Kaltherzig von P-Chi ================================================================================ Kapitel 10: the hunger ---------------------- „W-was hast du vor?“, stotterte der rothaarige Jüngling nervös und machte einige Schritte zurück. Wie ein Raubtier schlich ich mich nähe und leckte mir dabei spielerisch über die Lippen. Seine Augen huschten Hilfe suchend zu dem Rudelführer, der sich gelassen auf die Seite gestellt hatte und uns scheinbar desinteressiert beobachtete, als würde er noch nicht einmal im Traum daran denken einzugreifen. Doch der Schein konnte trügen, denn ich wusste mit ziemlicher Sicherheit, dass, sollte ich es zu weit treiben, er nicht zögern würde mich aufzuhalten – endgültig. Meine roten Augen huschten wieder zu Lukas, der nicht mehr ganz so zuversichtlich wirkte wie zuvor. „Wie lange soll ich denn noch warten?“, fragte ich belustigt, mit einem Hauch Ungeduld in der Stimme. Er sollte ruhig wissen, dass es mir todernst war. „Ich mache dich fertig“, grunzte er. „Wir werden sehen“, erwiderte ich unbeeindruckt und grinste wie der Teufel höchstpersönlich. Wenigstens war er nun bereit alles zu geben, um mich dem Erdboden gleich zu machen, was bereits ein erheblicher Fortschritt war – auch wenn es ihm nicht das Geringste nützen würde. Schreiend stürmte er auf mich zu, schneller als ihm das menschliche Auge folgen könnte, und riss das Schwert nach vorne. Ich lächelte, warf mein Haar zurück und war innerhalb eines Wimpernschlags links neben ihm. Ich packte mit der Linken sein rechtes Handgelenk und verpasste ihm nach einer kleinen Drehung mit dem Fuß einen Schlag in den Nacken, der ihn stöhnend zu Boden beförderte und im dreckigen Sand landen ließ. Ich lachte, kehlig und laut. „Oh, Allmächtiger! War das alles? Da habe ich selbst Menschen besser kämpfen sehen!“ „Sei still, Dämon!“, donnerte Lukas, kämpfte sich wankend wieder hoch und bleckte die Zähne. Seine Augen flackerten zwischen denen eines Menschen und die des Wolfes hin und her, scheinbar unschlüssig, was er als Nächstes tun sollte. Seine Schwäche in menschlicher Gestalt zugeben, oder den einzigen Ausweg wählen und sich verwandeln? „Jämmerlich“, kommentierte ich herablassend und gab somit den Startschuss für eine weitere Attacke. Es wirkte auf mich nicht anders, als würde er versuchen mit Federn in Zeitlupe nach mir zu schlagen. Seine Bewegungen waren zu unkontrolliert, vorhersehbar. Meine Ausweichmanöver vielen dementsprechend auch aus. Als der Jungwolf erneut seine Schwertspitze hervor schnellen ließ, sprang ich in die Höhe und landete gezielt auf der Klinge, die er noch immer von sich gestreckt hielt. „Ich korrigiere mich. Es ist nicht jämmerlich, sondern erbärmlich.“ Dieser Kampf glich einer Farce. Es war nicht mehr, als würde ich mit meinem Essen spielen. „Gib besser auf“, riet ich ihm, sprang von der Klinge, duckte mich an einem Hieb vorbei und legte Lukas eiskalt aufs Kreuz. Ein weiterer Tritt meinerseits gegen seinen Unterleib ließ ihn schmerzerfüllt aufheulen. Er würde die Verletzungen, die ich ihm bis jetzt zugefügt hatte locker überleben. Umso mehr Spaß machte es daher ihn zu vermöbeln. Mein Lachen klang nicht mehr menschlich. Bösartig. Grausam. Spiegelte das wieder, was ich wirklich war. Ein Monster. Totenstille erfüllte den ganzen Raum. Keiner der Anwesenden rührte sich oder versuchte auch nur dem Rothaar zu helfen. Wie selbstlos sie doch alle sind, dachte ich sarkastisch und fühlte weder Triumph noch das befriedigende Gefühl des Sieges, das ich sonst immer verspürte, wenn ich jemandem meine Überlegenheit demonstriert hatte. Ich seufzte tief und stellte resigniert fest, dass meine Augen wieder ihr glanzloses schwarz angenommen hatten. „Ich hatte mehr erwartet“, murmelte ich leise, trat über Lukas hinweg und wollte auf Logan zugehen, um endlich mit ihm zu sprechen, doch ein Röcheln ließ mich inne halten. Wie ich aus der Ferne erkennen konnte, hob Logan eine Augenbraue und verzog seinen Mund zu einem schalkartigen Grinsen. „Hmmm“, machte ich, blickte mir über die Schulter und sah zu wie sich der kleine, dumme Junge in eine aufrechte Position kämpfte und dabei war, sich mit vibrierendem Körper in einen Werwolf zu verwandeln. „Es ist noch nicht vorbei, Miststück“, fluchte er und spuckte Blut aus. Ich grinste hämisch. „Das will ich doch hoffen.