“ „Ich habe eigene Pläne und ein Ziel.“ sagte sie und nahm einige Tüten. „Aber diese kann ich jederzeit umsetzen. Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass dein Boss nicht erfreut wäre, wenn du versagst.“ Grell erhob sich und sah Vhil überrascht an. „Also… läufst du nicht weg?“ „Nein. Unter der Bedingung, dass wenn wir demnächst wieder in die Stadt gehen, dass ich mich erkundigen darf, ob Ciel Phantomhive hier war oder nicht und ob es eine Spur von ihm gibt. Solange werde ich auf dich hören.“ meinte sie und blickte den anderen ernst an. Dieser schien zu überlegen, dann grinste er und nahm einen Bissen. „Ich glaube, dass lässt sich bei Willi einrichten.“ meinte er nur, nahm die Tüten und beide gingen langsam zurück zum Hauptquartier. Kapitel 4: Verlorene Erinnerung ------------------------------- Es vergingen drei Tage. William hatte trotz Vhil’s Rückkehr dem Rothaarigen eine Predigt gegeben, da dieser die Kleine überhaupt kurz aus den Augen gelassen hatte. Während Grell versuchte, seinen Boss zu überzeugen, dass er das nächste Mal gut aufpassen würde, fragte sich Vhil insgeheim, wie Will das überhaupt mitbekommen hatte. Auf die Bedingung, die sie stellte, damit sie bei den Shinigami blieb, wollte der Leader zuerst gar nicht eingehen, doch er gab auf. Vhil saß auf ihrem Bett und las ein Buch, welches in der kleinen Bibliothek war, die die Shinigami besaßen. Eigentlich war sie keine Leseratte, aber da ihr langweilig war, wusste sie nicht, was sie sonst tun sollte, denn ohne Aufsicht rausgehen durfte sie nicht, da vertraute Will ihr noch nicht so richtig. Die Sonne stand hoch am Himmel und die Türkishaarige schlug das Buch zu. Sich vom Bauch auf den Rücken rollend starrte sie nun auf die Decke. Vier Tage war sie nun hier und hatte keine Spur von Ciel Phantomhive. Langsam überlegte sie, ob sie diesen je finden würde. Martin erschien neben ihr und grinste. „Bereust du es jetzt etwa, dass du dich umentschieden hast?“ wollte er wissen. Seine Meisterin seufzte nur und sah ihn aus den Augenwinkeln an. „Ich hab meine Pläne einfach nur geändert.“ sagte sie nur und schloss die Augen. Sie hatte überlegt, da die Shinigami bestimmt irgendwo alle Namen der Stadtbewohner hatten, ob sie vielleicht dort Ciel finden würde. Sollte er nicht dabei sein, dann hieß es wohl, dass er entweder gar nicht mehr im Lande war oder dass sein Name gestrichen wurde, weil er nun kein Mensch mehr war. Aber wie sie an solch einer Liste rankommen sollte, wusste sie ehrlich gesagt noch gar nicht. Einfach fragen wäre die leichteste Option, aber ob die Kerle ihr die Liste aushändigen, wusste sie nicht und sie bezweifelte es auch. „Vielleicht hättest du es richtig planen sollen, bevor du wieder zurückgegangen bist… Ich lasse mich nicht gerne von Männern anschwulen…“ knurrte Martin und löste sich auf. Vhil grinste nur und dachte nach. Während sie dies tat, schlief sie ein. Sie hörte nicht, wie die Tür geöffnet wurde. „Oi, Will hat-“ Ronald, der wieder dazu genötigt wurde, Vhil zu holen, stutzte, als er die Kleine auf dem Bett schlafend sah. Er schlich sich näher heran und setzte sich an den Bettrand. „Wenn sie schläft, ist sie recht gut zu ertragen…“ murmelte er vor sich hin und strich der Kleinen eine Strähne aus dem Gesicht. Der Brillenträger seufzte. Auch wenn sie immer auf stark tat, bezweifelte er, dass sie es wirklich war. Sie sah recht zerbrechlich aus und als er sie in dieses Zimmer gebracht hatte, sah sie im Schlaf gequält aus. Ob ihre Vergangenheit hart war? Er konnte es sich irgendwie gut bei ihr vorstellen, doch er wollte sich nicht darauf festlegen. Neugierde wuchs in ihm. Er wollte wissen, was geschehen war. Vhil rührte sich. Sie legte sich auf die Seite und vergrub ihr Gesicht in die Decke, auf der sie lag. „Kaa-san…“ murmelte sie im Schlaf. Ronald schwieg und betrachtete sie weiterhin. Sie war die ganze Zeit allein… Nur wieso? Was genau war passiert? Später am Nachmittag wurde Vhil wach. Sie richtete sich auf und blickte umher. Niemand war da. Sie kletterte aus dem Bett und steuerte ins Badezimmer zu. Nach einigen Minuten ging sie raus und öffnete die andere Tür. Am Badezimmerspiegel hatte Ronald ihr einen kleinen Zettel hingehängt, dass William nach ihr gerufen hatte und dass sie sich zu ihm begeben sollte, wenn sie wieder wach war. Seufzend verließ sie ihr Zimmer und trottete die Treppen runter. Sie kannte sich langsam im Quartier hier aus und hatte schon festgestellt, dass die Gegend hier einfach nur riesig war. Als sie im Gemeinschaftsraum ankam, saßen nur Eric und Alan auf der Couch. Leicht schnaubend kam sie den Beiden näher. „Oi, habt ihr William gesehen?“ wollte sie wissen. Sie bemerkte, dass Alan recht nah neben Eric saß und sie nun leicht erschrocken ansah, als hätte sie ihn bei irgendetwas erwischt. Eric saß nur lässig dort und musterte die Kleine. „Er musste kurz weg.“ entgegnete er und zog an der Zigarette, die er im Mundwinkel hängen hatte. „Was? Erst ruft der mich und jetzt ist er nicht da? Ich glaub, ich spinne!“ fauchte Vhil verärgert und setzte sich auf der anderen Couch. Sie wandte ihren Kopf in die entgegen gesetzte Richtung der Beiden und dachte sich ihren Teil. Es dauerte nicht lange, da wurde Vhil erneut müde. Sie fragte sich, was es war. Es fing am vorherigen Tag an, da war sie beinah beim Abendessen eingeschlafen, wenn Grell ihren Kopf nicht daran gehindert hätte, in die Salatschüssel zu fallen. Nach einigen Sekunden war sie wieder eingeschlafen. Diesmal war es komisch. Vhil schien wieder zu träumen, aber irgendwie wirkte es nicht so. Sie stand wieder auf dem Pfad, von welchem sie damals geträumt hatte. Schluckend folgte sie diesem. Die Bäume um sie herum waren diesmal nicht verbrannt, sie blühten. Alles schien in Ordnung zu sein, stellte sie fest und als sie dann zu der Lichtung kam, in der sich im letzten Traum die Wege gespalten hatten, staunte sie nicht schlecht, als der Weg ungespalten in die Richtung des weiter hinter liegenden Anwesens führte. Vhil lief los. Das Anwesen stand noch? Hoffnung war in ihrem Gesicht zu erkennen. Sie lief den Weg entlang, der nicht wie das letzte Mal so endlos schien. Sie kam ihrem Ziel immer näher. Als sie anschließend vor dem Anwesen stand, explodierte der Wald hinter ihr. Erschrocken drehte sie sich um und musste entsetzt feststellen, dass die Bäume brannten. Als sie wieder zum Anwesen sah, weitete sie ihre Augen: Dieses war vollkommen zerstört, Flammen fraßen sich durch die Wände und Teile stürzten herunter. „Nein…“ hauchte sie und wollte ins Anwesen hinein, doch dann stoppte sie abrupt. Sie sah ein kleines Mädchen mit langem Haar. Es hielt ein Messer in der Hand, Blut bedeckte seinen ganzen Körper, die Augen waren leer. Vhil wich zurück. Sie war das Mädchen. Um der Kleinen herum lagen Leichen verstreut. Manche hatten fehlende Gliedmaßen. Hinter dem Mädchen erschien eine Gestalt. Sie kniete sich hin und umarmte das Kind. Als Vhil näher kam, entdeckte sie Martin. Sie erinnerte sich. Damals war sie die einzige Überlebende und Martin hatte sie gefunden. Doch irgendwie tat ihr der Kopf weh. Sie fasste sich an die Schläfe, die stark zu pochen begann. Irgendetwas war da falsch. Martin hatte sie nicht gefunden… Szenen schossen ihr durch die Gedanken. Die Leiche ihrer Mutter. Ihr Vater mit einem irren Blick. Martin, der von seinem Körper in ihren übergewechselt war. Eine weitere Gestalt, die den Namen „Phantomhive“ erwähnte und verschwand. Das war es. Sie suchte Ciel nur, weil die unbekannte Gestalt seinen Familiennamen erwähnte… Aber warum? „Vhil? Hey Vhil!“ rief es. Die Kleine zuckte kurz zusammen, ehe sie die Augen öffnete. Über ihr stand Ronald, der sie musterte, ehe er sich aufrichtete und sich zu jemanden wandte. „Sie ist wach.“ meinte er und trat einen Schritt beiseite. Vhil setzte sich langsam auf und erblickte William, der sie ebenfalls musterte. Kurz wusste sie nicht, was passiert war, ehe sie sich wieder erinnerte. „Hmpf!!“ machte sie und verschränkte die Arme. „Erst mich rufen lassen und dann selbst verspätet kommen!“ knurrte sie nur und verengte die Augen. Der Angesprochene zuckte mit den Schultern und richtete sich seine Brille. „Du scheinst in letzter Zeit müde zu sein.“ sagte er und verengte die Augen. Vhil schwieg darüber. Also war es ihnen auch aufgefallen. „Kein Wunder, so langweilig es hier ist.“ „Ich habe festgestellt, dass deine dämonische Aura stärker wird, wenn du schläfst…“ Die Türkishaarige schluckte. „Wie…?“ „Träumst du etwas?“ fragte Will weiter und hatte sich auf der anderen Couch niedergelassen. Ronald wurde rausgeschickt, sodass beide alleine im Raum waren. Die Kleine senkte den Blick. „Naja… ich träume von meiner Vergangenheit… Aber… was hat das jetzt mit meiner Aura zu tun?“ fragte sie zurück und sah den anderen ein wenig unsicher an. Dieser hatte die Arme vor sich verschränkt und schwieg einige Sekunden, ehe er zu sprechen begann: „Nun… Als ich dich fragte, wie der Dämon in deinen Körper gelangt ist, hast du es mir nicht sagen wollen. Kann es sein, dass du dich nicht daran erinnern kannst?“ Vhil stutzte. Wenn sie darüber nachdachte… Tatsächlich waren ihre Erinnerungen verschleiert. Wer ihre Familie umbrachte, wusste sie nicht mehr. Sie konnte sich an Stücke erinnern, aber eine innere Stimme sagte ihr, dass diese falsch waren. Sie erinnerte sich an den Namen „Phantomhive“, aber genaueres wusste sie auch nicht. Sie dachte, wenn sie den Jungen fand, würde sie vielleicht Antworten bekommen, doch langsam hatte sie Zweifel, ob es überhaupt ihre Erinnerung war. „Ich…“ begann sie, doch sie verstummte. Was wollte sie denn eigentlich sagen? „Dachte ich es mir doch…“ kam es leise von William. Vhil sah auf. „Was…?“ „Deine Erinnerungen wurden manipuliert. Du kannst dich nicht richtig an deine Vergangenheit erinnern und weißt auch nicht, wie der Dämon zu dir kam. Irgendjemand hat scheinbar seine Finger im Spiel gehabt…“ „Aber…“ begann Vhil und schluckte. „Wenn meine Erinnerungen manipuliert wurden… sollte sich Maru nicht daran erinnern?“ Dieser tauchte neben ihr als Schatten auf und seufzte. „Leider muss ich dich enttäuschen… Auch ich kann mich gar nicht daran erinnern. Aber scheinbar war ich bereits in deinem Körper, als dieser Zauber eingesetzt wurde, sodass auch ich betroffen bin.“ murmelte der Dämon und verschwand wieder. Will verengte die Augen. „So ist das also…“ murmelte er und erhob sich. „Ich recherchiere etwas… Du kannst gehen.“ „Warte!“ Vhil sprang auf und schluckte. „Heißt das… dass dieser Jemand, der meine Erinnerung manipuliert… noch immer hinter mir her ist oder so?“ wollte sie wissen. Darauf wusste William keine Antwort. Die Kleine senkte den Blick und schwieg. Die Tür flog auf und Ronald kam herein. Er hatte die ganze Zeit an der Tür gestanden und das Gespräch mitgehört. Jedoch sagte er nichts und hielt Vhil seine Hand entgegen. Sie sah auf. „Ich bring dich auf dein Zimmer.“ murmelte er. Das Mädchen ergriff seine Hand und ließ sich hinterher ziehen. Im Zimmer angekommen setzte sich Vhil auf ihr Bett und starrte auf ihre Beine. Ronald stemmte die Hände in die Hüfte. „Wenn du was brauchst, dann ruf mich.“ sagte er knapp. Als er gehen wollte, spürte er einen Widerstand. „Bleib hier.“ knurrte sie, den Blick noch immer gesenkt und ihre Finger in seinem Jackett gekrallt. Der Zweifarbige seufzte nur und setzte sich neben ihr. Beide schwiegen sich an. Ronald dachte sich seinen Teil, doch er verspürte Mitleid. Die Kleine schien ein normales Mädchen gewesen zu sein, doch dank dieser Manipulation und dem Dämon wurde ihr ganzes Leben auf dem Kopf gestellt. Kein Wunder, dass sie nun niedergeschlagen war, doch irgendwie gefiel ihm diese Seite an ihr nicht. „Weißt du…“ begann sie leise und seufzte. „Ich habe gedacht, ich kann mich an meine Vergangenheit erinnern… Doch irgendwie schien all das gelogen zu sein… Jetzt, wo ich darüber nachdenke, stelle ich fest, dass ich das Gesicht meiner Mutter schon lange vergessen hatte. An meinem Vater kann ich mich gar nicht erinnern. Manchmal denke ich an Sachen, die ich einmal gemacht habe, aber im Endeffekt können auch diese Dinge bloß falsche Erinnerungen sein…“ murmelte sie und lehnte sich an den Brillenträger, welcher kurz stutzte. „Vielleicht ist auch diese sinnlose Suche nach diesem Gör eine reine Zeitverschwendung…“ knurrte sie leicht verärgert und schloss die Augen. Ronald seufzte. Er drehte sich etwas zu ihr um und legte seine Hände auf ihre Schulter, sodass Vhil nun zu ihm aufsah. „Das weißt du erst, wenn du ihn gefunden hast. Auch wenn das alles falsch sein sollte, jene Anhaltspunkte können immer noch eine Spur sein, die zu deinen richtigen Erinnerungen führt!“ sagte er und blickte recht ernst. Vhil blinzelte und sah ihm lange in die Augen, ehe sie ihm ein freundliches Lächeln schenkte. „Hm… vielleicht hast du recht.“ sagte sie und zog ihre Spieluhr hervor. Ronald musterte diese. „Diese Uhr… habe ich von jemand ganz wichtigem bekommen. Ob es meine Mutter oder Jemand anderes war, weiß ich nicht genau. Aber ich werde diese Uhr immer bei mir behalten und ich denke, sie wird mir auf der Suche nach meinen wahren Erinnerungen helfen.“ meinte sie und lächelte nun sicherer. Der andere musste schmunzeln. So gefiel sie ihm besser, aufgedreht und optimistisch. Vhil umarmte den Shinigami, sodass er vor Überraschung aufhörte zu atmen. „Eh… Was… Äh… Vhil?“ stotterte er nur und wusste nicht, wohin mit den Händen. Diese hatte die Augen geschlossen und kuschelte sich an ihn. „Danke…“ hauchte sie nur und löste die Umarmung. Der Angesprochene wurde leicht rot, doch er erwiderte das Lächeln. Solange sie nicht die Hoffnung aufgab, war alles in Ordnung. Und er überlegte sich, ob er ihr bei der Suche helfen sollte. Vhil schlug ihre Beine übereinander und verschränkte die Arme vor sich, wie sie es immer tat. Ronald ahnte nichts Gutes. „Gut, Sklave! Bring mir eine Pizza!“ befahl sie und sah ihn mit leicht schiefgelegenen Kopf an. Der Brillenträger rollte mit den Augen. „Ja, Milady…“ murrte er. „Nein, nein, nein! Das klingt so verdammt alt!“ fauchte sie und schien zu überlegen. Frech grinsend sah sie wieder zu ihm. „Nenn mich Hime-sama!