Kaltherzig von P-Chi ================================================================================ Epilog: Epilogue ---------------- Einige Monate später Logan streifte durch das Dorf, hielt sich bedeckt und versuchte, trotz seiner Größe, unauffällig und belanglos zu wirken. Nicht das es unbedingt nötig war, denn zu dieser unchristlichen Stunde war ohnehin niemand mehr auf den Straßen. Sein türkiser Blick huschte kurz in den Himmel, obwohl er wusste, dass der Mond in dieser Nacht, von dichten Wolken verborgen wurde. Er konnte nicht anders, als enttäuscht zu sein. Das Gefühl von kribbelndem Mondlicht auf seiner Haut war unbeschreiblich, doch in den letzten Nächten war ihm selbst dieses kleine Glück verwehrt worden. In einem unbeobachteten Moment bog er in eine enge Seitengasse ein, in der es vor Ungeziefer nur so wimmelte, welches panisch vor ihm floh, als er sich einen Weg zu der einzigen Holztür bahnte, die in einer der Wände eingelassen war und leicht übersehen werden konnte. Logan klopfte dreimal kurz, machte eine Pause und klopfte noch zwei Mal. Die Tür wurde aufgerissen und Kaiden ließ ihn eintreten. Der Krieger ging zu einem Holztisch, auf dem etwas zu Essen und ein Krug Wein stand, und füllte ihm einen Becher damit. Kaiden war ein Bart gewachsen, den er sich nicht die Mühe machte abzurasieren, was allerdings nur zu Folge hatte, dass seine grünen Augen nun noch deutlicher hervor schienen. Am Tisch saß Blake, der ihm höflich zunickte, sich aber dann wieder dem Dolch in seinen Händen widmete. Seit Tristans Tod, hatte er kaum ein Wort gesprochen und er sah so erschöpft aus, wie Logan sich ohne Zweifel fühlte. Die letzten Monate nach Leonores Tod waren ein heilloses Chaos gewesen. Die Blutsauger hatten allesamt den Verstand verloren und waren ihr entweder in den Tod gefolgt – was die Werwölfe durchaus begrüßt hatten – oder begannen damit, andere – und dabei machten sie keinen Unterschied zwischen den Rassen – anzugreifen. Logans Stamm machte seitdem Jagd auf die verbliebenen Blutsauger und versuchte sie aus dem Verkehr zu ziehen, was leichter gesagt als getan war. Je weiter entfernt die Verbindung zu Leonore war, desto größer war der Funken an Verstand den sie noch besaßen, doch dies brachte nichts, wenn sie erst einmal völlig die Kontrolle verloren hatten. Es machte sie nur noch gefährlicher. Nun hatten die Werwölfe alle Hände voll zu tun, aufzuräumen. „Wie geht es ihr?“, war die erste Frage, die Logan seinem Freund stellte. Kaiden zuckte die Schultern. „Es hat sich nicht viel verändert. Ihr Haar ist wieder länger geworden.“ „Ist Oleen bei ihr?“ Blake grunzte. „Sie ist praktisch geflohen, als sie hörte, dass du noch vorbei kommst.“ Dunkel erinnerte sich Logan daran, wie er sie halb totgeschlagen hatte, als er sie in dem Kellergewölbe entdeckt hatte. Hätte Rin ihn nicht aufgehalten, hätte er all seine Wut an ihr ausgelassen; er hätte nie erfahren, was wirklich geschehen war, bevor er Hazels Leiche gefunden hatte. Logan nickte und versuchte nicht allzu niedergeschlagen zu wirken bei der Erinnerung. Eine seiner engsten Vertrauten hatte ihn verraten und er hatte seine einzige Liebe dafür geopfert, nur um dieser schrecklichen Tatsache nicht ins Gesicht blicken zu müssen. „Kaiden, Blake, ich weiß, es kommt ein bisschen spät, aber danke, dass ihr auf sie aufpasst.“ Die beiden Männer starrten ihn verblüfft an. Zugegeben, Logan hatte es nicht so mit Dankbarkeit, aber dieses Mal war es wirklich angebracht. Auf Kaidens Gesicht breitete sich sein typisch lässiges Grinsen aus und er schlug dem Werwolfkönig brüderlich auf die Schulter. „Da ist jemand aber weich geworden! Geh lieber, bevor du uns noch die Ohren vollsülzt.