“ „Ich habe doch gesagt, du sollst ihn nicht töten!“ „Ich habe ihn nicht umgebracht!“, verteidigte ich mich trotzig. „Er ist nur … bewusstlos. Schon wieder.“ Während ich nicht auch nur einen Kratzer am Körper trug, konnte man von noch nicht einmal mehr die Nase des Rothaarigen unter dem vielen Blut erkennen. Wie nicht anders zu erwarten von einer Reinblüterin. Seine wölfische Majestät knurrte und betrat die Arena. Wie üblich waren seine Bewegungen faszinierend. Mit raubtierhafter Geschmeidigkeit bewegte er sich auf uns zu und strahlte dennoch eine gewisse Würde aus, wie nur Könige es konnten. Als sein strenger Blick mich streifte, lenkte ich ertappt meine Aufmerksamkeit auf die anderen Anwesenden und stellte enttäuscht fest, dass kaum noch jemand da war. Während ich mit dem Jungen meinen Spaß gehabt hatte, hatte sich die Zuschauermenge allmählich zerstreut, bis nur noch wenige den Mut aufbrachten, Lukas‘ Niederlage mit anzusehen. Nur einige bekannte Gesichter blieben. Kaiden zwinkerte mir aus einem der hinteren Schauplätze zu. Er wirkte äußerst selbstzufrieden, als er sich einen Weg in unsere Richtung bahnte. „Du hättest ihn nicht so entstellen sollen – seine Heilung wird Tage dauern! Wie viele Knochen hast du ihm zerschmettert? Sechs? Sieben?“ Logans vorwurfsvoller Gesichtsausdruck, der bei jedem anderen wohl bewirkte, dass sie reumütig den Kopf einzogen und verschwanden, verfehlte seine Wirkung bei mir völlig. „Es sind zwölf – und er wird es überleben, wie ich versprochen habe. Ich stehe zu meinem Wort.“ Der Werwolf schnaubte, schnitt eine Grimasse und winkte Kaiden und einen weiteren Werwolf zu sich, der bereits seit geraumer Zeit neben dem Grünäugigen gestanden hatte. Er war ebenfalls einer der neun Jäger die ich im Saal gesehen hatte, als sich der älter wirkende Mann mit den grauen Haarsträhnen – selbst Logan sah im Vergleich um einiges jünger aus – zu unserer kleinen Gruppe gesellte und Logan abwartend anstarrte, während er versuchte meine Anwesenheit gänzlich zu ignorieren. „Kaiden, Rodrigo, bringt Lukas zu den Shamanen und seht zu, dass er wieder auf die Beine kommt.“ Etwas leiser, aber keinesfalls mit der Absicht etwas vor mir zu verheimlichen, fügte er hinzu: „Bald ist Vollmond.“ Ich legte den Kopf schief, als sich die drei angespannten Gestalten wissende Blicke zuwarfen und nickten. Kaiden lud sich den Jungen wie einen Sack Mehl über die Schulter und verschwand in einem der Höhlenausgänge. Rodrigo sammelte stattdessen die Waffen auf, rammte sie alle in die Felswand und folgte seinem Kameraden. Ich wandte mich Logan zu, der Anstalten machte ebenfalls zu gehen, doch ich war innerhalb eines Augenaufschlags vor ihm und verstellte ihm den Weg. Er stoppte, hatte das Gesicht gewohnt grimmig verzogen und schien ziemlich wüster Laune zu sein. „Was? Noch immer nicht genug Blut vergossen?“ Ich blinzelte leicht pikiert. „Das ist es nicht. Jedenfalls nicht direkt. Ich muss mit Euch sprechen.