“ „Du stellst Forderungen…“ brummte das Opfer. Langsam fragte er sich, was er an ihr genau mochte: Ihre überhebliche Art, ihn herumkommandieren zu wollen oder die ruhige verzweifelte Art, die seine Nähe gesucht hatte. Er erhob sich und verbeugte sich. „Hime-sama…“ sagte er nur und ging aus dem Zimmer. Als die Tür sich schloss, wurde aus dem frechen Grinsen ein sanftes Lächeln. Sie nahm ein Kissen und kuschelte sich in dieses. „Ich glaube, ich fange an, dich wirklich zu mögen, mein Sklave…“ hauchte sie und kicherte leise. Hinter ihr tauchte Martin auf, der sie eine Weile musterte, aber nichts sagte. Kapitel 5: Halte meine Hand! ---------------------------- Der nächste Tag begann für alle anderen recht hektisch. Nur Vhil schlenderte durch die Gänge und beobachtete die anderen Shinigami dabei, stolpernd durch die Räume zu laufen. Die Arme hinter ihrem Kopf verschränkend blieb sie vor der Kantine stehen und sah sich nach bekannten Gesichtern um. Als sie braunes Haar entdeckte, lief sie auf diesen zu. „Oi, Alan-san!“ rief sie und der Gerufene drehte sich verwirrt um, ehe er die Kleine lächelnd ansah. „Guten Morgen, Miss Vhilorya!“ begrüßte er sie. Diese stemmte ihre Hände in die Hüfte und seufzte. „Ich hab es dir schon oft gesagt, nenn mich Vhil… Noch bin ich nicht volljährig!“ sagte sie und hob dabei eine Augenbraue. Der Andere kicherte nur. „Verzeih, aber ich finde, dein voller Name klingt recht hübsch.“ entgegnete er und nahm sich sein Tablett. Zusammen mit der Türkishaarigen setzte er sich an einen Tisch. „Was ist eigentlich los heute? Ihr alle scheint richtig in Eile zu sein.“ murmelte sie und blickte zum anderen Tisch, an dem einige Jungs richtig schnell ihr Frühstück verschlangen, die Hälfte verschluckte sich dabei und rannten anschließend mit den Tabletts zu den Abstellregalen, um daraufhin aus der Kantine zu flitzen. Alan seufzte. „Nun, in letzter Zeit gibt es recht viele Tote in der Stadt und die Anzahl steigt jedes Mal… William hat uns allen die Aufgabe erteilt, herauszufinden, was genau los ist.“ erklärte der Brünette und begann zu essen, jedoch recht im normalen Tempo. Vhil beobachtete ihn dabei und blickte in die Runde. Andere hatten sie kurz angesehen, wandten sich jedoch schnell um. „Huh~?“ machte Vhil und grinste dabei. Diese Jungs hatten wohl nicht oft eine Frau zu Gesicht bekommen, wie es aussah, obwohl hier schon einige weibliche Mitglieder waren. Dies hatte sie festgestellt, als William sie zu einer Kurzbesichtigung eingeladen hatte. Alan hob beide Augenbrauen und schluckte das, was er noch im Mund hatte, schnell runter. „Eric-Senpai!“ rief er strahlend und winkte den Genannten zu sich. Vhil blickte kurz zu ihm, dann wandte sie sich grinsend zu Alan um, welcher sie irritiert ansah. „Ihr scheint ein recht enges Verhältnis zueinander zu haben.“ stellte sie fest, worauf ihr Gegenüber rot wurde. „W-Wir sind nur gute Freunde! Und ich bewundere Eric-Senpai sehr, da er ein sehr guter Shinigami ist!“ sagte Alan hastig. Vhil kicherte nur. „Ist ja schon gut, war nur ein Scherz! Man sieht wirklich, dass ihr gut befreundet seid~!“ meinte sie nur und erhob sich, als Eric schließlich zu ihnen kam. „Nun, dann lass ich euch mal eure Arbeit machen! Viel Spaß und passt auf euch auf, ja?“ Mit diesen Worten verschwand sie aus der Kantine. Eric winkte ihr nur nach, ehe er sich Alan gegenüber setzte. Ein leises Lied summend spazierte Vhil wieder durch die Gänge. In der Nähe des Eingangs, wo auch die Treppen waren, die nach oben führten, entdeckte sie Ronald am Empfand mit einer der Damen reden. Sie blieb stehen und beobachtete ihn eine Weile. Er versuchte wohl witzig zu sein, er lachte und brachte somit auch die Empfangsdame zum Lachen. Irgendwie war er der Einzige, der sich um die Frauen scherte, stellte Vhil fest. Denn sie bekam öfters mit, dass Ronald, nachdem er seine Arbeit beendet hatte, direkt darüber sprach, dass er auf einer Party ginge, nur um mit den Frauen seine Zeit zu verbringen. Nun fragte sie sich, ob es einigen hier auch so ginge und ob schon einige eine Freundin hatten. Nachdenkend ging sie zur Treppe und trottete auf ihr Zimmer zu, welches sich im 2. Stock befand. Kurz vor ihrer Tür hielt sie inne. Sie hatte Hunger. Sie machte auf dem Absatz kehrt und hüpfte zur nahegelegenen Küche. Dort angekommen krempelte sie ihre Ärmel hoch. „So~ dann wollen wir mal!“ Sie suchte sich eine Pfanne und stellte diese auf dem Herd. Im Schrank kramte sie die Zutaten heraus, die sie brauchte. Ronald, welcher sie gesehen und nach ihr gerufen hatte, war ihr gefolgt, da sie nicht auf seine Rufe reagiert hatte. In der Küche lehnte er sich an der Tür und verschränkte die Arme. „Okay~ wie ging es noch…?“ „Wenn du kochen kannst, brauchst du doch keinen Diener oder?“ hörte sie ihn fragen. Leicht überrascht drehte sie sich um und blinzelte, ehe sie breit grinste. „Ich kann nicht kochen!“ Der andere zog irritiert die Brauen zusammen. „Nicht?“ fragte er nur und kam näher. „Ich versuche mich gerade an ein Rezept zu erinnern und wollte es mal ausprobieren. Ihr müsst schließlich alle arbeiten!“ sagte sie und haute ein Stück Margarine in die bereits angeheizte Pfanne. „Ah… und… welches Rezept willst du machen?“ „Pfannkuchen!“ sagte sie strahlend. Der Zweifarbige schluckte. Irgendwie befürchtete er, dass wenn er jetzt zur Arbeit gehen würde, dass die Küche nicht mehr stehen würde. „Bist du sicher, dass du es weißt?“ „Ja ja~, jetzt lass mich!“ fauchte sie auf einmal und kehrte ihm den Rücken zu. Der andere zuckte leicht zusammen. Dass dieses Mädchen dauernd ihre Launen im Sekundentakt wechseln musste… Seufzend zog er sein Jackett aus und hing es über einen Stuhl. Vhil sah ihn fragend an. „Was denn? Bevor du das ganze Quartier in die Luft jagst, helfe ich dir lieber dabei, es nicht zu tun!“ Der Brillenträger stand nun neben ihr und schüttete die Zutaten in die Schüssel, um diese anschließend umzurühren. Vhil grinste nur. „Bekommst du keinen Ärger, wenn du nicht arbeitest?“ „William wird es mir danken, dass ich dir dabei helfe…“ „Oi~! So schlecht bin ich auch wieder nicht…“ knurrte sie nur und beobachtete sein Tun. „Hm, wusste gar nicht, dass es einige von euch gibt, die kochen oder backen können…“ sagte sie leicht staunend. Ronald hob eine Augenbraue. „Ich kann auch nicht kochen…“ Das Mädchen sah ihn leicht entgeistert an. „Meinst du nicht, dass wenn zwei Nicht-Kocher versuchen zu kochen, erst recht das Quartier hochgeht?“ „Ich hab nie richtig alleine gekocht, sondern eher nur geholfen oder zugeschaut… Da hab ich ein wenig mehr Ahnung als du.“ murrte der andere nur und als er mit dem Rühren fertig war, schüttete er einen Teil auf die Pfanne. Es zischte und mit einem Pfannenbesteck drückte Vhil den Teig etwas fester an die Pfanne damit es schneller ging. „Naja, zu Zweit geht es auch schneller~“ murmelte sie leise und starrte darauf. Ronald hatte sich an der Theke gelehnt und tunkte seinen Finger in den Teig, um diesen dann abzulecken. „He! Davon kriegst du Bauchschmerzen, wenn du es einfach so isst!“ meckerte Vhil und sah ihn ein wenig verärgert an. Der andere seufzte. „Auch?“ Grinsend hielt er ihr seinen Finger hin. Er erwartete natürlich, dass sie ihm einen recht wütenden Blick schenkte. Umso mehr war er erschrocken, als sich die Kleine etwas runter beugte und seinen Finger ableckte. Mit einem kurzen Aufschrei sprang er zurück. Vhil grinste frech und leckte sich über die Lippen. „Was denn? Normale Menschen benutzen einen Löffel und nicht den Finger!“ Mit diesen Worten wandte sie sich wieder zur Pfanne. Ronald starrte sie noch etwas entsetzt an, ehe er sich räusperte. „Also… irgendwie kann ich nicht glauben, dass du aus reichem Hause stammen sollst… Deine Manieren sind ja recht unmenschlich!“ sagte er nur schnaubend. Vhil kicherte. „Das sagt jemand, der in einem puren Männerhaushalt lebt!“ Sie umklammerte mit beiden Händen den Pfannengriff und stellte sich etwas breitbeinig vor dem Herd. Der Ältere schluckte. „He… Was machst du?!“ „Im Fernsehen machen sie das doch auch!“ sagte Vhil beinah unschuldig klingend, ehe sie mit einem Schwung den Pfannkuchen in die Luft warf und umgedreht wieder auffing. „Hey! Es hat geklappt!“ jubelte sie und stellte es wieder auf den Herd. Ronald, der erleichtert aufatmete, ging auf Vhil zu und schob sie vom Herd weg. „He~!“ jammerte sie nur und versuchte wieder an den Herd zu kommen. „Bevor du die ganze Küche versaust, überlass mir das jetzt!“ „Nein, man, ich kann das auch alleine!“ keifte sie und schaffte es, vor Ronald wieder vorm Herd zu stehen. „Ätsch!“ machte sie und streckte ihm frech die Zunge raus. Dieser rollte nur mit den Augen und wich einen Schritt zurück. Er hörte Schritte und befürchtete, dass es William war. Im nächsten Moment hörte er, wie die Pfanne fallen gelassen wurde, zum Glück jedoch auf dem Herd. Er sah zu Vhil, welche gefährlich taumelte und nach vorn umzukippen drohte. Er schnappte nach ihren Schultern und konnte somit Schlimmes verhindern. Zumindest war es dann nur die Hand, die auf der Herdplatte drankam und Vhil somit richtig wach machte. Ein schmerzhafter Schrei folgte… Im Duschraum, welcher in der Nähe lag, stand Ronald hinter Vhil und hielt ihren Arm unter einem kalten Wasserstrahl. Die Türkishaarige schniefte nur und verzog das Gesicht einige Male. „Hast doch Glück gehabt, dass ich da war…“ murmelte der Größere und blickte in den Spiegel. Die Kleine sagte nichts dazu und starrte weiterhin auf ihre rot angeschwollene Hand. Trotz des Dämons in ihr war sie genauso verletzbar wie andere normale Menschen. Mit der anderen Hand strich Ronald ihr über das Haar. „Tut es noch weh?“ fragte er lächelnd, wobei Vhil leicht nickte. William war in der Nähe gewesen und als er den Schrei gehört hatte, war er in die Küche geeilt. Dass Vhil dann anschließend am Boden saß und zu weinen begann, hätte er irgendwie nie erwartet. Dafür musste Ronald jedoch nicht arbeiten, sondern er musste sich um sie kümmern. Einerseits verfluchte er Will, dass er ihm so etwas antat, andererseits wollte er die Kleine auch nicht alleine lassen. Der Blondschwarze sah sich um und entdeckte einen Erste-Hilfe-Kasten auf einem Schränkchen. Er drehte das Wasser ab und zog Vhil auf eine kleine Theke, worauf er sie darauf setzte. Er öffnete den Kasten und zog eine Salbe heraus. Innerlich fragte er sich, weshalb Will so was hatte. Denn die Shinigami brauchten so was nicht. Vorsichtig salbte er ihre Hand ein. Vhil hatte kurz zusammen gezuckt, riss sich jedoch zusammen. Als Ronald fertig war, verband er diese und sah sie lächelnd an. „Geht’s?“ fragte er. Vhil nickte. „Danke…“ murmelte sie mit einer rauen Stimme. Der Andere räumte den Kasten weg. „Tut mir Leid…“ kam es von ihr. Verwundert sah er in ihre Richtung. „Wenn ich nicht so dickköpfig wäre, dann wäre das nicht passiert und du müsstest deine Zeit nicht mit mir verschwenden…“ Überrascht darüber, dass sie so was von sich gab, schritt er langsam auf sie zu. Da war sie wieder, die schwache Seite. Doch diese gefiel ihm nicht. Sanft strich er ihr über die Wange, sodass sie ihn ansah. Ihre Augen waren leicht gerötet, die Wangen glühten. „Mach dir keinen Kopf darüber. Es ist ja nicht so, dass ich es hasse, mit dir zusammen zu sein.“ Die Kleine senkte den Blick erneut. Oh man, dachte sich Ronald und stemmte die Hände in die Hüfte. Wie könnte er sie wieder aufmuntern? „…Uhm…“ machte Vhil, ihn jedoch nicht ansehend. „Ja?“ fragte er, doch es wurde geschwiegen. Seufzend ließ er den Kopf hängen. „Man, jetzt lach doch wieder… Befehl mir etwas oder sonst was~!“ jammerte er auf einmal und gleichzeitig stockte er, warum er dies überhaupt gesagt hatte. Vhil sah ihn kurz an, ehe sie ihn ernst anblickte. „Gut…“ Und sie war wieder zurück, dachte sich der Andere. „Hier kommt mein Befehl!“ sagte sie entschlossen, senkte jedoch erneut den Kopf und schloss die Augen. „Ha-Halt meine Hand für eine Weile fest!“ Sie streckte ihre unverletzte Hand nach ihm aus und blickte zur Seite. Verwundert darüber blieb er noch ungerührt stehen, ehe er die Hand lächelnd nahm und mit dem Daumen über den Handrücken strich. „Yes, Hime-sama…“ hauchte er leise und beide verharrten für eine Weile in dieser Position. Vhil spürte, wie die Wärme des anderen durch ihren Körper floss. Die Augen schließend genoss sie diese und wollte gar nicht mehr loslassen. Sie wusste nicht wieso, aber so wie er ihre Hand hielt, gab er ihr das Gefühl, nicht mehr alleine zu sein. Überhaupt nie allein gewesen zu sein. Sie fand es komisch, da sie schon mit einigen Jungs Händchen gehalten hatte, doch diesmal war es anders. Lag es daran, dass Ronald ein Shinigami war? Sie wusste es nicht. Kapitel 6: Dämonenkräfte ------------------------ In der Nacht konnte Vhil nicht schlafen. Im Minutentakt drehte sie sich auf die jeweils andere Seite, um sich dann aufzusetzen, umher zublicken und sich wieder hinzulegen. Nach einigen Malen setzte sie sich endgültig auf und fuhr sich mit der Hand durch ihr nass geschwitztes Haar. „Man, was ist das…? Tagsüber schlaf ich wie ein Stein und Nachts geht nichts mehr…“ murmelte sie vor sich hin und blickte zum Fenster. Sie hatte die Vorhänge nicht zugezogen und somit ließ sie das Mondlicht in ihr Zimmer. „Vielleicht, weil du nicht müde bist?“ erklang Martins Stimme und eine schwarze Silhouette tauchte neben ihr auf. Die Türkishaarige seufzte. „Ich bin müde… Total… Vielleicht liegt es daran, dass meine Erinnerungen manipuliert wurden und somit meine Balance gestört ist…“ Vhil erhob sich und ging ans Fenster. Der Himmel war schwarz und sternenlos. Beinah sehnsüchtig blickte sie zum Mond, der nur seine halbe Pracht zeigte. Sie legte ihre Hand an die Scheibe und lehnte ihre Stirn dagegen. „Ich wünschte, ich wüsste, was damals vorgefallen war…“ hauchte sie leise. Sie hörte Schritte außerhalb ihres Zimmers. Verwundert ging sie zur Tür und öffnete diese. Weiter im Gang entdeckte sie William mit einigen anderen reden. Was war da wohl los? „Es sind wieder neue Todesfälle in der Stadt.“ hörte sie Jemanden hinter sich sagen. Sie wandte ihren Kopf um und erblickte Grell, welcher neben ihrer Tür an der Wand gelehnt war und die Arme verschränkt hatte. „Todesfälle?