Kaltherzig von P-Chi ================================================================================ Kapitel 13: the lonely one -------------------------- Ich war so gut wie tot. Als wäre es nicht bereits schmerzhaft genug, wenn ein Vampire das Sonnenlicht auch nur streifte, nein, ich musste ja darauf bestehen, mich dieser Folter absichtlich auszusetzen! War ich denn des Wahnsinns? Welcher Teufel ritt mich, als ich mich dazu entschloss? Aber nun war es zu spät, um noch einen Rückzieher zu machen. Ich hatte mein Wort gegeben und wäre ein Feigling, wenn ich mich nicht daran hielte. „Becca, ich glaube nicht, dass das eine sonderlich gute Idee ist“, versuchte Tristan mir einzureden. Seine haselnussbraunen Augen flackerten vor Besorgnis, die ihm ins ganze Gesicht geschrieben stand. „Lass mich mit Logan reden! Ich bin sicher, ich kann ihn umstimmen.“ Mein Blick war stur auf dem breiten Rücken des Werwolfkönigs gerichtet, der die Spitze der Gruppe bildete, welche auf dem Weg zu meiner persönlichen Schlachtbank war. „Nein, Tristan. Es gibt kein Zurück und ich bestehe auf keine Sonderbehandlung, da ich zumal kein Gast hier bin, sondern eine der Gefangenen.“ Er schnitt eine Grimasse, da ich ihn an etwas erinnert hatte, an das er lieber nicht gedacht hätte. Wir schwiegen, bis man uns in einen neuen Saal brachte. Dieser lag im obersten Stockwerk, war mehr hoch als breit und war noch dazu die real gewordene Hölle Meinesgleichen. Anscheinend lag dieser Saal an der Oberfläche, denn an manchen Stellen in der Decke waren Löcher, die schimmerndes Sonnenlicht herein fallen ließen. Hier und da hatte man an den Wänden Spiegel angebracht, um den Raum noch heller und freundlicher werden zu lassen. Mir dagegen trieb der Anblick der kreuz und quer verlaufenden Sonnenstrahlen eiskalten Schweiß auf die Stirn. Auch die anderen drei Vampire, die in Ketten gelegt wurden und mir still gefolgt waren, blieben abrupt stehen, sobald sie die gefährliche Spiegelkonstruktion sahen. „Worauf wartest du?“, fragte Kaiden in seiner typisch besonnen Ruhe, hatte die Hände hinter dem Rücken gefaltet wie ein Soldat und deutete mit einem Kopfnicken auf einen flachen Gesteinsblock, der von einem der größten Sonnenstrahlen erhellt wurde. Logan stand darauf, wartete auf mich, während ich mir den Kopf zerbrach, ob ich nicht lieber wegrennen sollte. Ich straffte die Schultern, warf einen letzten Blick auf die Gefangenen und schnellte nach vorne, wich allen gefährlichen Strahlen geschickt aus und stand neben Logan, eher dieser auch nur bis Zwei zählen konnte. Ich krempelte den linken Ärmel meines Mantels hoch und atmete zittrig ein. Das würde wehtun, dessen war ich mir sicher. „Nur der Arm?“, fragte Logan, mit einem belustigten Kräuseln um die Lippen. Ich blickte ihm unverwandt in die Augen, ohne einen Hauch an Humor. „Falsch. Nur die Hand. Ich würde sterben, wenn ich mehr benutze.“ Der Werwolf musterte mich einen Augenblick, doch schließlich nickte er und trat einen Schritt zurück, um mir Platz zu machen. Mir pochte das Herz bis zum Hals, meine Kehle war vor Furcht wie zugeschnürt. Mein Blick fand den Tristans, der mit ausdruckslosem Gesicht in der Menge stand, die sich bereits um meinen Platz gescharrt hatten und wie die Hunde danach lechzten Blut zu sehen. Die Gefangenen dagegen standen so weit hinten, wie es ihnen nur Möglich war und hatten den Blick geradezu beschämt von mir abgewendet. Sie wussten, was mir blühte und keiner wollte mit mir tauschen. Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Wären sie an meiner Stelle, würden sie keine fünf Sekunden durchhalten und entweder sofort sterben, oder dem Wahnsinn verfallen. Ich würde gleich herausfinden, was auf mich zutraf. Ich biss die Zähne aufeinander, ballte meine rechte Hand zur Faust und ließ meinen linken Arm langsam zur Seite gleiten, bis meine ganze Handfläche in Sonnenlicht getaucht war. Beinahe sofort fing meine Haut zu zischen an; blaue Flammen loderten empor und ein lauter Schrei entkam mir, als der Schmerz durch alle meine Nervenenden schoss. Glühend heiße Nadeln bohrten sich in jede einzelne Pore, doch ich schaffte es irgendwie, mich nicht von der Stelle zu rühren. Ich ließ es zu, dass meine Hand von dem Licht zerfressen wurde und sich meine Haut langsam in Asche verwandelte, bis sie sich schließlich auflöste und zu Boden rieselte. Meine Schreie waren laut, furchtsam und von Schmerz erfüllt, wie es sich niemand vorzustellen wagte. Für einen kurzen Moment dachte ich an all die Gelegenheiten die ich hatte, ohne diesen grausamen Schmerz abtreten zu können, selbst wenn es durch die Hand Leonores gewesen wäre. Ich hätte es mit Freuden angenommen. Alles vor meinen Augen färbte sich Scharlachrot, als sich die Flammen meinen Arm empor arbeiteten, direkt auf mein Herz zu, um auch dieses qualvoll aufzufressen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Meine Stimme versagte mir den Dienst und auch die Tränen, die wie Bäche meine Wangen hinab geronnen waren, versiegten. Diese wenigen Sekunden, waren eine der scheußlichsten meiner ganzen Existenz, bis mich jemand in den kühlen Schatten zurück riss und in die Arme nahm. Dieser jemand sprach zu mir, versuchte mich zu beruhigen, aber ich nahm nichts mehr wahr. Als wäre ich blind und körperlos, gefangen mit meinem Schmerz in einem goldenen Käfig. Ich brauchte nicht groß zu spekulieren, was mit mir passiert war, sobald sich wieder Gedanken in mein Bewusstsein drängten. Ich war ohnmächtig geworden – eine erfreuliche Nachricht, da es bedeutete, noch nicht das Zeitliche gesegnet zu haben. Ich hielt also meine Augen geschlossen und genoss vorerst das Gefühl der Schwerelosigkeit und Ruhe, die man mir nach diesem albtraumhaften Erlebnis geschenkt hatte, als ich plötzlich etwas wahrnahm. Dumpfe Geräusche, die an meine Ohren drangen und die immer lauter und intensiver wurden, bis ich sie schlichtweg nicht mehr ignorieren konnte. „Es sind jetzt schon drei Tage! Wann wacht sie endlich wieder auf?“, hörte ich jemanden fragen. Ich konnte mich kaum bewegen – wollte es auch nicht, da ich fürchtete die Schmerzen in meinem Arm zu verschlimmern, doch überraschenderweise fühlte ich in diesem Bereich nichts, außer der eisigen Kälte eines feuchten Verbands, den man mir umgewickelt hatte. „Schwer zu sagen“, hörte ich eine mir unbekannte Frauenstimme. „Die Verbrennungen sind ziemlich schlimm und haben ihr stark zugesetzt. Außerdem wurde ihr Herz von dem Feuer angegriffen, wer weiß also, was das für Auswirkungen auf sie hat.“ „Reinblüter können auch ohne Herz überleben“, warf jemand in den Raum, von dem ich mir nur denken konnte, dass es der Kopfgeldjäger war. Wer sonst würde so gleichgültig und rücksichtslos die Geheimnisse der Königsfamilie ausplaudern? „Es ist erstaunlich, dass es sie nicht dahin gerafft hat. Dennoch könnten die Schmerzen sie in den Wahnsinn getrieben haben. Wir werden es wissen, sobald sie aufwacht.“ Eine unangenehme Stille breitete sich unter den Anwesenden aus. „Kaum jemand war bis jetzt so dumm gewesen, so weit zu gehen und überlebte es. Sie könnte nie wieder aufwachen“, hörte ich Oleens zarte Stimme neben mir und war sogleich beruhigt. Jemand knurrte einen Fluch, dann hörte ich einen dumpfen Schlag, wie jemand, der auf Stein schlug. Ich wusste sofort, dass es Logan war, noch ehe ich seine Stimme hörte: „Was muss passieren, damit sie die Augen öffnet?