“ „Dann rede“, sagte er mit tiefer Stimme, die mir Gänsehaut verursachte. Ich konnte ihm ansehen, dass eine Unterhaltung das Letzte war, worauf er gerade Lust hatte. Mein Blick schweifte durch die Arena. Hier und da waren noch ein paar Wölfe, die uns lauernd beobachteten und hoffnungsvoll darauf warteten, dass ihr Herrscher mir das Licht ausblies. Er verstand doch, dass ich meine privaten Angelegenheiten nicht in aller Öffentlichkeit besprechen wollte, noch dazu inmitten all jener, die darauf brannten meine Schwächen auszunutzen. Logan folgte meinem Blick und schnaubte. Als er mich mit einem Kopfnicken vorwärts dirigierte, tat ich wie geheißen und ignorierte die ärgerlichen Blicke in meinem Rücken. Darin war ich gut. Die Augen vor den Dingen zu verschließen, die für mich nicht von Wert waren. Unsere Schritte waren in dem Sand nicht zu hören. Unter gewissen Umständen hätte mich das beunruhigt, sogar ziemlich wahnhaft werden lassen, doch ich spürte, dass mir von Logan keine Gefahr drohte – vorerst. Was er mit mir anstellte, wenn ich ihm von meinem Hunger erzählte, war eine andere Geschichte. Wir schritten, für meine Verhältnisse, langsam voran. Mittlerweile war er genau neben mir. „Wie viele von euch gibt es eigentlich?“, fragte er in die Dunkelheit vor uns. „Inwiefern?“ Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Sein Profil war völlig ruhig, als würde er in Gedanken vertieft sein und nur ein oberflächliches Gespräch mit mir führen. „Wie viele reinblütige Vampire gibt es?“, wiederholte er seine Frage konkreter. „Momentan fünf“, erwiderte ich aus zusammengebissenen Zähnen. Seit den Königsschlächtern hatte sich meine Blutsfamilie stark vermindert. Sollte ich auch nur einen von ihnen jemals begegnen, würde ich ihnen das Herz aus der Brust reißen und verschlingen. „Nur fünf?“, fragte der Werwolf skeptisch, als wäre meine Behauptung völlig unmöglich. Es klang tatsächlich etwas kläglich, wenn man bedachte, dass nur fünf Vampire – darunter zwei Kinder – über hunderte von anderen herrschten. „So ist es“, gestand ich mit schmerzverzerrtem Gesicht. Er hatte einen wunden Punkt getroffen. „Und wer sind sie?“ Selbstverständlich schien ihn diese Nachricht zu erheitern, statt zu beunruhigen, was mich nur noch mehr zur Weißglut hätte treiben sollen, wenn ich nur nicht dieses neugierige Glitzern in seinen türkisen Augen gesehen hätte, welches seine Gesichtszüge sanfter, beinahezu freundlich erscheinen ließ. Verflucht. Sofort entspannte ich mich, wofür ich meinen Körper nur als Verräter abstempeln konnte, und rieb mir über den Nacken. Ich fragte mich, wie lange es noch dauerte, bis ich ihm endlich gestehen konnte, dass mich mein Blutdurst allmählich in den Wahnsinn trieb. „Meine Wenigkeit, Leonore, Philippe Guazatti und noch Tyger und Drake Winchester.“ „Erzähl mir mehr. Warum seid ihr nur so wenige?“ „Teils weil andere Vampire jagt nach uns machen, andererseits weil unsere Nachkommenschaft ziemlich rar ist. Als die letzten, weiblichen Reinblüter wären meine Schwester und ich diejenigen, die für die nächste Erbschaft verantwortlich wären, doch dies kann erst in den nächsten paar hundert Jahren geschehen.“ Logan hörte gespannt zu und schwieg, damit ich weitersprechen konnte. „Tyger und Drake sind noch Kinder – keine hundert Jahre alt – und man weiß nie, wie viele Jahrzehnte ein Reinblüter – insbesondere die männlichen – brauchen, um ihren Blutdurst unter Kontrolle zu bringen.“ Nach einer kurzen Pause, fragte er: „Und was ist mit diesem Guazatti?“ „Ein empfindliches Thema“, seufzte ich mit einer Grimasse. „Aber ich denke, das spielt nun keine Rolle mehr, solange es unter uns bleibt.“ Ich warf ihm einen prüfenden Blick zu, den er nur allzu ernst erwiderte, also fuhr ich fort: „Philippe ist ... nun, wie soll ich sagen? Er findet keinen Gefallen an Frauen.“ Er runzelte die Stirn. Wusste nicht, wie er es auffassen sollte. Ich seufzte und half ihm auf die Sprünge: „Er ist dem männlichen Geschlecht ergeben. Vor ungefähr sechshundert Jahren hatten meine Vorfahren versucht, ihn von einer Heirat zu überzeugen – auf viele verschiedene Art und Weisen –, doch seine einzige Reaktion darauf war, dass er entgegen seiner Art fuchsteufelswild wurde und sich mit seinem Harem irgendwo in Griechenland niedergelassen hatte. Eine Katastrophe für unsere Hierarchie. Besonders da ...