“ wiederholte Vhil, da erinnerte sie sich, was Alan darüber erzählt hatte. „Ja Todesfälle. Niemand weiß genau, was passiert ist. Aber die Leichen, die man dann findet, haben keinerlei Verletzungen, aber auf unergründliche Weise sind ihre Körper blutleer.“ erklärte William, der nun auf die Beiden zu ging. Die Kleine machte große Augen. „Ein Vampir?“ „Wohl kaum, es gibt keine Bissspuren…“ Die Neugierde wuchs in Vhil, doch damit hatte sie schlechte Erfahrungen gemacht. Seufzend senkte sie den Blick. Sie sollte sich am Besten hinlegen. „B-BOSS!“ brüllte einer der Shinigami, der den Gang entlang lief. Der Gerufene drehte sich um. „Was gibt es?“ wollte er wissen, da verengte er die Augen. „Du bist doch im Team Knox gewesen oder?“ Vhil horchte auf. Knox, das war doch Ronalds Nachname, wenn sie sich richtig entsann. „Ein… Ein Monster… Wir hatten nach Spuren gesucht, die von den Todesfällen ausgingen, doch dann hat uns ein Monster angegriffen… Ein Teil der Gruppe wurde in einen Kampf verwickelt… Die andere Hälfte sollte Hilfe holen. Einige von uns wurden jedoch erwischt…“ Erst jetzt sah man den ramponierten Arm des Anderen. Grell verengte die Augen und stieß sich von der Wand ab. „Ein Monster?“ wiederholte er und blickte zu William. Vhils Herz raste auf einmal schnell. „Uhm…“ machte sie und schluckte, als William ihr einen undefinierbaren Blick schenkte. „I-Ich will mitkommen!“ „Und uns dann noch mehr in die Quere zu kommen? Nein danke…“ „Ich kann die Nächte sowieso nicht mehr schlafen, dafür dass ich tagsüber immer einnicke… Vielleicht können Maru und ich eine Hilfe sein!“ „Wir können auf weitere Opfer verzichten. Grell, schicke ihn zum Heiler…“ „Aber… Vielleicht gibt es eine Spur von Phantomhive!“ Der Brillenträger sah sie nun recht wütend an. „Auf deine egoistischen Ziele können wir momentan wirklich verzichten!“ Nun wurde Vhil sauer. „Aber Ronni ist dort!“ fauchte sie, worauf es still wurde. Was sagte sie da? Doch irgendwie konnte sie es nicht stoppen. „Er war immer für mich dagewesen, jetzt will ich ihm helfen!“ Entsprach dies der Wirklichkeit? Oder suchte sie nur eine Ausrede, um nach einer Spur zu suchen? Sie wusste es nicht. Oder doch? Ronald war ihr in dieser Woche recht ans Herz gewachsen, auch wenn sie ihm immer auf die Nerven ging. Grell hob eine Augenbraue, dann grinste er. „Lass sie doch mitkommen, Will~!“ trällerte er und warf dem Genannten undefinierbare Blicke zu. Vhil rannte ins Zimmer und zog sich schnell um. Maru schwebte als Schatten neben ihr. „Das war nur eine Ausrede, oder?“ wollte er wissen. Vhil hielt kurz inne. Wenn sie die Antwort wüsste. Sie grinste leicht. „Natürlich… Du wirst mir helfen, oder?“ fragte sie und bekam eine nickende Antwort. Als sie fertig war, eilte sie zum Haupteingang. Dort standen Alan und Eric mit ihren Waffen, vor ihnen William und Grell. „Ihr drei werdet Ronald helfen… Ich hoffe nur, dass er überlebt hat.“ Diese Worte versetzten Vhil einen Stich. Die Vorstellung, Ronald könnte… Sie schüttelte mit dem Kopf. „Er lebt…“ knurrte sie. Die Anwesenden sahen zu ihr, Eric hob eine Augenbraue. „Warum sollte sie noch mal mitkommen?“ „Sonst würde sie mich ewig weiter nerven…“ knurrte William und wandte sich um. „Geht!“ befahl er. Die anderen nickten. Eric packte Vhils Handgelenk und nahm sie Huckepack, bevor sie alle dann aufbrachen. Auf dem Marktplatz in der Nähe hörte man Schreie und Kampfgeräusche. Ein Gebrüll folgte und Sand wurde aufgewirbelt. Eine riesige schwarze Silhouette baute sich auf und holte mit ihren Klauen aus. Der Mond war hinter den Wolken verschwunden, die auf einmal da waren und somit konnte man nicht richtig erkennen, was es für eine Gestalt war. Ronald stand mit seinem Rasenmäher leicht blut überströmt hinter einer Statue und holte tief Luft. An seiner Schulter klaffte eine Fleischwunde. An seiner Schläfe lief Blut runter und sein Bein war ziemlich aufgeschürt. Einige Meter weiter von ihm entfernt lagen zwei Leichen von jene, die in seinem Team waren. Er kniff die Augen zu. „Verdammt!“ fluchte er leise. Er erblickte einige Überlebende, die sich woanders versteckten. Er wollte ihnen verständlich machen, dass sie sich zurückziehen sollten, doch dann wurden diese von einem riesigen Fuß zerquetscht. Ronald zuckte stark zusammen. War es das Ende? Das Monster war recht unerwartet aufgetaucht, somit konnten sie keine Vorbereitungen angehen. Sollte er abhauen? Nein. Er wollte nicht verlieren und schon gar nicht wollte er den Tod der anderen unbedeutend machen. Er fasste sich ans Herz und blickte in den Himmel. Langsam schloss er die Augen. „Wenn ich gewusst hätte, dass es mein letzter Tag sein würde…“ begann er, verstummte jedoch und sah ein Bild vor sich, worauf er lächelte. „Dann hätte ich viel mehr Zeit mit dir verbringen wollen…“ hauchte er leise, ehe er zu seiner Waffe griff und versuchte aufzustehen. „Ronald!“ hörte er eine Stimme. Erschrocken sah er auf und erblickte Eric und Alan. Beinah schon erleichtert lächelte er und fiel auf die Knie. „Ronald!“ Alan stürzte zu ihm und bemerkte seine Verletzungen. „Du musst dich verarzten lassen!“ sagte er besorgt. Eric sah sich um. „Ouh, das Monster ist ja riesig! Was soll das sein?“ „Sieht aus wie ein Kranich!“ ertönte Vhils Stimme. Ronald weitete die Augen, als er das türkisfarbene Haar hinter Eric entdeckte. „V-Vhil…?“ Diese lief hinter dem Blonden hervor und umarmte Ronald. Dieser zuckte kurz vor Schmerz zusammen, worauf sie ihn wieder los ließ. „T-Tut mir Leid! Ich habe momentan voll vergessen, dass du verletzt bist, ich war einfach nur froh, dass du…“ entschuldigte sie sich und fuchtelte mit den Armen herum. Der Zweifarbige lächelte nur, zog ihren Kopf zu sich und lehnte seine Stirn an ihre. „Danke…“ hauchte er beinah tonlos, ehe die Erde bebte. „Grell muss es ja übertreiben…“ knurrte Eric, welcher aufgesehen hatte. Ronald blickte zu dem Monster, der gerade einen Arm dank Grells Kettensäge verloren hatte und deswegen noch mehr brüllte. „Man darf ihm nicht zu nahe kommen! Er kann mit bloßer Berührung das Blut von einem direkt aussaugen, ohne denjenigen Verletzungen zuzufügen! Er benutzt das Blut dann als Waffe…“ erklärte Ronald und fasste sich an der Schulter. „Aaaah!“ rief Grell, der nun von dem Vieh erfasst wurde. Die anderen waren schockiert. „Versteck dich!“ rief Alan zu Vhil und zückte seine Waffe. Diese wich einige Schritte zurück, ehe sie dann erstarrte. „Phantomhive…“ erklang die tiefe Stimme des Monsters. Auch die Shinigami waren erschrocken. Ronald blickte zu Vhil, die das Monster einfach nur anstarrte. „Hat er gerade… Phantomhive gesagt?“ fragte sie leise und taumelte an ihnen vorbei, in Richtung des Monsters. „VHIL!“ brüllte Ronald, zuckte jedoch erneut vor Schmerzen zusammen und stürzte zu Boden. „Ronald!“ Alan kniete sich zu ihm. „Vhil darf nicht…!“ presste er aus sich heraus und blickte zu ihr. „Er lockt Menschen zu sich, indem er ihre tiefsten Erinnerungen untersucht und das benutzt, wonach dieser Mensch sich sehnt…“ Eric rannte los, ignorierte Alans Schreie. Er packte Vhil an der Schulter und drehte sie zu sich um. „Fall nicht auf ihn herein!“ „Aber er…“ „Er kann dir nicht sagen, wo Phantomhive ist! Er benutzt deine Erinnerungen, damit du zu ihm kommst!“ fauchte er, doch er bemerkte, dass Vhils Augen recht leer schienen. „Ich muss… Phantomhive… Ciel… finden…“ murmelte sie vor sich hin. Eric zuckte kurz zusammen, ehe er ihr eine Ohrfeige gab. Vhil kam wieder zu sich und sah auf. „W…Was…?“ Sie sah sich um. „Fall nicht auf seine Tricks herein!“ wiederholte er. Die Türkishaarige nickte, da bebte die Erde erneut. Eric blickte auf und weitete die Augen, ehe er auf einmal zur Seite gedonnert wurde. „ERIC-SENPAI!“ brüllte Alan leicht verzweifelt. Ronald, welcher versucht, sich aufzurichten, sah zu Vhil, welche nun erschrocken auf das Monster blickte. „Lauf…“ flüsterte er nur. Vhil schluckte stark. Da bemerkte sie, dass Grell losgelassen wurde. Dieser lag am Rande des Marktplatzes und rührte sich kaum. Schluckend wich sie zurück. „M-Maru…“ Sie hob ihren Arm, um welcher sich ein schwarzes Schwert formte. »Es wäre besser wenn du wegläufst!« ertönte seine Stimme. Ja, das wäre wohl besser, doch vor Angst konnte sich Vhil nicht rühren. „Phantomhive… Ich suche Ciel Phantomhive… Ich suche Antworten…“ ertönte die Stimme des riesigen Monsters. Vhil weitete die Augen, doch dann wurde sie wütend. „Oi… Hör auf mit meinen Erinnerungen zu spielen, das ist nicht lustig!“ fauchte sie und formte aus dem Schwert eine schwarze Flamme. „Fuego!“ rief sie und schwang ihren Arm nach vorn. Die Flammen wurden größer, je näher sie dem Feind kamen und umhüllten diesen. „Mach ihn fertig, Maru!“ befahl sie und ihre Augen leuchteten Pink auf. Dieser nahm seine menschliche Gestalt an. „Wie Ihr wünscht, Prinzessin!“ sagte er und seine Augen wurden blutrot. Martin schwebte über dem Monster und hob beide Arme. Das Feuer wurde größer und schloss die riesige Gestalt ein, welche noch versuchte, sich zu befreien. „Ciel Phantomhive… Ich suche…“ Das Monster verstummte. Vhils Sicht verschwamm und sie kippte nach hinten. „Vhil!“ rief Ronald nur, doch er atmete erleichtert auf, als William auf einmal auftauchte und die Kleine auffing. Eric hatte sich ebenfalls aufgerappelt und zwei weitere Shinigami hatten Grell im Schlepptau. Das Monster verschwand und Martin stand an seiner Stelle. William blickte zu ihm, während die anderen damit beschäftigt waren, die Verletzten zurückzubringen. Er verengte die Augen, als er sah, dass Martin nur vor sich hin grinste, zu ihm blickte und dann den Zeigefinger vor seinen Lippen hielt, als Zeichen, er sollte es für sich behalten, ehe er sich auflöste. „Dämon Martin…“ begann William und rückte sich die Brille zurecht, bevor er Vhil richtig auf den Armen trug. „Ich werde noch herausfinden, was dein wirkliches Ziel ist.“ Kapitel 7: Flucht ----------------- Zwei Tage nach dieser Nacht vergingen. Vhil schlief diese durch ohne zwischendurch einmal aufzuwachen. William ließ immer wieder Ärzte nach ihr sehen, doch es gab keine Veränderungen. Ronald, welcher es hasste, still liegen zu bleiben, versuchte derweil sich aus dem Krankenzimmer zu schleichen. Die Verletzungen, die das Monster ihm und den anderen zugefügt hatte, verheilten bereits, aber William bestand dennoch darauf, dass sie sich alle gründlich untersuchen ließen. Alan saß am Krankenbett von Eric und hielt dessen Hand. Seufzend ließ er seinen Blick zum Fenster schweifen. Die Sonne stand recht tief am Himmel, bald würde wieder ein Tag verstreichen, an dem Eric hier lag. Er wachte zwar immer kurz auf, doch so wie er an die Wand gedonnert wurde, brauchte er noch lange zum Auskurieren, da seine Knochen recht stark betroffen waren. Grell hatte Glück und konnte schon nach einem Tag raus. Er saß mit William in dessen Büro auf dessen Schreibtisch und blickte aus dem Fenster. „So eine miese Stimmung…“ seufzte der Rotschopf und wandte sich zu seinem Vorgesetzten, den er breit grinsend ansah. „Sag Will, wollen wir etwas zusammen unternehmen? Nur~ wir beide, alleine~?“ „Nein.“ kam es streng von dem Dunkelhaarigen, welcher gerade in einem Notizbuch etwas niederschrieb. Der Andere verzog beleidigt das Gesicht. „In letzter Zeit arbeitest du ziemlich viel, Willi~!“ Dieser sah auf und funkelte seinen Kollegen an, welcher ihn nur verliebt anschaute. „Ich recherchiere… In letzter Zeit war mir etwas aufgefallen und ich wollte es überprüfen…“ murmelte er und senkte den Kopf wieder. Grell legte den Kopf schief. „Recherchieren? Und was genau?“ „Grell… Du nervst! Verschwinde!“ knurrte der andere und schrieb schweigend weiter. Der Rothaarige beobachtete ihn eine Weile, ehe ihm langweilig wurde und das Büro verließ. Er schlenderte durch die Gänge und hielt vor zwei Ärzten an, die miteinander sprachen. „Die anderen sind in Ordnung.“ sagte der eine. Sein Kollege nickte. „Ja, aber die Kleine…“ Grell spitzte seine Ohren. Sie sprachen über Vhil. „Auch sie ist in Ordnung, doch sie wird einfach nicht wach…“ Der eine machte seinen Partner auf Grell aufmerksam. Beide nickten diesem zu und gingen an ihm vorbei. Der Langhaarige sah ihnen mit verengten Augen hinterher. Dass Vhil sonst immer tagsüber schlief, war schon ein wenig abnormal, aber dass sie nun gar nicht mehr aufwachte… Vielleicht lag sie im Koma oder so? Grell zuckte mit den Schultern und ging weiter. Am Abend des dritten Tages öffnete Vhil ihre Augen. Noch ganz verschlafen richtete sie sich auf, konnte sich jedoch nicht aufrecht halten, da ihre Arme, auf denen sie sich abstützte, stark zu zittern begannen. Sie legte sich wieder hin und starrte auf die Decke. „Man hab ich Kopfschmerzen…“ stellte sie fest. „Das ist verständlich, nachdem du drei Tage durch geschlafen hast…“ Sie wandte ihren Kopf zur Seite und erblickte Alan, der sie breit angrinste und ihr ein Glas überreichte. Erneut richtete sie sich auf, jedoch nah an der Wand entlang und nahm das Glas zu sich. „Danke…“ murmelte sie und nippte daran. „Drei Tage?“ wiederholte sie anschließend, ehe sie größere Schlücke nahm. Der Brünette nickte. „Ja, anscheinend haben dich Martins Kräfte zu sehr beansprucht. Du bist umgekippt und hast seitdem geschlafen.“ erzählte er und rückte ein wenig näher ans Bett. „Echt? Dabei konnte ich die Nächte gar nicht schlafen…“ murmelte sie und hatte das Glas geleert. Sie stellte es auf ihrem Nachtschränkchen ab und konnte sich nun richtig aufsetzen. „Wie geht es den anderen?“ wollte sie wissen, da langsam ihre Erinnerungen zurückkamen. „Grell hatte von Anfang an keine starken Verletzungen. Eric-Senpai musste jedoch eine Weile im Krankenzimmer bleiben, genau wie Ronald.“ Letzterer Name machte Vhil nun endgültig hellhörig. Sie sah Alan leicht besorgt an. „Ronni… Wie geht es ihm?“ „Er hat gut einstecken müssen, aber es geht ihm wieder besser!“ sagte er lächelnd. Vhil atmete erleichtert auf und erwiderte das Lächeln. „Ich bin froh, dass ihr alle noch wohlauf seid… Vielleicht hätte ich gar nicht mitkommen sollen, dann wäre Eric noch…“ „Was redest du da? Dank dir und Martin konnten wir überhaupt zurückkehren!