“ Auch Logan konnte nicht widerstehen, ein schiefes Lächeln zu erübrigen, als er nickte und die Tür ansteuerte, die in das nächste Zimmer führte und der eigentliche Grund für seinen Besuch war. Wie immer begrüßte ihn der nagende Geruch von Asche, als er das karge Zimmer betrat und Rebecca vorfand; in genau derselben Position, wie auch die letzten Male. In einem schlichten Bett liegend, schlafend. Das war jedenfalls die Erklärung, die sich Logan erhoffte; dass die Vampirin nur träumte und schon bald wieder aufwachte. Wenn sie dies doch nur nicht schon seit mehreren Monaten täte! Seit dem Moment, in dem Logan sie gefunden und den Vorhang über sie geworfen hatte, um zu retten, was noch zu retten war. Er hatte sie einzig und allein an Tristans Collier wieder erkannt; ohne diesem wäre sie nur ein schwarzer Ascheklumpen gewesen, abgebrannt bis auf die Knochen. Es war ein Wunder, dass sie überlebt hatte, für das Logan jeden Tag aufs Neue dankbar war. Vorsichtig setze er sich an den Rand des Bettes und nahm ihre blasse Hand in seine, um ihre Fingerknöchel zu küssen. „Ich bin wieder hier, Rebecca.“ Ihr Gesicht war aschfahl, doch wenigstens hatte sein Blut, mit dem er sie am Leben gehalten hatte, ihren Körper soweit wieder aufgebaut, dass sie einen relativ gesunden Eindruck machte. Nur aufwachen, das wollte sie nicht. „Ich habe Neuigkeiten von diesem Kopfgeldjäger, der bei dir war. Wayne? War das sein Name?“ Er wusste nicht mehr, wie oft er schon einfach nur mit ihr geredet und immer auf eine Antwort gehofft hatte. Ein abfälliges Schnauben, ein herausforderndes Schmunzeln. Irgendwas. Er wäre selbst mit einem Schlag ins Gesicht zufrieden gewesen. Verdient hätte er es. „Jedenfalls befindet er sich gerade im Westen und spürt die Blutsauger auf, die Rosemary getötet haben. Er macht sich ganz gut; weigert sich aber, unsere Hilfe anzunehmen. Einmal hätte er beinahe einen der Unsrigen getötet, als er versucht hatte, sich in seine Angelegenheiten einzumischen.“ Mit den Fingerspitzen strich Logan über ihre eingefallene Wange. Jetzt kam er zu einem Thema, das er lieber vermieden hätte. Jeden Augenblick erwartete er, dass sie ihm einen tadelnden Blick zuwarf. „Der Stamm hat nun endgültig beschlossen, das Schloss niederzubrennen. Es wird nichts mehr übrig bleiben, als eine alte Ruine. Ich habe nur ein Porträt deiner Eltern retten können, aber der Rest ... tut mir leid.“ Er fuhr sich frustriert durch das Haar. Wann hörten diese Schuldgefühle nur auf? Wie oft musste er sich bei ihr entschuldigen, bis er sich wieder besser fühlen durfte? Logan sprang hoch und ging in dem engen Zimmer auf und ab. Seine eigene Schwäche trieb ihn noch in den Wahnsinn! Er blieb abrupt neben ihr stehen und sah auf die schlafende Prinzessin herab. Er korrigierte sich – Königin. Nun, da ihre Schwester tot war, war sie die rechtmäßige Erbin. Rebecca würde diese Neuigkeit absolut nicht gefallen. Der Werwolfkönig berührte sie ein letztes Mal sanft am Hals, wo ihr Puls zwar schwach, aber regelmäßig schlug. „Schöne Träume, Blutegel.“ Logan unterdrückte ein Seufzten und raffte sich auf. Er machte sich daran das Zimmer zu verlassen und legte seine Hand auf die Türklinke, erstarrte jedoch wie zur Salzsäule, als er das Rascheln von Bettlaken hinter sich hörte. „Wen nennt Ihr hier Blutegel, Köter?“ Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)