“ Ich verstummte, als mich die vertraute Wut überschwemmte und der alte Hass wieder in mir hoch kochte, der in all den Jahren kein einziges Mal von meiner Seite gewichen war. Hass auf die machthungrige Königsfamilie. Hass auf Leonore und ihren dummen Thron, für den sie unsere Eltern hat abschlachten lassen. Hass auf mich selbst, die ich keinen Deut besser war als die anderen. „Da was?“, fragte Logan und war stehen geblieben. „Nichts“, murmelte ich ausweichend und schickte mich an weiterzugehen, doch der Werwolfkönig packte mich grob am Handgelenk und sah mich wütend an. „Und was, Rebecca?“ Ich machte große Augen, als er zum ersten Mal meinen Namen aussprach. Es warf mich derart aus der Bahn, dass ich glaubte den Verstand verloren zu haben, als ich ihm eine Antwort auf seine barsche Frage gab, die selbst ich mir verboten hatte zu beantworten. „Meine Blutlinie wird nach und nach ausgerottet. Meine Eltern wurden von meiner eigenen Schwester ermordet, die Winchesters haben nur die ersten zehn Jahre ihrer Söhne miterlebt, ehe sie von Königsschlächtern in Stücke gerissen wurden. Philippes kleine Schwester hatte es nach zweiundfünfzig Jahren erwischt. Einer nach dem anderen ist verschwunden.“, flüsterte ich wie aus weiter Ferne und entzog mich Logans Griff. „Sie sind schon zu lange hinter uns her. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir alle ausgerottet werden.“ Danach herrschte Schweigen zwischen uns, was sich jedoch nicht ganz so unangenehm anfühlte, wie es eigentlich sollte. Nach einer Weile kamen wir an eine Abzweigung. „Nach rechts“, antwortete der Werwolf auf meine unausgesprochene Frage hin und übernahm wieder die Führung. „Wie war es eigentlich, als erster Werwolf der Welt aufzuwachen?“, fragte ich leise und erwartete mir erst gar keine Antwort. Sie war genauso unhöflich, wie zu einem frisch gewandelten Vampir zu sagen: „Na? Hat dir das Sterben gefallen?“ „Ich erinnere mich nicht mehr“, war alles was Logan dazu sagte. Ich nickte stumm und wünschte mir innerlich genau dasselbe. Wie einfach mein Leben doch wäre, könnte ich all die schrecklichen Dinge vergessen, die ich gesehen und miterlebt hatte. Am Ende unseres Weges angelangt, fand ich mich in dem Raum wieder, in dem ich zum ersten Mal mit Logan gesprochen hatte. Und es war sogar noch beengender, als ich es in Erinnerung hatte. „Worüber wolltest du sprechen?“, fragte seine Majestät nun und lehnte sich mit überkreuzten Armen gegen den Tisch, der die Hälfte des Raumes einnahm. Ich stand noch immer unschlüssig vor dem Spalt und wagte es kaum, weiter einzutreten. Seine innere Ruhe machte mich beklommen. Wie Donnergrollen vor herannahendem Gewitter. Seit unserer kleinen Unterhaltung schien er mir gegenüber etwas offener zu sein, nicht mehr so kalt und abweisend, daher sorgte ich mich zu Recht darüber, wie er über mein Angebot, dass ich ihm zu machen gedachte, reagieren würde. Dann wäre es ein für allemal vorbei mit den Nettigkeiten. „Das Tierblut reicht nicht“, begann ich vorsichtig und sah schon jetzt, wie sich seine Miene von Sekunde zu Sekunde verdüsterte. „Und mein Blutdurst ist bereits zu stark, um ihn weiter verdrängen zu können. Wenn ich es weiterhin ignoriere, könnte ich jemandem etwas antun.“ Mit einem flauen Gefühl im Magen dachte ich an Tristan, der meinen Übergriff nur knapp überlebt hatte und zuckte zusammen, als Logan sich fluchend mit der Hand durch das schwarze Haar fuhr. „Ich wusste, das würde zu einem Problem werden, aber eigentlich wäre das die Angelegenheit Tristans. Du bist seine Gefährtin, nicht meine.“ Ich sah ihn perplex an. „Wie kommt Ihr darauf, ich sei Tristans Gefährtin? Davon höre ich zum ersten Mal.“ „Welchen Grund gebe es sonst, dass du jetzt hier bist? Unter all deinen Feinden, nur um bei Tristan zu sein?