“ Die Kleine sah den Brünetten noch eine Weile an, ehe sie lächelte. „Ich habe nichts Großartiges gemacht, wenn dann war es nur Marus Verdienst.“ sagte sie und senkte den Blick. Zu ihrer Verwunderung erschien Maru nicht, um einen seiner vielen Kommentare abzugeben. Es blieb still. Leicht verwundert wollte sie gerade nach ihm rufen, als die Tür aufging und Grell hereinschneite. „Sie ist wach~!“ trällerte er. Hinter ihm war William, der sie nun streng musterte, sodass Vhil eine Gänsehaut bekam. Wieso musste der Typ auch so einen gruseligen Blick drauf haben? „Wir müssen reden!“ kam es von dem Vorgesetzten der Anwesenden. Die Kleine schluckte hörbar und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn. „Ja?“ „Ich habe recherchiert und habe einige interessante Dinge gefunden.“ Er machte kurz eine Pause, ehe er sein Notizbuch holte. „Das Monster, welches uns vor drei Tagen angegriffen hatte, reagierte ziemlich stark auf deine Erinnerungen, als es dich gesehen hatte… Ich dachte, es wäre nur Zufall, doch laut den anderen lockte er jemanden zwar mit seinen Erinnerungen an, doch er griff sofort zu, um dessen Blut leer zu saugen. Bei dir jedoch hatte er gezögert…“ „Äh… Und was heißt das genau?“ hakte Vhil nach, die ganz gespannt zuhörte. „Durch die Manipulation deiner Erinnerungen hat es die Neugierde des Monsters geweckt. Es wollte tiefer in deine Erinnerungen eingehen, doch im Endeffekt hatte er nur das gesagt, nach was du wirklich suchst… Ciel Phantomhive.“ Die Türkishaarige stutzte. „Also ist meine Suche nach ihm doch nicht vollkommener Blödsinn… Also ist dieser Teil meiner Erinnerungen wahr?“ „Scheint wohl so. Denn andere Dinge hat er nicht erwähnt und scheinbar auch nicht gefunden… Diese Information sollte dich wohl etwas weiterbringen.“ Vhil strahlte. Sie hatte einen Anhaltspunkt für ihre Vergangenheit gefunden. Ciel Phantomhive, derjenige, den dieser Fremder erwähnt hatte. Ob er es wirklich getan hatte, wusste sie nicht, aber wenn sie Ciel finden würde, könnte sie an Antworten kommen. William erhob sich und schritt zur Tür. „Ach… du kannst den Kranken einen Besuch abstatten.“ Mit diesen Worten verschwand er. Grell sah ihm ungläubig nach. „Das sagt er dir höchstpersönlich?!“ fauchte er nur empört und stemmte die Hände in die Hüfte. Alan kicherte nur, Vhil hob nur eine Augenbraue. „Tja, ich bin eben niedlich!“ gab sie von sich aus zu und stand auf. Grell streckte ihr die Zunge heraus und sah eingeschnappt weg. Etwas taumelte sie noch, doch es ging wieder. Alan lächelte. „Wenn du fertig bist, isst du am Besten etwas.“ sagte er, zog Grell mit sich und ließ das Mädchen fürs Erste allein. Sie schlenderte ins Bad und ließ sich Wasser ein. Auf dem Wannenrand sitzend starrte sie in das Wasser. „He… Maru… Bist du noch da?“ fragte sie, doch sie bekam keine Antwort. Irritiert drehte sie das Wasser ab und stieg hinein, nachdem sie ihre Klamotten abgelegt hatte. Nach einer guten halben Stunde war sie frisch fertig und lief mit kurzer Hose und schwarzer Bluse durch die Gänge. Vor dem Krankenzimmer angekommen, holte sie tief Luft, ehe die Tür geöffnet wurde und Eric vor ihr stand. „Hm?“ machte er und zog an seiner Zigarette. Vhil sah ihn entsetzt an. „Oi, im Krankenzimmer wird nicht geraucht!“ zischte sie. Eric lachte nur und trat zur Seite. „Hey, Ronald, scheinbar für dich!“ sagte er nur und verschwand. Vhil sah ihm leicht schmollend hinterher, ehe sie zum besagten Patienten hinlief. „Ronni~!“ rief sie vergnügt. Dieser saß aufrecht auf seinem Bett und blickte leicht verwundert zu ihr. Er trug ein schwarzes ärmelloses Shirt, sodass man den Verband um seine Schulter sah. Um seinen Kopf war ebenfalls ein Verband, auf der Wange sah man ein großes Pflaster. „Vhil!“ sagte er und schien nun wirklich überrascht. Diese setzte sich auf einen Hocker neben dem Bett. „Ich hab gehört, du hast drei Tage durchgeschlafen…“ murmelte er und wollte seinen Arm nach ihr ausstrecken, zuckte jedoch zusammen. Diese setzte sich an den Rand seines Bettes und legte ihre Hand auf seine. „Jap hab ich! Dadurch fühl ich mich relativ fitter!“ sagte sie grinsend. Der Zweifarbige schluckte und sah zur Seite. „Das war ziemlich riskant, was du da veranstaltet hast…“ brummte er und zog die Hand weg. Vhil war leicht überrascht, dann senkte sie den Blick. Das war es in der Tat. Sie hätte weglaufen sollen, doch eigentlich bereute sie es nicht. Gerade als sie dies ihm sagen wollte, kam er ihr zuvor. „Ist es dir so wichtig, diesen Jungen zu finden, sodass du alles andere vergisst und sogar dein Leben dafür riskierst?“ Er sah sie ernst an. Vhil machte große Augen. Dachte er etwa so? Sie wollte etwas erwidern, doch etwas blockierte sie dabei. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und schüttelte den Kopf. „Ich…“ „Also bist du nur mitgekommen, weil du vielleicht etwas über ihn herausfindest?“ So wie er mit ihr sprach, versetzte er ihr mit jedem Satz einen Stich im Herzen. Vhil hatte den Kopf gesenkt. Wut stieg in ihr auf. Sie erhob sich und sah Ronald recht wütend an, welcher sich jedoch wegen ihren glänzenden Augen erschrak. „Nein! Ich habe ausnahmsweise mal NICHT daran gedacht, ich habe mir nur Sorgen um dich gemacht und wollte dich sehen!“ fauchte sie ihn an und rannte aus dem Zimmer. Recht verärgert stapfte sie an einigen Shinigami vorbei, welche ihr verwirrt hinterher blickten. Doch dann blieb sie stehen, starrte nur recht traurig auf den Boden. Kein Wunder dass sie alle so dachten. Immerhin wollte sie nicht hierbleiben, sondern nach Ciel suchen. Nur weil er vielleicht etwas über ihre Vergangenheit sagen konnte. Dass echte Gefühle dahinter stecken würden, glaube hier niemand. Sie lächelte traurig. „Ich bin doch eh zu nichts zu gebrauchen…“ murmelte sie, ehe sie wieder auf ihr Zimmer ging. Sie hatte Grell nicht bemerkt, der sie beobachtet hatte. In der Nacht lag Vhil wach, da sie recht lange geschlafen hatte. Sie hatte zwei Kissen vorm Fenster gelegt und saß in einer Decke umhüllt darauf, um den Mond zu beobachten. Vielleicht würde sie dann einschlafen. „Maru… Antworte mir…“ flüsterte sie, doch immer noch kam keine Antwort. Hatte er vielleicht zu viel Kraft eingesetzt und konnte ihr gar nicht antworten? Seufzend zog sie ihre Knie an sich und bettete ihren Kopf darauf. Sie vernahm ein Klopfen an der Tür. Sie drehte sich um. „Ja?“ Die Tür wurde geöffnet und das Licht angeschaltet. Vhil zuckte kurz zusammen, da es recht hell wurde, doch im nächsten Moment erblickte sie… „Grell?“ „Mach dich zum Aufbrechen bereit!“ sagte er und schloss die Tür. Die Kleine erhob sich, doch verstand nicht. „Wie…?“ „Ich werde dir auf der Suche nach Sebasu-chan helfen! Also zieh dich an und nimm mit, was du brauchst!“ Vhil war recht überrascht. „Warum… hilfst du mir?“ „Erstens, du suchst doch immer noch nach diesen Jungen. Und Zweitens, somit hätte ich Wills ganze Aufmerksamkeit nur für mich allein!“ Das Mädchen eilte ins Badezimmer und zog sich um. Überlegen wollte sie nicht. Denn niemand schien sie hier zu brauchen, also brauchte sie auch nicht hierzubleiben. Sie packte ihren kleinen Rucksack, den sie schon von Anfang an dabei hatte und blickte zu Grell. „Ich bin fertig!“ sagte sie und der Rotschopf nickte. „Will wird mit mir zwar richtig schimpfen, aber ich tue es nur für seine Nerven!“ schwärmte er, wobei Vhil sich ihren Teil dachte. Beide schlichen sich nun auf den Gängen und steuerten auf den Haupteingang zu. Draußen angekommen rannten sie in die vollkommene Dunkelheit, da sich der Mond hinter den Wolken versteckte und somit sein Licht verbarg. Kapitel 8: Auf der Suche ------------------------ Der nächste Morgen brach an. Ronald konnte die Nacht gar nicht schlafen, noch immer musste er an diesen Ausdruck von Vhil denken. Er hätte ihr so was nicht vorwerfen sollen. Er glaubte ihr, dass sie sich Sorgen gemacht hatte, denn sie hing irgendwie an ihm, das hatte er bemerkt. Und nicht nur er. Er starrte aus dem Fenster, welches die Sonnenstrahlen herein ließ. Seufzend richtete er sich auf. Vielleicht sollte er sich bei ihr entschuldigen. Gerade als er aufstehen wollte, flog die Tür auf und Alan stürzte vollkommen außer Puste herein. Der Zweihaarfarbige hob eine Augenbraue. „Alan… Eric ist schon seit gestern entlassen worden.“ sagte er grinsend. „Vhilorya ist verschwunden!“ Das Grinsen verschwand sofort. Ronald starrte Alan nur an. „Was!?“ „Es scheint so, dass Grell sie mitgenommen hat, um nach Phantomhive zu suchen…“ sagte William, nachdem die beiden zu ihm gerannt waren, um nach mehr Informationen zu verlangen. Eric lachte nur. „Sind wohl durchgebrannt, was?“ Will ignorierte diese Bemerkung und seufzte. „Naja in den ganzen Tagen, wo sie geschlafen hatte, konnte ich kaum die Kräfte des Dämons in ihr spüren. Sie sollte also noch keine Gefahr für die Menschen darstellen…“ „Aber…“ Ronald biss sich auf die Unterlippe. „Heißt das jetzt, sie kommt dann nie wieder?“ „Wer weiß…“ Alan blickte zu seinen Kollegen und sah ihn besorgt an. Dieser ballte seine Hände zu Fäusten und rannte aus dem Büro. Eric seufzte. „Okay, bei ihm verstehe ich es ja, wenn er aufgebracht ist, weil man sein Mädchen weggenommen hat. Aber Grell… Was hat er jetzt auf einmal mit ihr zu schaffen?“ William zuckte mit den Schultern. Ihn interessierte es herzlich wenig, doch es ärgerte ihn, dass Grell einfach ohne Erlaubnis mit der Kleinen abgehauen war. Wenn Martin jetzt an Kräften kam, wäre es nicht gerade gesund für die beiden. Irgendwo in London hatten Grell und Vhil in einem Hotel Rast gemacht. Sie wollten nun aufbrechen und Grell war wieder in seiner „Butlerform“. Sie riefen nach einer Kutsche und fuhren nun durch die Stadt, mit dem Ziel, diese zu verlassen. Während Grell aus dem Fenster sah und im Minutentakt wegen William seufzte, erforschte Vhil die Karte, die sie bekommen hatte. „Wir sollten vielleicht mal die Königin fragen, ob sie etwas weiß…“ „Wir stehen nicht so auf gutem Wege mit der Königin…“ entgegnete der Brünette und hob eine Augenbraue. „Wir waren immerhin auch nicht mit den Phantomhives recht gut befreundet… Dieser Bengel war schließlich der Wachhund der Königin. Aber ich glaube gehört zu haben, dass die Königin tot ist…“ Vhil seufzte. Wo sollten sie zuerst nachfragen? Sie war sich sicher, dass Ciel nicht mehr in London war, die Spur, die sie hatte, bevor Grell sie zum ersten Mal gesehen und gefangen genommen hatte, war schon lange weg. Sie lehnte sich zurück und starrte aus dem Fenster. War es ein Fehler, einfach abzuhauen? Sie schüttelte den Kopf. Nein, war es nicht. Sie konnte nicht dauernd tatenlos in ihrem Zimmer hocken und nichts tun. Außerdem würde sie so den Shinigami weniger zur Last fallen. Doch insgeheim tat ihr das Herz weh. Wieso? Und wieso musste sie immer an eine ganz bestimmte Person denken? Am Nachmittag waren sie am Rande Englands. Vhil hatte dem Königshaus doch einen Besuch erstattet, doch als sie den Namen der Phantomhives erwähnte, wurde sie wieder rausgeschickt. Einer der Angestellten jedoch vermutete, dass es vielleicht die Leute am Hafen wüssten. Dort angekommen lief sie auch schon auf einen der Matrosen zu, die gerade ein Schiff mit Kisten beluden. „Entschuldigung!“ rief sie und stand lächelnd vor den Männern, die sie verwirrt musterten. „Mit wem soll ich reden, wenn ich jemanden suche?“ „Um was geht es denn, junge Dame?“ Ein recht älterer Herr kam auf die beiden zu. Er trug eine blaue Uniform und hatte einen Kapitänshut auf. Vhil ging auf ihn zu. „Ich suche Jemanden und die Königin meinte, ich sollte hier mal nachfragen.“ sagte sie und hielt eine Schriftrolle mit dem Siegel der Königin hoch, welches der Angestellte ihr heimlich mitgegeben hatte. „Wen suchen Sie denn?“ „Ich suche den Jungen der Phantomhives.“ Es wurde still. Die Matrosen tuschelten miteinander. Grell sah sich nervös um, zumindest tat er so. Der Kapitän verengte die Augen. „Sie meinen den jungen Earl Ciel Phantomhive…“ Vhil nickte. „Genau. Sie scheinen ihn zu kennen.“ „Ja, er kam damals öfters vorbei, um irgendwo hinzureisen.“ erzählte er und rieb sich das Kinn. „Jedoch vor einem halben Jahr kam er nicht mehr hierher. Man erzählte, er hatte vor, seine eigene Villa niederzubrennen, doch seine Diener wollten dies nicht.“ „Seine Villa steht noch?“ fragte Vhil überrascht. Damit hatte sie nun nicht gerechnet. Sie hatte geglaubt, nachdem er weg war, würde es die Villa nicht mehr geben, da entweder die Stadt oder andere es entweder abreißen oder niederbrennen wollten. Sie wandte sich zu Grell um. „Wir sollten zu seinem Anwesen gehen!“ beschloss sie und wollte gehen. „Warte, kleines Fräulein!“ rief der ältere Herr. „Lass dich nicht zu sehr auf ihn ein, wenn du ihn findest… Man soll Gerüchte gehört haben, dass er von Dämonen besessen ist…“ Vhil verengte die Augen. Jetzt gab es schon Gerüchte, die beinah der Wahrheit entsprachen. Sie strahlte den Mann an. „Ach was, an so was glaube ich nicht!“ meinte sie nur und stieg in die Kutsche wieder ein. Diese fuhr los. Grell überschlug seine Beine übereinander. „Du willst wirklich zu dieser Villa? Was willst du da?“ „Hast du es nicht gehört? Ciels Diener wollten nicht, dass die Villa niedergebrannt wird. Also müssten sie ja wissen, wo er ist oder nicht?“ Sie lehnte sich zurück. An einem Tag schon recht viele mögliche Standorte zu finden, die etwas mit Ciel zu tun hatten, war für sie schon ein Erfolg. Vielleicht bekam sie ja mehr über ihn heraus. Es wurde Abend, als die beiden das Anwesen erreichten. Die Kutsche ließen sie weiterfahren, da Grell Vhil gewarnt hatte, dass die Diener nicht gerade harmlos waren, wie sie aussahen. Diese schritt einfach auf das Tor zu und klingelte. Grell huschte zu ihr. „Hallo~! Ist Jemand da?!“ rief Vhil und klingelte weiter, doch es kam keine Antwort. „Gib es auf, es ist niemand-“ „Sind die Diener von Ciel Phantomhive da?!“ rief sie weiter und ging einige Schritte von der Tür weg. Sie stolperte nach hinten und ein Schuss war zu hören. Etwas sauste direkt vor ihrer Nase in den Boden. Ein Loch. Grell sah auf eines der Dächer, doch dort war niemand. „Verdammt… Sie denken, wir wären Feinde oder so!“ sagte Grell und nahm seine wahre Gestalt an. Vhil schluckte. Dabei wollte sie nur reden… „Wartet! Ich will niemanden etwas tun!