“ „Eine große Menge an Blut würde helfen den Heilungsprozess voranzutreiben“, kam es wieder von dem Kopfgeldjäger. „Andernfalls kann ihr nur die Zeit helfen.“ „Aber irgendetwas müssen wir doch tun!“, rief Hazel frustriert. „Wir sollten versuchen sie aufzuwecken! Dann kann sie uns selbst sagen, was wir tun sollen!“ Ihre leichtfüßigen Schritte kamen entschlossen in meine Richtung, bis ich ihre Präsenz direkt neben mir spürte und es mir eiskalt den Rücken runter lief. Sie hatte doch wohl nicht tatsächlich vor mich anzufassen? Hatte sie den Verstand verloren? Selbst mein Körper weigerte sich unbewusst sich auch nur einen Millimeter zu rühren, aus Gewissheit der Schmerz würde mit voller Wucht zurückkehren, und sie wollte es herausfordern? Ich konnte nicht zulassen, dass sie auch nur einen Finger an mich legte. Mein Körper sollte sich bewegen! Bewegen! Bewegen! Bewegen! In dem Moment als ich glaubte, ihre Fingerspitzen an meinem Arm zu spüren, riss ich die Augen auf und stieß die vollkommen erschrockene Hazel von mir. „Fass mich nicht an!“, schrie ich schrill und sprang innerhalb eines Augenblicks von meinem Platz, auf dem man mich abgelegt hatte. Ich drückte mich zitternd gegen die Wand, als ich nicht enttäuscht wurde und der brennende Schmerz meinen Arm hinauf schoss. Heftiger Schwindel überkam mich, woraufhin ich mich langsam zu Boden sinken ließ und den Arm schützend an mich drückte. Im Raum war es totenstill geworden, jeder starrte mich an als wäre ich ein Geist und ich vernahm nur meinen eigenen, gehetzten Atem. Nach einer Minute des angehaltenen Schweigens, befahl Logan barsch: „Raus. Alle.“ Hazel und der Söldner erhoben sich wortlos und verließen uns, ohne sich noch einmal umzudrehen. „Es wäre wirklich gut, wenn ihr mir etwas Zeit geben würdet, um mich zu sammeln“, sagte ich, als Tristan und Oleen den Mund öffneten, um zu wiedersprechen. Meine treue Gefährtin ließ sich das nicht zweimal sagen und folgte, nach einer respektvollen Verbeugung, den anderen nach draußen. Ich wusste, sie wäre gerne noch länger geblieben, allerdings war ihr klar, dass sie momentan nicht das Recht hatte, mir auch nur den leisesten Wunsch zu verwehren. Tristan dagegen bewegte sich nicht vom Fleck und blieb sitzen, als wäre er aus Stein gemeißelt. Er sagte kein Wort, aber man sah ihm an, dass er mich jetzt nicht alleine lassen wollte. „Geh!“, brach es aus Logan hervor und seine türkisen Augen flammten hell auf. Tristan hatte keine Wahl, er musste sich seinem Anführer beugen und das wusste er auch, doch er zuckte mit keiner Wimper und bewahrte reglos seine Stellung an meiner Seite. Mit Mühe unterdrückte ich ein Augenverdrehen angesichts dieser Revierkämpfe und lächelte ihn stattdessen bittend an, woraufhin er aufseufzte und sich erhob. „Ruf mich, wenn du etwas brauchst“, sagte Tristan und wurde sogleich mit einem Klaps auf den Hinterkopf belohnt. „Denk nicht mal daran, Tristan! Sie ist meine Patientin und wird mich rufen, wenn etwas nicht stimmt!“ Ich hatte die Frau mit dem kurzen, roten Haar zuvor gar nicht bemerkt, doch jetzt drängte sie sich geradezu in mein Blickfeld. Alles an ihr – ihr rotes Haar und die runden Apfelbacken in ihrem freundlichen Gesicht – deuteten darauf hin, dass es sich hier um die berüchtigte Apple handelte und ich merkte, dass Tristan nicht übertrieben hatte, als er behauptete, sie sei herrisch. „Na los! Hör auf Wurzeln zu schlagen und beweg dich!