“, blaffte er und ballte die Hände zu Fäusten, bis seine Knöchel weiß hervor traten. Die Luft um ihn knisterte vor angestautem Zorn und erhitzte den Raum. Ich schüttelte den Kopf in Unglauben. „Nein, nein, Ihr versteht das völlig falsch! Tristan ist … ein Freund. Ja, ich weiß wie sich das anhören muss, aber es ist wahr und es tut mir Leid, falls ich Euch in die Irre geführt habe. Ich wollte niemanden ausnutzen, aber ich sah keine andere Möglichkeit. Ihr seid der einzige, den ich jetzt noch um Hilfe bitten kann.“ Ich wusste nicht warum ich mich rechtfertigte oder warum ich mich so sehr darum bemühte, ihn zu überzeugen, aber ich wusste nicht an wen ich mich noch wenden konnte. Unter all meinen Feinden, war er der einzige, der sich auch nur Ansatzweise in meine Lage versetzen konnte. Wenn mich jemand verstand, dann Logan. Ich wollte einfach nicht dasselbe Fiasko erleben, wie es mit Tristan der Fall gewesen war. Ich hätte ihn beinahe ausgesaugt und er hätte es einfach so geschehen lassen. Er vertraute mir zu sehr, ohne wahrnehmen zu wollen, dass ich der auf Erden wandelnde Tod war. „Wie oft?“, fragte Logan, plötzlich entspannter, woraufhin ich innerlich ausatmete. Doch der Kampf war noch nicht gewonnen. Ich durfte mich noch nicht in Sicherheit wiegen, solange er mir nicht eine ausdrückliche Erlaubnis erteilte. „Jede Woche sollte genügen“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Ich könnte mich an den Menschen im Dorf oder an Durchreisenden bedienen, wenn Ihr mir erlauben würdet, die Höhle zu verlassen.“ Er grunzte. „Auf gar keinen Fall.“ Ich zog die Augenbrauen hoch. Ich verstand zwar, dass er mir nicht vertraute, doch selbst ihm musste klar sein, dass es keine andere Lösung gab. Es sei denn ... „In diesem Fall, seid Ihr die einzige Nahrungsquelle die übrig bleibt. Ihr seid stark und habt genug Willenskraft um mich in die Schranken zu weisen, sollte mein Blutdurst Überhand nehmen.“ Logan verzog das Gesicht, als würde allein der Gedanke ihn anwidern. „Ich muss verrückt sein, dir das durchgehen zu lassen.“ „Mein Gedanke. Wie entscheidet Ihr Euch?“ Mein Herz schlug ungewohnt wild in meiner Brust. In gewisser Weise empfand ich ... Vorfreude. Der Werwolf seufzte geschlagen, fuhr sich wieder durch die Haare und gab mir mit einem tödlichen Blick zu verstehen, dass ihm das überhaupt nicht gefiel. „Ich mache das nur für Tristan“, erklärte er kalt. „Dir bin ich zu gar nichts verpflichtet, doch du kannst dich glücklich schätzen, dass ich ihm noch etwas schulde.“ Ich nickte und konnte gerade noch ein breites Lächeln verhindern. Ich fühlte mich, als wäre eine kaum tragbare Last von meinen Schultern gefallen. „Im Gegenzug wirst du auch etwas für mich tun.“ „Natürlich“, erwiderte ich zuvorkommend. „Was auch immer es ist, ich versuche zu helfen.“ „Du wirst mir mehr von den Vampiren erzählen – den Bau des Schlosses, eure Schwächen und Stärken. Einfach alles. Und du wirst von nun an die Welpen in der Kampfkunst unterrichten.“ Erschrocken blieben mir die Worte im Hals stecken. Ich hatte mit seiner ersten Bedingung gerechnet, doch die Zweite überrumpelte mich dann doch. „Wiederspricht dies nicht den Regeln?“ Logan zuckte gleichgültig die Schultern. Nun ja, immerhin konnte er seine eigenen Gesetze außer Kraft setzen wann immer es ihm beliebte. „Sieh es als vorrübergehendes Abkommen. Ich werde diese Regel aufheben, solange dich jemand im Auge behält. Mein Blut sollte es dir eigentlich Wert sein.“ Herausfordernd entblößte er leicht seinen Hals, als er den Kopf neigte. Ich schluckte hart. Dieser gerissene Werwolf hatte mich in der Hand, aber er hatte recht mit dem was er sagte: Ich wollte sein Blut. Unbedingt. „Einverstanden“, gab ich mich geschlagen. König schlug Dame. Schachmatt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)