“ rief sie und erhob sich. Ein weiterer Schuss fiel und ein Loch entstand vor ihren Füßen. „I-Ich habe die Erlaubnis der Königin!“ rief sie und zog die Schriftrolle heraus. Es wurde still. Das Tor wurde geöffnet und ein älterer Herr lugte heraus. „Ja bitte?“ Vhil strahlte und lief auf ihn zu. „Verzeihen Sie die Störung, ich suche nach Ciel Phantomhive und wollte Sie fragen, ob sie vielleicht wissen, wo er sich gerade befindet…“ murmelte sie und schluckte. Der Herr lächelte und bat die beiden, einzutreten. Im Wohnraum wurde sie gebeten, sich zu setzen. Es war kurz still, da hörte man Stimmen. Ein größerer blondhaariger Mann mit einer Zigarette im Mundwinkel betrat den Raum, gefolgt von einem kleineren Blonden mit Strohhut und einer Maid mit riesigen Brillengläsern. Die drei stutzten, als sie Grell sahen. „WAH! Was macht ein Shinigami hier!?“ brüllte Bardroy, der Koch und deutete auf den Rothaarigen. „Ich bin nicht grundlos hier!“ sagte dieser und deutete auf die Kleine neben sich, welche sich verbeugte. Aus Reflex verbeugten sich die drei ebenfalls. „Ich brauche Ihre Hilfe…“ sagte sie ernst. Nachdem Vhil den Vieren alles erzählt hatte, dass sie seit längerem auf der Suche nach Ciel war, weil Etwas in ihrer Vergangenheit mit ihm verband und nun diesen unbedingt finden wollte, überlegten die Drei. „Vor ungefähr einem halben Jahr, nachdem man vom Tod des Trancy Jungen hörte, zog sich unser junger Herr immer mehr zurück. Und vor zwei Monaten verließ er zusammen mit Sebastian-sama, seinem Butler, sein Anwesen und ließ uns zurück.“ erzählte Meirin mit einem traurigen Blick. „Er meinte doch gleich, wir sollten die Villa niederbrennen…“ knurrte Bard. Finnian seufzte. „Aber weil dieses Anwesen viele schöne Erinnerungen birgt, wollten wir es nicht einfach niederbrennen… Wir wollten es als Andenken an die schöne Zeit stehen lassen und wir hoffen noch immer, dass der junge Herr irgendwann einmal wieder zurückkehrt…“ Vhil sah die Drei traurig an. Also wussten sie auch nicht, wo er war. Vhil lächelte leicht, da diese Drei recht ehrlich waren. Ob sie wussten, dass ihr Herr ein Dämon war? Oder wussten sie dass Sebastian einer war? Ciel verließ wohl aufgrund seines neuen Ichs die Villa, um niemanden zu verletzen. Sie verstand ihn und doch suchte sie weiter nach ihm. „Ich hoffe ebenfalls für euch, dass euer junger Herr wiederkommt… Sollte ich ihn finden… dann werde ich ihm von euch berichten.“ sagte sie sanft. Die drei sahen sie dankend an und nickten. „Es wäre wunderbar, wenn der junge Herr und Sebastian-sama wiederkommen.“ sagte die Maid. „Wir wären dann wieder alle zusammen und dann wäre wieder alles beim Alten!“ kicherte Finnian. Vhil wollte es bezweifeln, doch irgendwie waren diese Drei keine gewöhnlichen Diener. Sie lächelte und verabschiedete sich zusammen mit Grell von den Vieren. „Besucht uns doch bald wieder, wenn der junge Herr da ist!“ rief Bard und grinste breit. Vhil nickte und winkte ihnen zu. „Gerne!“ Als sie genug von der Villa entfernt waren, seufzte Grell. „Du hast dich ja schnell mit ihnen angefreundet…“ murmelte er und seufzte. „Nun, die drei sind ganz in Ordnung. Sie vermissen nur ihren Herrn und beschützen solange das Anwesen… Aber ob Ciel je wieder zurückkehrt, ist eine ganz andere Frage…“ Sie senkte den Blick und ging den Weg weiter. Als sie so auf dem Pfad vor sich sah, veränderte sich die Szene. Total erschrocken blieb sie abrupt stehen. „Grell?!“ rief sie, doch sie war allein. Was war denn jetzt los? Träumte sie etwa wieder? Nein, dieses Mal fühlte es sich anders an. Sie ging den Pfad entlang und erblickte die Bäume, die jeweils auf jeder Seite standen. Der Himmel vor ihr färbte sich langsam rot, trotz der dunklen Nacht. „Oh nein!“ sagte sie und lief los. Das konnte doch nicht sein! Als sie aus dem Wald kam, erblickte sie das Anwesen, welches sie immer in den Träumen gesehen hatte. Ihr Anwesen. Es brannte, wie es in ihrem Träumen getan hatte. Verzweifelt rannte sie nun auf die Tür zu, hielt jedoch inne, als sie sich selbst als Kind sah. Blutüberströmt, mit dem Kopf einer Frau im einem Arm und ein Messer in der anderen Hand. Um ihr herum lagen Leichen. Ein schwarzer Schatten tauchte hinter dem Mädchen auf, doch erkannte Vhil nicht, wer es war. „Maru?“ fragte sie. Der Schatten reagierte auf sie, doch Vhil wich zurück. Sie glaubte nicht, dass es Martin war. Jener Schatten schwebte um das Mädchen herum. „Ciel Phantomhive“ kam es von ihm, gefolgt von einem Gelächter. „Du… Du bist jener, der…“ Sie stockte. War es wirklich dieser Schatten gewesen, der all ihre Familienmitglieder tötete? Nein. Sie sah noch genauer hin. Sie selbst hatte ein Messer in der Hand. Sie weitete die Augen. „Ich…?“ hauchte sie und fasste sich mit beiden Händen an den Kopf. „Nein… Ich kann das nicht… Niemals…“ Ein lauter Schrei folgte. „Hey! Alles in Ordnung?!“ rief Grell, der bislang nur über William geredet und nicht bemerkt hatte, dass Vhil ihm gar nicht zuhörte. Erst als sie begann zu schreien, schreckte er auf und nun stand er vor der am Boden gekrümmten Türkishaarigen, die sich die Seele aus dem Leibe schrie. Der Rothaarige wusste nicht was er tun sollte. Als er sie an der Schulter berührte, schlug Vhil um sich. „Nein! Lass mich! Lass mich in Ruhe! Ich habe sie nicht getötet! Ich habe niemanden getötet! Nein!“ schrie sie immer wieder und rannte los, jedoch stolperte sie und stürzte auf den Boden. Grell wollte gerade zu ihr laufen, da hörte er jemanden rufen: „VHIL!“ Grell blickte nach oben. Ronald, welcher auf seinem Rasenmäher stand und über den Bäumen hervorsprang, landete neben Vhil und lief auf sie zu. „Vhil! Vhil!!!“ rief er und rüttelte sie. Vhils Gesicht war von Tränen überströmt, ihr Ausdruck war qualvoll und ihr Haar ganz zerzaust. „Ich war es nicht…“ heulte sie nur und ihr Körper zuckte einige Male. Ronald drückte sie an sich und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Ich habe sie nicht getötet…“ wimmerte sie leise, sich unbewusst an den Älteren drückend. Dieser hatte die Augen geschlossen. „Du hast niemanden getötet… Glaub mir.“ hauchte er und tatsächlich wurde Vhil ruhiger. Sie schluchzte einige Male, dann war sie ganz ruhig. Jedoch schlief sie nicht. Sie hatte einfach nur die Augen geschlossen und sich die Ohren zugehalten. Trotzdem hörte sie ganz deutlich Ronalds sanfte Stimme. Sie öffnete die Augen. „Es tut mir Leid…“ hörte sie ihn sagen. „ Ich wollte dich nicht verletzen… Ich wollte einfach nur nicht glauben, dass es jemanden gibt, der sogar für mich sein Leben riskieren würde…“ hauchte er leise. Die Kleine lächelte leicht, ließ von ihren Ohren ab und krallte ihre Finger in sein Hemd. Sie schloss erneut die Augen und atmete tief ein. „Lass mich nie wieder wütend auf dich sein… das ist ein Befehl…“ murmelte sie, ehe sie dann doch einschlief. Ronald lächelte nur und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Kapitel 9: Neuanfang -------------------- „Und ich wiederhole es noch einmal, damit du es dir endlich einprägst: Noch so ein Fehltritt und du bist entlassen!“ ertönte Williams strenge Stimme, ehe aus dessen Büro Grell nur niedergeschlagen heraustrat und mit hängendem Kopf durch die Gänge schlenderte. Da wollte er nur einmal nett sein und sogar William ein wenig entlasten, da bekam er die ganze Ladung ab, weil Vhil momentan nicht in der Lage war, sich Williams Predigt anzuhören. Sie lag im Krankenzimmer und schlief seelenruhig. Die Nacht hatte sie durchgeschlafen, der Morgen brach schon an. Ronald saß am Bettrand und schlief ebenfalls, den Kopf auf die Arme gebettet. Alan, welcher von ihrer Rückkehr gehört hatte, stand lächelnd an der Tür des Krankenzimmers und beobachtete die beiden. „Was machst du hier?“ hörte er eine Stimme hinter sich und als er sich umdrehte, erblickte er Eric, welcher mit beiden Händen in den Taschen auf ihn zuging. „Ich wollte nur sehen, ob es den beiden gut geht.“ sagte er nur und schaute wieder zu den beiden. Eric folgte seinem Blick und seufzte. „William wird nicht sehr erfreut sein, wenn sie erst einmal wach wird… Die Kleine tut mir jetzt schon Leid…“ „Dabei wollte sie nur nach Antworten finden… Ob sie welche gefunden hatte?“ wollte der Jüngere wissen, ehe die beiden von der Tür weggingen. Ganz woanders, außerhalb Londons: In einem Wald, tief verborgen und schwer auffindbar, lag eine Ruine. Der Boden um die Ruine herum war schon recht tief versetzt, sodass man sie nicht direkt sah. Aber wenn man genauer hinschaute, erkannte man zwischen den Ruinen ein halb zerstörtes Haus, das wohl mal als Jägerhaus gedient hatte. Es war zwar groß, doch mehr als die Hälfte war niedergebrannt oder zerstört. Vielleicht war es auch einst ein kleines Dorf, ganz tief im Wald versteckt. Ein junger Mann mit schwarzem Haar stand vor dem Eingang, der in das Innere des Hauses führte und blickte nach oben. Über dem Wald sah man eine Klippe, die recht hoch oben stand. Der Himmel war grau, die Wollen beinah schwarz. „Ein Unwetter zieht auf…“ murmelte der junge Mann und seine roten Augen wurden zu Schlitzen. Er hörte Schritte und drehte sich um. „Bocchan…“ murmelte er, den Jüngeren erblickend, welcher nur mit einer recht schlecht gelaunten Miene zum Himmel sah. „Ich hab ein recht ungutes Gefühl bei der Sache, Sebastian…“ murmelte der letzte Überlebende der Phantomhives, welcher sich nun zurückgezogen hatte, da er nun genau das war, was sein treuer Diener war: Ein Dämon. „Ja… Ein Sturm zieht auf…“ erwiderte der Größere und verbeugte sich. „Geht am Besten wieder rein, Bocchan…“ Der Jüngere verengte die Augen, doch hörte er auf den Rat seines Butlers und verschwand wieder ins Haus. Sebastian folgte ihm, wagte jedoch einen letzten Blick zur Klippe. Ein leichtes Grinsen legte sich auf seinen Lippen, dann schloss er die Tür, als er hinein ging. Im Inneren des Hauses gab es insgesamt zwei Zimmer, die von der Zerstörung verschont geblieben waren. Eines der Zimmer gehörte Ciel, da er trotz allem Schlaf brauchte. Er konnte mit seinen neu erworbenen Kräften nicht umgehen und wenn er diese trainierte, war er immer recht müde. Das andere Zimmer diente als Wohnraum. Dort hielt sich Sebastian die ganze Zeit auf. Eine Küche brauchten sie nicht, denn Dämonen brauchten nicht unbedingt die Nahrung, die die Menschen zu sich nahmen. Seelen von Menschen, die mit den Dämonen einen Vertrag schlossen, waren die Hauptnahrung, doch Sebastian musste dieses Mal auf die Seele seines Vertragspartners verzichten, da dieser nun ebenfalls ein Dämon war. Jedoch weigerte sich Ciel, eine Menschenseele zu sich zu nehmen. Vor allem waren die beiden nun für die Shinigami ein Dorn im Auge, da sie nun zwei Dämonen waren, die in der Menschenwelt verweilten. Ciel setzte sich auf die Couch im Wohnraum und lehnte sich zurück. Er fasste sich mit der einen Hand an die Schläfe und massierte sie. „Habt Ihr zu wenig Schlaf bekommen, Bocchan?“ wollte Sebastian wissen, welcher nun vor ihm stand. Er bemühte sich, die beiden Zimmer mit seinen Kräften vor Stürmen zu beschützen, damit sie nicht zusammenbrachen. Denn woanders konnten sie schlecht hingehen und zurück in die Dämonenwelt konnten sie nicht. Der Jüngere schloss die Augen. „In letzter Zeit träume ich dauernd von bestimmten Szenen…“ murmelte er. „Welche Art von Szenen?“ „Ein Anwesen brennt… Umgeben von einem Wald… Viele Leichen liegen herum. Dann ist da ein Mädchen, was dauernd nach mir ruft… Doch irgendwie war es kein Mensch, es hatte eine dämonische Aura…“ erzählte der Silbergrauhaarige. Sebastian blickte interessiert auf. „Ein Mädchen mit dämonischer Aura?“ wiederholte er nur. Ciel nickte. „Sie ruft nach mir… Ständig… In jedem Traum… Aber ich weiß nicht, was sie von mir will…“ „Vielleicht ist es kein Traum, sondern eine Vision?“ „Wie meinst du das??“ „Ich habe eine schwache Aura eines Dämons gespürt… Es war vor mehr als einer Woche, als ich in der Stadt war, um nach neuen Informationen zu suchen. Ich folgt der Spur, aber sie führte mich zu einem Menschenkind.“ Ciel setzte sich auf und sah seinen Diener mit großen Augen an. „Das sagst du mir erst jetzt?!“ „Ich wusste nicht, dass Ihr von ihr träumt, Bocchan…“ „Wo ist sie jetzt?!“ wollte er wissen und erhob sich. Sebastian legte seine Hände auf dessen Schulter und setzte ihn wieder auf die Couch. „Anscheinend wurde sie von den Shinigami gefangen genommen…“ meinte er und verengte leicht die Augen. „Aber was wollt Ihr tun, wenn Ihr sie findet?“ wollte er anschließend wissen. Ciel lehnte sich wieder zurück und seufzte. Es war eine Frage, die er nicht beantworten konnte. Was wollte er denn wissen? Wieso sie nach ihm rief? Oder warum sie eine dämonische Aura hatte? Er hatte so viele Fragen, doch insgeheim fragte er sich, warum er sich für sie interessierte, da er sich um nichts anderes mehr scherte. Er schloss die Augen und atmete tief ein. Sebastian wandte sich ab und blickte aus dem Fenster. „Wir sollten bald aufbrechen…“ „Aufbrechen?“ Ciel öffnete die Augen und musterte seinen Diener, welcher ihm den Rücken gekehrt hatte. „Ihr könnt Euch entscheiden. Entweder sucht Ihr dieses Mädchen auf und fragt sie, warum sie nach Euch ruft. Oder wir verschwinden von hier und suchen einen Ort, an dem keine Menschenseele auftaucht…“ „Der zweite Vorschlag verspricht recht langweilig zu werden…“ „Nun, dies ist nun mal der Nachteil, wenn man ein Dämon ist…“ murmelte Sebastian, ohne sich umzudrehen. Ciel konnte nicht deuten, ob sein Diener die Ewigkeit verfluchte oder nicht. Aber er selbst bezweifelte, dass er es lange aushalten würde. Im Hauptquartier der Shinigami wurde Vhil wach. Sie blinzelte einige Male, ehe sie realisierte, dass sie im Krankenzimmer lag. Doch aufstehen wollte sie nicht. Denn sie hatte sich ohne Erlaubnis davon gemacht und nun würde eine Predigt von William auf sie warten. Darauf hatte sie keine Lust. Am liebsten würde sie erneut versuchen, abzuhauen, aber dann würde man sie wohl in eine Zelle stecken und das wollte sie auf keinen Fall. Sie richtete sich auf und bemerkte Ronald, der noch immer weiter schlummerte. Er hatte seine Brille ausgezogen, welche nun neben ihm lag. Vhil musterte ihn. Hatte er auf sie gewartet? Doch wenn sie sich recht entsann, hatte sie seine Stimme gehört, als sie diese merkwürdige Visionen hatte. Sanft strich sie ihm über die Schläfe, wobei eine Strähne in sein Gesicht fiel. Vorsichtig strich sie diese weg, da regte sich der Shinigami. Sofort zog sie die Hand weg und beobachtete ihn dabei, wie er sich aufrichtete und genüsslich gähnte. Sich danach streckend, bemerkte er, dass Vhil wach war und strahlte. „Guten Morgen!