“, beförderte sie ihn bestimmend aus dem Raum und zwinkerte mir wissend zu, bevor auch sie im Spalt verschwand und mich mit dem großen bösen Wolf alleine ließ. Eine merkwürdige Frau, obwohl sie es für einen kurzen Moment sogar geschafft hatte, mich von meinem Schmerz abzulenken, wenn auch nicht für lange und ich mich schon bald wieder innerlich vor Qual wandte. Sekunden verstrichen, in denen keiner von uns auch nur ein Wort sagte, dennoch konnte ich eine gewisse Spannung in der Luft spüren. Ruhelos ging seine Majestät auf und ab, bis es mir zu viel wurde und ich versuchte mich auf die Beine zu kämpfen „Wage es ja nicht!“, drohte der Werwolf mit einem feurigen Blick. Entschlossen stapfte er auf mich zu, hob mich mühelos hoch und brachte mich zurück zu meinem Liegeplatz. Seine Miene war zu einer gequälten Grimasse verzerrt, als er sich neben mich setzte und die Schultern anspannte. Ich öffnete den Mund, um ihn etwas zu fragen, doch da lagen seine warmen Lippen auch schon auf meinen und drohten mich zu verschlingen. Das Gefühl war intensiv, leidenschaftlich, als hätten wir unser ganzes Leben lang nichts anderes getan, als uns durch die Unendlichkeit hindurch zu küssen. Auch wenn ich nicht mit seinem plötzlichen Überfall gerechnet hatte, so ging ich doch genauso schnell darauf ein und drückte mich näher an ihn. Trotz der Schmerzen und trotz meiner misslichen Lage, fühlte mich beschwingt, frei. War das der Grund, weshalb ich mich auf so unerklärlicherweise von ihm angezogen hatte? Hatte ich mir etwa unbewusst gewünscht, dass er meine Sehnsüchte linderte und mich von meiner Einsamkeit befreite? Seine Hand streichelte meinen Rücken, die andere lag auf meiner Hüfte, während ich meine Nase an seiner verführerisch duftenden Halsbeuge vergrub und wünschte, dass dieser Moment, trotz meines schlechten Gewissens, niemals enden würde. Als ich jedoch meine Arme um ihn legen wollte, zuckte ich unweigerlich zusammen, aufgrund des zerrenden Gefühls, das von meinen linken Fingerspitzen aus, direkt durch meinen ganzen Körper schoss. Natürlich bemerkte Logan meine Reaktion und stoppte sofort. Er wusste was ich brauchte – was ich wollte. „Trink“, flüsterte er an meinem Ohr, doch ich schüttelte unweigerlich den Kopf. „Nein. Das letzte Mal hättet Ihr mir beinahe den Kopf abgerissen.“ „Nicht aus dem Grund, den du vielleicht glaubst“, sagte er und legte seine langen Finger um meinen Nacken. Mit zärtlicher Bestimmtheit drückte er mich tiefer, näher an sein Blut. „Denk nicht mehr daran.“ Also dachte ich nicht, sondern stieß meine Fangzähne in sein weiches Fleisch und stillte den brennenden Durst in meiner Kehle. Er schmeckte so wundervoll, dass es dafür einfach keine Beschreibung gab. Wie der Mond, wie Freiheit, wie … Schnee. Dieses Mal stoppte ich, bevor mir die magische Anziehung zwischen uns zu viel wurde und ich noch wie eine hungrige Löwin über ihn herfiel. „Es ist besser geworden“, stellte ich erstaunt fest, als ich den Verband abnahm und vorsichtig die Finger bewegte. Die Haut war zwar noch Ruß geschwärzt und aufgerissen, doch der Schmerz klang ab und hinterließ lediglich ein dumpfes Pochen. „Das ist gut“, sagte Logan. Sogar ein schwaches Lächeln schenkte er mir, das mir sprichwörtlich den Atem verschlug. „Weißt du, weshalb ich beim letzten Mal so ausgerastet bin?“ „Weil Ihr mich hasst?“ Er schüttelte den Kopf. „Weil ich den Gedanken nicht ertragen habe, jemanden wie dir verfallen zu sein. In meinen Augen warst du ein Dämon, ein Sukkubus, der meinen Willen brechen und mich in den Abgrund ziehen wollte.“ Ich starrte ihn an. Ich hatte schon romantischere Liebeserklärungen gehört. „Und was glaubt Ihr jetzt?“ „Dass du selbst nicht weißt, was für eine Wirkung du auf mich hast“, erwiderte er beinahe schon frustriert. „Du treibst mich in den Wahnsinn, bist stur und enthältst mir andauernd etwas vor, und doch denke ich nur daran dich zu küssen.“ Er nahm meine heile Hand in seine und drückte sie fest. „Es hätte andere Wege gegeben, diesen Konflikt zu lösen. Du hättest nicht deine Hand dafür opfern müssen, Rebecca.