“ trällerte er und zog sich die Brille an. Die Türkishaarige erwiderte das Lächeln, schwieg jedoch. Sie senkte ihren Kopf und seufzte. Ronald, welcher nicht wusste, was sie nun hatte, stutzte. „Uhm… Vhil?“ Er wollte mit der Hand ihre Schulter berühren, doch ließ er es bleiben. Er wollte sich gerade abwenden, als Vhil ihm um den Hals fiel. Erschrocken hielt er die Luft an. „V-Vhil?“ „Ich will meine Vergangenheit nicht wissen!“ hauchte sie leise. Der Zweihaarfarbige schluckte, dann legte er seine Arme um sie. Sie zitterte ein wenig. „Jedes Mal träume ich davon, dass das Anwesen, in welchem ich gelebt haben soll, brannte… Alle sind tot… Auch wenn es vielleicht nicht wahr ist… ich will es nicht wissen…“ Ronald schwieg nur und strich mit der Hand ihren Rücken auf und ab. Es musste schrecklich sein, wenn sie nun alles hinwarf. Vhil hatte die Augen geschlossen. Sie wollte es aufgeben, nach Ciel zu suchen. Sie wollte einfach noch mal neu anfangen. Doch ihr wurde bewusst, dass sie vielleicht weg musste und sie würde die Shinigami nicht mehr wiedersehen können. Dabei hatte sie angefangen, sie alle zu mögen. Ganz besonders ihn… Der Ältere löste die Umarmung und lächelte. „Es ist besser, die Vergangenheit einfach hinter sich zu lassen. All die Jahre hattest du nach Antworten gesucht, aber im Endeffekt hast du nie eine erhalten, nicht wahr?“ Vhil nickte. Er hatte recht. Doch Lächeln konnte sie nicht. Ihr war nicht danach. „Meinst du, ich muss dann… von hier weg?“ Der Andere war nun recht verwundert über ihre Frage. Eigentlich wollte sie immer weg, doch nun schien sie doch bleiben zu wollen. Er wusste nicht, ob William es zuließ, doch auch er wollte nicht, dass Vhil gehen musste. Er schaute sie entschlossen an. „Ach was! Solange dieser Dämon in dir ist, wird William dir bestimmt nicht erlauben, das Quartier zu verlassen!“ sagte er, auch wenn dies nur eine Ausrede war. Die Türkishaarige sah ihn an. Martin hatte sich noch immer nicht gezeigt. Was wohl mit ihm los war? Spüren konnte sie ihn auch nicht. Es war, als wäre er komplett aus ihrem Leben verschwunden. Nach einer Weile gingen die Beiden zu William, welcher in seinem Büro Papierkram erledigte. Das Klopfen und das Eintreten von der Kleinen ließen ihn aufblicken. Er verengte die Augen, was Vhil ein wenig Angst machte. „Du bist endlich wach.“ stellte er fest und legte den Stift beiseite. „Nun, dass Grell und du euch klammheimlich aus dem Staub gemacht habt, nur weil du deine egoistischen Ziele verfolgen willst, schreit deutlich nach einer heftigen Strafe!“ knurrte er. Vhil schluckte derweil, doch sie blieb einfach nur vor ihm stehen und erwiderte seinen Blick. „Deinetwegen hätte Grell einen Rausschmiss riskiert…“ Sie seufzte. „Tut mir Leid…“ Dass Grell sie eigentlich dazu verleitet hatte, wollte sie nicht sagen. Es war sowieso besser, wenn sie den ganzen Senf abbekam, anstatt dass jemand anderes dafür bestraft wurde. „Ich habe ihn darum gebeten, mir zu helfen…“ Die beiden Männer stutzten. William wusste, dass sie log, aber er sprach weiter. „Das bedeutet, dass wir dich gar nicht mehr raus lassen können… Noch immer hast du diesen Dämon in dir und dies wiederum bedeutet Gefahr für die Menschen in der Stadt.“ Die Kleine nickte nur. „Solange wir nicht wissen, was es mit deiner Vergangenheit und dem Dämon auf sich hat, musst du hier bleiben, aber solltest du erneut solch einen Fluchtversuch starten… werde ich dich töten!“ Das letzte Wort ließ Vhil aufblicken. Er meinte es wohl ernst. Ronald glaubte nicht, was er da hörte. „M-Moment mal! Sie ist doch nur ein Mensch, der einen Dämon in sich hat! Einen Vertrag, wie es Sebastian mit dem Bengel gemacht hatte, hat sie doch gar nicht!“ versuchte er sie zu verteidigen. Vhil nickte. „Einen Vertrag haben wir wirklich nicht… Sonst würde Maru sich melden, wenn ich nach ihm rufe, das tut er aber nicht.“ bestätigte sie. William seufzte. „Jedenfalls, sollst du es wieder tun, dann werde ich keine mehr Rücksicht nehmen, egal was ihr sagt!“ knurrte er und machte eine Handbewegung, die bedeutete, dass sie nun gehen konnten. Ronald nahm Vhils Hand und zog sie aus dem Büro. Außerhalb atmeten beide auf. „Und ich dachte, er würde mich anbrüllen…“ murmelte die Kleine. Der Ältere grinste breit. „Jedenfalls kannst du doch hier bleiben!“ sagte er und schien recht froh darüber zu sein. Vhil nickte und war auch recht froh. Die beiden sahen sich an. Der Größere zog Vhil wieder an sich und umarmte sie, was die Kleine diesmal zum Stutzen brachte. „Ronni?“ fragte sie leise, doch er antwortete nicht. Sie kuschelte sich an ihn und lächelte leicht. Sie durfte bleiben. Das war zumindest das Wichtigste, denn als sie weg war, hatte sie das alles schrecklich vermisst. Besonders Ronald. Dieser löste die Umarmung wieder und grinste, wie er es immer tat. „Willkommen zurück!“ rief er und zog sie mit sich. Vhil musste kichern, das war so typisch. Sie begaben sich zur Kantine, wo auch Alan und Eric waren. Ersterer lief direkt auf die beiden zu und schien froh zu sein, dass die beiden Williams Predigt überlebt hatten. Eric legte eine Hand auf den Kopf der Kleinen und grinste nur breit. Vhil lächelte. Es war, als hätte sie ein neues Zuhause gefunden, in der jeder sie akzeptierte. Es fühlte sich richtig an. Sie würde einfach neu beginnen, wer weiß, vielleicht würden die Antworten auf ihre Vergangenheit von selbst zu ihr kommen. Sie verließ sich einfach mal darauf und würde die Zeit nutzen, um sich wie ein normales Mädchen zu verhalten unter all den nicht ganz so normalen Leuten wie die Shinigami hier. Kapitel 10: Gewöhnlicher Alltag ------------------------------- Zwei Tage vergingen. Grell hatte sich seit Williams Predigt zurückgezogen und hatte es bereut, Vhil nach draußen mitzunehmen. Diese fand ihn am gleichen Abend und hatte sich entschuldigt, dabei erwähnte sie, dass sie ihn einfach darum gebeten hätte. Ob es William dann glaubte, war ihm überlassen. Nach einem Tag bereits hatte sich Grell wieder gefangen und startete seine Flirtversuche an William von Neuem. Alan und Vhil hatten sich recht gut angefreundet, denn während die anderen arbeiteten und Alan frei hatte, machten sie ständig etwas zusammen. Er hatte ihr sogar den ‚Vater’ der Shinigami und den Brillenmacher Lawrence Anderson vorgestellt, der jedoch so sehr in seine Arbeit vertieft war, sodass er die beiden erst gar nicht bemerkt hatte. Vhil hatte sogar herausgefunden, dass eine der Empfangsdamen Plüschpuppen herstellte, wenn sie dazu kam. Da recht wenig los war, brachte sie Vhil bei, wie man eine machte. Die Sonne stand hoch am Himmel und gerade kamen Eric und Ronald wieder zurück von ihrer Mission. Letzterer streckte sich und rieb sich ein Auge vor Müdigkeit. „In letzter Zeit gibt es dauernd Arbeit, Arbeit, Arbeit…“ knurrte er leise. Sein Kollege lachte nur. „Was erwartest du denn? William ist bei so was recht streng und in letzter Zeit hast du ja deine Arbeit vernachlässigt.“ „Was?“ Ronald fühlte sich ein wenig ertappt. Er hatte sich in der letzten Zeit nur um Vhil gekümmert, aber jetzt, wo sie sich anders entschieden hatte, hatte er wieder angefangen, seine Missionen zu erledigen. Bei einer Empfangsdame gaben sie ihre Death Scythe ab und der Blondschwarze seufzte. „Was ist mit dir?“ fragte er zurück. Eric hob eine Augenbraue. „Was soll mit mir sein?“ „Alan hängt in letzter Zeit sehr an dir. Läuft da was?“ Ronald grinste nur fies, in letzter Zeit dachten recht viele, da liefe etwas zwischen den Beiden, dabei waren Eric und Alan die Einzigen, die eine recht tiefe Freundschaft zueinander pflegten. Der Größere knurrte nur. „Fang du nicht auch damit an…“ „Eric-Senpai!“ hörten sie anschließend Jemand vertrautes rufen. Der Andere grinste noch breiter, ehe der Gerufene leicht mit den Augen rollte. „Musst du aber gerade sagen! Du lässt hier alle Damen fallen, nur wegen einem unreifen Mädchen!“ Ronald schoss die Röte ins Gesicht. „W-Wie bitte? Das ist doch gar nicht wahr!“ trotzte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Alan erreichte die beiden und strahlte. „Hier!“ Er drückte Eric eine kleine Stoffpuppe in die Hand. Er starrte darauf. „Uhm…“ machte er und wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Der Zweihaarfarbige kicherte. „Er sieht dir richtig ähnlich, Eric~!“ neckte er den Älteren. Alan nickte. „Ich hab mir Mühe gegeben!“ Die Jungs schwiegen kurz und sahen sich an. „Seit wann bastelst du Püppchen?“ „Seit Vhil auf die Idee kam!“ Ronald zog die Augenbrauen zusammen. Vhil und Puppen? So wie sie dauernd drauf war, würde er vermuten, dass sie Voodoo-Puppen bastelte. Vielleicht hatte sie ja eine gemacht, die aussah wie William. Doch Moment, seit wann bastelte Vhil Puppen? „… und sie hat uns dann gezeigt, wie man sie macht.“ erzählte der Kleine und Eric sah daraufhin auf die besagte Empfangsdame, die sich gerade mit Vhil unterhielt. Diese schien voller Eifer zu sein und nickte heftig. Dann wandte sie sich ab und lief auf die drei zu. „Ah zurück von der Mission?!“ fragte sie lächelnd. Eric grinste breit, als er kurz Ronalds Blick einfing, dann ging er auf sie zu. „Ja, wir sind zurück. Und ihr habt schön Püppchen gebastelt?“ fragte er und ließ eine Hand in seine Hosentasche verschwinden. „Ja! Alan hat richtig Talent dafür… ich muss noch ein wenig üben…“ murmelte sie und ließ den Kopf hängen. „Grell sieht irgendwie nicht nach Grell aus… Sondern viel eher nach einer Langhaarkatze, die in rote Farbe gefallen ist…“ Eric prustete darauf los, Alan versuchte ihn zu beruhigen. Ronald legte leicht den Kopf schief. „Wieso machst du denn eine Grellpuppe?“ wollte er wissen. Vhil sah zu ihm auf. „Ich wollte mich noch mal bei ihm entschuldigen, er wäre schließlich beinah rausgeflogen… meinetwegen…“ erklärte sie und lächelte leicht. Der Blonde nickte nur. Eric hatte sich wieder eingekriegt und lehnte sich mit einem Arm an Vhils Schulter. „Und wer bekommt noch alles ein Püppchen?“ „Ah, Vhil, hast du sie eigentlich gefragt?“ fragte Alan plötzlich. Diese grinste breit. „Natürlich! Sie will mir dabei helfen!“ „Das ist toll!“ Die zwei Älteren verstanden nur Bahnhof. Vhil blickte zu Ronald, welcher kurz zusammenzuckte, da sie sich auf einmal zu ihm umgedreht hat. „Wir sehen uns dann später!“ sagte sie, zwinkerte ihm kurz zu und verschwand mit Alan die Treppen hinauf. Eric seufzte. „Versteh einer diese beiden…“ Ronald sah ihnen nach und dachte sich seinen Teil. Kurz darauf wurden die beiden zu William gerufen, um Bericht zu erstatten. Am Abend war Vhil wieder mit Puppen beschäftigt gewesen und schlenderte gerade durch die Gänge, da für heute Feierabend war. Sie schaute keineswegs erfreut, sondern eher recht gequält. Ronald, welcher gerade mit seinem schriftlichen Bericht fertig war, kam ihr entgegen. „Ah Vhil!“ rief er und lächelte. Diese zuckte stark zusammen und erwiderte leicht das Lächeln, ihre Hände hinter ihrem Rücken versteckt. „Fertig für heute?“ fragte er neugierig, dabei die Arme im Visier. Die Türkishaarige nickte. „Jap! Morgen geht es weiter! Und diesmal sieht es mehr nach einem Menschen aus!“ kicherte sie und wollte an Ronald vorbeigehen, jedoch so, dass er ihre Hände nicht sah. Kaum hatte sie es geschafft, wurde sie am Arm gepackt und wieder zu ihm gedreht. Ronald blickte auf die ganzen Pflaster an ihren Finger. „Übertreib es nicht… Du musst so was nicht tun…“ „D-Doch…“ murrte sie leicht beleidigt. Ronald seufzte. Irgendwie ärgerte es ihn, dass Vhil sich so viel Mühe machte, nur um Grell ein Püppchen zu basteln. Schmuck oder ähnliches hätte es auch getan, immerhin bezeichnete sich Grell manchmal selbst als ‚Frau’. Er ließ ihren Arm los und kehrte ihr den Rücken zu. Vhil sah ihm verwirrt nach. „Was hat er denn?“ wollte sie wissen, doch es wurde still, da er aus ihrer Sicht verschwand. Sie blickte auf ihre Hände, dann schluckte sie und ging zurück zu der Empfangsdame. In der Kantine saßen Eric und Alan wieder einmal zusammen an einem Tisch, als Ronald zu ihnen getrottet kam. Letzterer war überrascht. „Senpai, du siehst irgendwie richtig geschafft aus!“ sagte der Brünette. Der Genannte ließ sich auf einen Stuhl nieder, legte die Arme auf den Tisch und bettete seinen Kopf darauf. „Der Bericht war eindeutig zu lang…“ murmelte er nur müde. Eric seufzte. „Du tust mir irgendwie richtig Leid, dafür, dass Will dir jetzt noch mehr Arbeit auftischt.“ Alan klopfte dem Erschöpften auf den Rücken. „Jetzt hast du es ja hinter dir.“ Man hörte ein Summen. Die drei sahen auf und entdeckten Grell, der nun total gut gelaunt an ihnen vorbei spazierte. „Wenigstens einer hat gute Laune…“ knurrte Eric. Grell hatte dies gehört und ging auf den Tisch zu. „Na ihr?“ begrüßte er das Trio und kicherte. „So gut gelaunt, Senpai, was ist passiert?!“ Nach dieser Frage zückte Grell eine kleine Puppe hervor, die aussah wie er selbst. „Zwar ist die Brille pink und nicht rot, aber es wäre doch das perfekte Geschenk für Willi~!“ schwärmte er. „Fängst du jetzt auch damit an?“ knurrte Eric erneut und stützte seinen Kopf auf einen Arm. Dieser schüttelte den Kopf. „Vhil hat ihn mir geschenkt. Als Entschuldigung oder so.“ Ronald hob eine Augenbraue. Grell hat seine Puppe also schon. Doch an was arbeitete Vhil denn dann? „Willi wird sich sicher freuen, denn so ein hübsches Püppchen kann doch nur jemanden zum Strahlen bringen!“ „Nicht jeder ist so wie du, Grell…“ Eric seufzte nur und dachte sich den anderen Teil. Alan lächelte. „Ein Versuch ist es wert… Aber beschwer dich nicht bei Vhil, wenn William es in Stücke zerreißt…“ Den letzten Satz hatte der Brünette eher gemurmelt, sodass Grell es nicht hörte, da er nun davon ging. „Ich muss los~! Bye bye!“ trällerte er und winkte ihnen zu, ehe er aus der Kantine verschwand. Die Nacht brach herein. Ronald ging durch die Gänge und blieb vor Vhils Zimmer stehen. Er musterte die Tür und seufzte ein wenig. Leise öffnete er diese, doch das Bett stand leer. Verwundert darüber schloss er die Tür wieder und begab sich wieder nach unten. Eine der Empfangsdamen führte ihn in eines der Räume, in der sich die Frauen aufhielten, wenn sie nichts zu tun hatten. Vhil saß an einem Tisch und schlief. Von einer Puppe nichts zu sehen. Er ging auf sie zu. „Sie macht sich große Mühe, um es bis morgen fertig zu kriegen!“ hörte er eine der Frauen kichern. Leicht lächelnd zog er seine Jacke aus und legte sie Vhil über die Schulter. Vielleicht fühlte sie sich ja bei den Frauen wohl und hing deshalb bei ihnen herum. Irgendwie vermisste er die Zeit, in der sie dauernd an ihm hing. Sobald er einen Tag frei bekommen sollte, würde er etwas mit ihr unternehmen. So viel stand fest. Leise verabschiedete er sich von den anderen und begab sich auf sein Zimmer. In der Stadt lag alles still. Die Bewohner lagen bereits alle im Bett und schlummerten tief und fest. Für jene, die sich in der Nacht durch die Straßen schlichen, war dies ein großer Vorteil. Eine Gestalt huschte durch die Straßen, gefolgt von einer kleineren. In einem Gebüsch duckten sie sich, da ein Streifenwagen an ihnen vorbei fuhr. Die Polizei hielt erneut ihre Nachtkontrolle ein, doch diese beiden würden sich ganz sicher nicht fassen lassen. „Meinst du, sie ist noch immer in London?“ fragte Ciel Phantomhive, der sich nun für die Suche entschieden hatte. Sein treuer Diener Sebastian blickte umher. „Ich war persönlich noch nie im Quartier der Shinigami. Sie haben eine Art Barriere, sodass ich sie nicht direkt aufspüren kann, das macht die ganze Sache noch etwas schwieriger.“ erklärte er ruhig. Der Kleine schnaubte. „Aber du kannst sie finden!?“ „Natürlich. Was wäre ich denn für ein Dämon, der andere Dämonen nicht aufspüren könnte?“ Für den Älteren war dies wieder mal ein Spiel, in welchem er sich nicht als Verlierer sah. Dies störte Ciel ein wenig, denn so war es bei ihm immer und im Endeffekt hatte Sebastian immer gewonnen. „Meinst du, wir kriegen sie noch bis morgen?“ „Wohl kaum…“ entgegnete der Schwarzhaarige, wandte sich dann lächelnd zu den Kleineren. „Aber wenn wir uns hier eine Weile aufhalten und sie eines Tages dann herauskommt, können wir zuschlagen.“ Ciel senkte den Blick und ging von der Straße weg, weiter in den Park hinein. Sebastian folgte ihm, hatte aber die Gegend im Visier. „Du klingst so, als wäre dies ein Kinderspiel, aber selbst ich kann spüren, dass es eine starke Aura ist!“ knurrte er. Sein Diener schwieg eine Weile, ehe dieser die Augen schloss und breiter lächelte. „Nun, sagen wir es mal so: Die Aura ist eine sehr starke. Doch der Mensch, in dem der Dämon haust, hat keinen Vertrag mit ihm geschlossen, sodass er recht schwach ist für den Anfang… Dieser Dämon ernährt sich von den negativen Erinnerungen und Gefühlen einer Seele. Solange dies nicht der Fall ist, bleibt er geschwächt. Und selbst wenn er doch an Stärke gewinnen sollte…“ Ciel hatte sich derweil zu ihm umgedreht und erblickte seine leuchtenden Augen. „Gegen mich wird er nie ankommen…“ Kapitel 11: Der Sucher wird zum Gesuchten ----------------------------------------- Erneut begann der nächste Morgen hektisch. „Einmal in der Woche geht irgendwo eine Bombe hoch, die jedoch nichts in Flammen steckt und die Menschen erleiden auch keine Verletzungen, dennoch werden sie tot aufgefunden… Wer weiß, welches dämonische Phänomen dahinter steckt, findet die Ursache, bevor es wieder zuschlägt!“ rief William und schickte eine weitere Gruppe nach draußen. Vhil, welche früh am Morgen schon wach war und an ihrem Werk gearbeitet hatte, legte eine Pause ein und beobachtete die Empfangsdamen dabei, wie sie die Waffen an den Shinigami weiterreichten. Ronald stand nun bei einer und wirkte recht müde. Vhil lief auf ihm zu. „Ronni!“ Dieser lächelte sie an. „Na Kleine? Gut geschlafen?“ „Naja ich hab mir ein wenig den Nacken verspannt…“ murmelte sie. Vhil hatte noch immer seine Jacke um ihre Schulter hängen, doch er trug schon eine Neue. „Bewahr sie für mich auf, bis ich wieder da bin!“ sagte er zwinkernd. Sie nickte, dann fiel ihr etwas ein. Sie zog ihre Kette mit der Taschenuhr aus und legte sie dem Älteren an. Dieser blinzelte verdutzt. „Sie bringt Glück!“ sagte sie ernst. Ronald lächelte, zog sie kurz zu sich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Bis später!“ sagte er und flitzte davon. Vhil nickte nur und senkte den Blick. Sie hoffte nur, dass nichts Schlimmes passieren würde. Alan und Eric sprangen über die Dächer in der Stadt hinweg. Jene dämonische Bombe hatte zuvor auch eine recht starke Aura, bevor sie endgültig verschwand. Die beiden spürten eine Aura und verfolgten diese. Doch plötzlich verschwand sie. „Eh?“ Eric hielt an. „Merkwürdig…“ „Senpai?“ „Die Aura, die wir gerade gespürt haben ist weg. Aber dafür liegt in einer ganz anderen Richtung eine andere…“ murmelte er und drehte sich um. Alan spürte dies auch und beide begaben sich wieder zurück. Was sie nicht ahnten: Sie hatten die Aura von Ciel gespürt, welcher in einem Buchladen saß und sich zu verstecken versuchte. Als Sebastian ihn jedoch berührte, verschwand seine Aura, da der Ältere wusste, wie man sie unterdrückte. „Die Shinigami sind scheinbar auf der Suche nach diesen Bombenanschlägen…“ „Bomben?“ Ciel hatte davon nicht viel mitbekommen, er konnte zwar Auren spüren, aber sie nicht richtig deuten. „Ja, Bomben, die nichts zerstören, aber Menschen töten, in dem ihre Seelen gefressen werden…“ Der Kleine machte große Augen. Die Stadt wurde wieder von etwas Unmenschlichem bedroht? Ein Teil seiner Gerechtigkeit drohte wieder an die Oberfläche zu gelangen, doch Ciel musste sich aus allem heraushalten. Wenn er sich der Öffentlichkeit zeigen würde, dann könnte es sein, dass ihn Jemand erkennen würde. Die beiden schlichen aus dem Buchladen und Sebastian rief eine Kutsche, in welche sie anschließend einstiegen. Die Shinigami suchten jede Ecke nach einer vermeintlichen Bombe ab. Ronald stand zusammen mit Grell auf eines der Dächer und sah sich um. Letzterer beobachtete eine Kutsche, die die Straßen entlang fuhr. „Hach, irgendwie klopft mein Herz schneller, wenn ich diese Kutsche beobachte…“ schwärmte er. Sein Partner rollte mit den Augen. „Senpai, konzentrier dich auf unsere Mission!“ „Es ähnelt dem Gefühl, wenn ich Sebasu-chan gegenüber stehe~!“ Der Blonde stutzte. Zwar hatte sein Senpai einen Knall, aber irgendwie schaffte dieser es immer, Sebastian aufzuspüren, auch wenn dieser normalerweise keine Spuren hinterließ. Er sprang vom Dach und holte mit seinem Rasenmäher aus, welches er daraufhin in die Kutsche krachen ließ. Die Pferde galoppierten davon und der Fahrer lag verletzt auf dem Boden. Ciel hustete stark unter den Trümmern, doch wurde er nicht getroffen, da Sebastian sich schützend über ihn geworden hatte. Dieser funkelte den Shinigami an, welcher mit seiner Vermutung richtig lag. „Jetzt müssten wir nur noch den Beweis aufbringen, dass ihr die Schuldigen an den Bomben seid und wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe!“ sagte Ronald und grinste fies. Grell, welcher ihm gefolgt war, hielt inne, als er Sebastian entdeckte. „Oh, Sebasu-chan, wie sehr habe ich dich vermisst!“ trällerte er vergnügt und lief auf den Schwarzhaarigen zu. Dieser wich aus und trat dem Rotschopf gegen dessen Gesicht. Grell taumelte. „Die schmerzhafte Sehnsucht nach dem Geliebten~, es ist lange her!“ „SENPAI!“ fauchte Ronald und verengte die Augen. Er musterte Ciel, den er damals als Menschen getroffen hatte. Jetzt war dieser ebenfalls ein Dämon. „Du hast dich also für diese Seite entschieden…“ murmelte er. Der Angesprochene wandte den Kopf zur Seite. „Solltet ihr wirklich für diese Anschläge verantwortlich sein…“ Der Rasenmäher gab Geräusche von sich, ehe Ronald auf Ciel zuraste. „Ich werde euch Vhil niemals überlassen!“ Ciel zuckte zusammen, als er den Namen hörte. Das Mädchen in seinen Visionen hatte sich mit den gleichen Namen vorgestellt. Gerade als er etwas erwidern wollte, warf sich Sebastian vor ihn und hielt den Angreifer auf. „Wir sind nicht Schuld an den Bombenanschlägen! Es waren andere Dämonen!“ „Wieso seid ihr wieder in der Stadt?“ Je länger Ronald die beiden ansah, desto wütender wurde er. „Ihr habt Jemanden, der zu uns gehört!“ sagte Sebastian, wobei er zu Ciel linste. „Oder eher, die zu meinem Herrn gehört.“ Der Blondschwarze schnaubte. „Sie wird niemals zu euch gehören!“ Er schleuderte seine Waffe einmal um sich herum. Sebastian zog Ciel mit sich und wich aus, in dem er nach hinten sprang. Der Kleine jedoch versuchte sich zu lösen. „Warte! Das Mädchen ist doch auch auf der Suche nach mir!“ „Ist sie nicht!“ fauchte Ronald. Grell, welcher wieder zu sich kam, hatte seine Kettensäge angeschmissen. Er leckte sich über die Lippen. „Sie hat die Suche nach dir aufgegeben, Kleiner. Sie will ein normales Leben führen.“ Er stürzte auf Sebastian zu. „Ein Kampf mit dir hatte mir all die Zeit gefehlt, mein Geliebter!“ Angewidert sprang Sebastian mit Ciel auf eines der Dächer. „Bocchan, ich schlage vor, wir ziehen uns fürs Erste zurück!“ „Warte! Sind wir etwa umsonst zurückgekehrt?!“ „Wir werden uns das Mädchen noch holen.“ Dieser Satz machte Ronald nur noch wütender. Wie konnten sie es wagen, Vhil gleich als ihre abzustempeln? Sie hatten sie noch nie gesehen. Grell lachte. „Vergesst es. Vhil gehört euch nicht.“ Er zwinkerte. „Denn sie gehört unserem Kleinen hier.“ Er deutete auf Ronald, welcher nur wütend schnaubte. Sebastian hob eine Augenbraue, dann legte er leicht den Kopf schief. „Für einen Dämonen ist es ganz leicht, das Eigentum von Jemanden zu entreißen!“ Mit diesen Worten verschwand der Dämon zusammen mit seinem Herrn, welcher sich noch immer zu befreien versuchte. Ronald biss sich auf die Unterlippen. Eigentum? Vhil war doch nicht sein Eigentum. Vhil war ein ganz normales Mädchen… Doch irgendwie schmerzte es ihn. Sollte er Vhil von ihnen erzählen? Oder sollte er es für sich behalten? Nach ewigem Suchen hatten die Shinigami keinen Erfolg bei der Suche nach der Dämonenbombe. Als Sebastian verschwand, war es so, als schaltete er somit auch die Auren der anderen aus. Nichts war mehr zu spüren. Ronald dachte noch immer an jene Worte. Er war einer der letzten, die in das Quartier zurückkehrten. Vhil, welche von der Rückkehr gehört hatte, wartete bei den Empfangsdamen auf die anderen. Etwas panisch sah sie sich um, war umso mehr erleichtert, als sie Ronald erblickte und rannte auf ihn zu. „Ronni!“ Dieser sah auf und zuckte leicht zusammen. Vhil kam vor ihm zum Stehen. „Ich bin fer- Was hast du?“ wollte sie wissen, ihr Strahlen verschwand sofort, denn sie sah, dass es dem anderen nicht gut ging. Dieser wandte den Kopf zur Seite. „Ronni?“ Dieser wandte sich ab und ging an ihr vorbei. Leicht erschrocken drehte sie sich zu ihm um und sah ihm nach. Was hatte er denn? Grell taumelte an ihr vorbei. „Sebasu-chan… Du bist immer noch so herrlich wie damals…“ Sie weitete die Augen. Sebastian? Sie hatten ihn gesehen? Sie zog an Grells Jacke, welcher sich zu ihr wandte. „Hm? Ah, du bist es.“ „Ihr habt… Sebastian gesehen? Und Ciel?“ Der Rotschopf grinste. „Ja. Sie scheinen über dich Bescheid zu wissen, sie wollten dich holen…“ sagte er. Vhil ließ ihn los. Sie waren hinter ihr her? Wieso? William tauchte hinter den beiden auf und richtete sich seine Brille. „Was willst du tun?“ fragte er, an Vhil gewandt und Grells Anschmachterei ignorierend. Diese starrte ihn an. „Wie, was will ich tun? Gar nichts tu ich! Ich habe beschlossen, mich nicht mehr auf die Suche zu begeben… Mich interessiert die Vergangenheit nicht mehr… Wieso…“ Sie war verwirrt. Sie wurde auf ihr Zimmer geschickt und dort saß sie auf ihrem Bett. Neben sich lag die Jacke von Ronald, in ihrer Hand hielt sie eine armgroße Stoffpuppe, die Ronald recht ähnlich sah. Sie starrte ihn an. Erst suchte sie Jahrelang nach Ciel Phantomhive. Sie fand ihn nicht, weder ihn noch eine Antwort auf ihre Vergangenheit. Anschließend wollte sie aufhören mit der Suche, da begann Ciel nach ihr zu suchen. Warum? Sie hatte damit abschließen wollen. Den Kopf sinkend und die Puppe an sich drückend schloss sie die Augen. „Maru… Antworte mir doch endlich… Was passiert hier…“ Wie erwartet bekam sie keine Antwort von ihm. Eine Woche hatte er sich nicht mehr gemeldet. Martin war nie jemand, der viel sprach, aber er tauchte zumindest immer auf, wenn sie ihn gebraucht hatte. Vhil kippte zur Seite auf das Bett und wollte einfach nur schlafen. In Williams Büro standen Grell und Ronald vor dem Dunkelhaarigen und berichteten über die Begegnung mit Ciel und Sebastian. Ihr Vorgesetzter seufzte leicht. „Mich würde interessieren, warum sie das Mädchen haben wollen… Vielleicht haben sie gespürt wie stark ihr Dämon ist und wollen diese Kraft nutzen?“ „Darf ich etwas sagen?“ fragte Grell und hob die Hand. „Sebastian ist zwar ein sehr starker und noch dazu ein gutaussehender Dämon, der mich jedes Mal aus der Bahn wirft…“ schwärmte er und legte sich die Hände ans Herz. „Doch er führt noch immer die Befehle seines Herrn aus und braucht keine weiteren Dämonen, um an Kraft zu kommen. Er ist ja selbst schon stark genug, um es mit uns allen aufzunehmen.“ kicherte er und drehte sich einmal. Ronald schnaubte und ballte seine Hände zu Fäusten. „Ich werde ihnen Vhil niemals überlassen!“ „Wir alle wollen das nicht, Mr. Knox.“ ertönte Williams Stimme, worauf die beiden aufsahen. „Wer weiß, was sie mit der Kleinen vorhaben, aber noch haben wir sie in unserer Gewalt und ich überlasse niemanden, der zu uns gehört!“ Total überrascht von der Einstellung ihres Vorgesetzten sahen die beiden sich kurz an, ehe Ronald leicht lächelte. „Ja… Sie gehört zu uns…“ meinte er nur und atmete ein wenig auf. Nach einigen Minuten wurden die beiden rausgeschickt. Grell verschwand sofort die Treppen runter, Ronald steuerte auf Vhils Zimmer zu. Er wollte ihr die Uhr wiedergeben und sich noch bei ihr entschuldigen, da er sie vorhin recht kühl abgewiesen hatte. Er öffnete leise die Tür und klopfte gleichzeitig, doch eine Antwort kam nicht. Er wusste auch wieso. Leise schlich er näher an das Bett, in welches Vhil schlief und hockte sich erst einmal hin. Sanft strich er ihr über die Wange. „Tut mir Leid wegen vorhin…“ murmelte er und bemerkte dann die Puppe in ihrem Arm. Mit großen Augen nahm er diese und musterte sie. „Das soll ich sein?