“ Trotz dem Ernst in seinen Worten, konnte ich nicht anders als zu lächeln, als er mich bei meinem vollen Namen nannte. Er war der einzige, der das hier bis jetzt getan hatte. „Aber hättet Ihr mir denn je vertrauen können, wenn ich es nicht getan hätte?“ Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. „Seht Ihr?“, sagte ich und ließ mich von ihm in eine Umarmung schließen. „In manchen Dingen hat man einfach keine andere Wahl.“ „Man hat immer eine Wahl“, gab seine Majestät schnaubend zurück und drückte mich fester an sich. Seine Arme um mich waren ein tröstender Schutz, konnten mich aber gleichzeitig nicht davor retten, was außerhalb dieses Zimmers lag. Ich schloss die Augen und flüsterte: „Wir können nicht zusammen sein.“ „Du gehörst mir. Bitte mich nicht, mich zwischen dir und meiner Familie zu entscheiden.“ „Das werde ich nicht“, hauchte ich mit schwacher Stimme und lehnte meine Stirn an seine. „Denn Ihr habt diese Entscheidung schon längst getroffen. Es gibt keine Zukunft mit mir. Wir sind so verschieden wie Tag und Nacht, Feuer und Eis.“ „Das ist mir egal“, sagte er und küsste mich verzweifelt. Die Welt schien sich auf einmal wieder langsamer zu drehen, aber das durfte ich nicht zulassen. Ich wusste, was er damit meinte, als er sagte, ich würde seinen Willen brechen, aber egal wie groß die Verführung war, er konnte sich genauso wenig von seiner Familie lossagen, wie ich von meiner. Und eben dies riss uns innerlich auseinander. „Denk an dein Rudel, Logan, deine Familie und deine Freunde. Sei ein guter Anführer und enttäusche sie nicht, indem du einer Blutsaugerin verfällst.“ Seine Majestät knurrte und biss mich leicht in die Schulter, was ein angenehmes Kribbeln verursachte. „Du hältst dich wohl für unwiderstehlich.“ Ich tat erstaunt und blinzelte ihn aus großen, kohlschwarzen Augen an. „Bin ich das etwa nicht?“ Er ging nicht auf meine Frage ein, sondern strich mir mit einem Seufzen eine losgelöste Haarsträhne hinter das Ohr. „Du weiß nicht, was du da verlangst.“ Und wie ich das wusste. Alles in mir sträubte sich dagegen, diesen Schlussstrich zu ziehen, aber er hatte zu stark unter der Herrschaft der Vampire gelitten und auch ich konnte nicht einfach vergeben und vergessen, was mir die Werwölfe angetan hatten. Darüber hinaus würde es einen Krieg austreten, den kaum jemand überleben würde, wenn die Vampire davon erfuhren, dass ich mit dem Werwolfkönig liiert war. „Es ist besser so.“ Seine Finger gruben sich in meine Schultern, bis die Knöchel weiß wurden. „Warum? Warum kann ich dein Herz nicht berühren, obwohl du mir so nahe bist?“ Ich wandte das Gesicht zur Seite. Es tat weh, ihn anzusehen. „Wie du willst“, sagte er mit bebender Stimme, in der kaum unterdrückte Wut mitschwang, und ließ mich abrupt los. „Ich schicke dir deine Dienerin rein.“ Ich sah ihm nicht nach, als er den Raum verließ und biss mir fest auf die Zunge, um ihn nicht zurück zu rufen und ihn anzuflehen zu vergessen, was ich eben gesagt hatte. Es war zu spät. Ab jetzt gab es nichts mehr, was rückgängig zu machen war. Kurz darauf trat Oleen aus dem Spalt und ihre schwarzen Augen weiteten sich vor Schreck. „Mylady, was ist passiert? Warum weint Ihr? Tut Euer Arm weh?“ Ich berührte meine Wangen und stellte verstört fest, dass diese vollkommen nass waren. Ein Schluchzer entrang mir und im nächsten Augenblick wurde alles nur noch schlimmer. Ich weinte so hemmungslos, dass ich kein Wort mehr über die Lippen brachte. Hilflos musste ich dabei zusehen, wie alles um mich herum zerbrach. Ich fühlte mich einsamer als je zuvor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)