“ fragte er leicht irritiert. Die Puppe sah viel zu kindlich und niedlich aus als er es war. Doch es freute ihn, dass Vhil sich viel Mühe gegeben hatte, nur um aus ihm eine Puppe zu machen. Er legte sie zurück und blickte wieder ernst. Er würde sie niemals den Dämonen überlassen. Niemals. Und wenn er dafür sein Leben geben müsste… Kapitel 12: Die Zeit läuft -------------------------- Zwei weitere Tage vergingen. Ronald und die anderen suchten immer noch nach der Dämonenbombe, denn diese würde bald hochgehen und erneut Menschen auf unnatürliche Weise unverletzt töten. Vhil hatte von Ronalds nächtlichem Besuch nichts mitbekommen und dachte noch immer, dass dieser irgendwie wütend auf sie war. Nur Alan hatte versucht, sie zu trösten und ihr gesagt, das läge an dem Stress. William hatte sie in ihr Zimmer eingesperrt, nur zur Sicherheit, denn Dämonen wie Sebastian traute er nie. Zwar bezweifelte er, dass dieser unbemerkt ins Quartier eindringen könnte, doch er wollte sicher gehen. Also saß Vhil auf ihrem Bett und zeichnete auf einem Block herum. Nach einer Weile kippte sie zur Seite und war eingeschlafen. Dass sie dieses Mal etwas anderes träumte, außer ihrer vermeintlichen Vergangenheit, überraschte sie ein wenig. Sie stand in einem Raum. Nicht in einem leeren, eher im Gegenteil, es war gemütlich hier: Vor dem großen Fenster stand ein großer Tisch mit einem Drehstuhl aus Leder. An der Wand war ein großer Schrank, dem gegenüber stand ein großes Bett. Ein kleiner Servierwagen stand daneben und auf diesem befanden sich schön gemusterte Porzellan-Tassen und eine Teekanne. Ein kleiner Teller mit englischem Gebäck war auch dabei. Verwundert sah sich Vhil um. Wessen Zimmer war das? „Wer bist du?!“ ertönte eine recht strenge, aber kindliche Stimme. Erschrocken wandte sie sich zum Schreibtisch, neben welchem ein Junge mit grausilbernem Haar stand. Über sein rechtes Auge war eine Augenklappe und in seiner Hand hielt er einen Gehstock mit einem Totenkopf als Griff. Vhil verengte die Augen. „Wer bist du?“ fragte sie zurück und verschränkte die Arme. „Was machst du in meinem Traum?!“ „Traum?“ wiederholte der Junge und trat näher. Irgendwie kannte Vhil ihn, aber sie wusste im Moment den Namen nicht. „Was machst du in meinem Zimmer?“ „Es ist also dein Zimmer?“ Vhil sah sich noch einmal um, ehe sie den anderen verständnislos ansah. „Wieso träume ich von deinem Zimmer?!“ „Ja, das frage ich mich auch, wir kennen uns ja gar nicht…“ Der Junge ging an ihr vorbei, sie im Auge behaltend. Auf einmal veränderte sich die Form der Pupille und die blaue Farbe ging zu rot über. Vhil weitete die Augen. „Du bist ein Dämon?“ „Du doch auch…“ Die Türkishaarige zuckte kurz zusammen, ehe sie den Kopf schüttelte. „Nein… Ich habe zwar einen in mir, aber selber bin ich kein Dämon…“ erklärte sie knapp und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wie bist du zum Dämon geworden?“ „Hm… Das war kompliziert… Eine andere Seele hat meinen Körper übernommen und einen Vertrag mit einem anderen Dämon gemacht… Anschließend, als die Seele entfernt wurde, kam ich ums Leben. Um eben jenes Leben zu retten, hat mein Butler mich als Dämon zurückkehren lassen… Da anschließend meine Seele, die ihm als Nahrung dienen sollte, wenn der Vertrag seinen Zweck erfüllt hat, verschwunden ist, sind wir beide nun dazu verdammt, ewig zu leben.“ erklärte der Andere und strich über die Porzellan-Tassen. Doch auf einmal schmiss er den ganzen Servierwagen um. Vhil erschrak und wich zurück. „Du… Du musst Ciel Phantomhive sein. Jener, der auf einmal spurlos verschwunden ist und allen gesagt hat, dass er tot sei…“ „Woher weißt du von mir?“ wollte Ciel wissen, der die Augen verengte und sich zu ihr wandte. Die Türkishaarige schluckte. „Ich… Ich kann mich an meine eigene Vergangenheit nicht erinnern. Irgendjemand hat meine Erinnerungen manipuliert. Ich weiß nur, dass der Name ‚Phantomhive’ vorkam und ich begann meine Suche nach dir… Da du eine dämonische Aura besitzt, wusste ich sofort, dass du nicht tot sein kannst und bin dir und deinem Diener Sebastian gefolgt…“ „Wieso hast du aufgegeben?“ „Ich… wollte meine Vergangenheit vergessen… Mich nur auf die Gegenwart konzentrieren. Das, was damals passiert war, kann ich sowieso nicht ändern, also lass ich es einfach geschehen. Ich…“ Vhil stockte. Sie sah Ciel an, welcher sie noch immer anstarrte. „Moment. Ich habe dir nicht gesagt, dass ich aufgegeben habe!“ „Wie schade. Und ich dachte, ich könnte dich in diesem Traum gefangen halten, in dem du glaubst, Antworten auf deine Vergangenheit zu finden.“ erklang eine recht tiefe Stimme. Ciel veränderte sein Aussehen und eine Schattengestalt erschien. Vhil weitete die Augen. „Maru?“ fragte sie, doch sie hielt inne. Es konnte nicht Maru sein. Diese Silhouette… „Du bist… jener, der meine Familie getötet und mir den Namen ‚Phantomhive’ aufgetischt hast!“ fauchte sie und wich zurück. Die Szene veränderte sich und das ganze Zimmer lag in Trümmern. Diesmal war es aber nicht Ciels Zimmer, sondern ein anderes. Ein Zimmer, welches Vhil bekannt vorkam. „Der zweite Teil stimmt. Ich sagte dir einst, dass du die Phantomhives aufsuchen sollst… Aber der erste Teil muss ich leider verneinen. Ich habe sie nicht umgebracht… Du solltest genauer auf deine Träume schauen...“ Er schnipste und neben ihm erschien eine Kugel. Man sah in ihr die ganzen Leichen und mitten drin Vhil als Kind. Noch immer hielt sie den Kopf einer Frau im Arm, neben ihr lag ein blutiges Messer. Vhil schluckte stark. „Nein… Ich war es nicht… Ich…“ Sie weitete die Augen. „Du… Du kontrollierst meine Erinnerungen! Wieso? Ich wüsste nicht, was ich getan haben sollte!!!“ fauchte sie den Dämonen an, den sie noch immer nicht genau erkennen konnte. Dieser schien aber zu lächeln. „Ich kontrolliere nicht deine Erinnerungen… Ich tue dir nur den Gefallen, deine Vergangenheit nicht genau zu kennen. Damals hast du mich angefleht, alles zu vergessen. Du hast die Tatsache verleugnet, dass du sie alle umgebracht hast… Ich bin deinem Wunsch nur entgegen gekommen.“ hauchte der Schatten und trat einen Schritt näher. Vhil wich weiter zurück, stieß dabei einen kleinen Tisch um. Eine halb zerstörte Puppe fiel auf den Boden. „Was…?“ „Erinnerst du dich? Dies war einst dein Zimmer. Du hattest Puppen geliebt, bis an jenem Tag…“ „An jenem Tag?“ wiederholte sie verwirrt. Was war an jenem Tag? Sie versuchte sich zu erinnern, doch es kam nichts. Selbst das Zimmer, was ihr bis eben bekannt vorkam, war ihr nun fremd. Alles versank in der Dunkelheit, außer der Puppe. Vhil kniete nieder und nahm die Puppe in die Hand. Sie genauer betrachtend wurde ihr Blick trauriger. „Jene Menschen, die mir viel bedeutet hatten. Jenes Zuhause, in welches ich mich wohl gefühlt hatte…“ Sie schloss die Augen. „Kaa-san… Maru…“ Auf einmal riss sie die Augen auf. Die Puppe fallen lassend, schnellte sie auf und sah sich um. „Schatten! Sag mir…“ Sie hielt kurz inne, dann fuhr sie fort. „Was geschah mit meinem Bruder?“ wollte sie wissen. Sie hatte einen Geistesblitz. Ein kleiner Junge, der ihr recht ähnlich sah. Ihr Zwillingsbruder Martin, der Geistergeschichten über alles liebte. Sie war sich sicher, sie hatte einen Bruder gehabt. Den Dämon hatte sie wahrscheinlich nach ihm benannt. Doch was genau passierte mit Martin? Warum war er nicht da? Wenn sie sich recht entsann, war er auch niemals in ihren Träumen da gewesen, nicht mal als Leiche. Der ganze Raum erstrahlte auf einmal… „Vhil!“ rief die Stimme, die ihr ganz vertraut vorkam. Als sie die Augen öffnete, erblickte sie in die roten Augen ihres langjährigen Leidensgenossen, der sich seit über einer Woche nicht mehr gemeldet hatte. „Maru!“ rief sie und schreckte hoch. Dieser blickte sie ganz ernst an. „Ich spüre eine dämonische Aura… Anscheinend kommt sie von der Bombe, die bald hochgehen wird…“ murmelte er. Vhil war erleichtert. „Dir geht es gut… Ein Glück…“ hauchte sie und senkte kurz den Kopf, ehe sie ihn wütend ansah. „Du hättest dich ruhig mal melden können!“ fauchte sie. Martin erhob sich, da er in seine Menschengestalt war und seufzte. „Wir haben keine Zeit. Wir sollten es William berichten!“ Verwundert darüber, dass Martin über die aktuelle Situation Bescheid wusste, nickte sie und rannte aus dem Zimmer. Eigentlich war diese verschlossen, aber Martin konnte sich als Schattengestalt immer wieder als Schlossknacker beweisen. Im Büro von William klopfte sie nicht an, sondern platzte einfach herein. Dieser sah leicht genervt auf, dann war er jedoch überrascht, dass der Dämon neben Vhil stand. „Wir haben ein Problem…“ murmelte Vhil und sah ihn ernst an. William musterte sie, ehe er den Stift beiseite legte, erhob sich und bat Vhil, ihm zu folgen, bevor er raus rannte. Die anderen beiden folgten ihm. Alan, welcher zusammen mit den anderen ebenfalls an der Mission teilnahm, schlenderte durch die leere Stadt. Es war allmählich spät geworden und die Menschen haben sich in ihre Häuser zurückgezogen. Die jüngsten Ereignisse mit den mysteriösen Todesfällen hatten sie abgeschreckt, abends ihre Häuser zu verlassen. Der Brünette blickte umher, ehe er eine dämonische Aura spürte. Er blickte auf, sah aber nur William. „Senpai!“ rief er und war etwas überrascht. Hatte er es sich eingebildet? Dieser sprang vom Dach und landete direkt vor ihm. Hinter ihm tauchte Vhil auf, welche den ‚Bodenweg’ benutzt hatte, da sie nicht auf den Dächern rumwandeln wollte und William sie sowieso nicht getragen hätte. Alan machte große Augen. „Vhil!“ Hinter ihr kam Martin zum Vorschein. Also hatte sich Alan doch nicht geirrt. „Wo sind die Anderen?“ wollte der Dunkelhaarige wissen und ging an den Jüngeren vorbei. Dieser und Vhil liefen ihm hinterher. „Nun ja, sie suchen noch immer den Ort, an dem die Bombe hochgehen sollte…“ murmelte er. Ab und zu linste er zu Martin, welcher als Schattengestalt hinter ihnen herschwebte. Dieser zuckte auf einmal zusammen. „Ich spüre eine dämonische Aura, jedoch scheint sie sich erst zu entwickeln…“ murmelte er. Vhil schluckte. „Heißt das, wenn die Aura an Stärke zunimmt, geht irgendwann die Bombe hoch?“ „Sehr wahrscheinlich.“ kam es von William, welcher nun einige anderen Shinigami erblickte und sie zurückrief. Weiter, in der Nähe der Einkaufsstraße bemerkte Eric die dämonische Aura von Martin und somit auch die anderen. „Oi, Boss!“ rief er und sprang vom Dach, auf welchem er stand. „Oh und Vhil darf raus?“ „Es ist eine Ausnahme, da ihr Dämon wieder erwacht ist.“ Eric musterte daraufhin die Schattengestalt und seufzte. „Nun ja, langsam spüren wir eine Aura, die scheinbar immer größer wird… Ist das die Bombe?“ wollte er wissen und blickte zu seinen Kollegen, die auf den Dächern zu ihnen hinab blickten. William nickte. „Ruf Ronald und Grell her und schick die anderen vorerst zurück. Zwar kann uns diese Bombe nichts anhaben, aber wer weiß wie sie zu seelenlosen Wesen wie wir es sind, steht…“ Vhil schluckte nur. Irgendwie wollte sie gar nicht hier sein. Denn sie war noch immer ein Mensch mit einer Seele. Würde die Bombe hochgehen, dann würde sie wahrscheinlich sterben. „William~!“ hörten sie eine Stimme trällern. Grell sprang vom Dach und wollte seinem Vorgesetzten in die Arme springen, doch dieser wich aus und rollte mit den Augen. Vhil erblickte Ronald auf eines der Dächer, welcher sie erschrocken ansah. „Vhil!“ Er sprang zu ihr und funkelte William wütend an. „Wieso hast du sie her gebracht!?“ fauchte er und drückte sie an sich. Vhil, welche gedacht hatte, dass er eigentlich sauer auf sie wäre, war überrascht. Aber sie wehrte sich nicht, diese Nähe hatte sie vermisst. Dieser verengte die Augen. „Weil Martin uns zeigen kann, wo der Dämon ist…“ Der Schatten nahm erneut die Gestalt eines Menschen an. Martin nickte nur und ging voraus. William folgte ihm, ebenso wie die anderen. Ronald nahm Vhil an der Hand und zog sie mit sich. Beide schwiegen sich erst einmal an, ehe Vhil stehen blieb. „Eh?“ Ronald drehte sich zu ihr um. Verwirrt musterte er sie, ehe sie zu ihm aufsah und ihn leicht nervös ansah. „Du… bist nicht sauer auf mich oder so?“ „Was?“ Total durcheinander wandte er sich zu ihr. „Warum sollte ich es sein?“ „Naja… Vor zwei Tagen, als du auf deiner Mission zurückgekehrt bist, hast du irgendwie verärgert gewirkt… und gar nicht mehr mit mir geredet…“ Sie senkte traurig den Blick. Der Blondschwarze lächelte nur und hob ihr Kinn an. „Ich kann dir doch nicht böse sein… Es gab Dinge, die mich beschäftigt hatten… und… Entschuldige, wenn ich dich vernachlässigt habe…“ sagte er mit einer sanften Stimme. Vhil wurde leicht rot, doch sie lächelte. Erleichtert atmete sie auf und kuschelte sich an den Älteren, welcher wieder überrascht war, dann begann zu grinsen. „Hast du mich etwa vermisst, Kleine?“ „Natürlich!“ fauchte sie nur, wobei der andere große Augen machte. Es wurde kurz still zwischen den Beiden, ehe Ronald sie ein wenig von sich drängte und ihr in die Augen sah. „Ich fand rote Augen eigentlich recht beängstigend…“ murmelte er und lächelte, ihr über die Wange streichelnd. „Aber bei dir…“ Gerade wollte er weiter sprechen, da hörten sie einen Knall. Vhil zuckte zusammen und sah zu der Richtung, in der sie den Knall gehört hatte. Dort stieg Rauch auf. „Die… Bombe?“ fragte sie leise. Ronald biss sich auf die Unterlippe. „Bleib du hier!“ zischte er, ehe er in die Richtung rannte, doch eine weitere Explosion schleuderte ihn zurück. „RONNY!“ rief Vhil entsetzt und rannte zu ihm, welcher gegen eine Hauswand gekracht war und bewusstlos liegen blieb. „Ronny…“ murmelte sie und strich ihm über die Wange. Erschrocken drehte sie sich um und erblickte einen großen Schatten, der sich immer mehr vor ihr aufbaute. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)